.
nt en it nn - se
. ne = nein pe
en A an
nd ie rn - — Der:
iA
Fr =
D)
B3
D
. }
!
-
wrK
S90.5#3
Zeitschrift
für
WISSENSCHAFTLICHE ZOOLOGIE
begründet
Carl Theodor v. Siebold und Albert v. Kölliker
herausgegeben von
Ernst Ehlers
Professor a. d. Universität zu Göttingen
l 8 en Lu ;
\ }
Sechsundachtzigster Band
Mit 32 Tafeln und 121 Figuren im Text
LEIPZIG
. Verlag von Wilhelm Engelmann
1907.
Inhalt des sechsundachtzigsten Bandes.
I INNANNNN
Erstes Heft.
Ausgegeben den 26. Februar 1907.
E. Martini, Über Subeutieula und Seitenfelder einiger Newatoden. II.
Be III m 2, Re. im best.) 0200 ae ee,
Theodor Viefhaus, Die Entwicklung der Ringelnatter (Tropedonotus natrıix
Boie) nach Ausbildung der Falterform bis zur Erhebung des Proamnios.
NEBEN VI u..8 Big. im.'Rest.). Jar une. 2.
Otto le Roi, Dendrogaster arborescens und Dendrogaster ludwigi, zwei
entoparasitische Ascothoraciden. (Mit Taf. VII u. VIIL)......
Otto Steche, Die Genitalanlagen der Rhizophysalien. (Mit Taf. IX—XI
u. 3 Fig. im Text.)
Zweites Heft.
Ausgegeben den 22. März 1907.
_Wm. $. Marshall, Contributions towards the Embryology and Anatomy
of Polistes pallipes. Il. The Early History of the Cellular Elements
of che Ovary. (With Plate XII—XIV.).. ....... ER. A
Wm. S. Marshall, The early History of the cellular elements of the Ovary
of a Phryganid, Platyphylax designatus Walk. (With Plate XV
nt AN 2 Ne ee Re A RE
Theodor Saling, Zur Kenntnis der Entwicklung der Keimdrüsen von
Tenebrio molitor L. (Mit Taf. XVII—XVIII u. 14 Fig. im Text.)
Adolf Zwack, Das Ephippium von Simocephalus vetulus Schoedler. (Mit
2 ig. am, Tesan]e, re ee N
Drittes Heft.
Ausgegeben den 7. Mai 1907.
Werner Marchand, Studien über Cephalopoden. I. Der männliche Lei-
tungsapparat der Dibranchiaten. (Mit 66 Fig. im Text.) ......
Joseph Müller, Weitere Beiträge zur Kenntnis der Bipaliiden. (Mit
PR OR u RR ee u a
Nicolaus v. Zograf, Phyllopodenstudien. (Mit Taf. XXI—XXIV u.
2 Brenn Mean) We or ee ee A
100
134
173
214
238
304
446
IV
Viertes Heft.
Ausgegeben den 28. Mai 1907.
Paul Fechner, Beiträge zur Kenntnis der Kiemenspaltenbildung der As-
eidien. (Mit Taf. XXV, XXVI u. 2 Fig. im West
Walter Richter, Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren.
(Mit Taf. XXVII—XXIX u. 13 Fig. im ext)
E. Ballowitz, Die Form und Struktur der Schuppentierspermien. (Mit
Taf. XXX)... 2022.02 202. oe
Clara Hamburger, Das Männchen von Lacinularia socialis Ehrbg. (Mit
Taf. XXXI u. 3-Fig. im Text.). . . . 2
Hermann Jost, Beiträge zur Kenntnis des Entwicklungsganges der Larve
von Hypoderma bovis de Geer. (Mit Taf. XXXII u. 3 Fig. im Text.)
625
644
BE iechvift
WISSENSCHAFTLICHE ZOOLOGIE
begründet
Carl Theodor v. Siebold und Albert v. Kölliker
herausgegeben von
Ernst Ehlers
Professor a. d. Universität zu Göttingen
Dechsundachtzigster Band
Erstes Heft
Mit ll Tafeln und 13 Figuren im Text
LEIPZIG
‘ Verlag von Wilhelm Zu ung MAR2O 1ebr
7 |
Ausgegeben den 26. Februar 1907
Inhalt
E. Martini, Über Subeuticula und Seitenfelder einiger Nematoden. II.
(Mit Taf. T—-III u. 2 Fig. im Text.) ... 2) 222 Des rE 1
Theodor Viefhaus, Die Entwicklung der Ringelnatter (Tropedonotus natrıx
Boie) nach Ausbildung der Falterform bis zur es des Proamnios.
(Mit Taf: IV—Vl u. 8 Fig. im Text.).. . 2 SE 5)
Otto le Roi, Dendrogaster arborescens und Dendrogaster ludwigi, zwei
entoparasitische Ascothoraciden. (Mit Taf. VIlu. VOL)..... 100
Otto Steche, Die Genitalanlagen der Rhizophysalien. (Mit Tat. IX—xI
u. 3 Fig. im Text) .„ u... 002 2a 134
Mitteilung.
Beiträge für die Zeitschrift bitten wir an Herrn Prof. Ehlers
in Göttingen einzusenden. Im Interesse einer raschen und sicheren
Veröffentlichung liegt es, daß die Manuskripte völlig druckfertig
eingeliefert werden, da mit nachträglichen Einschiebungen und aus-
gedehnten Abänderungen während der Korrektur Zeitverlust und
sonstige Unzuträglichkeiten verbunden sind. Bei der Disponierung der
Zeichnungen ist darauf zu achten, daß der Raum des in der Zeitschrift
üblichen Tafelformates nicht überschritten wird. Für Textfiguren
bestimmte Zeichnungen sind auf besonderen Blättern beizulegen.
Die Verlagsbuchhandlung Der Herausgeber
Wilhelm Engelmann. Ernst Ehlers.
Die Herren Mitarbeiter der »Zeitschrift für wissenschaftliche
Zoologie« erhalten von ihren Abhandlungen und Aufsätzen 40 Sonder-
abdrucke unberechnet. Weitere Exemplare werden auf Wunsch
gegen Erstattung der Herstellungskosten geliefert unter der Voraus-
setzung, daß sie nicht für den Handel bestimmt sind.
Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig
Festschrift
für Georg Eduard von Rindfleisch
Unter Mitwirkung ehemaliger und jetziger Assistenten, Studien-
genossen, befreundeter Fachkollegen und Verwandter Rindfleischs
Soeben erschien:
Herausgegeben von
Dr. Max Borst
Professor an der Universität Würzburg
Mit 21 Tafeln und 38 Abbildungen im Text. Lex. 8 4 60.—.
Hieraus erschien als Sonderdruck:
Die Legende von der Altertumssyphilis.
Von A. von Notthafft, Privatdozent und Spezialarzt in München. gr.8. NA— -
Über Subeuticula und Seitenfelder einiger Nematoden.
Von
E. Martini.
(Aus dem zoologischen Institut in Rostock.)
1.
Mit Tafel I—III und zwei Figuren im Text.
Pseudalius minor.
Daß die lange Zeit, die bis zu dieser Fortsetzung meiner Arbeit
verstrichen ist, nicht auf Materialschwierigkeiten beruht, wird der
Leser nach dem in der Einleitung Gesagten wohl annehmen. Mit
solchen habe ich auch tatsächlich nicht zu kämpfen gehabt. Eine
Phocaena communis, die dem zoologischen Institut auf mein Ersuchen
in der liebenswürdigsten Weise von der hiesigen Firma Wendt u. Co.
zur Verfügung gestellt wurde, enthielt besonders in den häutigen Sinus
des Kopfes große Mengen dieser Nematoden, außerdem in den Bronchien,
hier neben Pseudalius convolutus;, beide Formen trafen sich auch in
der Nasenhöhle und der Trachea. In Knötchen der Lunge fand sich
Pseudalius tumidus nicht selten. Von Pseudalvus inflecus wurden nur
zwei noch nicht geschlechtsreife Individuen gefunden. Die Embryonen
von Pseudalius nıinor, die fast jedes @ in größerer Menge aller
Stadien enthielt, ließen sich bei der Durchlässigkeit ihrer Eihüllen
mit allen von mir verwerteten Fixierungsflüssigkeiten leicht und, so-
weit ich bemerkt habe, ohne schädliche Veränderung der Struktur
fixieren. Angewandt wurden in erster Linie Sublimat, Sublimat-
essigsäure, ferner Sublimat- Osmiumsäure, FLemminssche Mischung,
Pikrinessigsäure, endlich Goldcehlorid. Auch in den in toto mit Su-
blimat oder Sublimatessigsäure konservierten Weibchen zeigten sich
die Embryonen bestens erhalten.
Die Methode, deren ich mich jetzt zur Herstellung von Total-
präparaten bediene, möchte ich hier kurz erwähnen. Sie ist der bei
der Anfertigung mancher Blutpräparate zur Anwendung kommenden
Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. al
2 E. Martini,
nachgebildet, vgl. Schaunınn, 19031. Der Uterus mit den zu unter-
suchenden Stadien bei sehr großen Tieren, bei kleinen Nematoden
ein oder mehrere ganze Weibchen, werden in einer Spur physio-
logischer Kochsalzlösung auf einem Deckgläschen möglichst fein
zerzupft, der Inhalt des Uterus bzw. der QQ wird mit den Nadeln
recht gleichmäßig über das Gläschen verteilt und dasselbe dann,
wenn an den Rändern des Präparates sich Eintrocknung eben zu
zeigen beginnt, mit der Objektseite auf die Fixierungsflüssigkeit -
fallen gelassen. Es gerinnen dann genug Eiweißbestandteile, um die
Mehrzahl, besonders der einzeln liegenden Embryonen am Glase zu
befestigen. Diese Befestigung beweist sich auch bei direktem Über-
sang in 50°/, Alkohol als dauerhaft. Wie die Fixierung auf dem
. Sublimat, so werden Färbung usw. auf den betreffenden Flüssigkeiten
vorgenommen. Erst das in Xylol aufgehellte Objekt kommt auf den
Objektträger mit ein paar Haaren gestützt auf Balsam. Eine Anzahl
Objekte geht natürlich verloren, oft erst im Alkohol. Es sind dies
vornehmlich größere Stücken Leibeswand oder Uterus mit den in
ihnen noch enthaltenen oder ihnen anhaftenden Objekten. Das ist kein
Unglück, da, abgesehen von den im Uterus eingeschlossenen Objekten,
deren Bilder natürlich weniger scharf sind als die der freien, auch
die umliegenden Objekte meist nicht der Beobachtung günstig sind.
Denn um diese größeren Teile wird durch Adhäsion Flüssigkeit an-
gesammelt, und die ausihrreichlicher niedergeschlagenen und gefärbten
Eiweißteile können recht störend sein, während bei den dünner ver-
teilten Embryonen derartig gefärbte Niederschläge mir nie störend
geworden sind. Man entfernt daher gut die größeren Gewebeteile
zum Teil. Allerdings muß noch ein Verlust erwähnt werden, der
störender ist. Wie leicht verständlich, reißen sich alle aus der Ei-
hülle bereits freien Embryonen, die durch den schon kräftigeren
Chitinpanzer vor raschem Tode mehr oder weniger geschützt sind
von der losen Anheftung ab und sinken unter.
Derartig hergestellten Präparaten fehlt natürlich die Rollbarkeit
der nach dem Boverıschen Verfahren hergestellten. Es ist das für
das Studium vom 12zelligen Stadium aufwärts bis zur Differenzierung
der dorsalen Ectodermzellreihen ein bedeutender Übelstand, bei allen
Objekten, die keine deutliche Placula ausbilden, während bei letzteren
die gut orientierten Präparate zahlreicher sind, sich auch sehr deut-
lich von den andern unterscheiden. Für die uns interessierenden
1 Studien über krankheitserregende Protozoen. II. Plasmodium vivaz.
Arbeiten k. Gesundheitsamt. Bd. XIX.
Über Subeutieula und Seitenfelder einiger Nematoden. II. 3
Stadien spielt dieser Fehler kaum eine Rolle. Sind doch genügend
Objekte in allen Stadien und in allen Orientierungen vorhanden,
letztere auch meist leicht kenntlich.
Man kann nun natürlich auch die Fixierung in derselben Weise
auf einem Objekträger vornehmen, indem man ihn mit der Ausstrich-
seite etwa 3 Minuten auf ein Schälchen mit Sublimat usw. hält,
dann umdreht, vorsichtig untertaucht und auf den Boden des Schäl-
chens legt. Hat die Fixierungssflüssigkeit lange genug eingewirkt, so
kann der Objektträger wie ein mit Schnitten beklebter weiter behandelt
werden. Es ist dabei natürlich zu berücksichtigen, daß man die
Stütze des Deekglases sehr dünn nehmen muß, wenn man stärkste
Immersionen verwerten will. Vielfach besorgen allerdings zahl-
reichere Trümmer des mütterlichen Organismus den Schutz der Em-
bryonen vor dem Druck des Deckglases in einer allen Anforderungen
entsprechenden Weise.
Die Hauptschwierigkeit, die Pseudalius minor im Gegensatz zu
Cucullanus bietet, ist die weit geringere Differenzierung der Kerne
und Zellen für die einzelnen Organe. Dieselbe ist besonders an
Totalpräparaten recht erheblich. Erst dem mit dem Objekt be-
kannteren Auge gelingt es, die Unterschiede leichter zu erkennen,
so daß sich ein Bild der Gesammtanordnung der einzelnen Kernarten
sewinnen läßt. Wenn sich nun auch das, was ich sah, natürlich
zeichnen und meine Anschauung über diese Vorgänge sich an solchen
Bildern demonstrieren ließ, so fürchtete ich doch, daß denselben
beweisende Kraft fehlen würde. Ich war daher sehr erfreut, daß
die einschlägigen Verhältnisse auf gut orientierten Schnittserien recht
deutlich hervortraten, so daß ich wohl hoffen darf, durch die Ver-
wertung beider Arten von Darstellung Überzeugendes zu bieten.
Auf eine zweite Schwierigkeit stieß ich bei dem Versuch, in den
Präparaten die Zellgrenzen deutlich zur Anschauung zu bringen.
Schon durch die geringere Aufblähung der ectodermalen Zellen fehlt
das charakteristische Relief, das die Cucullanus-Embryonen, besonders
in jungen Stadien, auszeichnet und ihr Studium wesentlich erleichtert.
Es ist mir weder mit Alaunkarmin noch mit Hämalaun gelungen,
die Zellerenzen deutlich zu machen. Präparate mit Chlorgold miß-
glückten, Präparate nach HEIDENHAIN gaben keine für unsern Zweck
brauchbaren Resultate, ebensowenig Osmiumsäure in verschiedenen
Mischungen. Immerhin ließ die Alaunkarminfärbung einiges über
die Zellgrenzen erkennen. Auch ein mit Osmiumessigsäure fixiertes und
mit Alaunkarmin nachbehandeltes:Präparat erwies sich als brauchbar
1*
4 | E. Martini,
Zur Schnittfärbung verwendete ich Alaunkarmin, Hämalaun und
Chlorgold. So schöne Resultate, wie mir letztere Methode in bezug
‚auf manche histiologische Einzelheiten bei Schnitten durch erwachsene
Nematoden ergeben hat, so wenig bin ich mit ihren Leistungen bei
Embryonen zufrieden, besonders die hier häufiger als sonst auftreten-
den Niederschläge stören ein klares Erkennen der Kerne. Die besten
Sehnitte waren die mit Hämalaun gefärbten. Nach ihnen sind alle
Schnittbilder gezeichnet. Sie gaben eine sehr präzise Kernfärbung.
Bei der sehr geringen Mitfärbung des Plasma waren die Zellgrenzen
allerdings nur angedeutet, in denjenigen Teilen, wo die einzelnen
histiologischen Elemente sich dichter drängten, oft überhaupt nicht
kenntlich. Ich hoffe jedoch, daß der Leser den Verlust, der dadurch
bedingt ist, nicht allzuhoch anschlagen wird, wenn auch hauptsächlich
deswegen Stomatodäum und Enddarm aus der Besprechung ausfallen
müssen. Doch nun genug der Vorbereitungen.
Vorgeschichte.
Was ich von den ersten Entwieklungsstadien unsres Objektes
beobachtet habe, entspricht durchaus dem, was über andre Nema-
toden bekannt geworden ist. Eine Blastulahöhle habe ich allerdings
weder auf Totalpräparaten noch auf Schnitten wahrgenommen. Die
Gesamtform junger, etwa 932zelliger Embryonen erscheint stark
dorsoventral abgeflacht. Nachdem die ersten Entwicklungsvorgänge
bis zur Bildung von 16 Blastomeren verlaufen sind, ohne daß sich
eine Abweichung von entsprechenden Stadien andrer Nematoden
gezeigt hätte, tritt diese Abflachung auf. Dieselbe ist zwar hoch-
gradiger als bei Ascaris, wohl infolge des Fehlens einer Furchungs-
höhle, erreicht aber nie den hohen Grad, wie bei Cucullanus. Vor
allen Dingen tendiert sie nicht zur Bildung einer echten Plaeula.
Zwar habe ich auf optischen Sagittalschnitten und an auf dem
Rücken oder Bauch liegenden Objekten mit etwa 30 Zellen den Ein-
druck gewonnen, daß sie eine nur zweischichtige Zellplatte dar-
stellen. Aber das liegt eben nur in dem Fehlen der Furchungshöhle,
wie der Vergleich mit Bovkrıs Figur gleichaltriger Stadien zeigt.
Etwas ältere Embryonen (um 50 Zellen) scheinen aber bereits,
vom Rücken betrachtet, aus drei übereinander liegenden Schichten
zu bestehen. Ebenso scheinen die MSt-Zellen nicht später eingesenkt
zu werden, als bei Ascarıs, wenigstens wenn man aus der Gesamt-
zahl der im Inneren liegenden Zellen Schlüsse ziehen darf. Doch
erscheinen auch diese Stadien infolge des Fehlens jeglicher Höhle
Über Subeutieula und Seitenfelder einiger Nematoden. 1. 5
wesentlich flacher. Bald jedoch reichten auch drei Schichten nicht
mehr aus, um alle vorkommenden Kerne unterzubringen, ja an einigen
Stellen finden wir endlich fünf Kerne übereinander, wenn wir lang-
sam den Embryo, vom Rückeu nach dem Bauch absteigend, durch-
mustern, und das auf Stadien, auf denen sich noch reichlich Zell-
inzen finden, auf denen also der Cucullanus-Embryo noch völlig
zweischichtig et
Auf manchen derartigen Stadien erkennen wir auf der einen
Seite Schichten größerer Zellen; besonders eine, die zu oberst ge-
legene, zeichnet sich durch den Umfang ihrer Elemente aus, während
die gegenüberliesende aus zahlreichen kleineren Zellen zusammen-
gesetzt ist. Einen Querschnitt durch ein solches Stadium zeigt Fig. 42,
das Ausgangsbild unsrer Betrachtung. Wir sehen hier genau wie bei
Oueullanus die etwa in der Mitte des Durchschnitts gelegene, noch
nicht rein zweizeilige Mitteldarmanlage mit den unter ihr gelegenen
beiden Propagationszellen (GA) ventral und seitlich von einer Rinne von
Zellen umfaßt, die sich im Querschnitt etwa hufeisenförmig ausnimmt.
Dies hat ja bereits Lısr 1895 bei Pseudalius inflexus erkannt und
abgebildet, wenn er auch den Schnitt verkehrt herum orientiert. Um
Mitteldarmanlage und Halbrinne legt sich dann noch ein äußerer voll-
"ständiger Zellmante. Wenden wir hierauf die bei Cucullanus ge-
wonnenen Begriffe an, so finden wir auf dem Rücken unter den fünf
obersten Zellreihen in der mittleren die Dorsalreihe (D), in den rechts
und links anschließenden die Lateralreihe (Z), in den dann folgenden
die Ventralreihen (@) wieder.
Das vorliegende Stadium würde etwa der Fig. 30 in meiner Arbeit
von 1903 entsprechen und dem Totalpräparat Fig. 271. Es geht dies
vor allem aus der Stellung der Kerne der beiden Dorsalreihen hervor,
die hier noch nebeneinander bestehen. Beider Nuclei liegen nämlich
nicht nur auf diesem Schnitt, sondern auch auf den benachbarten in
der Medianlinie dicht neben- oder bereits hintereinander. Es findet
hierin das Überwandern der Kerne seinen Ausdruck, das für Oueul-
lanus in Fig. 27 dargestellt ist und, wie wir sahen, zur Verschmel-
zung beider Reihen führt. Was aber beide Bilder völlig unterscheidet,
ist die große Zahl der Kernteilungsfiguren, die uns zeigt, daß die
bei Oucullanus so streng zeitlich getrennten Prozesse der Furchung
und der Bewegung des durch sie gebildeten Materials an den Ort
seiner späteren Bestimmung hier ineinander greifen. Die Zellver-
1 Im folgenden werde ich die Figuren meiner Arbeit von 1906 ohne weite-
res mit der laufenden Nummer zitieren.
6 E. Martini,
lageruug beginnt der Furchung gegenüber bereits viel früher und
wird noch viel länger von ihr begleitet.
Verfolgen wir nun das Schicksal der einzelnen Zellgruppen weiter.
Genitalanlage.
Die Geschlechtsanlage besteht hier, wie bei Cucullanus, nur aus
zwei Zellen, die sich aber im Gegensatz zu dem dort Konstatierten
deutlich von den übrigen Zellen des Embryo unterscheiden. Ihre
Kerne sind schon jetzt die größten des ganzen Embryo, und ihr
Chromatin ist spärlicher. Es ist in kleinen Brocken angeordnet, die
sich fast alle an die Kernmembran anlagern. So treten diese Kerne
auf jedem Schnitt, der durch ihre Gegend geht, als große helle Nu-
clei so deutlich hervor, daß sie kaum zu übersehen sind. Es ist das
betreffend die Orientierung eine sehr erwünschte Tatsache. Beide
Kerne liegen meist nicht genau symmetrisch, sondern es liegt der
eine meist etwas weiter vorn, besonders auf jüngeren Stadien, als
der andre, so daß sie auch auf Sagittalschnitten nebeneinander zu
liegen scheinen, vgl. Fig. 40 von einem nur wenig älteren Stadium.
Diese Lage behalten die beiden Zellen bei, vgl. die Querschnitte
Fig. 44, 46, 47a, 49b von successive älteren Stadien, und den Sagit-
talschnitt Fig. 37. &
Die Vierzelligkeit der Gruppe habe ich nicht beobachtet. Bis
zum Beginn des Stadium 31 schien sie mir nur aus den beiden be-
kannten Elementen gebildet, die späteren Stadien habe ich auf Total-
präparaten nicht studiert, doch habe ich aus den Schnittserien den
Eindruck gewonnen, daß sich der Aufbau der Genitalanlage während
der Embryonalperiode nicht verändern dürfte.
Mitteldarm.
Wie bei Cueullanus charakterisiert sich die Anlage des Mittel-
darmes bei Pseudalius immer durch große, etwas hellere Zellen. Da-
gegen finden wir von seiten der Kerne nichts, was ein rasches Er-
kennen ermöglicht. Dieselben sind klein in früher Jugend, kleiner
als die meisten der nächsten Umgebung, die noch vor der letzten
Furchung stehen (Fig. 42) und erst nach dieser auf etwa gleiches
Volum zurückgehen (Fig. 45). Immerhin zeichnen sich die Entoderm-
kerne meist dadurch aus, daß ihr Chromatin feiner und mehr durch
den ganzen Kern verteilt ist, als in den meisten übrigen Nuclei. (Es
tritt das nicht auf allen Figuren mit gleicher Deutlichkeit hervor.)
1 Vgl. im I. Teil S. 743 Anm.
Über Subeutieula und Seitenfelder einiger Nematoden. IL 7
Das Zellmaterial, anfangs nicht überall deutlich zweireihig, gewinnt
diese Anordnung etwa auf dem Stadium unsrer Fig. 44 und behält
sie dann dauernd bei. Beide Seiten liegen symmetrisch zueinander,
rechts und links, wenn auch ihre einzelnen Elemente nicht symme-
trisch gestellt sind. Es entspricht also auch hier das Verhalten völ-
lig dem bei Cucullanus. Auch in der alternierenden Stellung der
Kerne und Zellen spricht sich diese Übereinstimmung aus, man kann
hier demgsemäß auf der einen Seite wieder den ersten, auf der an-
dern den letzten Kern sehen, während die Zellen sich etwa symme-
trisch gegen Vorder- und Enddarm absetzen, so daß von einer ersten
oder letzten Zelle nicht wohl die Rede sein kann. Diese Anordnung
erhellt, außer aus den Querschnitten, besonders deutlich aus den
Frontalschnitten (Fig. 38 u. 39), von denen ersterer einem Stadium
gleich dem Sagittalschnitt Fig. 40, letzterer einem wohl etwas älte-
ren Stadium als das Totalpräparat der Fig. 35 entspricht. Letzterer
zeigt auch deutlich die Zahl der Blastomeren, gleich 16. Diese Zahl
ist hier, wie bei Cueullanus, typisch. Sie ist leicht auch auf viel
Jüngeren Stadien festzustellen, sei es durch Beobachtung am Total-
präparat, sei es im Verfolge der Querschnittserie. Endlich treffen
wir ja auch dementsprechend im Sagittalschnitt jederseits die Reihe
der acht Mitteldarmkerne, vgl. Fig. 37 u. 40.
| Wie nun aus den Frontalschnitten deutlich erhellt, daß der Breite
nach zwei Reihen solcher Kerne nebeneinander liegen, so aus den
Sagittalschnitten, daß sich der Höhe nach nur eine Schicht derselben
findet. Aus dem oben Gesagten ist schon erklärlich, daß die Mittel-
darmanlage über sich auf jungen Stadien nur eine Schicht Zellen er-
kennen läßt, vgl. Querschnitte Fig. 42, 43, 44. Es tritt das besonders
auf dem Sagittaischnitt Fig. 40 hervor, der an der Stelle, wo er am
meisten medial getroffen ist, nur eine Reihe hier kernloser Zellen
über dem Mitteldarm aufweist. Während aber, wie der Schnitt Fig. 38
zeigt, auf solchem Stadium seitwärts vom Entoderm sich zwischen
dies und die äußere Körperbedeckung noch eine andre Zellschicht
lagert, fehlt diese auf älteren Stadien an dieser Stelle (vgl. Fig. 39).
Dort stellen sich dann in der Seitenregion die großen Zellen der
Leibeswand als direkte Nachbarn des Mitteldarmes dar. Auch Fig. 41
zeigt das (während die ausgeführten Kerne das Oberflächenbild geben,
veranschaulichen die punktierten Linien die Zellen des Mitteldarmes
in ihrem Verhalten zueinander und zur Leibeswand). Wie diese Ver-
änderung in der Umgebung zustande kommt, davon später. Es sei
hier nur die Tatsache konstatiert, die völlig mit der bei Cucullanus
S E. Martini,
festgestellten übereinstimmt. Vgl. Fig. 38, 41, 39 mit Fig. 3, 27 m,
- 10ec usw.
Endlich muß noch eine Erscheinung erwähnt werden. Während
im Anfang die Zellen der Mitteldarmanlage, wie Quer- und Längs-
schnitte zeigen, völlig den ihnen zu Gebote stehenden Raum aus-
füllen, so daß sie überall sich den benachbarten Gewebselementen
eng anschließen, tritt zwischen ihnen und der Umgebung später ein
Spalt auf (Fig. 39 und Fig. 48 u. 49). Da bereits in Fig. 47 die Um-
lagerungsvorgänge in der Körperwand (s. weiter unten) beendet sind,
ohne daß ich bereits eine Lösung des Darmes von ihr bemerkt hätte,
so wird nicht sowohl die aus der Umlagerung ihrer Elemente ent-
springende Verdünnung der Leibeswand, als vielmehr ein später auf-
tretendes rascheres Dünnerwerden der Darmanlage selbst die Ursache
sein. So sahen wir ja auch die gleichen Verhältnisse bei Cucullanus
an. Eine Wiederanlagerung der Darmzellen an die Leibeswand habe
ich hier jedoch nicht wahrnehmen können. Ließen doch erst die
ältesten Embryonen, von denen hier weder ein Schnitt- noch ein
Totalpräparat wiedergegeben ist, gerade eben auf Gesamtbildern ein
spaltförmiges Lumen erkennen. Im übrigen bleibt die Struktur der
Zellen und ihrer Kerne dieselbe, die Zellleiber strecken sich nur mehr
in die Länge und werden weniger hoch und breit. Letzteres zeigen
besonders die Quer-, ersteres die Längsschnitte. Daß dabei, wie bei
Oucullanus, die einzelnen Zellen zuletzt eine recht beträchtliche
Längenausdehnung erreichen, braucht wohl nicht erst bemerkt zu
werden. | | |
Freie junge Larven habe ich hier nicht, wie bei COucullanus,
einer genaueren Prüfung unterzogen, doch sehe ich auch hier keinen
Grund zu bezweifeln, daß die ursprüngliche Darmanlage, deren Ent-
wicklung wir soeben verfolgt haben, in die definitive übergeht, zumal
ich nicht wüßte, welche Elemente sie ersetzen sollten, da, wie dem-
nächst gezeigt werden soll, die umgebenden Zellen schon weit vor
dem letztgezeichneten Stadium ihre definitive Verwendung gefunden
und einen gewissen Grad entsprechender histiologischer Differenzierung
erreicht haben.
Stomatodäum und Proctodäum.
Über den Vorderdarm unsres Objektes weiß ich nur herzlich
wenig zu sagen. Woher er sein Material nimmt, ist mir völlig un-
klar geblieben. Schon auf viel jüngeren Stadien, als das jüngste .
von mir dargestellte, findet sich im Vorderende eine große Menge
Über Subeuticula und Seitenfelder einiger Nematoden. U. 9
Zellen, und noch auf Stadien, wie sie Fig. 35 u. 40 zeigen, kann
ich von den einzelnen Zellen nicht genau sagen, ob sie zum Stomato-
däum gehören oder nicht, wenn sich auch der Umfang der Anlage
sanz gut ungefähr abgrenzen läßt. Natürlich war es mir dann erst
recht nicht möglich, ein System in diesen Zellmengen zu erkennen.
Es mag dies vielleicht an der Ungunst der Objekte liegen, vornehm-
lich aber daran, daß ich in der Hoffnung auf ein günstigeres Objekt
und durch eine andre unten zu berührende Erwägung geleitet, mich
bei Pseudalius minor nicht näher mit dem Studium dieser schwie-
rigen Verhältnisse zu befassen gedachte. So habe ich mich darauf
beschränkt, festzustellen, daß auf Stadien, wo der Embryo dreimal
gebogen ist, der Querschnitt bereits deutlich den triangulären Grund-
typus erkennen läßt (vgl. Fig. 49«). Derselbe läßt sich schon im
zweischenkeligen Stadium nachweisen, wenn der Oesophagus genau
quer getroffen ist (vgl. Fig. 475). Man versteht ja leicht, daß bei
der Diehtigkeit der Kernanordnung, durch die sich die einzelnen
Gruppen fast ineinander schieben, eine geringe Abweichung von der
Richtung genügen muß, den Schnitt völlig unverständlich zu machen.
Immerhin tritt die Gesamtform des Organs auf dem Sagittalschnitt
Fig. 37 recht deutlich hervor.
Genau so kärglich ist es mit meiner Wissenschaft vom Procto-
_ däum bestellt. Hier kann ich eigentlich nur sagen, daß sich hinter
den letzten großen Mitteldarmzellen ein Haufen kleiner Elemente an-
schließt, der diese Gegend recht undurchsichtig macht. Besonders
ist diese Masse auch hier ventral ausgeprägt, wo sie sich als eine
Verdickung des auch bei Pseudalius minor vorhandenen kleinzelligen
ventralen Mittelstreifens darstellt. In Fig. 37 sehen wir eine Doppel-
reihe von Kernen schräg von den letzten Mitteldarm-Blastomeren an
die Ventralseite führen. Diese möchte ich jedoch in Rücksicht auf
den komplizierten Bau des Enddarmes bei der Oucullanus-Larve nicht
ohne weiteres für denselben erklären, da auch durch Zufall ganz gut
Kerne, die den verschiedensten Zwecken zu dienen bestimmt sind,
sich auf einem Schnitte als zwei Reihen darstellen könnten. Auch
die übrigen Zellgruppen des Hinterendes habe ich beim vorliegenden
Objekt nicht wieder aufgesucht.
Über den gesamten Darmtractus sei noch folgendes bemerkt.
Der Vorderdarm nimmt bei unserm Objekt von der ganzen Länge
des Kanals eine beträchtlich größere Strecke ein als bei Oxeullanus.
Es tritt dies bei Fig. 3 im Vergleich mit Fig. 40 noch wenig hervor.
10 | E. Martini,
Schon etwas deutlicher läßt es Fig. 10 in 37 erkennen, und je ältere
Embryonen ich vorzeigen würde, um so mehr würde dies Verhältnis
hervortreten. In erwachsenen Embryonen durchzieht der Vorderdarm
‘etwa die Hälfte des ganzen Tieres, während er bei Cucullanus nur
etwa in dem vorderen Drittel getroffen wird (vgl. Fig. 50a u. 5). Wie
wir bereits gesehen haben, ist an diesem Verhältnis zwischen Mittel-
und Vorderdarm nicht eine Verringerung der Zellenzahl des ersteren
Schuld. Dieselbe beträgt hier, wie dort, 16. So scheint es mir auch
nicht wahrscheinlich, daß dem Stomatodäum hier eine beträchtlich
srößere Zahl Zellen zukommt. Zwar wird man bei einem so kom-
pliziert gebauten Organ immerhin damit rechnen müssen, daß die
Zellenzahl eine verschiedene ist bei zwei doch ziemlich weit im
System auseinander stehenden Arten, wenn auch dies Verhalten noch
keineswegs erwiesen ist. Mir scheint jedoch die langgestreckte Form
der ersten Schlundzellkerne, die wir bereits im Stadium HI erkennen
und die später noch deutlicher wird, gegenüber ihrer fast kugeligen
Form bei Cucullanus elegans dafür zu sprechen, daß mehr einer
Streckung aller Bausteine als einer Vermehrung derselben die größere
Längenausdehnung des Organs zuzuschreiben ist.
Dies möge bei vorliegender Form über den Darmkanal genügen.
Eetoderm und Mesoderm.
Wir gehen jetzt an unsre Hauptaufgabe, an die Betrachtung
der Schicksale, welche die den Darmkanal umgebende Zellmasse be-
treffen. Schon die Fig. 42 zeigt uns, daß sich einige dorsale Zellen
von den übrigen Elementen der äußersten Schicht differenziert haben.
In erster Linie sind sie größer als die ventralwärts sich anschließen-
den. Ihre Kerne sind zwar im allgemeinen gleich groß, höchstens
etwas kleiner und heller als die andern; ihr Chromatin ist feiner
verteilt als in andern Kernen, wenn auch nicht so fein wie im Mittel-
darm, dessen Kerne sie ein weniges an Größe übertreffen, während
sie an Tingierbarkeit etwas hinter ihnen zurückstehen. Wie man
sich durch Verfolgen der Serie überzeugen kann, bilden diese Zellen
auf dem Rücken des Embryo Längsreihen (anfangs sechs, später fünf,
siehe weiter unten). Die Zellen dieser Reihen sind ferner dadurch
ausgezeichnet, daß sie die sich gerade vollziehende Teilung nicht
mitmachen. Da so das Volum ihrer Kerne nicht nur nicht vermin-
dert wird, sondern eher zunimmt, sind sie nach dieser Zeit nächst
den Geschlechtskernen die größten Nuclei des Embryo. Nucleolen
Über Subeutieula und Seitenfelder einiger Nematoden. II. 11
zeigen sie ebensowenig wie irgend ein andrer Kern des Pseudalius-
Embryo dieser Stadien.
Unter Beibehalt ihrer übrigen histiologischen Charakteristika
nehmen nun diese Zellen dauernd an Volum zu. Das betrifft fast
ausschließlich die tangentiale Ausdehnung und die in der Länge. So
werden, wenigstens im mittleren, entodermhaltigen Teile des Körpers
die übrigen Zellen von den Blastomeren dieser Reihen ventralwärts
immer mehr zusammengedrängt, wie dies die Querschnitte Fig. 42,
43, 44 zeigen. Endlich gelangen die ursprünglich seitlichsten Reihen
der großen Zellen in der ventralen Medianlinie zur Berührung. Sie
haben dann sämtliche andern Zellen, die ursprünglich an der äußeren
Bedeckung des Embryo teilnahmen, in die medioventrale Region ver-
dränst und dort in die Tiefe geschoben, so daß jetzt fünf Längs-
reihen großer Zellen die Körperbedeckung des Wurmes bilden. Es
soll dies zunächst nur vom mittleren Teile desselben gelten, erst wei-
ter unten werden wir unsre Befunde auch auf Vorder- und Hinter-
ende ausdehnen.
Betrachten wir nun die Anordnung dieser fünf Zellreihen näher,
so mag zunächst darauf hingewiesen sein, daß sie sich aus den, wie
erwähnt, sechs ursprünglichen genau in der gleichen Weise bilden,
wie wir dies oben für Oucullanus elegans erwiesen haben, nämlich
_ durch Vereinigung der beiden primären symmetrischen medialen
Reihen zu einer einzigen unpaaren. Es geschieht dies genau wie
dort, indem die Kerne beider Reihen zunächst nach der Mitte hin
zusammenrücken, um dann abwechselnd aneinander vorüber an eine
Stelle zu wandern, die der ursprünglichen etwa symmetrisch gelegen
ist. Damit werden die Zellen gewissermaßen in die Quere gereckt.
Dieselben bilden jetzt zusammen eine Reihe von der doppelten Kern-
zahl, wie sie die einzelnen vorher aufwiesen. Dies Überwandern
zeigt der Schnitt Fig. 42. Auf ihm und den hier nicht dargestellten
Nachbarschnitten sehen wir die in Frage kommenden Kerne in der
Mitte beieinander, fast in einer Längsreihe. Schon auf der nächsten
Figur (45) sind sie wieder auseinander gerückt, es entspricht also
Fig. 42 dem Stadium Fig. 1 bei Cucullanus.
Die Zellrinne, die ventral und seitlich dem Mitteldarm unmittel-
bar auflag, bestand in Fig. 42 noch aus großen Elementen, die aller-
dings bereits in Teilung begriffen waren. Diese Teilung ist auch in
den nächsten Stadien noch deutlich an der verschiedenen Größe der
Kerne zu erkennen, und wenn wir auch z. B. in Fig. 43 keine ein-
zige Kernteilungsfigur ünden, so zeigt doch schon der Nachbarschnitt
12 | E. Martini,
deren genug. Diese letzte Furchung des hier besprochenen Materials
können wir bis in Fig. 45 verfolgen, nachher finde ich im Embryo
keine karyokinetischen Bilder mehr.
| Während dieser Vermehrung sind nun die seitlichen aufgekrümm-
ten Ränder der Rinne immer mehr nach oben gerückt und beginnen
auf die Dorsalseite des Mitteldarmes zu steigen. Bei dem oben be-
schriebenen Seitwärtsrücken der Kerne in der Dorsalreihe müssen
dieselben natürlich über die obersten kleinkernigen Zellen hinüber-
rücken. Schon in Fig. 43 sehen wir sie halb auf dieselben geschoben,
und in Fig. 44 liegen sie ihnen völlig auf. Es entsteht so eine kurze
Zeit ein Zustand, auf dem dorsal gerade über dem Entoderm kein
einziger Zellkern getroffen wird (vgl. Fig. 40), während seitlich und
dorsolateral über der inneren kleinkernigen Schicht noch eine äußere
'srobkernige lagert. Bezüglich der Mittelrückengegend wird der Zu-
stand insofern bald verändert, als sich die dorsalen Ränder der klein-
‚zelligen Rinne immer mehr einander nähern, während die großen
Kerne ihre Bewegung ebenfalls fortsetzen. So liegen die Kerne der
Dorsalreihe in Fig. 45 schon seitlich von den höchsten kleinen Ele-
menten. Es tritt nun jedoch noch ein Prozeß hinzu, den wir auch
bei Cucullanus kennen lernten, der Zerfall der Rinne. Zwei Reihen,
die höchstgelegenen der kleinen Kerne, lösen ihren Zusammenhang
mit den ventralen und ventrolateralen Verwandten und setzen geson-
dert den Weg aufwärts und einander entgegen fort. So tritt denn in
der Lateralregion, gerade da, wo die großen Kerne immer mehr hin-
drängen, zunächst eine kernlose Lücke auf. Das sehen wir bereits
in Fig, 46, hier liegen auch schon die Kerne der Dorsalreihen auf
den unteren Kernen der dorsalen Bänder, und in Fig. 47 endlich sind
sie völlig an ihnen vorbei in die Seitenregion gelangt, wo jetzt kaum
noch ein Zusammenhang der dorsalen Bänder mit dem ventralen
Boden der Rinne zu konstatieren ist. Zugleich bemerken wir, daß
nicht nur die beiden Dorsalbänder einander näher gekommen, sondern
auch in jedem derselben, die Kerne der einzelnen Reihen enger
aneinander gerückt sind und eine Tendenz zeigen, sich der Körper-
oberfläche zu nähern. Die Auflösung auch des Bodens der Rinne ist
hier nicht so deutlich zu sehen, wie bei Oucullanus, die Gründe da-
für werden wir weiter unten sehen. Das hier Besprochene erklärt
nun auch den Unterschied zwischen den Sagittalschnitten Fig. 40 u. 37,
Es zeigt auch, wo das Zellmaterial geblieben ist, das auf dem Fron-
talschnitt Fig. 38 deutlich zwischen Mitteldarm und der äußeren
Zellschicht eingeschoben ist, in Fig. 39 in derselben Region vermißt
Über Subeuticula und Seitenfelder einiger Nematoden. I. 13
wird, so daß hier die großkernigen Elemente direkte Nachbarn der
Mitteldarmanlage geworden sind. Somit ist auch das Erscheinen der
kleinzelligen Elemente in Fig. 35 in der Dorsalgegend erklärt, und
wir können jetzt nacheinander in beiden Gruppen die nähere An-
ordnung der Elemente prüfen.
Wie schon erwähnt, ist die allgemeine Anordnung genau dieselbe
wie bei Cucullanus elegans. Ein Blick auf Fig. 35 @ (vgl. von Oucul-
lanus die rot eingetragenen Kerne der Fig. 8) zeigt dies. Wir sehen
hier deutlich die Kerne der drei Reihen in alternierender Stellung,
auch hier sind die Kerne der Ventral- und Lateralreihen beider Seiten
symmetrisch, wie der Vergleich mit Fig. 355 zeigt, dagegen müssen
natürlich die Kerne der Dorsalreihe unsymmetrisch liegen, wie aus
ihrer Entstehungsgeschichte folgt. Da diese Nuclei in Fig. 39 « ziem-
lich genau auf den Lücken in der Lateralreihe stehen, werden wir
sie in Fig. 355 in der Nähe von deren Kernen zu treffen erwarten.
Darin irren wir uns ja auch nicht, wie Figura zeigt. Es würden also
auch hier die großen Zellen, flächenhaft ausgebreitet, demselben
Schema entsprechen wie die von Cucullanus, vgl. Teil I, Textfig. c,
S. 738. Leider sind die Zellgrenzen gerade zwischen den Dorsal-
zellen in meinen Präparaten recht undeutlich, und so treten, nur an
den Kernen konstatiert, die doch nicht immer gerade in der Mitte
der lateralen Zellgrenze zu liegen brauchen, diese Erscheinungen weit
weniger deutlich hervor. Immerhin glaube ich wahrgenommen zu
haben, daß die Zellgrenzen insofern anders verlaufen, denn bei Cueul-
lanus elegans, als die Mittelreihe gewissermaßen von den einander
entgegendrängenden Dorsal- und Veutralzellen aufgelöst wird, so daß
die letzteren in eine breite Berührung miteinander gelangen, während
bei Oueullanus ihnen dies nie gelingt, vielmehr dauernd die vordere
Lateralzelle ihren Connex mit der hinteren aufrecht erhält. Da wir
jedoch nicht nur diese allgemeinen Stellungsgesetze bei Cucullanus
vorgefunden hatten, sondern für jede einzelne Zelle sich ein bestimm-
ter typischer Platz feststellen ließ, so habe ich mich nach diesen
Verhältnissen natürlich auch bei Pseudalius minor umgesehen. Leider
aber war die dunkle Lateralzelle /, nicht aufzufinden, und da das
Schwanzende und das Kopfende der Beobachtung durch ihren größeren
Kernreichtum und die damit verbundene geringere Durchsichtigkeit
größere Schwierigkeiten boten, suchte ich nach unserm kleinen Kern b.
Während nun sonst auch hier in der Seitenregion nur große Zellen
liegen, fiel mir alsbald ein kleiner Kern auf, der dicht hinter dem
14 | E. Martini,
dunklen Vorderende zwischen zwei Lateralzellen liest. Von ihm aus
begann ich nun nach vor- und nach rückwärts zu zählen. Vor ihm
konnte ich zunächst an dem auf der Seite liegenden Objekt nur einen
Lateralkern sehen, dann beginnt das dunkle Vorderende, weitere
Beobachtungen des Details der Seitengegend verhindernd. Dagegen
läßt ein vom Rücken betrachteter Embryo ganz leicht an der Seite
des Kopfes noch weitere vier große Kerne bemerken, die in ihrem
Bau genau mit den übrigen großen Kernen übereinstimmen (Fig. 36).
Es liegen also im ganzen fünf Lateralkerne vor dem kleinen Nu-
cleus 5. Gehen wir zurück, so finden wir hinter ihm bis zum Beginn
des Schwanzendes weitere fünf Kerne in der Seitenreihe. Bezeichnen
wir den letzten derselben mit /,, so liegt der kleine Kern 5 zwischen
!, und /,, und der vorderste Kern der Reihe ist ,. Nennen wir nun
den hinter /, gelegenen ventralen Kern g,, so finden wir über 9, den
Kern 2, vor 9, noch einen Nucleus g9,. Weitere Ventralkerne konnte
ich in der sagittalen so wenig als in der dorsalen Ansicht in der
Seitenregion erkennen. Dagegen findet sich eine Strecke vor 9,
medioventral jederseits gegen die Mundöffnung verlaufend, noch eine
Reihe von drei großen Kernen, 9—910. Ganz ähnlich liegt es in der
Dorsalreihe: Bezeichnen wir den vor A, gelegenen Kern als d, usw.,
so liegt d,, über dem kleinen Kern $ und d,, vor A, und über 7.
Es ist das der letzte d-Kern links, der in dieser Gegend sich wahr-
nehmen ließ, sowohl an Embryonen, die auf der Seite lagen, als
auch an solchen, die ich vom Rücken her betrachten konnte. Dagegen
zeigten erstere mediodorsal noch eine Reihe von sieben ihrer Größe
und Struktur nach dieser Kernart zugehöriger Nuclei. Rechts liegen
natürlich die Verhältnisse in der Lateral- und Ventralreihe genau eben-
so: bezeichne ich die alternierend vor den linken Dorsalkernen ge-
legenen Nuclei dieser Reihe rechts von vorn nach hinten mit ds, dıı,
d, usw., so finde ich über /, d..
In dieser Gegend stimmt also alles mit dem Verhalten bei Oxcul-
lanus genau überein. Im Hinterende ist mir leider eine genaue Ana-
lyse der einschlägigen Verhältnisse nicht geglückt. Hier finde ich
zwar noch in Verlängerung der Gastralreihe einen paarigen Kern 9,
so daß in dieser Reihe die Verhältnisse genau denen bei Oueullanus
entsprechen würden. Auch die Schwanzzellen glaube ich in Zahl von
vier wiedererkannt zu haben. Im übrigen glaubte ich in einigen
Präparaten vier, in andern sechs weitere Kerne als ectodermal an-
sprechen zu dürfen, doch waren dieselben auch im letzteren Falle
nicht gut auf die Nuclei d,, d_4, u, 1, 40, A-ı von Cucullanus zu
Über Subeutieula und Seitenfelder einiger Nematoden. II. 15
beziehen. Da in der Enddarmgegend noch eine Reihe Kerne zwischen der
Größe der Eetoderm- und Muskelkerne steht, ist dort die Analyse
schwierig und unsicher, und ich ziehe es vor mich eines bestimmten
Urteils über die Kerne dieser Gegend zu enthalten.
Werfen wir noch einen Bliek auf die Querschnitte. Da Kern-
teilungen nicht mehr statthaben, rücken die Nuclei der älteren Em-
bryonen der Länge nach immer mehr auseinander, d. h. die Schnitte
werden kernärmer. So zeigen z. B. Fig. 44—46 noch je eine ganze
Gruppe, jederseits einen /- und 9-Kern mit den zugehörigen d-Kernen,
während dies in Fig. 47—49 nicht mehr der Fall ist. Naturgemäb
macht daher auch auf Schnitten durch jüngere Stadien eine geringe
Abweichung in der Richtung mehr aus. So z. B. Fig. 45, wo der
Schnitt rechts etwas mehr vorn als links getroffen. Die g9-Kerne ent-
sprechen einander, während jedoch der linke Lateralkern ganz oben
im Sehnitt liegt, liest der rechte ganz hinten. Dementsprechend fin-
den wir auch zwei d-Kerne auf gleicher Höhe. Auch Schnitt 48 ist
etwas schief getroffen; unten links wird schon der Lateralkern sicht-
bar, zugleich sind zwei Dorsalkerne etwa auf gleicher Höhe getroffen.
Übrigens ist wohl das häufige Vorkommen des letzteren Verhält-
nisses nicht allein durch die schiefe Richtung der Schnittführung
bedingt, vielmehr scheint mir auch sonst eine Tendenz dahin zu gehen,
daß der Dorsalkern, der eigentlich gerade über dem Lateralkern
liegen sollte, möglichst weit in das Interstitium rückt, so daß er dem
nächst höheren geradzahligen mehr gegenübertritt, sehen wir doch
die Erscheinung auch bei dem genau. quer getroffenen Schnitt Fig. 49,
der zwei d- und zwei g-Kerne enthält, während der Nachbarschnitt
nur zwei /-Kerne aufweist. Es ist dies auch leicht zu verstehen, da
bei der immer zunehmenden Schmalheit der Seitenfelder naturgemäß
es schwierig wäre, wenn zwei Kerne von der Größe dieser Nuclei in
benachbarten Reihen aneinander liegen sollten.
Daß wir in den drei Reihen großer Kerne, die wir in der Late-
ralregion bis auf das Stadium des Schnittes Fig. 49 verfolgen konn-
ten, die Seitenfelder vor uns haben, wird wohl niemand bezweifeln,
wenn auch der Beweis nicht mit derselben Ausführlichkeit erbracht
ist, wie bei Cucullanus. An Totalpräparaten haben wir ja diesen
Vorgang leider nicht weit verfolgen können. Es werden nachher
die Schwierigkeiten zu groß. Das liegt einmal in der Krümmung
der älteren Würmer, die nicht in einer Ebene geschieht, dann auch
darin, daß sie dem Beschauer meist nicht ein Seitenfeld oder eine
Rückenlinie zuwenden, sondern meist eine subventrale oder subdorsale
16 a | E. Martini,
Gegend. Dieses Hindernis ließe sich wohl überwinden, zumal die
Ventralgegend durch die Genitalzellen leicht kenntlich ist. Aber die
große histiologische Ähnlichkeit zwischen den Kernen der verschie-
denen Gewebe erschwert ihre Unterscheidung sehr auf einem Stadium,
wo alle Kerne der Leibeswand radiär abgeplattet sind, so daß wir
in der Mitte des Objektes stets große, an den Rändern langgestreckte
Kerne zu sehen glauben, deren Volumverhältnis natürlich kaum fest-
zustellen ist. Da mir, wie gesagt, auch keine deutlichen Zellgrenzen
dies Dunkel klären halfen, so muß ich mich auf die kurze Mitteilung
beschränken, daß ich niemals eine Zellvermehrung auf diesen Sta-
dien nachweisen konnte. Es ist daher kaum zu bezweifeln, daß die
drei Zellreihen unverändert in die Seitenlinien der jungen Larven
übergehen. Auf Schnitten konnten wir diesen Prozeß noch bis zu
Stadien verfolgen, in denen der Embryo so lang ist, daß er sich
vierfach zusammenlegen muß. Die Streckung schreitet jedoch noch
beträchtlich weiter fort.
Es sei hier noch rasch einer Zelle Erwähnung getan, deren
inniger Zusammenhang mit den Seitenfeldern bei Cucullanus ihre
eigne und letzterer Bedeutung zu erklären wohl geeignet ist, die
Excretionszelle. Ich habe dieselbe auch bei Pseudalius minor wieder-
gefunden, d. h. ich habe auch hier in der Gegend kurz vor dem Ende
des Kopfteiles eine große unpaare, medioventrale Zelle mit großem
Kern gefunden. In Fig. 475 ist sie deutlich abgebildet. Aber einen
Zusammenhang mit den Seitenfeldern konnte ich nicht erkennen. Es
wäre natürlich denkbar, daß die Äste, die sie an die Seitenfelder
abgibt, nicht quer, sondern sehr schräg verlaufen und daher der
Beobachtung entgingen in einer Körpergegend, die so wie so der
Beobachtung Schwierigkeit macht. Die Zelle selbst zeigt ein ziem-
lich homogenes', wenig granuliertes Protoplasma, das überall scharf
begrenzt ist. Ihr heller Kern gehört zu den größten des gesamten
Tieres. Dabei zeigt er die feinste Verteilung des Chromatins und
übertrifft in dieser Hinsicht noch die Kerne des Mitteldarmes. Das
Chromatin ist ziemlich diffus durch den Kernraum ausgebreitet und
zeigt nicht jene Anreicherung in der Gegend der Membran, wie wir
sie bei sonst fast allen Kernen, besonders denen der Keimzellen,
fanden. Die Kernmembran selbst ist nur schwach wahrnehmbar.
Wenden wir uns nun dem kleinkernigen Material zu, dessen
Auflösung in mehrere Bänder wir oben beschrieben haben. Die bei-
den dorsalen Streifen rücken immer näher zusammen, und ihre Kerne
Über Subeutieula und Seitenfelder einiger Nematoden. II. +7
drängen mehr gegen die Oberfläche. Wann die Zellen diese erreicht
haben, konnte ich bei der schlechten Färbung nicht ermitteln. Da
ich sie aber, wie bei Cxcullanus, für die Muskelbänder halte, so muß
ich annehmen, daß sie auf dem Stadium der Fig. 36 schon funktions-
fähig sind; denn auf diesem Stadium zeigt der Embryo bereits
Lageveränderungen, die wohl auf Muskelaktion zu beziehen sein
dürften. Während der junge Embryo so wächst, daß das Schwanz-
ende sich ventralwärts umschlägt, wie aus der Lage der Geschlechts-
zellen nahe der Konkavität ersichtlich ist, findet sich auf diesen
Stadien, wie oben bereits erwähnt, selten die Bauch- und Rücken-
seite manchmal eine der Seitenlinien, meist eine andre Partie des
Körpers an der Konkavität. Daß die ursprüngliche Krümmung über
die Ventralfläche eine Wachstumsfolge ist, möchte ich aus ihrer ab-
soluten Konstanz bei jüngeren Embryonen schließen. Daß aber dann
das Wachstum ohne Hinzukommen spontaner Bewegungen aus dieser
konstanten Ausgangsstellung, wie sie sich noch bei allen Objekten
findet, die der Fig. 37 entsprechen, auf einem wenig älteren Stadium,
vgl. Fig. 36, alle möglichen verschiedenen Stellungen hervorgehen
lassen sollte, erscheint mir nicht glaubhaft. Die dorsolateralen und
ventrolateralen kleinkernigen Streifen als die Muskelbänder anzusehen,
bestimmt mich nur ihre Lage. Diese scheint mir jedoch auch alle
Zweifel auszuschließen.
Es sei aber hier noch etwas näher auf die Organisation dieser
Streifen eingegangen. Jeder derselben setzt sich wieder aus zwei
Längsreihen von Zellen zusammen. Das läßt sich schon an Präpa-
raten früherer Stadien bemerken, tritt aber von Querschnitt Fig. 46
an besonders deutlich hervor und zwar findet sich diese Stellung
der Muskelzellen nicht nur auf den hier zufällig gegebenen Schnit-
ten, sondern auch auf den Nachbarn. Ob je zwei hintereinander
oder nebeneinander gelegene kleine Kerne Geschwister sind, habe
ich nicht festgestellt, obgleich es an den einschlägigen Stadien ge-
wiß nicht schwer gelänge. Wir sehen übrigens in den Fig. 47, 48,
daß sich die beiden Kernreihen desselben Bandes später enger zu-
sammenschieben und daß zwei Kerne dicht nebeneinander liegen
innerhalb desselben Streifens. Zwischen beiden Streifen bleibt deut-
lich mediodorsal ein Spatium frei. Alles dies und das Folgende
$ilt nur für die Dorsalbänder. Das Studium der Ventralbänder habe
ich unterlassen, abgeschreckt durch die in dem reichlichen sonstigen
kleinkernigen Material gelegene Schwierigkeit, obwohl sich gerade
Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. 2
18 E. Martini,
hier, wie weiter unten erhellen wird, noch interessantere Befunde
erwarten ließen.
Es hat sich somit schon aus den Querschnitten eine Anordnung
der Muskelzellen in zwei Reihen nebeneinander ergeben und dies
wird auch durch die übrigen Präparate bestätigt. So tritt es bei
senauerer Betrachtung der Flächenansicht Fig. 41 deutlich hervor,
nicht minder aber auf dem Sagittalschnitt Fig. 37. Es bestätigt sich
somit hier die meromyare Anordnung der Muskulatur, die wir für
Cucullanus- Embryonen nur wahrscheinlich machen konnten. (Dieselbe
habe ich jedoch auch an jüngeren Cucullanus- Embryonen wahr-
senommen. Aufmerksam gemacht durch die Verhältnisse bei Pseu-
dalius, konnte ich z. B. beim Objekt der Fig. 11 sehen, wie bei
oberflächlieher Einstellung erst eine und bei wenig tieferer in dem-
selben Bande eine zweite alternierende Kernreihe sichtbar wurde.)
Bei dem Objekt der Fig. 37 liegen je zwei Kerne einander
senähert, und von diesen liegt stets der vordere lateral, der hintere
medial. Es ist das hier in der Figur nicht weiter zum Ausdruck
gebracht, wohl aber in den Oberflächenbildern Fig. 35a u. b, wo die
gleichzeitig im Gesichtsfeide erscheinenden Kerne in gleicher Art
eingetragen sind, die lateralen mit dem histologischen Detail, die
medialen nur mit dem Kontur. Es tritt hier sofort insofern noch
eine Übereinstimmung hervor, daß nämlich bis zu dem dunklen Vorder-
ende sich jederseits in allen Präparaten fünf Paare finden und hinter
ihnen je ein einzelner Kern. Derselbe, in Fig. 35 wie die mediale
Reihe gegeben, gehört dieser, streng genommen, nicht an, er steht
zwar derselben näher als der lateralen, immerhin aber etwas weiter
von der Medianebene entfernt, als die letztere. Nach diesen Beob-
achtungen zu urteilen, scheint also die Muskulatur, wenigstens im
hinteren Abschnitte des Körpers, ebenso gesetzmäßige Verhältnisse
aufzuweisen, wie die Kerne der Seitenfelder. Leider ist es mir je-
doch nicht gelungen, diese interessanten Verhältnisse auch im Vorder-
ende zu verfolgen. Es sei übrigens noch mitgeteilt, daß die Kerne
des rechten Dorsalbandes zu denen des linken nicht symmetrisch
gestellt sind.
Die ventralen Leisten zeigen ebenfalls meromyare Anordnung,
wie leicht aus Fig. 35 ersichtlich, wo sie ebenso wie die dorsalen
eingetragen sind. Auch hier finden sich die Zellen paarweise bei-
einander, und zwar liegt dann ebenfalls meist der vordere Kern
des Paares außen. Weiter bin ich in die Struktur dieser Muskel-
felder nicht eingedrungen. |
Über Subeutieula und Seitenfelder einiger Nematoden. II. 19
Über den kleinen Kern zwischen den Zellen /, und /, kann ich,
wie bei Cucullanus, nicht mehr berichten, als daß er vorhanden
ist. Was sein definitives Schicksal wird, ist mir nicht bekannt.
Nicht erörtert wurde die größere Menge der Kerne des Vorder-
endes, sowie die des medioventralen kleinzelligen Bandes. Es dürften
diese Elemente großenteils nervösen Charakters sein oder Sinnes-
organe bzw. deren Stütz- usw. Zellen repräsentieren.
Zum Schlusse die Übereinstimmungen und Abweichungen zwischen
Pseudalius und Cucullanus zusammenzufassen, will ich unterlassen,
um mich nicht zu wiederholen. Doch möchte ich noch mitteilen,
daß die Entwicklung von Pseudalius convolutus, tumidus und inflexus
im wesentlichen mit der von Pseudalvus minor übereinzustimmen
scheint. Die charakteristischen Stadien, wie es Fig. 35 zeigt, sind
bei den Arten nicht zu unterscheiden, da auch die Kernverhältnisse
kaum einen Unterschied bieten.
Nematoxys ornatus.
Die folgenden Formen mögen im allgemeinen etwas kursorischer
behandelt werden, soweit nicht einzelne Verhältnisse längeres Ver-
weilen verlangen. Ich darf daher der Kürze halber im weiteren
Verlaufe die Bezeichnungen Seitenlinien und Muskelzellen auf Stadien
gebrauchen, wo diese ihre Wertigkeit nur aus dem Vergleich mit den
andern Formen erhellt.
Das Material von Nematoxys ornatus ist leicht erhältlich aus
jedem Frosch. Nur in der Gefangenschaft durchwinterte Frösche
hatten keine Darmparasiten. Ob ich die Form, deren Namen der
Abschnitt trägt, wirklich vor mir hatte, kann ich nicht mit Bestimmt-
heit sagen. Die wenigen g'g', die ich in der Zeit, in welcher ich
das Material konservierte, im Darm der Frösche fand, gehörten zu
derselben, über die Artunterschiede der @Q@ habe ich aus der
Literatur kein Bild gewinnen können.
Von Methoden sind keine neuen zur Anwendung gekommen.
Es erübrigt also, nur noch einiges über die allgemeinen Verhältnisse
des Wurmes und über die ersten Entwicklungsstadien zu sagen.
Von den beiden vorhergehenden ist unser jetziges Objekt durch
seine Größe und seinen Dotterreichtum ausgezeichnet. Es bietet das
der Beobachtung Vorteile und Nachteile; letztere besonders insofern,
als der stets mehr oder minder mitgefärbte Dotter die Durchsichtig-
keit des ohnehin diekeren Objektes beeinträchtigt. Anderseits wird
Ben 2%
20 | i E. Martini,
dies kompensiert dadurch, daß die im Verhältnis zu den großen
dotterreichen Zellen kleinen Kerne weiter auseinanderrücken. Indem
so die stärkste gefärbte Substanz auf einen größeren Raum verteilt
wird, wird wieder an Durchsichtigskeit des ganzen Objektes gewonnen.
Zugleich gewähren die größeren Abstände der Kerne eine bessere
Übersicht. Ein beträchtlicher Vorteil ist natürlich an sich die Größe
der einzelnen Elemente. Das wird noch gehoben dadurch, daß sich
wenigstens in den meisten Total- und in allen Schnittpräparaten
die Zellgrenzen deutlich ausprägen. Über die Form und die aus
ihr resultierenden Schwierigkeiten siehe weiter unten.
Vorentwicklung.
Wenn ich auch hier einige Bemerkungen über die ersten Ent-
wieklungsstadien vorausschicke, so möchte ich betonen, daß die nun
folgenden Urteile sich nur auf gelegentliche Wahrnehmungen beim
Aufsuchen andrer Stadien stützen, daß ich dagegen eine genaue
Untersuchung der ersten Stufen bei diesem schönen Objekt unter-
lassen habe. Am zwei, drei und vierzelligen Stadium ist mir nichts
aufgefallen, doch will mir scheinen, daß man schon jetzt den Kern
der Propagationszelle erkennen kann an den deutlichen groben
Chromatinkörnern und dem Fehlen eines Nucleolus. Des weiteren
scheinen mir insofern Unregelmäßigkeiten aufzutreten, als nach dem
vierzelligen Stadium nicht notwendig die Blastomeren A und B zu-
nächst zur Teilung schreiten. Das Achtzellenstadium schien mir dem
andrer Nematoden zu entsprechen. Im weiteren Verlauf tritt eine,
wenn auch nicht hochgradige, dorsoventrale Abflachung hervor.
Eine Blastulahöhle konnte ich auf Schnitten durch einige junge
Stadien deutlich erkennen, doch scheint sie sehr bald wieder zu
verschwinden. Trotz der verhältnismäßig geringen dorsoventralen
Abplattung bildet der Embryo zunächst eine zweischichtige Platte
und zwar weit länger, als Pseudalius. Immerhin wird das Aussehen -
der Platte dadurch sehr verschleiert, daß die Entomeren schon
früh beträchtliches Volum zeigen und besonders durch starke dorso-
ventrale Ausdehnung eine flache Gestalt des Embryo nicht zu stande
kommen lassen. Es dauert nun sehr lange, bis diese Zellen auch
ventral von andern Elementen bedeckt sind, so daß hier medio-
ventral die Zweischichtigkeit noch bis zur vorletzten Furchung deut-
lich bleibt, wenn sie auch in der nächsten Umgebung durch das
Einsinken von Mst-Blastomeren bereits verloren gegangen ist. Die
Urgeschlechtszellen liegen noch bis in die Zeit der letzten Furehung
Über Subeutieula und Seitenfelder einiger Nematoden. II. 2m
frei zutage, während sie vorher, gewissermaßen einen ventralen
Auswuchs bildend, den Entomeren von unten angelagert waren.
Dagegen tritt eine andre Differenzierung schon sehr vie! zeitiger
auf, sehr früh, wohl schon etwa von 32 Zellen an, ist das Hinter-
ende durch weit größere Zellen vom Vorderende deutlich unterschieden,
und dieser Zustand bleibt bis zur Bildung der Krümmung erhalten.
Es erscheint daher stets das Hinterende weit heller als das Vorderende.
Somit bestehen im äußeren Verhalten recht beträchtliche Ähn-
lichkeiten mit der Cucullanus- Entwicklung, deren Vorzüge fürs
Studium unser Objekt mit deutlicher Ausprägung der Genitalzellen
und relativer Größe aller Elemente verbindet, so daß die vorliegende
Form zur Beantwortung der in der Nematodenentwicklung noch
schwebenden Fragen wohl eine der geeignetsten sein dürfte.
Ein Stadium, in dem die letzte Furchung bereits im Gange ist,
zeigt Fig. 52 von der Rückseite. Wir sehen hier deutlich die weit
srößeren Zellen, welche das Hinterende dorsal decken, vorn da-
gegen überwiegend kleinzelliges Material. Im übrigen diene folgen-
des zur näheren Bezeichnung des Objektes. Das Präparat enthält
16 Mitteldarmzellen. Die Urgeschlechtszelle liegt unter dem Darm,
von kleinzellisem Material bedeckt, neben dem Mitteldarm liegen
große Zellen, die wir, entsprechend den Verhältnissen bei andern
Nematoden, als Abkömmlinge der Zelle Ms? auffassen. Eine Analyse
der Zellen im Vorderende kann ich nicht geben.
Ein nächst älteres Stadium finden wir in Fig. 53 vom Rücken
betrachtet, in Fig. 59 im Sagittal-, in Fig. 60 im Querschnitt dargestellt.
Wir sehen aus dem Querschnitt, daß die großen dotterreichen Zellen der
Mitteldarmanlage, denen die Geschlechtszellen angelagert sind, auch hier
zunächst von einer Zellrinne umgeben werden. Um das alles legt sich
dann dieäußere Zellschicht, die, gemäß dem oben Erörterten, hier ventral,
nicht als eine Schicht, sondern als Haufen von Zellen erscheint: also im
sanzen derselbe Querschnitt, wie bei den beiden vorigen Objekten.
Genitalanlage.
Von diesem Stadium ab habe ich an der Geschlechtsanlage
keine Veränderungen bemerkt. Die Struktur der Kerne der beiden
Propagationszellen ist genau dieselbe, wie bei Pseudalius. Sie sind
auf jungen Stadien, wie das hier vorliegende, wohl die größten
Kerne des Tieres, da sie jedoch nicht wesentlich wachsen, werden
sie bald von den Kernen des Mitteldarmes und der Exceretionszelle
eingeholt, vgl. Fig. 57 b. |
22 E. Martini,
Die Zellen zeichnen sich durch eine etwas dunklere Farbe ihres
Protoplasma vor den übrigen der Umgebung aus. Sie lassen keine
scharfe Zellgrenze erkennen. Beide Propagationszellen liegen bei
diesem Objekt von dem uns in Fig. 56 vorliegenden Stadium an
genau symmetrisch, während sie bis dahin schräg oder gerade hinter-
einander lagen, und behalten diese Stellung in allen von mir beob-
achteten Stadien bei. Dabei ist ihr Abstand voneinander ein recht
beträchtlicher. Zwischen ihnen beiden findet sich eine große helle
Zelle mit scharfer Membran und großem Kern, der den der Propa-
sationszellen an Umfang etwa gleichkommen dürfte. Er enthält
einen großen Nucleolus. Diese große unpaare mediane Zelle, die
ich bei andern Nematoden noch nicht entdeckt habe, findet sich
hier, so weit meine Erfahrung reicht, stets wieder als treue Be-
sleiterin der Propagationszellen. Ich möchte daher glauben, daß sie
ihre Bedeutung beim Genitalapparat findet. Länger möchte ich nicht
bei der Geschlechtsanlage verweilen. Dieselbe hat sich, soweit ich
beobachtet, bis zum Ausschlüpfen der Larve in keiner Weise verändert.
Sie wird auch dann nur von zwei symmetrischen Zellen gebildet.
Der große Kern zwischen den Genitalzelien ist nicht mehr so
deutlich wie früher. Die kleinen Zellen, wie bei Cucullanus, fand
ich nicht.
Mitteldarm.
Auch die Mitteldarmanlage bietet Abweichungen von dem Ver-
halten der andern besprochenen Arten. Ihre Lage zu den einzelnen
Zellgruppen des Leibes ist allerdings genau ebenso, wie bei den
andern Nematoden und verändert sich mit der Zeit genau so. Da-
gegen zeigt die Zellenzahl eine Abweichung; in Fig. 59 allerdings
finde ich 16 Zellen, und so noch in manchem andern Präparate
dieses Stadiums, z. B. in dem Objekt der Fig. 55. Auf etwas älteren
Stadien, entsprechend Fig. 56, finden sich dann 18 Zellen. Von
diesen sind das erste Paar etwas, die beiden letzten beträchtlich
kleiner als die andern. Das erste Paar Steht dorsal verschoben,
Paar 2 und 3 folgen etwa symmetrisch. Paar 4 ist auch nach oben
verschoben, so daß es nicht im Sagittalschnitt als Trapez erscheint,
sondern als von oben eingeschobener Keil, Zellpaar 5 und 6 (die
Zellen 9, 10, 11, 12) stehen über der Genitalanlage, dann folgen noch
drei Paare. Da ich nun statt der letzten beiden Paare in einigen
Präparaten zwei längsgestellte Spindeln traf, und zwar bei Stadien,
die, wenig jünger als das der Fig. 56, im übrigen genau die oben
Über Subeuticula und Seitenfelder einiger Nematoden. Il. 23
seschilderte Anordnung zeigen, und da bereits beträchtlich jüngere
Stadien mit 16 En-Zellen dieselbe Anordnung im Mitteldarm zeigen,
wie die späteren, nur daß sich bei ihnen statt der vier letzten Kerne
zwei finden, glaube ich annehmen zu dürfen, daß die vier letzten
Zellen als Schwesterpaare zusammengehören, daß sie also entodermal
sind. Dabei bleibt fraglich, ob diese Teilung die letzte in der Gruppe
8/16 Zellen ist, dann würden die vordersten zwei Mitteldarmzellen
nicht zur En-Gruppe gerechnet werden dürfen, oder ob, was mir
wahrscheinlicher ist, diese Teilung die erste nach dem 16-zelligen
Stadium des En ist. Dann würde auch jenes vorderste Zellpaar als
entodermal aufzufassen sein. Dafür spricht besonders die lange
Dauer der 16-zelligen Mitteldarmanlage, in der Unterschiede der
Kerne nicht wahrnehmbar sind.
Dagegen fällt sehr bald auf, daß die Darmzellen jüngerer Sta-
dien nicht typisch zweireihig angeordnet sind. Auf Fig. 59 ist dies
noch nicht erreicht, dagegen in Fig. 96 leidlich deutlich. Es sind
dort allerdings in den optischen Schnitt alle Kerne im Mitteldarm
eingetragen, deren Zellen breit getroffen sind, so daß ihre Höhen-
differenz nicht hervortritt. Dies ist in Fig. 575 der Fall, und da
sehen wir dann, daß zwar im hinteren Teile eine gewisse Symmetrie
herrscht, im vorderen aber die Kerne der einen Seite höher stehen
als die der andern, d. h., daß hier eine Drehung um die Längs-
achse stattgefunden hat. Dies tritt auch auf den Querschnitten deutlich
hervor. Schon in Fig. 61 leicht ersichtlich, in Fig. 62 ebenfalls
merkbar, setzt sich diese Tendenz mit dem Alter mehr und mehr
durch, so daß schließlich nicht mehr von einer rechten und einer
linken, sondern nur noch von einer oberen und einer unteren Zell-
reihe gesprochen werden kann. Das wird auf Totalpräparaten deut-
lich bei Stadien, die etwa Fig. 63 entsprechen, und hatte mich zuerst
irregeführt, da ich, bei Cucullanus und Pseudalvus gewohnt, wenn
nur eine Reihe #»-Zellen sichtbar war, eine Seitenansicht vor mir zu
haben, jetzt bei demselben Kriterium stets vor die falsche Schmiede
kam, bis mich die Querschnitte über den wahren Sachverhalt belehrten.
Die Darmzellen selbst sind anfangs kurz, von sehr bedeutender
Höhe, dotterreich und plasmaarm, sie erscheinen daher hell und
gleichmäßig <sranuliert. Der Kern ist mäßig groß mit deutlichem
Nucleolus, sonst ohne erkennbare differenzierte Chromatinpaitikel.
Dies ändert sich bald. Um den Kern wird ein Hof dunkleren Proto-
plasmas sichtbar. Von ihm aus strahlen verästelte sich verjüngende
Stränge in den Zellleib aus, während der Kern rasch wächst, und
24 E. Martini,
besonders der Nucleolus durch seine Größe imponiert. Nach und
nach nimmt das Plasma auf Kosten des Dotters so sehr überhand,
daß die ehemals hellen Darmzellen auf Totalpräparaten und Schnitten
nun dunkel gefärbt erscheinen. Dabei sind noch deutlich die Spuren
der strangförmigen Verteilung dunklerer Substanz sichtbar. Der Kern
‚ist sehr groß geworden, er wird von einer deutlichen Membran um-
seben und enthält einen Nucleolus, dessen Durchmesser etwa die
Hälfte von dem des Nueleus betragen dürfte. Die Streckung des
Darmes und seine Loslösung von der Leibeswand entspricht dem bei
den andern Nematoden beobachteten, wie in Fig. 64 zu sehen. Da-
bei scheint er mir stets der Rückseite genähert zu liegen, und zwar
so sehr, daß er den Zusammenhang mit den dorsalen Muskelbändern
nicht verliert, so hat man auf unserm Querschnitt Fig. 64 fast den
Eindruck, als sei er an diesen Zellen aufgehängt. Worauf diese
dorsale Lagerung des Mitteldarmes beruht, wage ich nicht zu ent-
scheiden.
Bei der Streckung des Mitteldarmes bleibt die Zellenzahl durch-
aus konstant — 18, auch noch bei der jungen Larve. Dabei ist noch
zu bemerken, daß die vordersten Darmzellen kleiner als die übrigen
vom zweiten Paar an erscheinen, doch sind sie völlig mit diesen in
eine Reihe getreten. Zwischen dem fünften und sechsten Zellpaar
findet sich ein größerer kernfreier Raum, es liegen hier die beiden
Geschlechtszellen, so daß wir diesbezüglich auch die genaueste Über-
einstimmung mit jungen Stadien’ haben. Das Darmlumen tritt im
Stadium III spaltförmig auf und zwar als gestreckte Ziekzacklinie,
später tritt Schlängelung des Lumens ein, wenn auch nicht so hoch-
gradig, wie bei Rhabdonema. Wir wollen uns daher die Beschrei-
bung dieses Zustandes bis dahin versparen.
Stomatodäum und Proctodäum.
Wir hätten uns jetzt mit End- und Vorderdarm zu beschäftigen,
doch wollen wir hierzu nur bemerken, daß ersterer als Zellstrang
vom hinteren Ende des Mitteldarmes in ganz kurzen Bogen an die
ventrale Mittellinie zieht. Die Zahl der beteilisten Zellen dürfte
nicht sehr bedeutend von der bei Cucullanus abweichen.
Von den andern Zellen des Hinterendes habe ich nichts zu be-
richten, nur konnte ich wahrnehmen, daß sich rechts und links vom
Enddarm zwischen ıhm und der Leibeswand noch eine kleinzellige
Gruppe findet.
Das kurze Stomatodäum setzt sich aus dem lan Schlund-
Über Subeutieula und Seitenfelder einiger Nematoden. I. 95
rohr und den deutlich von ihm abgegrenzten Bulbus zusammen. Wie
dünn der Übergangsteil wird, zeigt Fig. 64.
Der Bau des Oesophagus ist dreikantig und enthält Kanten-
und Flächenkerne, letztere teils einzeln, teils paarig. Eine nähere
Analyse habe ich unterlassen, doch will mir scheinen, daß eine
Übereinstimmung mit den Verhältnissen bei Cucullanus nicht be-
steht.
Auch im Vorderende habe ich das übrige Material nicht studiert
(bis auf die unten bei »Eetoderm und Mesoderm« zu besprechenden
Zellen). Die große Masse der hier vorhandenen kleinen Zellen dürfte
dem Nervensystem und den Sinnesorganen angehören. Ob noch
sonst Organanlagen sich hier finden, wage ich nieht zu entscheiden;
über die Exeretionszelle siehe unten.
Ectoderm und Mesoderm.
a. Allgemeine Ausbildung der Leibeswand.
Wir finden auch hier ursprünglich sechs Reihen dorsaler großer
Zellen (vgl. Fig. 52), von diesen verschmelzen wieder die beiden
mittleren zu einer unpaaren unter Überwanderung ihrer Kerne auf
die andre Seite. Ein Stadium aus diesem Vorgang zeigt Fig. 53,
der Querschnitt Fig. 60, der Sagittalschnitt Fig. 59. Da sich, wie
Fig. 60 und 53 zeigen, die Kerne der entstehenden Dorsalreihen ge-
rade etwa in der Mediangegend finden, so sind auf dem Sagittal-
schnitt auch in fast allen Zellen Kerne getroffen. Zwischen der
Dorsalreihe und dem Darm dagegen sind keine kleinzelligen Elemente
zu finden. Nach vollendeter Ausbildung der Medianreihe zeigt uns
Fig. 56 ein Objekt von der Rückseite. Aus dem Vergleich der auf-
einander folgenden Dorsalansichten sehen wir zugleich, wie die sechs
bzw. fünf großen Zellreihen auf der Oberfläche immer mehr Raum
gewinnen, auf Fig. 56 sind die beiden Ventralreihen vom Rücken
aus kaum noch sichtbar. Den gleichen Vorgang zeigen uns die Quer-
schnitte Fig. 60—62. Zum Verständnis der Fig. 60 ist noch darauf
hinzuweisen, daß, wie aus Fig. 59 erhellt, ein von oben senkrecht
zur Achse des Darmes durch die Geschlechtsanlage geführter Schnitt
unter der letzteren zahlreiche Zellen treffen wird, die schon dem
Hinterende bzw. Vorderende des Wurmes angehören. Günstiger ge-
troffen ist Fig. 61, etwa dem Sagittalschnitt (optisch) Fig. 575 ent-
sprechend; ersterer erklärt leicht, wie es kommt, daß auf dem
Sagittalschnitt oberhalb des Darmes überhaupt keine Kerne getroffen
26 | E. Martini,
sind, dieselben liegen nämlich schon auf diesem Stadium in den
äußersten lateralen Ecken ihrer Zellen.
Es spielt sich nun nämlich auch hier das Überwandern der Kerne
in der Dorsalreihe nach der seitlichen Region genau so ab, wie bei
den andern Formen. Von den von mir untersuchten kann ich neben
den viel kleineren Cxcullanus-Embryonen besonders diese schöne
sroße Form zum Studium der einschlägigen Verhältnisse empfehlen.
Ein Vergleich zwischen Fig. 61 und Fig. 62 zeigt folgendes: der
Kern d liegt in Fig. 61 bereits in der äußersten Ecke der transver-
sal stark gestreckten Dorsalzelle neben dem kleinzelligen Material
der Rinne. Ist letzteres auch noch nicht in die Längsstreifen zer-
fallen, so sehen wir doch deutlich, daß seine Zellen zum Teil schon
weiter dorsalwärts verschoben sind als in Fig. 60. Es mag dies
vielleicht mit der Kernteilung in teilweisem Zusammenhange stehen,
die sich, wie uns leicht ein Vergleich der Kerngröße und Zellzahl
der einschlägigen Elemente lehrt, zwischen den beiden den Figuren
zugrunde liegenden Stadien abgespielt hat. Fig. 62 zeigt uns dann
die Rinne bereits aufgelöst, die großen Kerne haben ihre Lage nicht
wesentlich verändert, dagegen sind die kleinen Zellen der dorsalen
Bänder sich viel näher gekommen und grenzen, sich gegen die Peri-
pherie emporreckend, deutlicher die Seitenfelder ab. Fig. 62 ent-
spricht einem Stadium I/II. So sehen wir denn auch bereits in dem
wohl nur wenig jüngeren Stadium Fig. 57 die kleinen Zellen als
getrennte Reihen ober- und unterhalb der großkernigen Region auf-
treten, bereits der Leibeswand sehr genähert, so daß sie in derselben
mit eingetragen sind. Auch im ventralen Teil der ehemaligen Rinne
markiert sich, genau wie bei Oucullanus, der Zerfall in drei Streifen,
indem auch hier die beiden seitlichen stark gegen die Peripherie
vordrängen. Den vollständigen Zerfall der ehemaligen Rinne sehen
wir dann in Fig. 63. Dieselbe zeigt, wie es bei der starken Streckung
des ganzen Tieres nicht wunderbar ist, nur spärliche Kerne, von
denen der Seitenlinie jederseits nur einen Lateralkern. Im Darm
finden sich erst auf dem Nachbarschnitt Kerne zugleich mit einem
Dorsalkern der Seitenfelder. Daß diese Verhältnisse sich auch beim
alten Embryo nicht ändern, beweist Fig. 64 von einem Stadium IV, wo
wir in einem Schnitt je einen Lateralkern und in allen Muskelfeldern
einen Kern finden, während wir im zweiten nur die Dorsal- und Ventral-
kerne finden. Wir können hier übrigens bereits die Cutieulabildung
wahrnehmen. Aufden Vergleich von Frontal- und Sagittalschnitten ver-
schiedenalteriger Stadien zur Erläuterung des verschiedenen Verhaltens
Über Subeuticula und Seitenfelder einiger Nematoden. II. | 97
der kleinen und der großen Kerne wurde verzichtet. Als Frontal-
schnitt ist nur ein optischer Frontalschnitt durch das Objekt der
Fig. 56 mit roten Linien in diese eingetragen, und wir sehen hier
den Darm entsprechend dem Alter des Objektes von den Seitenfeldern
noch durch eine Reihe von Zellen getrennt.
ß. Zellanordnung im Ectoderm.
Betrachten wir nun die Anordnung der Zellen im einzelnen, so
finden wir genau die bekannten Verhältnisse. Die Lateral- und
Ventralkerne stehen symmetrisch, die der Dorsalreihe anfangs medial,
nachher alternierend rechts und links. Um den Mund bilden die Zellen
dz, mediodorsal, /,, rechts, 9, und y,, medioventral, A,, links einen
Ring. An die Zelle d,, schließen sich weitere sechs d-Zellen mit
mediodorsalem Kern. Die Abgrenzung dieser Zellen gegen die in
ihrem Bereiche liegenden Lateralzellen /,,, 9, s habe ich nicht erforscht,
ebensowenig die Grenzen der letzteren gegen die Ventralzellen mit
in der Mittellinie gelegenen Kernen 99, 9, 7- Von 9, usw. an finden
wir typisch folgende Verhältnisse: Die Kerne der Ventral- und
Lateralreihe alternieren, wie sich auch die Zellen zwischeneinander
schieben, die Kerne der Dorsalreihe stehen auf der einen Seite über
den Lateral-, auf der andern über den Ventralkernen, es grenzen
wieder an eine Lateralzelle drei Dorsal- und zwei Ventralzellen. An
dı, grenzt /, und A, hinten unten, an diese hinten unten g; bzw. 7,
an dı, ferner nach hinten zu d,,;, die sonst nur von d,, und den-
selben A- und /-Zellen begrenzt wird; dı, grenzt wieder an zwei |-
und A-Zellen /;, und /;; usw. bis zu 4, die an vier d-Zellen grenzt,
auf sie folgt dann nur noch eine Lateralzelle /_,, der Platz für /,
scheint frei zu bleiben. Die letzte Ventralzelle in normaler Stellung
ist 9, 90 die letzte paarige Ventralzelle grenzt nur noch an eine
Zelle. An d_,, I_4, 96, Yo, 4-1, schließen sich dann noch vier unpaare
Zellen, den Schwanz bildend. In Merkatorprojektion würde die Ober-
fläche des Wurmes sich also folgendermaßen ausnehmen (Textfig. :).
Zwischen /,; und , findet sich, wie bei den andern Nematoden, der
einzelne kleine Kern b bzw. £, unter ihm demgemäß g;,, über ihm d,.-
Wir finden also wieder dieselben Zellen bei allen Individuen in
derselben Anordnung zueinander. Wichtig will mir hier erscheinen,
noch einen Punkt hervorzuheben, daß nämlich durchaus nicht will-
kürlich bald rechts oder bald links die Dorsalkerne in den Lücken
der Lateralreihen stehen, vielmehr liegt immer links der Kern über
der Lücke, rechts über dem Lateralkern. Es trifit das auch auf
28 E. Martini,
Pseudalius minor zu, vgl. die Fig. 35 u. 36, und wir werden dem-
entsprechend auch die Verhältnisse bei Rhabdonema nigrovenosum
finden. Auch sonst ist die Anordnung der Kerne bei beiden Formen
sehr ähnlich, daher kann wohl dies hier genügen.
Auch den inneren Organen gegenüber zeigt sich eine Konstanz der
Lage, der Enddarm öffnet sich zwischen g, und y,, die Urgeschlechts-
- Exkretions -
O |
Texthg. i.
zelle liegt in der Gegend von /; und A;, meist wenig vor dem Kern
dieser Zellen, die Excretionszelle liegt zwischen den vordersten Teilen
der Zellen 9, und 77.
Die Zelle selbst habe ich nicht studiert, doch fällt ihr großer
Kern leicht auf allen einschlägigen Stadien unter dem hinteren Ab-
schnitt des Oesophagus auf. Er ist schon auf Stadien kenntlich, auf
Über Subeutieula und Seitenfelder einiger Nematoden. II. 29
denen er noch direkt an der Oberfläche liegt. Daher erscheint aus-
geschlossen, daß die Zelle aus derselben Gegend, wie die Reihen
sroßer dorsaler Zellen, stammt. Auf späteren Stadien, z. B. Fig. 58,
ist der Kern einer der größten des Embryo, mit starker Kernmembran
und dunklem großen Nucleolus.|
Was nun den Bau der großen Zellreihen betrifft, so ist ihr Plasma
auf jüngeren Stadien im allgemeinen gleichmäßig und etwa ebenso
reichlich, wie in andern Zellen. Auf älteren dagegen ist die Zelle
plasmaarm und nur in der Nähe des Kernes findet sich eine stärkere
Anhäufung desselben, von der aus Stränge dichteren Plasmas in die
Zelle ausstrahlen. Dies Verhältnis bleibt erhalten auch auf älteren
Stadien, auf denen das Seitenfeld, vom Darm abgelöst, weit weniger
voluminös erscheint, als bei jüngeren Embryonen, vgl. Fig. 64. Mit dem
zunehmenden Alter werden die Zellgrenzen immer undeutlicher. Da
sie sich jedoch auch bei recht vorgerückten Individuen stets auf
dem einen oder andern Schnitt noch erkennen ließen, glaube ich,
daß man hier von einem wahren Syneytium nicht reden kann.
Die Kerne aller drei Reihen sind groß, bläschenförmig, bei
älteren Stadien radiär abgeplattet und auch in der Längsrichtung
etwas gestreckt. Die Kernmembran ist deutlich, das Chromatin sehr
fein verteilt, der Peripherie zu etwas verdichtet. In der Mitte des
Kernes findet sich ein großer Nucleolus. Auf etwas älteren Stadien,
in Fig. 56 bereits angedeutet, in Fig. 57 deutlich hervortretend, zeigt
sich zwischen den Kernen der Seitenfelder eine Differenzierung.
Die Kerne der Dorsal- und Ventrallinien sind einander völlig gleich,
die der Laterallinien, also die Mittelreihen der Seitenfelder, sind
erheblich größer, besonders fällt die beträchtliche Größe der Nucleolen
auf. Diese Kerne sind neben dem Excretionskern die größten des
Embryo. Die vier Schwanzkerne sind kleiner, selbst als die Dorsal-
und Ventralkerne, blasser und besonders mit einem weit zarteren
Nucleolus versehen. Ihre Größe übertrifft dagegen doch recht beträcht-
lich die der Muskelkerne, immerhin könnte man nach der Struktur
dieser Elemente Zweifel an der Zugehörigkeit zum Ectoderm haben,
wenn nicht gerade im Hinterende die Zellgrenzen deutlich hervor-
treten. |
Wo stammen nun diese großkernigen Elemente her und wie ver-
breiten sie sich über den ganzen Körper? Hierüber soll das Folgende
noch einige. Angaben enthalten. Auf dem hinteren Rückenteil sehen
wir bei unsrer Form von Anfang an größere Elemente, aber auch
bei Cucullanus, wo sich dies Merkmal erst spät ausbildet, traten hier
30 E. Martini,
die großen Zellen gleich geschlossen auf. Anders liegen die Ver-
hältnisse im Vorderende. Schon Fig. 66 zeigt, daß hier die Konti-
nuität der großen Zellen unterbrochen ist zwischen /; und, abgesehen
von der kleinen Zelle 5b, die auf diesem Stadium auch noch ober-
flächlich zu liegen scheint. Wie weit nun doch vielleicht die Zellen
zwischen /; und /; von diesen ihren Nachbarn überlagert sind, kann
ich nicht entscheiden, da mir gute Chlorgoldpräparate nicht vorlagen.
Immerhin scheint es mir unwahrscheinlich, daß die vorderen Lateral-
zellen über die kleinzellige Enklave hinweggewandert sein sollten,
besonders da die letztere um so deutlicher ist, je jünger das Stadium,
vgl. Fig. 65, 52. Es scheint also, daß die großzellige Masse nicht
kontinuierlich auftritt, oder daß wenigstens ein Teil der Zellen ihres
Gebietes kleinkernig bleibt (oder wird) und in die Tiefe rückt.
Ein zweiter wichtiger Punkt, der aus Fig. 66 hervorgeht, be-
sonders deutlich aber in Fig. 55 sich zeigt, ist der, daß die großen
Zellen ursprünglich der Stelle der späteren Mundöffnung ziemlich
fern bleiben und dieselbe erst nach und nach durch Ausbreitung der
einzelnen Elemente in ihr Bereich ziehen, während sie die Stelle des
späteren Schwanzendes von Anfang an wenigstens vom Rücken her
decken. Es ist dabei zu bemerken wie sehr bei dieser Form ursprüng-
lich Kopf und Schwanzende ventral einander genähert liegen (vgl.
auch Schnitt 59). |
Drittens machte mich Fig. 55 zuerst darauf aufmerksam, daß
auch im einzelnen die Anordnung der großen Zellen insofern eine
andre ist denn später, als die Zellen Z, und /, lateral aus ihrer
Reihe etwas verschoben sind. Auch dies tritt noch deutlicher auf
jungen Stadien hervor, vgl. Fig. 5$2—54, wo die Zellen , und /;
direkt mit 9, in einer Flucht liegen. Allein durch den Vergleich der
Lagebeziehung dieser Zellen in successive älteren Stadien läßt sich
zwar ihr späterer Anschluß an eine der beiden Reihen recht wohl
feststellen. Sehr erleichtert wird dies jedoch bei unsrer Form da-
durch, daß schon auf so frühen Stadien wie das der Fig. 53 die
Kerne der Seitenreihen sich von denen der. Ventral- und Dorsalzellen
deutlich durch ihre Größe unterscheiden. So konnten stets die Zellen
l, und /, leicht aufgefunden werden. Es erhellt nun, daß durch dies
Verständnis der Lateralreihe auch das der Ventralreihe erleichtert
wurde. So konnten fast alle großen Zellen noch auf Stadium Fig. 52
rekognosziert werden, vgl. die Buchstabenbezeichnung der Figur.
Ich gebe hier anschließend eine Schilderung ihrer gegenseitigen
Lage auf diesem jungen Stadium.
Über Subeuticula und Seitenfelder einiger Nematoden. I. _ 31
Gehen wir aus von den kleinen Zellen, deren Übergang in die
bekannten 5b und £ uns die Figurenfolge 52—57 a zeigt. Die etwas ab-
weichende Lage in bezug auf den Gesammtorganismus findet ihre
Erklärung in der Lage des letzteren, da natürlich, sobald das Kopf-
ende etwas mehr gesenkt ist, das Hinterende in der Dorsalansicht
länger erscheint und umgekehrt. Die Lagebeziehung zu den andern
Zellen, besonders denen der Rückenlinie, ist jedoch durchaus konstant.
Auf dem späteren Stadium fanden wir die Zelle d,, über %, hier in
Fig. 92 liegt eine Dorsalzelle unmittelbar hinter, eine vor dem kleinen
Zellpaar. Welche von beiden wird nun d,,? Meiner Überzeugung
nach die hintere und zwar aus folgenden Gründen. Einmal: der
Kern d,, liegt immer links, vel. S. 27 ff., bei dem alternierenden Über-
wandern wird er also von rechts gekommen sein. Ursprünglich der
rechten Seite scheint nun regelmäßig der Kern hinter 5 und £ an-
zugehören. Fig. 52 zeigt das noch leidlich deutlich; der nächste
Kern ist wie seine Zelle unzweifelhaft linksseitig.
Durch diese Erkenntnis und das Auffinden von 5 und % wird
es uns nun möglich noch auf sehr jungen Stadien eine Reihe von
Zellen wiederzuerkennen. Wir wollen hier zunächst ihre Anordnung
auf einem Stadium besprechen, wo die beiden Dorsalreihen zu ver-
schmelzen beginnen. In diesen Reihen finden wir hinter 5 und £
entsprechend der Lage des Embryo und der starken ventralen An-
näherung des späteren Schwanz- an das Kopfende nur wenige Zellen,
etwas mehr in Fig. 55 und bei Rhabdonema Fig. 691. Die Bezeichnung
dieser Zellen bietet nicht die mindeste Schwierigkeit. Anders die
Lateralreihen.
Bei Rhabdonema allerdings stehen ihre Zellen bereits in einer
Reihe und nur wenig erinnert die Form der Zellen /, und A, daran,
daß sie sich wohl von der Seite her eingekeilt haben. Bei Cucullanus
Fig. 515 ist das noch sehr deutlich und bei Nematoxys endlich lie-
gen sie in Fig. 52 und 53 überhaupt nicht in der Flucht der übrigen
_ Lateralreihe. Dieser Unterschied läßt sich vielleicht aus der Ge-
samtgestalt erklären. Es dürfte der in dieser Zeit wesentlich schlan-
kere Rhabdonema-Embryo den Zellen früher die Möglichkeit bieten
1 Da es sich hier nur um die episodenhafte Darstellung von Vorgängen
handelt, die den von uns in der Hauptsache betrachteten Entwicklungsstadien
voraufgehen, mag entschuldigt werden, daß ich hier mehr als bisher die ver-
schiedenen Formen nebeneinander bespreche. Ich werde auch des weiteren
Rhabdonema nigrovenosum heranziehen und gebe in Fig. 50 und 51 noch einige
Bilder von Oucullanus, die ich ebenfalls zu vergleichen bitte.
32 E. Martini,
hintereinander zu treten. Dasselbe werden wir auch bei den Ven-
tralreihen finden, die bei Rhabdonema bereits völlig ihre definitive
Anordnung besitzen. — Daß es sich bei diesen anders gestellten
Zellen des Nematoxys-Embryo tatsächlich um 4, und /, handelt, wurde
oben bereits besprochen, doch auch die Beobachtungen an Cxculla-
nwus werden hierfür zur Stütze. Doch wollen wir die Dorsal- und
Lateralreihen dieser Form erst weiter unten mitbesprechen.
Über die vor den Kernen b und £ gelegenen Teile der Dorsal-
und Lateralreihen habe ich nur an FAhabdonema und Nematoxys
Sicheres ermitteln können. In der Lateralreihe zeigt Fig. 66 bei
ersterer Form vor 5 und £ die Kerne 4% und A,, davor Z, und A,,
dann folgt eine kleinkernige Gruppe, und von ihr beiderseits lateral-
wärts divergierend die Zellreihen %_,, und Ag_40. Diese letztere
Divergenz tritt bei Nematoxys Fig. 53 noch deutlicher hervor. Hier
konnte ich auch sämtliche Zellen in derselben Lage in Fig. 52 wieder-
finden. Bei Rhabdonema gelang dies vorwärts nur bis %, da die
dunkle Färbung des Vorderendes weiterhin ein Erkennen mir un-
möglich machte. Dagegen glaube ich gerade bei Rhabdonema, wenn
auch auf dem etwas älteren Stadium Fig. 66, alle vorderen d-Kerne
erkannt zu haben, immerhin nur sehr mühsam, so daß ich der Figur
eine große Beweiskraft nicht beimessen kann. Die drei Zellen di, 43
treten hier allerdings als auffällige Gruppe sehr deutlich hervor und
zeigen sich in Fig. 65 mit d,, zusammen als direkte Fortsetzung der
beiden Dorsalreihen, mit ihren Spitzen schon alternierend ineinander
sreifend. Ebenso auffallend bilden die Zellen d,,_ı3 bei Nematoxys
Fig. 92 und 95 eine besondere Gruppe, die noch die zweireihige
Anordnung wahrt. Der Kern d,, liegt median in der bereits unpaaren
Zelle, wie bei Rhabdonema auf dem Stadium der Fig. 66, und bei
beiden Formen bleibt diese Anordnung dauernd. Ob die Zelle 4,
auch bei Nematoxys ursprünglich der rechten Seite angehörte oder
gleich medial auftrat, habe ich nicht untersucht.
Über die ursprüngliche Lage der weiter vorn gelegenen d-Zellen
habe ich bei Rhabdonema nichts mehr ermittelt. Sie liegen in Fig. 66
bereits alle unpaar medial. Auf dem jüngeren Stadium Fig. 65
liegen ebenfalls zwei Zellen medial, da ich jedoch ihre seitliche Ab-
grenzung nicht genau feststellen konnte, besonders bei der vorderen
nicht entscheiden konnte ob rechts und links von ihr noch groß-
kernige Elemente lagen, so muß die Frage offen bleiben, welcher
Zelle in der definitiven Anordnung sie entspricht. Daß diese beiden
Zellen d,; und d,s Sind, scheint mir die Sachlage bei Nematoxys
Über Subeutieula und Seitenfelder einiger Nematoden. II. 33
wahrscheinlich zu machen. Bei dieser Form ist die zwischen /, und
is gelegene Zelle wohl sicher als d,, anzusehen, da sich zwischen
sie und d,, keine andre Zelle mehr einschieben kann. Über die
d-Reihen weiteres zu sagen oder zu vermuten halte ich nicht für
zweckmäßig.
Die Ventralreihen zeigen bei dem jüngsten uns von Rhabdonema
vorliegenden Stadium keine Besonderheiten, sondern gestreckten Ver-
lauf. Anders bei Nematoxys. Hier treffen wir in direkter Fortsetzung
der Reihe /,, /, einen Kern und Zelle, die ihrem histologischen Ver-
halten nach der Ventralreihe zugehören. Der nächst vordere Kern
‘in der gleichen Flucht gehört seinem Umfange nach offenbar schon
zu der kleinzellisen Gruppe zwischen /, und /,, die übrigen Ventral-
zellen liegen etwas tiefer in einer Reihe. Wie ich sie auf die späte-
ren beziehe, zeigen die Buchstabenbezeichnungen.
An dem leider so kleinen Cxeullanus-Embryo wollte es mir nicht
recht gelingen, diese Verhältnisse deutlich zur Anschauung zu bekommen.
Ich verweise daher betreffend dieses Detail auf die Figuren und
möchte nur erwähnen, daß auch auf diesen jungen Stadien die Zell-
anordnung, so weit sie studiert wurde, noch typisch ist. Hinter 5
und £, die sich als deutlich tiefer gelegene Kerne leicht kenntlich
machen, folgt jederseits eine Viererreihe alternierend georäneter
Zellen, dann jederseits ein Paar, das weniger deutlich in der Reihe
steht, dann weitere in deutlicher Reihenordnung. In Fig. 515 haben
wir im ganzen im hinteren Teil der Dorsalreihen 14 Zellen, von
denen das letzte Paar ein wenig kleiner ist als die vorhergehenden,
es dürften das bereits die ersten beiden Schwanzzellen sein. Ähn-
liche Elemente schließen sich auf der Unterseite in einfacher Quer-
reihe an (y,, 83, 84, 902). Dann folgt bereits die Mitteldarmanlage.
Seitlich von den ersten vier Dorsalkernen hinter b und £ treffen
wir jederseits die Lateralzellen 4_;, A1_;, an Z; anschließend 4; und
l,, dann kleinere Kerne, vor ihnen %_,.. Letztere Zellen von 4% an
sind auf jüngeren Stadien nicht immer mit der wünschenswerten
Sicherheit zu erkennen. Seitlich zwischen /, und , findet sich jeder-
seits eine g-Zelle, aus der Ventralreihe ein wenig medianwärts ver-
schoben, vor ihr stets, auch auf den jüngsten einschlägigen Stadien
noch deutlich kenntlich drei Ventralzellen, hinter ihr meist fünf. Nur
in Fig. 515 finden sich hier sechs in dem sich von unten her noch
ein Element zwischen die beiden ursprünglich letzten einschiebt.
Ganz diese Ordnung liest noch in Fig. 5la vor, einem Stadium,
in dem die letzte (unvollständige) Hauptfurchung (vgl. 1. e. S. 9 X
Zeitschrift £. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd 2 3
34 E. Martini,
und S. 42) gerade lebhaft wird. Das etwas jüngere Stadium Fig. 50
zeigt die Verhältnisse vor dem Beginn dieser Furchung (die Teilung
der Entodermzellen von 8 zu 16 ist im Beginn). Sie zeigt im Bereiche
der hinteren Dorsalzellen keine Abweichungen von den vorigen Figu-
ren, und wenn wir annehmen, daß /, noch mehr als später in dem
Verbande der Ventralzellen liegt, auch keine im Bereiche der hinte-
ren Lateral- und aller Ventralzellen. Die vorderen Dorsal- und
Lateralzellen zu identifizieren ist mir nicht gelungen. Doch zweifle
ich nach dem, was ich hier sah, nicht, daß auch dies sich bei ein-
gehendem Studium leicht erreichen ließe. Worauf es mir hier an-
kommt, ist das folgende.
Das Objekt ist, was die Zellenzahl betrifft, dem der Fig. 251. ce.
nur dadurch voraus, daß die dort fast beendete IX. Hauptfurchung
hier völlig abgeschlossen ist und sich im Entoderm bereits die ersten
Spindeln der letzten Teilung zeigen. Also vor der letzten ganzen
(IX.) Hauptfurchung typische Zellanordnung aller Elemente (vgl.
Fig. 23 u. 24 1. c.), nach derselben wenigstens in der hinteren Rücken-
gegend wieder typische Anordnung, die dann durch keine Furchung
mehr gestört wird. Noch interessanter als die Seitenreihen ist die
dorsale. Hier finden wir während der ganzen IX. Hauptfurchung
und auch später keine Zellteilung mehr. Die letzte war also die in
Fig. 22/23 1. ec. analysierte, und es sind dieselben Zellen wie in
letzterer Figur, die auch später diese Gegend einnehmen, und die
durch ihren histologischen Charakter, ihre gegenseitige Lage und die
vor ihnen auftretende Einsenkung primär eetodermaler Elemente sich
so deutlich charakterisieren, daß man sie leicht in den auf 5 und £
folgenden Zellen der Dorsalreihen wieder erkennt. Von diesen wür-
den also die vordersten der Fig. 50 gleich den Zellen y/!’x und
cII'x der Fig. 23. (l. c.) zu setzen sein. Übertragen wir das auf
spätere Stadien, so können wir setzen: cII!x —= dio, YIlxz —= d,,
cI1l’y = d; usw. bis yIl’y = d;. Weiter zurück möchte ich diese
Reihe nicht verfolgen. Wenn mir auch die Bilder späterer Stadien
dafür zu sprechen scheinen, daß die c/2’ und y /2'-Zellen sich eben-
falls den Dorsalreihen einordnen, in entsprechender Folge, so kann
ich das doch nicht beweisen. Demnach dürften die vorderen d-Zellen
im wesentlichen der Gruppe «II, die Lateral- und Ventralzellen 57
und %#IJ angehören. Es erscheint ohne weiteres möglich, hier bei
günstigeren Objekten, z. B. Nematoxys, noch genauere und prinzi-
piell recht wichtige ‚Resultate zu finden.
Über Subeuticula und Seitenfelder einiger Nematoden. II. 3
y. Zellanordnung im Mesoderm.
Zum Schlusse kommen wir zur Muskulatur. Wir hatten die
anfangs (Fig. 60) noch großkernige, dann kleinkernige (Fig. 61)
Rinne sich in die einzelnen Bänder auflösen sehen, konnten dann
beobachten, wie sich die Elemente der dorsalen und der ventro-
lateralen Bänder radiär streekten und den Anschluß an die sich
bildende Cuticula gewannen. Gleichzeitig sehen wir auch hier wieder
die aktive Beweglichkeit eintreten. Dies und die Lage der Streifen
spricht überzeugend für ihre Bedeutung als Muskulatur. Auch hier er-
kennen wir deutlich, wie bei Pseudahius, daß der Aufbau jedes Muskel-
bandes aus zwei Reihen, im wesentlichen alternierend gestellter, lang-
sestreckter Zellen besteht. Dies zeigt Fig. 7a, wo die weiter auswärts
gelegene Reihe mit ausgeführten Kernen, die mediale mit dem Kontur
der Kerne angegeben ist. Dies zeigt auch deutlich Fig. 58, in der
wir das rechte dorsale Muskelband vor uns haben. Auch aus Quer-
schnitten ist das Verhalten deutlich zu ersehen, besonders auf denen
jüngerer Stadien, vgl. Fig. 61, wo überhaupt durch die Größe der
Zellen alles leichter sichtbar ist.
Doch auch in diesem System ist die Anordnung der Zellen eine
genau präzisierte, und so unvollständig auch meine Analyse sein
mag, die den ventralen Zellen gegenüber bisher versagt hat und auch
in den Rückenbändern noch nicht alles zu klären vermochte, so scheint
mir doch das, was an Resultaten gewonnen wurde, interessant genug,
um hier mitgeteilt zu werden (vgl. Fig. 57 und 58). Wie bereits
gesagt, stehen die Kerne alternierend. Der letzte liegt zwar nicht
genau im Verlauf einer Reihe, sondern etwa zwischen beiden, scheint
jedoch, soweit sich die Zellgrenzen erkennen ließen, der äußeren
Reihe anzugehören. Der zweite Kern liest deutlich in der inneren, der
dritte in der äußeren und so fort auf beiden Seiten. Dabei stehen
sich rechts immer zwei Kerne näher als jeder mit dem andern Nach-
barn, so daß lange und kurze Intervalle wechseln, und zwar ist immer
der weiter vorn liegende äußere Kern dem hinter ihm folgenden
genähert. Diese Annäherung ist links undeutlich, oft umgekehrt.
Zugleich stehen rechts fast alle Kerne etwas weiter vorn, als links,
immerhin jedoch noch so weit symmetrisch, daß man die zusammen-
gehörigen Vierergruppen, gebildet aus je einem Kern jeder Reihe,
wohl erkennen kann. Da nun die Distanz der beiden linken Kerne
eine größere ist, als die der rechtsseitigen, ergibt sich folgende
Figur (vgl. Textfig. 2%, und k, auf S. 36) für jede einzelne Gruppe. Diese
3%
36 E. Martini,
Figuren können mehr oder weniger deutlich und mehr oder weniger
spitz sein.
Betrachten wir nun die Kernstellung im einzelnen. Die letzten
Kerne liegen etwas hinter dem Dorsalkern d,, der rechte wenig vor
dem linken. Die zweite Gruppe findet sich in der Gegend von ds
und ;, sie beginnt beim Kern der ersteren Zelle mit dem inneren linken
Nucleus, dann folgt der innere rechte, dann fast mit ihm gleich
weit vorn der äußere linke und endlich der äußere rechte.
Die dritte Gruppe, Kern , und , jederseits, liegt im Bereich von
ds_,. In ersterer Zelle beginnt sie mit dem inneren linken Nucleus,
dann treffen wir erst viel weiter vorn den inneren rechten und dicht
bei ihm erst den äußeren linken, dann den äußeren rechten.
Noch größer, als in dieser Gruppe, wird der Abstand in der
nächsten, so daß ihr innerer linker Kern dem äußeren der vorigen
kı hy
Textfig. %.
sehr viel näher liegt, als einer dieser Kerne seinem linken äußeren
Gruppengenossen. Diese dritte Gruppe, jederseits Nucleus 6 und 7,
erstreckt sich über die Zellen d, ,. In ersterer beginnt sie mit dem
inneren linken Kern, dann kommt eine lange kernfreie Strecke, es folgt
der innere rechte und vor ihm, fast auf gleicher Höhe, der äußere
linke und rechte.
Dichter zusammengedrängt erscheint wieder die nächste Gruppe.
Sie liegt etwa bei d;, beginnt mit dem linken inneren, dann folgt der
rechte innere und fast nebeneinanderder rechte und linke äußere
Nucleus.
Gruppe 6 (Nucleus 10 und 11) findet sich etwa bei d,,, beginnt
mit dem inneren linken, an den sich etwa in gleichen Abständen der
innere rechte, der äußere linke und der äußere rechte anschließen.
Diese Gruppe läßt sich noch leicht erkennen, die nächst vordere gehört
Über Subeuticula und Seitenfelder einiger Nematoden. I. 37
schon dem durch seinen reichen Zellinhalt schwerer durchsichtigen
Vorderende an.
Sie ist die siebente (Kern 12 und 13), liegt in der Gegend von
dia, beginnt mit dem inneren linken Nucleus, ihm fast gegenüber
findet sich der innere rechte, dann folgt eine kleine Lücke und dann,
sich wieder fast gegenüberstehend, erst der linke äußere, dann der
rechte äußere. Wir sehen hier also die Unterschiede von links und
rechts verschwinden. Die Kerne stehen von nun an fast symmetrisch.
Von den schwer zu ermittelnden Gruppen glaube ich hier noch
drei wahrgenommen zu haben: die achte in der Höhe von di; in
der üblichen Reihenfolge der Elemente innerer linker, innerer rechter
Nucleus fast gegenüber, äußerer linker, äußerer rechter, ebenfalls
fast gegenüber.
Mit meist derselben Kernfolge, in Fig. 58 etwas abweichend, treffen
wir dann etwa bei d,, und ,; die neunte Gruppe (Kern 16 und 17), dabei
sind aber die Kerne einander bereits viel näher gerückt als in andern
Gruppen, so daß die Kerne fast in einer Querreihe stehen.
Die vordersten Kerne zeigen dies noch deutlicher, die Unter-
schiede vom linken und rechten sind nicht mehr wahrnehmbar, die
Distanz der inneren von den äußeren Kernen ist nur angedeutet.
Ob alle diese 19 Kerne tatsächlich Muskelkernen angehören,
kann ich nicht mit Bestimmtheit behaupten, ich muß darüber noch
an Schnittserien nähere Untersuchungen anstellen.
Was nun den Bau der hier besprochenen Zellen betrifft, so sind
es langgestreckte, verhältnismäßig schmale Elemente, die sich auf
älteren Stadien oft sehr deutlich gegeneinander und gegen die Um-
gebung abgrenzen. Contractile Elemente habe ich in diesen Zellen
zwar nicht wahrgenommen, ich habe jedoch auch einerseits nur an
Balsampräparaten untersucht, anderseits spezifische Muskeltinktionen
nicht verwendet. Die Kerne dieser Zellen sind in jüngeren Stadien,
bis Stadium II, rund, kugelis, blasser, als die der Seitenlinien, haben
feinkörnig verteiltes Chromatin und einen kleinen, aber deutlichen
Nucleolus.. In der Umgebung der Kerne findet sich stets eine An-
häufung etwas dichteren Plasmas. Der Kern selbst füllt an seiner
Stelle ungefähr die ganze Breite der Zelle aus, von da an wird
dieselbe nach vorn und hinten schmaler. Da nun die nächste Zelle
derselben Reihe nicht schon in der Höhe des Kernes der vorher-
sehenden beginnt, so ist jede Reihe aus dickeren Stücken und
dünneren aufgebaut, von denen sich erstere stets in die durch letztere
gebildeten Buchten der Nachbarreihen einfügen.
38 E. Martini,
Rhabditis nigrovenosa.
Von diesem unserm letzten Objekt ist das Material hier außer
im Winter stets leicht aus Rana fusca erhältlich.
Die Totalpräparate, mit Sublimat fixiert und mit Hämalaun
gefärbt, waren recht brauchbar. Auf Schnitten zeigten die mit
Pikrinessigsäure fixierten Objekte die Zellgrenzen deutlich. Oft aber
waren die Kerne nicht so schön erhalten, daß ihre Differenzen mit
wünschenswerter Deutlichkeit hervortraten. Dies war dagegen bei
Sublimat-Material der Fall, doch fehlten hier die Zellgrenzen im
Bilde oft völlig. Im übrigen traten nach der letzteren Behandlung
‚auch die Furchungshöhle usw. deutlicher hervor.
Das Objekt zeichnet sich unvorteilhaft durch die schwer durch-
lässige' Eihülle aus. Dieselbe stört ein rasches Eindringen der
fixierenden Flüssigkeit, setzt der Entwässerung recht beträchtlichen
Widerstand entgegen und stört oft durch ihre Dicke und Falten-
bildung die Klarheit des Bildes.
So mag es wohl sein, daß NEuHAus’ Methode mit Essigsäure-
karmin und Glycerin Vorzüge vor der Einschließung in Balsam hat,
mit deren Resultaten ich nicht immer zufrieden war.
Das Objekt, etwas kleiner als das vorige, zeigt in der Größe
der einzelnen Zellarten geringere Unterschiede, besonders aber in der
Beschaffenheit ihres Plasmas auf älteren Stadien ziemliche Über-
einstimmung. Es traten daher die charakteristischen Entwicklungs-
momente dieser Periode lange nicht so deutlich hervor wie bei
Cucullanus, ‘doch wird man sie, sobald man nach ihnen sucht, auf
Totalpräparaten bald auffinden. Sie sind dort fast ebenso deutlich
wie bei der vorigen Form. Auf Schnitten dagegen traten sie recht
wenig hervor, fast noch weniger als bei Pseudakus minor. Auffallend
sind endlich noch die großen Spaltbildungen zwischen den Keimblättern.
Vorgeschichte.
Was die Vorgeschichte betrifft, habe ich eigne Untersuchungen
nicht vorgenommen. Ich gebe das Folgende der Vollständigkeit
halber nach der ZIEGLERSchen Arbeit.
Die Furehung verläuft genau wie bei den übrigen Nematoden
(ZIEGLER bezieht sich hier besonders auf die Beobachtungen, die
SPEMANN in Bovkrıs Institut an Strongylus paradoxus gemacht hat).
Es findet bis zu dem »Stadium von 30 Zellen (16 Eetoderm-, 4 Ento-
Über Subeutieula und Seitenfelder einiger Nematoden. II. 39
dermzellen, 4 Mesodermzellen, 4 sekundäre Eetodermzellen, ferner
die Zelle G und die Zelle D) keinerlei Einstülpung oder Umwachsung
statt«. Erst nach der nächsten Teilung der Eetodermzellen vollzieht
sich die Gastrulation, also wenn 32 Abkömmlinge der primären
Somazelle vorhanden sind. Es sinken dann nämlich die vier Ento-
dermzellen in die Tiefe, während dieses Vorgangs teilen sich die
Mesodermzellen und rücken dann medianwärts zusammen. Nach der
nächsten Teilung der S,-, C- und D-Zellen tritt dann (Stadium von
64 Zellen im primären Ectoderm) die Einsenkung der hinteren
Mesodermelemente ein (unsrer »» und u-Zellen). Nach wiederum der
nächsten Teilung (es entstehen 128 Zellen im primären Ectoderm)
sinken dann auch vermutlich alle übrigen Mesomeren (unsre si- und
or-Zellen) in die Tiefe (von den vordersten Gliedern dieser Gruppe
konnte es allerdings nicht mit Sicherheit ermittelt werden). Um
dieselbe Zeit, d.h. nach der VII. Teilung der primären Eetoderm-
zellen (= unsrer VIII. Hauptfurchung) wird auch die Genitalanlage
eingesenkt, die hier bereits zweizellig ist. Der Vorderdarm ist durch
eine Einstülpung im vorderen Teil des Embryo entstanden nach der
VIH. Hauptfurchung, also gleichzeitig etwa mit dem Verschwinden
der Stomatodäoblasten und der Urgeschlechtszellen.
Schnitte durch Stadien vor diesem Vorgang zeigen uns NEUHAUS’
Figuren 1—4. Sie erläutern uns die derzeitigen Verhältnisse des
Keimes sehr geschickt. Ist dann endlich auch die Genitalanlage ein-
sesenkt, dann besteht der Embryo außen aus den Abkömmlingen
der ersten, dritten und vierten Ursomazelle. In seinem Inneren findet
sich die Anlage des Darmes, neben der rechts und links die Des-
cendenz der Zelle MSt liegt. Unter dem Mitteldarm liegt symmetrisch
das Genitalzellenpaar. Der Darm selbst läßt bereits deutlich Mittel-
und Vorderdarm unterscheiden.
Diese Organe sind nun nicht fest verpackt wie bei den bisher
besprochenen Formen, sondern es findet sich um den Darm, besonders
auf seiner Rückseite, ein spalttörmiger Raum, offenbar Reste der
primären Leibeshöhle.
Die Genitalanlage.
In betreff der Genitalanlage habe ich ebenfalls dem von ZIEGLER
und NEUHAUS Ermittelten nichts Wesentliches hinzuzufügen. Die
folgenden Sätze dienen also nur der Vollständigkeit. Von früher
Zeit her sind die Geschlechtszellen durch ihr dunkleres Plasma
kenntlich. Bei ihrer Größe fällt dies noch besonders auf. Der Kern
40 E. Martini,
ist anfangs der größte des ganzen Embryo. Vor den benachbarten
ebenfalls großen Entodermkernen zeichnen sich die Genitalkerne
besonders dadurch aus, daß ihr Chromatin mehr in groben Brocken
angeordnet und nicht so fein verteilt ist wie in jenen. Später aller-
dings wird die Chromatinverteilung eine diffusere, und es würden so
dieselben Verhältnisse erreicht werden wie im Entoderm, wenn sich
an dessen Nuclei nicht derselbe Prozeß abspielte. So bleibt ein
wenn auch nur geringer Unterschied. Der von Anfang an deutliche
Nucleolus wird später außerordentlich groß und dunkel. Dagegen
bleibt das Plasmä der Zellen völlig homogen. Wie NeunAus angibt
finden wir von dem Stadium an, wo das Hinterende des. Embryo das
Kopfende erreicht hat, vier Zellen, die unter sich, soweit ich erkennen
konnte, völlig übereinstimmen. Wie die Genitalzellen ursprünglich
unter der Mitte des Mitteldarmes (unter der sechsten und siebenten
Zelle jeder Entodermreihe bzw. der ursprünglich fünften und sechsten)
liegen, so behält die Anlage des Geschlechtsapparates diese Lage im
wesentlichen bei noch beim fast reifen Embryo, obgleich sie dann
bereits aus zehn oder mehr Zellen aufgebaut ist. Diese Zellen grenzen
sich geradlinig voneinander ab, wenigstens sind häufig geradlinige
Spalten zwischen ihnen sichtbar, die auf Schrumpfung zurückzuführen
sein dürften. Die Gesamtanlage bleibt ventral, doch scheint sie mir
nicht genau medial zu liegen sondern nach einer Seite ein wenig
verschoben zu sein. Immerhin bezeichnet sie mit ihrer dunklen
Zellmasse so deutlich die Bauchgegend, daß wir darin eine wesent-
liche Unterstützung bei der Orientierung von Totalpräparaten und
Schnitten sehen können. Kleine Zellen fand ich ebenfalls auf
älteren Stadien um die großen dunkeln Genitalzellen herum, ob sie
aber Abkömmlinge dieser letzteren sind wage ich nicht zu entscheiden.
Über die weitere Entwicklung des Genitalapparates brauche ich
wohl nichts zu sagen. Sie liegt außerhalb des Rahmens unsrer Arbeit,
ist außerdem bei NEUHAUS genau behandelt. |
Mitteldarm.
Wir gehen jetzt zu den andern Organanlagen über, deren An-
ordnung wir bereits oben besprachen. Dieselbe wird deutlich illu-
striert durch die Fig. 6a—7 von NeuHAus. Da wir jedoch jetzt bei
dem Stadium angelangt sind, bei dem unsre eignen Studien anheben,
seien hier auch die eignen Figuren angezogen. Es zeigt sich nun
sofort die große Übereinstimmung zwischen meiner Fig. 72 und Nev-
HAUS’ Fig. 60a. Abgesehen davon, daß das Objekt der letzteren nicht
Über Subeuticula und Seitenfelder einiger Nematodem, II. - 41
genau frontal getroffen sein dürfte, da die gelb gezeichneten
Zellen rechts andern Charakter zeigen als links, und daß die Längs-
achsen leider Schnitte miteinander einen kleinen Winkel bilden, so
daß mein Schnitt hinten etwas tiefer geführt ist als der von NEU-
Haus, findet sich noch eine geringe Abweichung im Alter des Ob-
jektes. Mein Objekt ist nämlich etwas jünger. Das zeigt sich in
folgendem.
Vor den typischen Mitteldarmzellen zeichnet NEUHAUS zwei
Zellen ein, von denen er die eine mit der Farbe des Entoderms, die
andre mit einer Mischfarbe gibt, offenbar um zu bezeichnen, daß
er über die Zugehörigkeit der Zellen zu entscheiden nicht gewillt
ist. Die Kerne dieser beiden Zellen sind kleiner als die übrigen
des Mitteldarmes und ohne deutlichen Nucieolus.. An derselben
Stelle finde ich nun auf etwas älteren Stadien als dem meiner Fig. 72
zugrunde liegenden stets zwei Paare von Zellen, von denen das eine
dorsal und hinten dem andern auflagert. Diese vier Zellen sind in Fig. 72
noch nicht vorhanden, während die übrigen Zellen des Mitteldarmes
sich an derselben Stelle wie später wiederfinden, sondern an ihrer
Stelle treffen wir zwei Spindeln. Da nun die erwähnten vier Zellen
durch geringere Größe und kleinere Kerne vor den übrigen Entoderm-
zellen ausgezeichnet sind, glaube ich die beiden dorsaler gelegenen
von ihnen in den beiden eben besprochenen Zellen aus dem Frontal-
schnitt 6@ bei NEuHAUs wiedererkennen zu dürfen. Daraus folgt
dann die größere Jugend des mir vorliegenden Objektes ohne
weiteres.
Hinter den eben besprochenen zwei (bzw. vier) Zellen schließen
sich zunächst zwölf weitere an. Alle sind etwa gleich groß mit gleich
eroßen Nuclei, dann folgen noch vier Zellen, die auf jüngeren Stadien
mehr als auf älteren sich von den vor ihnen gelegenen durch kleinere
Kerne auszeichnen. Alle diese Kerne, besonders die mittleren, ent-
sprechen der Beschreibung von NEeuHAus, nach der der »Kern der
ruhenden Entodermzelle eine gleichmäßig feine Verteilung des Chro-
matins aufweist und einen starken Nucleolus« besitzt. Letzterer
bleibt immerhin kleiner als der der Genitalzellen. Daß der Kern
blaß ist, kann ich jedoch nicht anerkennen; ich finde allerdings haupt-
sächlich auf älteren Stadien nur einen höchst geringen Unterschied
zwischen ihm und einem Genitalnucleus. Dagegen ist das Plasma
der Mitteldarmzellen allerdings, besonders gegenüber den Genitalzellen,
»durch geringe Färbbarkeit ausgezeichnet«.
Betreffend die Zellanordnung im Mitteldarm kann ich, wie Fig. 72
42 | E. Martini,
und 74 zeigen, NkurmAus recht geben, wenn er dieselbe für junge
Embryonen folgendermaßen beschreibt. Die Entodermzellen ordnen
sich >in vier allerdings unregelmäßigen Reihen an, deren einzelne
Glieder teilweise miteinander alternieren, man findet nämlich auf
Querschnitten sowohl drei als auch vier und fünf Entodermzellen
vor. Unterbrochen wird diese Anlage nur am Beginn des hinteren
Körperdrittels an der Stelle, wo die Geschlechtszellen in die Gastrula
eingesenkt sind. Dieselben verdrängen hier die ventralen Zell-
gelben In der hinter dieser Stelle gelegenen Region sind,
wie Totalpräparate zeigen, nur zwei Zellreihen am Aufbau des Ur-
darmes beteiligt«. Immerhin muß ich betonen, daß sich die Vier-
reihigkeit, wie Fig. 74 zeigt, höchstens zwei Zellen weit nach hinten
erstreckt. Wir denken jedoch die Zellanordnung präziser so darzu-
stellen: Hinter der den Übergang vom Vorder- zum Mitteldarm ver-
mittelnden Vierergruppe (vgl. das oben S. 41 Gesagte und Querschnitt
Fig. 76) schließt sich der übrige Mitteldarm in Gestalt von zwei
Zellreihen an, die symmetrisch liegen. Diese Doppelreihe trifft jedoch
nicht gerade auf den Vorderdarm, sondern biegt sich etwas ventral-
wärts aus unter die erwähnte Vierergruppe. Wird nun dieser zwei-
reihige Zellbogen in der Querrichtung des Tieres geschnitten, so
versteht sich, daß auf manchen, vielleicht den meisten Schnitten,
mehr als zwei Entodermkerne getroffen werden (vgl. Fig. 74). Natür-
lich ist darum die Darmanlage noch nicht mehr als zweireihig.
Auf diesen jungen Stadien erscheint der Mitteldarm noch >»in
der Längsrichtung zusammengestaucht«. Seine Zellen zeigen beson-
ders im hinteren Teil im Vergleich zu ihrer Länge eine sehr be-
deutende Breite und Höhe (Fig. 74). NeuHAus hat sehr recht, wenn
er betont, daß ein Urdarmlumen, wie es GokrTE beschreibt, sich nicht
findet, dagegen trifft man einen deutlichen Raum seit ihrem Ent-
stehen zwischen den bereits mehrfach erwähnten vier ersten Mittel-
darmzellen. |
Betreffend die Bedeutung dieser vier Zellen, dürfte ein Vergleich
‚mit Nematoxys von Vorteil sein. Wir finden sie an der Stelle von
dessen zwei ersten Mitteldarmzellen, und wenn wir annehmen, daß
sie aus den diesen zwei homologen Elementen durch die in Fig. 72
dargestellte Teilung hervorgehen, so findet sich zwischen den übrigen
Zellen beider Arten nach Zahl und Stellung zueinander und zu den
Nachbarorganen völlige Übereinstimmung.
Auf dem vorliegenden Stadium mag noch auf den Raum hin-
gewiesen sein, der sich stets deutlich zwischen Mitteldarm und Leibes-
Über Subeutieula und Seitenfelder einiger Nematoden. I. 45
wand findet, sowohl auf queren als auf sagittalen und frontalen
Schnitten (vgl. Fig. 7”2—75 und bei NeuHaus 6a!, 7, 13—15, 23).
Aus der eben beschriebenen Anlage geht nun der definitive
Mitteldarm durch Streeckung hervor. Etwas ältere Stadien als das
der Fig. 73 — doch auch noch nicht so alte, zeigen das folgende
deutlich —, lassen die Anordnung der einzelnen Zellen klarer er-
kennen. Die vordere ventrale Ausbiegung der Doppelreihe ver-
schwindet, und letztere schließt sich direkt an die vordere Vierer-
Sruppe von Zellen mit kleineren Kernen an. Die Elemente der beiden
symmetrischen Reihen zeigen nur eine Andeutung von alternierender
Stellung, vielmehr stehen sich die zusammengehörigen Nuclei ungefähr
gerade gegenüber. Erst auf älteren Stadien tritt das Alternieren mehr
hervor. Die Darmanlage wird durch die Streckung freier von den
Urgeschlechtszellen, und so treffen wir jetzt über diesen stets in
jeder Reihe die vierte und fünfte Zelle (in der Gesamtheit also die
siebente bis zehnte, beide Male abgesehen von der vorderen Vierer-
gruppe). Diese Zellen sind denn auch stets dementsprechend dorso-
ventral niedriger, später auch deutlich länger als die übrigen (vgl.
ir. 69).
Auch für die spätesten intrauterinen Stadien hat NEUHAUS recht,
wenn er sagt: »Mit zunehmender Größe des Körpers findet nicht
etwa eine entsprechende Vermehrung der Entodermzellen statt, son-
_ dern dieselben rücken weiter auseinander, so daß zwei Reihen alter-
nierend aufeinander folgender Zellen entstehen. Die Zellen springen
bogenförmig gegen das Lumen vor, so dab das erst kurz vor dem
Freiwerden der Rhabditis in die Erscheinung tretende Darmlumen
einen geschlängelten Verlauf zeigt.< Hierzu möchte ich bemerken,
daß das Lumen denn doch beträchtlich früher entsteht als NEuHAUs
angibt. Schon auf dem Stadium, wo der Wurm beginnt den dritten
Schenkel zu bilden, ist es als feiner Spalt zwischen beiden Entoderm-
reihen sichtbar (vgl. Fig. 78). Ferner zeigt die Schlängelung einen
sehr verschiedenen Charakter. Im ersten Falle entspricht sie völlig
der bei Cucullanus beschriebenen gestreckten Ziekzacklinie, wobei auf
1 In bezug auf Fig. 6b bei NeunAus ist zu sagen, daß die vor den Uır-
geschiechtszellen bis zum Oesophagus gelegenen Elemente nur zum Teil vom
dorsalen Schnitt in diesen herabragende Mitteldarmzellen sein dürften, zum
andern Teil dagegen dem kleinzelligen ventralen Material zuzurechnen sind. Da-
gegen dürften die letzten in der Verlängerung des Mitteldarmes dunkelblau ein-
getragenen Blastomeren besser hellblau sein. Wenigstens ist es mir nie gelungen
dorsal von den Mitteldarmzellen zwischen ihnen und den Eetodermzellen auf
diesem Stadium andre Elemente aufzufinden.
44 E. Martini,
jeden Zellkern ein Winkel kommt, etwa Fig. 69. Im zweiten Fall
zeigt sich bedeutendere Schlängelung mit steileren Kurven, von denen
manchmal bereits zwei auf eine Zelle kommen (Fig. 70). Im dritten
Falle gewinnen wir den Eindruck, als ob die einzelnen Zellen mit
oft verzweigten Zotten, von denen an jeder Zelle zwei große auffallen,
in das Lumen vorsprängen. Wie jedoch der Schnitt Fig. 81 zeigt,
handelt es sich in der Tat nicht um Zotten, sondern das noch immer
in der transversalen Dimension viel ausgedehntere (bandförmige)
Darmlumen schneidet aus den Zellen leistenartige Vorsprünge aus,
die in der Seitenansicht das Bild von Zotten vortäuschen. Es läßt
sich die starke Schlängelung des Lumens auch auf Querschnitten
deutlich erkennen, vgl. Fig. 79c. Mag auch der Contractionszustand
des Wurmes von Bedeutung bei dieser Erscheinung sein, so spricht
doch der Umstand, daß die kürzeren jungen Embryonen stets den
geringsten Grad von Schlängelung zeigen, während man sie in den
langen fast erwachsenen und erwachsenen Embryonen stets kräftig
ausgebildet trifft, dafür, daß hier eine physiologische Einrichtung sich
mit dem Heranreifen des jungen Organismus mehr und mehr vervoll-
kommnet.
Der Kern der Mitteldarmzellen liegt auf diesem Stadium meist
an der Basis der stärksten vorspringenden Leiste. Was seine feinere
Struktur betrifft, so ist zu bemerken, daß er mit dem Heranreifen
der Larve dunkler wird. Er ist auf Stadien wie Fig. 77 durch seine
Färbung kaum von den Geschlechtskernen zu unterscheiden. Sein
Nucleolus hat sich bedeutend vergrößert, wie ein Vergleich etwa von
Fig. 80 und Fig. 74 oder 77 leicht erkennen läßt. Auch hierin be-
steht größte Ähnlichkeit mit den Genitalnuclei. Endlich hat sich
auch das Plasma beider Zellarten in gleicher Richtung insofern ver-
ändert, als auch das der Mitteldarmzellen viel dunkler geworden ist.
Immerhin erreicht es die Tinktionsfähigkeit der Geschlechtsanlage
nicht annähernd, und der Unterschied junger und alter Stadien ist
bei weitem nicht so groß wie bei Nematoxys ornatus.
Noch ein andrer Punkt unterscheidet das Plasma der Darmzellen
von dem der Geschlechtsanlage. Während dieses sich wie auch beim
erwachsenen Tiere der andern Generation stets völlig gleichmäßig
färbt, läßt sich bei jenem eine gewisse Struktur erkennen. Wie
bei allen Nematoden liegt der Kern der Mitteldarmzelle an der Wand
nach der symmetrischen Zellreihe zu, etwa in ihrer Mitte. Von hier
aus strahlen wie bei Nematoxys Stränge dunkleren Plasmas in die
Zelle aus. Dieser Umstand ist insofern besonders günstig, als so auf
Über Subeutieula und Seitenfelder einiger Nematoden. II. 45
Schnitten die Stelle dunkelsten Plasmas den Ort bezeichnet, wo man
das Darmlumen zu suchen hat, und dieses sich in der dunkeln Um-
sebung besonders gut abhebt. |
Endlich ist noch eine Differenzierung zu erwähnen. An völlig
erwachsenen Embryonen bemerkt man an der Innenseite der Darm-
zellen gegen das Lumen zu eine deutliche cuticulaartige Differen-
zierung, die auf dem Querschnitt als Ring das Lumen umgibt. Ob
es sich hier um eine Cuticula, Stäbehensaum oder etwas andres
handelt, konnte ich bei der Kleinheit der Verhältnisse nicht ermitteln.
Endlich müssen wir noch, wie es unsre Gewohnheit ist, die
Beziehungen des Mitteldarmes zur Leibeswand usw. erwähnen. Daß
die Lage der einzelnen Zellen gegenüber der Genitalanlage noch die-
selbe ist wie auf ganz jungen Stadien, lehrt Fig. 69. Im übrigen
finden wir die entsprechenden Verhältnisse wie bei den übrigen
Formen. Auf jungen Stadien liegt im Frontalschnitt, zwischen Mittel-
darm und der großkernigen äußersten Zellenschicht jederseits noch
eine kontinuierliche Reihe Zellen, sie fehlt hier auf älteren Stadien.
Umgekehrt zeigt Fig. 74 für jüngere Stadien keine kleinen Kerne
über dem Mitteldarm. Sie finden sich in etwas älteren Embryonen.
Die Entstehung dieser Verhältnisse wird wie sonst im letzten Ab-
schnitte ihre Erledigung finden.
°Stomatodäum und Proctodäum.
Daß ich auch bei dieser Art Vorder- und Enddarm nicht bespreche
erklärt sich aus der besonderen Schwierigkeit der Beobachtung an
diesen Körpergegenden. Ich teile hier nur kurz mit, daß ich mich
an einigen Embryonen überzeugt habe, daß auch bei ihnen im Vorder-
darm die Kerne stets typisch dieselben sind.
Da mir jedoch eine Übereinstimmung mit den bei Cueullanus
erhobenen Befunden nicht ins Auge sprang, würde bei eingehenderer
Besprechung ein Vergleich beider Arten wünschenswert gewesen sein,
was wiederum eine genaue Untersuchung des Nematodenoesophagus
überhaupt vernotwendist hätte. An diese möchte ich aber meine Zeit
nicht wenden, da bereits andre Forscher uns eine eingehende Be-
sprechung: dieses Organs verheißen haben.
Ectoderm und Mesoderm.
Die Bildung der Leibeswand spielt sich wie bei den andern
Nematoden ab. Fig. 65 zeigt die sechs Dorsalreihen, immerhin in
schon recht geschwollenem Zustand an einem Totalpräparat. Die Bildung
46 E. Martini,
der unpaaren Mittelreihe, die genau wie bei Oxcullanus und Nema-
toxys verläuft, zeigen Fig. 66 und 67, und zwar Fig. 66 ein Stadium,
in dem alle Kerne mediodorsal liegen. Wir erkennen, daß dieser
Vorgang hinten eher sich vollzieht als vorn. So würden wir auch
an einem wenig älteren Stadium hinten die Kerne fast an ihren Platz
gelangt sehen, dagegen vor der kleinen Zelle 5 und £ noch in der
Rückenmitte. Erst Fig. 67 zeigt auch die drei nächstvorderen
Nuclei an ihren definitiven Ort verschoben. Wir sehen hier auch
noch die andern vier Reihen, wenigstens teilweise und erkennen,
wie die ursprünglich seitlich gelegenen mehr und mehr nach ab-
wärts rücken. Bei wenig älteren Embryonen ist dann die Ventral-
reihe vom Rücken aus nicht mehr sichtbar.
Interessant ist es auf diesen Figuren die Verhältnisse im vorderen
Körperteil zu verfolgen. Wenn auch nicht so deutlich wie bei
Nematoxys so sehen wir doch auch hier besonders vorn die großen
Zellen nicht in geschlossenen Reihen auftreten, sondern erst nach und
nach, andre Elemente in die Tiefe drängend, sich zu einheitlicher
Schicht zusammenfügen. Sind dann endlich auch die ventralen Zellen
beider Seiten zur Berührung gelangt, so ist dieser Vorgang abgeschlossen,
und ein wenig älteres Stadium zeigt uns in der Seitenansicht bereits
die gewohnten Verhältnisse und: beiderseits schon die kleinzelligen
Reihen (Fig. 68).
Betrachten wir die Schnitte, so illustrieren auch diese den ganzen
Vorgang mit größter Deutlichkeit. In Fig. 75 ist die Verschmelzung
der Mittelreihen bereits vollendet, dagegen die ventrale kleinzellige
Rinne noch deutlich erhalten. Über ihren obersten Elementen treffen
wir die Kerne der Dorsalreihe. Etwas jüngere Verhältnisse zeigt
uns in dieser Beziehung noch Fig. 72, in der der Dorsalkern fast in
der Mitte seines Feldes liegt, also sich gerade auf der Überwanderung
befindet. Die Zellen der Ventralreihen liegen noch weit auseinander,
das kleinzellige Material der Bauchseite daher noch frei zutage.
Die Figurenfolge 75—78 zeigt nun einerseits deutlich die Annäherung
der Ventralzellen aneinander und ihren eidlichen Zusammenschluß,
anderseits die Ablösung der dorsalen kleinzelligen Streifen von der
ventralen Rinne und das Überwandern der großen Dorsalkerne in die
Seitenfelder. Da dieser Vorgang schon dreimal mehr oder weniger
ausführlich besprochen wurde, verzichten wir hier wohl auf eine
genaue Erörterung und beschränken uns auf eine kurze Figuren-
erklärung, der wir einige kurze Anmerkungen zu der NEuHAUSschen
Arbeit anschließen werden.
Über Subeutieula und Seitenfelder einiger Nematoden. II. _ 47
Fig. 75 und 76 sind Schnitte durch die Gegend vor den Geschlechts-
zellen und zwar Fig. 76 durch die vorderste (Vierer-) Gruppe des
Mitteldarmes. Die andern Querschnitte sind durch die Genitalregion
geführt. Auch die Frontal- und Sagittalschnitte zeigen uns die
gewohnten Bilder. Schnitt 72 von einem jungen Embryo läßt jeder-
seits vom Darm noch die Reihe der kleinen Zellen erkennen, den
seitlichen Teil der kleinzelligen Rinne. Später sind diese Zellen nach
oben gestiegen. So fehlen sie dann auf Schnitt 73 zwischen Mittel-
darm und Leibeswand. Die Figur stellt einen Schnitt durch den
vorderen Teil eines Stadium II dar, der frontal von oberhalb der
Mundöffnung etwas schräg nach hinten unten geführt ist. Er ver-
läuft dementsprechend vorn mehr dorsal durch den Darm (durch das
obere Zellpaar der Vierergruppe), in der Mitte mehr ventral.
Genau dem Gesagten entsprechend zeigt Fig. 74 als Sagittal-
schnitt durch ein junges Stadium überhaupt keine Kerne über den
Mitteldarmzellen, wie das unserm Befund an den andern Arten ja
auch durchaus entspricht. Entsprechende Schnitte durch ältere Stadien
würden über dem Mitteldarm die kleinen Zellen der Muskelbänder
aufweisen.
Gehen wir nun zu NEUHAUS. Wir haben zunächst die Quer-
schnitte Fig. 55, Se und 8 zu besprechen als Schnitte durch den
entodermhaltigen, mittleren Körperteil. Bei Fig. 5 als einem sehr
jungen Stadium haben wir noch sechs Reihen großer dorsaler Zellen,
wie dies besonders in de deutlich hervortritt. Schon die Gesamtform
des Schnittes zeigt, daß er nicht genau quer geraten ist. Das beweist
in Fig. 55 auch die Entomerenzahl im Vergleich mit Fig. 7. Es ist
daher nicht wunderbar daß in Fig. 55 die großen Eetodermzellen
in der Zahl von acht getroffen sind. In Fig. 8 sehen wir wieder deut-
lich, daß die dorsalen Zellen größer sind. Auch dies zeigt als
junges Stadium noch die paarige Dorsalreihe und die unaufgelöste
kleinzellige Rinne. Über Fig. 6a im Vergleich mit unsrer Fig. 72
brauche ich wohl nichts mehr zu sagen. Daß unten schon klein-
zelliges Material getroffen ist, dürfte an der Schnittrichtung liegen.
Übrigens sind auch die Kerne der ventralen Rinne ihrer Größe nach
vor ihrer letzten Teilung, wie ja auch teilweise in unsrer Fig. 72.
Dagegen habe ich gegen die Farbengebung in Fig. 65 doch grobe
Bedenken. Nach der Beschreibung, die wir oben von der Mitteldarm-
anlage gegeben haben, ist es ausgeschlossen, daß die hellblau dar-
gestellten Zellen entodermal sind. Sie gehören größtenteils der Rinne
an, wären also zum Teil dunkelblau, größtenteils sogar gelb zu geben.
48 Ä E. Martini,
Fig. 7 zeigt ein sehr junges Stadium, jünger als unsre Fig. 7A. Dem-
entsprechend sind die Dorsalreihen noch nicht ausgewandert und man
sieht deutlich, daß die Differenzierung der großen Zellreihen hinten
zuerst am stärksten ist. Die dunkelblaue Einzeichnung der Elemente
unter dem Mitteldarm entspricht unsrer Auffassung nicht. Die
Fig. 13, 14 und 15 sind optische Schnitte. 14 und 15 machen uns
auch keine Schwierigkeit. Wir sehen hier deutlich die Muskelkerne
dorsal vom Darm gelegen, wenn auch nicht alle eingezeichnet sind.
In Fig. 14 sehen wir weniger Muskelkerne, wohl weil bei dem
jüngeren Stadium die Kerne eben noch nicht so weit medianwärts
verschoben sind, um in einem Sagittalschnitt durch das Entoderm alle
sichtbar zu werden. Fig. 15 dagegen macht mir Schwierigkeit; denn
wenn auch die stark zweireihige Anordnung der Mitteldarmzellen, bei
einem so jugendlichen Stadium für einen beträchtlichen Einschlag
frontaler Richtung spricht, so genügt das doch nicht um das Bild zu
erklären.
Die Auffassung aller dieser Figuren ist jedoch eine völlig von
der unsrigen abweichende. Die großen Eetodermkerne sind offenbar
übersehen, die kleinen Kerne aber als solche gedeutet worden. Daher
überrascht uns denn nachher auch mit einem Male die Muskulatur,
ohne daß wir recht wissen, wo sie eigentlich herkommt, wenigstens
im mittleren Körperteil, dem offenbar keiner der den Fig. 18 bis 245
zugrunde liegenden Schnitte angehört. So sind auch in Fig. 27 die
schmalen langgestreckten Kerne nicht als lnae gedeutet,
sondern als degenerierende Eetodermkerne.
Zellanordnung im Ectoderm.
Nach diesem Exkurs wenden wir uns wieder der näheren Zell-
anordnung zu und beginnen mit den Längslinien Fig. 68. Die Ver-
hältnisse liegen hier fast genau wie bei den andern bisher beschriebenen
Formen. Wir finden drei Kernreihen. In den beiden lateralen und
ventralen liegen die Kerne symmetrisch, in der Dorsalreihe alter-
nierend. Dadurch haben wir wieder eine Seite auf der die Kerne
der Dorsalreihe über denen der Ventralreihe und eine wo sie über
denen der Lateralreihe stehen (also Schema a und 5 wie bei Cucullanus).
Ersteres ist stets auf der linken, letzteres auf der rechten Seite der
Fall. Allerdings sind diese Verhältnisse auch hier wieder nicht so
deutlich, da die Dorsalkerne nicht in der Mitte der seitlichen Zell-
grenze liegen. Bezeichnen wir nun wieder die vorderste Lateral-
zelle als Z;,, So treffen wir zwischen /,; und , einen kleinen Kern,
Über Subeutieula und Seitenfelder einiger Nematoden. II. 49
hinter /, findet sich dann eine Lücke, wo wir wie bei Nematoxys
die Zelle Z, der Cueullanus-Larve vermissen. Endlich findet sich
dicht vor dem Schwanzende noch eine paarige Lateralzelle. In den
Ventralreihen liegen jederseits die Kerne 910-3 medioventral ziemlich
dicht hintereinander. Dann folgen die Zellen g,_, jede hinter der
sleichzifferigen Lateralzelle gelegen, nur natürlich g, nicht, da wir
vermissen. Auch in der Dorsalreihe finden wir Abweichung von Oueul-
lanus und Übereinstimmung mit Pseudalius und Nematoxys. Es liegen
nämlich nur die ersten sieben Kerne mediodorsal, Kern 20 bis 14.
Der erste im Seitenfelde gelegene Dorsalkern ist also d,; und zwar liegt
er rechts wie alle d-Kerne mit ungeradem Index, während die Kerne mit
geradem Index sich über den Ventralkernen, also links finden!. Über
dem kleinen Kern £ liegt also d,,, wie bei allen andern Formen. Die
sieben vordersten Kerne liegen nun auch auf ihrer Strecke nicht gleich-
mäßig verteilt, sondern der erste liegt unmittelbar an der Mundöffnung
bei jungen Stadien. Es folgen dann nach einer kurzen Lücke dicht ge-
drängt die nächsten vier, so daß es oft selbst mit starken Vergröße-
rungen schwer ist sie alle zu erkennen. Dann treffen wir eine auffallende
Lücke und nun folgen noch zwei mediodorsale Kerne, die zwar auch
einander nahe stehen, jedoch ohne irgend wie den Eindruck bedrängen-
den Raummangels zu machen. Dieselbe Kernanordnung kann man
ja auch bei Nematoxys und Cucullanus (Fig. 13) finden und hier
wie dort bleibt sie durch alle Stadien erhalten. Hinter der 22. Dorsal-
zelle d_, und den Zellen g,, Y0, 1 und A_, bilden wieder vier unpaare
Zellen den Abschluß.
Auch die Beziehungen der inneren Organe zum Eetoderm sind
insofern dieselben, als sich die Afteröffnung zwischen g, und yı findet.
Die heranwachsende Geschlechtsanlage breitet sich natürlich später
zwischen mehrere Eetodermzellen aus.
Die Kerne der Seitenfelder gehören auch hier zu den größten
des Embryo, trotz der Mitteldarm- und Geschlechtskerne. Dabei sind
1 Dies Gesetz, daß die Dorsalkerne mit geradem Index links, die mit un-
gseradem rechts stehen, habe ich fast überall bestätigt gefunden. Dagegen war
die Stellung der letzteren über den Lateralkernen und die der ersteren über
deren Zwischenräumen oft undeutlich, schien sogar manchmal bei Nematoxys
dem umgekehrten Verhalten Platz zu machen (vgl. Fig. 57a). Doch muß ich
bemerken, daß bei der Undeutlichkeit der Zellgrenzen wohl ein Fehler unter-
gelaufen sein kann, daß die Zellgrenzen möglicherweise weit schräger nach vorn
unten verlaufen. Immerhin erscheint mir auch die Lage der Dorsal- zu den
Lateral- und Ventralkernen, wie sie oben angegeben wurde, die normale zu
sein. Über die vorkommenden Varietäten siehe unten.
Zeitschrift f, wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd, 4
50 E. Martini,
aber wieder wie bei Nematoxys die Kerne der Lateralreihe beträcht-
lich größer als die der Dorsal- und Ventralreihen, die untereinander
gleich sind. In den Kernen finden sich sehr große Nucleoli. Das
Chromatin ist fein verteilt. In den Zelien findet sich das Plasma in
der Nähe der Kerne verdichtet, genau wie bei Cucullanus.
Was nun die Muskulatur betrifft, so sehen wir mit der Streckung
der einzelnen Elemente ein Aufstreben peripheriewärts Hand in Hand
gehen (vgl. die Schnitte). Es bilden sich dieselben vier Bänder aus
wie bei allen bisher beschriebenen Nematoden und in denselben
können wir genau wie bei Pseudalius und Nematoxys die meromyare
Anordnung deutlich erkennen. Dieselbe stimmt sogar in allen Einzel-
heiten mit der jener beiden Formen überein, wie sie bei Nematoxys
eingehend geschildert wurde.
Die Kerne sind kleiner als die der großen Zellen, mit deutlichem
Nucleolus versehen und meist auf späteren Stadien entsprechend der
Längsachse des Tieres gestreckt.
Auf den Schnittbildern können wir, da ich auch hier keine voll-
ständige Serie gebe, uns nur davon überzeugen, daß die Zellanordnung
in ihren Grundzügen dieselbe bleibt wie auf jingeren Stadien. Wirfinden
nur dieselben Abweichungen wie bei den übrigen Formen, die deut-
lichere Isolierung der einzelnen Organe und die durch die Streckung
bedingte relative Kernarmut der Schnitte. So zeigen uns die Schnitte
Fig. 79 auf dem ersten Schnitt zwei Dorsalkerne und einen an-
geschnittenen Lateralkern, auf dem zweiten den Hauptteil des letzt-
genannten Nucleus und erst auf dem dritten den gegenüberliegenden
Lateralkern und zwei Ventralkerne sowie wieder einen Dorsalkern.
Auch treffen wir nicht in jedem Muskelfeld auf jedem Schnitt einen
Kern und gar im Mitteldarm nur einen einzigen Nucleus auf der
ganzen Strecke. Unter dem Mitteldarm finden wir hier den Anfang
der Genitalanlage.
Fassen wir die Tatsachen, die jetzt ermittelt sind, noch einmal
zusammen und zwar
1) das von andern und uns über die Furchung Ermittelte.
a) Die Furchung stimmt bei allen bisher daraufhin untersuchten
Nematoden bis ins Detail überein.
b) Unter den Blastomeren lassen sich schon sehr früh organ-
bildende Bezirke oder Zellen erkennen und zwar bereits vom acht-
zelligen Stadium an.
Über Subeutieula und Seitenfelder einiger Nematoden. II. _ 51
ec) Die Furchung führt zur Bildung eines Zellmaterials von etwa
450—500 Elementen. Es folgt dann eine Pause, in der Zellteilungen
kaum wahrgenommen werden.
d) Durch Umlagerung (Gastrulation der Autoren), die während
oder erst nach der Furchung sich vollziehen kann, wird dies Material
so angeordnet, daß die Darmanlage von der äußersten Zellschicht
noch durch eine dorsal offene ebenfalls einschichtige Zellrinne ge-
trennt wird.
2) Über die Organogenese konnten wir das Folgende ermitteln.
a) Es geht das definitive Epithel der .Körperoberfläche nur aus
sechs Längsreihen von Zellen hervor, die im mittleren und hinteren
Teil des Dorsum gelegen sind. Eine Zellvermehrung findet dabei
nicht statt.
bj Die Zellkörper und Kerne dieser Zellen rücken in die Längs-
linien, besonders in die Seitenfelder.
c) Außer den ventralen und vordersten Zellen der ursprünglichen
äußeren Körperbedeckung werden bei der Ausbildung des definitiven
Epithels noch einzelne Zellen in die Tiefe verschoben, die dem Be-
reiche der epithelbildenden Zellen angehören.
d) Aus den beiden seitlichen Teilen der Rinne differenzieren sich
die vier Muskelbänder, dabei steigen die dorsalen unter den Epithel-
_ kernen hindurch auf den Darm. Die Anordnung der Muskulatur der
jungen Larve ist meromyar.
3) Es zeigt sich eine hochgradig determinierte Entwicklung.
a) Es entsteht eine Larve, die in allen bisher untersuchten Organen
die Zellen in für alle Individuen genau gleicher Zahl und Anord-
nung zeigt.
b) Diese Anordnung stimmt in einigen Organen auch bei ver-
schiedenen Arten annähernd überein.
Rostock, im Juli 1906.
Literaturverzeichnis
gebe ich hier nicht (vgl. das des I. Teiles, Bd. LXXXI), ein ausführlicheres wird
am Schlusse des embryologischen Teiles folgen.
4*
52 E. Martini,
Erklärung der Abbildungen,
Betreffend die Zeichenerklärung siehe den ersten Teil der Arbeit Bd. LXXXI.
Tafel I.
Pseudalius minor. Vergr. 880/1.
Fig. 35 u. 36 Sublimat, Alaunkarmin.. Fig. 37—49 Sublimat,_Hämalaun.
Fig. 35. Die Kerne der Leibeswand im mittleren Teile eines jungen Em-
bıyo. a, von links spiegelbildlich, 5, von rechts. Die medialen Kerne jedes
Muskelbandes und die Kerne der ventralen Mittellinie sind nur mit dem Kontur
gegeben. Eingetragen sind ferner die Dorsal- und Ventralkerne des Vorder-
endes in a; in a und 5 die Ectodermkerne des Hinterendes, in « (auspunktiert)
die Zellen und Kerne der linken Mitteldarmreihe und die linke Urgeschlechtszelle.
Fig. 36. Kerne der Leibeswand im mittleren’und hinteren Körperteil vom
Rücken. Von den Eetodermkernen sind die der Dorsalreihen voll eingezeichnet,
in denen der Lateralreihen ist nur das gröbere Chromatin eingezeichnet, von
den Ventralkernen ist nur der Kontur gegeben.
Fig. 37. Sagittalschnitt durch ein der Fig. 35 entsprechendes Stadium.
Fig. 38. Frontalschnitt durch ein ganz junges Stadium.
Fig. 39. Frontalschnitt durch den mittleren Körperteil eines etwa Fig. 35
entsprechenden Embryo.
Fig. 40. Sagittalschnitt durch einen Embryo, der mit Fig. 38 im Alter
übereinstimmt.
Fig. 41. Frontalschnitt (Tangentialschnitt) durch die Stelle stärkster Krüm-
mung eines im Alter Fig. 36 entsprechenden Embryo.
Fig. 42. Querschnitt durch ein jiingeres Stadium als das der Fig. 38. Die
punktierten Kerne liegen in andrer optischer Ebene.
Fig. 43. Querschnitt durch ein mit Fig. 33 gleichalteriges Stadium, die
punktiert gegebenen Kerne liegen in andrer optischer Ebene als die ausgeführten.
Fig. 44. Querschnitt durch die Gegend der Urgeschlechtszellen eines wenig
älteren Stadiums.
Fig. 45. Querschnitt durch einen Embryo vor Vereinigung der Ventral-
reihen.
Fig. 46. Querschnitt durch ein wenig älteres Stadium (etwas jünger als
das der Fig. 35).
Fig. 47. Querschnitte durch einen etwas älteren Embryo als der Fig. 35
Stadium ID). «a, Schnitt durch die Urgeschlechtszellen; 5, Schnitt durch die
Excretionszelle. Ä
Fig. 48. Querschnitt durch ein Stadium II.
Fig. 49. Querschnitt durch ein Stadium IV. «a, sämtliche in einen Schnitt
fallende Bilder; 5, Schnitt durch die Urgeschlechtszellen.
Cueullanus elegans, Fig. 50 u. 51. Vergr. 1100/1.
Fig. 50. Embryo von der Rückseite nach der IX. Hauptfurchung vor Be-
sinn der X. Essigsäure, Alaunkarmin. |
Fig. 5la. Embryo während der X. Hauptfurchung (Beginn). Ebenso.
Fig. 51bd. Embryo gegen Ende der X. Hauptfurchung. Ebenso,
n.
Über Subeutieula und Seitenfelder einiger Nematoden. IL. 53
Tafel IL
Nematoxys ornatus, Fig. 52—64. Vergr. 420/1.
Sublimat, Hämalaun.
Fig. 52—58 Totalpräparate.
Fig. 52, Embryo im ersten Beginn der Verschmelzung der Dorsalreihen.
Spiegelbild der Dorsalansicht, rot Kerne der Unterseite, die zu den Dorsalreihen
gehören.
Fig. 53. Die gleiche Ansicht eines wenig älteren Stadium.
Fig. 54. Spiegelbild der Rückseite eines Embryo bei fast vollzogener Ver-
einigung der Dorsalreihen.
Fig. 55. Ein gleiches Stadium von der rechten Seite.
Fig. 56. Embryo bei fast beendeter Umwachsung des kleinzelligen Mate-
rials durch die großen Zellen. Dorsalansicht spiegelbildlich. Ein Frontalschnitt
ist rot eingetragen.
Fig. 57@. Die Kerne der Leibeswand eines Embryo nach Vollendung der
Umwachsung. Die Kerne der rechten Seite sind rot eingetragen. Die Muskel-
kerne des Vorderendes und des rechten subventralen Streifens sind nicht ge-
zeichnet, ebensowenig die Kerne des Ectoderms auf der rechten Seite des
Schwanzes. Fig. 575. Optischer Medianschnitt durch dasselbe Objekt. Im Vorder-
ende sind die Organe nur angedeutet.
Fig. 55. Embryo des Stadium Il. Kerne der rechten Seite der Leibeswand.
Die Kerne des ventralen Muskelfeldes sind nicht eingetragen.: Im dorsalen sind
die Muskelkerne der medialen Zellreihe nur mit der Kontur wiedergegeben.
Fig. 59—64 Schnitte.
Fig. 59. Medianschnitt durch ein etwa mit Fig. 53 gleichalteriges Stadium.
Alle Kerne des Mitteldarmes sind in den Schnitt projiziert. Die Kerne der
inneren Organe im Vorderende halb schematisch.
Fig. 60. Frontalschnitt durch die Gegend der Urgeschlechtszellen bei
einem etwa gleichalterigen Embryo. Unten ist eine ventrale Region des Vorder-
endes mit getroffen.
Fig. 61. Querschnitt durch ein etwa Fig. 56 entsprechendes Stadium.
Gegend der Urgeschlechtszellen.
Fig. 62. Querschnitt durch ein fast mit Fig. 58 gleichalteriges Stadium.
Fig. 63. Querschnitt durch einen Embryo, der sich zum drittenmal einzu-
krümmen beginnt.
Fig. 64. Querschnitt durch ein Stadium IV. Alle vier Durchschnitte.
Reihenfolge von vorn nach hinten wie die Größe.
Fig. 82 siehe unter Tafel II.
Tafel III.
Rhabdonema nigrovenosum. Vergr. 680/1.
Sublimat, Hämalaun.
Fig. 65— 71 Totalpräparate.
Fig. 69. Embryo vor Beginn der Verschmelzung der Dorsalreihen vom
Rücken.
Fig. 66. Gleiche Ansicht eines Embryo während dieses Vorganges.
Fig. 67. Spiegelbild der Dorsalansicht eines Embryo nach fast beendigtem
Vorgang der Umwachsung.
54 E. Martini, Über Subeuticula und Seitenfelder einiger Nematoden. II.
Fig. 68. Etwas älterer Embryo von der rechten Seite. Kerne der Leibes-
wand (die der linken Seite rot). Von den Muskelkernen sind nur die des rechten
dorsalen Bandes hinter dem Vorderende eingetragen. Im Vorderende sind die
Ectodermkerne der linken Seite weggelassen. Die Muskelkerne der medialen
Zellreihe sind nur mit der Kontur gezeichnet.
Fig. 69. Sämtliche Kerne des Mitteldarmes bei einem Embryo, der bereits
frei im Uterus war. Seitenansicht.
Fig. 70, 71. Das Darmlumen zweier ausgewachsener Embryonen von der
Seite.
Fig. 72—81 Schnitte.
Fig. 72. Frontalschnitt durch den Mitteldarm eines Embryo, der mit dem
Objekt der Fig. 66 etwa gleichaltrig war.
Fig. 73. Gleicher Schnitt, besonders durch das Hinterende eines etwa mit
Fig. 68 gleichalterigen Embryo.
Fig. 74. Fast medianer Schnitt. Embryo etwas älter als der der Fig. 72.
Fig. 75. Querschnitt eines etwa gleichalterigen Embryo.
Fig. 76. Querschnitt durch das Vorderende des Mitteldarmes bei einem
etwas älteren Objekt. |
Fig. 77. Querschnitt eines Embryo, der etwas älter als der der Fig. 68.
Fig. 78. Querschnitt eines Stadium II/III.
Fig. 79, 80. Drei aufeinander folgende Querschnitte fast erwachsener Em-
bryonen. |
Fig. 831. Frontalschnitt durch den Mitteldarm eines erwachsenen Embryo.
Fig. 82. Des Raumes halber auf Tafel II untergebracht. Reife Embryonen
in gleicher Vergrößerung. a. Oucullanus elegans, b, ec, Pseudalius minor, d, Nema-
toxys ormatus, e, Rhabdonema nigrovenosum.
Die Entwicklung der Ringelnatter (Tropidonotus natrix
Boie) nach Ausbildung der Falterform bis zur Erhebung
des Proamnios.
Von
Theodor Viefhaus.
(Aus dem anat. und zool. Institut der Königl. Univ. Münster i. W.)
Mit Tafel IV—VI und 3 Figuren im Text.
A. Technische Behandlung des Materials und Untersuchungsmethode.
Die vorliegende Abhandlung wurde auf Veranlassung des Herın
Prof. Dr. BaLLowırz ausgearbeitet als Fortführung seiner Unter-
suchungen über die Gastrulation bei der Ringelnatter!. Es stand mir
dazu durch die Güte des Herrn Prof. Dr. BALLowITz ein sehr voll-
ständiges und reichhaltiges Embryonenmaterial zur Verfügung, wel-
ches von ihm selbst in Greifswald gesammelt und präpariert worden
war. Über die Methode der Fixierung und Konservierung des Ma-
terials macht er in seiner zitierten Abhandlung im wesentlichen folgende
Mitteilungen. |
Die Nattern wurden lebend und frisch gefangen in sein Greifs-
walder Laboratorium gebracht und gleich nach Empfang mit Chloro-
form abgetötet. Dann wurden sofort die Eier herausgeschnitten und
teils in Eisessigsublimatlösung, teils in ZEnkerscher Flüssigkeit fixiert.
Nach etwa 12—24 Stunden wurden von ihm die erweichten Eischalen
entfernt, die Keimscheiben freipräpariert und vom Ei abgelöst. Darauf
kamen die Keimhäute zum Härten in Alkohol von allmählich an-
steigender Konzentration. Um die äußerst zarten und leicht ein-
reibenden Embryonen ungefährdet nach Münster transportieren zu
können, wurden sie einzeln in Celloidin eingebettet und die einzelnen
1 E. BALLOWITZ, Die Gastrulation bei der Ringelnatter (Troprdonotus natriz
Boie) bis zum Auftreten der Falterform der Embryonalanlage. Diese Zeitschr.
Bd. LXX. 1901.
56 | Theodor Viefhaus,
Celloidinblöcke sorgfältig mit Watte in weithalsigen Flaschen in
80 %/,igem Alkohol verpackt.
In diesem Zustande erhielt ich das Material zur weiteren Prä-
paration.
Alle Untersuchungen und Präparationen wurden im zoologischen
Institut der Kgl. Universität zu Münster vorgenommen unter der Lei-
tung und mit Unterstützung des Herrn Prof. Dr. BALLOWITZ.
Zunächst mußten die Embryonen von dem Celloidin befreit werden.
Zu diesem Zwecke wurden sie in eine Flüssigkeit gebracht, die aus
gleichen Teilen Äther und absolutem Alkohol bestand. Nachdem der
Atheralkohol einigemal erneuert worden war und mehrere Tage ein-
gewirkt hatte, kam das Material in Jodalkohol, um es von den Sublimat-
niederschlägen zu befreien.
Es sei an dieser Stelle von vornherein bemerkt, daß nach ihrer
Befreiung aus der Celloidineinbettung die Embryonen mit der größten
Behutsamkeit behandelt werden mußten. So wurde jedesmal, wenn
die Behandlung des Materials mit einer neuen Flüssigkeit nötig war,
die alte Flüssigkeit mittels einer kleinen Glasspritze abgesogen und
dann die neue Flüssigkeit vorsichtig aufgegossen. Auch wurden die
Schalen mit den Embryonen möglichst vor Bewegung und Ersehütte-
rung bewahrt, um zu verhüten, daß die empfindlichen Keimscheiben
durch Reibung und gegenseitigen Druck Schaden nahmen. Selbst-
verständlich war das Material auf mehrere größere Schalen verteilt,
so daß die Keimscheiben niemals übereinander lagen. Wenn trotz
aller dieser Vorsichtsmaßregeln noch hier und da infolge der nicht
ganz zu umgehenden Erschütterung der Schalen und besonders infolge
der bei den späteren Untersuchungen notwendigen Berührung der
Embryonen mit Spatel und Pinsel geringe Beschädigungen und Risse
vorkamen, so erklärt sich das durch die außerordentlichen Zartheit
und Empfindlichkeit der Keimhäute dieser Stadien.
Nachdem das Material mehrere Tage in Jodalkohol gelegen hatte,
wurden die dieser Abhandlung zugrunde liegenden Embryonen heraus-
gesucht, in besondere Schalen gebracht und dort in 70-80 %/,igem
Alkohol aufbewahrt. Diese Durchsuchung des sehr reichhaltigen Ma-
terials — es bestand aus mehreren Hundert Embryonen — wurde
wiederholt sowohl makroskopisch als auch mit der Lupe vorgenommen,
damit ich nur ja keines von diesen seltenen Stadien übersah. So
kamen als Material zu der vorliegenden Abhandlung etwa 30 Stadien
zusammen, von denen allerdings noch einzelne etwas beschädigte. oder
wenig instruktive Exemplare ausschieden.
Die Entwicklung der Ringelnatter (Tropidonotus natrix Boie). 57
In Anbetracht der kurzen Dauer dieser Stadien — es sind ja
. Übergangsstadien von der Falterform zu den Stadien mit ausgebildeter
Medullarfurche — und ihrer dadurch bedingten Seltenheit kann dieses
Material von 28 Keimhäuten als sehr reichhaltig bezeichnet werden.
Zunächst untersuchte ich nun die einzelnen Embryonen in un-
. gefärbtem Zustande auf dunkler Unterlage in Alkohol mit der Leıtz-
schen Präparierlupe, Vergr. 20, und zwar bei günstigem Tageslicht,
da dasselbe im Gegensatz zu dem grellen Auerlicht die zarte Plastik
der Embryonen am schönsten hervortreten läßt. Dabei zeichnete ich
von den am meisten instruktiven Formen 22 Flächenbilder, darunter
vier Unterseitenbilder (vgl. die Tafeln). Darauf färbte ich die Em-
bryonen einzeln mit alkoholischem Boraxkarmin behandelte sie mit
schwachem Salzsäurealkohol und untersuchte sie nochmals genau mit
der Lupe. Beidiesem Studium der gefärbten Embryonen zeigten sich
manche Einzelheiten deutlicher als an den ungefärbten Stadien, wäh-
rend andre wiederum mehr zurücktraten. In einem ausführlichen
Protokoll wurden alle durch diese Untersuchung der Flächenbilder
gewonnenen Resultate genau fixiert.
Die als Flächenbilder gezeichneten Stadien bettete ich alsdann in
Paraffin von 52° Schmelzpunkt ein und zerlegte sie mit dem SCHANZE-
schen Mikrotom in Serien. Die einzelnen Serienschnitte wurden mit
Eiweißglyzerinlösung aufgeklebt und in Balsam eingeschlossen. Ich
verfuhr dabei genau nach den ausführlichen Anweisungen, wie sie
BALLowITz in seiner Monographie der Kreuzotter als für embryo-
logische Untersuchungen am zuverlässigsten gibt!. Die Sehnittdicke
betrug überall 15 «u. Die Serien wurden mit schwacher und stär-
kerer Vergrößerung mikroskopisch untersucht und die instruktivsten
Sehnitte mit dem Zeıssschen Zeichenapparat genau nach dem Objekt
bei etwa hundertfacher Vergrößerung gezeichnet und in den Umrissen
als verkleinerte Textfiguren beigegeben. Die übrigen Embryonen,
welche Dubletten der gezeichneten darstellen, verarbeitete ich zu
-Flächenpräparaten und schloß sie in Kanadabalsam ein. Die Unter-
suchung derselben bei durchfallendem Lichte ergänzte die Befunde
bei der Untersuchung der ungefärbten Stadien in auffallendem Lichte.
B. Untersuchung der Embryonen im Flächen- und Schnittbilde.
Bei dem Bestreben, die Embryonen nach ihrem Alter und ihrer
dadurch bedingten Ausbildungsstufe zu ordnen und in Gruppen
i E. BALLOWITZ, Die Entwicklungsgeschichte der Kreuzotter (Pelias berus
Merr.). Jena 1903, Teil I, S. 21 und 22.
58 Theodor Viefhaus,
sammenzufassen, treten mancherlei Schwierigkeiten zutage. Zunächst
ist dabei mit sehr häufigen und in der mannigfachsten Weise auf-
tretenden individuellen Variationen zu rechnen. Um einige Beispiele
anzuführen, sei nur auf die Breite der Urmundeinsenkung, die Länge
der Primitivrinne, die Tiefe und Breite der Rückenfurche und die
Gestaltung des vorderen Embryonalrandes hingewiesen, wo überall .
solche individuellen Variationen schon bei oberflächlicher Betrachtung
der Flächenbilder in die Augen springen. Dazu kommt noch, daß
manche Stadien in ihren einzelnen Teilen auf einer ganz verschieden
weit vorgeschrittenen Entwicklungsstufe stehen. In dieser Beziehung
findet sich besonders zwischen dem vorderen und dem hinteren Teile
der Embryonalanlage nicht selten ein merklicher Unterschied. Manch-
mal zeigt sich die vordere Region des Embryos weiter ausgebildet,
während seine hintere Partie noch zurückgeblieben ist, und in andern
Fällen tritt das Umgekehrte in die Erscheinung. So wären z. B. die
Embryonen der Fig. 4 und besonders der Fig. 3 nach dem ganzen
Gepräge ihrer Urmundgegend wohl noch zu den eigentlichen Falter-
stadien zu rechnen, wogegen ihre Rückenfurche und die vordere Partie
ohne Zweifel schon eine weiter vorgeschrittene Entwicklung zeigen.
Ebenso weist der Embryo der Fig. 10 in seinem vorderen Teile und
der Rückenfurche große Ähnlichkeit mit der Fig. 4 auf; aber die
vorgeschrittene Ausbildung seiner Primitivrinne und seines Primitiv-
höckers, verbunden mit dem Schwunde der ehemaligen Prostomgegend
und der Verschmälerung der ganzen Anlage, verschaffen ihm erst den
etwa sechsten Platz hinter dem Embryo der Fig. 4.
Auf diese Weise war eine Einteilung des Materials auf Grund
der Ausgestaltung der Primitivregion oder der Rückenfurche nicht
angängig. Abgesehen von den individuellen Variationserscheinungen
entwickelt sich die Primitivrinne von ihren ersten Anfängen auf dem
Embryo der Fig. 2 bis zu ihrer typischen Ausbilduug bei den letzten
untersuchten Embryonen ganz successive weiter, ohne ein charakte-
ristisches Orientierungsstadium zu bieten. Und die Umwandlung der
Rückenfurche in die Medullarfurche geht so allmählich vor sich, daß
auch hier sich ein bestimmtes Grenzstadium nicht ausfindig machen
ließ. So wurde dann schließlich auf Grund der Ausbildung der Ge-
hirnhöckerplatte und besonders ihres vorderen Randes eine Einteilung
des Materials in die beiden folgenden Gruppen gewählt.
Die Entwicklung der Ringelnatter (Tropidonotus natrix Boie). 59
1. Die unmittelbar an die Ballowitzsche Falterform sich anschließenden
Stadien vor dem Auftreten der präcerebralen Furche und der Einsenkung
der Gehirnhöckerplatte,
Die ersten der dieser Abhandlung zugrunde liegenden Stadien
zeigen mehr oder weniger noch Merkmale der von BALLOWITZ ge-
kennzeichneten Falterform!. Diese Gruppe umfaßt elf Embryonen,
von denen die am meisten charakteristischen in den Fig. 1—8 zur
Darstellung gebracht sind.
Sie erscheinen meistens vorn breiter als hinten, oft allerdings
nur sehr wenig. Die Fig. 5 und 7 geben zwei Embryonen wieder,
welche vorn und hinten annähernd gleich breit sind. In der Mitte
erscheinen diese beiden Stadien merklich eingeengt.
Ich werde nun zunächst die vordere Region, auf die es bei diesen
Stadien nicht so sehr ankommt, im Flächen- und Schnittbilde be-
schreiben. In dieser vorderen Partie stimmen die Embryonen dieser
‚Gruppe im wesentlichen überein. Daran soll sich weiter unten die
Besprechung der ungleich wichtigeren hinteren Region anschließen,
ebenfalls zuerst im Flächen- und dann im Schnittbilde.
1. Vordere Hälfte der Embryonen im Flächen- und Schnittbilde.
Die lateralen Mesodermplatten treten überall breit in die Er-
Scheinung und zeigen noch mehr oder weniger die charakteristische
Flügelform schön ausgeprägt. Seitlich gehen sie nicht mehr so ganz
allmählich und ohne eine deutlichere Grenzlinie zu besitzen in die
dunkle Keimhaut über. Sie sind jetzt schon ziemlich scharf ab-
gesetzt, so daß die Embryonalanlage sich ringsherum deutlich von
der Keimhaut abhebt. Der mediale vordere Rand dieser Mesoderm-
Hügel tritt nicht mehr so wulstig wie auf den vorhergehenden Stadien
hervor. Trotzdem ist derselbe aber deutlich gegen des mesoblastfreie
Mittelfeld vor dem Embryo jederseits durch eine flache Schattenfurche
abgegrenzt. Bei dem Embryo der Fig. 1 sind die medialen Ränder
etwas zackig, gebuchtet, unregelmäßig; bei allen andern sind sie
glatt gebogen.
Überhaupt sind bei diesen ersten Stadien die Unregelmäßigkeiten
mehr seschwunden, und die Erhabenheiten haben sich im großen und
ganzen nivelliert, wenigstens auf der Oberseite, während auf der
11.e.8S. 718. und Taf. XXXII.
60 Theodor Viefhaus,
Unterseite der durch Zusammenfließen der Seitenhöcker! entstandene
Primitivhöcker und der Chordastrang immer mächtiger hervortreten.
Hand in Hand mit der Nivellierung der Oberseite hat sich eine voll-
kommenere Symmetrie der entsprechenden Teile ausgebildet.
Die vorderen Enden der Seitenflügel laufen in eine plumpe Zacke
aus, deren Spitzen weit nach vorn ausgezogen sind, sich dann beider-
seits medianwärts umbiegen, sich meistens vereinigen und vor der
Keimanlage einen mehr oder weniger hohen Bogen bilden (vgl.
Fig. 1—5). Dieser Bogen umschließt ein größeres, gleichmäßig ebenes»
mesoblastfreies Feld, welches die dunkle Unterlage durchscheinen
läßt. Davon macht der Embryo der Fig. 7 eine Ausnahme, indem
an seinem vorderen Ende die Fortsätze nicht deutlich in die Er-
scheinung treten. Vielmehr zeigt sich hier der Vorderrand — auch
an den Seitenflügeln — glatt abgerundet und stark konvex gebogen.
In der Region vor dem Bogen liegen an der Unterseite der Keim-
haut meist noch unregelmäßig angeordnete Entodermzellmassen und
Stränge, die auch auf der Oberseite durchscheinend sichtbar sind.
Sie haben aber im Vergleich mit den früheren Falterformen beträcht-
lich abgenommen und werden an den folgenden Stadien noch spär-
licher.
Zwischen den beiden Seitenflügeln tritt vorn auf der Oberseite
überall ein keilförmiges, wenig gewölbtes, mit der Spitze nach hinten
gerichtetes Mittelfeld in die Erscheinung. Meistens ragt es mit seinem
vorderen, abgerundeten Rande über die vordere Grenze der Seiten-
flügel nach vorn vor.
Die nach hinten schmal und lang auslaufende Spitze des Mittel-
feldes verliert sich in der Rückenfurche. Letztere tritt bei den Sta-
dien der Taf. IV mit Ausnahme der Fig. 4 als dunkle, breite, dabei
flache Einsenkung in die Erscheinung, die sich nach vorn in die
beiden ebenfalls flachen medialen Begrenzungsfurchen der Seitenflügel
fortsetzt.
Die Untersuchung der Querschnitte durch diese vordere Em-
bryonalpartie führte zu nachstehenden Befunden. Das keilförmige
Mittelfeld des Flächenbildes ist mesoblastfrei. Die Mesodermplatten
in den Seitenflügeln besitzen überall einen keilförmigen Querschnitt.
Im vorderen Teile des Embryos liegen sie regelmäßig dem Ectoblast
dicht an und sind mit ihm an ihren äußersten lateralen Enden voll-
! In betreff der gewählten Nomenklatur sei auf die zitierten Abhandlungen
von BALLOWITZ verwiesen, insbesondere auch auf seine Monographie über die
Entwicklung der Kreuzotter, an welche ich mich hier anschließe.
Die Entwicklung der Ringelnatter (Tropidonotus natrix Boie).. 61
ständig verklebt. Sie sind hier auf den vordersten Schnitten auch
nicht massiv, sondern weisen fast immer eine oder mehrere inter-
celluläre Vacuolen auf. Weiter nach hinten hin erscheinen die Meso-
blastkeile kompakt und sind mit ihren Spitzen weiter zur Medianlinie
vorgedrungen. Auch legen sie sich jetzt regelmäßig dem Entoderm
dicht an, um nach einigen Schnitten mit der axialen Entodermver-
diekung zu verschmelzen.
Diese Anschwellung der mittleren Entodermpartie ist in allen
Serien auch in den vordersten Schnitten vorhanden und oft sehr stark
entwickelt. In den vordersten Schnitten ist die Verdickung am flach-
sten, indem dort das Entoderm erst ganz allmählich zur Mittellinie
hin anschwillt. In den’ folgenden Schnitten nimmt die Anschwellung
an Dicke zu, wird dabei nach und nach schmäler und wölbt sich
zunächst stärker nach oben vor, wodurch sie sich fest an das dicke
Eetoderm andrängt und den Raum zwischen den Mesoblastblättern
ausfüllt, diese selbst trennend. Die nach hinten folgenden Schnitte
zeigen dasselbe Bild. Nur wölbt sich die axiale Entodermverdiekung
jetzt auch nach unten etwas vor und wird so allmählich zu einem
ovalen Wulst, der sofort als Chordaanlage kenntlich wird. Sie
drängt nun das mediale Eetoderm noch stärker nach oben empor,
wodurch das weißliche Mittelfeld der Flächenansicht etwas gewölbt
_ hervortritt.
In den nächsten Schnitten sind dann auch schon, wie oben er-
wähnt, die medialen Spitzen der Mesoblastblätter jederseits mit der
als Chordaanlage charakterisierten Entodermverdickung in Zusammen-
hang getreten, so daß ein Trennungsspalt dazwischen nicht mehr
festgestellt werden kann. Gleichwohl ist die Chordaanlage auch jetzt
noch leicht zu unterscheiden, da sie einerseits sich nach oben und
unten stärker vorwulstet als die Mesoblastblätter, anderseits ihr Ge-
webe dichter angeordnet ist und ähnlich wie das Eetoderm aus
hohen Cylinderzellen besteht. Dazu kommt in den nächsten Schnitten
noch folgendes.
Bis jetzt setzte sich das Entoderm von seiner chordalen Ver-
diekung aus lateralwärts als einschichtiges, dünnes Blatt kontinuierlich
fort. Auf dem folgenden Schnitte nun hat sich die axiale, als Chorda-
anlage charakterisierte Verdiekung des Entoderms von dem lateralen
Entoderm abgelöst. Es ist hier bei stärkerer Vergrößerung beider-
seits ein deutlicher, sehr feiner Spalt zwischen dem Chordaentoderm
und dem lateralen Entoderm festzustellen. Auf diese Weise ist die
Chordaanlage auf sieben Schnitten vollständig von dem lateralen
62 Theodor Viefhaus,
Entoderm isoliert, und letzteres stellt jetzt zwei seitliche Blätter dar,
welche in der Mitte keinerlei Zusammenhang mehr haben und nur
bis an die Chorda heranreichen, ohne sich vorläufig unter dieselbe
zu erstrecken. Letzteres geschieht erst in dem folgenden Schnitte,
wo sich die beiden Entodermblätter allmählich von der Seite her
unter die Chorda zur Medianlinie hin gegeneinander schieben. Nach
sechs Schnitten ist bei dem Embryo der Fig. 2 dieser Prozeß beendet;
die beiderseitigen Entodermblätter haben sich unter der Chorda vereinigt,
so daß jetzt die ganze Anlage von der einschichtigen, aus Platten-
zellen bestehenden Entodermschicht unterwachsen ist.
Weiter nach hinten unter der Rückenfurche wird die Chorda-
anlage, die sich vorher stärker entwickelt zeigte als die Mesoderm-
blätter, ziemlich platt, während jetzt die Mesodermblätter zu mächtigen
Wülsten angeschwollen sind, die noch in Zusammenhang mit der
Chorda stehen. Die platte Chordaanlage’ verbindet also hier in dem
Schnittbilde als schmale Leiste die beiderseits sehr mächtigen und eine
starke Wölbung der Seitenflügel hervorrufenden Mesoblastwülste.
2. Hintere Hälfte der Embryonen im Flächen- und Schnittbilde.
Die hintere Partie ist bei diesen Embryonen die wichtigere, in-
dem sich hier die Primitivorgane aus dem Primitivblastem zu ent-
wickeln beginnen. Beim Studium der Primitivregion konnte ich
einige sehr interessante Bildungen feststellen, welche ich nachstehend
sowohl im Flächen- als auch im Schnittbilde ausführlicher besprechen
werde.
In ihrer hinteren Region werden die Stadien allmählich schmäler,
indem die an den Falterformen meist so sehr seitwärts und nach
hinten ausgezogenen Fortsätze der hinteren Enden der Seitenflügel
sich verkleinern und die äußeren Partien des Hinterendes sich mehr
medianwärts zu der Urmundeinsenkung hin konzentrieren. Dabei
entstehen neben der Urmundeinsenkung bald mehr oder weniger nach
unten gewölbte Seitenhöcker, die den Seitenflügeln mit nur einigen
Ausnahmen nach hinten einen abgerundeten Abschluß geben.
Eine Blastoporusöffnung konnte auf der Unterseite bei keinem
Embryo mehr festgestellt werden. Der Urmund bzw. ein KuPrrErscher
Kanal perforiert also nicht mehr auf der Unterseite, so daß bei diesen
! Einen entsprechenden Vorgang haben schon STRAHL und HOFFMANN
(vgl. das Literaturverzeichnis am Schlusse dieser Arbeit) auch bei einem etwas
älteren Embryo von Lacerta agilis übereinstimmend beobachtet. Vgl. auch die
Monographie der Kreuzotter von BALLOWITZ.
Die Entwicklung der Riugelnatter (Tropidonotus natrix Boie). 63
Stadien keinerlei Kommunikation zwischen Subgerminalhöhle und
Keimoberfläche besteht. Doch ist die Stelle des ursprünglichen Ur-
mundes noch sofort erkennbar an der tiefen, meistens gerade nach
unten gehenden, schmalen Einsenkung, die im Oberflächenbilde dunkel
und gut begrenzt erscheint. Auf den Embryonen der Fig. 3 und 4
tritt die Urmundeinsenkung sehr breit in die Erscheinung und geht
noch schräg etwas nach vorn unter die minimal emporgehobene
Vorderlippee Die Urmundeinsenkung wird vorn und seitlich durch
die Vorderlippe scharf U-förmig begrenzt und eingeengt. Die Vorder-
lippe selbst hat sich mit ihren lateralen Enden nach hinten um-
gebogen und ist oft mit den Enden der Seitenflügel weit nach hinten
ausgezogen. Bei den Embryonen der Fig. 3 und 4 treten diese Vor-
derlippenfortsätze neben der Urmundeinsenkung deutlich lippenartig
hervor und sind von den mehr lateralwärts gelegenen Partien der
Seitenflügelenden durch sanfte Schattenbögen abgesetzt.
Bei den übrigen Embryonen konnten solche Seitenlippenwülste
im Flächenbilde nicht beobachtet werden. Vielmehr sind dort die
ganzen hinteren Partien der Seitenflügel einheitlich hügelartig empor-
sewölbt, so daß hier überall zwei ziemlich flache rundliche Seiten-
höcker in die Erscheinung treten, welche medianwärts bis an die
Urmundeinsenkung ohne Vermittelung von Seitenlippen oder Epithel-
‚ wülsten heranreichen (vgl. Fig. 1, 2, 6, 7 auf Taf. IV).
Die Urmundeinsenkung liegt immer symmetrisch in der Median-
linie mit nach hinten gerichteter Konkavität. Sie setzt sich nach
hinten hin, etwas an Breite zunehmend, mit einer ziemlich langen
Rinne fort, welche aber bald an Tiefe verliert. Diese Rinne führt,
von hinten her nach vorn hin allmählich tiefer und schmäler wer-
dend, gewissermaßen zu der tiefsten, direkt unter dem hinteren Rande
der Vorderlippe befindlichen Stelle hinunter.
Eine ähnliche Rinne hat BALLowIrz an entsprechenden Ent-
wicklungsstadien der Kreuzotter gefunden und sie als »Metastomrinne«
gekennzeichnet!. Wenn ich diese Bezeichnung auf die entsprechenden
Bildungen bei der Ringelnatter übertrage, so muß ich dabei hervor-
heben, daß in bezug auf dieses Blastoporusstadinm zwischen den
beiden Ophidiern manche Verschiedenheiten zutage treten, auf die
ich in dem letzten Kapitel noch näher einzugehen habe.
Diese Metastomrinne schließt sich auch bei der Ringelnatter an
das ursprüngliche Prostom an. Der Verschluß des Kurrrerschen
1]. c. S. 124ff.
64 | Theodor Viefhaus,
Kanals hat sich ja schon bei den früheren Falterstadien vollzogen.
Auch seine obere Öffnung hat sich dort geschlossen. Die dabei mit-
wirkenden Faktoren, insbesondere das in manchen Fällen konstatierte
Auftreten und Abstoßen eines Epithelpfropfes am Hinterrande der
Vorderlippe beschreibt BALLOwWITz in seiner schon mehrfach zitierten
Abhandlung über die Gastrulation bei der Ringelnatter!. Infolge
dieser Prozesse ist bei den letzten von BALLOWITZ untersuchten und
beschriebenen Stadien die früher tiefe Prostomöffnung ziemlich flach
geworden und nur als sanfte, hinter der ebenfalls etwas abgeflachten
Vorderlippe gelegene Einsenkungsstelle bestehen geblieben.
Auf den vorliegenden, sich an die Falterformen anschließenden
Stadien tritt diese Urmundeinsenkung nun wieder etwas tiefer in die
Erscheinung, hauptsächlich wohl infolge des schon erwähnten Sich-
emporwölbens der Seitenhöcker und Seitenlippen. Dabei wachsen
die Seitenlippen mehr und mehr medianwärts vor, wodurch die Me-
tastomrinne langsam etwas eingeengt wird. Dieses direkt medianwärts
gerichtete Vorwachsen der Seitenlippen geschieht aber zunächst nur
bis zu einem gewissen Grade und bei weitem nicht so energisch, wie
das auf entsprechenden Stadien der Kreuzotter der Fall ist.
Die Seitenhöcker werden bei dem Embryo der Fig. 1 durch eine
allerdings flache und schmale, aber noch nicht durchtrennte Leiste
verbunden, welche die ursprüngliche Vorderlippe des früheren Ur-
mundes darstellt. Bei den folgenden Stadien ist sie überall von einer
engen und mehr oder weniger tiefen Furche durchschnitten, die an-
fangs ausnahmslos extramedian angeordnet ist. Letzteres hat seinen
Grund darin, daß zunächst die Rückenfurche nach hinten hin zwei,
sich allmählich verschmälernde flache Ausläufer aussendet, welche
zwischen sich in der Medianlinie einen weißlichen Längswulst, einen
Vorderlippenwulst, einschließen. Einer dieser beiden Zipfel der
Rückenfurche, und zwar merkwürdigerweise stets der linke, durch-
trennt sehr bald die Vorderlippe, so daß jetzt die breite Rückenfurche
durch diese schmale, immer nach links extramediane Furche mit der
Metastomrinne verbunden ist. Eine gleiche Furche hat BALLOWITZ
auch bei der Kreuzotter gefunden und als »Verbindungsfurche« be-
zeichnet?. Bei der Ringelnatter bleibt diese Verbindungsfurche über-
all sehr kurz und geht nach hinten bei dem nun folgenden Ver-
wachsungsprozeß bald in die Primitivrinne über.
Die Fig. 2 bringt die Oberflächenansicht eines Stadiums, bei
1]. c. 8. 722 ff. 2]. c. 8.137.
Die Entwieklung der Ringelnatter (Tropidonotus natrix Boie). 65
welchem die Bildung der Verbindungsfurche soeben erfolgt ist. Der
Hinterrand der Vorderlippe ist nicht mehr glatt und abgerundet, son-
dern hat sich in die Verbindungsfurche hinein nach vorn ausgezogen".
Letzteres ist in Fig. 5 und 6 noch viel mehr der Fall. Fast überall
erscheint die Verbindungsfurche ferner kurz nach ihrer Bildung stärker
oder schwächer gekrümmt, und zwar mit der Konkavität nach rechts
gerichtet, hier den Vorderlippenwulst begrenzend. Am stärksten tritt
ihre Krümmung in der Fig. 3 in die Erscheinung. Dort ist die Ver-
bindungsfurche auch ganz flach und etwas breiter. Letzteres gilt auch
für die Verbindungsfurche der Fig. 4; nur verläuft sie bei diesem
Stadium ziemlich gerade und fast genau in der Mittellinie. In den
beiden letzteren Figuren erscheint der Hinterrand der Vorderlippe
noch glatt und abgerundet und durch die schräg nach vorn gehende
Urmundeinsenkung etwas nach oben emporgehoben, so daß hier im
Oberflächenbilde helle Lichter stehen, die noch mehr durch einen
zarten Schattenbogen hervortreten, der sie nach vorn umgibt.
Die Primitivrnne bildet sich bei der Ringeinatter zuerst an
dem hinteren Ende der Verbindungsfurche, dort wo sich der Hinter-
rand der Vorderlippe winklig in die Verbindungsfurche nach vorn
hineinzieht. Diese weiter oben schon beschriebene Einknickungsstelle
über und vor der Urmundeinsenkung vertieft sich bald noch etwas
und wird dadurch, daß die Epithelwülste der lateralen Vorderlippen-
reste und der Seitenlippen medianwärts vorwachsen und schließlich
in der Mittellinie unter Bildung einer schmalen Rinne zusammenstoßen,
zur typischen Primitivrinne. Das ist in Fig. 2 bereits eingetreten.
Indem dieser Prozeß, das Zusammenfließen der seitlichen Epithelwülste
in der Medianlinie, von vorn nach hinten hin successive über die
sanze Metastomrinne fortschreitet, die dabei ausgefüllt wird, Fig. d
und 6, nimmt die Primitivrinne bald bedeutend an Länge zu. Hinten
differenzieren sich die Epithelwülste beständig weiter und dringen
dann stetig gegeneinander zur Mittellinie hin vor. Auf diese Weise
schreitet das Wachstum der erst so kurzen Primitivrinne nach hinten
hin fort, manchmal bis zu der stattlichen Länge, wie sie uns in den
Fig. 7 und 8 entgegentritt. Dementsprechend wird die Metastom-
rinne successive von vorn nach hinten hin verkürzt, so daß sie
schließlich nur noch eine wenig nach vorn vorspringende Einkerbung
des hinteren Randes der Embryonalanlage darstellt.
ı Diese Stelle, also die hintere Fortsetzung der Verbindungsfurche zwischen
Verbindungsfurche und Metastomrinne, ist schon echte Primitivrinne, wie die
weiter unten zu besprechenden Sehnittbefünde unzweifelhaft dartun.
Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. 5
66 Theodor Viefhaus,
Der Vorderlippenwulst wird schon vorher mehr und mehr an den
rechten Seitenhöcker gedrängt (Fig. 5 und 6), so daß hier an der
rechten Seite der trennende hintere Ausläufer der Rückenfurche ganz
verschwindet, wie es auf dem Embryo der Fig. 7 bereits eingetreten
ist. Zugleich hat die Verbindungsfurche ihre Bedeutung verloren:
Auf dem Embryo der Fig. 6 stellt sie noch die Verbindung zwischen
Rückenfurche und Primitivrinne dar, auf dem Embryo der Fig. 7 ist
sie schon nicht mehr vorhanden.
Hand in Hand damit geht die Geradestreckung der Primitivrinne
und ihre Verschiebung zur Medianlinie des Embryos hin. Die Fig. 8
auf Taf. V führt uns das vorläufige Endresultat aller dieser Vorgänge
vor Augen. Wir sehen dort die sehr lange, schnurgerade Primitiv-
rinne genau in der Medianlinie verlaufen. Sie verbindet die breite
und flache Rückenfurche mit der Einkerbung am hinteren Rande des
Embryos, die den letzten Rest der anfangs beträchtlich langen und
breiten Metastomrinne darstellt.
Bei den ersten Stadien, wie sie die Fig. I—6 wiedergeben, tritt
in der Metastomrinne ein meistens ziemlich schwacher, weißlicher
Streifen in die Erscheinung. Derselbe liegt im allgemeinen in der
Medianlinie. Sowohl vorn wie seitlich ist er durch deutliche, dunkle
Furchen von den benachbarten Partien der Seitenhöcker abgesetzt.
In der Fig. 1 ist dieser Streifen ganz schmal und nach vorn spitz
ausgezogen, entsprechend der engen Öffnung der Rinne, in der er
liegt. Dabei ist er ziemlich flach. Hinter der Embryonalanlage
verbreitert er sich auffallend zu einem großen, weißlichen, unregel-
mäßigen und nicht scharf begrenzten Felde. Letzteres besitzt aber
wohl keine besondere Bedeutung und konnte auch auf den Schnitten
nicht konstatiert werden. Bei den “übrigen Embryonen fehlt es auch
im Flächenbilde. Direkt hinter dem Embryo gehen von diesem Felde
beiderseits ebenfalls sehr flache und nicht scharf begrenzte Quer-
streifen aus, die ziemlich senkrecht zur Medianlinie der Keimanlage
verlaufen. Bei dem Embryo der Fig. 2 tritt der Streifen in der Me-
tastomrinne nur schwach hervor, so daß er sich nach hinten hin bald
verliert. Dagegen zeigt ihn die Fig. 3 und noch mehr die Fig. 4
als förmlichen medianen Wulst von beträchtlicher Länge ausgebildet.
Die ersten Anfänge dieses Wulstes waren schon auf einigen von
BArLowırz abgebildeten Falterstadien zu konstatieren!. Abgesehen
von dem Embryo der Fig. 1, wo der Streifen überhaupt eine andre
1]l.c. Vg. Taf. XXXIII, Fig. 39—41.
Die Entwicklung der Ringelnatter (Tropidonotus natrix Boie). 67
Beschaffenheit besitzt, wie die Querschnitte lehrter (vgl. weiter unten),
hebt sich der Längsstreifen überall mit seinem vorderen Ende am
meisten plastisch empor und wird nach hinten niedriger. Nicht selten
ragt er hinten etwas aus der Metastomrinne heraus, wo er dann ganz
allmählich vollständig schwindet (vgl. Fig. 3 und 4).
Um nun auf die Bedeutung dieses Streifenwulstes in der Me-
tastomrinne zu kommen, so lehrt schon die Untersuchung der Flächen-
ansicht, daß er mit dem von BartLowItz an den vorhergehenden
Falterformen beim Verschluß des ursprünglichen Prostoms gefundenen
Epithelpfropf nichts zu tun hat. Dieser Epithelpfropf löst sich zwar
bald von der Vorderlippe, wird nach hinten hin abgestoßen und bleibt
auch noch eine Zeitlang an der Oberfläche der Embryonalanlage
liegen!; aber da er aus in Degeneration begriffenen Zellen besteht,
die schon bald »detritusartig erschienen!«, so ist es ausgeschlossen,
daß Reste davon noch so lange und als solehe förmlich plastisch erschei-
nenden Wülste von der Ausdehnung, wie sie in den Fig. 2, 3 und 4
auftreten, bestehen geblieben sind. BALLowırz selbst hat bei Unter-
suchung des Epithelpfropfes diesen Eindruck auch schon gehabt,
wenn er von ihm schreibt: »Nach der Abstoßung löst sich die Zell-
masse nun jedenfalls bald auf!«, und dann an etwas späteren Stadien
nur noch verschwindende Reste des Pfropfes konstatieren kann.
Nun liegt es nahe, bei diesem Streifenwulst an die von BALLOWITz
bei entsprechenden Stadien der Kreuzotter aufgefundene »Metastom-
leiste« zu denken?. Ich trug aber anfangs Bedenken, den Streifen-
wulst bei der Ringelnatter mit der Metastomleiste der Otter ohne
weiteres voll und ganz zu identifizieren: im Grunde ist aber ihre
Entstehung auf die gleichen mechanischen Faktoren zurückzu-
führen. Die Hauptunterschiede bestehen, um es an dieser Stelle nur
kurz zu erwähnen, darin, daß bei der Kreuzotter die Metastomleiste
ganz fest in der Rinne eingeklemmt liegt, indem die Seitenlippen
und Seitenhöcker neben ihr intensiv zur Medianlinie hin drängen
und zwar hauptsächlich mit ihren hinteren Partien. Diese median-
wärts gerichtete Kompression geschieht dort oft so energisch, daß
die Leiste dadurch deutlich eingeschnürt und sogar manchmal etwas
von der Seite her überwachsen wird. Das ist bei der Ringelnatter
anders. Scharf sich absetzende Epithelwülste, als welche bei der
Kreuzotter zum Teil die Seitenlippen des Metastoms auftreten und die
dazwischenliegende Zellenmasse durch ihr Vorwachsen zusammen-
1 BALLOWITZ, Ringelnatter, 1. c. S. 727.
2 BALLowıtrz, Kreuzotter. 1. ce. 8. 727.
OU
68 "Theodor Viefhaus,
pressen, sind bei der Ringelnatter nicht vorhanden. Bei der letzteren
liegt die Leiste frei in der weiten Metastomrinne, so daß meistens
zwischen ihr und den Seitenlippen ein breiter Raum besteht, wie
ein Blick auf die Fig. 2, 3 und 4 auf Taf. IV sofort bestätigt. Aber
auch hier haben bei Entstehung der Metastomleiste Kompressionen
mitgewirkt, wie die weiter unten zu besprechenden Schnittbefunde
durch diese Region dartun.
Solche Kompressionen sind an den hinteren Enden dieser Stadien
gar nichts Seltenes, und ihre Wirkungen treten sehr häufig schon
bei Untersuchung des Oberflächenbildes ganz deutlich in die Er-
scheinung. So ist die charakteristische, äußerst plastisch hervor-
tretende, radiäre Streifung an den hinteren Enden der Keimanlagen,
die sich außer bei den Embryonen der Fig. 3 und 4 noch bei zwei
weiteren ähnlichen Stadien in fast derselben Schönheit beobachten
ließ, nichts andres als das Produkt mannigfacher, medianwärts ge-
richteter Kompressionen und Verschiebungen von Zellkomplexen in
den betreffenden Partien.
Diese sofort auffallende Streifung geht von den nach hinten
vorgewachsenen Seitenlippen des Metastoms aus, die selbst sich
beiderseits als Streifenwülste direkt nach hinten und lateralwärts
hinziehen. Ein solcher als Verlängerung der Seitenlippen gekenn-
zeichneter Streifen ist beiderseits schön gebogen überall vorhanden,
und zwar ist derselbe stets etwas plastischer angelegt und deutlicher
zu verfolgen als die andern Streifen. Ebenfalls senkt sich überall
der Hinterrand dieses Streifens etwas stärker in die Tiefe, wodurch
jederseits. eine in die Urmundeinsenkung führende Furche entstanden
ist (vgl. besonders Fig. 3 und 4). Diese plastischen Streifenmassen
scheinem nach ihrem Aussehen die Tendenz zu haben, nach vorn
in das Metastom und das Gewebe der sich bildenden Seitenhöcker
hinein zu fließen. So entstehen auch die Kompressionen in dem
vorderen Teile der Metastomrinne, welche das Herauspressen der
Metastomleiste daselbst mitbewirken. Freilich die äußersten Streifen-
partien seitlich und hinten würden bei den erwähnten Vorgängen
wohl nicht mehr in die Seitenhöcker gelangen können, da die Voll-
endung derselben vorher abgeschlossen ist. Die am meisten seit-
wärts und nach hinten gelagerten Streifenpartien flachen sich all-
mählich ab und trennen sich anscheinend bisweilen von den übrigen.
In der Fig. 3 sind solche abgeschnürte Streifenstücke seitlich sicht- _
bar und in der Fig. 4 sind die hintersten Streifen ganz flach und
undeutlich. Überhaupt sind die Enden der einzelnen Streifenwülste
Die Entwicklung der Ringelnatter (Tropidonotus natrix Boie). 69
nicht scharf abgesetzt oder emporgewulstet, sondern sie heben sich
erst allmählich aus dem Gewebe der Keimhaut hervor.
Die Gestalt des ganzen Streifungsfeldes ist individuell verschieden.
Zunächst wird das Feld durch die mediane Metastomrinne in zwei
Hälften zerlegt, die im großen und ganzen symmetrisch zueinander
angeordnet liegen. Bei dem Stadium der Fig. 3 waren keine ganz
durchgehend ausgebildete Streifen vorhanden, sondern es war nur
der Rand des Feldes tief und unregelmäßig zackig und eingekerbt,
so daß ein hahnenkammartiges Gebilde zustande kam. Abweichend
davon zeigt die folgende Figur auffallend schöne, plastisch hervor-
tretende, lange Streifen, die radiär von der Vorderlippe ausstrahlen
und sie mit einem Strahlenkranze umgeben. Die einzelnen weißen
Streifen sind durch lange dunkle Furchen getrennt, die sich fächer-
artig anordnen. Die Fächerform des Streifungsfeldes wurde in der
Schönheit und Größe der Fig. 4 nur an diesem einen Präparat beob-
achtet, wo das Streifungsfeld dem ganzen übrigen Teil der Em-
bryonalanlage an Ausdehnung fast gleichkommt. Überall sind die
Streifungen nur im Oberflächenbilde zu konstatieren; auf der Unter-
seite konnte nirgends die leiseste Spur davon entdeckt werden. Auch
das Studium der Schnitte bestätigte, daß diese Streifungen nur in
der oberen Lage des Blastems angelegt sind.
| Eine ähnliche, und wohl auf dieselben Ursachen zurückzuführende
Bildung konnte bei dem Embryo der Fig. 7 festgestellt werden.
Dort finden wir an Stelle des plastischen Streifenfeldes zarte, schleier-
ähnliche Bildungen, die weit nach vorn und seitlich divergieren. An
der linken Seite sind auch noch zarte Streifungen angedeutet.
In der Fig. 5 zeigt der Embryo hinten weit auslaufende Spitzen, die
ebenfalls zu den charakteristischen, bei dem Hervorwulsten der hinteren
Embryonalpartien auftretenden und mitwirkenden Bildungen gehören.
Überhaupt habe ich nur bei den beiden in den Fig. 2 und 6
dargestellten Stadien solche Bildungen vermißt, sonst waren wenigstens
schwache Reste davon vorhanden. Damit zusammenhängend sei
noch hervorgehoben, daß alle Embryonen, die am Hinterende Strei-
fungs- oder Schleiererscheinungen besaßen, auffallend kräftig und
vollendet ausgebildet waren. Sie zeigten überall schöne, volle Linien
und abgerundete Formen. Gewissermaßen von Kraft strotzend hoben
sie sich sehr plastisch von der Keimhaut ab und überragten auch
oft an Größe und Breite die andern. Dieser Befund stützt auch
meine schon oben geäußerte Vermutung, daß die charakteristischen
Bildungen am hinteren Ende der Anlage dem Embryo sehr reichlich
70 Theodor Viefhaus,
und schnell Bildungsmaterial zuführen. Im Vergleich damit heben
sich die Embryonen, welche diese Bildungen vermissen lassen, nur
sehr wenig über die Keimhaut empor und sind sehr zart und platt,
als ob sie nur in verlangsamtem Wachstum begriffen wären. Auch
in bezug auf ihre Längen- und Breitenverhältnisse stehen sie oft
zurück. Alle diese Befunde bestätigt schon ein oberflächlicher Blick
auf die Figuren der Taf. IV.
Die Unterseiten der bis jetzt besprochenen Stadien der Fig. 1—8
bieten ein im wesentlichen übereinstimmendes Bild. Ich habe deshalb
nur die Unterseite zweier Embryonen im Flächenbilde wiedergegeben.
Die Fig. 2a auf Taf. IV stellt die Ansicht der Unterfläche der
Fig. 2 dar. Vorn sehen wir deutlich die drei Abteilungen der Em-
bryonalanlage. Die hohen Mesoblastflügel endigen vorn mit einer
plumpen Spitze und besitzen medianwärts einen im Gegensatz zum
Oberflächenbilde schärfer abgesetzten, etwas gewulsteten Rand. Zwi-
schen sich schließen die medialen Ränder der Mesoblastflügel, wie
auf der Oberseite, ein längliches, keilförmiges, weißliches Feld, das
in der Mitte mfolge der chordalen Entodermverdickung etwas her-
vorgewölbt ist. Nach hinten verschmälert sich dieses Mittelfeld und
ragt mit der lang ausgezogenen Spitze in eine flache, breite Furche
hinein. Letztere liest in der Medianlinie unter der Rückenfurche
der Oberseite und geht bis zum hinteren Rande der Anlage
durch. Hier hinten treten den medianwärts vorwachsenden Seiten-
lippen entsprechend zwei merklich hervorgewulstete, rundliche Seiten-
höcker auf. Zwischen denselben setzt der Chordawulst an, der als
ein weißer Längsstreifen in der Medianlinie eine Strecke weit nach
vorn zieht. Er setzt sich aber noch richt kontinuierlich in die
Chordaanlage des Mittelfeldes fort, sondern ist vorher ungefähr in
der Mitte der Embryonalanlage stark abgeflacht. Vorn werden an
der Unterseite dieser Stadien meist unregelmäßige, aufgelagerte
Entodermzellmassen angetroffen, aber in viel spärlicherem Maße
als bei den vorhergehenden Falterformen.
Diese Gestaltung der Unterseite mit zwei durch eine mediale
Furche getrennten Seitenhöckern fand sich bei den in den Fig. 1, 2,
3 und 5 wiedergegebenen Embryonen. Bei dem Embryo der Fig. 5
war die mediane Furche nur ganz flach und kaum mehr bis zum
Hinterrande des Embryos zu verfolgen, so daß sie nur bei günstiger
Beleuchtung auf dem schon ganz einheitlich hervorgewulsteten Höcker
noch eben wahrgenommen werden konnte.
Die Stadien der Fig. 4, 6, 7 und 8 zeigten im wesentlichen ein
Die Entwicklung der Ringelnatter (Tropidonotus natrix Boie). 71
Unterflächenbild, wie es die Fig. 8a illustriert, welche die zu
Fig. 8 gehörende Unteransicht bringt. Hinten tritt der beträchtlich
emporgewulstete Caudalhöcker in die Erscheinung, der hier eine
ellipsoide Form besitzt und mit seiner längsten Achse quer zur
Medianlinie liegt. Bei den andern Embryonen dieser Entwicklungs-
stufe fand sich ein mehr oder weniger kreisrunder und etwas größerer
Caudalhöcker vor. Von letzterem ragt die Chordaanlage kontinuierlich
als ein ziemlich schmaler, scharf begrenzter, weißer Streifen geradlinig
nach vorn, wo sie sich zu einem keulenförmigen Wulst verbreitert
und das Mittelfeld fast völlig einnimmt. Der hintere Chordastreifen
liegt in einer medianen, ziemlich tiefen Rinne, deren Tiefe durch das
Hervorwulsten der neben ihr liegenden Partien hervorgerufen wird.
Wie die Querschnitte durch diese Gegend bestätigen werden, sind
die Seitenwülste durch die hier sehr dieken Mesoblastplatten ver-
ursacht.
Die Mitte des Embryos wird von einer flachen Einsattelung
quer durchzogen, die auch den Chordastreifen merklich abflacht.
Davor treten lateral wieder zwei Seitenwülste hervor, für die das
von den hinteren Seitenwülsten Gesagte ebenfalls gilt. Nur werden
sie durch die zwischen ihnen liegende breite Chordaanlage weiter
auseinander gedrängt, so daß die Embryonalanlage dadurch vorn
beträchtlich breiter erscheint.
Den Vorderrand der Unterseite dieses Embryos bilden die drei,
eben in die Erscheinung tretenden Gehirnwülste, welche von diesem
Stadium an nach unten vorzuwachsen beginnen. Hier treten sie
allerdings erst als schwache Anfänge auf; aber schon bei Unter-
suchung der Oberseite konnte auf ihr Vorhandensein — besonders
des mittleren — mit Bestimmtheit geschlossen werden.
Einige unregelmäßige Entodermzellstränge waren auch bei diesem
Embryo auf der Unterseite vorn vor der Keimanlage aufgelagert.
Die Untersuchung der Schnittserien durch die hinteren, bei
diesen Stadien wichtigeren Partien ergab durchweg übereinstimmende
Befunde. Wir sehen in den vorderen Schnitten die dieke Eetoderm-
platte mit deutlichen, hohen Cylinderzellen vom Mesoderm und der
Chordaanlage abgesetzt. In der Mitte ist die Eetodermplatte durch
die Rückenfurche nach unten gesenkt. Die Chorda darunter besitzt
einen mehr oder weniger rechteckigen Querschnitt. An dieselbe
stoßen seitlich die dicken Mesoblastlagen, doch ist auch hier das Ge-
webe der Chorda abgesetzt. Die Randzellen der medialen Mesoblast-
massen sind nämlich dicht zusammengelagert und ihre Kerne charakte-
12 | Theodor Viefhaus,
ristisch an den Rand gerückt, so daß die medialen Mesoblastränder
intensiver gefärbt hervortreten. Dasselbe ist mit den Ober- und Seiten-
rändern der Chorda der Fall. Das einschichtige Entoderm ist vom
Mesoblast ganz abgespalten, an die Chordaanlage aber noch angelötet.
Die nach hinten folgenden Schnitte durch die Verbindungsfurche
und die Primitivrinne zeigen bei allen Stadien im wesentlichen das-
selbe Bild. Natürlich ist bei den Schnitten durch die Vorderlippe
des Embryos der Fig. 1, wo eine Verbindungsfurche noch fehlt, das
Eetoderm nicht eingesenkt. Die Schnitte durch die übrigen Stadien
zeigen eine schmale, extramediane Einkerbung als Querschnitt der
Verbindungsfurche bzw. der Primitivrinne mit dem Vorderlippenhöcker
daneben.
In den Schnitten durch die vorderste Hälfte der Primitivrinne
des Embryos der Fig. 8 wird die Chorda schon als massiger Strang
unterscheidbar, der nach oben in den Eetoderm hineingewulstet ist
und ihm noch fest anliegt. Sie ist keineswegs irgendwo durch einen
deutlichen Spalt von ihrem Nachbargewebe getrennt. Seitlich von
dem Chordastrang haben sich die drei Keimblätter vollständig von-
einander abgespalten. Demnach tritt hier unter dem vordersten Teile
der Primitivrinne schon kein Blastem mehr in die Erscheinung; es
ist in die sich differenzierenden Primitivorgane aufgegangen. Auf
dem zweiten Schnitt hinter dem soeben besprochenen ist von diesen
Differenzierungsvorgängen nichts mehr zu bemerken. Es zeigt sich
hier undifferenziertes Blastemgewebe, dessen oberste Lage eine Epithel-
streifung aufweist. Diese senkrechte, hohe Epithelstreifung ist von
dem darunter liegenden Gewebe aber nicht abgesetzt, sondern sie
seht kontinuierlich darin über. Auch der Entoblast hängt in der
Mitte mit diesem Blastemgewebe zusammen.
Dieses ganze Gewebe, welches ein Hauptmerkmal der Primitiv-
rinne darstellt, hat BALLoWITZ in seiner Entwicklungsgeschichte der
Kreuzotter 1 als »Primitivblastem« charakterisiert. Es schwillt am
Hinterende der Anlage zum Primitivhöcker an, der sich oft als mäch-
tiger, förmlich halbkugeliger Wulst nach unten vorwölbt.
Die Querschnitte durch die Metastomrinne des Embryos der Fig. 1
zeigen in der Mitte überall indifferentes Eetoblastemgewebe, mit wel-
chem der einschichtige Entoblast nur in wenigen Schnitten in der
Mitte zusammenhängt, und zwar bloß auf einer ganz kurzen Strecke.
Der erste Schnitt, der die Rinne von vorn her traf, hat den Hinter-
1]. ec. S. 147.
Die Entwicklung der Ringelnatter (Tropidonotus natrix Boie). 13
rand der Vorderlippe noch eben gestreif. Demgemäß sieht man hier,
wie sich die Vorderlippe kontinuierlich in die Chorda umbiegt und
das Epithel der Oberfläche in das Chordaepithel übergeht. Bei
diesem Embryo wurden in der Metastomrinne Detritusmassen an-
getroffen. Letztere treten in dem ersten Schnitt als einzelne Brocken
in die Erscheinung. Es konnten hier auch noch Kernreste beob-
achtet werden. Auf dem dritten Schnitt dahinter ist die Detritus-
masse zusammenhängend und zu einem förmlichen Wulst geworden,
der mit seiner homogen erscheinenden, schwach färbbaren Masse die
Rinne bis oben hin ausfüllt. Es ist hier der weißliche Wulst des
Oberflächenbildes getroffen. Auf seinem Querschnitte konnten Kern-
reste nicht mehr gefunden werden. In den Schnitten weiter nach
hinten geht die kompakte homogene Struktur der Detritusmasse wieder
verloren, so daß hier nur einzelne Detritusbrocken getroffen werden.
Vielleicht stellt diese Detritusmasse zum Teil noch Reste des BALLOo-
wırzschen Epithelpfropfes dar. Bemerkt sei noch, daß der Boden
der Rinne in den ersten Schnitten nicht glatt ist, sondern oft zahl-
_ reiche kleine Spalten und Grübchen zeigt. Die dort liegenden Zellen
lassen bei stärkerer Vergrößerung auch deutliche Spuren des Ver-
falles erkennen.
Die Textfig. 1 bringt drei Schnitte durch die Metastomrinne
des Embryos der Fig. 2. Dort ist die Metastomleiste auf neun Schnitten
Textfig. 1.
deutlich sichtbar; sie besteht aber nicht aus Detritusmassen, sondern
aus echten Gewebszellen, die zwar eine lockere Struktur zeigen,
aber nur auf der Oberfläche Spuren? von Zerfall aufweisen. Die
Leiste besitzt einen dreieckigen Querschnitt, ist zum Teil mit ihrer
unteren Kante an das Blastemgewebe angelötet und füllt die Rinne
74 Theodor Viefhaus,
fast ganz aus. Auf fünf Schnitten war die Leiste allerdings rings-
herum vom Gewebe abgesetzt (Textfig. 15). Auf und neben ihr
konnten noch Detritusreste beobachtet werden, die mit kleinen Dotter-
stückchen und sonstigen winzigen Fremdkörperchen vermischt waren,
wie sich solche in der Vertiefung der Rinne naturgemäß leicht an-
sammeln können. Das Eetoderm setzt sich in die Seitenwandungen
der Rinne bis unter die Leiste fort. Letztere selbst zeigt aber keine
Cylinderzellen, sondern nur Zellen des indifferenten Blastems. Dieser
Umstand in Verbindung mit der Tatsache, daß die Leiste mit ihrer
unteren schmalen Kante am Boden der Rinne angelötet ist und oben
breiter auseinander gequollen erscheint, führt zu dem Schluß, daß
die Metastomleiste infolge starker Kompressionen und Stauchungen
aus dem Blastem herausgepreßt wurde. Der Grund der Rinne, wo
keine Oylinderzellen vorhanden sind, also nur Blastemgewebe sich
befindet, mag dafür besonders günstig beschaffen sein. Auf ein sol-
ches Drängen der Zellen der hinteren Region zur Mittellinie hin, wo
sich die Bildung der Chordalorgane, der Primitivrinne und des Pri-
mitivhöckers einleitet, wurde schon bei Besprechung der radiären
Streifung hingewiesen.
Die Querschnitte durch das Streifungsfeld eines der Fig. 4 ähn-
lichen Stadiums zeigen an der Oberfläche wellige Erhebungen und
Senkungen, je nachdem die Streifenwülste oder die dazwischen liegen-
den Furchen getroffen sind. An den Furchen sind die Cylinderzellen
etwas diehter zusammengedrängt. |
Il. Die Stadien mit beginnender Einsenkung des mit drei Höckern
deutlich abgesetzten vorderen Randes der Gehirnplatte.
In dieser Gruppe sollen die in den Fig. 9—18 abgebildeten Sta-
dien zusammengefaßt werden. Außerdem gehörten dazu noch sieben
Embryonen, deren Wiedergabe sich erübrigte, da sie keine wesent-
lichen Unterschiede von den gezeichneten aufwiesen. Im ganzen
umfaßt also diese Gruppe 17 Embryonen, von denen elf zu Serien
geschnitten, die übrigen als Flächenpräparäte verarbeitet wurden.
Von den im vorigen Kapitel besprochenen unterscheiden sich
diese Stadien schon durch ihre Gestalt. Bei ziemlich gleich bleiben-
der Länge beginnen sie merklich schmäler zu werden. Von der
immer noch ziemlich breiten Gehirnhöckerplatte aus verjüngen sich
die Embryonen nach hinten hin ganz allmählich. Iin den Fig. 12,
15 und 18 tritt die Gehirnhöckerplatte als annähernd kreisförmige
Scheibe in die Erscheinung. Die engste Stelle weisen die Embryonen
Die Entwicklung der Ringelnatter (Tropidonotus natrix Boie): 75
direkt vor dem Primitivhöcker auf. Mit letzterem schließen sie wie-
der etwas breiter ab. |
Zunächst sollen nun die Oberflächenbilder zusammen behandelt
werden. Darauf werde ich kurz auf die wichtigsten Erscheinungen
an der Unterseite der Embryonen hinweisen und dann die Ergebnisse
der Serienuntersuchung eingehend besprechen.
Die Oberseite dieser Stadien zeigt etwas mehr Plastik als in
der vorigen Gruppe. In den meisten Fällen heben sich die Vorder-
ränder merklich wulstartig empor, und zwar sind entsprechend
der hier noch deutlich vorhandenen Dreiteilung der Medullarplatte
auch drei voneinander abgesetzte Randwülste zu unterscheiden. Der
mittlere von ihnen ist am mächtigsten ausgebildet. Der Embryo der
Fig. 14 zeigte als einziger diese Dreiteilung nicht. Die beiden seitlichen
Vorderrandwülste gehen lateralwärts in die Außenränder der Medullar-
platte über. Sie sind ebenfalls deutlich emporgewulstet, so daß sich die
Embryonalanlage in ihrer ganzen vorderen Hälfte meistens beträchtlich
über die Keimhaut emporhebt und ringsherum tiefere Schatten wirft.
Von den lateralen Vorderrandwülsten ragen optisch abgesetzte
Bogenansätze vor, die ihre Spitzen medianwärts richten. Zu einem
geschlossenen Bogen treten sie aber im Oberflächenbilde nur noch
selten zusammen, so z. B. in den Fig. 17 und 18. Diese Bögen
stellen Fortsätze der lateralen Mesodermplatten dar und begrenzen
das Proamnionfeld.
Auf den Stadien der Fig. 13 ff. haben sich in diesem Felde vor
dem Embryo die ersten Anfänge der Proamniosfalte entwickelt. Vor
der Gehirnhöckerplatte tritt eine schmale, tief dunkle und allseitig
scharf begrenze Querfurche in die Erscheinung, die sich in ihrer
Form der Gestaltung des Vorderrandes der Platte jeweilig angepaßt
hat. Sie ist also meistens dreiteilig gebogen; in der Fig. 14 er-
scheint sie sichelförmig. In dieser präcerebralen Furche biegen sich
die Gehirnhöcker mit ihrem vorderen Rande in die Tiefe gegen den
Dotter hin um. Direkt vor der Furche erhebt sich ein entsprechend
seformter, etwas breiterer, weißer Querstreifen als erste, überall
noch niedrige Anlage der Proamniosfalte. (Siehe die Fig. 13, 14, 15
und 18.)
Die Gehirnhöckerplatte senkt sich von den vorderen und seit-
lichen Randwülsten aus zur Mitte hin merklich ein, so dab hier
eine dellenartige Vertiefung entsteht. Die Delle erscheint zunächst flach
und breit von annähernd symmetrisch herzförmiger Gestalt (Fig. 9
und 12). In ihrer Medianlinie ist das schmale Mittelfeld mit nach
76 Theodor Viefhaus.
hinten lang ausgezogener Spitze sichtbar. Bald wird die Delle in
der Mitte etwas tiefer. Sie beschränkt sich mehr auf die mediane
Partie der Platte (Fig. 10, 15, 14 und 16).
Diese mediane Einsenkung steht nach hinten hin stets mit einer
langen Furche in Verbindung, welche ebenfalls in der Medianlinie
verläuft. Auf den ersten in den Fig. 9—12 abgebildeten Stadien
erscheint die Furche noch ziemlich breit; sie liegt auch noch flach,
da sich neben ihr die lateralen Partien noch nicht emporgewulstet
haben. Nur in der Fig. 9 läßt ein dunkler Längsstreifen auf ihre
hier bedeutendere Tiefe schließen. Die Furche ist die erste Anlage
der Medullarfurche, welche aus der Rückenfurche durch allmähliche
Verschmälerung und Vertiefung entsteht. Dieser Prozeß der Umbildung
der Rücken- zur Medullarfurche schreitet so allmählich fort, daß
zwischen beiden eine bestimmte Grenze an der Oberseite nicht fest-
gesetzt werden kann.
Auf den Stadien der Fig. 15ff. hat sich die Medullarfurche weiter
verengt und vertieft, und zwar zunächst in ihrem hinteren Abschnitte.
Hier haben sich längs der Furche ansehnliche Medullarwülste erhoben,
welche ihre weitere Einengung und Vertiefung bewirken. Mit ihrem
medialen Rande fallen die Medullarwülste ziemlich plötzlich in die
Tiefe der Furche; lateralwärts flachen sie sich mehr allmählich ab.
Manchmal sind die Medullarwülste seitlich von mehr oder minder
tiefen Längsschatten begleitet, ein Zeichen, daß sie sich auf den
betreffenden Stadien beträchtlich emporgewulstet haben. Letzteres
wird uns besonders in der Fig. 15 mit großer Deutlichkeit vor Augen
geführt. An dem vorderen Teile der Furche weichen die Medullar-
wülste weiter voneinander ab und ziehen sich zu den lateralen
Rändern der Gehirnhöckerplatte hinüber, wie es besonders in der
Fig. 15 und auch 13 und 17 sichtbar wird. Dadurch wird bei diesen
Embryonen die Medullarfurche vorn breiter und flacher. Auf den
andern Stadien verläuft sie bis zu der Einsenkungsdelle der Gehirn-
höckerplatte in annähernd gleicher Weite. Die sich nach hinten bald
verflachenden und verlaufenden Enden der Medullarfurche fassen ein
kleines dreieckiges Feld zwischen sich, den vorderen Teil der Neuro-
primitivplatte. |
Der Primitivhöcker mit der Primitivrinne darauf ist der wichtigste
Teil dieser Embryonalanlagen und beansprucht das meiste Interesse.
Dabei machen sich gerade bezüglich der Ausbildung der Primitiv-
region im Flächenbilde die mannigfachsten individuellen Variationen
bemerkbar. Man möge die zehn Figuren vergleichen, um die große
Die Entwicklung der Ringelnatter (Tropidonotus natrix Boie). . ER
Verschiedenheit in der Ausbildung dieser Partie zu erkennen. Was
zunächst die Gestalt des Primitivhöckers anbetrifft, so dokumentiert
sich dieselbe auf der Oberseite nicht als eigentlicher Höcker, sondern
als eine bisweilen längliche oder auch fast kreisrunde Platte, die nur
in ihrer mittleren Partie hier und da sehr wenig emporgewölbt ist.
Häufig erscheint ihre Begrenzung auch sehr unregelmäßig. Die
Hauptmasse des Primitivhöckers wulstet sich auf der Unterseite als
meistens annähernd halbkugeliger Knopf vor.
Sehr häufig haben sich auf der Oberfläche seitlich an der Neuro-
primitivplatte auch noch Überreste der radiären Streifung erhalten,
welche dem lateralen Rande der Primitivplatte ein unregelmäßig
kammartiges Aussehen verleihen.
Bei den Embryonen der Fig. 11, 12, 13 und 15 zeigte sich die
Primitivplatte deutlich von der Keimhaut abgesetzt. Besonders ist
das lateralwärts der Fall, wo im Flächenbilde auch dunkle Schatten
auftreten. Die Querschnitte durch diese Gegend werden uns zeigen,
daß hier manchmal tiefere Furchen bestehen, die sich schräg in der
Richtung zur Mitte des Primitivhöckers einsenken (vgl. auch die
Textfig. 2a und 3c).
Auf der Höhe der Primitivplatte, in ihrer Mittellinie, liegt die
Primitivrinne. In den Fig. 9 und 10 ist sie ziemlich kurz und geht
nach vorn so allmählich in die Medullarfurche über, daß eine genaue
Grenze im Flächenbilde zwischen beiden nicht mit Bestimmtheit fest-
gestellt werden kann. Diese im Vergleich zu den vorhergehenden
Stadien so auffallende Kürze der Primitivrinne muß dadurch erklärt
werden, daß die Rücken- bzw. Medullarfurche nach hinten hin weiter
fortschreitet, indem von hinten nach vorn aus dem indifferenzierten
Blastem der Primitivregion sich immer neue Embryonalsubstanz heraus-
differenziert. Dabei wird die in den Fig. 7 und 8 besonders lange
und weit nach vorn reichende Primitivrinne successive aufgebraucht,
- bis auf ihren hinteren, vorläufig noch sehr deutlichen Teil, welcher
als kurze, enge, meist mediane und gerade Rinne bestehen bleibt.
Nach hinten verbreitert sich die Primitivrinne der Fig. 9 und 10
sehr schnell zu der schon im vorigen Kapitel besprochenen Einkerbung
des hinteren Embryonalrandes, die von der Metastomrinne herrührt.
In diesem Rest der Metastomrinne beginnt ein dreieckiger, weißer
Wulst aus der Tiefe hervorzutreten, der sich allmählich bis zum
Niveau der Primitivplatte erhebt. Anfangs ist er an seiner Oberfläche
noch überall durch schmale Furchen von den Seitenlippen der Meta-
stomrinne getrennt. Später schwinden hinten diese Trennungsfurchen.
18 Theodor Viefhaus,
Bei dem Embryo der Fig. 11 haben sich diese Vorgänge einge-
leitet. Dort ist hinten der interlabiale Wulst von den Seitenlippen
kaum abzugrenzen. Die ursprünglich schon engen Trennungsfurchen
sind jetzt ganz linienhaft geworden. Sie stellen den letzten Rest
der früheren Metastomrinne dar und stoßen an dem Hinterende der
da
a
ITG GGG Nm
N a IE —
; ee
Textfig 3.
Primitivrinne zusammen. So entsteht auf der Oberfläche das charak-
teristische Bild der kurzen, an ihrem hinteren Ende sich gabelnden
Primitivrinne, deren Gabeläste den dreieckigen interlabialen Höcker
umschließen, ein Bild, welches diese Stadien noch deutlich zeigen,
welches aber, wie wir weiter unten sehen werden, sehr bald an
Deutlichkeit verlieren und selbst ganz schwinden kann.
In der Fig. 12 sind auch im Flächenbilde neben der Primitivrinne
Die Entwicklung der Ringelnatter (Tropidonotus natrix Boie).- 79
die Epithelwülste sichtbar, die früheren Seitenlippen der Metastomrinne,
durch deren Vordringen zur Mittellinie hin und durch ihre dort er-
folgende Verschmelzung die linienhafte Primitivrinne entstanden
ist. Diese labialen Epithelwülste reichen über das Hinterende der
Primitivrinne hinaus. Sie differenzieren sich hier beständig aus dem
Primitivepithel heraus, wachsen mehr und mehr medianwärts gegen-
einander vor, stoßen unter Rinnenbildung zusammen und regenerieren
hier hinten so stets die Primitivrinne, die dadurch nach hinten hin
an Länge zunimmt. Die Stelle dieser beständigen Regeneration der
Primitivrinne liegt jedesmal da, wo sie in die Gabelung eintritt.
Die Gabeläste grenzen demnach die Epithelwülste der Seitenlippen
von dem interlabialen Wulst ab, der stets aus Ectoblastem bzw.
Blastem besteht, wie uns die betreffenden Querschnitte noch zeigen
werden.
Bei der Kreuzotter hat BarrLowırz gleiche Befunde gemacht!.
Er kennzeichnet dort die Gabelfurchen, die noch nicht Primitivrinne
sind, als »Grenzfurchen« und den interlabialen Wulst als Zwischen-
höcker, welche Bezeichnungen im folgenden auch für die Ringelnatter
übernommen werden sollen.
In den Fig. 11 und 12 führt die Primitivrinne ebenfalls kontinuier-
lich in die Medullarfurche über, in den Fig. 15 und 14 erscheint sie
von der letzteren abgesetzt. Auf dem Embryo der Fig. 14 trat die
Primitivrinne übrigens so schwach in die Erscheinung, daß sie nur
bei günstigster Beleuchtung und bestimmter Schrägstellung des Prä-
parates sichtbar wurde.
Ein merkwürdiger Befund wurde hinsichtlich der Primitivrinne
an dem Embryo der Fig. 15 gemacht, wo sie im Flächenbilde voll-
ständig vermißt wird. Der Primitivhöcker an der Unterseite ist wie
gewöhnlich vorhanden. Wir sehen in der Figur die Verbreiterung
und Verflachung des Hinterendes der Medullarfurche und dahinter,
mitten auf dem Primitivhöcker, die beiden Grenzfurchen. Letztere
sind hier sogar sehr deutlich ausgebildet und vereinigen sich vorn
ganz in der gewöhnlichen Weise. Diese winzige Stelle ist die ganze
Primitivrinne dieses Stadiums, von der also hier nur das hinterste
Ende zu konstatieren ist. Die Grenzfurchen umschließen einen
Zwischenhöcker, der bei diesem Embryo sich sehr auffallend von der
mehr gelblich getärbten Umgebung abhebt.
Bei dem Embryo der Fig. 18 fehlen im Flächenbilde außer der
1 ].e.
1610 | Theodor Viefhaus,
Primitivrinne auch die Grenzfurchen. Auch zeigt hier die Primitiv-
platte eine etwas abweichende Gestalt, indem ihr Hinterrand etwas
nach vorn eingebogen ist.
In den Fig. 16 und 17 erscheint die Primitivrinne als gerade
aber durchaus nicht so sehr enge Fortsetzung der Medullarfurche.
In der Fig. 16 gehen beide Rinnen ebenfalls wieder so allmählich
ineinander über, daß sich im Flächenbilde eine Grenze zwischen
beiden nicht erkennen läßt. An ihrem hinteren Ende setzt sich die
Primitivrinne hier in zwei etwas breite, kurze Gabeläste fort.
Abweichend von diesem Stadium war an dem Embryo der Fig. 17
die Übergangsstelle zwischen Medullarfurche und Primitivrinne leicht
festzustellen, indem bei scharfer Einstellung das Hinterende der Me-
dullarfurche eine kurze Gabelung aufweist. Aus dieser Gabelung ragt
etwas nach links extramedian die gerade, ziemlich lange Primitiv-
rinne nach hinten, wo sie ihrerseits ohne die geringste Spur einer
Gabelung abschließt.
Die Unterseiten der Embryonen boten in allen wesentlichen
Punkten annähernd dasselbe Bild. In den Fig. 12a und 14a habe
ich zwei besonders charakteristische Unterseiten abgebildet, die
zu den Oberflächenbildern 12 bzw. 14 gehören. Wir sehen in den
beiden Figuren, daß sich der Vorderrand der Gehirnhöckerplatte
nach unten gesenkt und schon beträchtlich vorgewulstet hat. In
der Fig. 12a tritt er dem Oberflächenbilde entsprechend dreiteilig, in
der Fig. 14 als einfacher sichelförmiger Bogenwulst in die Erscheinung.
Diese Gehirnwülste beginnen jetzt, sich etwas nach hinten über eine
Einsenkung überzubiegen, die der flachen Delle der Oberseite entspricht.
In der Fig. 12a erscheint die Einsenkung als großes, annähernd herz-
förmiges Feld, in der Fig. 14a ist sie halbmondförmig und führt nischen-
artig etwas unter den Gehirnwulst nach vorn. Diese Nische muß als
erste Anlage der Kopfdarmhöhle angesprochen werden.
Von dieser Einsenkung aus durchzieht, wie auf der Oberseite
die Medullarfurche, so auch hier eine flache Furche die Embryonal-
anlage bis an den Primitivhöcker. Letzterer ist überall mächtig ent-
wickelt und zeigt sich bald vollkommen halbkugelig, bald als ovaler
Querwulst (Fig. 14a). Von dem Primitivhöcker aus ragt der Chorda-
wulst in der Medianlinie der Furche kontinuierlich nach vorn, manch-
mal als scharf abgesetzter, schnurgerader Streifen, meistens aber
weniger scharf begrenzt.
Entodermzellmassen sind bei dieser Gruppe nur noch spärlich
der Unterseite aufgelagert. Sie erscheinen als unregelmäßige Zell-
Die Entwicklung der Ringelnatter (Tropidonotus natrix Boie). 81
massen, die schon bei Betrachtung der Oberseite durchscheinend
sichtbar waren.
Die Erklärung dieser Befunde im Flächenbilde bringt das Studium
der Serien, dessen Resultate nachstehend folgen sollen. Dabei glaubte
ich mich auf die eingehende und ganz durchgeführte Beschreibung
der zu den Fig. 10, 12, 13, 14, 15 und 17 gehörenden Querschnitts-
serien beschränken zu können. Aus den übrigen Serien werde ich
hauptsächlich nur die Schnitte durch die wichtigere Primitivregion
eingehender berücksichtigen und im übrigen nur auf eventuelle Ab-
weichungen von den ausführlicher beschriebenen Serien hinweisen.
Die Untersuchung der Querschnittsserie des Embryos der Fig. 10
ergab folgende Befunde.
Die Schnitte! unmittelbar vor dem Embryo zeigen in der Mitte
zwei annähernd gleich entwickelte, dicht aneinander liegende, dünne,
ebene Schichten, das Eetoderm und Entoderm. Ganz lateralwärts
treten auch schon die vacuolisierten Mesoblastblätter auf. Der erste
Schnitt, der den Vorderrand des Embryos trifft, ist dadurch charakte-
risiert, daß sich die beiden Schichten in der Mitte verdieken und
nach unten einbiegen, und zwar ist bei den ersten drei Schnitten
das Entoderm am stärksten verdickt. Auf dem vierten Schnitt sind
beide Schichten wieder in gleicher Stärke entwickelt, und auf den
folgenden schwillt das Ectoderm bedeutend stärker an. Sieben
Schnitte hindurch kann man deutlich die drei Wülste des Vorder-
randes unterscheiden. Auf dem dann folgenden Schnitt wird das
Eetoderm schon als dieke, überall gleich starke Platte sichtbar, in
der Mitte durch die jetzt auftretende chordale Entodermverdickung
minimal nach oben gedrückt. Die seitlichen Mesoblastblätter, jetzt
einen massiven Querschnitt aufweisend, rücken mehr und mehr an
die chordale Entodermverdiekung heran, erreichen sie nach weiteren
sechs Schnitten und legen sich fest daran an. Doch ist die Chorda-
anlage auf den nächsten sieben Schnitten durch ihre dichtere Struk-
tur und ihre infolgedessen intensivere Färbung noch deutlich vom
Mesoderm abzugrenzen. Aber in den folgenden Schnitten gehen
Chordaanlage und Mesoblast völlig ineinander über. Es hängen hier
also in der Mitte Entoderm, Chorda und Mesoderm ohne Grenze zu-
sammen. Das Eetoderm zeigt auf diesen Schnitten deutliche, hohe
Cylinderzellstreifung. Dieses Bild erhält sich auf 21 Schnitten, welche
1 Die Schnitte werden bei der Besprechung in der Richtung von vorn
nach hinten gezählt.
Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Ba. 6
82 Theodor Viefhaus,
teils durch die Gegend unmittelbar vor der Medullarfurche, teils schon
durch ihr vorderes Ende gehen.
Die folgenden Schnitte trafen die Medullarfurche und zeigen
demgemäß in der Mitte eine merkliche Einsenkung, welche infolge
des mächtigen Anschwellens der lateralen Mesodermblätter und des
Emporwölbens der Medullarwülste noch vertieft wird. Dabei bleibt
die Chorda, welche die Mesodermblätter verbindet, vorerst noch
schmal. Nach sechs Schnitten jedoch beginnt sie sich von dem
Mesoblast abzuspalten und einen mehr rundlichen Querschnitt an-
zunehmen. Neun Schnitte weiter hat sie sich auch vom Entoderm
losgelöst, welches sich dann als kontinuierliche Schicht unter der
ganzen Anlage hinzieht. Sie ist einschichtig und besteht aus Platten-
. zellen. Die Chorda erhält sich auf acht Schnitten isoliert. Auf
den dann folgenden Schnitten tritt sie mit dem Mesoderm und fast
gleichzeitig auch mit dem Entoderm in Verbindung. Einen Schnitt
weiter hängt sie auch mit dem Ectoderm zusammen. Es ist dieses
der Schnitt durch die Stelle, wo sich die Chorda aus dem Primitiv-
blastem beständig differenziert.
In den nächsten Schnitten verschmelzen die drei Keimblätter
auch weiter lateralwärts miteinander zum Primitivblastem des
Primitivhöckers. Seine obere Schicht weist deutliche, hohe Cylinder-
zellen auf, die kontinuierlich in die tieferen Lagen übergehen. Das
Primitivblastem wulstet sich nach unten als ein großer halbkugeliger
Höcker vor; auf der Oberseite hebt es sich plattenförmig als » Primitiv-
platte« von der Keimhaut ab. | |
Die Primitivrinne ist vor dem Zwischenhöcker auf sieben Schnitten
als enge, etwas tiefere Einkerbung sichtbar; in den mittleren Schnitten
erreicht sie ihre größte Tiefe.
Dann schließen sich fünf Schnitte an, auf welchen die vordere
Spitze des Zwischenhöckers als ein die Rinne fast ganz ausfüllender
Wulst sichtbar wird. Letzterer geht aus dem Blastem hervor, mit
welchem er auch auf allen Schnitten in kontinuierlichem Zusammen-
hang bleibt. Schon auf dem sechsten Schnitt hinter der vordersten
Spitze des Zwischenhöckers erscheint die Oberfläche des Primitiv-
höckers völlig glatt und eben. In den hintersten Schnitten verliert
er allmählich an Ausdehnung und das Entoderm löst sich bald von
ihm ab. Ä
Auf den Schnitten durch den Primitivhöcker des Embryos der 8
Fig. 11 erscheint die Rinne spaltförmig und besonders hinten tief
einschneidend. In ihrer Tiefe liegen wieder ganz minimale Detritus-
y
Die Entwicklung der Ringelnatter (Tropidonotus natrix Boie). 83
bröckehen, die von herausgepreßten Eetoblastemzellen herrühren.
Im vorderen Teil der Rinne fehlen sie. Sie führen zu dem Schluß,
daß infolge des Vorwachsens der Seitenlippen zur Mittellinie an
dieser Stelle noch leichte Kompressionen stattfinden. An der rechten
Seite ist der die Primitivrinne lippenartig begrenzende Epithelwulst
getroffen. Er besteht aus hohen Cylinderzellen und setzt sich durch
eine flache Furche vom lateralen Epithel ab. Außerdem sind seine
Zellen dichtgedrängt, und deshalb erscheint sein Gewebe intensiver
gefärbt als das mehr laterale Epithel. Dasselbe ist auf der andern
Seite der Rinne der Fall, wo der Epithelwulst nicht durch eine
Furche von den lateralen Partien abgesetzt ist. Durch seine inten-
sivere Färbung wird er aber auch hier auf dem Querschnitt unter-
scheidbar.
Diese tiefe Primitivrinne erhält sich sieben Schnitte hindurch.
Auf den nächsten wird sie breiter, entsprechend der klaffenden
Gabelungsstelle des Oberflächenbildes. Nach zwei weiteren Schnitten
wurde in der Tiefe der Rinne schon die Spitze des Zwischenhöckers
getroffen. Sie liest etwas extramedian und steht fast überall in
festem Zusammenhang mit dem Blastemgewebe. Auf den vier fol-
senden Schnitten nimmt der Zwischenhöcker schnell an Masse zu,
so daß er die Rinne beinahe bis oben hin ausfüllt. Dabei bleiben
die beiden Grenzfurchen ziemlich tief erhalten. Nach weiteren
‚drei Schnitten hat der Zwischenhöcker vollständig das Niveau der
lateralen Partien erreicht. Von den Grenzfurchen ist dann keine
Spur mehr sichtbar.
Der ganze Primitivhöcker besteht aus indifferentem Blastem.
Nur lateral ist das Eetoderm abgespalten. Das Entoderm beginnt
erst in den hintersten Schnitten sich von der Seite her abzulösen.
Schließlich bestätigen die Schnitte durch den Primitivhöcker
noch, daß sich derselbe auf der Oberseite merklich plattenartig über
die Keimhaut erhebt, was auch bei Untersuchung der Oberflächen-
ansicht festgestellt wurde.
Auf den Schnitten vor dem Primitivhöcker spaltet sich zunächst
das Eetoderm und dann auch das Entoderm in der Mitte ab. Zu-
gleich beginnt sich die Chorda mehr und mehr abzutrennen, so daß
sie auf dem zwölften Schnitt vor dem Primitivhöcker einen runden,
von den Nachbargeweben allseitig isolierten Querschnitt aufweist.
An den. Schnitten durch die vordere Partie des Embryos der
Fig. 12 ist die ansehnliche Verdiekung und Emporwulstung des mitt-
leren Vorderrandwulstes auffällig, während die seitlichen noch ziemlich
| er
84 | Theodor Viefhaus,
flach liegen. Der ganze mittlere Teil des Schnittes ist mesoblastfrei.
Erst weit seitlich treten vacuolisierte Mesoblastmassen auf, die dem
Eetoderm dicht anliegen. Das Entoderm ist in der Mitte ebenfalls
verdickt, wodurch das darüber befindliche Eetoderm etwas nach oben
gebuchtet wird. In den folgenden Schnitten werden die Mesoblast-
massen immer mehr zur Mitte vorgeschoben, wobei ihre langen
Spitzen massiv geworden sind. Sie weichen auch bald vom Eeto-
derm ab, um sich an das Entoderm bzw. seine mediane Verdickung
anzulehnen. Letztere konzentriert sich mehr zur Mittellinie und tritt
sehr bald als Chordaanlage in die Erscheinung. Der mittlere Ecto-
dermhöcker hat sich nach den Seiten hin allmählich unter Abflachung
ausgebreitet. Zugleich sind die lateralen Randwülste mehr empor-
gewachsen, so dab eine sehr breite, dieke, überall gleich starke
Ectodermplatte entstanden ist, deren Oberfläche fast völlig eben liegt,
und die sich beinahe senkrecht von der Keimhaut absetzt.
Die dellenförmige Einsenkung der Unterseite (vgl. Fig. 12a auf
Taf. V) dokumentiert sich auf den Schnitten sehr deutlich, indem
die ganze mittlere Partie bedeutend nach oben gebogen ist, wogegen
die äußeren seitlichen Ränder sich nach unten wulsten. Hervor-
gerufen werden diese lateralen Randwülste — und dadurch weichen
sie von den vorderen Randwülsten ab — durch die an dieser Stelle
sehr dicken Mesoblastblätter.
Die dann folgenden Schnitte gehen durch die Medullarfurche.
Die Eetodermpiatte hat sich jetzt in der Mitte sanft eingesenkt und
wird allmählich dünner, so daß sie sich später nur noch wenig über
die Keimhaut erhebt. Die Chorda steht sowohl mit dem Entoderm
als auch mit den lateralen Mesoblastblättern in Zusammenhang.
Weiter nach hinten setzt sich die Chorda ringsherum von den
Nachbargeweben ab, bis nach sechs Schnitten die Stelle getroffen
wird, wo sich die Primitivorgane aus dem Primitivblastem heraus-
differenzieren. Die Chorda ist jetzt nur vom Entoderm abgesetzt,
während sie mit dem Meso- und Ectoderm vollständig in Zusammen-
hang steht. Doch kann man die Chorda infolge der Struktur ihres
Gewebes deutlich unterscheiden. Zahlreiche Mitosen sorgen für reich-
liche Zuführung von neuem Zellmaterial.
Die nächsten Schnitte gehen durch die Primitivrinne, und zwar
ist sie auf neun Schnitten sichtbar, von denen der mittelste in der
Textfig. 24 wiedergegeben wird. Dieser Schnitt hat die tiefste Stelle.
der Primitivrinne getroffen, die demnach bei diesem Embryo sehr
flach ist. In der Rinne haben sich an dieser Stelle einige bei der
Die Entwicklung der Ringelnatter (Tropidonotus natrix Boie). 85
Behandlung abgebröckelte Dotterstückchen und sonstige kleine Kör-
perchen angesammelt, die mit vom Embryo abgestoßenem Zellen-
detritus nichts zu tun haben.
In der Wandung der Primitivrinne konnte überall die hohe, senk-
rechte Epithelstreifung beobachtet werden, die kontinuierlich in das
Blastem übergeht. Die Cylinderzellen sind dicht zusammengedrängt;
daher erscheint die Epithelschicht intensiver gefärbt. Labiale Epithel-
wülste neben der Primitivrinne treten nur sehr minimal hervor.
Die Primitivplatte hebt sich unter Bildung deutlicher Seitenfurchen
von der Keimhaut ab.
Die Gabelung der Primitivrinne konnte auf acht Schnitten ver-
folgt werden (Metastomrinne). Die Textfig. 25 bringt den zweiten
Schnitt durch den Zwischenhöcker zur Darstellung. Wir sehen den
letzteren sich sanft erheben und durch flache Grenzfurchen ein-
geschlossen. Detritus war hier nicht mehr zu konstatieren.
Auf den hintersten Schritten endlich sind Grenzfurchen und
Zwischenhöcker ganz geschwunden, so daß die Oberfläche des Blastems
(Eetoblastem) völlig eben liegt.
Die ersten Schnitte der Serie des Embryos 13 trafen die Pro-
amniosfalte. Sie weisen nur eine dünnere Ecto- und Entodermschicht
auf. Der mittlere Höcker der Gehirnplatte ist auf drei Schnitten allein
‚getroffen. Weiterhin werden auch die seitlichen Vorderrandwülste
sichtbar, in denen die vacuolisierten dieken Mesoblastblätter in die
Erscheinung treten, während die Mitte des Schnittes sich frei vom
Mesoblast hält. Nach weiteren vier Schnitten zeigt sich die halb-
mondförmige Einsenkung der Unterseite, und nach abermals vier
Schnitten beginnt die chordale Entodermverdickung aufzutreten. Da-
bei wachsen die lateralen Mesodermblätter mit jetzt massiven Spitzen
an das Chordaentoderm heran. Zugleich hat sich, wie bei dem Embryo
der Fig. 12, eine dicke, breite Eetodermplatte mit ebener Oberfläche
gebildet. Dieses Bild erhält sich auf sechs Schnitten. Dann folgen
etwa sieben Schnitte durch die dellenförmige Abflachung der Ober-
seite. Auf den nächsten Schnitten sind die Mesoblastblätter mit dem
Chordaentoderm verschmolzen, wobei das ganze Eetoderm sowie das
laterale Entoderm abgespalten bleibt. Nach 23 Schnitten wird die
Chorda platter und trennt sich zunächst von den dicken Mesoblast-
Hügeln, etwas später auch von dem Entoderm. 17 Schnitte später
wird die eigentliche schmale Medullarfurche getroffen. Die Chorda
hat allmählich einen mehr rundlichen Querschnitt angenommen und
ist auf keinem Schnitt vollständig vom Ento- und Mesoderm
86 Theodor Viefhaus,
abzutrennen. Die Randpartien der Chorda, sowie die medialen und
oberen Ränder der Mesoblastflügel treten wieder dichter gedrängt
und intensiver gefärbt hervor. In den letzten drei Schnitten vor dem
Primitivhöcker hängt die Chorda mit allen drei Keimblättern zu-
sammen; doch kann sie noch leicht abgegrenzt werden, während sie
sich weiter nach hinten in dem Primitivblastem verliert.
Die Primitivrinne ist auf zehn Schnitten zu verfolgen. Der
Schnitt «a der Textfig. 3 geht durch ihre tiefste Stelle etwas hinter
der Mitte. Sie senkt sich nicht tief in das Blastem ein. Von
diesem Schnitt an zeigt sich das einschichtige Entoderm vollständig
von dem Primitivblastem (Eetoblastem) abgespalten. Epithelwülste
treten neben der Rinne nicht besonders hervor, doch ist auf dem
sanzen Höcker eine dieke Epithelschicht von dem Blastem zu unter-
scheiden, die aus hohen und dichter zusammengedrängten Cylinder-
zellen besteht. Die Primitivplatte erhebt sich merklich über die
Keimhaut, was bei dem Schnitt der Textfig. 35, dem zweiten durch
die Grenzfurchen, besonders deutlich wird. Dieser Schnitt hat auch
die Spitze des Zwischenhöckers getroffen, der hier vorn an der linken
Wand der Rinne mit dem Eetoblastem zusammenhängt, während er
an der andern Seite durch einen Spalt davon getrennt ist. Nach
weiteren drei Schnitten ist dieser enge Spalt geschwunden, wie die
Textfig. 3c zeigt. Auf diesem Schnitt hat der Zwischenhöcker das
Niveau des lateralen Epithels erreicht, die Grenzfurchen liegen flach.
Bemerkenswert sind an diesen letzten Schnitten noch die tiefen seitlichen
Furchen, mit denen sich die Primitivplatte von der Keimhautabsetzt.
In den ersten Schnitten durch das mesoblastfreie Proamniosfeld
vor dem Embryo der Fig. 14 sieht man in der Mitte das lang-
. gestreckte Eeto- und Entoderm als zwei annähernd gleich starke,
fast ganz gerade Schichten, die erst ganz allmählich lateralwärts von
den mit großen Vacuolen durchsetzten Mesoblastblättern auseinander
sedrängt werden. |
Die folgenden vier Schnitte gehören der queren Einsenkungs-
furche unmittelbar vor dem Vorderrande . des Embryos an. Sie
charakterisieren sich dadurch, daß die beiden Keimschichten in der
Mitte merklich nach unten gebogen sind, wobei sie die gleiche Stärke
bewahrt haben.
Der nächste Schnitt traf als erster den äußersten Vorderrand
des eigentlichen Embryos. Das Eetoderm zeigt eine mediale Ver- _
diekung nach oben, die auf den nächsten Schnitten seitwärts an
Ausdehnung gewinnt.
Die Entwicklung der Ringelnatter (Tropidonotus natrix Boie). 87
Zwei Schnitte weiter verdiekt sich auch das Entoderm beträcht-
lieh nach unten, entsprechend dem gegen den Dotter vorgewulsteten
Vorderrande, auf den schon bei Besprechung des Unterseitenbildes
hingewiesen wurde. Die Entodermverdiekung nimmt auf fünf Schnitten
beträchtlich zu, um auf dem dann folgenden ganz unvermittelt zu
schwinden. Dieser Schnitt ist der erste durch die Nische der Unter-
seite (vgl. Fig. 14a auf Taf. VD). Das Entoderm zeigt sich hier
wieder als gleichmäßig einzellige Schicht, die in der Mitte nach
oben an die dieke Ectodermplatte herangebogen ist. Dieses ild
ändert sich auf den nächsten vier Schnitten nur insofern, als die
lateralen Mesoblastblätter mehr und mehr medianwärts vorwachsen
Weiterhin beginnt die chordale Entodermverdiekung aufzutreten
die nach zehn Schnitten ihr Maximum erreicht. Zugleich haben sich
dann die Mesoblastblätter mit ihren medialen Rändern an die chor-
dale Entodermverdiekung angelegt, so daß jetzt in der Mitte Ento-
derm, Chordaanlage und Mesoblast ohne Grenzen ineinander über-
sehen. Nur ganz seitlich erscheint das Entoderm vom Mesoderm
abgelöst. Das Eetoderm zeigt sich im Gegensatz zu den früheren
Schnitten in der Mitte muldenartig eingesenkt. Dieses Bild erhält
sich durch etwa 16 Schnitte hindurch, die der Einsenkung der Ge-
hirnhöckerplatte angehören.
Die sich nun anschließenden Schnitte durch die Medullarfurche
weisen eine schmälere Einbuchtung der Eetodermplatte auf. Das
Entoderm beginnt sich von der Seite her mehr und mehr abzulösen,
nach acht Schnitten hängt es nur noch in der Mitte mit der Chorda
zusammen. Die lateralen Mesodermblätter schwellen auf diesen
Schnitten beträchtlich an. Die Chorda verbindet sie vorerst noch als
eine schmale Leiste. Nach weiteren drei Schnitten sind auch Chorda
und Mesoblast vollständig voneinander getrennt. Nachdem sich im
Verlaufe der nächsten vier Schnitte auch das Entoderm von der Chorda
gelöst hat, kommt ein Schnittbild mit rings isoliertem, länglichem
Chordaquerschnitt zustande, ein Bild, das sich auf neun Schnitten
erhält. Weiterhin ist die Chorda wieder mit dem Entoderm und nach
weiteren neun Schnitten mit dem Mesoderm verwachsen. Dabei wird
die Chorda zu einem dieken, rundlichen Wulst, der sich einen Schnitt
später wieder vom Nachbargewebe loszulösen beginnt. Vollständig
abgespalten erscheint er nur auf zwei Schnitten, sonst hängt er mehr
oder weniger mit den Mesodermblättern und dem Entoderm zu-
sammen.
Diese Schnitte trafen noch alle die Medullarfurche; die folgenden
88 Theodor Viefhaus,
gchen durch ihr verbreitertes hinteres Ende, welches nur sehr schwer
als ganz flache Einsenkung zu konstatieren ist. Entoderm, Chorda
und Mesoderm gehen ineinander über, so daß nach weiteren vier
Schnitten nur zwei getrennte Schichten bestehen: oben das dicke,
mit Epithelstreifung versehene Eetoderm und darunter eine Ento-
blastemschicht. Letztere tritt einen Schnitt später in der Mitte mit
dem Ectoderm in Verbindung. Es ist dieses der erste Schnitt, der
den Primitivhöcker vorn streift.
Die folgenden sieben Schnitte lassen deutlich die Einkerbung
der Primitivrinne erkennen, welche auf diesem Embryo sehr flach ist.
Der ganze, ziemlich stark nach unten gewölbte Primitivhöcker be-
steht aus BPemitiehlastenn, dessen obere Lage eine Deu
Epithelstreifung aufweist.
In den hintersten Schnitten nimmt das Primitivblastem allmäh-
lich ab; das einschichtige Entoderm trennt sich von ihm.
Auf den vordersten Schnitten durch den Embryo der Fig. 15
fällt die mediale Ectodermverdickung auf, die sich als mächtiger
Wulst nach oben erhebt. In den folgenden Schnitten erscheint sie
oben immer breiter seitwärts übergewachsen und zugleich in der Mitte
von unten her ausgehöhlt. In die dadurch entstandene tiefe Ein-
buchtung des Eetoderms erstreckt sich die ansehnliche mediane
Entodermverdickung. Weiterhin schreitet die Eetodermverdiekung
mehr lateralwärts fort, so daß nach elf Schnitten das Eetoderm eine
dieke, ziemlich ebene Platte bildet.
Die Entodermverdiekung ist schon einige Schnitte vorher ge-
schwunden. In den folgenden Schnitten tritt sie wieder auf, jetzt
als charakteristische Chordaanlage, an welche die Mesoblastblätter
mehr und mehr heranrücken. Nach weiteren zehn Schnitten haben
letztere jene erreicht und sind damit verschmolzen. Dieses Bild er-
hält sich acht Schnitte hindurch. Auf dem nächsten ist das Ento-
derm von der Chordaanlage abgespalten. Letztere bleibt aber mit
den Mesoblastwülsten zunächst noch in Verbindung. Erst auf dem
achtzehnten Schnitte weiter nach hinten ist sie auf der linken Seite
und in dem nächsten Schnitte auch auf der andern Seite vom Meso-
blast abgelöst. Sie zeigt dann auf 16 Schnitten einen mehr oder
weniger länglich-rechteckigen Querschnitt.
Weiterhin wird die Chorda allmählich dieker und nimmt einen
sechseckigen Querschnitt an; sie bleibt dabei auf den folgenden zwölf
Schnitten vollständig isoliert, um einen Schnitt weiter mit dem Ecto-
derm und Entoderm und auf dem nächsten Schnitte auch mit dem
Die Entwicklung der Ringelnatter (Tropidonotus natrix Boie). 89
Mesoderm in Verbindung zu treten. Der letztere Schnitt geht durch
die Stelle unmittelbar vor dem Primitivhöcker, wo sich die Chorda
aus dem Primitivblastem herausdifferenziert. Dieser Schnitt traf die
Oberfläche des Embryos in dem hintersten Ende der Medullarfurche,
kurz vor ihrer Verbreiterung.
Die Grenzfurchen, die nach sieben Schnitten getroffen werden,
sind nur als minimale Einsenkungen sichtbar, obwohl sie sich im
Oberflächenbilde scharf markierten und der Zwischenhöcker zwischen
ihnen leuchtend weiß hervortrat. Mit Sicherheit lassen sich die
Grenzfurchen auf sechs ‚Schnitten feststellen.
Auf den dann folgenden letzten Schnitten durch den Embryo ist
die Oberfläche des Höckers völlig eben. Das Primitivblastem ver-
liert nach und nach an Masse.
Die Primitivrinne des Embryos der Fig. 16 auf Taf. VI verur-
sacht auf zehn Schnitten einen ziemlich breiten und tiefen Einschnitt,
in welchem von außen eingeschwemmte Dotterstückchen liegen (kein
Zelldetritus). Man sieht den mächtig nach unten gewulsteten Höcker
aus Primitivblastem, dessen obere Schicht wie gewöhnlich die hohe,
senkrechte Epithelstreifung zeigt. Die Chorda ist bei diesem Embryo
auf keinem Sehnitte ganz ringsherum isoliert. Auffällig erscheint die
lockere Struktur des inneren Gewebes der Chorda und .der Mesoblast-
flügel. Im übrigen unterscheiden sich die Schnitte durch die Medullar-
furche und die Gehirnhöckerplatte dieses Embryos nicht wesentlich
von den entsprechenden Schnitten durch den Embryo der Fig. 13.
Der erste Schnitt, der den Embryo der Fig. 17 vorn traf, ist
dadurch charakterisiert, daß sich die beiden Schichten in der Mitte
etwas nach unten gebogen zeigen und das Eetoderm anfängt, sich zu
verdicken. Die Eetodermverdickung tritt bei diesem Embryo ganz
extramedian und unregelmäßig auf. Auf dem vierten Schnitte beginnt
das Entoderm ebenfalls in der Mitte anzuschwellen. Auf den folgen-
den Schnitten nehmen sowohl die chordale Entodermverdickung als
auch die Ectodermverdiekung an Ausdehnung zu. Letztere breitet
sich mehr lateralwärts aus.
Auf den folgenden Schnitten durch die vordere breitere Hälfte
der Medullarfurche stehen in der Mitte Mesoblast, Chorda und Ento-
blast in Zusammenhang und zwar durch 14 Schnitte hindurch.
Einen Schnitt weiter löst sich zunächst das Entoderm von der
Chorda ab, und auf dem nächsten Sehnitte ist letztere ringsherum
vom Nachbargewebe getrennt. Sie zeigt einen länglichen Querschnitt.
In der Mitte weist sie lockeres, fast ganz homogenes, wenig gefärbtes
90 43 Theodor Viefhaus.
Gewebe auf. Letzteres tritt in den beiden Mesoblastblättern in noch
auffälligerer Weise in die Erscheinung. Dieses Bild erhält sieh ohne
wesentliche Abweichungen in etwa 20 Schnitten durch die hintere
engere Partie der Medullarfurche. Nur nimmt die Chorda zuletzt
einen mehr rundlichen und größeren Querschnitt an.
In den folgenden Schnitten steht die Chorda streekenweise mit
dem Nachbargewebe wieder in Zusammenhang. Es ist dort die
Stelle unmittelbar vor dem Primitivhöcker getroffen, wo die Medullar-
furche sich infolge des Auseinanderweichens der Medullarwülste ver-
breitert hat.
Die Primitivrinne dieses Embryos ist mäßig tief und kann im
ganzen auf 19 Schnitten mit Sicherheit konstatiert werden. Nach
hinten hin wird sie allmählich flacher und breiter. Hier unter ihrem
flachen Hinterende besitzt der Primitivhöcker die stärkste Ausbildung.
In den Schnitten hinter der Primitivrinne, zwölf an der Zahl, ist der
Entoblast auf seiner ganzen Ausdehnung vom Primitivblastem gelöst.
Bei dem Embryo der Fig. 18 auf Taf. VI weisen die 24 Quer-
schnitte durch den Primitivhöcker ein ziemlich schmales Blastem-
gewebe auf. Eine Primitivrinne fehlt darauf gänzlich. Auf dem
achten Schnitte vor dem Primitivhöcker ist das Eetoderm überall als
dicke Platte abgespalten. Alsbald wird die flache Einsenkung der
Medullarrinne sichtbar. Sechs Schnitte weiter nach vorn ist die
Chorda von den Mesoblastblättern völlig abgetrennt; sie hängt nur
noch locker mit dem Entoderm zusammen, von welchem sie sich erst
nach zwölf Schnitten absetzt. Dabei zeigt die Chorda überall einen
platten, gestreckten Querschnitt.
In den Schnitten dureh den vorderen Teil dieses Embryos wieder-
holen sich die schon oben besprochenen Erscheinungen.
Ü. Zusammenfassung. der Ergebnisse und Vergleich mit den Be-
funden bei andern Reptilien.
Der Kuprrersche Kanal und damit das ursprüngliche Prostom
schließt sich bei der Ringelnatter sehr früh, wenn die Embryonen
sich noch im Stadium der Falterform befinden. Der Verschluß er-
folgt so vollständig, daß in der Regel weder in den Schnitten noch
im Flächenbilde eine Spur des Prostoms oder des KuprFeErschen
Kanals erkennbar ist. Auf der Oberseite läßt sich die Stelle des
ursprünglichen Urmundes anfangs noch daran feststellen, daß die
Vorderlippe als ganz schmale und schwache Leiste unterscheidbar
Die Entwieklung der Ringelnatter (Tropidonotus natrix Boie). 91
bleibt. Dieses Stadium, auf welchem sich das ursprünglich tiefe
Prostom zu einer sanften Einsenkung abgeflacht hat, besitzt aber
jedenfalls nur eine kurze Dauer. Bald entsteht an dieser Urmund-
stelle wieder eine tiefere Einsenkung, indem sich die Seitenlippen
bzw. Seitenhöcker merklich emporwulsten und zugleich bis zu einem
bestimmten Grade medianwärts vorwachsen. Die so entstehende Rinne
ist wesentlich schmäler als das ursprüngliche Prostom und fällt hinter
dem Hinterrande der Vorderlippe in die Tiefe, ohne, und das ist zu
betonen, jemals auf der Unterseite zu perforieren. Nur bei zwei Em-
bryonen, Fig. 3 und 4, verlief die Rinne etwas schräg nach vorn
unter die Vorderlippe, letztere etwas emporhebend. Auch hier kann
von einem Kanal keine Rede sein, es ist nur eine breite Tasche oder
ganz flache Nische entstanden. Nach hinten rücken die Seitenlippen
weit auseinander. Dadurch entsteht zwischen ihnen eine breite Rinne,
die sich von hinten nach vorn verengt und vertieft. Diese Metastom-
rinne führt zur tiefsten Stelle unter den hinteren Vorderlippenrand
hinab.
In der Medianlinie der Metastomrinne erhebt sich bei allen diesen
Embryonen eine mehr oder minder plastisch hervortretende, oft ziem-
lich lange Metastomleiste, die aus Eetoblastemgewebe besteht. Von
der Vorderlippe ist die Leiste durch die Metastomeinsenkung getrennt.
Auch befinden sich zwischen den Seitenlippen und der Metastom-
leiste meistens breitere Furchen. Daß bei diesen Bildungen im ein-
zelnen Abweichungen vorkommen, haben die obigen Ausführungen
sezeigt und lehrt ein Blick auf die Tafelfiguren.
Während heute die embryonale Entwicklung der Reptilien auch
bezüglich der frühen Stadien bei verschiedenen Vertretern dieser
Klasse eingehend untersucht ist (vgl. unten die Literaturangabe), sind
bei diesen Untersuchungen merkwürdigerweise die obigem Metastom-
stadium entsprechenden Stadien direkt nach erfolgter Perforation des
Urdarmes, wo die Bildung der Primitivrinne sich einleitet, wenig be-
kannt geworden. Es hat das wohl seinen Grund darin, daß diese
Übergangsstadien, wie schon früher erwähnt wurde, nur von kurzer
Dauer sind und deshalb sehr selten und schwer beschafft werden
können. Die schon mehrfach zitierte Entwicklungsgeschichte der
Kreuzotter von BaLLowırz ist das einzige Werk, in welchem auf
diese Stadien näher eingegangen wird.
Vergleicht man das Metastom der Ringelnatter mit den Befunden,
welche BarLowıitz bei entsprechenden Stadien der Kreuzotter fest-
stellt, so ergeben sich einige Unterschiede.
92 Fl Theodor Viefhaus,
Bei der Kreuzotter hat sich der Kuprrersche Kanal oft noch
nieht geschlossen, er wird zwar immer kürzer und schmäler, aber
»schließlich kann aus ihm hinter der Vorderlippe ein einfacher, kurzer,
lochartig direkt von oben nach unten führender Gang hervorgehen,
welcher im vordersten Teil der Metastomrinne gelegen ist und die
Kommunikation des Subgerminalraumes mit der Keimoberfläche auf-
recht erhält«<!. Somit besteht also bei der Kreuzotter noch nach
Ausbildung des typischen Metastomstadiums auf der Unterseite eine
Perforationsöffnung des Urdarmes, ein eigentliches »Metastom«, aller-
dings nicht bei allen Embryonen.
Die Ausprägung dieser Verhältnisse wurde bei der Ringelnatter
vermißt. Ebenfalls. war eine »sekundäre Metastomrinne« 2 nicht zu
beobachten. Ferner sind: bei der Ringelnatter, wie bereits bei Be-
sprechung der betreffenden Serien erwähnt wurde, die Epithelwülste
im Flächenbilde nicht merklich abgesetzt; jedenfalls aber »springen
sie nieht lippenartig aus der Fläche vor« !, wie es bei der Kreuz-
otter der Fall ist. Meistens sind die Epithelwülste nur auf den
Querschnitten nachzuweisen. Sie bestehen aus hohem Cylinderepithel,
das sich auch in die Seitenwandung der Rinne nach unten umbiegt.
Die Zellen sind an dieser Stelle dicht gedrängt, und dadurch er-
scheinen die Seitenlippen auf dem Querschnitt intensiver gefärbt, so
daß sie sich auf diese Weise von dem Ectoblastem etwas abheben.
Die ganze Metastomrinne ist bei der Ringelnatter breit, bei der
Kreuzotter dagegen auffallend eng, so eng, daß die Metastomleiste
fest darin eingeklemmt und oft förmlich zusammengepreßt wird. Die
Enge der Metastomrinne ist dadurch bedingt, daß die Seitenlippen
und die lateralwärts davon liegenden Eetoblastemwülste das Bestreben
zeigen, energisch zur Medianlinie zu wachsen. Dabei scheint die
srößte Energie von den hintersten Enden der Seitenflügel entwickelt
zu werden, denn das hintere Ende der Metastomrinne zeigt sich
überall am stärksten und am ersten eingeengt. Dadurch wird hier
die Metastomleiste, wenn sie lang genug ist. und über das hintere
Ende der eigentlichen Embryonalanlage hinausragt, merklich ein-
geschnürt, bisweilen sogar von der Seite her etwas überwachsen. Ist
die Metastomleiste kürzer, dann wachsen die Enden der Seitenflügel
hinten bis auf eine ganz schmale Spaltrinne zur Medianlinie vor,
während die vorderen Partien der Seitenhöcker durch die Metastom-
rinne noch auseinander gehalten werden, hier eine kurze Leiste,
! BALLowıtz, Kreuzotter. ]. ce. S. 124. ? Daselbst S. 123.
Die Entwicklung der Ringelnatter (Tropidonotus natrix Boie). 93
einen »Metastompfropf«, allseitig fest umschließend. Einen solehen
Metastompfropf konnte ich bei der Ringelnatter auf keinem einzigen
Stadium feststellen, stets fand sich hier eine lange, meistens hinten
aus der Metastomrinne herausragende Leiste. Der Umstand, daß die
breitere Leiste überall frei in der Rinne liegt und von den Seiten-
lippen meist durch einen ziemlich weiten Raum getrennt bleibt, läßt
erkennen, dal hier ein so intensives medianwärts gerichtetes Vor-
drängen der Seitenhöcker — wenigstens ihrer oberen Schichten —
nicht, oder doch nur bis zu einem gewissen Grade in Tätigkeit ge-
treten ist.
Radiäre Streifungen, die an dem hinteren Embryonalende der
Ringelnatter auf den Metastomstadien häufig sind und die Metastom-
rinne bisweilen mit einem zierlichen Strahlenkranze umgeben (Fig. 3
und 4 auf Taf. IV), fehlen bei der Kreuzotter vollständig. Über Be-
schaffenheit dieser Streifungen siehe oben S. Off. und 76. Hier sei
nur noch hervorgehoben, daß das Vorrücken dieser Streifenwülste
zur Mitte und nach vorn hin infolge eines in die Metastomeinsenkung
weisenden Druckes hier im vorderen Teile der Metastomrinne stärkere
Kompressionen hervorrufen muß. Daher erscheint auf den Stadien
mit den charakteristischen Streifungen die Metastomleiste — besonders
‚ihre vordere Partie — mehr emporgepreßt. Weiter nach hinten, wo
die Kompressionen naturgemäß nicht so stark sind, bleibt auch die
Leiste niedriger. Wenn diese Streifenwülste ihre Hauptaufgabe erfüllt
haben, die wohl darin besteht, schnell und reichlich Bildungsmaterjal
zur ersten Anlage der Primitivorgane besonders durch Ansammlung
von Primitivblastem herbeizuführen, so tritt naturgemäß ein Nach-
lassen der Kompressionen ein, und die Metastomleiste scheint dann
— zum Teil wenigstens — nach und nach wieder in das Blastem
zurückzusinken.
Diese charakteristische Streifung, die BALLowITz schon bei den
früheren Falterstadien der Ringelnatter! zuerst in ihren Anfängen
beobachtet hat, ist meines Wissens bei andern Reptilien noch nicht
festgestellt worden.
Wırr! bildet einige den Metastomstadien der Ringelnatter ent-
sprechende Stadien des Gecko ab, bei welchen der ganze Blastoporus
eine der Metastomrinne der Ringelnatter sehr ähnliche Gestaltung
aufweist. Wırı faßt diese Rinne als noch nicht ganz vollendete
Primitivrinne auf, deren Boden von einem »Entodermpfropf« gebildet
23]...
94 Theodor Viefhaus,
wird. Er bemerkt dann weiterhin, daß auch bei Cistudo lutaria
»der Entodermpfropf wie beim Gecko und den Amphibien den größten
Teil des Blastoporus verstopft<« 1.
Vorher hat WıLr ebenfalls schon festgestellt, daß sich auch beim
Gecko der Urmund und der Küprrersche Kanal nach erfolgter Per-
foration bald wieder schließt.
Auch von der Ringelnatter berichtet WıLL, daß sich der Ur-
mund früh schließt; nähere Mitteilungen hat dieser Autor darüber
aber nicht gemacht.
Bei ZLacerta ist das nach den Untersuchungen von STRAHL?
nicht der Fall, sondern bei diesem Reptil geht der Kuprrersche
Kanal direkt in den Canalis neurentericus über, ohne sich vorher
sanz geschlossen zu haben.
Für Hatteria gilt nach SCHAUINSLAND? dasselbe.
Nach Verschluß der Metastomrinne verschmälern sich die Em-
bryonen der Ringelnatter, wie ich fand, sehr bald und nehmen jetzt
im allgemeinen plastischere Formen an, indem sich an ihrem Vorder-
rande die Gehirnhöcker vorwulsten und an ihrem Hinterende ein
ansehnlicher Primitivhöcker zur Ausbildung kommt. Der Primitiv-
höcker tritt auf der Unterseite meist halbkugelig hervor, auf der Ober-
seite liegt er flach oder doch nur wenig gewölbt und ist somit mehr
als Primitivplatte ausgeprägt. Auf ihm verläuft die schmale Primi-
tivrinne; sie steht anfangs mit der Rückenfurche in Kommunikation,
später ist sie isoliert. Hinten zeigt die Primitivrinne regelmäßig
eine charakteristische Gabelung, die Grenzfurchen, welche zwischen
sich einen dreieckigen, interlabialen Zwischenhöcker fassen.
Vorn differenzieren sich aus dem Primitivblastem die Primitiv-
organe, wobei sich das Blastem hinten beständig regeneriert. Bei
der Kreuzotter findet derselbe Prozeß statt: »Von diesem Primitiv-
blastem wachsen nun beständig die Primitivorgane und zwar das
später zum Medullarepithel werdende Ectoderm, Chorda und seitliche
Mesoblastplatten nach vorn bzw. lateralwärts vor. Untersucht man
in den Querschnittserien der Stadien vor Ausbildung der Medullar-
rinne die vordere Grenze des Primitivblastems, so findet man hier
regelmäßig die oberflächliche epitheliale Schicht des Primitivblastems
in direktem, breitem Zusammenhang mit der Chorda und den seit-
lichen Mesoblastplatten. An dieser Stelle differenzieren sich diese
1 ].c. Zoolog. Jahrbücher, Bd. IV. S. 543.
2. 3€;
Die Entwicklung der Ringelnatter (Tropidonotus natrix Boie). 05
Organe aus dem Primitivblastem heraus, vor dieser Stelle sind sie
voneinander getrennt!.« |
Auch die andern Verhältnisse in bezug auf die Primitivrinne
und den Primitivhöcker sind bei der Kreuzotter im wesentlichen
sanz dieselben. Allerdings fehlt auf der Oberseite des Primitiv-
höckers, wie ja auch schon bei den vorhergehenden Metastomstadien,
jegliche Spur der charakteristischen Streifung, die bei der Ringel-
natter auch nach Ausbildung der Primitivrinne meist erhalten bleibt.
Doch tritt diese Radiärstreifung jetzt nicht mehr in der früheren
Ausdehnung auf, sie ist fast durchweg nur auf die äußeren Rand-
partien des Höckers beschränkt, wo sie oft noch sehr deutlich beob-
achtet werden kann, ein Zeichen, daß immer noch Kompressionen
zur Primitivrinne hin und Zellstauchungen stattfinden.
Auf der Oberseite setzen sich die lateralen Ränder der Primitivplatte
häufig sehr scharf von der Keimhaut ab, so daß hier im Oberflächen-
bilde tiefe Schatten liegen. In diesen Fällen sind auf den Quer-
schnitten oft tiefe Seitenfurchen sichtbar, in denen sich der laterale
Rand der Primitivhöckerplatte schräg nach unten zur Mitte des Höckers
einsenkt, wie es die Textfig. 2a, 35 und besonders 3c illustrieren.
Bezüglich der Proamniosfalte und der Gehirnhöckerplatte, sowie
der Medullarrinne, welche sich auf diesen Stadien zu bilden beginnen,
treten von den Befunden, welche BarLowırz bei entsprechenden
Stadien der Kreuzotter macht, keine wesentlichen Unterschiede zutage.
Beim Gecko sind die Stadien mit der ersten Anlage der Primitiv-
rinne noch ziemlich breit, wie aus den Abbildungen WırLıs hervor-
geht. Die Primitivrinne liest auf einem deutlichen Primitivstreifen
und erscheint als eine etwas extramediane, manchmal auch gebogene
Spaltrinne, die eine Gabelung nicht besitzt. Dagegen hebt WırL
ausdrücklich hervor, daß sich die Rückenfurche vor der Spitze des
Primitivstreifens in zwei etwas asymmetrische Schenkel gabelt?.
Eine Kommunikation zwischen Rücken- bzw. Medullarfurche und
Primitivrinne besteht anscheinend beim Gecko nicht. Ebenfalls werden
auch stets radiäre Streifungen des Hinterendes vermißt.
Bei Zacerta agilis tritt nach Kuprrer? die Proamniosfalte sehr
früh auf. Bereits auf den Stadien, wo sich das Prostom zu ver-
engen beginnt, biegt sich der Vorderrand der Gehirnhöckerplatte
unterhalb der Proamniosfalte in die Tiefe gegen den Dotter.
1 BALLoWwITz, Kreuzotter, 1. e. S. 147.
2 L. Wırr, 1. ce. Zoolog. Jahrbücher Bd. VI. 1895. S. 154.
a
96 Theodor Viefhaus,
STRAHL! bringt etwas spätere Stadien von Lucerta agilis zur
Darstellung, auf denen sich vorn die niedrige Amniosfalte gebildet
hat, an welche die Medullarwülste heranreichen. An ihrem hinteren
Ende besitzt die enge Medullarrinne eine scharfe Gabelung, welche
»die aus zwei Flügeln bestehende Eingangsöffnung des Kanals« dar-
stellt. Auf der Unterseite tritt die Mündungsöffnung dieses neuren-
terischen Kanals als »tiefe Nische« deutlich in die Erscheinung.
Mit bezug auf den Primitivhöcker bemerkt STRAHL: »Man kann
den Primitivstreifen als indifferentes Material ansehen, aus dessen
Zellen heraus sich beliebige Teile des späteren Embryonalkörpers
entwickeln können ?.<
Bei der Blindschleiche fand BALLowırz? ebenfalls die Proamnios-
falte früher als bei Tropidonotus entwickelt. Sie tritt schon auf,
wenn der Blastoporus noch offen ist. Letzterer zeigt auf der Ober-
seite dieser Stadien eine punktförmige, einem Nadelstich ähnliche
Öffnung. An zwei Embryonen stellte BALLOWITZ zwei symmetrisch
geschwungene, von dieser Öffnung nach hinten divergierende Haken-
schenkel fest, die ein keilförmiges Feld zwischen sich schlossen.
Auf zwei andern Embryonen ging von dem punktförmigen Urmund
nur ein einziger kurzer, linearer Spalt aus. Letzterer lag in der
Medianlinie und besaß eine beträchtlichere Tiefe als die Haken-
schenkel. Auf der Unterseite dieser Stadien war die Perforations-
öffnung des Urdarmes noch sichtbar. Die drei Abteilungen im vor-
deren Teile der Embryonalanlage werden bei der Blindschleiche
vermißt. Auch von der Radiärstreifung ist keine Spur vorhanden.
Nach Mırsurur1? wird bei entsprechenden Stadien von Chelonia,
Trionyx und Clemmys, die schon eine enge Medullarrinne sowie die
Proamniosfalte ausgebildet haben, der Primitivhöcker, welcher die
Gestalt eines dicken Knopfes zeigt, noch schräg von dem Kanal
durehbohrt. Die obere Öffnung desselben erscheint meist U-förmig
gekrümmt. Die nach hinten gerichteten Schenkel fassen den Dotter-
pfropf (»Yolk-plug«) zwischen sich. Letzterer wird einerseits
durch die gegeneinander wachsenden hinteren Enden der Medullar-
wülste etwas nach hinten abgedrängt, anderseits wandert er auch
! STRAHL, Beiträge zur Entwicklung von Lacerta agelks. Archiv f. Anat.
u. Phys., Anat. Abt. 1882.
2]. c. Arch. f. Anat. u. Phys., Anat. Abt. 1882. S. 258.
3 BaALLowıtz, Die Gastrulation bei der Blindschleiche (Angwzs a
teil 1.0]. €:
ne
Die Entwicklung der Ringelnatter (Tropidonotus natrix Boie). 97
selbständig nach hinten. Dabei hinterläßt er eine anfangs kurze,
später mit dem weiteren Abweichen des Dotterpfropfes länger wer-
dende, mediane Vertiefung, die »Primitive-groove<«. Dieselbe ver-
bindet also die Medullarrinne mit der U-förmigen, den Dotterpfropf
umschließenden Einsenkung. Der Dotterpfropf verliert späterhin
‚seine Bedeutung. Er wird nicht vom hinteren Körperende auf-
genommen, sondern kommt als belangloses Stück dahinter zu liegen.
Bei Triony& fehlt eine derartige Primitive-groove.
Diese Befunde Mrrsururıs bei Chelonia konnte SCHAUINSLAND!
bei Hatteria im wesentlichen bestätigen.
Zum Schlusse habe ich eine Pflicht der Dankbarkeit zu erfüllen.
Es sei mir an dieser Stelle gestattet, meinem hochverehrten Lehrer,
Herrn Prof. Dr. BALLoOwITZ, für seinen freundlichen Rat und seine
stets bereitwillige Hilfe bei Fertigstellung der vorliegenden Arbeit
meinen aufrichtigsten Dank auszusprechen.
Münster i. W., im Juli 1906.
Verzeichnis der benutzten Literatur,
H. STRAHL, Über den Canalis myeloentericus der Eidechse. Marburger Sitzungs-
ber. 1880.
—— Beiträge zur Entwicklung von Lacerta agilis. Archiv f. Anatomie und
Physiologie, Anat. Abt. 1882.
C. KUPFFER, Die Gastrulation an den meroblastischen Eiern der Wirbeltiere
und die Bedeutung des Primitivstreifs. Arch. f. Anat. u. Phys., Anat.
Abt. 1882.
C. K. Horrmann, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Reptilien. Diese Zeit-
schrift, Bd. XL. 1884.
—— Weitere Untersuchungen zur Entwicklungsgeschichte der Reptilien.
Morphol. Jahrbuch. Bd. XI. 1886.
U. GERHARDT, Die Keimblattbildung bei Tropidonotus natrix. Mit einem Vor-
wort von OscAR HERTwIG. Anat. Anz. Bd. XX. Nr. 10/11. 26. Nov.
1901.
L. Wırt, Zur Entwicklungsgeschichte des Geckos. Biolog. Centralbl. Bd. X.
1890—91.
—— Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Reptilien. 1. Die Anlage der
Keimblätter beim Gecko (Platydactylus facetanus Schreib.). Zoolog.
Jahrb., Abt. f. Anat. u. Ontog. Bd. VI, 1893.
—- Über die Verhältnisse des Urdarms und des Canalis neurenterieus bei
der Ringelnatter (Tropidonotus natrix). Biolog. Centralbl., Bd. XIX, 1899,
Pe:
Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. 7
98 | Theodor Viefhaus,
MEHNERT, Gastrulation und Keimblattbildung der Emys lutaria taurica. Mor-
pholog. Arbeiten von SCHWALBE. Bd. I. 1892.
K. MıTsuKkurı, On the Processus of Gastrulation in Cheionia. Journal of the
College of Seience, Imperial University Japan. Vol. VI. 1832.
—— On the Fate of the Blastopore, the Relations of the Primitive Streak
and the Formation of the Posterior End of the Embryo in Chelonia,
together with Remarks on the Nature of Meroblastie Ova in Verte-
brates. Journal of the College of Seience, Imperial University, Tokyo,
Japan. Vol. X. 1896.
SCHAUINSLAND, Zur Entwicklung von Hatteria. Sitzungsber. d. Akad. d. Wis-
sensch., Berlin, Math. phys. Klasse 1898.
—— Beiträge zur Biologie und Entwicklung der Hatteria nebst Bemerkungen
über die Entwicklung der Sauropsiden. Anat. Anz., Bd. XV. Nr. 17/18
1899.
E. BALLowITz, Die Gastrulation bei der Ringelnatter (Tropidonotus natrix
Boie) bis zum Auftreten der Falterform der Embryonalanlage. Diese
Zeitschr. Bd. LXX. Nr. 4. 1901.
—— Urmundbilder im Prostomstadium des Blastoporus bei der Ringelnatter.
‘Arch. f. Anat. u. Physiol., Anat. Abt., 1902.
—— Die Entwicklungsgeschichte der Kreuzotter (Pelias berus Merr.). Teil I,
Jena 1903.
—— Die Gastrulation bei der Blindschleiche (Anguis fragilis L.). Teil I. Die
Gastrulationserscheinungen im Flächenbild. Diese Zeitschr. Bd. LXXXII.
Siehe auch Morpholog. Arbeiten aus dem anatomischen und zootomi-
schen Institut der Königlichen Universität Münster. Hft. I. 1905.
Erklärung der Abbildungen.
Vorbemerkung.
Die Flächenbilder wurden nach ungefärbten Präparaten der Ringelnatter
angefertigt. Nur der Embryo der Fig. 4 war vor der Herstellung des Flächen-
bildes mit Boraxkarmin gefärbt. Die Embryonen lagen in Alkohol auf dunkler
Unterlage und wurden bei Lupenvergrößerung in auffallendem Lichte gezeichnet.
Dabei mußten sie mit einem feinen Pinsel in verschiedene bestimmte Schräg-
stellungen gebracht werden, um alle Einzelheiten und die oft sehr zarte Plastik
festhalten zu können. »Da nur vom Ei abgelöste Keimhäute zum Abzeichnen
benutzt wurden, so kombinieren sich in den Zeichnungen die durch das Ober-
flächenrelief gegebenen Schattierungen etwas mit dem bei der Transparenz des
Objektes durch die Dickendifferenzen bedingten Bilde des Embryos. Das gilt
auch besonders für die dieken, der Unterseite der Keimhaut angelagerten Ento-
dermzellstränge, welche als weißliche, durchschimmernde Massen in den Bildern
der Keimoberfläche mit angegeben wurden!.«
In allen Flächenbildern sind die Embryonen auf den Tafeln vertikal, das
Hinterende nach unten gerichtet, dargestellt.
Die Vergrößerung der Figuren ist ungefähr eine 20fache; die Fig. 1 ist
etwas kleiner geraten.
1 BALLOWITZ, Ringelnatter, 1. c., 8. 730.
Die Entwicklung der Ringelnatter (Tropidonotus natrix Boie). 99
Die Fig. 1, 3, 4 und 7 der Taf. IV wurden von Zeichnern, alle übrigen von
mir gezeichnet und von Herrn Prof. Dr. BALLOWITZ revidiert.
Tafel IV.
Fig. 1. Unmittelbar an die Falterform anschließendes Stadium. Vorderlippe
noch ungeteilt.
Fig. 2. Die Vorderlippe ist von einer engen, extramedianen Verbindungs-
furche durchtrennt, an die sich eine kurze Primitivrinne und dann eine breite
Metastomrinne anschließt.
Fig. 2a. Unterseite zu 2. Am Hinterende zwei getrennte Höcker, zwischen
denen die Chorda ansetzt. Vorn sind Entodermzellmassen aufgelagert.
Fig. 3 und 4. Plastische Radiärstreifungen am Hinterende mit weißem
Längswulst in der Metastomrinne. Die Enden der Vorderlippe gehen in die
Streifung über.
Fig. 5 und 6. Die Radiärstreifung fehlt. Flache, breite Rückenfurche.
Fig. 7. Vorderlippe nicht mehr zu erkennen. Es besteht eine lange etwas
extramediane Primitivrinne.
Tafel V.
Fig. 8. Letzter ee der ersten Gruppe. Lange, schnurgerade Primitiv-
rinne.
Fig. 8a. Unterseite zu Fig. 8. Unpaarer, querovaler Primitivhöcker.
Fig. 9—12. Die Primitivrinne in Kommunikation mit der schmalen Medullar-
furche. In den Fig. 9 und 10 ist eine Grenze zwischen Medullarfurche und
Primitivrinne nicht festzustellen. In Fig. 12 ist die Primitivrinne linear. An
ihrem hinteren Ende die charakteristische Gabelung, die Grenzfurchen, welche
den keilförmigen Zwischenhöcker umfaßt.
Fig. 12a. Unterseite zu Fig. 12. Der Primitivhöcker halbkugelie vorgewölbt.
Vorn die Gehirnhöcker sehr deutlich ausgeprägt.
Fig. 15. Neben dem hinteren Teile der Medullarrinne erheben sich deutliche
Medullarwülste.e Der Vorderrand der Gehirnhöckerplatte senkt sich in einer
Querfurche in die Tiefe. Davor die Proamnionfalte.
Tafel VI.
Fig. 14. Die Primitivrinne ist flach und schwer zu sehen. Vorn eine
sichelförmige Proamnionfalte.
Fig. 14a. Unterseite zu Fig. 14. Primitivhöcker queroval. Kopfdarm-
nische angelegt.
Fig. 15. Die Primitivrinne fehlt bis auf die Gabelung. Die Medullarfurche
ist eng und tiefer, begleitet von deutlichen Medullarwülsten. Vorn eine niedrige
Proamnionfalte.
Fig. 16. Die Primitivrinne schließt sich unmittelbar an das Hinterende
der Medullarfurche an.
Fig. 17. Die Medullarfurche endigt mit einer kurzen Gabelung, aus welcher
eine gerade Primitivrinne nach hinten ragt, die ohne Gabelung bleibt.
Fig. 18. Die Primitivrinne wird vermißt. :Ganze Anlage sehr flach.
=]
Dendrogaster arborescens und Dendrogaster ludwigi,
zwei entoparasitische Ascothoraciden.
Von
Otto le Roi.
(Aus dem zoologischen und vergleichend-anatomischen Institut in Bonn.)
Mit Tafel VII und VII.
Nach der von KnıpowItschH (1892) vertretenen Auffassung zer-
fallen die Cirripedien in zwei Hauptgruppen, deren eine die Ascothora-
ciden bilden, während der andeın alle übrigen Rankenfüßler in einer
nach WELTNER (1897) bereits 52 Gattungen mit etwa 330 ae
aufweisenden Anzahl angehören.
Die Gruppe der Ascothoraciden wurde 1880 von DE LAcAzE-
DuTHIers (1880) aufgestellt und enthielt bisher nur vier Genera mit
je einer Art, nämlich Zaura gerardiae de Lacaze-Duthiers (1880, 1883),
Petrarca bathyactidis Fowler (1890), Synagoga mira Norman (1887)
und Dendrogaster astericola Knipowitsch (1891, 1892).
Bei seinen Untersuchungen an Echinodermen entdeckte Herr Geh.R.
Prof. Dr. Lupwıs im Laufe der Zeit eine Reihe von entoparasitischen
Organismen, welche den Ascothoraciden nahezustehen scheinen. Ich
fühle mich gedrungen, Herrn Geh. R. Prof. Dr. Lupwige für seine große
Liebenswürdigkeit, mit der er mir dieses interessante und wertvolle
Material zur Bearbeitung überlassen hat, herzlichst zu danken.
Als erste Frucht meiner Untersuchungen der fraglichen Parasiten
gebe ich nachfolgend die ausführlichere Beschreibung zweier der
Gattung Dendrogaster angehörenden neuen Arten, welche ich im ver-
gangenen Jahre in einer vorläufigen Mitteilung! benannt habe. |
Herrn Prof. Dr. W. Voigt, der mir bei dieser Arbeit in freund-
lichster Weise mit Rat und Tat zur Seite stand, statte ich hiermit
meinen lebhaften Dank ab.
! Siehe Literaturverzeichnis am Schlusse der Abhandlung.
Dendrogaster arborescens und Dendrogaster ludwigi usw. 101
I. Dendrogaster arborescens le Roi.
1. Allgemeines und äußere Beschreibung.
Zur Untersuchung lag mir nur ein Exemplar dieser Art vor,
welches als Entoparasit in der Leibeshöhle eines von der deutschen
»Valdivia«-Expedition vor Kapstadt, unter 33° 41’ südl. Breite, 18°
östl. Länge in einer Tiefe von 178 m gesammelten Dipsacaster
sladeni Alcock gefunden wurde. Das Aussehen des Seesternes ließ
in keiner Weise auf die Anwesenheit eines Schmarotzers in seinem
Innern schließen.
Die nach einer Photographie hergestellte Fig. 1, Taf. VII liefert
ein anschauliches Bild von der äußeren Gestalt des freigelegten Para-
siten und von seiner Lagerung in dem Wirtstiere.. An dem dorso-
ventral abgeplatteten und im allgemeinen symmetrisch gebauten Tiere
ließen sich unschwer zwei Hauptteile unterscheiden, ein stumpf
endendes kegelförmiges Mittelstück, sowie zwei an dessen Basis
jederseits abzweigende reichverästelte Anhänge. Das kegelförmige
Mittelstück krümmte sich in seinem vorderen Drittel leicht nach auf-
wärts und besaß an der Abflachung seines Vorderendes eine infolge
der Krümmung des Teiles schräg nach oben gerichtete Spalte. Die
Basalteile der beiden Anhänge, die ich als »Hauptarme« bezeichne,
gabelten sich nach kurzem Verlaufe in je zwei Äste, einen oberen
und unteren »Nebenarm«, welche nach ihren Spitzen zu allmählich
an Stärke abnahmen. Mehrfach zeigten sie an den Stellen, an denen
größere Seitenäste abgingen, mehr oder weniger starke Einschnü-
rungen. Nach rechts und links sandten sie zahlreiche Seitenver-
zweigungen von wechselnder Länge aus, die ihrerseits wiederum
durchweg verschieden lange, öfters nochmals gefiederte lappenartige
Fortsätze trugen. Die Seitenäste waren meist um so kleiner, je
näher sie der Spitze der Nebenarme lagen. In der Regel entsprangen
sie von gegenüberliegenden Stellen der Nebenarme, die eine durch-
laufende Hauptachse darstellten, nicht selten aber ließen sie jede
Regelmäßigkeit in der Anordnung vermissen. Alle, auch die äußersten
Verästelungen, zeigten eine dorsoventrale Abflachung und waren in
einer Ebene angelegt, wenn sie auch durch Kontraktionen des Tieres
nach verschiedenen Richtungen abstanden.
Der Parasit besaß eine weißlichgelbe Farbe, dürfte aber im
Leben, wie dies von andern Ascothoraeiden bekannt ist, durch Pig-
102 | Otto le Roi,
ment lebhafter gefärbt sein. Spuren von Pigmentzellen waren bei
der histologischen Untersuchung der Gewebe nicht aufzufinden und
sind wohl durch das Konservierungsmittel, den Alkohol, ausgezogen
worden.
Allenthalben in den Verzweigungen schimmerten zahlreiche,
dunkler gelbgefärbte Eier durch die Mantelwände hindurch.
Die Länge des Mittelstücks betrug 9,5 mm. Die äußersten Enden
der beiden oberen Nebenarme waren 50 mm voneinander entfernt,
die Enden der unteren Nebenarme 56 mm. Da die Arme mannigfache
Krümmungen und Verkürzungen aufwiesen, ließen sich keine ge-
naueren Messungen vornehmen, sondern es war nur festzustellen, daß
sie nahezu die gleiche Länge besaßen.
Wie Fig. 1, Taf. VII zeigt, lag das mit seinem verjüngten Ende
dem Rande des Seesternes zugewendete Mittelstück in einem Inter-
radius des Dipsacaster, während sich die beiden oberen Nebenäste
eine Strecke weit in die benachbarten Arme des Seesterns hinein-
zogen. Die unteren Nebenäste ragten in die Leibeshöhle der Scheibe
hinein und legten sich zum Teil dem Darm des Wirtes an. Trotz
der verhältnismäßig ansehnlichen Größe des Schmarotzers erwiesen
sich die in dem betreffenden Interradius befindlichen Ovarien des
Seesterns, denen der Parasit aufgelagert war, als normal und nicht
verkümmert. Die Verzweigungen des Cirripeds waren vielfach um
vorspringende Skeletteile des Dipsacaster geschlungen. Bei dem
Herauspräparieren des Exemplars, das ohne besondere Schwierig-
keiten von statten ging, zeigte es sich, daß keinerlei innigere Ver-
bindungen zwischen Parasit und Wirt bestanden.
Auf der Oberfläche des Mittelstücks fand sich bei genauerer
Betrachtung ein unregelmäßiges Maschenwerk von feinen Furchen.
Von gleicher Beschaffenheit war die Oberfläche der kurzen Haupt-
arme. Auf den Nebenarmen ließen sich nur hier und da feine
parallele Furchen erkennen.
Bei der Untersuchung des einzigen mir zur Verfügung stehenden
Tieres verfuhr ich in der Weise, daß ich unmittelbar am Mittelstücke
behutsam die Hauptarme abtrenntee Das Mittelstück, sowie Teile
der Arme zerlegte ich nun in geeigneter Weise in Schnitte und ge-
wann aus diesen Schnittserien durch Flächenrekonstruktion ein Bild
vom inneren Bau des Schmarotzers. Da mir, wie gesagt, nur ein
Exemplar des Parasiten vorlag, konnte ich nicht alle Einzelheiten
eines Baues mit hinreichender Sicherheit ermitteln, vermochte aber
dennoch seine Organisation in den wesentlichsten Punkten festzustellen.
Dendrogaster arborescens und Dendrogaster ludwigi usw. 103
Auch eine Reihe histologischer Details ließen sich an dem in Alkohol
ziemlich gut konservierten Krebse erkennen.
Von Färbemitteln lieferte Hämatoxylin nach DELAFIELD in Ver-
bindung mit Orange G oder Eosin die besten Ergebnisse.
Bei der Rekonstruktion des Schmarotzers erkannte ich, daß er
dem von Knıpowırsc# (1891, 1892) ausführlich beschriebenen Dendro-
gaster astericola aus dem Weißen Meere nahesteht, der als Ento-
parasit in Echinaster sanguinolentus und Solaster endeca lebt. Ein
Vergleich dieser Art mit D. arborescens zeigt, daß beiden Tieren der
Grundplan des äußeren Baues gemeinsam ist. Kxırowırsch (1892)
unterscheidet bei D. asterzicola gleichfalls einen mittleren und zwei
seitliche Teile. Die Seitenteile weisen, wie diejenigen von D. arbores-
cens, wieder eine Gliederung auf in je einen Hauptarm, der sich in
zwei Teile gabeltl. Während aber diese Gabelung bei D. arborescens
sehr scharf ausgeprägt ist, tritt sie bei D. astericola weniger in Er-
scheinung. Die Seitenteile der letzteren Art besitzen nur eine wenig
tief einschneidende Gliederung in Lappen und zwar zerfallen die
beiden oberen Seitenteile in je drei Lappen, die beiden unteren in
je zwei Lappen. Bei D. arborescens ist im Gegensatz hierzu die
Gliederung bedeutend weiter fortgeschritten, wie ein Blick auf Fig. 1
und 2, Taf. VII lehrt. An Stelle der wenigen Hauptlappen der Seiten-
teile von D. astericola findet sich bei D. arborescens — wie oben ge-
schildert — eine große Zahl von kleinen, oft nochmals gefiederten
Ästehen, die von den ungeteilt verlaufenden Nebenarmen als Achsen
ausgehen. Hierdurch gewinnt die neue Art ein durchaus verschie-
denes, charakteristisches Aussehen, das ich durch den ihr verliehenen
Namen »arborescens« zum Ausdruck zu bringen versuchte.
Einen weiteren Unterschied der hier beschriebenen Art von D.
astericola bildet ihre Größe. Dem größten Längsdurchmesser von
10 mm und der größten Breite von 10—11 mm bei dem umfang-
reichsten geschlechtsreifen der fünf von KxIpowIrtsch untersuchten
Exemplare von D. astericola stehen bei D. arborescens als größte
Länge 41 mm, als größte Breite 56 mm gegenüber. Die Maße von
D. arborescens übertreffen also ganz bedeutend diejenigen von D.
astericola.
2. Innerer Bau des Tieres.
In seinem inneren Bau kommt D. arborescens in vielen Punkten
_ D. astericola nahe. Dennoch sehe ich mich veranlaßt, seine anatomi-
schen und histologischen Verhältnisse eingehend zu schildern, da die
104 Otto le Roi.
ausführliche Arbeit von KnıpowrtscH (189) über D. astericola in
russischer Sprache geschrieben und infolgedessen der Mehrzahl der
Zoologen unverständlich ist.
Dasjenige, was man bei der äußeren Betrachtung des Parasiten
sieht, ist nur sein Mantel, welcher durch Zusammenwachsen und be-
deutende Ausdehnung der weichgebliebenen Schalenklappen, die das
Tier in seinem cyprisartigen Jugendstadium besitzt, entstanden ist.
Der eigentliche Körper des Krebses liegt erst im Inneren des Mantels
und zwar nimmt er nur etwa das vordere Drittel des Mittelstücks
ein (Taf. VII, Fig. 3). Auf einem großen Teile seiner Rücken- und
Seitenflächen geht er in die Mantelwände über, in welche außerdem
vorzugsweise Verästelungen des Magens und der größte Teil der
Geschlechtsorgane eintreten.
Nach diesen kurzen orientierenden Bemerkungen gehe ich zur
senaueren Beschreibung des Tieres über.
A. Körpergestalt.
Der eigentliche Körper des Krebses, der nur einen im Verhältnis
recht kleinen Teil der gesamten Masse des Parasiten ausmacht, be-
findet sich also in der Mantelhöhle des vorderen Drittels des Mittel-
stücks (Taf. VII, Fig. 3). Von den drei Körperabschnitten Kopf, Thorax
und Abdomen ist nur der Kopfteil mit einiger Sicherheit abzugrenzen,
wenn auch er ohne abzusetzen mit dem Thorax verwachsen ist. Thorax
und Abdomen gehen ineinander über und besitzen zwar Einsen-
kungen, aber keine deutliche Gliederung, so daß sich die Zahl ihrer
Segmente nicht feststellen ließ, wenigstens nicht aus den mir vor-
liegenden Schnittserien. Kxıpowitsch (1892) vermochte bei D. aster:.-
cola gleichfalls keine deutliche Gliederung wahrzunehmen, nimmt
aber unter Berücksichtigung der Verhältnisse bei den jungen Tieren
wohl mit Recht an, daß der Thorax aus sechs und das Abdomen aus
vier Segmenten zusammengesetzt ist. Der hintere, kleinere Teil des
Körpers, der wahrscheinlich das Abdomen darstellt, ist umgeschlagen
und zieht sich parallel dem größeren übrigen Teile nach oben und
vorn bis annähernd an die Basis des Kopfkegels, wo er abgerundet
endet. Nur dieser letztere, sowie ein kleiner Endabschnitt des Ab-
domens liegen völlig frei in der Mantelhöhle. Der übrige Teil des
Körpers geht auf seiner Dorsalseite und großen Strecken der Seiten-
flächen in die Mantelwand über. Nach dem Ende des Abdomens zu
verschmälert er sich ziemlich rasch und ist in seiner ganzen Aus-
dehnung ein wenig seitlich zusammengedrückt. Füße oder Fußrudi-
Dendrogaster arborescens und Dendrogaster ludwigi usw, 105
mente fehlen gänzlich, wenigstens bei dem entwickelten weiblichen
Individuum, das hier besprochen wird. Die Länge des Körpers von
der Spitze des Kopfes bis zum Ende des Abdomens beträgt 6,2 mm.
B. Antennen.
Auf den Seiten des Kopfabschnittes etwa an der Stelle, wo der-
selbe in den Thorax übergeht, entspringt ein Paar kräftiger vier-
sliedriger Antennen von 0,72 mm Länge (Taf. VII, Fig. 4). Die
Höhe der einzelnen Glieder übertrifft ihre Breite um das 11/,- bis
2fache. Das erste oder Basalglied besitzt die größte Höhe und Breite.
Wenig kleiner ist das folgende Glied, während das dritte Glied nur
die halbe Höhe des Basalgliedes aufweist. Das letzte Glied erreicht
nur etwa ein Drittel der Höhe des ersten Gliedes. Die Antennen-
glieder nehmen demnach von der Basis bis zum Ende nach und nach
an Höhe ab, während wie bei den Antennen von D. astericola das
dritte Glied die größte Länge besitzt.
Das letzte Antennenglied von D. arborescens trägt auf seiner
Oberseite einen schwach sichelförmig gekrümmten Haken, der seine
Spitze nach hinten wendet und dessen Größe nahezu gleich der
halben Höhe des Gliedes ist. Vorn an der Basis dieses Hakens
erheben sich zwei kleine spitze Borsten, die nach vorn und schräg
nach oben gerichtet sind. Etwas unterhalb des Hakens trägt das
Glied an seiner Vorderseite einen dünnen, ziemlich großen Anhang,
der in halber Höhe zwei kleine, gerade nach vorn gewendete Borsten
aufweist. Von D. astericola beschreibt KnirowırscH (1892) gleich-
falls den Haken, sowie ein darunter entspringendes Anhängsel, hebt
aber hervor, daß sich bei den erwachsenen Tieren an den letzten
Antennengliedern keine Borsten vorfinden, im Gegensatz zu denjenigen
der Larven, bei welchen außer den soeben beschriebenen noch einige
weitere vorhanden sind. Da nun derartige Gebilde, wie diese kleinen
Stacheln auf Schnitten nur schwierig nachzuweisen und zu verfolgen
sind, liegt die Annahme nahe, daß auch die Antennen des ausge-
bildeten D. astericola mit Borsten versehen sind.
Alle Glieder sowie auch der sichelförmige Haken besitzen eine
starke Chitinbekleidung. Die Börstehen und das Anhängsel des
Terminalgliedes sind nur von einer dünnen Chitinschicht überzogen.
Die Glieder sind mit einer starken Muskulatur ausgerüstet, deren
Bau ich im wesentlichen auf den Schnittserien verfolgen konnte.
Das Endglied ist mit zwei Muskelfasern versehen, die sich mit einem
Ende vorn an der Basis des sichelförmigen Hakens befestigen, nahe
106 Otto le Roi,
nebeneinander verlaufen und eng zusammen in der Mitte des Hinter-
randes des gleichen Gliedes sich ansetzen. Diese zwei Muskelfasern
bewirken vermutlich eine Bewegung des Hakens nach vorn und
abwärts. Nach dem Vorgange KxıpowriscHhs (1892) bezeichne ich
dieselben als Flexoren (Aufbieger, Beuger), hingegen diejenigen Mus-
keln, welche die Antennenglieder aufwärts bewegen, als Extensoren
(Zusammenbieger, Strecker). Der Anhang des Terminalgliedes ent-
behrt der Muskulatur. Das dritte Glied besitzt zwei Muskeln. Be-
trachten wir den Verlauf derselben an der linken Antenne, so ergibt
sich, daß sich ein als Beuger aufzufassender Muskel unten an der
linken Außenseite des Hinterrandes des vierten Gliedes ansetzt, sich
in der linken Gliedhälfte in senkrechter Richtung fächerförmig auf-
fasert und mit den Enden dieser Fasern an den linken Hinterrand
des dritten Gliedes befestigt. Der zweite Muskel besitzt den gleichen
Bau, liegt aber in der rechten Hälfte des Gliedes und durchkreuzt
in seiner Richtung den erstbeschriebenen. Er funktioniert als Zu-
sammenbieger. Die beiden Muskeln des dritten Gliedes stellen, wie
die enstprechenden von D. astericola, die am meisten entwickelten
der ganzen Antenne dar. An der Außenseite des Hinterrandes des
dritten Gliedes befestigen sich drei Muskeln. Der untere derselben,
ein Flexor, zieht sich von der Mitte des Hinterrandes des dritten
Gliedes schräg nach hinten und setzt sich am Unterrande des zweiten
Gliedes an. Der zweite ist gleichfalls ein Beuger. Er beginnt etwas
oberhalb des letztgenannten, geht schräg nach abwärts durch das
zweite Glied hindurch und befestigt sich am Unterrande des ersten
Gliedes. In gleicher Höhe mit diesem Muskel setzt sich der dritte
am Hinterrande des dritten Gliedes an, erstreckt sich etwas nach
abwärts durch das zweite und erste Glied und verläuft weiter in
den Körper des Krebses. Vermutlich funktioniert er als Extensor.
Außer diesen Muskeln befindet sich im oberen hinteren Teil des dritten
Antennengliedes noch ein Paar Muskeln, über deren Verlauf und
Funktion die Präparate nicht hinreichenden Aufschluß gaben. Die
Bewegung des zweiten Gliedes geschieht durch einen Aufbieger,
welcher am unteren Teile des Hinterrandes des zweiten Gliedes be-
sinnt und sich mit seinem andern Ende neben dem Befestigungs-
punkt des zweiten Beugers des dritten Gliedes, also am unteren
Rande des Basalgliedes ansetzt. Außerdem sind noch zwei Zusammen-
bieger vorhanden, welche sich zu beiden Seiten am oberen Drittel
des Hinterrandes des zweiten Gliedes befestigen, in spitzem Winkel
zusammenlaufen und mit der Muskulatur des Mantels in Verbindung
Dendrogaster arboreseens und Dendrogaster ludwigi usw. 107
stehen. Das Basalglied entbehrt der eignen Muskulatur, ist also
unbeweglich.
Aus diesen Beschreibungen geht hervor, daß die gesamte
Antennenmuskulatur nur aus Flexoren und Extensoren besteht. Be-
rücksichtigt man in Verbindung hiermit den Umstand, daß von der
Basis nach der Spitze zu jedes Glied das folgende etwas von den
Seiten umgreift, so ergibt sich, daß bei D. arborescens nur eine Be-
wegung der Antennen auf- und abwärts stattfinden kann, eine Eigen-
tümlichkeit, welche von KnıpowrrscH (1892) auch bei D. astericola
nachgewiesen ist. |
Alle Muskeln der Antennen zeigen eine sehr deutliche Quer-
streifung. Die zugehörenden Kerne liegen ihnen auf, sind von läng-
liceh-ovaler Gestalt und messen 0,0112 mm. Sie werden wie alle
Zellkerne von D. arborescens von zahlreichen kleinen Körnchen an-
gefüllt. Die Matrix des Chitinbelags sowie das den übrigen Teil der
Antennen einnehmende Bindegewebe haben den gleichen Bau wie im
Körper des Tieres und werden auf S. 124 geschildert.
C. Mundwerkzeuge.
Am Kopfabschnitte lassen sich wie bei D. asterscola an Mund-
werkzeugen eine röhrenförmige Oberlippe und zwei Paar von dieser
- umschlossene spitz zulaufende Maxillen unterscheiden (Taf. VII, Fig. 5).
In ihrer Gesamtheit bilden dieselben den Mundkegel, dessen Höhe an
seiner Basis die Breite um das 1!/,fache übertrifft. Querschnitte
durch den Mundkegel sind in Fig. 6, Taf. VII, dargestellt.
Die Oberlippe ist nur in ihrem vorderen Teile röhrenförmig ver-
wachsen. Weiter nach hinten weichen ihre beiden, vorn verwachse-
nen Seitenlappen auseinander, ziehen sich an der Seite des Kopfes
etwas nach aufwärts und gehen an der Basis der Antennen in den
Körper über. Den von ihr umschlossenen Hohlraum bezeichne ich als
_»Vorraum« (H in Fig. 5 u. 6, au. b, Taf. VII). KnıpowrrschH (189)
hat dafür den Namen »Mundhöhle« angewendet, der leicht zu Iır-
tümern Anlaß geben kann, da doch der Hohlraum noch vor der
eigentlichen Mundöffnung gelegen ist. Der Vorraum steht sowohl
mit der Mantelhöhle als auch mit dem Oesophagus in Verbindung
(Taf. VII, Fig. 5). Der röhrenförmige Teil der Oberlippe besteht nur
aus einer dünnen Chitinschicht und läßt keine Matrixzellen erkennen
(Taf. VII, Fig. 60). Nach der Basis zu wird das Chitin dieker und
es zeigen sich deutlich die nahezu kubischen Zellen der Matrix, deren
Zellgrenzen nur unklar hervortreten. Der Basalteil der Oberlippe um-
108 a Otto le Roi,
gibt den Oesophagus mit seiner Muskulatur (Taf. VII, Fig. 6c u. d)
sowie Bindegewebe von gleichem Bau, wie dasjenige des übrigen
Körpers, welches auf S8.'124 beschrieben wird. Auf dem Querschnitte
bietet die Oberlippe das Bild eines Dreiecks, dessen eine Ecke nach
oben gewendet ist (Taf. VII, Fig. 6c u. d). Die beiden andern Ecken
weisen etwa von der Stelle an, wo die ersten Maxillen beginnen,
sehr starke Chitinverdiekungen auf. Diese bilden, indem sie sich
dort, wo die Seiten des eigentlichen Tierkörpers in den Mantel über-
sehen, in den Körper einsenken, zusammengedrückte Chitinröhren,
die als Ansatzpunkte für einen Teil der Oesophagus-Muskulatur und
den Musculus adductor scutorum dienen. Die »Chitinröhren« ver-
laufen ganz allmählich nach oben und der Mitte zu und enden nahe
beieinander am Rande des am weitesten vorgeschobenen Teils des
Magens, der unterhalb des den Endteil des Oesophagus einschließen-
den Zapfens (Taf. VII, Fig. 5 B) gelegen ist.
Die zweiten Maxillen werden, wie erwähnt, in ihrem Endteile
“von der Oberlippe rings umgeben und ragen nur mit ihren äußersten
Spitzen daraus hervor (Taf. VII, Fig. 5, 6a u. 5, Mx,). Durch das
Zurücktreten der Seitenlappen der Oberlippe liegen sie im folgenden
Abschnitte unbedeckt (Taf. VII, Fig. 6cu.d) und sind nach ihrer
Basis zu fast völlig frei. Augenscheinlich sind sie ursprünglich
getrennt angelegt, aber in entwickeltem Zustande auf den größten
Teil ihrer Länge hin miteinander verwachsen. Nur ihre Endspitzen
erscheinen unverschmolzen (Taf. VII, Fig. 6«). Als deutliches Zeichen
der Verwachsung befindet sich an der Ventralseite der zweiten
Maxillen in der Mittellinie bis auf etwa die halbe Länge hin eine
schmale, ziemlich tiefe Furche, welche mit einer starken Chitinlage
bedeckt ist (fr in Fig. 6 bu. e und 7, Taf. VII). Diese Chitin-
hülle weist eine Anzahl kleine Falten auf, die sich parallel der
Längsachse der Maxillen erstrecken (4 in Fig. 7, Taf. VI).
Auf etwa drei Viertel ihrer Länge sind die verschmolzenen zweiten
Maxillen mit der Oberlippe verwachsen und gehen wie diese ohne
erkennbare Grenze in den eigentlichen Krebskörper über. Fig. 6a —d
auf Taf. VII gibt ihre Gestalt auf Querschnitten wieder.
Die ersten Maxillen ziehen sich in Gestalt zweier Längsfalten zu
beiden Seiten der Basalteile der verschmolzenen zweiten Maxillen
unter langsamer Verschmälerung schräg nach oben und vorn und
ragen mit ihren kurzen freien Spitzen in den Grund des Vorraums
hinein (Mx, in Fig. 5 u. 65, Taf. VO). Sie sind also fast ihrer
ganzen Ausdehnung nach mit den zweiten Maxillen verwachsen,
Dendrogaster arborescens und Dendrogaster ludwigi usw. 109
Von den Seitenlappen der Oberlippe werden sie fast völlig bedeckt
und liegen nur an ihrer Basis frei (Taf. VII, Fig. 5, 65—d). Ihre
Länge beträgt 0,25 mm.
Etwa dort, wo der Vorraum in den Oesophagus übergeht, weist
das zweite Maxillenpaar eine ringförmig die Maxillen umgebende
Zone mit sehr dünnem Chitinbelag, ein Gelenkhäutchen, auf, so daß
sich an ihm ein Basal- und ein Terminalteil unterscheiden läßt. Die
Spitzen des Terminalteils sowie die Furche, welche die Verwachsungs-
stelle andeutet, sind von einer besonders dieken Chitinschicht bedeckt.
Ein gleiches gilt für die Mittellinie des Baäsalteils, die als Ansatz-
stelle von Muskeln dient. Die Chitinbekleidung der ersten Maxillen
ist nur schwach entwickelt.
Die Bewegung der Maxillen wird durch mehrere Muskeln voll-
zogen, deren Zahl und Verlauf auf Grund von Rekonstruktionen im
wesentlichen folgender it. Ein Paar Muskeln setzt sich gleich
oberhalb der Articulationsstelle am Unterrand des Terminalteils der
zweiten Maxillen an zwei nach innen vorspringenden Chitinverdickungen
an, zieht sich auf beiden Seiten der Mittelfurche parallel mit dieser
nach hinten und befestigt sich mit den andern Enden am unteren
Rande des Basalteils, etwa in gleicher Höhe mit dem Ende der
Mittelfurche. Ein zweites Muskelpaar setzt sich nahe dem ersten
an den erwähnten Chitinverdiekungen an, verläuft aber mehr dem
rechten und linken Seitenrande parallel und endet in gleicher Höhe
wie das erste an den unteren Seitenrändern des Basalteils. Außer-
dem findet sich in der Mittellinie der zweiten Maxillen noch ein
Muskel, welcher sich dicht neben dem der andern Körperseite am
oberen Chitinrande des Terminalteils am Grunde des Vorraums
befestigt, nach unten und hinten zieht und sich nahe dem Ende des
oben genannten verdickten Chitinbelags auf der Mittellinie der Unter-
seite des Basalteils ansetzt. Diese Muskeln dienen anscheinend dazu,
den Terminalteil der zweiten Maxillen in dem Gelenke aufwärts zu
biegen, während die beiden ersten Muskelpaare wohl den entgegen-
gesetzten Zweck verfolgen und den Teil nach abwärts biegen. Eine
Bewegung der zweiten Maxillen nach den Seiten findet demnach nicht
statt und ist auch bereits aus dem Grunde unmöglich, weil sie auf den
Seiten fest von dem röhrenförmigen Teile der Oberlippe eingeschlossen
werden, wogegen sie nach oben im Vorraum Spielraum zur Bewegung
finden. Auch eine gegeneinander gerichtete Tätigkeit der beiden
zweiten Maxillen ist ausgeschlossen, da sie auf den größten Teil
ihrer Länge hin fest verwachsen sind. Die freigebliebenen Kiefer-
110 Otto le Roi,
spitzen scheinen ebenfalls nicht frei beweglich, denn sie entbehren
sowohl der Muskulatur als auch einer Artieulation.
Quer durch das zweite Maxillenpaar verläuft ein Muskel, der in
die ersten Maxillen Fortsätze entsendet, welche weiterhin nicht mit
Sicherheit in den Maxillen zu verfolgen waren.
Außer den genannten Muskeln setzt sich noch jederseits an der
Basis der ersten Maxille ein Muskel an, der sich nach hinten in den
Körper erstreckt und in der Nähe des Ausführungsganges der Ex-
cretionsorgane hinzieht.
Alle Maxillenmuskeln weisen deutliche Querstreifung auf. Ihre
Kerne gleichen denen der Antennenmuskulatur.
Die Zwischenräume zwischen den Muskeln sind von Bindegewebe
erfüllt, dessen Bau mit demjenigen des übrigen Körpers übereinstimmt.
Über den auf Querschnitten sternartigen Chitinfalten, welche vom
Grunde der Verwachsungsfurche sich in die zweiten Maxillen hinein-
ziehen, zeigt das Bindegewebe mehr faserigen Bau (Taf. VI, Fig. 7 bf).
D. Oesophagus.
Wie aus Fig. 5 Taf. VII ersichtlich, erstreckt sich der Oesophagus
von dem Vorraum an parallel der oberen äußeren Mantelwand bis
etwa in die Gegend der Enden der Chitinröhren, biegt sich dann
nahezu rechtwinklig aufwärts und mündet an der Spitze eines Zap-
fens in den Magen. Im ersten Abschnitt ist der Oesophagus dorso-
ventral zusammengedrückt und hat von oben betrachtet eine spindel-
förmige Gestalt, indem er sich in der Mitte stark erweitert (Taf. VII,
Fig. 8, 9). Der zweite von dem Zapfen umschlossene Teil weist auf
dem Querschnitt ein dreispaltiges Lumen auf (Taf. VII, Fig. 10), das
nahe vor der Einmündung in den Magen in eine enge Längsspalte
übergeht.
Im Inneren ist der Oesophagus von einer dünnen Chitinschicht
überzogen, welche von nahezu kubischen, undeutlich gegeneinander
abgegrenzten Epithelzellen mit rundlichen, 0,0054—0,0072 mm großen
Kernen abgesondert worden ist (Taf. VII, Fig. 8, 9). An der Über-
gangsstelle der Speiseröhre in den Zapfen nehmen die Epithelzellen an
Höhe zu und ihre länglichen Kerne messen etwa 0,009 mm (Taf. VII,
Fig. 10). Im Endabschnitte stellen sie schmale, hohe Cylinderzellen
vor, deren langovale Kerne bis 0,014 mm lang sind.
Im Anschlusse hieran sei gleich bemerkt, daß der übrige Teil
des Zapfens fast nur noch aus Epithelzellen besteht, welche durch-
aus mit den zuletzt beschriebenen Cylinderzellen übereinstimmen und
Dendrogaster arborescens und Dendrogaster ludwigi usw. 217
senkrecht auf der den Zapfen bekleidenden dünnen Chitinschicht
stehen. Allem Anscheine nach stellt der Zapfen eine Ausstülpung
des Oesophagus in den Magen vor.
Den ersten Abschnitt des Oesophagus umgeben zwei verschieden-
artige Gruppen von deutlich quergestreiften Muskeln. Unmittelbar
um das Epithel legt sich eine starke Schicht von Ringmuskulatur,
die den sich an den Vorraum anschließenden Teil der Speiseröhre
ausschließlich begleitet (Taf. VII, Fig. 8. Im weiteren Verlauf tritt
hierzu eine Anzahl ungleichmäßig entwickelter Muskeln, die von
dem Chitingerüst des Körpers und Mundkegels ausgehen, radiär nach
dem Oesophagus hin zieher, sich häufig teilen, dann die Ringmuskel-
schicht durchbrechen und sich mit ihren aufgefaserten Enden an die
das Lumen der Speiseröhre begrenzende Chitinlage befestigen (Taf. VII,
Fig. 9). Besonders kräftig ausgebildete Muskelbündel inserieren sich
an die beiden Chitinröhren.
Wie bei D. astericola so fehlt auch hier eine Längsmuskulatur.
Nach dem Endabschnitte des Oesophagus zu verschwinden die
Radiärmuskeln wieder und die Ringmuskeln nehmen an Stärke ab.
Am Grunde des Zapfens hören auch sie auf, so daß dieser gänzlich
der Muskulatur entbehrt (Taf. VII, Fig. 10).
E. Magen.
Der Magen gliedert sich in einen Hauptmagen und zwei jeder-
seits von diesem abzweigende Nebenäste oder Hepatopancreasanhänge,
welche Bezeichnung von GROBBEN (CLAUS-GROBBEN, 1905) auch bei
den Ascothoraeiden in Anwendung gebracht worden ist (Taf. VII,
Fig. 3. Der Hauptmagen beginnt an der Mündung des Oesophagus,
verläuft in sich durchweg gleichbleibender Höhe parallel der Körper-
oberfläche des eigentlichen Krebses, biegt sich mit dem Tierkörper
nach unten und zieht sich, nach und nach niedriger werdend, in dem
nach vorn umgeschlagenen Abdomen bis nahe zu dessen Ende, wo
er blind aufhört. Ein After fehlt also wie bei D. astericola und
Petrarca bathyactidis (FowLer, 1890). Die Höhe des Magens über-
trifft seine Breite um wenigstens das Doppelte, im vorderen Teile
streekenweise gar um das Sechsfache. Während somit der Haupt-
magen auf den größten Teil seiner Ausdehnung hin stark seitlich
komprimiert erscheint, ist er in seinem letzten Abschnitte dorsoventral
zusammengedrückt und seine Höhe beträgt hier etwa die Hälfte
seiner Breite.
Die Nebenäste zweigen sich rechts und links vom Hauptmagen
1 Otto le Roi,
kurz vor der Stelle ab, an welcher sich dieser nach unten biegt, und
treten sehr bald aus dem eigentlichen Tierkörper in die Mantelwände
des Mittelstücks über. Ihr erstes Drittel zieht sich in den Seiten-
wänden des Mittelstücks ein wenig oberhalb der Mitte hin (Taf. VIII,
Fig. 21 Ma), während sie in ihrem übrigen Teile etwa in der Mitte
lagern (Taf. VIII, Fig. 22 Ma). Aus den Seitenwänden des Mittel-
stücks gehen sie in die oberen Mantelwände der Hauptarme über und
verbleiben in diesen oberen Wänden auch in ihrem ferneren Verlauf.
In der Regel kommt jedem Arm und jeder Nebenverästelung des
Parasiten nur ein Magenast zu, so daß der Bau und die Verzweigungen
der Manteläste genau den Magenauswüchsen entsprechen.
Allem Anscheine nach hat sich das Wachstum der Mantelwände
nach demjenigen der Magenäste gerichtet und auf diese Weise ist
die Eigentümlichkeit zustande gekommen, daß die äußere Gestalt
des Parasiten bereits ein getreues Bild vom Verlaufe der Auswüchse
seines Magens darbietet. Bei D. astericola ist das Wachstum des
Mantels nichts so genau demjenigen der Magenverzweigungen gefolgt
und die infolgedessen wenig gegliederten größeren Mantellappen weisen
demnach auch auf senkrecht zu ihrer Längsachse geführten Schnitten
eine größere Anzahl von Magenquerschnitten auf (KnıpowırscH, 1892,
Taf. I, Fig. 19 V). Knıpowiırsch hat für D. asiericola ferner nach-
gewiesen, daß die Magenäste aus der oberen Mantelwand auch in
die untere herabsteigen und sich hierin weiter erstrecken (KnIPo-
wırscH, 1892, Taf. I, Fig. 19, 21 V). Bei D. arborescens ist dies
nicht der Fall.
Auf Querschnitten durch die Äste der mir vorliegenden Art
findet man das Lumen der Magenverzweigungen sehr verschieden
gestaltet, meist aber dorsoventral abgeplattet.
Der Hauptmagen wird von einer Zellschicht ausgekleidet, die
aus sehr verschieden geformten Zellen besteht (Taf. VII, Fig. 11).
Viele derselben sind niedrig und lang gestreckt, während andre
schmal sind und unregelmäßig in das Lumen des Magens hinein-
ragen. Ihre Kerne besitzen meist eine rundliche Gestalt und messen
0,0056 mm. Das Epithel der Magenverzweigungen stimmt durchaus
mit demjenigen des Hauptmagens überein und berechtigt nicht dazu,
die Auswüchse als Darm zu bezeichnen.
Im Magen und seinen Ausläufern befinden sich an vielen Stellen
strukturlose, unregelmäßig zusammengeballte Massen sowie Ansamm-
lungen von kleinen, durch Hämatoxylin stark gefärbten, lichtbrechen-
den runden Körnehen, deren Durchmesser etwa 0,0018 mm beträgt.
Dendrogaster arborescens und Dendrogaster ludwigi usw. 113
Diese Gebilde sind auch in zahlreichen Zellen des Magenepithels
wahrzunehmen (Taf. VII, Fig. 11).
F, Exeretionsorgane.
Im eigentlichen Tierkörper sowie in den angrenzenden Teilen
der Seitenwände des Mittelstücks befinden sich rechts und links eine
Anzahl drüsiger Zellen. Soweit sich aus den Schnitten entnehmen
ließ, stehen dieselben jederseits untereinander in Zusammenhang und
bilden ein paariges Organ, das im wesentlichen etwa in halber Höhe
des Tierkörpers gelegen ist. An der Stelle, wo der eigentliche Krebs
in die Mantelwände übergeht, treten die drüsigen Zellgruppen in die
letzteren ein und erstrecken sich darin bis zum Beginn der Ovarien.
Nach dem Mundkegel zu zieht sich beiderseits ein enger Kanal (ex
in Fig. ?, Taf. VII), der an der Basis der verwachsenen zweiten
Maxillen in die auf Seite 11 beschriebene Furche der Ventralseite
und zwar die am Grunde derselben befindlichen, mit Chitin aus-
sekleideten Falten einmündet. Dieser kurze Kanal, der offenbar
einen Ausführungsgang vorstellt, läßt sich streckenweise nur undeut-
lich verfolgen und wird von einem niederen Epithel umgeben, das
nach dem Lumen hin einen dünnen Chitinüberzug aufweist. Den
größten Teil des Organs macht eine anscheinend nur einen einzigen
- Strang bildende Zellmasse aus, die vielfach hin und her gewunden
ist und in welche zahlreiche Drüsen von allen Seiten einmünden.
Auf Querschnitten sieht man in der Regel fünf und mehr Schnitte
durch den Zellstrang, dessen histologischer Bau nicht deutlich zu er-
kennen war. Man bemerkt rundliche Gebilde von etwa 0,07 mm
Durchmesser mit radiär vom Mittelpunkte ausstrahlenden Streifen.
Die von den Streifen begrenzten unklar sichtbaren Abschnitte stellen
jedoch nicht etwa Zellen vor, denn die eingelagerten Kerne liegen
quer zur Richtung dieser Streifen und gehen durch mehrere der Ab-
teilungen hindurch. Ein Lumen im Centrum der Stränge suchte ich
vergeblich. Besonders trug der Umstand dazu bei, das Bild unklar
zu sestalten, daß allenthalben in dem Organ eine feinkörnige Masse,
wohl ein Seeret, angesammelt lag. Die einmündenden Drüsen traten
zahlreicher nach dem Ende der Zellstränge auf.
Aus der Lage der Ausführungsöffnungen an der Basis der zweiten
Maxillen ließe sich mit einiger Berechtigung die Deutung der Organe
als Exeretionsapparate ableiten, da diese bei den meisten Cirripedien
an der gleichen Stelle ausmünden, auch bei Laura gerardiae de Lacaze-
Duthiers. Dieselben besitzen jedoch einen abweichenden Bau. Knıro-
Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. 8
114 Otto le Roi,
wırscH (1892) erwähnt von D. astericola mit einigen Worten zwei
im vorderen Teile des Krebskörpers gelegene, nur streckenweise
sichtbare Kanäle und Gruppen von körnigen Zellen, die möglicher-
weise den Ausführungsgängen und drüsigen Teilen der eben be-
sprochenen Organe von D. arborescens entsprechen. KNIPOWITSCH
konnte über ihre Bedeutung zu keinem Urteile gelangen und sah
auch nicht die Mündungsstellen und deren Lage.
Der Erhaltungszustand meines einzigen Exemplars von D. arbo-
rescens gewährte nicht die Möglichkeit, Bau und Verlauf der Organe
und ihre Funktion genauer zu ermitteln. Es wird hierzu reichlicheres
Material erforderlich sein.
G. Nervensystem.
Das Centralnervensystem befindet sich etwa an der Übergangs-
stelle des Kopfteils in den Thorax und besteht aus einem Paar Ober-
schlundganglien, einem durch zwei Commissuren hiermit in Ver-
bindung stehenden unpaaren Unterschlundganglion, sowie einer sich
unmittelbar an dieses anschließenden Bauchkette (Taf. VI, Fig. 5N).
Die beiden großen Supraoesophagealganglien sind von länglich-
eiförmiger Gestalt, stehen mit ihrer Längsachse ein wenig schräg
zur Richtung der größten Breite des Oesophagus und neigen sich
mit ihren oberen Enden gegeneinander, ohne sich aber zu berühren.
Sie nehmen fast die ganze Höhe des über der Speiseröhre gelegenen
Kopfteils ein. Diese zwei Ganglien sind durch schmale nach dem
Oesophagus zu konvex gebogene Commissuren mit dem Suboeso-
phagealganglion verbunden, das auf dem Querschnitt von annähernd
runder Gestalt ist. Bei D. astericola wird dasselbe nach KnıpowITscH
(1892) von dem Bauchmark durch eine Aushöhlung getrennt, in der
der mittlere Teil des Musculus adductor scutorum gelegen ist. Zu-
gleich mit diesem Mittelteil des Schalenmuskels fehlt bei D.arborescens
auch die Furche, und das Unterschlundganglion geht ohne bemerkbare
Grenze in die Bauchkette über, die sich nach hinten leicht nach ab-
wärts in den Körper hineinzieht. Sie stellt einen anfänglich runden
Strang vor (Taf. VIII, Fig. 12), welcher weiterhin dorsoventral zu-
sammengedrückt wird und an seinem Ende von einer Breite ist, die um
das Doppelte die Höhe übertrifft, da hier zwei starke Nerven nach beiden
Seiten austreten. Der Erhaltungsgrad des Tieres ließ es nicht zu,
festzustellen, durch Verschmelzung wievieler Ganglien die Bauchkette
entstanden ist, und gewährte auch nicht die Möglichkeit einer Unter-
suchung der vom Centralnervensystem abtretenden Nerven. Dagegen
Dendrogaster arborescens und Dendrogaster ludwigi usw. 115
gestattete er wenigstens die allgemeinen Züge des histologischen
Baues der Nervencentren zu erkennen.
Die bei einem Teile der Cirripedien nachgewiesenen vier histo-
logisch verschiedenen Elemente finden sich auch bei D. arborescens
vor, nämlich Ganglienzellen, Primitivtuben, Punktsubstanz und
die vielfach als Neuroglia bezeichnete Hülle der Nervencentren.
Letztere überzient als eine verschieden dicke faserige Schicht mit
vereinzelten langgestreckten Kernen das gesamte Nervensystem. Die
stärkste Entwicklung zeigt es auf dem Suboesophagealganglion und
der Bauchkette (Taf. VIII, Fig. 12 ng).
Unter den Ganglienzellen lassen sich zwei verschiedene Arten
erkennen. Der weitaus größere Teil ist klein und enthält 0,0056 bis
0,0058 mm große, dicht mit stark gefärbten Körnchen erfüllte Kerne
(g in Fig. 12, Taf. VII). In mäßiger Zahl finden sich bedeutend
größere Zellen vor, deren Kerne verhältnismäßig sehr groß, bis
0,017 mm sind, dagegen eine viel geringere Menge von Körnchen
aufweisen, welche ihrerseits auch an Größe denen der kleinen
Ganglienzellkerne etwas nachstehen ("x in Fig. 12, Taf. VIII).
In diesen Riesenzellen ist stets deutlich ein Nucleolus sichtbar,
der in den kleineren Ganglienzellkernen nicht zu bemerken ist.
GRUVEL (1893) wies für die Thoracica zwei verschiedene Arten von
- Ganglienzellen nach, deren Beschreibung mit der obigen übeinstimmt.
BEernpr (1905) entdeckte diese beiden Zellarten bei Alcippe lampas
Hancock, also bei den Abdominalia.
Bei der Beschreibung des Nervensystems von D. astericola er-
wähnt Knıpowıtsc# (1892), er habe »weben den gewöhnlichen Nerven-
zellen verhältnismäßig sehr große« beobachtet. Es handelt sich hier
jedenfalls um die Riesenganglienzellen, die »cellules geantes« von
GRUVEL.
Am Sehlundring zeigen die Ganglien im allgemeinen eine peri-
phere Anordnung. In sehr geringer Zahl liegen sie an der dem
- Oesophagus zugewendeten Seite der Oberschlundganglien. An der
Bauchkette lagern sie im Anfang peripher, durchsetzen dieselbe
weiterhin auch in einer senkrechten, in der Mitte gelegenen Schicht
(Taf. VII, Fig. 12), nehmen aber dann in der Peripherie ab und
verschwinden hier. Nach hinten zu findet sich wieder eine periphere
Ganglienschicht, die das Bauchmark abschließt.
Die Riesenganglienzellen treten sehr vereinzelt in den Supra-
oesophagealganglien auf, zahlreicher im Unterschlundganglion und der
Bauchkette, und zwar überwiegend ventral gelagert. |
8*+
116 TER Otto le Roi,
Im letzten Abschnitt des Bauchmarks zweigt beiderseits ein
dicker Nerv ab, dessen weiterer Verlauf im Körper nicht zu ver-
folgen war.
Sinnesorgane waren bei D. arborescens nicht wahrzunehmen.
Ich vermute mit KnıpowırscHh (1892), daß den Borsten und An-
hängen der Terminalglieder der Antennen eine Tastfunktion zukommt.
H. Weibliche Genitalorgane.
Die Geschlechtsorgane werden von je einem Paare von Ovarien
und Oviducten gebildet, welche weder untereinander noch gegen-
seitig in Verbindung stehen.
Die Ovarien beginnen nicht im eigentlichen Körper des Krebses,
sondern nahe seinem Hinterrande dorsal und seitlich von ihm
in den Falten der Mantelwände (Taf. VII, Fig. 3 Ov). Sie ziehen
sich als Zellstränge von charakteristischem Bau zunächst in der
oberen Hälfte der Seitenwände des Mantels nach hinten, steigen
bald zur Mitte hinab und bleiben in dieser Lage bis zum Übergang
in die Hauptarme. Hier sowie in ihrem weiteren Verlauf befinden
sie sich in den oberen Mantelwänden. Auf ihre ganze Ausdehnung
hin liegen sie dorsal über den Magenästen, von denen sie durch eine
mehr oder minder dicke Schicht von Bindegewebe getrennt werden.
Sie begleiten dieselben bis in die äußersten Verzweigungen der
Arme hinein. Stellenweise umgreifen die Ovarien auch die Veräste-
lungen des Magens von den Seiten (Taf. VIII, Fig. 22 O»).
Jedes Ovarium wird anscheinend von einem einzigen Ovarial-
schlauch gebildet, der vielfach hin und her gewunden ist, so daß
auf Querschnitten meistens eine ganze Anzahl dieht aufeinander-
gelegener Schlingen getroffen werden, wodurch oft ein kompliziertes
Bild zustande kommt (Taf. VIH, Fig. 22 Ov).
Bei der Durchsicht der Schnittserien durch das Mittelstück er-
wies es sich, daß beiderseits das Ovar auf eine Strecke unterbrochen
ist und somit aus zwei Teilen besteht. Möglicherweise ist dies nur
eine individuelle Eigentümlichkeit des untersuchten Exemplars. Beide
Abschnitte der Ovarien stehen in offener Kommunikation mit der
Mantelhöhle. Die proximalen Teile der Eierstücke erstrecken sich
zwar nicht selbst unmittelbar bis zur Mantelhöhle, sondern es führen
von dieser aus mehrere, wenigstens drei, Kanäle von gewundenem
Verlauf zu ihnen. Auf beiden Seiten vermittelt je einer dieser
Kanäle die Verbindung der vorderen Ovarialabschnitte mit ihren
distalen Teilen. Fig. 21, Taf. VIII zeigt in X diese Kanäle quer
Dendrogaster arborescens und Dendrogaster ludwigi usw. all
getroffen. Die hinteren, den weitaus größten Teil der Ovarien aus-
machenden Abschnitte stehen durch eine Anzahl weiterer Kanäle und
Falten mit der Mantelhöhle in Zusammenhang (Taf. VIII, Fig. 22 X).
Diese Verbindungen finden sich nur im zweiten Drittel des Mittel-
stücks vor und werden nach der Basis desselben zu vermißt. Wohl
aber ziehen sich die Fortsetzungen der Kanäle als verschiedenlumige
Röhren, die mannigfach verschlungene Windungen ausführen, rechts
und links in die Hauptarme hinein, gabeln sich hier entsprechend
der Teilung der Hauptarme in je zwei Nebenarme und enden dort
am Grunde der letzteren, wo die im Inneren durch Teilung der Organe
bereits vorbereitete Gabelung der Hauptarme auch äußerlich sichtbar
wird. An ihren Enden verbinden sie sich mit den Ovarien.
Bevor ich dazu übergehe, eine Deutung dieser Hohlräume zu
versuchen, die von 2. astervcola nicht beschrieben sind und auch bei
den übrigen Ascothoraciden keine Parallele besitzen, halte ich es für
angezeigt, ihren histologischen Bau, sowie den der Ovarien zu
schildern, da er geeignet ist, einige Anhaltspunkte zur Erklärung zu
liefern.
Die Ovarien bestehen, wie schon erwähnt, aus Schläuchen,
welche auf dem hier in Frage kommenden Teile ihres Verlaufes aus
durchweg; noch undifferenzierten Zellen gebildet sind, die man als
Keimzellen betrachten muß (Taf. VIII, Fig. 152). Sie sind von
nahezu kubischer Gestalt, weisen oft undeutliche Zellgrenzen auf und
messen etwa 0,014 mm. Ihre rundlichen Kerne von 0,0056 mm
Durchmesser liegen in der Mitte der Zellen, die von einer deutlich
sichtbaren Basalmembran gegen das umgebende Bindegewebe ab-
sesrenzt werden (lr in Fig. 15, Taf. VII).
Die Zellen, welche die Hohlräume auskleiden, bilden ein Cylinder-
epithel von wechselnder Höhe. An vielen Stellen erreichen die Zellen
bei geringer Breite eine beträchtliche Länge, die zwischen 0,025 und
0,12 mm wechselt, und machen durchaus den Eindruck von Drüsen-
zellen (Taf. VIII, Fig. 19 9%). Ihre rundlichen, 0,008 mm großen
Kerne liegen der Zellbasis sehr genähert. Auch bei diesen Zellen
ist eine Basalmembran klar zu erkennen, und zwar geht dieselbe
ohne sichtbare Grenze in diejenige der Ovarien über.
Diese soeben beschriebenen drüsenartigen Cylinderzellen be-
grenzen nicht nur die direkt zu den Ovarien führenden Teile der
Hohlräume, sondern auch zahlreiche weitere Falten, welche sich von
der Mantelhöhle aus in das Bindegewebe des Mantels hineinbuchten
(Taf. VIII, Fig. 22 px). Ich vermochte festzustellen, daß dieses Epithel
118 | Otto le Roi,
auf beiden Seiten des Mittelstücks in ununterbrochenem Zusammen-
hange steht. Wenn auch die beiderseitigen Epithelien nicht mit-
einander verbunden sind, so haben sie doch streckenweise eine
solche Ausdehnung erreicht, daß von ihnen das chitinbekleidete, wohl
unterscheidbare Epithel der Mantelhöhle (Taf. VIII, Fig. 22 ep) auf
einen recht kleinen Teil der Innenfläche des Mantels zurückgedrängt
worden ist, und zwar auf den in der Mitte der dorsalen Hälfte des
Mittelstücks gelegenen Abschnitt. Auf die ventrale Hälfte, genauer
noch das unterste, ventrale Drittel des Mittelstücks setzt sich das
drüsige Epithel nicht fort und auch die fraglichen Kanäle finden sich
demnach nicht hier vor.
Verfolgt man den Verlauf der Ovarien und der Hohlräume, so
sewinnt man den Eindruck, als ob an solchen Stellen, an denen die
beiden Organe einander nahe gekommen sind, ein beiderseitiges
Gegeneinanderwachsen und Verschmelzen stattgefunden habe Zu
dieser Ansicht gelangt man vornehmlich bei der Verfolgung der-
jenigen Teile der Ovarien und Hohlräume, welche nach der Basis
des Mittelstücks zu liegen und aus je einem vielfach hin- und her-
sewundenen Schlauch bzw. Kanal bestehen (Taf. VII, Fig. 22 Ov
und Ä). An einer Reihe von Stellen scheint hier eine Verschmel-
zung eingetreten zu sein, so daß also ein- und derselbe Ovarial-
schlauch zahlreiche Übergänge in ein und denselben Kanal aufweist.
Es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß die in Rede stehenden
Organe dem Genitalapparat zugerechnet werden müssen, und sie
dürften wohl, wie es für die Ovarien der ÖOrustaceen nachgewiesen
ist, ihren Ursprung ebenfalls aus dem Mesoderm ableiten. Es spricht
hierfür der Umstand, daß die proximalen und distalen Abschnitte der
Övarien durch die Kanäle verbunden werden, sowie daß an eine
Schlinge des rechts gelegenen Teils des Organs ein vom übrigen
Eierstock durchaus isolierter Ovarialschlauch von geringer Größe an-
gegliedert ist. Vorzugsweise die beiden letzten Tatsachen weisen
darauf hin, daß Ovarien und Kanäle aus ursprünglich gleichartigen
Zellen hervorgegangen sind. Die Annahme, die Hohlräume und mit
ihnen also auch die Ovarien seien als Einfaltungen der Mantelhöhle
anzusehen, ist unschwer zu widerlegen. Wie KnirowirscHh (1892)
nachgewiesen hat, ist der Mantel, der die Vertreter der Gattung
Dendrogaster im erwachsenen Zustand umgibt, durch Verwachsung
aus den weich gebliebenen Schalen hervorgegangen, welche den
cyprisförmigen Jugendstadien eigentümlich sind. Diese Schalen, also
auch der daraus hervorgegangene Mantel, stellen eine Hautduplicatur
Dendrogaster arboreseens und Dendrogaster ludwigi usw. 119
des eigentlichen Tierkörpers vor. Demnach ist der Mantel nicht nur
auf der Außenseite, sondern auch der Innenseite von einem ecto-
dermalen Epithel überzogen. Faßt man nun die Genitalorgane als
Einstülpungen des ectodermalen Mantelhöhlenepithels auf, so gelangt
man zu der Notwendigkeit, auch den Geschlechtsapparat als ein
Gebilde des Ectoderms ansehen zu müssen, und dem stehen die
Beobachtungen entgegen, daß bei den bisher daraufhin untersuchten
Crustaceen die Genitalien ausschließlich ihren Ursprung aus dem
Mesoderm nehmen. Es liegt aber keine Veranlassung vor, anzu-
nehmen, daß die Entwicklung der in dieser Hinsicht noch uner-
forschten Ascothoraciden sich in einer Form abspielen sollte, welche
von der typischen Crustaceenentwicklung so wesentlich abweichen
würde.
Wirft man die Frage nach der Funktion der fraglichen Hohl-
räume auf, so liegt der Gedanke nahe, daß sie dazu dienen, die be-
fruchteten Eier, vielleicht unter Abscheidung eines Secrets, in die
Mantelhöhle zu befördern. In der letzteren traf ich nämlich zahl-
reiche befruchtete Eier an.
Der histologische Bau der Epithelzellen der Hohlräume weist eine
große Ähnlichkeit mit demjenigen des Atriums der Thoraeica auf,
.z. B. dem durch Gruver (1895) von Lepas anatifera L. beschriebenen.
Dieses Atrium (Nussbaum, 1890, GRUVEL, 1895) bildet aber bei den
Thoraeica die Verbindung der Oviducte mit der Außenwelt und liegt
somit an der Basis des ersten Fußpaares, also an einer durchaus
andern Stelle, wie das besprochene Organ von D. arborescens. Es
sondert bei den erwähnten Cirripedien den Eiersack ab, in welchen
die reifen Ovarialeier hineinwandern. Der Eiersack gelangt alsdann
in die Mantelhöhle, in der sich die Eier, welche von durch die Hülle
eingedrungenen Spermatozoen befruchtet sind, weiter entwickeln.
Daß dem Organ bei D. arborescens eine ähnliche Tätigkeit, d. h. die
Ausscheidung eines Eiersacks zukommt, scheint nicht der Fall zu
sein, da die befruchteten, sich entwickelnden Eier bei dieser Art
ohne gemeinsame oder Einzelhülle in der Mantelhöhle zerstreut
liegen. Es würde dies Verhalten unter den Cirripedien vereinzelt
dastehen, da die Entwicklung der Eier aller in dieser Hinsicht unter-
suchten Arten in schützenden Eiersäcken vor sich geht.
Die Befruchtung der reifen Ovarialeier vollzieht sich bei den
Thoraecica gleichfalls in den Eiersäcken. Bei D. arborescens spielt
sich dieser Vorgang anscheinend bereits in den Ovarien selbst ab,
da ich in denselben allenthalben, bis in die proximalsten und distal-
120 Otto le Roi,
sten Teile hinein Spermatozoen in mehr oder minder großer Menge
antraf (Taf. VIII, Fig. 15 sn). Das Sperma ist offenbar von dem
später erwähnten Männchen ausgestoßen worden, das ich an der
Basis des Mittelstücks in der Mantelhöhle des Weibchens entdeckte,
und aus der Mantelhöhle durch die drüsigen Kanäle in die Ovarien
gelangt. Auch die Kanäle bargen stellenweise eine bedeutende An-
zahl Samenkörper.
Da mir noch einige weitere unbeschriebene Arten aus der Gruppe
der Ascothoracıda aus Echinodermen von der amerikanischen » Alba-
troß«-Expedition vorliegen, hoffe ich bei der Untersuchung dieser
Formen weitere Aufschlüsse über die fraglichen Hohlräume zu er-
halten. KnırpowırscnH (1892) schildert die Ovarien von D. astericola
ebenfalls als Zellstränge, tut jedoch eines Organs, das den »Hohl-
räumen« des D. arborescens entspräche, keine Erwähnung.
Im Anschluß an die vorstehend beschriebenen Genitalien gehe
ich nun zur Besprechung eines Paares von Organen über, welche nach
der Lage ihrer Ausführungsöffnungen nahe der Basis des Kopfkegels
als Oviducte bezeichnet werden können. Beide stimmen durchaus
überein, liegen auf beiden Seiten des Mittelstücks und stehen nicht
untereinander in Verbindung. Jedes weist zwei deutlich unterscheid-
bare Abschnitte auf, einen engen kurzen Ausführungsgang (Taf. VII,
Fig. 3 Od,) und einen weit größeren sackförmigen Teil (Taf. VII,
Fig. 3 Od,). Letzterer liegt in den Seitenwänden des Mittelstücks
ein wenig unterhalb der Mitte, und erstreckt sich parallel der Ventral-
seite des Mittelstücks nach vorn bis etwa an die Stelle, wo der
eigentliche Krebskörper in den Mantel übergeht. Hier verengt er
sich in den Ausführungsgang, der sich im Krebskörper selbst bis an
die Basis des Kopfteiles zieht und nach außen mündet. Die Breite
des sackförmigen Abschnittes bleibt auf seine ganze Ausdehnung hin
nahezu die gleiche, während seine Höhe am beträchtlichsten in der
Mitte der Länge ist und nach vorn und hinten gleichmäßig abnimmt.
Auf Querschnitten zeigt sich die Gestalt seines Lumens recht wech-
selnd. Meist ist es länglichoval oder hat die Form eines Dreiecks,
dessen eine Ecke stark nach unten ausgezogen ist. Das Lumen des
Ausführungsganges ist stark dorsoventral zuSan en und er-
scheint queroval (Taf. VIIT, Fig. 13).
Das Epithel beider Teile ist sehr verschiedenartig gebaut. In
dem sackförmigen Abschnitte besteht es aus hohen, drüsenähnlichen
Cylinderzellen, deren freies Ende, dem meistens der einen sichtbaren
Nucleolus enthaltende längliche Kern genähert liegt, unregelmäßig in
Dendrogaster arborescens und Dendrogaster ludwigi usw. 12%
das Lumen der Oviduete hineinragt (Taf. VIII, Fig. 14). Die Höhe
der Zellen nimmt in dem am weitesten in das Mittelstück hinein
gelegenen Teile ab. Vielfach sieht man Gruppen von benachbarten
Epithelzellen zottenartig angeordnet. Durchaus abweichend ist das
Epithel des Ausführungsganges gestaltet. Hier finden sich kubische
Zellen mit verhältnismäßig großen, rundlichen Kernen und recht
deutlich erkennbarem Nucleolus (Taf. VII, Fig. 15) vor. Sie sind
von einer dünnen Basalmembran umgeben, der bei jedem der beiden
Organe ein Längsmuskel angelagert ist (m in Fig. 13, Taf. VIII). Die
sackförmige Abteilung weist eine Ringmuskelschicht auf, die stellen-
weise unterbrochen ist (Taf. VII, Fig. 14 m). Hier und da strahlen
peripher einige stärkere und schwächere Muskeln von ihr aus und
verlieren sich im Bindegewebe. Einzelne ziehen auch zur Musecu-
laris des Mantels. Kurz vor der Stelle, an welcher sich der Haupt-
masen umbiegt, werbindet die beiderseitigen Muskelschichten ein
breites, kräftiges Muskelbündel mit sehr deutlicher Querstreifung.
Weiter nach vorn, nahe vor ihrem Ende, stehen sie wieder durch
zahlreiche, quer durch den eigentlichen Tierkörper verlaufende
schwächere Muskelbündel in Zusammenhang.
Im Inneren der sackförmigen Teile befinden sich stellenweise
kugelig geballte strukturlose Massen, welche nach dem Beginn der
Abschnitte zu den ganzen Hohlraum anfüllen.
Wie deutlich wahrzunehmen ist, schließen die Oviducte an ihrem
Anfange in den Mantelwänden blind ab. Der am weitesten nach
dem Krebskörper hin vorgeschobene Teil der Ovarien liegt beträcht-
lieh mehr der Dorsalseite des Mittelstücks genähert, wie die blinden
Anfangsteile der Oviducte, und zwischen diesen und den Ovarien
befinden sich die Magenäste und dicke Schichten Bindegewebe (Taf. VII,
Fig. 3). Ein Zusammenhang zwischen Eierstock und Eileiter war
durchaus nicht nachzuweisen. Auch Knıpowiıtsch 1892) gelang es
nicht, bei D. astericola, welehe Form ähnlich gebaute und gelagerte
Organe besitzt, mit Gewißheit eine Verbindung zwischen Ovarien
und Oviducten zu erkennen. Er bemerkte nur, daß erstere den
_ letzteren unmittelbar auflagen.
Bei den eigentlichen Cirripedien münden die Oviducte an der
Basis des ersten Fußpaares oder an der entsprechenden Stelle. Die
Lage der Ausftührungsöffnungen der beschriebenen Organe von Den-
drogaster befindet sich, wie oben erwähnt, am gleichen Orte, so daß
die von KxıpowItscH vorgenommene Deutung derselben als uraueie
gerechtfertigt erscheint.
122 Otto le Roi,
Um den auffallenden Befund zu erklären, daß Ovarien und
Oviduete nicht in Zusammenhang stehen, ließe sich die Vermutung
äußern, daß die Ovarien ihr Wachstum nach vorn und unten noch
auszudehnen imstande seien, und daß auf diese Weise eine Ver-
bindung hergestellt würde. Dem widerspricht jedoch einerseits die
Tatsache, daß die blind geschlossenen Oviducte von einer starken
Muskulatur umgrenzt werden, anderseits die Erwägung, daß die
Oviducte zur Ausfuhr der reifen ÖOvarialeier aus dem Grunde gar
nicht erforderlich sind, weil die Ovarien bereits durch die »Hohl-
räume< mit der Mantelhöhle kommunizieren und durch diese ein
Austritt der reifen Eier stattfinden kann. Man könnte annehmen,
daß eben infolge des Bestehens einer anderweitigen, kürzeren Ver-
bindung zwischen Ovar und Mantelhöhle die Oviduete außer Tätig-
keit getreten und im Begriffe seien, rudimentär zu werden. Gegen
diese Auffassung spricht aber die starke Ausbildung der in Rede
stehenden Organe. Erst die Untersuchung weiteren Materials kann
über diese Fragen Aufschluß gewähren.
I. Eier.
Die Entwicklung der Eier vollzieht sich periodisch, was aus
dem Umstand hervorgeht, daß die sich vorfindenden verschiedenen
Entwicklungsstadien ungefähr auf demselben Punkte angelangt sind.
Bestimmte Entwicklungszonen sind im Ovar nicht zur Ausbildung
gelangt, sondern die Eier entwickeln sich regellos an beliebigen
Stellen der Eiröhren, wenn auch vorzugsweise in den distalsten Teilen,
in den Armverästelungen, und zwar unter Entstehung eines Follikels.
Bereits bei den Ovarien wurde der Bau’ der undifferenzierten
Zellen beschrieben, welche die Hauptmasse der im Eierstock be-
findlichen Zellen ausmachen und in denen man die Keimzellen zu
erblicken hat (Taf. VII, Fig. 15 x). Teilungsstadien vermochte ich
nicht festzustellen. Zwischen diesen Zellen zeigen sich hier und da
solche, die sich bereits durch ihre Größe — etwa 0,054 mm — vor
den noch nicht in das Wachstumsstadium eingetretenen benachbarten
Zellen, den Oogonien, auszeichnen (Taf. VIII, Fig. 16). Ihr rund-
licher Kern, d. h. ihr Keimbläschen, mißt 0,02 mm und enthält einen
deutlichen 0,005 mm großen Keimfleck, der durchweg nicht genau
in der Mitte des Keimbläschens liegt, sondern an die Seite verlagert
ist (Taf. VIII, Fig. 16 /f). An der Peripherie des Keimbläschens
befindet sich eine Schicht von intensiv gefärbten Körnchen, die wohl
aus Chromatin bestehen. Das Plasma der Zellen weist schon mit-
Dendrogaster arboreseens und Dendrogaster ludwigi usw. 123
unter eine Anzahl kleiner Dotterkügelchen auf. Diese Oocyten rücken
aus der Reihe der Keimzellen heraus in das Innere der Ovarien und
erhalten hier ihre Follikel, indem sie von den Nachbarzellen um-
seben werden, wie aus Fig. 16, Taf. VIII zu ersehen ist. Daß es in
der Tat die Oogonien sind, durch deren Zusammentreten die Follikel
geliefert werden, wird durch folgende Tatsache bewiesen. Nicht
selten trifft man unter den Zellen des Follikelepithels solche an,
die ihrem histologischen Bau nach vollständig mit den oben ge-
schilderten ersten Wachstumsstadien der Oocyten übereinstimmen
(Taf. VII, Fig. 17 d). Derartige Zellen werden im weiteren Verlauf
wieder rückgebildet und zur Ernährung der eigentlichen Oocyte ver-
braucht. Von diesen jüngsten Wachstumsstadien finden sich alle Über-
sänge zu den am weitesten vorgeschrittenen Ovarialeiern, welche
sleichfalls noch dem Stadium des Wachstums zugezählt werden müssen.
Das central gelegene Keimbläschen dieser ovalen oder rundlichen,
bis 0,27 mm großen Oocyten mißt 0,028 mm, der Keimfleck 0,0065 mm.
Die Anzahl und Größe der peripher gelegenen Chromatinkörnchen
hat sich beträchtlich vermindert (Taf. VIII, Fig. 17) und zuweilen
fehlen sie gänzlich. Die Größe der Dotterkugeln beträgt etwa
0,0014 mm. Das Deutoplasma füllt den größten Teil der Eier aus.
Zwischen ihm sieht man nicht selten rundliche Hohlräume, die wohl
ursprünglich von Fettropfen erfüllt waren, welche durch den zur
Konservierung benutzten Alkohol in Lösung gebracht worden
sind. Bei einigen Eiern liegt radiär um das großschollige Deuto-
plasma eine verschieden breite Schicht von feinkörnigem Plasma.
Zuweilen umgibt ein Follikel zwei Oocyten, die teilweise auf dem
gleichen Wachstumsstadium stehen, teils recht verschiedene Größe
besitzen. Um Nährzellen, wie sie bei andern Urustaceen vorkommen,
handelt es sich hier nicht, da in diesem Falle jede Oocyte von einer
solehen Nährzelle begleitet sein müßte. Außerdem spricht gegen
diese Annahme, daß in manchen Fällen beide gleichentwickelten von
einem Follikel eingeschlossenen Zellen die Größe der am weitesten
im Wachstum vorgeschrittenen Oocyten erreicht haben.
In den proximalen Teilen der Ovarien fanden sich nur wenige
der jüngsten Oocyten vor. Die distalen Teile wiesen derartige Eier
erst von der Basis des Mittelstücks an auf. Fortgeschrittenere Wachs-
tumsstadien begannen sich an der Gabelung der Hauptarme zu zeigen und
erreichten die größte Menge in den Seitenverästelungen der Nebenarme.
Eireifungsstadien waren unter der sich auf mehrere hundert be-
laufenden Zahl der Eier nicht anzutreffen, so daß ich über diese
124 Otto le Roi.
Vorgänge keine Angaben zu liefern vermag. Auch über die Be-
fruchtung gaben die vorhandenen Eier keinen Aufschluß.
° Sehr zahlreich waren wieder befruchtete Eier vorhanden, die
sämtlich den gleichen Grad der Entwicklung erreicht hatten. Die
Größe dieser Eier beträgt bis 0,65 mm, übertrifft also diejenige der
größten Ovarialeier. Alle sind mit einer einzelligen Blastoderm-
schicht -versehen, welche etwa die eine Hälfte der Eier bedeckt
(Taf. VIII, Fig. 18). Im Eiinnern sind keinerlei Zellelemente zu be-
merken. Es ist demnach anzunehmen, daß sich hier eine diseoidale
Furchung vollzieht und keine superficielle, wie bei der überwiegenden
Mehrzahl der andern Crustaceen und Arthropoden überhaupt. Im
letzteren Falle müßten sich im Dotter des Eies noch Blastomeren vor-
finden, da die Anlage des Blastoderms durch das Hinaufrücken von
Zellelementen aus dem Inneren des Eies an die Oberfläche erfolst.
Dies trifft bei den Eiern von D. arborescens nicht zu. Bei der dis-
coidalen Furchung löst sich bereits der erste Furchungskern vom
Deutoplasma, tritt an die Oberfläche und liefert durch fortgesetzte
Teilung das Blastoderm. Die einzige Form der bisher beschriebenen
Ascothoraeiden, über deren Eifurchung Angaben vorliegen, ist Laura
gerardiae de Lacaze-Duthiers.. Bei dieser Art findet nach KxıPo-
wırscHh (1892) eine superficielle Furchung statt, welche seiner Be-
schreibung und seinen Abbildungen zufolge mit dem Typus IIIb von
KorRSCHELT und HEIDER (1890—1893) übereinstimmt, bei dem eine
vorzeitige Bildung des Blastoderms an der Ventralseite auftritt.
Die Entwicklung der befruchteten Eier von D. arborescens findet
in der Mantelhöhle der Nebenarme, vornehmlich der Seitenverzwei-
gungen statt. Nur ganz vereinzelte Exemplare lagen in der Mantel-
höhle am Grunde des Mittelstücks.
K. Der übrige Teil des eigentlichen Krebses.
Es ist schließlich noch die Beschreibung des Tierkörpers im
engeren Sinne zu ergänzen, so weit sie bisher noch nicht erfolgt ist.
Den Krebskörper überzieht eine dünne Chitinschicht, deren Matrix
aus nahezu kubischen Zellen mit undeutlichen Zellgrenzen besteht
und keine Basalmembran besitzt. Das Bindegewebe, in welches die
Organe des Tieres eingebettet sind, ist im allgemeinen ein unregel-
mäßiges Maschenwerk von Zellen, deren Grenzen sehr undeutlich
erscheinen. Die zugehörenden Zellkerne finden sich ziemlich spär-
lich verteilt und weisen größere und kleinere Kerne von meist rund-
licher Gestalt auf ‘Taf. VII, Fig. 11, vgl. auch Taf. VIII, Fig. 20 dg).
Dendrogaster arborescens und Dendrogaster ludwigi usw: 125
Stellenweise, so dort, wo der Körper in den Mantel übergeht, nimmt
es eine mehr faserige Beschaffenheit an und die Kerne sind ge-
streckter (vgl. Taf. VIII, Fig. 15 dg). Für D. astericola hebt Knıro-
wırscH (1892) ausdrücklich das Kompakte des Bindegewebes im
Gegensatze zu demjenigen von Laura gerardiae hervor. Bei D. ar-
borescens besitzt es ähnlichen Bau. Recht zahlreiche größere und
kleinere Lacunen im vorderen Köperteile sind wohl vorzugsweise
auf die Konservierungsweise zurückzuführen und durch Schrumpfungen
der Gewebe entstanden. Hier und da befinden sich in den Lacunen
Gebilde, die das Aussehen von Blutkörperchen haben, doch könnten
sie auch bindegewebiger Natur sein. Die Beobachtungen Kxıro-
wıtscH' bezüglich des Fehlens eines Blutgefäßsystems bei D. asteri-
cola vermag ich auch für D. arborescens zu bestätigen.
Durch den Körper ziehen sich eine Anzahl von Muskeln, deren
Verlauf im einzelnen nicht festzustellen war. Den von KyıpowITscH
(1892) für den erwachsenen D. astericola nachgewiesenen Musculus
adductor scutorum, der die Schalenklappen der eyprisförmigen Larven
verbindet und bei dem Übergang in das definitive Stadium erhalten
bleibt, fand ich auch bei D. arborescens. Bei D. astericola erstreckt
sich der mittlere Teil dieses Muskels ventral unter dem Magen her und
liest in einer Furche zwischen dem Unterschlundganglion und dem
Bauchmark. Von ihm aus gehen eine Anzahl Fasern nach beiden
Seiten und befestigen sich an dem Mantel, also an einer Stelle, welche
bei der Bewegung keine bedeutende Rolle spielen kann, wie KnIPo-
WITSCH mit Recht bemerkt. D. arborescens besitzt bereits keinen
Mittelteil des Schalenmuskels mehr, der bei den erwachsenen Tieren
anscheinend funktionslos ist und atrophisch wird. - Man bemerkt nur
noch vier Bündel von ziemlich starken quergestreiften Muskelfasern,
welche von den Ventral- und Dorsalseiten der Mantel- und Körper-
wände her schräg gegen die Chitinröhren an der Basis der Oberlippe
verlaufen, hier in rechtem Winkel zusammentreffen und um die
Außenseite der Röhren herum in Verbindung stehen. Die beider-
seitigen Muskeln stehen also nicht untereinander in Zusammenhang
und es liegt hier im Gegensatze zu den Verhältnissen bei D. asteri-
cola eine Rückbildung des Musculus adductor scutorum vor.
L. Mantel und Mantelhöhle.
Der Mantel ist, wie schon erwähnt, durch Verwachsung der
weichgebliebenen Den des a nn entstanden und stellt
somit eine Duplicatur der Körperwand vor.
126 IR, Otto le Roi,
Sein äußeres Epithel besteht aus einer Schicht von ziemlich
hohen Cylinderzellen mit undeutlichen Zellgrenzen, die keine Basal-
membran besitzen und ohne sichtbare Grenzen in das untergelegene
Bindegewebe übergehen (Taf. VIII, Fig. 20 ep). Die zugehörenden
Kerne haben zum Teil eine länglichovale Gestalt und messen bis
0,0015 mm. Vorzugsweise an der Peripherie liegen vielfach kleinere
dunklere Kerne von rundlicher Form und 0,0005 mm Durchmesser.
Die Epithelzellen werden von einer dünnen, weichen Chitinschicht
überzogen, welcher kleine, rundliche, mattgefärbte körnige Gebilde
in größerer Zahl aufgelagert sind (Taf. VIIL, Fig. 20 kz), ähnlich wie
es KnıpowItschH (1892) auch für D. astericola angibt.
In kurzem Abstand vom Epithel zieht sich eine vornehmlich im
Mittelstück sehr stark zur Entwicklung gelangte quergestreifte Musku-
latur hin, die aus einer äußeren Ringmuskelschicht und einer inneren
Längsmuskelschicht besteht (Taf. VIII, Fig. 20, 21, 22 rm u. em).
Die zugehörenden Kerne sind langgestreckt und messen 0,018 mm.
Wie KnıpowırscH (1892) beobachtet hat, vermögen die lebenden
Tiere von Dendrogaster mit Hilfe dieser kräftigen Muskulatur leb-
hafte Bewegungen und Formveränderungen auszuführen. Jedenfalls
spielt die Kontraktion der Muskulatur auch eine große Rolle bei der
Ausstoßung der eyprisförmigen Larven aus der Mantelhöhle Im
Bindegewebe zerstreut liegen noch eine Anzahl feiner Muskelfasern
(Taf. VIH, Fig. 21, 22 m), die zuweilen eine Querstreifung erkennen
lassen. |
Den größten Teil des Mantels macht das Bindegewebe aus,
welches zum Teil den unregelmäßig netzartigen Bau wie dasjenige
des eigentlichen Krebskörpers aufweist (Taf. VIII, Fig. 20 dg). Das
für diesen gleichfalls erwähnte Bindegewebe von faseriger Struktur
mit langgestreckten Kernen überwiegt jedoch bei weitem im Mantel.
Nach der Mantelhöhle zu wird es von einer nicht abgesonderten
Schicht von niederen Epithelzellen mit rundlichen 0,009 mm großen
Kernen und undeutlichen Zellgrenzen abgeschlossen, die von einer
schwachen Chitinlage abgegrenzt ist. Dieses innere Mantelepithel
stimmt mit dem Epithel des eigentlichen Krebskörpers überein
(Taf. VII, Fig. 20, 22 ep). Außerdem befinden sich in der Mantel-
wand die bereits beschriebenen Verzweigungen des Magens, die
sackförmigen Teile der Oviducte, die Endabschnitte der vermutlichen
Excretionsorgane sowie die ganzen Ovarien. Hohlräume, die ich
nicht selten bemerkte, dürften ihre Entstehung auf Schrumpfungen
der Gewebe durch die Konservierung zurückführen.
Dendrogaster arborescens und Dendrogaster ludwigi usw. 127
Von der rechten und linken inneren Mantelwand springen zahl-
reiche Falten in die Mantelhöhle vor, welche jedoch in der Regel
nicht die Mittellinie erreichen. Nur unmittelbar hinter dem eigent-
lichen Krebskörper erstrecken sich einige Falten weit über die
Mittellinie herüber in die andre Hälfte des Mittelstücks hinein
(Taf. VIII, Fig. 21 L). Hier wölbt sich auch von der Mitte der
Oberseite eine Falte in die Mantelhöhle hinein (e in Fig. 3, Taf. VII
und Fig. 21, Taf. VIII). Auch auf der Außenseite weist die Mantel-
wand des Mittelstücks (Taf. VIIL, Fig. 20—22) und der Hauptarme
eine große Zahl von kleinen Erhebungen auf, die durch enge Furchen
getrennt sind, welch letztere schon bei der Beschreibung des Aus-
sehens von D. arborescens als ein unregelmäßiges Netzwerk erwähnt
wurden, bei D. astericola aber fehlen. Ich möchte annehmen, daß diese
zur Vergrößerung der Manteloberfläche beitragenden Vorwölbungen
einen respiratorischen Zweck besitzen, da die äußere Mantelwand
von der Leibeshöhlenflüssigkeit des Seesterns, die doch ausschließlich
den zur Atmung des Parasiten erforderlichen Sauerstoff herbeiführt,
umspült wird.
Wie aus Fig. 5, Taf. VII ersichtlich, führt die Spalte (sp) an der
Spitze des Mittelstücks in die Mantelhöhle (MR) des Krebses. Diese
umgibt von allen Seiten den Mundkegel und das Ende des Abdomens
und verengt sich dann zu einem halbmondförmigen schmalen Kanal,
welcher unter der durch die Krümmung des Tieres nach unten ge-
wendeten Dorsalseite des Abdomens her nach hinten zieht. Hinter
den oben beschriebenen stark vorspringenden Mantelfalten (Z und e
in Fig. 3, Taf. VII, Fig. 21, Taf. VIH) verläuft sie durch den übrigen
Teil des Mittelstücks als halbmondförmiger Hohlraum mit einer senk-
recht darauf stehenden, genau in der Mitte gelegenen Spalte, wie
Fig. 22, Taf. VIII zeigt (MA). Dann tritt sie in die Hauptarme und
im weiteren Verlauf in die Nebenarme und deren Verästelungen ein,
in denen sie bis in viele der Endläppchen dringt. Auf Querschnitten
durch die Arme erweist sie sich bald als eng-, bald als weitlumig
und von sehr wechselnder Gestalt, liegt aber stets vorzugsweise in
der ventralen Hälfte. Wie bereits früher bemerkt entwickeln sich
in der Mantelhöhle die befruchteten Eier.
KnıpowrrscH (1892) fand im hinteren Teile der Mantelhöhle fast
aller von ihm untersuchten Exemplare (bei vier von fünf) von
D. astericola ein Häutchen, das er als Larvenhaut auffaßt, welche
von der Cyprislarve beim Übergang in das definitive Stadium ab-
geworfen wurde. Ein derartiges Häutchen war bei D. arborescens
128 Otto le Roi,
nicht anzutreffen und ist bereits früher, vielleicht zugleich mit ent-
wickelten Cyprislarven ausgestoßen worden.
3. Das ausgebildete Männchen.
Schon in meiner vorläufigen Mitteilung über D. arborescens (1905)
habe ich über die Entdeckung eines entwickelten Männchens — welche
früher von keinem der vier bekannten Ascothoraciden bekannt waren —
berichtet und seine interessante parasitische Lebensweise, sowie seine
Lagerung in der Mantelhöhle des weiblichen Tieres kurz geschildert. Da
das Exemplar teilweise stark verletzt ist, werde ich seine genauere Be-
schreibung der besseren Übersicht halber später im Anschlusse an
diejenige von ähnlich gebauten und lebenden Männchen andrer, mir
zur Bearbeitung vorliegenden neuen Arten von Ascothoraciden aus
Echinodermen der amerikanischen »Albatroß<«-Expedition bringen.
Hier möchte ich nur auf den bedeutenden Geschlechtsdimorphis-
mus hinweisen und bemerken, daß von dem Männchen, abgesehen
von den beiden neu hinzugekommenen und durch die starke Aus-
bildung der Generationsorgane hervorgerufenen, sehr langen, wurm-
förmigen Auswüchsen fast alle Charaktere der Cyprislarve in das
definitive Stadium hinübergenommen worden sind, so z. B. die deut-
liche Gliederung des Körpers, die Furca des Abdomens, die fünf
Paar Extremitäten usw.
Die Spermatozoen zeigen im Gegensatz zu denen der Mehrzahl
der Crustaceen und insbesondere auch der Cirripedien eine normale
Gestalt, d. h. sie besitzen außer dem Schwanzfaden ein großes,
länglich-dreieckiges Kopfstück.
II. Dendrogaster ludwigi le Roi.
1. Allgemeines und Aussehen des Tieres.
Bereits im Jahre 1877 traf Herr Geheimrat Prof. Dr. Lupwig,
damals in Göttingen, bei der Untersuchung eines von SEMPER in den
fünfziger Jahren auf den Philippinen gesammelten Echinaster fallax
Müll. Trosch. einen Parasiten in dessen Leibeshöhle an. Derselbe
wies ein $-föürmig gekrümmtes, sich nach der Spitze verjüngendes
Mittelstück von 14 mm Länge auf, von dessen Basis zwei Hauptarme
ausgingen. Das Mittelstück sowie einer der Hauptarme befanden
sich in einem Arme des Echinaster, während der andre Hauptarm
in der Scheibe lag, sich gabelte und diese zwei dem Magen des
Seesterns angelagerten Nebenäste in die beiden benachbarten Arme
Dendrogaster arborescens und Dendrogaster ludwigi usw. 129
des Wirtes entsandte. Es liegt die Vermutung nahe, daß auch der
erstgenannte Hauptarm sich in zwei Nebenäste teilte, die aber wohl
infolge der Raumbeschränkung in dem Echinasterarme derart inein-
ander verschlungen waren, daß ihre Feststellung sehr schwierig war.
Die Nebenarme teilten sich wieder unregelmäßig in zahlreiche, kleine,
mit meist dreiteiligen Endläppchen abschließende Verzweigungen,
ohne eine durchlaufende Hauptachse, wie sie D. arborescens besitzt,
erkennen zu lassen. Der aus dem abgetrennten Mittelstück heraus-
präparierte Teil des Tieres war in Schnittserien zerlegt worden, die
jedoch bei der Übersiedlung von Geheimrat Lupwıg nach Bremen
leider abhanden kamen. So war ich denn bei der Untersuchung des
Parasiten nur auf einige noch vorhandene Skizzen, den Mantel des
Mittelstücks und die im Laufe der Zeit in Stücke zerfallenen bräunlich-
selben Arme angewiesen. Diese setzten mich wenigstens instand,
den Organismus als einen Dendrogaster zu erkennen, dem ich in
meiner vorläufigen Mitteilung (1905) den Namen D. ludwigi bei-
gelegt habe.
Den äußeren Habitus des Tieres bringt die seinerzeit von Herrn
Geheimrat Lupwig angefertigte Fig. 23 auf Taf. VIII sehr gut zum
Ausdruck. Bei der Betrachtung der Figur gewahrt man eine
deutliche Teilung der Verzweigungen in drei Gruppen. Die nach
oben gewendete (Ag) entspricht dem in dem Seesternarm gele-
senen Teile, die beiden unteren Gruppen (ng) bilden die beiden
Nebenarme des andern Hauptarmes. Die größte Breite des Tieres
steht also senkrecht zur Lage der Figur und beträgt 25 mm, die
srößte Länge, die im rechten Winkel dazu verläuft, mißt 22 mm.
Nachfolgend stelle ich die sich entsprechenden Größendimensionen
der drei bekannten Arten aus der Gattung Dendrogaster zum Ver-
gleiche nebeneinander:
i R > ap: = Länge des
Art | Größte Breite | Größte Länge Mittelstücks
D. astericola Knipowitsch 11 mm 10 mm 3 mm
D. arborescens le Roi 56 mm 41 mm 9,5 mm
D. ludwige le Roi 25 mm 22 mm 14 mm
Die Größenmaße werden naturgemäß je nach dem Kontraktions-
zustande der Tiere variieren. Ältere Exemplare weisen fraglos auch
einen bedeutenderen Umfang auf, doch stellen die Stücke, deren
Maße verglichen werden, alle ausgewachsene Exemplare vor, da
dieselben sämtlich geschlechtsreif waren.
Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. eg
130 | Otto le Roi,
Aus obiger Zusammenstellung geht deutlich hervor, daß D. lud-
wigt unter Berücksichtigung seiner sonstigen Maßverhältnisse durch
eine besonders große Länge des Mittelstücks gekennzeichnet wird
und sich schon dadurch leicht von den beiden andern Arten unter-
scheidet.
Die Breite des Mittelstücks beträgt an seiner Basis 4 mm, an
der Spitze 2 mm. Seine Oberfläche ist glatt und entbehrt der Er-
habenheiten, welche D. arborescens zukommen.
2. Bau des Tieres.
Es ist begreiflich, daß Querschnitte durch das vor etwa 50 Jahren
konservierte Exemplar histologisch nahezu unbrauchbare Bilder liefer-
ten. Aus diesem Grunde, und da ferner der wichtigste Teil des
Parasiten, der eigentliche Krebs, fehlte, kann ich nur einige unvoll-
kommene Angaben über den Bau der Art liefern. Dieses Wenige
stimmt im wesentlichen mit den entsprechenden Verhältnissen bei den
andern beiden Dendrogaster-Arten überein.
Aus einer vorhandenen Skizze der Antennen ergibt sich, daß
diese denjenigen der andern Dendrogaster gleichen. Auch bei ihnen
besitzt das dritte Glied die größte Länge und ihr Terminalglied trägt
einen starken, sichelförmig nach hinten gebogenen Haken, sowie an
der Basis der Vorderseite einen ziemlich großen Anhang. Über die
Mundwerkzeuge gaben die Zeichnungen keinen Aufschluß, ebenso
nicht über die andern, im Mittelstück befindlichen Teile des Krebses.
Schnitte durch den Mantel des Mittelstücks lassen erkennen,
daß die Oberseite nicht die für -D. arborescens charakteristischen
Furchen aufweist. Dem Chitinüberzug des Mantels sind wie bei den
andern Arten kleine rundliche Gebilde in dünner Schicht aufgelagert.
Weiter kann man eine starke Muskulatur, bestehend aus einer äußeren
Ring- und einer inneren Längsmuskelschicht, wahrnehmen. Den
gleichen Bau besitzt die Mantelwand der Arme.
Bei der Untersuchung der Arme zeigte es sich ferner, dab sich
die Hohlräume des Magens und der Mantelhöhle bis in die letzten
Verzweigungen und Seitenläppchen erstrecken, und hierin, wie bei
D. arborescens, stets nur je einen Ausläufer entsenden. In den
meisten Armverästelungen befand sich auch ein Ast des Ovariums.
Über die Lagebeziehungen dieser Organe in den Armen gaben Quer-
schnitte folgenden Aufschluß: Im unteren Teil zieht sich durchweg
die Mantelhöhle hin. Darüber liegt im Bindegewebe des Mantels
ein Magenast und dorsal von diesem das Ovarium.
Dendrogaster arboreseens und Dendrogaster ludwigi usw: 131
Die undifferenzierten Ovarialzellen waren nicht zu erkennen,
dagegen mit einiger Deutlichkeit Eizellen im Stadium der Wachstums-
periode mit Keimbläschen und Keimfleck, umgeben von einem Follikel.
Die größten Oocyten maßen 0,16 mm. In der Mantelhöhle befand
sich eine große Menge befruchteter Eier von länglichrunder Gestalt
und durchweg gleicher Größe, bis zu 0,42 mm. Ihr Erhaltungs-
zustand ließ nicht erkennen, nach welchem Typus ihre eben be-
sinnende Entwicklung vor sich ging. Von einer gemeinsamen oder
einzelnen Umhüllung der Eier ließ sich keine Spur nachweisen.
Weitere Einzelheiten waren den vorhandenen Resten nicht zu
entnehmen.
Bonn, 15. Juli 1906.
Literaturverzeichnis,
1903. WILHELM BERNDT, Zur Biologie und Anatomie von Aleippe lampas Han-
eock, Diese Zeitschr. Bd. LXXIV. S. 396—457.
1905. CLAUS-GROBBEN, Lehrbuch der Zoologie. 7. Aufl. Marburg.
1902. E. FıLATowA, Quelques remarques & propos du developpement post-
embryonnaire et l’anatomie de Balanusimprovisus. Zool. Anz. Bd. XXV.
p- 379—385.
1890. G. HERBERT FOWLER, A Remarkable Crustacean Parasite, and its Bearing
on the Phylogeny of the Entomostraca. Quart. Journ. of Mier. Se.
New Ser. Vol. XXX. p. 107—120.
1866-79. Bronns Klassen und Ordnungen des Tierreichs. GERSTÄCKER, V. Bd.
1. Abteil. Crustacea. Leipzig u. Heidelberg.
1891. A. GIArRD, Remarques sur les notes precedentes. (Traduction des tra-
veaux de FowLErR 1890 et NormAN 1887, p. 80—%.) Bull. Scient. de
la France et de la Belgique. T. XXIII. p. %—99.
1893. A. GRUVEL, Contributions ä l’Etude des Cirrhipedes. Arch. d. Zool. exp.
et gen. 3e Ser. T. I. p. 410-610.
1890—93. KORSCHELT u. HEIDER, Lehrbuch der vergleichenden Entwicklungs-
geschichte der wirbellosen Tiere. Spezieller Teil.
1902—03. —— —— Allgemeiner Teil.
1891. N. KnıpowItsch, Dendrogaster astericola nov. g. et sp., eine neue Form
aus der Gruppe Ascothoracida. Biol. Centralbl. Bd. X. 8. 707— 711.
1892. —— Beiträge zur Kenntnis der Gruppe Ascothoracida. Trav. de la Soe.
d. Nat. de St. Pötersbourg. Sect. de Zool. et de Phys. Tom. XXI.
Livr. 2. p. 1-15. |
1893. —— Sur le Groupe des Ascothoracida (H. de L.-D.). Analyse par M. Raco-
vITZA; Remarque par H. DE LACAZE-DUTHIERS. Arch. d. Zool. exp.
et gen. Notes et Revue. p. XVII—XX.
1880. H. nz LAcAZE-DUTHIERS, Histoire de la Laura Gerardiae type nouveau
de Crustace parasite. Arch. d. Zool. exp. et gen. T. VIII. p. 537--581.
9%
132 | Otto le Roi,
1883. H. DE LACAZE-DUTEHIERS, Histoire de 1a Laura Gerardiae type nouveau
de erustace parasite. Mem. de l’Acad. des Sciences de I’Inst. de France.
T. XLII. p. 1—160.
1887. C. A. M. NorMmAn, Report on the Occupation of the Table (at the Zool.
Stat. at Naples). Rep. of the 57 Meet. of the Brit. Ass. f. the Adv. of
Se. p. 85—86. | |
1890. M. NussBAum, Anatomische Studien an californischen Cirripedien. Bonn.
1905. OTTo LE RoI, Zwei neue parasitische Cirripedien aus der Gruppe der
Ascothoracida. Zool. Anz. Bd. XXIX. S. 399—401.
1897. W. WELTNER, Verzeichnis der bisher beschriebenen recenten Cirripedien-
arten. Arch. f. Naturgesch. Jahrg. 63. Bd. I. S. 227-280.
Erklärung der Abbildungen.
Für alle Figuren gültige Bezeichnungen:
bg, Bindegewebe; Mg, Hauptmagen;
ch, Chitin; Mh, Mantelhöhle;
ep, Epithelzellen; ms, Mittelstück;
fr, Verwachsungsfurche der zweiten Mxı, erste Maxillen;
Maxillen; Mxs, zweite Maxillen;
H, Vorraum; Ob, Oberlippe;
K, Kanäle des Genitalapparates; Oes, Oesophagus;
kb, Keimbläschen; Or, Ovarium;
Kf, Keimfleck; rm, Ringmuskeln;
Im, Längsmuskeln; sp, Mantelspalte;
on, Muskeln; x, undifferenzierte Keimzellen.
Ma, Magenäste;
Tafel VII.
Fig. 1. Dendrogaster arborescens von oben gesehen in Depsacaster sladeni
Nach einer Photographie. Natürl. Größe. Der Endteil des oberen linken Neben-
armes ist nicht mehr auf der Figur, derjenige des oberen rechten Nebenarmes
fehlt. Ah, Hauptarm; na, Nebenarm.
Fig. 2. Derselbe von unten. Nach einer Photographie. Natürl. Größe.
Fig. 3. Sagittalschnitt durch die Mitte des Mittelstücks, nach Querschnit-
ten rekonstruiert, halb schematisch. Vergr. 12. Verdauungsapparat grün, Ovar
rot, Oviduct gelb. K, Mundkegel; Od}, Ausführungsgang; Ods, sackförmiger Teil
des Oviducts; e, Dorsalfalte der Mantelwand; Z, Lateralfalte der linken Mantel-
wand; V, Anschnitte von Seitenfalten der rechten Mantelwand; /, Furchen der
rechten Mantelwand; w, Mantelwand. Die punktierten Linien / und 2 deuten
die Lage der in Fig. 21 und 22, Taf. VIII dargestellten Querschnitte an.
Fig. 4. Linke Antenne, von links gesehen, rekonstruiert aus Querschnitten.
Vergr. etwa 100. Nur die Muskeln der linken Hälfte sind eingezeichnet, ebenso
von den Anhängen nur der Haken, hk, und das »Anhängsel« r.
Fig. 5. Sagittalschnitt durch das Vorderende des Mittelstücks; Mundwerk-
zeuge plastisch. Aus Querschnitten rekonstruiert. Vergr. 25. Oberlippe gelb;
u
Dendrogaster arborescens und Dendrogaster ludwigi usw. 133
erste Maxille karminrot; zweite Maxille ziegelrot; Verdauungsapparat grün;
Nervensystem blau, N; BD, Zapfen; ant, Antenne.
Fig. 6. Querschnitte durch die Mundwerkzeuge. Vergr. 65. a, Schnitt
durch die röhrenförmig verwachsene Oberlippe und die Spitzen der zweiten
Maxillen. 5, Schnitt durch die Oberlippenröhre mit Vorraum, die Spitzen der
ersten und die verwachsenen zweiten Maxillen. ce und d, Schnitte durch die
verwachsenen Mundwerkzeuge.
Fig. 7. Querschnitt durch die verwachsenen beiden Maxillen. Vergr. 125.
bf, Bindegewebsfasern; ex, Ausführungsgänge der Exeretionsapparate; gh, Ge-
enkhäutchen; /, sternförmige Chitinfalten.
Fig. 8. Querschnitt durch den Anfangsteil des Oesophagus. Vergr. 220.
Fig. 9. Querschnitt durch die Mitte des Oesophagus. Vergr. 220. m, Ra-
diärmuskeln. |
Fig. 10. Querschnitt durch den Zapfen. Vergr. 125. me, Epithel des Magens.
Fig. 11. Magenepithel quergetroffen. Vergr. 220. 5, Mageninhalt.
Tafel VIII.
Fig. 12. Querschnitt durch die Bauchkette. Vergr. 220. ng, Neuroglia der
Autoren; rx, Riesenganglienzellen; g, gewöhnliche Ganglienzellen; »%, Kerne der
Neuroglia.
Fig. 13. Querschnitt durch den Ausführungsteil der Oviduete. Vergr. 220.
Fig. 14. Querschnitt durch das Epithel des sackförmigen Oviduetabschnit-
es. Vergr. 220.
Fig. 15. Ovarialteil mit Spermatozoen sn. Vergr. 125. Ir, Basalmembran.
Fig. 16. Teil eines Ovars mit Ooceyte und Follikelbildung. Vergr. 220.
Fig. 17. Ovarialteil mit entwickelteren Ooeyten. Vergr. 125. fk, Follikel;
d, Öocyte im Verbande der Follikelzellen.
Fig. 18. Befruchtetes Ei mit Blastodermkappe. Vergr. 50. Öl, Blastoderm.
Fig. 19. Schnitt durch einen Kanal des Genitalapparates. Vergr. 125.
px, drüsige Epithelzellen.
Fig. 20. Querschnitt durch die Mantelwand des Mittelstücks. Vergr. 125.
kx, Körnchenbelag; epı, Epithel der Außenseite; eps, Epithel der Innenseite.
Fig. 21 u. 22. Querschnitte durch das Mittelstück, entsprechend den punk-
tierten Linien 7 (= Fig. 21) und 2 (= Fig. 22) in Fig. 3, Taf. VII. Vergr. 24.
e, Dorsalfalte der Mantelwand; Z, Lateralfalte der linken Mantelwand; ep», Innen-
epithel des Mantels; px, Epithel der Kanäle des Genitalapparates.
Fig. 23. Dendrogaster ludwigi, nach einer 1877 von Geheimrat LUDWIG
angefertisten Zeichnung. Natürl. Größe. hg, Verästelungen des einen Haupt-
armes; ng, Verästelungen des andern Hauptarmes.
Die Genitalanlagen der Rhizophysalien.
Von
Dr. med. Otto Steche, Leipzig.
Mit Tafel IX—XI und 3 Figuren im Text.
Unter den Physophoren, den mit einer Pneumatophore ausge-
statteten Siphonophoren, nimmt die Gruppe der Rhizophysalien
zweifellos eine scharf abgesonderte Stellung ein. Schon äußerlich
markiert sich diese auf den ersten Blick durch den außerordent-
lichen Umfang der Pneumatophore, welche die fast aller andern
Physophoren, mit Ausnahme der Velleliden und Porpitiden, um ein
Vielfaches an Größs übertrifft. Bei Physalia erreicht sie eine ge-
vadezu monströse Ausbildung, weitaus die größte, die wir in der
Siphonophorenreihe überhaupt kennen. Sie geht dabei vielfache
Veränderungen ein, Anpassungen an das Schwimmen auf der Wasser-
oberfläche, doch zeigt die Entwicklungsgeschichte, daß sie sich auf
die einfachere Pneumatophore der Rhizophysiden leicht zurück-
führen läßt.
Abhängig von dieser Größe der Pneumatophore ist jedenfalls
ein zweiter Oharakterzug der Rhizophysalien, nämlich der Mangel
an Schwimmglocken. Sie waren überflüssig geworden, da der
hydrostatische Apparat allein genügte, um die Kolonie in richtiger
Stellung und Höhe im Wasser zu erhalten, und wurden deshalb
rückgebildet. i
Zwei andre Merkmale lassen sich dagegen nicht so einfach auf
Anpassung an eine neue Lebensweise zurückführen, vielmehr sprechen
sie dafür, daß die Rhizophysalien sich schon früh in der Stammes-
geschichte von den andern Physophoren abgezweigt haben müssen.
Es ist dies einmal der vollständige Mangel an Deckstücken, die
fast allen andern Gruppen zukommen. Doch sind Deckstücke im
Siphonophorenorganismus recht labile Gebilde, die bei nahe ver-
Die Genitalanlagen der Rhizophysalien. 135
wandten Formen ganz verschieden ausgebildet sein können, so daß
es mißlich wäre, ihnen allein eine so wesentliche Bedeutung zuzu-
schreiben. Wichtiger ist deshalb der zweite Faktor, der durchaus
abweichende Bau der Genitalanlagen. Sie unterscheiden sich ein-
mal so fundamental von denen aller andern Physophoren, ander-
seits sind sie bei den verschiedenen, hierher gehörigen Gruppen so
ähnlich, daß sie den besten Beweis für die natürliche Zusammen-
sehörigkeit der Formen geben, die Cuun 1888 als Rhizophysaliae
vereinigte und als besondere Unterordnung den übrigen Physopho-
ren gegenüberstellte.
Neben der großen Pneumatophore, die natürlich zuerst alle Auf-
merksamkeit auf sich zog und eine große Literatur hervorrief, waren
es besonders diese eigenartigen Genitaltrauben, die das Interesse
der Forscher auf sich lenkten. Während wir aber jetzt über die
Struktur der Luftflasche wohl unterrichtet sind, gelang es bei den
Geschlechtsanlagen nicht, völlig über ihren Bau und ihre Funktion
ins klare zu kommen.
Das Problem, das vorlag, wurde schon sehr früh erkannt. Be-
reits HuxLEy berichtet in seiner 1859 erschienenen Abhandlung
»The oceanie Hydrozoa« die merkwürdige Tatsache, daß es ihm
nicht gelungen sei, die weiblichen Anlagen der Kolonie aufzufinden.
An den Seitenzweigen der einzelnen Genitaltrauben fanden sich eine
Anzahl halbkugeliger Vorwölbungen, die nach Analogie der übrigen
Siphonophoren ohne weiteres als Spermarien imponierten. Darüber
stand eine deutlich ausgebildete Meduse, mit Radiär- und Ring-
kanälen, an einem langen Stiel. Die Vermutung lag sehr nahe, in
ihr die Bildungsstätte der weiblichen Keimzellen zu sehen, doch
gelang es HuxLEY zu seiner Überraschung nicht, irgend eine Spur
davon nachzuweisen. Sofort drängte sich wieder ein Analogieschluß
auf. Bei einer Anzahl von Hydroiden lösen sich die Geschlechts-
medusen’auf einem frühen Stadium ab und bringen erst während
ihres pelagischen freien Lebens die Keimzellen zur Reife. Ein sehr
sutes und besonders naheliegendes Vergleichsobjekt sind die Velle-
liden, an deren Blastostylen wohl ausgebildete Anthomedusen
knospen, die sogenannten Chrysomitren. Diese zeigen bei ihrer Ab-
lösung noch keine Spur von Keimzellen. Zuerst durch einen zu-
fälligen Fund METSCHNIKOFFS in der Straße von Messina, später
durch systematische Tiefenfänge gelang jedoch der Nachweis, daß
diese Chrysomitren in das Tiefenwasser hinabsinken und dort ihre
Geschlechtsprodukte zur Entwicklung bringen. Die nach der Be-
136 Otto Steche,
fruchtung sich entwickelnde Larve steigt durch Bildung spezifisch
leichter Stoffe wieder an die Oberfläche empor.
Es lag sehr nahe, hier eine ähnliche Loslösung der Meduse in
unreifem Zustande anzunehmen, um so mehr, da selbst die ältesten
Exemplare noch kein ausgebildetes Manubrium zeigten. Diese von
HuxLEY ausgesprochene Annahme wurde von allen späteren Beob-
achtern geteilt. Auffallend war nur, daß man niemals entweder
losgelöste Medusen, noch, was viel leichter gewesen wäre, Kolonien
antraf, an deren Genitaltrauben die Medusen abgelöst waren. HAECKEL
führt in seinem Challenger-Bericht allerdings eine derartige Beob-
achtung an, doch ist eine Verwechslung sehr leicht möglich. Die
Physalien haben nämlich an ihren Genitaltrauben polypoide An-
. hänge, die in ihrem Bau den Medusenstielen in hohem Grade glei-
chen, — die sogenannten Gallertpolypoide, von denen später noch
zu reden sein wird — und die deshalb sehr leicht fälschlich als
Medusenreste gedeutet werden können. HAECKEL war jedenfalls so
fest von der Richtigkeit seiner Hypothese überzeugt, daß er fort-
während von weiblichen medusoiden &onophoren spricht, in deren
Manubrium die Eier reifen, und nur kurz erwähnt, daß tatsächliche
Beobachtungen darüber noch nicht vorliegen.
Auch Cnuvn, der Begründer der Gruppe der Rhizophysalien, dem
wir die eingehendste Beschreibung ihres ganzen Baues und auch
der Genitalanlagen verdanken, teilt diese Ansicht durchaus, wenn
er gleich die mangelnden Beweise hervorhebt. Merkwürdig ist, daß
alle diese Beobachter angeben, reife Spermatozoen bemerkt zu haben,
ohne sich eine Vorstellung darüber zu bilden, wie denn die Be-
fruchtung zustande kommen soll, wenn die beiderseitigen Geschlechts-
produkte zu so ganz verschiedenen Orten und Zeiten zur Reife
kommen.
Als letzte Arbeit über diesen Gegenstand erschien 1897 eine Publi-
kation von SEITARO GOTO, in der sehr eingehende und meist rich-
tige Angaben über die Entwicklung der männlichen Gonophoren
semacht werden. Natürlich kommt der Autor auch auf das Problem
der Entwicklung der weiblichen Anlagen zu sprechen, vermag aber
da nichts Neues vorzubringen. |
Im Winter 1905 beschäftigte ich mich mit Untersuchungen über
Glockenkernbildung bei Hydroiden und Siphonophoren. Bei der
Gelegenheit fertigte ich auch Schnittserien durch das sogenannte
weibliche Gonophor von Physalia an. In einer derselben hatte ich
zufällig ein ganz großes »männliches Gonophor« mit geschnitten.
Die Genitalanlagen der Rhizophysalien. | 137
In ihm fand ich zu meinem größten Erstaunen eine einschichtige
Lage von ganz unreifen Keimzellen, während ich ein dickes Sper-
marium erwartet hatte. Dieser Befund reizte mich natürlich zur
weiteren Verfolgung, und nach mannigfachen Irrtümern, bedingt da-
durch, daß ich auch ganz in der herkömmlichen Vorstellung be-
fangen war, gelang es mir, die Frage nach der Entstehung der
Geschlechtszellen bei den Rhizophysalien in befriedigender Weise
zu lösen. Herr Geheimrat CHun stellte mir für diese Untersuchungen
sein außerordentlich reiches Material an Rhizophysalien zur Ver-
fügung, das vorwiegend von der deutschen Tiefseeexpedition, aus
Neapel und von der Chierchia-Expedition stammte und eine Anzahl
von Species der Oberfläche wie der Tiefsee umfaßte. Es war mir
dadurch ein vorzügliches Vergleiehsmaterial geboten, und ich möchte
diese Gelegenheit nicht vorübergehen lassen, Herrn Geheimrat CHun
meinen verbindlichsten Dank für seine Freundlichkeit auszu-
sprechen.
Zum Verständnis der folgenden Ausführungen wird es nötig sein,
mit ein paar Worten die Verteilung der Genitalanlagen am Stamm
einer Rhizophysalie zu erwähnen. Am leichtesten ist dies bei R/uxo-
physa, wo die Verhältnisse noch am ursprünglichsten und klarsten
zutage liegen. Rhizophysa besitzt einen langen, verhältnismäßig
dünnen drehrunden Stamm, an dessen oberem Ende die große, birn-
förmig gestaltete Luftflasche sitzt. Die Anhänge stehen an diesem
Stamm alle auf einer geraden, längs verlaufenden Linie, die die
Ventralseite der Kolonie markiert. In dieser Linie nehmen die ein-
zelnen Gruppen von Anhängen distal an Größe zu. Es folgen sich
in regelmäßigen, allmählich an Länge zunehmenden Abständen je
ein Freßpolyp, an dessen Stielabschnitt ein langer Fangfaden sitzt.
Zwischen diesen Gruppen, in der Mitte der Internodien, sitzen die
Genitalanlagen. Im entwickelten Zustand bilden sie bei Khizophysa
ein großes traubenförmiges Organ. An einem ziemlich kurzen,
dieken, muskulösen Stamme sitzen eine ganze Anzahl von Seiten-
zweigen, bis etwa 30. Jeder dieser Seitenzweige besteht seinerseits
aus einem eylindrischen Stiel, der an seinem Ende in einen Taster,
den sogenannten Genitaltaster, ausläuft, von polypoidem Bau, ohne
Mundöffnung. Rings um die Achse dieses Stiels sitzen sechs bis
zehn kugelige bis ovale Säckchen, die sogenannten männlichen Gono-
phoren. Zwischen ihnen, dieht unterhalb des Genitaltasters, findet
sich ein medusoides Gebilde, mit langem Stiel, typisch ausgebil-
deten Ring- und Radiärkanälen und einem deutlichen Velum, das
138 Otto Steche,
die Öffnung der Glockenhöhle umsäumt. Es stellt das sogenannte
weibliche Gonophor dar.
Gehen wir am Stamm aufwärts gegen die Pneumatophore zu,
so nehmen alle diese eben beschriebenen Gruppen an Größe ab.
Dies hat seinen Grund darin, daß sie alle hervorgehen aus einer
Knospungszone, die im Bereich der Luftflasche selbst liegt und von
der aus die einzelnen Anhänge durch Streckung des Stammes all-
mählich distal verlagert werden. Diese Knospungszone zieht sich
als deutlich markierter Streifen weit an der Wand der Pneuma-
tophore in die Höhe. Ihr jüngster Teil stellt eine verdickte Lage
von Eeto- und Entoderm dar. Je weiter wir distal förtschreiten,
desto mehr erhebt sie sich kammartig, und nach und nach beginnt
sie sich in einzelne Anlagen zu sondern. Zuerst treten zapfen-
artige Vorsprünge auf, die künftigen Freßpolypen. Weiter unten
sehen wir diese an ihrem dünneren Stielabschnitt eine halbkugelige
Vorwölbung bilden, die Anlage des Fangfadens. In dieser selben
Zone treten auch die ersten Anlagen der Genitaltrauben auf. Zwi-
schen den einzelnen Polypenanlagen bildet nämlich die Knospungs-
zone rundliche, zunächst ganz ungegliederte Vorsprünge. Sie nehmen
an Größe zu, je weiter wir distal vorrücken. Etwa in der Zone,
wo wir von der Basis der Pneumatophore auf den Stamm über-
gehen, beginnen sie sich zu differenzieren. Sie sind inzwischen zu
ovalen Säckchen herangewachsen und diese treiben nun ihrerseits
ringsum halbkugelige Vorsprünge, die Anlagen der einzelnen Seiten-
zweige. Schritt für Schritt läßt sich nun die weitere Differenzierung
verfolgen, wie dies Cuux schon in seinem Aufsatze Ȇber den Bau
und die morphologische Auffassung der Siphonophoren« getan hat.
Die einzelnen Vorsprünge strecken sich in die Länge. An ihrem
Ende setzt sich eine konische Partie durch einen dünneren Stiel ab,
die Anlage des Genitaltasters.. Dicht darunter entsteht eine typi-
sche Glockenkernanlage, aus der die Meduse des sogenannten weib-
lichen Gonophors sich entwickelt. Erst wenn diese schon stattlich
herangewachsen ist und alle medusoiden Schichten angelegt hat,
entstehen rings um den Stamm neue Aussackungen, die Anlagen
der »männlichen Gonophoren«. Ich habe der Cuunschen Schilde-
rung nichts Wesentliches hinzuzufügen, nur eins möchte ich bemerken.
Die Stelle der Medusenanlage sondert den Stiel des Seitenzweigs
nicht in so scharfer Weise in zwei Abschnitte, wie CHun annimmt.
Allerdings entstehen die männlichen Gonophoren zum größten Teil
im proximalen Abschnitt, aber gewöhnlich sitzen noch einer gegen-
Die Genitaianlagen der Rhizophysalien. 139
über und einer distal von dem Medusenstiel, so daß also die gene-
rative Zone nicht auf den proximalen Abschnitt beschränkt ist.
Im weiteren Verlauf reifen diese Anlagen immer mehr heran,
ohne daß noch eine weitere Differenzierung einträte. Der Genital-
taster streckt sich bedeutend in die Länge, die Meduse bildet eine
weite Glockenhöhle, die nach außen durchbricht, die Gonophoren
wachsen heran und formen sich zu medusoiden Gemmen um. Auf
alle diese Details werde ich später noch eingehender zu sprechen
kommen. Hier kommt es mir nur darauf an, zu zeigen, wie man
an einem und demselben Exemplar die ganze Entwicklung schritt-
weise verfolgen kann und daraus ein klares Bild über den Aufbau
der Genitalanlagen zu gewinnen vermag. Bei Physalia liegen die
Dinge im Prinzip ähnlich. Hier ist aber der Stamm sehr stark ver-
kürzt und auf die Ventralfläche der Pneumatophore zurückgezogen.
Infolgedessen sind die einzelnen Anhänge dicht gedrängt und in
ihrer Reihenfolge nicht so leicht zu erkennen. Auch ist die Knospungs-
folge eine etwas abweichende und weniger durchsichtige und der
Bau der Genitaltrauben verwickelter, wie später noch genauer zu
zeigen sein wird.
Die histologische Untersuchung der hier geschilderten Entwieck-
lungsstadien lehrte mich nun Herkunft und Verteilung der Keim-
zellen genau kennen und gab damit eine eindeutige einfache Lösung
des alten Problems. Verfolgen wir also zur Darlegung dieser Ver-
hältnisse die Genitalanlage durch die ganze Entwicklungsreihe so
weit als möglich.
Das erste, was wir von Genitalanlagen wahrnehmen können,
ist, wie oben gesagt, eine schwache halbkugelige Vorwölbung zwi-
schen den Anlagen je eines Freßpolypen mit seinem Fangfaden.
Ein Durchschnitt durch dies Stadium zeigt folgendes Bild:
Das Eetoderm der Knospe besteht aus einer einfachen Lage
hoher kubischer Zellen mit hellem Protoplasma und großen Kernen,
die ein oder zwei Kernkörperchen und kleine Chromatinkörnchen,
ziemlich regelmäßig in einem Netzwerk verteilt, enthalten. Das
Entoderm dagegen ist mehrschichtig; es erfüllt das Lumen bis auf
einen schmalen Spaltraum. In ihm zeigt sich nun von vornherein
eine deutliche Differenzierung in zwei Zellarten. Das Lumen um-
geben hocheylindrische, eng aneinander gedrängte Zellen. Sie ent-
sprechen in ihrem Habitus völlig denen, die das einsehichtige Ento-
derm des Stammes bilden, nur sind sie als jugendliche Zellen noch
regelmäßiger geformt und protoplasmareicher. Ihr Kern ist lang
140 | | Otto Steche,
gestreckt, enthält meist zwei Nucleoli und ist dunkler gefärbt durch
. große eckige, ebenfalls netzartig verteilte Chromatinbroecken, zwi-
schen denen kleinere Chromatinelemente als feine Körnehen diffus
zerstreut sind. Diese Zellen liegen im wesentlichen einschichtig,
nur selten drängen sie sich zu zweit übereinander. Zwischen ihnen
und der Stützlamelle liegt nun eine mehrfache Lage von Zellen, die
durch Form und Färbung von vornherein als andersartig charak-
terisiert sind. Meist sind sie rundlich, durch gegenseitige Abplattung
etwas unregelmäßig polyedrisch gestaltet. Ihr Protoplasma ist ganz
hell und feinkörnig, Zellgrenzen sind nur schwer wahrzunehmen.
Die Kerne unterscheiden sich von denen des darunterliegenden En-
toderms sofort durch größere Helligkeit. Sie gleichen im Farbenton
etwa den Ectodermkernen, haben gleich ihnen auch ein fein gra-
nuliertes Chromatinnetz, unterscheiden sich aber von ihnen durch
die bedeutendere Größe der Nucleolen, deren sie einen oder zwei
besitzen. Der Kern im ganzen ist entsprechend der Form der Zelle
mehr oder weniger rundlich. Charakteristisch für diese Zellen ist
nun besonders auch ihre Anordnung. Sie liegen unmittelbar unter
der Stützlamelle und zwar in Nestern beieinander. Ein solches Nest
setzt sich gewöhnlich aus etwa acht bis zwölf Zellen zusammen,
manchmal auch nur aus zwei bis vier. Sie bilden Halbkugeln, deren
Basis der Stützlamelle aufsitzt. Offenbar sind diese Haufen durch
Teilung einer einzigen Zelle entstanden. Ihre Lage, stets so un-
mittelbar unter der Stützlamelle, die hier an der Knospungsstelle
stark verdünnt war, brachte mich auf den Gedanken, es möchte
sich hier vielleicht um Einwanderung von Eetodermzellen handeln,
mit denen sie in Form und Färbung große Ähnlichkeit zeigten.
Diese Vermutung ließ sich nicht bestätigen. In allen Fällen fand
sich die Stützlamelle, wenn nur der Schnitt exakt genug geführt
war, um den Scheitel der Knospe senkrecht zu treffen, völlig intakt.
Da es mir nicht gelungen ist, diese Zellen weiter oberhalb in der
noch undifferenzierten Knospungszone mit Sicherheit nachzuweisen,
so bleibt nur die Annahme übrig, daß sie an Ort und Stelle durch
Abspaltung von Entodermzellen entstanden sind.
Diese »interstitiellen Zellen«, um mich eines indifferenten Aus-
druckes zu bedienen, der nach KLEINENBERGS Vorgang für solche,
der Stützlamelle anliegenden, abweichend gebauten Zellen vielfach
gebraucht worden ist, zeigen nun zweifellos eine rege Vermehrung.
Dafür sprechen einmal karyokinetische Figuren, die auch in allen
übrigen Schichten, besonders zahlreich aber gerade hier anzutreffen
Die Genitalanlagen der Rhizophysalien. 141
sind. Zweitens weist die erwähnte nesterförmige Anordnung darauf
hin, daß diese Zellhaufen durch Teilung aus einer Mutterzelle ent-
standen sind. Damit im Zusammenhang steht ein dritter Umstand.
Durch ihre rege Teilung haben diese interstitiellen Zellen das Ento-
derm von der Stützlamelle abgedrängt und üben bei ihrem Wachs-
tum einen Druck aus, der die ihnen zugewandten Teile der Ento-
dermzellen komprimiert, so daß sie eine halbmondförmige Gestalt
annehmen. Häufig sieht man nicht nur die Zellen, sondern sogar
die Kerne, die den interstitiellen Zellen unmittelbar anliegen, ab-
geplattet und in der Längsachse verkürzt.
Daß es sich hierbei nicht einfach um jugendliche Entoderm-
zellen handelt, lehrt ein Vergleich mit der Knospe eines Fangfadens,
die in unmittelbarer Nachbarschaft der Genitalanlage aus dem Basal-
abschnitt eines Freßpolypen hervorsproßt und genau auf derselben
Entwieklungshöhe steht (Fig. 1). Hier sehen wir unter einem hohen
mehrschichtigen Ectoderm ein Entoderm, das etwa ebensoviele
Schichten zeigt, wie das der Genitalknospe und das Lumen eben-
falls bis auf einen schmalen Spaltraum ausfüllt. Zwischen diesen
Entodermzellen ist aber nicht die geringste Andeutung eines Unter-
schiedes zu bemerken, alle sind hohe cylindrische Zellen, deren
Kerne eine gleiche Struktur und Färbung zeigen. Damit ist wohl
der beste Beweis geliefert, daß es sich in der Genitalanlage um
_ Zellen besonderer Art handelt.
‘“ Verfolgen wir nun ihr Schieksal im weiteren Verlauf der Ent-
wicklung. Auf den nächsten Stadien, in denen die Genitalknospe
sich immer stärker vorwölbt, bis sie ein ovales, kurzgestieltes Säck-
chen bildet, treffen wir die Zellen immer wieder in derselben typi-
schen Anordnung. Sie sitzen als halbkugelige Haufen der Stütz-
lamelle auf, allmählich an Zahl zunehmend, mehr als proportional
dem Wachstum der Gesamtknospe, so daß sie endlich eine ziemlich
eng geschlossene mehrschichtige Lage bilden. Nun beginnt sich
die Genitalanlage zu differenzieren durch Hervorsprossen der Seiten-
zweige. Eine einzelne solche halbkugelige Anlage bietet fast das-
selbe Bild wie die erste Anlage der ganzen Traube. Das Ectoderm
ist hier allerdings zellreicher durch Einlagerung einer Menge von
Nessel- und Drüsenzellen, aber Form und Färbung seiner Grund-
zellen sind dieselbe geblieben. Das Innere haben wir wieder ziem-
lich ausgefüllt von einer mehrschichtigen Zellmasse, an der man
sofort die einfache Lage dunkler typischer Entodermzellen von den
darüber liegenden helleren interstitiellen Zellen unterscheiden kann,
142 | ‘Otto Steche,
Bei genauerer Betrachtung ergibt sich jedoch ein Unterschied. An
der Spitze der ganzen Anlage findet sich stets ein Bezirk, dem
die interstitiellen Zellen völlig fehlen. Das Entoderm liegt dort
unmittelbar einschichtig der Stützlamelle an.
Die Bedeutung dieser Erscheinung ergibt sich sofort aus dem
Verhalten auf den nächsten Stadien. Die Seitenzweige beginnen
sich in die Länge zu strecken und in ihre einzelnen Teile zu diffe-
renzieren. Zuerst tritt an der Spitze die Anlage des Genitaltasters
auf als ein langgestreckter zapfenartiger Vorsprung, dessen Eetoderm
sich durch den Besitz besonders vieler Nesselkapseln und Drüsen-
zellen auszeichnet. Im Bau seines Entoderms finden wir nun von
vornherein eine wichtige Abweichung von der übrigen Genitalanlage.
Es besteht nur aus einer einfachen Schicht typischer Entodermzellen,
von den interstitiellen Zellen ist keine Spur zu bemerken.
Besonders schön demonstriert dies ein Längsschnitt durch die Spitze
eines Seitenzweiges. Man sieht dann, wie an der Basis des Tasters
die interstitiellen Zellen, die proximal eine mehrschichtige Lage
bilden, plötzlich wie abgeschnitten aufhören (Fig. 5). Offenbar
nehmen also diese interstitiellen Zellen ven vornherein am Aufbau
des Genitaltasters gar nicht teil.
Ganz dasselbe zeigt sich nun, und darauf ist besonders Wert
zu legen, wenn unmittelbar unter der Basis des Genitaltasters sich
das sogenannte weibliche Gonophor anzulegen beginnt. Fig. 4 stellt
einen Schnitt dar, der diese Medusenanlage und daneben, ebenfalls
längsgeschnitten, die Knospe eines »männlichen Gonophors« zeigt.
Wir sehen an dem ersten ein mehrschichtiges Eetoderm, durchsetzt
mit Drüsenzellen, im Inneren einen Glockenkern mit deutlicher
Glockenhöhle. Das Entoderm der ganzen Anlage ist einschichtig
und besteht aus cylindrischen Zellen mit langgestreckten dunklen
Kernen, typischen Entodermzellen. Nirgends ist eine der so leicht
kenntlichen interstitiellen Zellen zu erblicken, und auf keinem der
zahlreichen Schnitte, die ich daraufhin durchmustert habe, ist es
mir gelungen, in dieser Medusenanlage eine Spur davon nachzu-
weisen. Aus diesem Befunde folgt also mit absoluter Sicherheit,
daß diese Zellen auch nicht an der Bildung des » weib-
lichen Gonophors« beteiligt sind.
Etwas später als diese beiden ersten Organe beginnen sich an #
dem Seitenzweig der Genitaltraube die »männlichen Gonophoren< U
zu differenzieren. Sie erscheinen zunächst wieder als halbkugelige
Vorwölbungen, und diese wiederholen zum dritten Male das Bild,
Die Genitalanlagen der Rhizophysalien. 143
das uns zuerst bei Anlage der Gesamttraube, dann bei der der
Seitenzweige entgegentrat. Einschichtiges Eetoderm, mehrschich-
tiges Entoderm, bestehend aus einer dem Lumen zugekehrten Lage
von gewöhnlichen Entodermzellen und einer mehrfachen Schicht
von interstitiellen Zellen. In diese Gonophoren rücken also
die interstitiellen Zellen ein. Und zwar ergibt die Unter-
suchung weiterer Stadien, daß diese Gonophoren ihr alleiniger Be-
stimmungsort sind. Schon in dem Stadium der Fig. 4 findet man
im Entoderm der Achse des Zweiges nur noch vereinzelte Zellen,
und etwas später sind sie völlig daraus verschwunden und alle in
die Gonophorenanlagen eingerückt. Sie häufen sich in ihnen zu
einer dicken Lage an.
Diese Gonophoren strecken sich nun im Verlaufe der Entwick-
lung mehr und mehr zu länglich-ovalen, durch eine schmälere Stiel-
partie vom Stamme abgesetzten Gebilden. Erst wenn sie eine be-
trächtliche Größe erreicht haben, beginnen sie sich zu medusoiden
Gemmen umzubilden dadurch, daß an der Spitze sich ein ectoder-
maler Glockenkern einstülpt. Er ist von vornherein sehr schwach
ausgebildet, aus wenigen Zellen zusammengesetzt und bildet nur eine
schmale spaltförmige Glockenhöhle aus. Auf den nächsten Stadien
‚zeigt er aber eine rapide Größenzunahme. Sie rührt nicht davon
her, daß die Zellen sich durch Teilung rasch vermehrten, sondern
die interstitiellen Zellen treten in geschlossener Schar in
den Glockenkern über. Von Anfang an erscheint die seitliche
Abgrenzung der ectodermalen Einstülpung gegen die interstitiellen
Zellen nicht scharf, wie auch aus Fig. 4 ersichtlich, um so mehr,
da die Eetodermzellen den interstitiellen Zellen an Größe und Fär-
bung sehr ähnlich sind, so daß ich eine Zeitlang glaubte, der Glocken-
kern würde überhaupt direkt durch Zusammentritt der interstitiellen
Zellen gebildet, ganz ohne Einstülpung vom Eetoderm aus. Später
gelang es mir aber, diese mit Sicherheit nachzuweisen.
Durch die Aufnahme der interstitiellen Zellen wächst der
Glockenkern kappenförmig gegen die Basis des Gonophors hin vor.
Von seinen Blättern vergrößert sich hauptsächlich das innere, in
‚das die interstitiellen Zellen einrücken. Beide liegen dicht aufein-
ander, die Glockenhöhle bleibt dauernd ein schmaler Spaltraum.
Der ganze Prozeß verläuft sehr rasch. Bei dem Exemplar, von dem
Fig. 4 entnommen ist, die einen ganz kleinen Glockenkern zeigt,
sind an der nächst älteren Genitaltraube schon alle interstitiellen
Zellen in das Eetoderm übergetreten. Man sieht dann auf dem
144 | Otto Steche,
Längsschnitt einen hufeisenförmigen Zellkomplex, der durch eine
deutliche Stützlamelle vom Entoderm wie vom Eetoderm abgesetzt
‚ist. Er besteht vorwiegend aus den oft genannten hellen, rund-
lichen, ehemals »interstitiellen« Zellen. An seiner Peripherie finden
sich einige mehr abgeflachte Zellen, die eine Art Epithel darstellen,
von denen aber auch Fortsätze sich zwischen die inneren Zellen
hineinerstrecken. Das Entoderm, das von diesem Hufeisen umfaßt
wird und so ein kegelförmiges Manubrium darstellt — das also
hier nicht durch distales Vorwachsen des Entoderms, sondern durch
proximales Herabdringen des Eetoderms gebildet wird — besteht
Jetzt nur noch aus gewöhnlichen eylindrischen dunklen Zellen. Es
ist vielfach zweischichtig geworden, diese Vermehrung stammt aber
nicht daher, wie man denken könnte, daß die interstitiellen Zellen
sich in definitives Entoderm umgewandelt hätten. Vielmehr finden
im Entoderm selbst zahlreiche Kernteilungen statt, die zur Erklärung
dieses Zuwachses völlig ausreichen. Außerdem finden sich niemals
Übergänge zwischen interstitiellen und definitiven Entodermzellen.
Die interstitiellen Zellen liegen also jetzt im eetodermalen Über-
zug des Manubriums eines medusoiden Gonephors. Von den übrigen
Schichten einer Meduse ist allerdings nicht viel nachzuweisen. Selbst
das subumbrellare Eetoderm ist nicht als deutliche Sehieht abgrenz-
bar, ebensowenig eine Entodermlamelle.. Auf manchen Schnitten
nur finden sich zwischen dem Epithel des Manubriums und dem
äußeren Eetoderm, durch Stützlamellen abgesetzt, einige zerstreute
Kerne, die man einer dieser beiden rückgebildeten Lagen zurechnen
muß. Dagegen sind deutliche Radiärkanäle vorhanden, aber stets
nur zwei an der Zahl, wie Querschnitte beweisen. In ihrer Nach-
barschaft ist auch eine zusammenhängende einschichtige Entoderm-
lage erhalten. “ Br
Das Bild, das ich hier geschildert habe, gleicht vollkommen
dem, wie wir es bei der Anlage von Geschlechtsindividuen der
Hydroiden und Siphonophoren zu sehen gewohnt sind. Eine medu-
soide Knospe mit rückgebildeten Medusensehichten, deren ectoder-
males Manubriumepithel die Keimzellen enthält. Die weitere Ent-
wieklung beweist, daß auch in unserm Falle diese Auffassung be-
rechtigt ist. Wir dürfen von nun an die früheren »interstitiellen«
Zellen mit vollem Recht als Keimzellen bezeichnen. Da wir sie aber
ohne Lücke von dem ersten Auftreten der Genitalanlage an bis zu
ihrer Ankunft im Eetoderm des Manubriums verfolgt haben, so ist
damit der Nachweis für das Vorhandensein wohl differenzierter Keim-
Die Genitalanlagen der Rhizophysalien. | 145
zellen während der ganzen Entwicklung der Genitalanlage geliefert.
Wir haben sie durch alle Stadien auf ihrer Wanderung beobachtet
und gesehen, daß sie nur in die »männlichen Gonophoren« einrücken.
Der Genitaltaster und die »weibliche Meduse« bleiben vollkommen .
frei davon. Es ist damit der Beweis geführt, daß das sogenannte
weibliche Gonophor in Wahrheit mit der Produktion von
Geschlechtszellen gar nichts zu tun hat. Man müßte denn
annehmen, daß die so früh differenzierten Keimzellen nur bestimmt
Seien, sich zu Spermatozoen zu entwickeln und daß die Eizellen
erst viel später sich in der Meduse differenzierten. Daß auch diese
Annahme überflüssig und unrichtig wäre, wird der weitere Verlauf
der Entwicklung zeigen. Beiläufig bemerken möchte ich hier noch,
daß diese frühzeitige Verteilung der Keimzellen in die Gonophoren
auch den Umstand erklärt, daß wir später alle Gonophoren einer
Genitaltraube auf demselben Entwicklungsstadium finden. Da keine
Keimzellen im Entoderm des Stammes zurückbleiben, so ist eben
die fortdauernde Bildung neuer Gonophoren ausgeschlossen.
Lassen wir nun zunächst die Weiterentwicklung der Genital-
anlagen von Rhrizophysa beiseite und wenden uns zur Darstellung
der parallelen Entwicklung der Physala.
Wie schon im Anfang erwähnt, folgen bei Physalia, bedingt
durch ihren komplizierteren Bau, die einzelnen Stadien der Genital-
anlage nicht so übersichtlich aufeinander, und es war mir nicht
möglich, an einem und demselben Exemplar die ganze Reihe zu
-_ erhalten. Nachdem aber einmal bei Rhixophysa die ganze Entwick-
lung dargelegt war, gelang es auch leicht, sich in den Bildern von
Physalia zurechtzufinden.
Das jüngste Stadium, von dem ich Schnitte angefertigt habe,
zeigt eine Genitalanlage, die eben den Beginn der Differenzierung
der Gesamttraube erkennen läßt. Da die Genitaltraube von Physa-
ha nicht gleich der von Rhixzophysa einen einheitlichen Stamm auf-
weist, sondern von vornherein in mehrere Äste geteilt ist, die sich
dann noch weiterhin diehotom gabeln, so ist dementsprechend gleich
von Anbeginn die Gesamtanlage nicht halbkugelig, sondern gelappt.
Das histologische Bild dieses Stadiums ist folgendes:
Beide Blätter sind mehrschichtig. Eine Differenzierung in zwei
verschiedene Zellarten fällt zunächst im Entoderm wieder sehr deut-
lich auf. Doch ist sie etwas andrer Art als bei Rhixophysa. Es
gibt nämlich hier keine einigermaßen zusammenhängende Schicht
von interstitiellen Zellen. Vielmehr liegen zerstreut, einzeln oder
Zeitschrift-f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bad. 10
146 | Otto Steche,
zu wenigen zusammen, der Stützlamelle einige abweichend gefärbte
Zellen an. Sie sind vorwiegend charakterisiert durch ein dunkleres
' Protoplasma. Außerdem zeigt der große rundliche Kern ein oder
zwei deutliche große runde Nucleoli. Die Chromatinsubstanz ist in
feinem Netzwerk verteilt, an der Kernmembran liegt sie in etwas
srößeren Körnern angehäuft. Die Form der Zellen unterscheidet
sich sehr wesentlich von der bei Rhrxzophysa. Wir finden hier näm-
lich Anzeichen einer aktiven Bewegung, zahlreiche, in eine oder
mehrere Spitzen auslaufende amöboide Fortsätze. Diese Bewegung
ist gegen die Tiefe des Entoderms hin gerichtet. Meist sitzen die
Zellen mit einem breiteren basalen Abschnitt der Stützlamelle auf.
Dann folgt eine schmälere Partie, die an einer Stelle durch den
Kern blasig aufgetrieben ist, und der entgegengesetzte Pol läuft in
unregelmäßig zackige Fortsätze aus. Einzelne Zellen haben sich
schon fast völlig von der Stützlamelle getrennt und sind mit dem
größten Teil ihres Plasmas in die Tiefe zwischen die Entoderm-
zellen gerückt. Die gewöhnlichen Entodermzellen sind sehr blaß,
mit faserigem Plasma, kleineren länglichen Kernen, die ein fein-
körniges Chromatinnetz und fast konstant zwei Nueleolen enthalten.
Im Ecetoderm liegen nun hier, ebenfalls »interstitiell«, eine
größere Zahl von Zellen, die mit den amöboiden Zellen im Entoderm
in Färbung und Kernstruktur sehr große Ähnlichkeit haben. Die
Annahme, daß hier ein Einwandern eetodermaler Zellen ins Ento-
derm stattfände, lag noch viel näher als bei Rhrzophysa. Eine Zeit-
lang war ich sogar davon überzeugt, denn die Stützlamelle war
sehr dünn, und verschiedentlich glaubte ich Zellen auf dem Durch-
tritt zu erblicken. Infolge der unregelmäßig gelappten Gestalt der
ganzen Genitalanlage war es aber nicht möglich, Schnitte zu er-
halten, die in ganzer Ausdehnung senkrecht zur Stützlamelle ge-
richtet waren. Da die scheinbaren Durchtrittsstellen alle im Bereich
solcher etwas schräg geschnittener Partien lagen, so bin ich später
gegen meine Annahme wieder mißtrauisch geworden, besonders nach
den Erfahrungen bei Rhrxophysa, wo die Keimzellen sich ja noch weiter
rückwärts im Entoderm verfolgen ließen. Ich möchte meine Beob-
achtungen immerhin erwähnen, bin aber der Ansicht, daß auch bei
Physalia die Keimzellen, denn um diese handelt es sich natürlich
wieder, im Entoderm zuerst differenziert werden.
Auf den weiteren Stadien finden wir diese charakteristischen
Zellen nun in der Tiefe des Entoderms. Die Entwicklung der Ge-
nitalanlagen erfolgt im Prinzip parallel zu der von Rhrxophysa, nur
Die Genitalanlagen der Rhizophysalien. 147
eben weniger übersichtlich, da die ganze Anlage von vornherein
in mehrere Lappen geteilt ist. Alles Wichtige läßt sich aber auch
hier feststellen. Besonders ergibt sich, wie bei Rhrzophysa, daß die
Keimzellen weder in die Anlagen der Genitaltaster (es sind hier
zwei vorhanden) noch in die der Meduse einrücken. Meine Präpa-
rate zeigen dies mit voller Sicherheit, obwohl das Entoderm hier
überall mehrschichtig ist und der Unterschied deshalb nicht so in
die Augen springt. Ich wende mich gleich zur Darstellung der
Verhältnisse, wie sie sich bei der Entwicklung der Gonophoren er-
geben. Zunächst stellen diese eine einfache halbkugelige Vorwöl-
bung dar, wie bei AKhrxophysa. Beide Blätter, Entoderm wie Ecto-
derm, sind mehrschichtig. Das Entoderm ist so vollgepfropft mit
Keimzellen, daß die Knospe gar kein Lumen aufweist, vielmehr das
Entoderm noch zapfenförmig in den Hohlraum des gemeinsamen
Stieles der Genitaltraube vorspringt. Auch hier sind schon früh-
zeitig alle Keimzellen in die Gonophoren eingerückt und der Stiel
frei davon.
Die Glockenkernbildung beginnt hier bedeutend früher als bei
Rhizophysa, schon zur Zeit, wo die Gonophoren noch ganz kleine
Säckchen darstellen, und ist viel umfangreicher. Es entsteht da-
durch ein typischer, scharf abgesetzter Glockenkern mit deutlicher
Glockenhöhle, die von palisadenartig angeordneten, langgestreckt
eylindrisehen Eetodermzellen umgeben ist. Um diesen Glockenkern
sieht man nun die Keimzellen sich sammeln. Von allen Seiten
kommen sie aus der Tiefe des Entoderms herauf; ihre Protoplasma-
fortsätze sind alle gegen die eingestülpte Eetodermpartie gerichtet.
Und deutlich kann man verfolgen, wie sie in den Glockenkern ein-
dringen. Die Zellen werden dabei stark komprimiert, das Plasma
fädig ausgezogen, der Kern färbt sich infolge Verdichtung seines
Chromatinnetzes intensiver. Das Endresultat ist dasselbe wie bei
Rhizophysa. Alle Keimzellen werden in dem Glockenkern aufge-
nommen. Ihre Anordnung dort ist sehr charakteristisch und aus
der Art ihres Eindringens leicht verständlich. Die ursprünglichen
ectodermalen Glockenkernzellen sind vou den Keimzellen auseinander-
gedrängt worden. Sie bilden jetzt ein Balkenwerk, das sich am
besten einem System von T-Trägern vergleichen ließe. Die Kerne
liegen meist als epithelialer Überzug außen dem Keimlager auf,
doch finden sich auch eine Anzahl an der inneren Stützlamelle, die
_ die Abgrenzung gegen das Entoderm des Manubriums bildet. Das
Plasma bildet an beiden Grenzflächen eine dünne Schicht, und zwar
10*
148 | Otto Steche,
ist jede Zelle an beiden Oberflächen beteiligt. Zwischen ihnen ist
der Zellleib zu einem dünnen Verbindungsstrang ausgezogen. In
den Zwischenräumen des so gebildeten Gerüstwerkes liegen die
Keimzellen in mehrfachen Lagen, meist zu dreien übereinander.
Auch hier muß der Einwanderungsprozeb sehr schnell verlaufen,
denn obwohl ich zahlreiche Gonophoren dieses Stadiums geschnitten
habe, ist es mir doch selten gelungen, Keimzellen während der Ein-
wanderung anzutreffen. Sie beginnt anscheinend in den mittleren
Partien des Glockenkerns und erfolgt später mehr in der Randzone,
je weiter der Glockenkern sich kappenförmig ausdehnt und das
Entoderm von dem äußeren Ectoderm abtrennt. Das Manubrium
entsteht auch hier durch Vordringen des Eetoderms gegen die Basis
des Gonophors, nicht durch Einstülpung der Glockenhöhle von seiten
des Entoderms. Das Bild nach vollendeter Einwanderung gleicht
in den Grundzügen völlig dem von Rhrzophysa. Nur sind hier die
medusoiden Schichten bedeutend besser ausgebildet, entsprechend
der umfangreicheren Glockenkerneinstülpung. Subumbrellares Eeto-
derm und Entodermlamelle sind noch lange als deutliche zusammen-
hängende Schichten nachweisbar. Doch hat auch Physala nur zwei
Radiärkanäle, von Anbeginn, wie aus allen Querschnitten hervor-
geht. Merkwürdigerweise erhalten sich diese fast bis zum Ende der
Entwieklung mit weitem Lumen und gut ausgebildetem Zellbelag.
Zu erwähnen wäre ferner noch, daß das Entoderm des Manubriums
hier vielschichtig ist; man sieht in ihm, unmittelbar nach Abschluß
der Keimzellenwanderung, zahlreiche Hohlräume, die Lücken, welche
die Keimzellen bei ihrer Auswanderung gelassen haben.
Auch bei Physalva läßt sich also der klare Nachweis
erbringen, daß die vom Beginn der Entwicklung der Ge-
nitaltrauben an deutlich differenzierten Keimzellen nur in
das Ectoderm des Manubriums der sogenannten männlichen
Gonophoren einrücken. Auch hier bleiben sie der bisher
als weibliches Gonophor bezeichneten Meduse völlig fern.
Wie vollzieht sich nun die weitere Entwicklung der Keimzellen,
von diesem Stadium, wo wir sie, histologisch noch völlig indifferent,
im Ectoderm des Manubriums liegen sehen? Das erste Exemplar
eines herangewachsenen Gonophors, das ich schnitt und das mich
erst auf die ganze Frage aufmerksam gemacht hatte, zeigte eine
einfache Lage noch ganz unreifer Keimzellen. Dies Gonophor über-
traf alle andern mir vorliegenden Exemplare bei weitem an Größe,
stellte also ein sehr spätes Stadium dar. Ich wußte damals noch
Die Genitalanlagen der Rhizophysalien. | 149
nichts von der Entwicklung der Keimzellen, die wir soeben verfolgt
haben, glaubte vielmehr noch an die alte Theorie der weiblichen
Meduse. Dadurch wurde ich zunächst auf einen Irrweg geleitet.
Entsprechend der späten Entwicklung der Eizellen müßten, glaubte
ich, auch die männlichen Keimzellen noch lange auf einem indiffe-
renten Stadium erhalten bleiben. Ich nahm an, daß zu diesem Zweck
ein Verschmelzungsprozeß unter den Keimzellen Platz greife, dessen
Resultat dies letzte älteste, mir vorliegende Stadium sei. Zunächst
schien sich diese Vermutung zu bestätigen. Ich fand Zwischen-
stadien, in denen eine mehrfache Lage von Keimzellen vorhanden
war, mit reduziertem Plasımna, anscheinend in der Spermabildung be-
griffen. Es zeigte sich aber, daß eine große Zahl von ihnen als
Nährzellen wieder eingeschmolzen wurde und ich glaubte damit
meine Annahme bestätigt zu finden. Im weiteren Verlauf kam ich
aber an Exemplare, die von vornherein ein einschichtiges Keim-
epithel zeigten, bei denen eine Reduktion also gar nicht nötig war.
Dies verschaffte mir schließlich die Lösung des Rätsels. Die soge-
nannten männlichen Gonophoren der Rhizophysalien enthalten in
Wahrheit beide Arten von Geschlechtszellen. Und zwar sind die
Kolonien geschlechtlich differenziert; alle Trauben eines Exemplars
sind entweder nur männlich oder nur weiblich. Zuerst hatte ich
Trauben von einem Weibchen geschnitten, dann zufällig lauter jüngere
Männchen und erst zuletzt auch junge Weibchen gefunden.
Verfolgen wir nun zur genaueren Darlegung dieser Verhältnisse
die Entwicklung zunächst einer weiblichen Genitalanlage, als der
einfacheren. Da Rhrzophysa und Pkysalia sieh hier in allen wesent-
liehen Punkten gleich verhalten, so kann ich sie gemeinsam behan-
deln. Nur muß ich vorausschieken, daß die ältesten Stadien nur
von Physalia stammen, da mir von Rhixophysa keine ganz großen
Exemplare zur Verfügung standen. Die gleichmäßige Entwicklung
in den früheren Stadien berechtigt aber wohl zu dem Schlusse, daß
auch der weitere Verlauf im wesentlichen der gleiche sein wird.
Wir hatten die Entwicklung verfolgt bis zu dem Stadium, in
dem ein kappenförmiger Glockenkern gebildet war, der in sein das
Manubrium überziehendes Blatt alle Keimzellen aufgenommen hatte.
Nun erfolgt eine schnelle Größenzunahme der ganzen Genitaltraube
und damit auch der Gonophoren. Sie strecken sich stark in die
Länge. Dabei wird die Keimanlage passiv zu einer dünnen Schicht
ausgezogen. Denn die Keimzellen hören von jetzt an fast vollkommen
auf sich zu vermehren, nur ganz spärlich sieht man auf einzelnen
150 Otto Steche,
Schnitten eine Mitose. Endlich geht die Streckung so weit, daß
wir statt einer kontinuierlichen Schicht von Geschlechtszellen wieder
einzelne Gruppen von wechselnder Anzahl, im Schnitt nebeneinander
meist vier bis sechs, höchstens etwa zwölf erhalten. Sie liegen in
Fächern, die durch die oben geschilderten T-förmigen Eetodermzellen
des ursprünglichen Glockenkerns gebildet werden. Histologisch ist
auch auf diesem Stadium von Reifungserscheinungen nichts zu be-
merken. Die Eier gleichen noch fast völlig den Zellen, die zuerst
in den Glockenkern einwanderten. In Fig. 25 finden sich einige
dargestellt. Das Protoplasma der ziemlich großen, durch gegen-
seitigen Druck abgeplatteten unregelmäßigen Zellen ist dunkel und
stark granuliert. Der Kern ist groß, bläschenförmig. Sein Chro-
matin ist in feinen Körnern verteilt an einem Gerüstwerk, das
schleifenartig den Kern durchzieht. An der Membran liegt die chro-
matische Substanz in etwas größeren Körnern zusammen, in ziem-
lich regelmäßigen Abständen, wodurch die Kernmembran ein punk-
tiertes Aussehen erhält. Die Kerne enthalten ein oder zwei Nucleoli,
eine Regel ließ sich dafür nicht finden. Die Nucleolen sind sehr
dunkel, gleichmäßig gefärbt und rundlich. Abgesehen von dem
vielleicht etwas reichlicheren Plasma kennzeichnet noch nichts diese
Zellen als zukünftige Eizellen.
Die medusoiden Schichten sind bei dieser Vergrößerung der
sanzen Anlage natürlich auch sehr verdünnt worden. Immerhin
läßt sich an günstigen Stellen noch die typische Reihenfolge ecto-
und entodermaler Zelllagen nachweisen. Die auffälligsten Verände-
rungen haben die entodermalen Zellen des Manubriums durchgemacht.
Aus der ursprünglichen mehrschichtigen Lage länglicher, plasma-
reicher, wenig scharf abgegrenzter, einkerniger Zellen wird schließ-
lich eine einfache Schicht mehrkerniger Riesenzellen. Der Leib
dieser Zellen ist außerordentlich stark vacuolisiert, das Plasma
eigentlich nur als Scheidewände dieser großen Hohlräume erhalten.
Die Kerne liegen dicht gedrängt in der Mitte der Zelle. Manchmal
kann man deutlich vier, fünf und noch mehr voneinander abgrenzen,
n andern Fällen erscheinen sie verschmolzen. Sie sind dicht erfüllt
von feinen dunklen Granulationen. Die Nucleoli unterliegen einem
Auflösungsprozeß. Manchmal sieht man noch die ursprünglichen
zwei als rundliche, gleichmäßig gerärbte Gebilde erhalten. Häufiger
findet man statt dessen eine größere Anzahl zackiger unregelmäßiger,
schwarzer Brocken, die immer mehr an Größe abnehmen und end-
lich ganz aufgelöst werden. Diese Riesenzellen sind durch deut-
Die Genitalanlagen der Rhizophysalien. 151
liche Zwischenräume scharf voneinander abgesetzt. Sie sind von
sehr hocheylindrischer Form und begrenzen in einfacher Schicht das
sehr weite Lumen des Gonophors. Riesenzellen sind bei Siphono-
phoren durchaus keine seltene Erscheinung im Entoderm; das schönste
Beispiel sind die Saftbehälter von Calycophoriden, doch hat Cuux .
auch solche Zellen aus dem Entoderm von Tastern und Freßpolypen
bei Physalia beschrieben. Dort ist ihre Bildung sicher durch Ami-
tose hervorgerufen. Im vorliegenden Falle ist ihr Habitus abwei-
chend und legt den Gedanken nahe, daß diese Zellen durch Ver-
schmelzung entstanden seien. Leider ermöglichte die Art der Kon-
servierung nicht, einen exakten Beweis für diesen eigenartigen und
theoretisch nicht besonders wahrscheinlichen Vorgang zu führen.
Komplizierter liegen die Verhältnisse bei der Entwicklung der
männlichen Anlagen. Die Streckung der Gonophoren führt hier
nicht dazu, die Keimzellen in eine einfache Schicht auszuziehen,
denn von vornherein findet im Spermarium eine lebhafte Zellteilung
statt. Es entsteht auf diese Weise eine vielschichtige Lage von dicht
sedrängten Keimzellen. Ihr Plasma wird durch die schnell folgen-
den Teilungen stark reduziert, auch die Kerne selbst nehmen all-
mählich an Größe ab. Zunächst nur unbedeutend, erst auf einem
sanz weit entwickelten Stadium, das einer isolierten Genitaltraube
entstammt, die Professor CHun eben ihrer auffallenden Größe wegen
‘besonders aufgehoben hatte, wird sie stärker bemerkbar. Scheinbar
gleicht also diese Entwicklung völlig der, wie sie in den Hoden-
anlagen der Hydroiden und Siphonophoren sonst zu verlaufen pflegt
und wie sie von THALLWITZ eingehender geschildert worden ist.
Bei genauerer Beobachtung zeigen sich aber einige bedeutungsvolle
Unterschiede. Bei den gewöhnlichen Spermarien findet sich stets
das Bild, daß die Zellen von dem Centrum nach der Peripherie des
Hoden an Größe abnehmen, d. h. daß die Zellteilung von außen
nach innen fortschreitet und die am weitesten entwickelten Zellen
an der Peripherie liegen. Hier ist davon nichts zu bemerken. Im
Gegenteil, die kleineren, dunkler gefärbten, zugleich protoplasma-
ärmeren Zellen angehörigen Kerne liegen im Centrum, an der Pe-
ripherie größere, hellere, protoplasmareichere. Im Zusammenhang
mit dieser Erscheinung steht vielleicht ein Vorgang, der besonders
auf den mittleren Entwicklungsstadien deutlich zu verfolgen ist.
Dort treten nämlich zwischen den gewöhnlich polyedrischen Zellen
mit ihren runden Kernen andre auf, die in Zerfall begriffen scheinen.
Sie sind stark komprimiert, langgestreckt, ihr Plasma ist dunkel-
152 Otto Steche,
schwarz gefärbt. An ihren Kernen kann man alle Übergangsstadien
verfolgen, von solchen, die noch fast normal rund und hell erscheinen,
bis zu amorphen schwarzen Chromatinbrocken. Offenbar werden sie
von den andern Zellen als Nährmaterial aufgebraucht. Sie treten
. vorwiegend in den mittleren und Randpartien auf, und damit mag
in Zusammenhang stehen, daß die überlebenden Zellen dort wieder
srößer und plasmareicher sind als im Öentrum.
Von Reifungserscheinungen ist auch an den männlichen Keim-
zellen nichts zu bemerken, bis auf das letzte, durch einen großen
Abstand getrennte Stadium. Ich habe eine Reihe von Abbildungen
gegeben, die das verschiedene Verhalten der chromatischen Sub-
stanz und die Größenunterschiede der Kerne demonstrieren sollen.
Die zu Anfang hellen Kerne mit ihrem fein verteilten Chromatin
verdunkeln sich allmählich, was wohl auf einem Verdichtungsprozeß
beruhen mag. Die Chromatinbrocken werden größer, auf einigen
Stadien sieht man die Nucleolen, deren auch hier meist ein bis
zwei vorhanden sind, eckige Formen annehmen, sich in Fortsätze
ausziehen, dort, wo die Fäden des Kerngerüstes an sie herantreten.
Allmählich scheinen sie aufgelöst zu werden; man findet öfter eine
srößere Anzahl kleiner dunkler Stückchen, die von ihrem Zerfall
herstammen.
Das letzte Stadium zeigt eine eigentümliche Erscheinung. Das
Chromatin hat sich halbmondförmig an einer Seite der Kernmem-
bran angelagert. Dort bildet es einen dichten schwarzen Klumpen,
außerhalb desselben finden sich nur einzelne Chromatinbrocken. Die
Anlagerung erfolgt stets an der dem Centrum des Gonophors zuge-
kehrten Membranseite und die Verdichtung ist am stärksten in den
‘inneren Partien. Es läge nahe, hier an ein Synapsisstadium zu
denken, ich möchte aber auf diesen einen Befund hin mich nicht
mit Bestimmtheit dafür aussprechen. Durch das konzentrische Ein-
dringen der Konservierungsflüssigkeit könnte dies Bild auch künst-
lich entstanden sein. In diesem Verdacht bestärkt mich der Ein-
druck, den die peripheren Kerne machen.‘ Sie erscheinen sonst
gegen die früheren Stadien in der Verteilung ihres Chromatins un-
verändert, nur haben sie an der einen Seite der Kernmembran eine
schmale Sichel von tiefschwarzer Färbung. Überhaupt möchte ich
auf diese feineren histologischen Befunde nicht allzuviel Wert legen.
Die Konservierung der meisten Exemplare läßt sie für solche Unter-
suchungen nicht geeignet erscheinen. Die Kernteilungsfiguren sind
allerdings häufig gut erhalten. Ich habe alle Stadien verfolgen
Die Genitalanlagen der Rhizophysalien. | 48)
können. Zuerst das Auftreten eines langen schmalen Fadens, zu-
sammengesetzt aus einer einfachen Reihe von Chromatinkörnchen.
Dann zerschnürt sich dieser Faden in einzelne Teile, die sich ver-
kürzen und verdieken. Später tritt eine Verdoppelung der Körnchen-
reihe ein mit zunehmender Verkürzung der Chromosomen. Stellen
sie sich in die Spindel ein, so sind sie zu ganz kurzen dicken
Stäbchen geworden, an denen eine Struktur nicht mehr deutlich zu
erkennen war. Ihre Zahl dürfte etwa 30 betragen. Es kamen nur
Längsteilungen zur Beobachtung.
Wert lege ich an dieser Stelle nur auf den Umstand, daß ich
niemals, auch im ältesten Stadium nicht, reife Spermatozoen ge-
funden habe. Ja, wenn man von dem zweifelhaften Synapsisfalle
absieht, findet sich auch noch keine Andeutung einer beginnenden
Reifung. Auch die plötzliche Größenabnahme, wie sie beim Zerfall
der Spermatogonien in die Spermatiden einzutreten pflegt, war hier
nieht nachzuweisen. Selbst die ältesten Hodenanlagen von Physalıa
sind demnach von der Reife noch weit entfernt.
Bezüglich der Ausbildung des ganzen Gonophors gilt dasselbe,
was ich schon bei Besprechung der weiblichen Anlagen gesagt habe.
Die medusoiden Schichten werden stark ausgezogen, bei dem ältesten
Stadium sind sie völlig verwischt. Die eigenartige Riesenzellen-
bildung im Entoderm des Manubriums tritt auch hier ein. In dem
größten Gonophor kommt eine solche Zelle an Länge fast genau der
Dieke des ganzen Spermariums gleich, erreicht also kolossale Di-
mensionen. Hier ist das Plasma zwischen den einzelnen Vacuolen
in den basalen Teilen fast ganz verschwunden, die Kerne sind zu
unregelmäßigen amorphen Klumpen reduziert. Es erweckt den An-
schein, als ob die ganzen Zellen aufgebraucht würden.
Fassen wir die Resultate unsrer bisherigen Untersuchung der
Genitalanlagen zusammen, so ergeben sich als besonders bemerkens-
wert folgende Punkte:
1) Die bisher sogenannte weibliche Meduse hat mit der
Entwicklung der Geschlechtszellen überhaupt nichts zu tun.
2) Männliche und weibliche Keimzellen entwickeln sich
in den »männlichen Gonophoren« der früheren Beobachter,
und zwar getrennt an verschiedenen Exemplaren.
| 3) Diese Keimzellen sind selbst auf demältesten beob-
achteten Stadium noch weit von der Reifung entfernt.
4) Im männlichen Geschlecht wird die Reifung dadurch
154 | Otto Steche,
aufgehalten, daß ein Teil der Keimzellen als Nährzellen
wieder eingeschmolzen wird.
Sofort drängen sich uns nun neue Fragen auf. Einmal: Wo und
wann erfolgt die definitive Reifung der Keimzellen, wenn es nicht am
Stamme der Kolonie geschieht? Und zweitens: Wenn die Meduse
nicht bestimmt ist, die Eier zur Reife zu bringen, was für eine
Funktion hat sie dann ?
Zu meinem Bedauern muß ich gestehen, daß ich auf keine
dieser beiden Fragen einstweilen eine sichere Antwort zu geben
weiß. Immerhin lassen sich einige Anhaltspunkte zu ihrer Beurtei-
lung gewinnen.
Auf die erste Frage ist eine Antwort sehr naheliegend. Einmal: Da
wir reife Keimzellen weder im Zusammenhang mit der Kolonie,
noch abgelöst an der Meeresoberfläche schwimmend finden, so ist
es wahrscheinlich, daß sie ihre Entwicklung in der Tiefsee durch-
machen. Wir haben für dies Verhalten ein Analogon in dem Ent-
wicklungseyclus von Velella, wie er durch die Untersuchungen
WOLTERECKS jetzt definitiv klargelegt ist. Dort lösen sich die Ge-
schlechtsindividuen in unreifem Zustande von der Kolonie los. Wie
ich an solchen freien Chrysomitren aus Neapel feststellen konnte,
vermag man die unreifen Keimzellen schon zu dieser Zeit in der
Tiefe des ectodermalen Überzugs des Manubriums nachzuweisen,
sogar schon eine Differenzierung in männliche und weibliche Indi-
viduen. Die Weibchen bilden nämlich in ihren Entodermzellen schon
einen roten Farbstoff, der später das reife Ei erfüllt. Diese unreifen
Medusen sinken langsam in die Tiefsee hinab und bringen unter-
wegs ihre Keimzellen zur Entwicklung. Das beweisen deutlich
Medusen mit stark entwickelten Geschlechtsanlagen, die aus Tiefen
von etwa 1000 m erbeutet sind. In der Tiefsee erfolgt dann die
Befruchtung. Die sich entwickelnde Larve scheidet in ihrem Ento-
derm Öltropfen ab und steigt durch diese Herabsetzung ihres spezi-
fischen Gewichts passiv wieder an die Oberfläche empor.
Ganz ähnlich müssen die Verhältnisse nun auch bei den Rhizo-
physalien liegen. Wir kennen die Geschlechtsanlagen nur in un-
reifem Zustande. Anderseits sind uns die ersten Entwicklungs-
stadien ganz unbekannt. Die jüngste Larve ist schon hoch diffe-
renziert, hat eine große Pneumatophore, einen primären Freßpolypen
und einen Fangfaden ausgebildet, sie befindet sich in denselben
Stadien, wie die junge Rataria von Velella, wenn sie an der Meeres-
oberfläche auftaucht. Der Schluß, daß die fehlenden Zwischen-
Die Genitalanlagen der Rhizophysalien. 155
stadien ihre Entwicklung in der Tiefsee durchmachen, ist außer-
ordentlich naheliegend. Daß sie noch nicht gefunden sind, liegt
jedenfalls daran, daß wir es hier mit Formen der offenen Ozeane
zu tun haben, deren Gebiet nur selten mit dem Tiefennetze durch-
forscht worden ist. Und so zahllos die Individuen auch sind, aus
denen die großen Physalienschwärme bestehen, so kann es uns doch
nicht verwundern, daß wir bei den vereinzelten Stichproben noch
keine ihrer Larven aus der Tiefsee emporgeholt haben.
Wir müssen uns jetzt nur vorstellen, daß nicht, wie bisher an-
senommen, die Meduse allein sich vom Stamme ablöst. Die ganze
Genitaltraube muß in toto abfallen oder, was wahrscheinlicher ist,
sie löst sich in ihre einzelnen Zweige auf, die getrennt in die Tiefe
hinabsinken. Diese Vermutung wird gestützt durch die Tatsache,
daß sowohl am Übergang des gemeinsamen Stiels der Genitaltraube
in den Stamm, als auch der Seitenzweige in den Stiel sich Ein-
schnürungen finden, die eine Ablösung an dieser Stelle begünstigen
würden.
Vom Gesichtspunkt dieser Hypothese aus versuchte ich nun,
mir eine Vorstellung über die Bedeutung der einzelnen Teile dieser
merkwürdigen Genitalorgane zu bilden, besonders über die Funktion
der rätselhaften Meduse, aber ohne Erfolg. Am konservierten
Material lassen sich solche Fragen schlecht beantworten und meine
Hoffnung, zu Ostern in Neapel vielleicht ein lebendes Exemplar von
Rhizophysa in die Hände zu bekommen, schlug fehl, da in der ersten
Zeit meines Aufenthaltes das Wetter ungünstig war und nachher
die Aschenregen der Vesuveruption alle pelagischen Organismen
vernichteten oder vertrieben.
Zweifellos stellt die Meduse ein hochdifferenziertes Organ dar.
Ihre sämtlichen Schichten sind wohl ausgebildet, vier weite Radiär-
kanäle und ein Ringkanal vorhanden. Auffallend an ihr ist zu-
nächst der Mangel eines Manubriums. Nur eine ganz schwache
Vorwölbung in der Mitte des Bodens der Glockenhöhle zeigt auch
bei den ältesten Exemplaren den Ort an, wo sich das Manubrium
zu entwickeln pflegt. Auf Schnitten tritt außerdem die merkwürdige
Gestaltung des subumbrellaren Eetoderms hervor. Unterhalb des
Velums, das in der gewohnten Weise aus zwei flachen Eetoderm-
lagen besteht, die getrennt sind durch eine Stützlamelle mit starker
Rinsmuskulatur, nimmt das Eetoderm plötzlich bedeutend an Höhe
zu. Seine Zellen sind stark vacuolisiert, das Plasma zu dünnen
Fäden ausgezogen, nur gegen das Lumen zu reichlicher angehäuft,
156 | Otto Steche,
die ganzen Zellen langgestreckt, mit unregelmäßigen Zacken gegen
die Glockenhöhle vorspringend. Die kleinen, länglichen, dunkel
gefärbten Kerne liegen im basalen Abschnitt der Zelle, der in
becherartige Vertiefungen der Stützlamelle eingelassen ist. Am
Totalpräparat und besser noch an einem Längsschnitt sieht man
auf späteren Stadien die Stützlamelle in einer Reihe von überein-
anderliegenden Ringfalten gegen das Lumen vorspringen und das
Ectoderm entsprechend vor sich herwölben, eine Folge der Kon-
traktion der Längsmuskulatur des exumbrellaren Eetoderms. Das
Eetoderm der Subumbrella enthält wie gewöhnlich starke eireulär
verlaufende Muskelfibrillen. Außerdem liegen an der Basis der
Zellen noch merkwürdige eckige Körner, die sich mit Orange G
intensiv gelbrot färben. Sie treten erst in späteren Stadien auf und
nehmen allmählich an Menge und Größe zu.
Bei der isolierten Genitaltraube einer Tiefseeform, die von der
Chierchiaexpedition aus 1000 Meter Tiefe an der Lotleine empor-
gezogen worden ist, finden sich außerdem in der Subumbrella noch
sroße Drüsenzellen (Fig. 32). Sie sind rundlich von Gestalt und
haben einen kleinen, dunklen, wandständigen Kern, der von einem
schmalen Plasmahof umgeben ist. Der übrige Teil der Zelle wird
von einem sich mit Orange G stark färbenden Secret ausgefüllt, in
dem eine Reihe von farblosen Vacuolen sich finden. Dies Secret
hat offenbar stark klebrige Beschaffenheit, denn an einzelnen Stellen,
wo es aus der Zelle in das Lumen der Glockenhöhle vorgetreten
war, waren Detrituskörnchen daran festgeklebt. Ähnliche Drüsen-
zellen fanden sich bei dieser Form auch im exumbrellaren Eetoderm
bis in den Stiel hinein zerstreut. Bei Rhrzophysa und Physala
fanden sich im äußeren Eetoderm ebenfalls Drüsen, aber nur in den
Jugendstadien. Sie glichen denen der Genitaltaster und werden
später noch näher beschrieben werden.
Diese Tiefenform zeigt außerdem noch sehr deutlich einen am
Stiel längsverlaufenden Muskelstrang. Er liegt stets an der proxi-
malen, also dem Genitaltaster abgewandten Seite des Stieles und
markiert scharf die auch in der seitlich etwas abgeplatteten Form
. des Schirmteils bei allen Rhizophysalien ausgesprochene bilaterale
Symmetrie. Dieser Muskel erstreckt sich von der Stielbasis bis
etwa zur halben Höhe der Exumbrella, wo er in die ringsum gleich-
mäßig ausgebildete gewöhnliche Längsmuskulatur des Ectoderms
verläuft. Er liegt distal der Medusenwand dicht an, proximal hebt
er sich immer mehr ab. Die dadurch gebildete Falte wird getragen
Die Genitalanlagen der Rhizophysalien. 157
von einer Verbreiterung der Stützlamelle. Merkwürdig ist, daß trotz
dieses Muskels, dessen Kontraktion eigentlich den Schirmteil der
Meduse proximal umklappen müßte, im Gegenteil sich die Glocke
bei allen Seitenzweigen dem Genitaltaster zuneigt. Vielleicht hängt
dies mit der eigenartigen Gestaltung des Stieles zusammen. »>ein
Entodermkanal ist stark aufgetrieben, hauptsächlich am proximalen
Ende, so daß dort eine kolbenartige Anschwellung zustande kommt.
Nahe seiner Einmündung in den Stamm der Genitaltraube erscheint
er hakenartig gegen den Genitaltaster hin aufgebogen. Dort springt
nämlich die Stützlamelle klappenartig vor und verengt das Lumen
bis auf eine kleine exzentrisch gegen den Genitaltaster hin ver-
schobene Öffnung. Das Entoderm, das unter dem Muskelstiel liegt,
besteht aus einer Schicht niedriger kubischer Zellen, im übrigen
Stielkanal wird es von hohen, unregelmäßig gegen das Lumen vor-
springenden Cylinderzellen gebildet. Zwischen ihnen, dem Lumen
zugekehrt, finden sich zahlreiche becherförmige Drüsenzellen mit
sroßen dunkel gefärbten Kernen. Das Eetoderm des Muskelstiels
ist einschichtig, niedrig, das des übrigen Stieles hoch und mit
Drüsenzellen durchsetzt.
Den Oberflächenformen von Rhixophysa fehlt dieser Muskel im
Medusenstiel vollkommen, ebenso die Differenzierung im Eeto- und
Entoderm. Dagegen fand ich zu meiner großen Überraschung ganz
_ ähnliche Bilder bei Durchsehnitten durch den Stiel der Genitalmeduse
von Physalia. Schon äußerlich tritt der Muskel an kontrahierten
Exemplaren stark hervor und ist auf Quer- und Längsschnitten
deutlich sichtbar. Er liegt wieder stets auf der proximalen Seite der
Meduse. Auch hier wird er getragen von einer verdiekten Partie
der Stützlamelle, die freilich keine derartig vorspringende Falte an
der Stieibasis bildet, wie bei der Tiefsee- Rhrzophysa. Denn der
Entodermkanal des Stieles ist nicht kolbig aufgetrieben und umge-
bogen. Seine Zellen sind aber in der gleichen Weise differenziert
in ein flaches Epithel im Bereich des Muskels, ein hohes in den
‚übrigen Teilen, das abweichend gebaute Drüsenzellen enthält. Das
Ecetoderm! zeigt dieselben Verhältnisse nur ohne Drüsenzellen. Dem
Medusenstiel fehlt beim Übergang in den Stamm eine besondere
Klappenvorrichtung, dafür ist sein Lumen durch eine ringförmig
vorspringende Falte allseitig verengt. Dagegen findet sich hier
umgekehrt eine ins Lumen vorspringende Klappe im Entodermkanal
an der Grenze von Stiel und Schirmteil der Meduse. Sie wird
gebildet von einem an der Basis verdickten, keilförmig ins Innere
158 | Otto Steche,
des Stielkanals hineinragenden Vorsprung der Stützlamelle, der mit
hohen eylindrischen Entodermzellen besetzt ist. Diese Einrichtung
fehlt bei allen Arten von Rhrzophysa, auch der Tiefenform.
Über die Bedeutung dieses komplizierten Gebildes ins klare zu
kommen ist mir bisher nicht gelungen. Man müßte es lebend
beobachten, um seine Funktion zu verstehen. In dieser Richtung
liegt bisher nur eine Notiz von SEITARO GoTO vor, dem gegenüber
Brooks mündlich geäußert habe, daß dieMedusen im Leben pumpende
Bewegungen ausführten. Viel läßt sich damit nicht anfangen. Der
Gedanke, daß diese Meduse eine Schwimmfunktion "habe, liegt
sowieso am nächsten. Und zwar würde sie diese Aufgabe haupt-
sächlich dann zu erfüllen haben, wenn die Genitaltraube sich vom
Stamm abgelöst hat. Denn gegenüber dem Gesamtorganismus einer
Physalia sind die kleinen Medusen viel zu schwach, um eine Bewegung
hervorrufen zu können. Hier könnten ihre Pumpbewegungen höchstens
für einen Wasserwechsel innerhalb der dieht gedrängten Anhänge der
Kolonie sorgen, was für die Atmung vielleicht in Betracht käme.
Wahrscheinlich wird nach dem Loslösen vom Stamme die Genital-
traube in ihre einzelnen Seitenzweige zerfallen. Außer dem rein
logischen Grunde der Zweckmäßigkeit für die Verteilung der
Geschlechtszellen und die leichtere Ortsbewegung spricht dafür der
Umstand, daß sich an der Wurzel der Seitenzweige, am deutlichsten
bei der Tiefseeform, eine Anzahl von ringförmigen Einschnürungen
finden, die eine Trennung an dieser Stelle erleichtern würden. An
diesen isolierten Zweigen könnte nun die Meduse als Locomotions-
organ funktionieren; denn sie besitzt eine weite Schwimmhöhle mit
kräftiger Muskulatur und gut ausgebildeteem Velum. Nicht recht
dazu passen will das hohe Eetoderm der Subumbrella, immerhin
könnte man annehmen, daß es mit rascher Streckung der ganzen
Anlage durch starke Gallertbildung, wie es bei Siphonophoren häufig
vorkommt, zu einem platten Zellbelag ausgezogen würde. Allein die
Meduse steht zur Vorwärtsbewegung des ganzen Zweiges in der
denkbar unglücklichsten Stellung. Um kräftig wirken zu können,
müßte sie am Ende des ganzen Komplexes stehen und so, daß ihre
Wirkung in die Richtung seiner Längsachse fiele. Tatsächlich steht
sie aber annähernd in der Mitte des Zweiges und quer oder mindestens
schräg zu seiner Längsachse. Der Rückstoß beim Arbeiten der
Sehwimmglocke würde also den ganzen Zweig quergestellt, d.h.
gegen den größtmöglichen Widerstand vorwärts treiben. Da der
Stielmuskel der Meduse an ihrer vom Genitaltaster abgewendeten
Die Genitalanlagen der Rhizophysalien. | 159
Seite sitzt, so würde seine Contraction den Effekt nur verschlechtern,
bis die Schwimmglocke ganz quergestellt wäre und selbst wenn er
sie noch über diesen rechten Winkel hinaus völlig umklappen und
an den Stamm heranziehen könnte, wäre damit nichts gewonnen.
An kontrahierten Exemplaren von Physalia sieht man aber, daß der
Eifekt dieser Kontraktion eine schraubenförmige Zusammenkrümmung
des ganzen Stieles ist, ohne Umbiegung nach abwärts. Er legt sich
dabei in tiefe Falten, wie Querschnitte zeigen. Denn auch in den
übrigen Stielteilen verlaufen ectodermale Längsmuskeln und bei ihrer
allgemeinen Kontraktion wird die gallertige Stützlamelle an den
Stellen des geringsten Widerstandes unregelmäßig vorgebuchtet
(Fig. 29).
Ferner kam mir der Gedanke, es möchte dieser Muskelstiel
mit dem Klappenapparat in Verbindung stehen, der bei Physalia an
der Grenze zwischeu Stiel und Schirmteil angebracht ist. Da diese
Klappe stets gerade unter dem Muskel sitzt, so könnte man daran
denken, daß sie bei einer Kontraktion dieser Seite einen Abschluß
der Gastrovascularhöhle des Schirmes gegen den Stielkanal her-
stellte. Allein der Sinn einer solchen Einriehtung ist mir unklar.
Daß dem Stielkanal eine besondere Bedeutung zukommt, spricht
sich in der Differenzierung seiner Zellen aus, ebenso wie in seiner
scharfen Absetzung von dem gemeinsamen Stamme. Sollten die
Drüsenzellen darin vielleicht Gas bilden und das Ganze als hydro-
statischer Apparat funktionieren, so hätte ein Abschluß dieser Teile
hier Sinn. Einmal wäre aber nicht einzusehen, warum das Gas
nicht auch in den Schirmteil eindringen dürfte, dessen Entoderm
Ja allseitig geschlossen ist und der doch beim Schweben die höchste
Stelle einnehmen müßte. Außerdem läßt die Konstruktion der Klappe
einen gasdichten Abschluß sicher nicht zu. Endlich fehlt der ganze
Klappenapparat gerade bei der Form, die ihren Stielkanal schein-
bar am höchsten differenziert hat, der Tiefsee-Arhizophysa.
Unerklärt ist auch noch das Auftreten jener eckigen Körner im
Eetoderm der Subumbrella. Sie ließen sich vielleicht als Nahrungs-
reserven deuten. Denn wenn die Genitaltraube sich vom Stamm
abgelöst hat, so fehlt ihr jede Möglichkeit der Ernährung, da die
ganze Gruppe weder Freßpolypen noch Fangfäden enthält. Da an-
scheinend bis zur Reife der Geschlechtszellen noch eine längere
Zeit vergehen muß, so wäre es nützlich, während des Lebens an
der Oberfläche irgendwo Nährmaterial aufzuspeichern. Damit würde
sich die Tatsache gut in Einklang bringen lassen, dal diese Körner
160 Otto Steche,
erst an älteren Medusen auftreten und bis zuletzt an Größe und
Zahl zunehmen. Eine ähnliche Einrichtung sehen wir an den
Chrysomitren, die Algenzellen als Nahrungsquelle mit in die Tiefe
nehmen.
Vielleicht hat aber diese ganze Meduse ihre Funktion schon
während ihres Lebens an der Oberfläche zu erfüllen. Wozu sonst
-die auffallend frühe und schnelle Entwicklung, wenn sie erst ganz
am Ende gebraucht wird ?
Leider vermag ich einstweilen alle diese Fragen nur zur Dis-
kussion zu stellen und muß ihre Beantwortung der Zukunft über-
lassen. Möglicherweise gelingt es, durch Beobachtung lebender
Exemplare von diesen Gesichtspunkten aus Klarheit zu schaffen,
vielleicht läßt uns aber auch erst ein glücklicher Tiefenfang des
Rätsels Lösung finden.
Mit ein paar Worten wenigstens möchte ich noch auf den Bau
der übrigen Anhänge der Genitaltraube eingehen.
Der Genitaltaster stellt ein langes spindelförmiges Gebilde dar,
dem eine ectodermale Längs- und entodermale Ringmuskulatur große
Contraetilität verleiht. Dicht oberhalb seines Ursprunges aus dem
Stamme ist er bei Physalia durch eine tiefe Ringfalte eingeschnürt.
Sie bezeichnet dort zugleich die Grenze eines Stielabschnittes gegen
das Mittelstück, das mit entodermalen Zotten ausgestattet ist. Diese
Zotten entsprechen denen, die sich im Magenabschnitt der Freß-
polypen finden. Sie bestehen aus einem halbkugeligen oder zapfen-
förmigen Vorsprung der zusammengesetzt ist aus großen dunkel-
kernigen Zellen, die intra vitam intensiv gefärbte, mit Osmium
seschwärzte, also wohl fetthaltige Einschlüsse: zeigen. Sie erfüllen
den weitaus größten Teil des Genitaltasters und sind unregelmäßig
an der Wand verteilt. Gegen die Spitze zu, in dem Abschnitte,
der der Proboseis der Freßpolypen entspricht, fehlen sie, dafür tritt
dort das Entoderm zu vier Längsleisten hoher Cylinderzellen zu-
sammen. |
Der Genitaltaster der oberflächlichen Rhözophysa-Formen entbehrt
dieser Zotten vollständig, sein Entoderm ist überall gleichmäßig ein-
schichtig. Einen Übergang stellt die Tiefenform dar, bei der
sich an der Basis dicht über dem Stielabschnitt sechs Zotten ent-
wickelt finden.
Das Ectoderm enthält bei allen Formen zahlreiche Nesselzellen.
In den Jugendstadien, wenn sich die Genitaltaster eben zu diffe-
renzieren beginnen, findet sich eine geringe Anzahl von sehr großen
Die Genitalanlagen der Rhizophysalien. 161
Nesselkapseln, die manchmal auch im Eetoderm der Meduse und der
_ Gonophoren auftreten.
Außerdem enthält das Eetoderm noch zahlreiche Drüsenzellen.
Sie stellen becherförmige Gebilde dar mit wandständigem, meist
basal gestelltem Kern. Den größten Teil der Zelle nimmt eine helle
Vacuole ein, durch deren Druck auch der Kern gewöhnlich ab-
geplattet wird. In ihrem Inneren liegen eine große Anzahl scharf-
kantiger, mit HEIDENHAIN intensiv geschwärzter Körner. Diese
Zellen treten schon früh in der Entwicklung der Genitalanlagen auf.
Bei der Differenzierung der Taster sieht man sie in großer Menge
zuerst an der Spitze. Im Verlauf des weiteren Wachstums finden
sie sich mehr an den Seiten. Das mag damit zusammenhängen,
daß die Zellen bei der Secretbildung verbraucht werden; man sieht
sie wenigstens häufig ganz nach außen gedrängt, komprimiert und
stark geschwärzt nach Art degenerierender Elemente. Die gleichen
Zellen finden sich auch im Ectoderm der Meduse und der Gonophoren.
Als Bildung sui generis findet sich bei Physalia noch der von
Cnun als Gallertpolypoid bezeichnete Anhang. Meist ist an jedem
Seitenzweig: nur einer vorhanden, selten zwei. Außerdem stehen sie
manchmal noch an älteren, übergeordneten Verzweigungen des bei
Physalia diehotom sich gabelnden Stammes der Genitaltraube, zu-
sammen mit einzelnen Gonophoren. Sie entspringen stets proximal
-_ von den Genitaltastern und der Meduse, mitten unter den Gonophoren.
An Größe stehen sie bedeutend hinter den Tastern zurück. Ihr Bau
gleicht dem des Medusenstieles, sie zeigen einen engen Stielkanal
mit einschichtigem Entoderm, eine stark verbreiterte, auf dem Quer-
schnitt unregelmäßig gefaltete gallertige Stützlamelle und ein hohes
Eetoderm. Von ihrer Bedeutung und Funktion vermag ich mir noch
ebensowenig ein Bild zu machen wie seiner Zeit CHun, der sie zu-
erst beschrieb.
Ein paar zusammenfassende Worte über die Unterschiede in
Bau und Entwicklung der Genitalanlagen dürften hier noch am
Platze sein. Von den drei Untergruppen der Rhizophysalien, den
Epibuliden, Rhizophysiden und Physaliden standen mir nur die
beiden letzteren zur Untersuchung zu Gebote. Von ihnen sind die
Genitaltrauben der Rhizophysiden bedeutend einfacher gebaut. Sie
besitzen stets eine stärkere eentrale Achse, um die sich die einzelnen
Seitenzweige gruppieren. Bei der gewöhnlichen Rh. filiformis. ist
dieser Stamm relativ kurz, die Seitenzweige sind dicht gedrängt,
mit langen Stielen daran befestigt. Ihre Zahl beträgt bis zu 30.
Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. 11
162 Otto Steche,
Bei einer andern von CHIERCHIA im Golf von Panama erbeuteten
Form ist der Stamm lang gestreckt und nur eine geringe Zahl, etwa
zehn weit auseinander stehender Seitenzweige vorhanden. Bei der
schon oft angeführten Tiefenform endlich, deren einzige Genital-
traube aus 1000 Meter heraufgeholt wurde, ist der Stamm am meisten
gestreckt und besetzt mit über 30 kurz gestielten plumpen Seiten-
zweigen.
An der Spitze eines jeden einzelnen Seitenzweiges steht bei
Rhixophysa ein Genitaltaster (Textfig. 1). Proximal von ihm folgen
die Gonophoren, deren Anzahl wechselt. Bei Rh. fihformis sind es
Textfig. 1. Textäig. 2.
gewöhnlich sechs bis acht, manchmal auch neun oder zehn. Bei
den beiden andern Formen bilden letztere Zahlen den Durchschnitt
(Textfig. 2). An der Gestaltung der Gonophoren läßt sich schon mit
einiger Sicherheit das Geschlecht der Kolonie erkennen. Die männ-
lichen Gonophoren sind mehr gestreckt, oval, die weiblichen fast
kugelig. Noch leichter muß die Unterscheidung am lebenden Tiere
sein. Die männlichen Gonophoren sind dann, wie gewöhnlich bei
Siphonophoren, durch die Spermamassen weiblich gefärbt, die weib-
lichen dagegen durchsichtig. Ich verdanke diese Angaben Herrn
Die Genitalanlagen der Rhizophysalien. 163
Dr. Lo Bıanco in Neapel, der sich also schon aus eigner An-
schauung von dem Geschlechtsunterschiede überzeugt hat, ohne der
Sache weiter nachzugehen. Jedes Gonophor trägt an seiner Spitze
einen kleinen Kranz von Nesselkapseln. Zwischen den Gonophoren
entspringt die Meduse und zwar ziemlich am Ende des Zweiges,
der Wurzel des Genitaltasters genähert. Doch liegen immer: noch
ein oder zwei Gonophoren distal von ihr, sie markiert also keine
scharfe Scheidung der ganzen Anlage. Der Stamm der Genitaltraube
entspringt an der gemeinsamen Achse der Kolonie in der Mitte
zwischen den zwei Freßpolypen. Unter normalen Verhältnissen sitzt
in jedem solchen Internodium nur eine Genitaltraube, doch sollen
auch gelegentlich Verdoppelungen vorkommen. Wie schon oben
näher ausgeführt, nehmen die Trauben distalwärts an Größe und
Alter regelmäßig zu.
Dem gegenüber weist die Genitaltraube von Physalıa folgende
Abweichungen auf. Zunächst besitzt sie keine gemeinsame centrale
Achse, sondern der ursprünglich einfache Stamm teilt sich schon
früh dichotom in eine ganze Anzahl von Ästen. Die letzten dieser
diehotomen Verzweigungen entsprechen dann den Seitenzweigen
von Rhixophysa (Textfig. 5). Sie unterscheiden sich von ihnen da-
durch, daß sie zwei Genitaltaster besitzen. Der eine davon bildet
die Spitze des Zweiges, der zweite entspringt unterhalb, mitten
zwischen den Gonophoren. Die Stellung der Meduse entspricht der
bei Rhizophysa. Sie steht dieht unterhalb des distalen Genitaltasters,
zwischen beiden liegen aber noch ein bis zwei Gonophoren. Deren
Zahl ist hier beträchtlich größer als bei Khixophysa. Sie läßt sich
nieht genau angeben, da die Gonophoren auch auf den größeren
Zweigen stehen, nur nicht auf dem obersten kurzen gemeinsamen
Stammstück. Ihre Exumbrella trägt keine Nesselkapseln wie bei
Rhisophysa, sonst gleichen sie sich bei beiden Formen, auch die
Geschlechtsunterschiede sind dieselben. Als besonderes Organ besitzt
Physalia noch die Gallertpolypoide, von denen gewöhnlich je einer
ziemlich weit proximal zwischen den Gonophoren sitzt. Sie finden
sich aber auch ab und an auf den größeren Ästen zerstreut.
Die Genitaltrauben von Physalia entspringen nicht direkt aus
dem Stamm der Kolonie, sondern je aus der Basis eines großen
Tasters, der mit einem Freßpolypen und einem Fangfaden mit Taster
zusammen eine Gruppe bildet. Die Reihenfolge der einzelnen Trauben
festzustellen wird dadurch erschwert, daß nicht wie bei Khwzophysa
die neugebildeten Anlagen in gesetzmäßiger Reihenfolge distalwärts
Jule
164 Otto Steche,
auseinanderrücken. Bei Physalia hat die ganze Knospung durch-
greifende Veränderungen erfahren, wohl im Zusammenhange damit,
daß der ganze Stamm sehr stark verkürzt und auf die Ventralseite
der Luftflasche zurückgezogen ist. Die ganz junge Larve zeigt
gegenüber dem apicalen Pole der Luftflasche am Ende des kurzen
Stammes einen primären Freßpolypen mit einem Taster. Wenn im
Laufe der Entwicklung die Pneumatophore sich ausdehnt, aus der
vertikalen in die hori-
Pr N zontale Lage übergeht
= SL und der Stamm ganz
va auf ihre Ventralfläche
on zu liegen kommt, so
ne _ steht dieser Polyp an
) ihrer einen scharfen
N Arm Spitze gerade dem
2 @; Ar y Luftporus gegenüber.
\ \ " 7 x N In der Umgebung die-
EN PR ses Polypen entsteht
IF £ 7A \. a später noch eine ge-
a ‘ Me. ringe Anzahl sekun-
I | därer Polypen, diese
wa ganze Partie bleibt aber
I‘ | steril nnd bildet eine
s Ä gesonderte Gruppe.
Ä | Die Hauptentwicklung
; . \ |) gebt aus etwa von: der
] r ER \ Mitte der Ventralseite
iy N " \ der Luftflasche. Dort
dy \ 7 bildet sich schon früh
\ x | / ein sehr großer Fang-
& ana faden mit einem basa-
Textfig. 3. len Taster aus. Nach
beiden Seiten von ihm
entstehen nun Gruppen von Anhängen, zusammengesetzt aus Freß-
polyp, Fangfaden mit Taster und Genitaltraube. Es bilden sich
immer nur eine geringe Zahl von Genitalanlagen, höchstens zehn
bis zwölf an meinen Exemplaren, die dafür durch fortgesetzte Ver-
zweigung einen sehr bedeutenden Umfang erreichen. Nach welchen
Gesetzen die Anlage dieser Traube erfolgt, habe ich nicht feststellen
können; sie stehen anscheinend regellos durcheinander, kleinere
Die Genitalanlagen der Rhizophysalien. 165
mit weiter entwickelten wechselnd. Bald verliert man die Übersicht
vollkommen, denn schon frühzeitig wird es durch die Bildung einer
Unzahl tertiärer Polypen und Fangfaden unmöglich gemacht noch
eine Gesetzmäßigkeit zu erkennen. Konstant ist nur, was auch
HAECKEL als systematisches Merkmal verwertet hat, daß die Geni-
taltrauben bei Physalia nicht isoliert am Stamme entspringen, sondern
mit den andern Anhängen zu Gruppen vereinigt sind.
Versuchen wir die Frage nach dem morphologischen Werte der
Genitaltraube im Verbande des Organismus einer Rhrizophysalia zu
beantworten, so bringt uns das einigermaßen in Verlegenheit, wie
mir scheint. Bei den übrigen Siphonophorengruppen läßt sich die
Ausbildung der Geschlechtsanlagen in eine gewisse Reihe einordnen.
Im einfachsten Falle finden wir die Bildung der Geschlechtsanlagen
besonderen Blastostylen zugewiesen. Sie stellen reduzierte Polypen
dar, die nur selten noch eine Mundöffnung besitzen (Velella), meist
blind geschlossen sind. Von solchen Formen, bei denen einfach aus
der Wand des proximalen Abschnitts dieses Blastostyls die Geschlechts-
knospen ihren Ursprung nehmen, schreiten wir fort zu komplizierteren
Bildungen, bei denen aus dem Stielabschnitt des zum Genitaltaster
reduzierten Polypen eine ganze Traube von Geschlechtsmedusoiden
hervorsproßt. Diese ganze Anlage würde dann homolog sein einer
erweiterten und verzweigten Proliferationszone des Blastostyls. Bei
vielen Physophoriden geht die Rückbildung noch weiter. Das ganze
Blastostyl wird reduziert zu einer »Urknospe«, von der sich die
einzelnen Gonophoren abschnüren. Es treten dabei häufig auch ver-
ästelte traubenartige Bildungen auf, deren einzelnen Zweigen die
Gonophoren ansitzen. Vielfach ist die Anlage von vornherein in
eine männliche und weibliche Hälfte gesondert. Bei Beginn der
Entwicklung teilt sich dann die halbkugelige Knospe in zwei Lappen,
so daß man auf den Gedanken kommen könnte, zwei an der Basis
verschmolzene Blastostyle vor sich zu haben, ähnlich wie ja auch
häufig Taster und Tentakel oder Polyp und Fangfaden sich erst
sekundär aus einer gemeinsamen Knospenanlage differenzieren.
Noch weit verwickelter werden die Verhältnisse nun aber in
unserm Falle. Wir haben wieder eine gemeinsame Knospenanlage
(den Ausdruck »Urknospe« vermeide ich, da er von Caun im andern
Sinne festgelegt ist. Aus ihr geht ein traubenförmiges mehr oder
weniger verzweigtes Gebilde hervor, das man zunächst den Blasto-
stylverzweigungen bei Physophora beispielsweise homolog setzen
könnte. Bei den andern Formen dokumentiert sich diese Anlage
166 ER Otto Steche,
aber immerhin als erweitertes Blastostyl dadurch, daß sie nur
Gonophoren und am Ende einen einzigen Genitaltaster, den Rest
des polypoiden Individuums trägt. Hier dagegen stellen die End-
zweige dieses Gebildes selbst wieder vollkommene Blastostyle dar.
Wir haben einen mundlosen Polypen, der bei Physalia sogar noch
die charakteristischen Entodermzotten erkennen läßt und in einzelne
Abschnitte gegliedert ist, die mit denen der Freßpolypen überein-
stimmen. Aus seiner Wand sprossen zahlreiche Gonophoren ganz in
der üblichen Weise. Ich möchte die alte Frage nach der Ableitung
des Siphonophorenorganismus hier nicht wieder aufrollen, nur darauf
hinweisen, daß wohl kaum an einer andern Stelle die Grenze
zwischen Individuum und Organ so völlig verwischt ist, als hier.
Die ganze Traube läßt sich nicht als eine Summe von Einzelblasto-
stylen auffassen, denn bei Physalia sitzen Gonophoren auch an den
orößeren Ästen, was auf eine einheitliche Entstehung hinweist. Wir
hätten dann also eine vielfache Wiederholung des sonst einfachen
Genitaltasters. Außerdem hat Ahizophysa einen, Physala zwei
Taster, die man doch wohi als gleichwertig ansehen muß, also
wieder eine Verdoppelung. Dazu kommen noch die Gallertpolypoide
und die rätselhafte Meduse, Bildungen, wie wir sie sonst an keinem
Blastostyl zu finden gewohnt sind. Die Genitaltrauben der Rhizo-
physalien stellen, glaube ich, das Höchste an Komplikation dar, was
der so polymorphe Organismus einer Siphonophorenkolonie hervor-
gebracht hat. Er beweist besser als alle andern Gründe die ab-
weichende Stellung, welche diese hoch entwickelte Gruppe in der
Physophorenreihe einnimmt.
Damit wäre ich am Schlusse meiner Ausführungen angelangt.
Es ist mir gelungen, die Keimzellen der Rhizophysalien von ihrem
ersten Auftreten an zu verfolgen und dadurch vor allem die Frage
nach der Entstehung der weiblichen Anlagen befriedigend zu beant-
worten. Beiläufig bemerkt stimmt das Verhalten der Keimzellen auch
in diesem Falle mit der WeEısmannschen Theorie der Keimstätten-
verschiebung gut überein. Die Gonophoren sind zu sessilen Gemmen
reduziert, dementsprechend ist die Differenziernng der Keimzellen
weit zurückverlegt in das Entoderm des Blastostyls.
Leider ist es mir nur zum Teil geglückt die Aufgabe zu lösen,
die ich mir gestellt und an Stelle des alten Problems sind nur eine
Reihe von neuen Fragen getreten, auf die ich keine Antwort zu
geben vermag. Doch hoffe ich wenigstens einen Schritt weiter
getan zu haben auf dem Wege, der uns endlich auch zum vollen
Die Genitalanlagen der Rhizophysalien. 167
Verständnis des Aufbaues dieser hochstehenden und eigenartigen
Siphonophorengruppe führen muß. Es bleibt mir nur noch übrig,
denjenigen meinen Dank auszusprechen, die mich im Verlaufe dieser
Untersuchung mit Rat und Tat unterstützt haben, in erster Linie
. Herrn Geheimrat Cnux, der mir sein reiches Material freundlichst
zur Verfügung stellte, außerdem aber auch den Herren Professoren
ZUR STRASSEN und WOLTERECK, denen ich vielfache Hilfe und An-
regung verdanke.
Zusammenfassung.
Die Genitalanlagen der Rhizophysalien sind eines der wichtigsten
Merkmale dieser Gruppe, da sie unter sich im Prinzip gleichartig
sebaut sind und von den Geschlechtsanlagen der übrigen Siphono-
phoren typisch abweichen. Im. ausgebildeten Zustand stellen sie
sroße traubenförmige Gebilde dar, bestehend aus Stamm und Seiten-
zweigen. Diese letzteren setzen sich zusammen aus Genitaltaster,
Meduse und Gonophoren, eventuell noch Gallertpolypoid. Bei
Rhizophysa folgen die einzelnen Trauben in regelmäßigen Abständen
am Stamme aufeinander, distal an Größe zunehmend, weil hervor-
gegangen aus einer an der Ventralseite der Pneumatophore gelegenen
Knospungszone.
Die histologische Untersuchung zeigt bei Khixophysa die Keim-
zellen schon im frühesten Stadium als interstitielle Zellen des Ento-
derms differenziert. Sie lassen sich verfolgen bis zum Einrücken in
die Gonophoren, der Genitaltaster und die Meduse bleiben frei davon.
Durch Abspaltung in toto vom Entoderm rücken sie in den ectoder-
malen Überzug des Manubriums ein. Bei Physalia verläuft der
Prozeß im Prinzip gleich, die Keimzellen wandern aber hier aktiv
in die Tiefe des Entoderms und von da in den Glockenkern ein.
Später differenzieren sich die beiden Geschlechter. Beim Weibehen
entsteht eine einfache Lage von Ureizellen, beim Männchen eine
dicke Hodenanlage. Deren Zellen werden durch einen Einschmelzungs-
prozeß in der Reifung zurückgehalten. Die Keimzellen beider Ge-
schlechter sind auch auf dem ältesten Stadium noch weit von der
Reife entfernt. |
Die medusoiden Schichten der Gonophoren sind bei Physalia
besser ausgebildet als bei Rhrzophysa. In beiden Fällen entstehen
nur zwei Radiärkanäle. Das Entoderm des Manubriums bildet,
vielleicht durch Verschmelzung, vielkernige Riesenzellen.
Zur Erklärung der weiteren Entwicklung hat die Annahme am
168 Eu Otto Steche,
meisten für sich, daß die einzelnen Seitenzweige isoliert in die Tief-
see sinken und dort die Geschlechtsanlagen zur Reife bringen.
Die Meduse stellt ein hoch differenziertes Gebilde dar, mit einem
Muskelstiel (bei Physalia und der Tiefsee-Rhrzophysa), kompliziert ge-
bautem Entoderm des Stielkanals, Klappenvorriehtungen und Körner-
anhäufungen im subumbrellaren Ectoderm. Ihre Funktion ist un-
bekannt.
Ichixophysa und Physalia unterscheiden sich wesentlich dadurch,
daß Rhixophysa einen unverästelten Stamm der Genitaltraube,
weniger Gonophoren und nur einen Genitaltaster hat, Physaha da-
gegen einen dichotom gegabelten Stamm, Gonophoren auch an den
größeren Ästen, zwei Genitaltaster und ein Gallertpolypoid.
Die Genitaltrauben von Rhxxophysa entspringen direkt aus dem
Stamm in den Internodien, distal regelmäßig an Größe und Alter
zunehmend, bei Physalıa zusammen mit Freßpolyp und Fangfaden
ohne nachweisbare Gesetzmäßigkeit.
Eine Rückführung der Genitalanlagen der Rhizophysalien auf
die andrer Siphonophoren ist einstweilen nicht möglich.
Leipzig, im August 1906.
Literaturverzeichnis,
CHuN, Über die postembryonale Entwicklung von Physalia. Zool. Anz. X.
1887. S. 857.
—— Über den Bau und die morphologische Auffassung der Siphonophoren.
Leipzig 1897.
LEUCKART, Über den Bau der Physalien und der Röhrenquallen im allgemeinen.
Diese Zeitschr. III. 1851.
HAECcKEL, Challenger reports. Siphonophorae. (S. dort auch die ältere Literatur
über Physalia.)
Huxrey, The oceanie Hydrozoa. 1859.
—— On the anatomy of Physalia. Proc. Linn. Soc. Lond. II. 1855. p. 3—3.
—— Über die Sexualorgane der Diphyiden und Physophoriden. MÜLLERS Arch.
1. Anat. Phys. 1851. 8. 380.
SEITARO GOTO, Entwicklung der Gonophoren von Physalia maxima. Journ. of
Coll. of Science. Imp. Univ. Japan. X. 2. 1897.
STUDER, Über Siphonophoren des tiefen Wassers. Diese Zeitschr. XXXI. 1.
THALLWITZ, Entwicklung der männlichen Keimzellen bei den Hydroiden. Inaug.-
Diss. Freiburg i. B. 1885.
Die Genitalanlagen der Rhizophysalien. 169
Erklärung der Abbildungen.
Tafel IX—XI.
Alle Figuren sind mit dem Aggeschen Zeichenapparat entworfen nach mit
HEIDENHAIN gefärbten Schnitten. Durchgängig gelten die Bezeichnungen: ekt,
Eetoderm; ent, Entoderm; st, Stützlamelle.
. Fig. 1—9. KRhizophysa.
Fig. 1. Schnitt durch den Bereich der Knospungszone, in dem die ersten
Anlagen der Genitaltraube auftreten. Das Bild zeigt einen Längsschnitt durch
einen jungen Freßpolypen mit Knospe des Fangfadens und daneben die Knospe
der Genitaltraube. In der letzteren sieht man die interstitiellen Zellen, die in
der gleichalten Fangfadenknospe fehlen. Leitz II, 3. P, Freßpolyp; 7, Fang-
faden; G@, Genitalknospe; %, interstitielle Zellen.
Fig. 2. Ein Teil der Genitalknospe von Fig. 1 stärker vergrößert. Zeigt
die nesterförmige Anordnung der interstitiellen Zellen und die histologischen
Unterschiede im Verhalten der Kerne des Eeto- und Entoderms. Leiız Il,
1/12 Imm. %, interstitielle Zellen.
Fig. 3. Längsschnitt durch die Anlage eines Seitenzweiges der Genital-
traube. Ectoderm mit zahlreichen Drüsenzellen (d). Die interstitiellen Zellen
überall unter der Stützlamelle, nur an der Spitze fehlend. Aus dieser Stelle
sehen später Genitaltaster und Meduse hervor. Leitz III, 6.
Fig. 4.. Längsschnitt durch die Anlage der Meduse und eines Gonophors.
Meduse mit wohl ausgebildeter Glockenhöhle und medusoiden Schichten (nicht
genau in der Medianebene getroffen). Das Entoderm überall einschichtig. Gono-
phor im Beginn der Glockenkernbildung. Glockenkern mit schmaler spaltför-
miger Höhle, scharf vom Eetoderm abgesetzt, dagegen unscharf gegen die inter-
stitiellen Zellen. Leitz III, 3><2. Med, Meduse; Gon, Gonophor.
Fig. 5. Längsschnitt durch die Anlage des Genitaltasters und ein Gonophor.
Die interstitiellen Zellen hören an der Basis des Tasters scharf abgeschnitten
auf, im Taster nur einschichtiges typisches Entoderm. Das Gonophor dagegen
prall von interstitiellen Zellen erfüllt. Im Eetoderm des Tasters große Nessel-
kanseln und Drüsenzellen. Leitz II, 3><2. T, Genitaltaster; Gon, Gonophor;
d, Drüsenzellen; %, interstitielle Zellen; nz, Nesselkapseln.
Fig. 6. Längsschnitt durch ein Gonophor nach Einwanderung der Keim-
zellen in den Glockenkern. Leitz III, 6. ent.lam, Entodermlamelle; ep, epithe-
liale Zellen des Glockenkerns; %k, Keimzellen; nx, Nesselkapsel; d, Drüsenzellen
des Ectoderms; Rk, Radiärkanal.
Fig. 7. Querschnitt durch ein männliches Gonophor mittleren Stadiums.
Zeigt die zwei Radiärkanäle mit umgebenden Teilen der Entodermlamelle.
Leitz III, 3><2. ent.lam, Entodermlamelle; R%, Radiärkanal.
Fig. 8. Längsschnitt durch ein etwas älteres Stadium. Die medusoiden
Schichten sind gänzlich verwischt. Leitz Ill, 3><2.
Fig. 9.-. Längsschnitt durch ein weibliches Gonophor des ältesten bei
Ichizophysa gefundenen Stadiums (das Präparat war mangelhaft erhalten). Sehr
sroße Entodermzellen. Hohes Ectoderm an der Spitze der Knospe. Leırz III, 3.
k, einschichtige Lage von Keimzellen.
170 Otto Steche,
. Fig. 10—29. Physalia.
Fig. 10. Längsschnitt durch ein junges Gonophor nach eben vollendeter
Glockenkerneinstülpung. Zeigt die Keimzellen bei der Einwanderung in das
Ectoderm des Glockenkerns. Das äußere Ectoderm ist teilweise zerstört. LEITZ
111, 6. %, Keimzellen; %’, in den Glockenkern eingedrungene Keimzellen. _
Fig. 11. Längsschnitt durch ein etwas älteres Stadium. Der Glockenkern
hat sich weiter differenziert. Im Ectoderm des Manubriums, das eben in der
Herausbildung begriffen ist, die Keimzellen, zwischen ihnen kleinere Glocken-
kernzellen. Im Entoderm des Manubriums Hohlräume, herrührend von der Aus-
wanderung der Keimzellen. Leitz II, 6. ek’, subumbrellares Ectoderm; ep,
epitheliale Zellen im Ectodermüberzug des Manubriums; eni.lam, Entodermlamelle;
FA, Hohlräume im Entoderm des Manubriums.
Fig. 12. Eine Partie des Glockenkerns von Fig. 11 stärker vergrößert.
Zeigt das Gerüstwerk der epithelialen Zellen des Glockenkerns mit den darin
eingelagerten Keimzellen. Leitz III, 1/12. Imm.
Fig. 13. Junges weibliches Gonophor im Längsschnitt. Zeigt alle medu-
soiden Schichten, einschichtiges Keimzellenlager im Eetoderm des Manubriums
und mehrschichtiges Entoderm des Manubriums. Leitz UI, 6.
Fig. 14. Längsschnitt und
Fig. 15. Querschnitt durch ein junges männliches Gonophor. Kappen-
förmiger Glockenkern mit mehrschichtigem Keimepithel. Reduzierte medusoide
Schichten mit zwei Radiärkanälen. Leitz II, 3. Man, Manubrium; R%, Radiär-
kanal.
Fig. 16. Älteres männliches Gonophor. Entoderm mit ‚Riesenzellenbildung.
Leitz III, 3. rz, Riesenzellen des Entoderms.
Fig. 17. Ein Stück aus dem ältesten Stadium der männlichen Gonophoren.
Die Keimzellen sind ziemlich verkleinert, sehr zahlreich. Das Entoderm zeigt
reduzierte im Untergang begriffene Kerne der Riesenzellen. Leitz II, 3.
Fig. 18—24 Keimzellenkerne in verschiedenen Stadien. LEırz IH, 1/12. Imm.
Fig. 13. Aus dem Glockenkern, kurz nach der Einwanderung. Feines
Chromatinnetz, runde Nucleolen.
Fig. 19. Das Kerngerüst deutlicher, die Nucleolen in Fortsätze ausgezogen.
Fig. 20. Dichterwerden des Chromatinnetzes, Zerfall der Nucleolen. Sta-
dium der Fig. 16. a, Kerne aus der Randpartie; 5, aus der innersten Schicht,
kleiner, mit dichterem Chromatin.
Fig. 21. Stadium der Fig. 17. Scheinbares Srnapalsal ua aus der inner-
sten Schicht des Gonophors.
Fig. 22. Kerne aus den äußeren Lagen von Fig. 17. Noch relativ feines
Chromatinnetz, trotzdem schon halbmondförmige Anlagerung intensiv gefärbter
Körnermassen an die Kernmembran.
Fig. 23. Degenerierende, als Nährzellen oeeinahis Keimzellen aus den
mittleren Stadien der Entwicklung eines männlichen Gonophors.
Fig. 24. Verschiedene Stadien der Caryokinese: 7, ruhender Kern. 2, Fäden-
bildung. 3, Zerschnürung der Fäden, deutlichere Körnung. 4, Verdoppelung der
Körnerreihen, Verkürzung der Chromosomen. 5, Chromosome in der Spindel,
zu kurzen Stäbehen zusammengezogen.
Fig. 25. Eizellen aus dem ältesten weiblichen Gonophor. Schleifenförmiges
Kerngerüst, deutliche runde Nueleoh.
Fig. 26. Ältestes weibliches Gonophor von Physalia. Keimzellen zu ein-
Die Genitalanlagen der Rhizophysalien. 7
zelnen Haufen auseinander gezogen. Riesenzellen des Entoderms. An der Spitze
des Eetoderms eine Kappe von plasmareicheren Zellen. LEıTz III, 3.
Fig. 27. Ein Teil von Fig. 26 stärker vergrößert, um besonders die mehr-
kernigsen Riesenzellen des Entoderms, sowie die verschiedenen medusoiden
Schichten zu zeigen. LEITZ Ill, 6. ek’, subumbrellares Ectoderm; ent.lam,
Entodermlamelle; %, Keimzellen; Rx, Riesenzellen des Entoderms; r%, Kerne der
Riesenzellen; vo, Vacuolen.
Fig. 28. Querschnitt durch den Muskelstiel der Meduse von Physalia im
ausgestreckten Zustande. Leitz II, 3.
Fig. 29. Querschnitt durch denselben während der Contraction. LEITZ
IIL, 3. M, Muskelstiel; »2, Muskellamelle; /, eetodermale Längsmuskeln im übri-
gen Teile des Stieles; s?’, Stützlamelle des Muskelstiels.
Fig. 30 u. 31. Querschnitte durch den Muskelstiel der Meduse bei der
Tiefenform von Rhrxzophysa. Leitz Il, 3. d, Drüsenzellen des Entoderms.
Fig. 32. Teil eines Längsschnittes durch das subumbrellare Eetoderm der
Meduse der Tiefsee-Rhrxophysa. Leitz III, 1/12. Imm. D, Drüsenzellen, bei «
am Secret festgeklebte Detrituskörnchen; x, eckige Granulationen an der Basis
der Ectodermzellen.
Fig. 33. Drüsenzotte aus dem Entoderm an der Basis des Genitaltasters
der Tiefsee-Rhrxophysa. Leitz I, 3 x 2. d, Drüsenzellen; ak, Kerne der
Drüsenzellen, die amitotische Zerschnürung zeigen.
Fig. 34. Drüsenzelle aus dem Ectoderm des Genitaltasters von Rhixophysa.
Leitz III, 1/12. Imm.
Fig. 35. Längsschnitt durch Genitaltaster und Meduse der Tiefenform von
Ichizophysa. Leitz III, 3. 7, Genitaltaster; Med, Meduse; M, Muskelstiel; m,
Muskeln längs getroffen; s?’, verbreiterte Stützlamelle des Muskelstiels; kl, Klappe
am Übergang in den Stamm; ent’, hohes Entoderm des Stielkanals; d, Drüsen-
zellen darin; en?”, flaches Entoderm des Muskelstiels; Ak, Ringkanal; nx, Nessel-
zellen im Ectoderm des Tasters; Z, drüsige Zotte im basalen Entoderm des
Tasters.
Fig. 36. Meduse von Physalia im Längsschnitt, mittleres Entwicklungs-
stadium. Leitz III, 3. 4”, Klappenvorrichtung zwischen Stiel und Schirmteil.
Andre Bezeichnungen wie Fig. 35.
ji
+
eıtsehrift
für
|
WISSENSCHAFTLICHE ZOOLOGIE
begründet
Carl Theodor v. Siebold und Albert v. Kölliker
herausgegeben von
Ernst Ehlers
Professor a. d. Universität zu Göttingen
Dechsundachtzigster Band
Zweites Heft
Mit 7 Tafeln und 19 Figuren im Text
LEIPZIG
‘ Verlag von Wilhelm Engelmann
1907
Ausgegeben den 22. März 1907
Inhalt
Seite
Wm. 8. Marshall, Contributions towards the Embryology and Anatomy
of Polistes pallipes. Il. The Early History of the Cellular Elements
of. the Ovary. (With Plate XH—XIV. Er Se 173
Wm. 8. Marshall, The early History of the cellular elements of the Ovary
of a Phryganid, Platyphylax designatus Walk. (With Plate XV
and XVL) . u. „neu. ee 214
Theodor Saling, Zur Kenntnis der Entwicklung der Keimdrüsen von
Tenebrio molitor L. (Mit Taf. XVII—XVII u. 14 Fig. im Text) . 238
Adolf Zwack, Das Ephippium von Sömocephalus vetulus Schoedler. (Mit
5 Fig. im Text). 1.2... 2 20% 2.20 Se we De 304
Mitteilung.
Beiträge für die Zeitschrift bitten wir an Herrn Prof. Ehlers
in Göttingen einzusenden. Im Interesse einer raschen und sicheren
Veröffentlichung liegt es, daß die Manuskripte völlig druckfertig
eingeliefert werden, da mit nachträglichen Einschiebungen und aus-
gedehnten Abänderungen während der Korrektur Zeitverlust und
sonstige Unzuträglichkeiten verbunden sind. Bei der Disponierung der
Zeichnungen ist darauf zu achten, daß der Raum des in der Zeitschrift
üblichen Tafelformates nicht überschritten wird. Für Textfiguren
bestimmte Zeichnungen sind auf besonderen Blättern beizulegen.
‚Die Verlagsbuchhandlung Der Herausgeber
Wilhelm Engelmann. Ernst Ehlers.
Die Herren Mitarbeiter der »Zeitschrift für wissenschaftliche
Zoologie« erhalten von ihren Abhandlungen und Aufsätzen 40 Sonder-
abdrucke unberechnet. Weitere Exemplare werden auf Wunsch
gegen Erstattung der Herstellungskosten geliefert unter der Voraus-
setzung, daß sie nicht für den Handel bestimmt sind.
Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig
Soeben ist erschienen:
Kugenio Rignano
Über die Vererbung erworbener Eigenschaften
Hypothese einer Zentroepigenese
Teilweise Neubearbeitung und Erweiterung der französischen Ausgabe
Mit 2 Figuren im Text
IV u. 399 Seiten gr. 8. Geheftet 4 5.—
Contributions towards the Embryology and Anatomy of
Polistes pallipes.
II. The Early History of the Cellular Elements of the Ovary.
N
Wm. 8. Marshall
(Madison, Wisc. U.S.A.).
(From the Zoologieal Laboratory, University of Berlin.)
With Plate XII—XIV.
Thematerial for the following paper was obtained in the vieinity
of Madison, Wisconsin, U. S. A. The work was done in the Zoological
Laboratory of the University of Berlin whose director, Professor
F. E. ScHuLze, I desire to thank for extending to me the courtesies
of the laboratory.
In. gathering the material, the embryos, larvae and pupae were
removed from the cells of the nest after returning to the laboratory;
but the mature wasps were caught in its vieinity after it was first
disturbed. The ovaries of all but the embryos and youngest larvae
were generally dissected out in the preserving fluid which was to be
used. A larva, for instance, would be pinned down in a small dish
containing weak FLEMMING’s Solution; it was then cut open and the
ovaries, being cut out, would be at once placed in the solution in
the dish. From this they were quickly removed to a dish of FLEMMING
of the strength used in preserving them. The same was done with
most of the other solutions. With GıLson’s or Tower’s it was found
much easier to see and remove the ovaries of larvae which were first
injeeted, (by means of a small hypodermie syringe), with the solution
used. They were then thrown into a dissecting-dish filled with the
same fluid, allowed to remain here five or ten minutes, and then
opened; the ovaries were removed and placed in another dish of
fresh preserving fluid.
The different preserving fluids used were FLEMMINg’s, weak and
Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI, Bd. ER: 12
Jura! Wim. S. Marshall.
strong, HERMANN’S, ToweEr’s, GILsoN’s and hot water followed by
corrosive sublimate. The stains I made use of were FLEMMING'S
triple stain, EurtichH’s, HEIDENHAIN’s iron-haematoxylin, MAYER’s
haemalum, borax-carmine, alum-carmine, acid-fuchsin, and safranin
alone. Of these, the two found most satisfactory were the iron-
haematoxylin and the safranin. In the very youngest stages I found
MAYERs haemalum and haematoxylin to give the best results.
Historical.
The origin of the three kinds of cells within the inseet ovary
has already been worked out for the Hymenoptera and my work
does not in this respect differ from what was already known. What
Korschetr (18) found for Bombus differs but slightly from what is
here given for Polistes. He says, »Die &leichartigen Elemente des
Endfadens gehen direkt in die der Endkammer über. In deren
oberen Abschnitt differenzieren sich aus ihnen die Keimzellen, die
am Grunde der Endkammer in die Eizellen übergehen und nur allein
diese liefern. Die Kerne der Nährzellen entstehen an der Basis der
Endkammer aus den kleinen Kernen, welche weitaus die größte
Masse von deren Inhalt bilden. Die in großer Anzahl übrig bleiben-
den kleinen Kerne werden zu den Kernen des Follikelepithels. Alle
drei Zellenarten entstammen demnach den gleichartigen Elementen,
wie sie sich noch jetzt im obersten Abschnitt der Endkammer finden. «
PauLcke’s (25) results are also the same as mine; both he and
KoRscHELT (18) failed to study the young stages and he was unable
to ascertain that the two kinds of cells he starts with had come
from similar cells. He says: »Zu Beginn der formalen Differenzierung
haben wir also zweierlei Elemente; erstens undifferenziert bleibende
Kerne, welche später dem Follikelepithel den Ursprung geben, und
zweitens als Keimkerne oder Ureikerne zu bezeichnende Elemente,
welche sich weiterhin, wie wir sehen werden, nach Bildung eines
Zellleibes, zu Eizellen und Nährzellen differenzieren. «
In many of the papers on the anatomy of insect övaries there
is given an historical account of the subject; in most of these are
found the different views which have arisen in regard to the origin
of the three cellular elements; oöcyte, nurse-and epithelial cell, of
the ovarian tubule. To give here such an historical account and
trace, step by step, what has been done, would be only to repeat
what can all or in part be found in a number of papers, Lupwic (23),
Branpr (5), KorRscHeEur (18), Gross (10), ete., or in Hennesuy’s (14)
Contr. towards the Embryology and Anatomy of Polistes pallipes. 175
text-book. In most of the papers dealing with this subject one finds
that several insects have been the subject of the work and it is only
in recent papers PAULCKE (25), GIARDINA (8), that one finds the work
restrieted to a single species. As the present paper treats only of
a single inseet, it is thought best to omit a more general historical
account and review the principal papers dealing, especially histo-
logically, with the ovaries of Hymenoptera. Lately more atteution
has been given to eytological detail and we have the papers of
GRÜNBERG (12), WIELOWIEJSKI (32) and Gross (11) but especially those
by GIARDINA (8 and 9).
Several of the older papers treat of the ovary of the Hymenoptera,
but in them there is very little or nothing bearing on the present
work. Leyvıc (20), working with Osmia bicornis, mentions that the
terminal filament is filled with clear cells which have large round
nuclei. In the following part of the tubule, he found cells whose
nuclei contained nucleoli, distinguishing between these, and those with
a stmgle nucleolus; these latter developed into the egg. Lupwiıc (23),
observed that in Megachrle fusca the egg sent a process up between
the nurse cells; also that tbe epithelial cells did not entirely divide
the egg and nurse chambers into two separate parts but that an
opening was left between them.
In 1866 two important papers appeared; one by BLOCHMANN (9)
and the other by STtuHLmann (27). BLOCHMANN (3) worked with
three Hymenoptera; Camponotus ligniperde, Formica fusca and
Vespa vulgarıs. He found that the three showed but slight variations
and his account is almost entirely restrieted to the first species. His
account begins after the oöcytes are arranged, one behind the other,
in the middle of the tubule and were easily recognized by the greater
size of their nueleus and their darker staining cytoplasm. He found
the oöcyte nucleus large, without a nucleolus and with but little
chromatin; it eontained a central mass from which strands passed to
the nuclear membrane. Oöcytes, when a little older, begin to bud
and this process results in the formation of many small nuclei
»Nebenkerne«; these first appear as small vacuoles lying near the
nuclens. A little later small staining granules appear in them, they
srow and acquire a distinet membrane. The contained matter increases
and finally forms small nucleoli and fine threads. The »Nebenkerne«
increase in number and proportionately the regular nucleus decreases.
In the regular nucleus almost the entire contents stain; but in the
»Nebenkerne«, only the nucleolus and the strands. Some of these
1
176 Re Wm. S. Marshall,
nucleoli he saw connected by a thin thread as if they were dividing.
The nurse-cell nuclei he figures with a very thick membrane; each
contains many nucleoli and a thick network. Between the nurse-
cells and at the margin of their chamber he noticed a number of small
cells which he concluded corresponded to the follicle cells around the
oöcyte. The process the oöcyte sends up between the nurse cells
was seen. He describes the nucleus of the oöcyte as wandering to
its distal margin and with this, begins the formation of the deuto-
plasm. Division was observed in the folliele cells during the growth
of the oöcyte.
No one has worked with so many different Hymenoptera as
STUHLMANN (27); in his paper he describes, often very brietly, Vespa
germanica and Vespa media, Bombus terrestris, Trogus lutorvus,
Branchus fulvipes, Pimpla sp. (?), Anomalon circumfleeum, Lampo-
nota sp. (?), Ophion ventricosum and Ophion luteum, Ephialtes hituratus
and Zphialtes sp. (?). Of none of these does he give a very full account
and there is a great deal of similarity in what he says of’the
different ones. He describes, for all of them in the early stages of
the oöcyte, the formation of the small nuclear-like bodies. In all,
the nucleus of the oöcyte goes to the periphery at the anterior end.
there around it the small bodies are formed, but not for all at the
same age. He says: »Bei den untersuchten Hymenopteren kann
also der Austritt der „Ballen” zu sehr verschiedenen Zeiten statt-
finden, entweder bei ganz jungen Eiern oder bei ziemlich viel
älteren.< These »Ballen« may fuse to form a large »Dotterkern«
which lies at the lower pole ofthe egg; or, as »diffuse Dotterkerne«
they may remain separate and generally later become lost or dissolved
in the egg.
What he found, for the first two species of Vespa, was so
similar that he gives a single description for both. In the youngest
oöcyte he studied, the nearly central nucleus had a nucleolus; the
small bodies near it contained something, but he was doubtful whether
or not it was chromatin. He opposes BLOCHMAnN’s view as to these
being »Nebenkerne« saying: »Ich wiederhole noch einmal, daß ich
diese Kerne nur für „Dotterconcretionen” halte« He agrees with
BLOCHMANN (9) that deutoplasm is first formed at the periphery and
the lower pole of the oöcyte, »am oberen Pol noch eine Plasma-
masse bleibt«. At later stages the oöcyte nucleus stains darker than
at earlier ones; it remains at the upper pole until its function here,
»die Ausstoßung der Ballen« is ended and then moves towards
Contr. towards the Embryology and Anatomy of Polistes pallipes. 177
the center. In the older oöcytes he could not find any trace of
the nucleus.
In Bombus, STUHLMANN found that some of the »Dotterkerne«
appeared very similar to the regular nucleus; others do not. The
opening between egg- and nurse chamber was observed and once
he saw three of the »Ballen« in this passageway »welche einen Über-
gang zwischen den Kernen des Follikelepithels zu den Dotterkernen
zu bilden scheinen«. He suggested the possibility of these being
cells which had passed from the outside into the egg but did not
tbink it at all probable. The »Ballen« at the upper pole of the
oöcyte remain but those at the lower pole are dissolved, the latter
being the older, disappear first.
KorscHELT (18) found nuclei with nucleoli in the terminal
filament but was unable to distinguish cell boundaries. Proximal to
this the nuclei became larger and in the terminal chamber he found
that some grew more rapidly than others; in this region he found
cell boundaries. At this place »zwischen den Kernen der Keimzellen
und den der jüngsten Eianlagen ist kein Unterschied zu bemerken«.
Later he could distinguish the oöcytes by their lighter appearance
and larger size. In the oöcyte nucleus the chromatin forms in large
masses. Distally in the end chamber the nuclei have the same
structure as those in the terminal filament but they were larger.
The large nuclei become those of the oöcyte, the smaller ones
surrounding these form the nurse-cells. By Dytiscus and Musca
he found these »Keimzellen«, differentiating into oöcytes and nurse-
cells but in Bombus to oöcytes only. The nurse-cells group them-
selves first at the side and then distal to the oöcyte; they increase
in number and their nuclei are larger than those of the oöcytes.
PAULCKE (25) found in the bee no external or internal boundary
between the terminal filament and the end chamber. In the upper
part of the former are many elongated nuclei lying across the tubule
(Leyvıe [20]), which are embedded in a mass of protoplasm. At
the place where these small nuclei become larger there is a marked
transverse striation in the tubule; in this region cell boundaries
appear and nucleoli in the nuclei. These are now either oogonia or
they remain unchanged and become the epithelial cells. In the former
the chromatin in the nucleus becomes thicker, at first it forms a
mass with two nucleoli which later disappear. He describes both
a synapsis zone and a zone of differentiation. Proximal to the former
zone small cells (nurse-cells) very much like the undifferentiated
178 Wm. 8. Marshall,
nuclei appear and little further down larger cells (oöcytes) in whose
nuclei the chromatin is massed in an excentric ball. He believes
that synapsis has something to do with division but found no dividing
cells. Other cells at this region have the chromatin separated into
two parts. The oöcytes grow; at first lying two or three together,
they later, separate. They now lie in the median part of the tubule
with their long axis across it. Cell boundaries which have disappe-
ared now appear again. The nucleus of the nurse-cells becomes
larger and oval in form, the chromatin finely divided and one or
two nucleoli are present. The oöcytes move further apart and the
nurse-cells which were arranged in rows, get in between them and
begin the chamber formation. The oöcytes may either appear along
the margin or in the central part of the tubule. After the synapsis
zone the epithelial nuclei appear, at first pointed, but later becoming
rounder. In these nuclei one or two nucleoli are often present, and,
at the begining of the chamber formation cell boundaries are formed.
He distinguishes a zone of chamber formation. He found the opening
between nurse and egg chamber and the process the oöcyte sends up
between the nurse-cells. At the beginning of chamber formation the
nurse-cell nucleus has a nucleolus and a finely granular mass which
later becomes thicker. Nuclei become irregular and seeretory activity
begins. At this same time the oöcyte nucleus looses the characteristie
thread structure it earlier had and the chromatin forms in masses in
its central part. It now has a number of the small nuclear-like
bodies near it. It looses its regular form. The nurse cells are finally
emptied into the egg chamber.
He holds with Korscnerr (18) that in the Hymenoptera all three
kinds of cells come from similar elements of the terminal chamber.
In and near the synapsis zone a multiplication of cells begins, they
become differentiated and the oöeytes are first recognized as such.
He did not see mitosis in the synapsis zone, nor could he find a
nucleolus present. In this zone he believes but few mitotie divisions
are present and these only for the origin of the oöcyte, the nurse-
cells originating amitotically. We will not go further into his
theoretical part except to give his origin of the different cells in
which he agrees with KoRscHeEut. The first differentiation comes in
the terminal filament and separates the vegetative (epithelial) from
the generative cells. A second differentiation later takes place in
which the »Keimzelle« become separated into oöeytes and nurse
cells.
Contr. towards the Embryology and Anatomy of Polystes pallipes. 179
Gross (10) working with Bombus terrestiis found in the distal
part of the end chamber nuclei of the epithelial cells with very
indistinet boundaries; these nuelei were oval in shape and contained
a few chromatin granules. Further down were large, round cells,
with a distinet nucleolus; these were the nurse-cells and between
them lay the oöeytes with larger and lighter nuclei. Near the wall
were many epithelial cells and he holds that these remain unchanged
in structure, and that they divide mitotically at nearly any place.
Synapsis, if present, he claimed was very short. In that part of the
tubule where the oöcytes have a linear arrangement in its center,
they are separated by epithelial cells. Gross holds, against PAULCKE (25)
that, in this region, the nurse cells do not divide.. The egg and nurse
chamber have an opening between them. In the nurse chambers are
a number of epithelial nuclei; these in the older chambers collect in
the central part and pass into the oöcyte: they have something to
do with the formation of the deutoplasm. In Vespa he holds that
the nurse-cell nuclei may divide amitotically.
Observations.
The following paper has nothing to do with the development of
the female reproductive organs as such, but only with the cells, oöcyte,
nurse, and epithelial, which develop within the ovary. The oöcytes
we have traced from their origin, through the formation of the nuclear-
like bodies, until they have nearly reached their full size. Of the
nurse-cells the entire history is given; starting from their first
differentiation and following them urtil they become lost, as food for
the developing oöcytes.. The epithelial cells we have traced from
their origin until a part of them, those within the nurse chamber,
have no further history, either going as food to the oöcyte or
remaining within the empty chamber. Of the other part, those
forming the follicle of the oöcyte, we give the history until the
beginning of the formation of the chorion.
It has been thought advisable to draw in outline an ovarian
tubule of some of the stages described, not to trace its development,
but only that the position of the cells about which we speak, may
be more clearly indicated. We begin our account with the gonads
of the embryo, finding at this stage, that each reproductive organ is
a small mass of protoplasm, surrounded by one or more layers of
cells, and containing a number of nuclei similar in strueture. In this
earliest stage is not only a differentiation into terminal filament,
180 Wm. S. Marshall,
ovary proper and oviduct not present, but the gonads do not show
any trace of the tubules which later appear in the young larva.
After the appearance of cells in the gonads of the young larvae,
some of them begin to increase considerably in size; the presence
of these large cells distinguishes the ovaries from the testes. At
first each of the three ovarian tubules, connected at their base, is
similar throughout its entire length, and, it is only in the older larvae,
that we can distinguish the different parts.
When either embryos or larvae were of nearly the same size it
was very difficult to determine their relative ages. In many cases
we have used the length of embryo or larva, but cannot say that
this means very much. The eggs of Pohstes show a difference in
size, and the length of embryos of the longer eggs would, at an
equal age, be greater than there of the shorter ones. Amount of
contraction by different preserving fluids might also make some
difference. In many pupa, the ends of the tubules were twisted and
bent, so that it often became diffieult to give their exact length.
The length of the tubule cannot always be used as a standard of
relative age, some of equal lengths showing a difference in the
development of the enclosed cells.
Embryo. The youngest embryo studied, the one with which
we begin our account, was 1.35 mm in length; its gonads were each
0.04 mm wide and a little over twice as long. Eaeh gonad is filled
with protoplasm which shows a great similarity at all points, in some
there are a few small vacuoles present, but the majority, did not
contain them. Nuclei of the same structure are found throughout the
entire gonad; in it they have no definite position and fail to show
a regular epithelial arrangement; they do not lie at any regular
distance from each other, some nearly touch adjacent nuclei, and
others are a little distance apart. In Chalicodoma CARRIERE and
BURGER (6) found that the young gonads contained a number of
similar cells. A comparison of this embryo, with others which were
a little longer, shows no difference in the size or arrangement of
the contained nuclei, which have either a round or an oval form, and
vary but little m size (Fig. 1). A few of the nuclei are irregular in
shape, but an examination of all the sections shows that the round
form predominates. We find here in Polistes, as has been described
for a number of animals, that the reproductive organ in the youngest
stage or stages, is a syneytium; in the different embryos which we
Contr. towards the Embryology and Anatomy of Polistes pallipes. 181
studied we were unable to find cell boundaries, or any indication of
cell formation, present within the gonads.
The nuclei within this youngest gonad would average about
0.0045 mm in diameter; each contains one or two nucleoli, seldom a
greater number, which are irregular in shape, but generally somewhat
elongated; they are seldom angular, their surface as a rule being
rounded (Fig. 2). When but a single nucleolus is present it is apt
to be elongated, when two or more are present, they are generally
more rounded. Each nucleus also contains a number of chromatin
granules; these are much smaller than the nucleoli and they are
mostly peripheral in position, a few only, lying at any distance from
the nuclear membrane. The achromatin does not form a definite
network, but appears as strands which connect the chromatin granules
with each other, and with the nucleolei. Neither in this, nor in any
other embryo studied, were dividing nuclei seen.
The nuclei, found in the embryonal gonads of Polistes, are very
similar to those described and figured by GrRÜnBEr«e (12) for Bombyx
mori, and we judge that both were of about the same age. As just
mentioned, we failed to find any cell boundaries at this stage.
It was very diffieult to stain the nuclei of the gonads in these
early stages and we obtained better results by using the commonest
stain, such as MaveEr’s haemalum, than with the more complicated
ones used for nuclear structures. With this stain just mentioned, the
bodies we have called nucleoli, are not so darkly colored as are the
chromatin granules; the same result was obtained by using HEIDEN-
HAIN’S iron-haematoxylin. With Fremning’s triple stain no differen-
tiation could be obtained; with safranin alone both nucleoli and
chromatin granules stained equally, and the same result was obtained
with acid-fuchsin.
Older embryos were very similar to the young ones; the
reproductive organs were somewhat changed, but not the contained
nuclei. With the growth of the embryo the nuclei increase somewhat
in size, and it is noticeable, that within the gonad, they show a
variation in this respect, some being larger than others. BEsseus (1)
long ago observed that, in the ovary of Lepidoptera, the cells were
at first all the same size but later, grew and differentiated. These
larger nuclei have no definite position within the gonad, most of
them were centrally situated but some were seen lying close to, or
against, the wall. In an embryo 1,5 mm in length, one of these
large nuclei measured 0,0075 mm in diameter; the average diameter
182 Wm. S. Marshall,
of all the nuclei would be about 0,0063 mm, not much larger than
those of the youngest embryo.
Larva. In the youngest larvae the gonads are similar to what
we found in the oldest embryo, the structure of the nuclei is the
same, and no cell boundaries have as yet appeared. In a larva
2,1 mm long, we find that the three ovarian tubules have been
partially developed; each tubule has a width of 0.035 mm, making
the reproductive organ larger than in the embryo, where we found
the entire gonad, but slightly larger than one of the tubules in this
larva. A view of an ovarian tubule from an larva 2,6 mm long
(Fig. 5), shows that the greatest change noticeable, is the appearance
of the cells; a small amount of eytoplasm around many of the nuclei
being marked off by a cell boundary, and this cytoplasm is darker
than that which is not so enclosed. Wheter or not all the nuclei
lie in cells, is diffieult to determine, but this is the condition by
slightly older ones. The nuclei, 0,005 to 0,006 mm in diameter,
found in the gonads of this larva, are still similar in strueture (Fig. 4)
to those of the embryo. In larvae of this age a very few mitotic
figures were seen, but these were not abundant. In looking over
sections of a few larvae, of this and of a slightly greater length,
we would find but two or three dividing cells in an entire gonad and
all seen were in the equatorial plate stage (Fig. 5).
Ovary A. In larvae somewhat larger than this last one it is
easy to distinguish between ovaries and. testes, either by dissection,
or by a microscopiec examination. During the early growth of the
larva, we find that but slight changes take place in the structure of
the nuclei or of the ovary, the nuclei have increased a little in size,
but a greater change has taken place in the growth of the ovary
itself. In a larva ? mm long sexual differentiation has become very
marked; the ovarian tubules are each 0,275 mm long, but they as
yet, show none of the parts which can so easily be distinguished in
older stages. The tubules are filled with a mass of cells which show
a greater difference in size and shape, than in structure. In each
tubule one can easily distinguish between a distal half, in which the
nuclei of the cells are small and ovoid, and a proximal half, containing
fewer cells but nearly all with larger nuclei. GRÜNBERE (12) noticed
in Lepidoptera that at an early stage the oogonia all had their
position in the distal, and the epithelial nuclei in the proximal, part
Contr. towards the Embryology and Anatomy of Polistes pallipes. 183
of the tubule, a condition we do not find in Polistes. Externally,
one notices that the distal end of the tubule is pointed, but the
proximal end is thicker and rounded (Fig. 6). In studying the larvae
of this age, we worked both with ovaries which had- been disseeted
from the body and then sectioned, and also with those which had
been sectioned in toto.
As already mentioned, the distal half of the tubule is filled with
cells the nuclei of which are ovoid, here and there, some are found
with a nearly spherical nucleus; these latter, have no definite position
within this part of the tubule but may be median, or near the wall.
The nuclei are elosely packed together and mostly restrieted to the
marginal part of the tubule, Iying close to its membrane, this leaves
a central portion in which but few nuclei are found. Each nueleus
lies with its long axis across the tubule, Levvie (20), PAuLeKE (25),
the cells are generally elongated but, owing to the erowding of the
nuclei together, the cell boundaries are diffieult to distinguish.
Each nucleus, 0,005 mm in length, contains from one to three
irregular nucleoli which do not stain so darkly as the chromatin
granules; these latter lie mostly, but not all, in the peripheral part
of the nucleus (Fig. 7 5). Achromatin strands pass irregularly from
one to another of these, and, in these small, ovoid nuclei, one or
- more of them generally extends across it from side to side.
Near the midle of the tubule, a marked change is noticeable in
the shape, both of the cells, and of their nuclei; those, which in the
distal half, are shown elongated and with ovoid nuclei, give place to
larger and more rounded cells, which contain larger and nearly
spherieal nuelei. These larger cells occupy all of the proximal halt
of the tubule, although, here and there, in this same region a few
of the smaller ovoid nuclei can be found. Owing to the larger size
of the cells in the proximal half, and to their being less erowded
together, we find here a much smaller number than in the distal
half. The nuclei of the large cells (Fig. 7a) are similar in structure
to those we found in the embryo, or young larvae.
In Dytiscus, GIARDINA (8) has described the oöcyte and its
nurse cells as remaining together and forming a group, the cells of
which, increase in number as mitosis proceeds. Somewhat similar
groups were found in the ovary of Polistes in many different stages
of development, and it was thought the same arrangement occurred
here as in Dytiscus. The explanation given by GIARDINA (8) seems
very plausible, and we should hold a similar view for ‚Polistes, were
184 Wm. S. Marshall,
it not for two things which it would be hard to reconcile to this
view. It was easy to assume that all the cells of a group came
from the repeated division of a single cell and that, after each
division, the resultant cells remained attached to each other. When,
however, in a larva 13 mm in length, groups of cells were found
similar, except in size, to the groups found in the ovaries of older
insects, I began to doubt as to their origin. Even in this young
larva, some of the groups contained as many as seven cells (Fig. 8).
The cells all come from a common central portion, each is pyriform,
and they are all attached by the narrow stalk like part. In Megachile,
Lupwiıa (23) observed that the eggs have for some time a stalk, and
earlier, somewhat similar appearances, had been observed by insects
other than Hymenoptera, Huxrtey (17), CLaus ((), LußBock (22). We
have already called attention to the very few dividing cells present
in the gonads of embryos, or of young larvae; in the larva we now
describe, but very few were noticed, and none of these occurred in
groups, a8 we shall notice in older larvae and in pupae. In young
larvae of Polistes we never found more than five or six dividing
cells in any ovarian tubule; if all the cells in a group have come
from repeated divisions of a single one, it is certain, that some of
the numerous embryos and young larvae, would have shown many
dividing nuclei. Then again if these groups originate as above
mentioned, some dividing cells must be found near together, whereas,
as we have already said, up to this age the very few dividing cells
were scattered in the tubules. It might be said that the cells of
these groups arise by amitotie division; GIARDINA (8) has shown in
Dytiscus that the cells divide mitotically, and the few mitotie figures
seen in Polistes, would prove that this is also here the method of
division; that both mitosis and amitosis occur in the ovaries of these
young larvae, I do not believe.
In Dytiscus, each group consists of one oöcyte and several nurse
cells. In the group found in Pokstes, not only here but in older
larvae and in pupa, all the nuclei are similar, and there is no
difference in the size of the cells. We shall learn that, during the
growth of the oöcytes and the nurse-cells, they soon become easily
recognizable as such, and if, in older larvae, each group contained
one oöcyte and several nurse-cells, this would be apparent. We do
not believe that these groups of cells originate the same [way in
Polistes as in Dytiscus, but cannot offer a very satisfactory explanation
to account for their origin and persistanee in the former inseet. It
Contr. towards the Embryology and Anatomy of Polistes pallipes. 185
might be that the cells of a group are attached to the wall of the
tubule near each other, and in some way remain so, or become in
part fused with each other. The central portion from which they all
come, or to which they are all attached, is, in older stages, of a
darker eytoplasm than the rest of the cell (Fig. 16) and this common
central portion is very distinet.
Ovary B. Passing to a somewhat older larva, one 16,5 mm long,
we notice that changes have taken place, especially, in the growth
of the tubules themselves (Fig. 9); each is in this larva 0,6 mm long.
A single tubule shows a proximal part, very different from the rest,
(Fig. 9 odt) which later develops into the oviduct. This same
differentiation was also seen in younger larvae from 12 to 15 mm
long. These parts would probably correspond to the »Endfaden,
Keimfach und Ausführungsgang«, the three divisions given by
Heykıng (13) for the ovary of the larva of Pyrrhocoris. Within the
proximal part, the cells are different from those found in the rest of
the tubule; they are filled with large vacuoles which, under a low
power, gives them a much lighter appearance than the others; their
nuclei are smaller than those in the other two parts of the tubule,
but differ very little in structure. The cells are long and narrow,
and arranged across the tubule; no central Iumen has as yet appeared
in the future oviduct. The middle section of the tubule (Fig. 9 ov),
shows a great similarity throughout, the nuclei are nearly all large
and spherical, their cells also large, and generally rounded or poly-
hedral. These nuclei (Fig. 10), are_similar to the last one figured:
each has generally two nucleoli, a number of chromatin granules,
and connecting achromatin strands. These nuclei are 0,0085 mm in
diameter. 'The chromatin granules are slightly larger than in the
last stage, and the achromatin enlarges to a small irregular mass
around each one. Along the margin of this middle portion of the
tubule are a number of small, ovoid nuclei, each having about the
same structure (Fig. 11) as those in the distal part. In this latter
part nearly all the nuclei have an oval form (Fig. 12), each with
two to four, generally two, nucleoli, small chromatin granules and a
retieulum, of which one or two strands can generally be traced
across the nucleus from side to side. The cells are elongated and
both they, and their nuclei, lie with the long axis across the tubule.
One notices that the cells are closely erowded together. The nuclei
lie mostly near the margin of the tubule, only a few being found in
186 . Wm. $. Marshall,
its median part. A few of the nuclei are nearly spherical, these
are more apt to be found in the center of the tubule than near its
- wall. Here and there are groups of cells similar to those described
for our earlier stage. |
Where the distal passes into the middle region of the tubule,
the change is quite abrupt, the small, ovoid nuclei giving place to
the larger, spherical ones; the cells also change from an elongated
to a more rounded form. At this transition region the tubule becomes
somewhat wider. But few mitotie figures were present in this stage,
not more than four or five being found in any tubule of the ovary.
Ovary C. This is the youngest ovary we found in larvae after
they had ceased feeding, and enclosed themselves in the cell of their
nest. The larva was of course full grown, the tubules were each
1.44 mm in length. Distally, each tubule is long and narrow, and
not straight throughout its entire length but terminally, it is bent.
In this latter region, and for some little distance down the tubule,
many of the cells extend entirely across it; sometimes they are
equally broad throughout their entire length, but oftener pointed at
one end (Fig. 14). The nuclei of all the cells in this part were very
similar, any slight differences they showed being in the arrangement
of their contents. Each nucleus has two, seldom more or less,
nucleoli, quite large and irregular in shape and position; each one
is surrounded by a thin layer of achromatin from which strands pass
to the nuclear membrane. In these achromatin strand lies a number
of chromatin granules, these do not stain evenly some being darker
than others. The cytoplasm of these cells is quite irregular in
appearance and distribution. Passing further down the tubule we
find it widening and the cells becoming arranged in a fairly even
layer along its wall. Next we notice that a few cells appear in the
central part of the tubule — not in alumen because none is present —
so that, here and there, one can find three cells, instead of two,
across the tubule.. The nuclei remain unchanged, but a few of the
centrally situated cells become more rounded. As we pass down
the tubule these central cells become more and more abundant, and
finally, in the median portion of the tubules (Fig. 13 ov), the long
narrow cells have almost entirely disappeared.
At the distal end of this median portion, differentiation takes
place more rapidly than at any other part i. e. the change of the
nuclei from an oval to a round form, and the enlargement, and
Contr. towards the Embryology and Anatomy of Polistes pallipes. 187
rounding, of the cells. After this change the nuclei are for some
time very similar in structure. A short distance proximal to this point
some of the cells lie in groups; there is a central part, common to
all, which is darker than the rest, and this darkened portion extends
a short distance up into each cell. Often the connection between this
portion, and that part protruding into the cell, is, on account of the
position of the cell, lost, and the cell then appears to have an irregular
or round, darkened body in its attached end (Fig. 16, lower cell).
Within the central part of the tubule (Fig. 15 ov) some variations
in nuclear strueture are noticed. At the distal end the nuclei are
all nearly alike, very similar to what we have figured (Fig. 23).
A little proximal to this the only change noticeable is an increase
in size of the chromatin granules. Such nuclei (Fig. 16) may be found
at any place in the proximal two-thirds of the median portion of
the tubule. Seattered through this part are some slightly larger,
irregular cells, with one, seldom two, large nucleoles, and having the
small chromatin granules nearly all peripheral in position (Fig. 15).
These we believe to be young oöcytes, but they nowhere, at this age,
show any of the changes which we shall find at later stages.
GRÜNBERG (12) has noticed for Preris, that early, the nucleus of the
oöcyte and of the nurse cells, were to be distinguished by the
different distribution of the chromatin:; all nuclei of the »Keimzellen«
he found had a spireme thread stage. He could, in half grown
larvae, distinguish between the three kinds of cells. BLocHMANN (9)
distinguished the young oöcytes by their great size and their darker
staining eytoplasm, KorscHerr (18), the young oöcytes, by their
lighter color; the earliest stages both these saw were however much
older than the present one. A third form of nucleus which shows
considerable variation in size, is found especially in the proximal
half of this portion of the tubule. One of the smallest of these
(Fig. 17), is seen to contain an irregular, loose achromatin mass, in
which a few chromatin granules of varying size can be seen. Very
similar but larger nuclei are present, these differ from the small
ones, in having the strands of achromatin more definite, and the
chromatin sranules more numerous. All gradations between these
small and larger nuclei can be found. These we hold to be the
nuclei of primitive nurse-cells soon after division, and that they are,
by increase in size and amount of chromatin, assuming a structure
very similar to figure 16. A number of these nuclei are generally
found together and we shall notice them in later stages.
188 Wim. S. Marshall,
This entire ovary showed very few dividing cells; one or two
scattered mitotie figures were seen in the region where the distal
‘ changes into the median part of the tubule, and small groups of them,
in the proximal part of this latter portion. Henkıng (15) found in
the larva of Pyrrhocorts, that the mitotie figures were present in two
regions, in the upper part of the »Keimfach«, and just under it.
We see that in this stage it is hard to determine the oöcytes
with as much certainty as the primitive nurse cells, and we fail to
find, at any place in the ovary, the large cells which, from their size
and structure, are, in later stages, so easily distinguished as oöcytes.
We find that oöcytes are differentiated (Fig. 15), but that their develop-
ment has not gone so far as that of some of the primitive nurse cells,
. many of which have at least gone through one division. Earlier,
in ovary B, we saw a differentiation of cells with small, ovoid
nuclei, to those with larger and rounder ones. Some of the cells
with the small ovoid nuclei do not change, and can, in later stages
(as epithelial cells), be found in both the distal and the median portions
of the tubule; in the latter region division in these cells does not
cease, and they increase in number long after division in the nurse
cells has stopped. The cells with oval nuclei, which are found here
in the distal part of the tubule, either remain as they are and may
become epithelial cells or differentiate into oöcytes or primitive nurse
cells.
We have found that the ovary from a larva which has enelosed
itself in the cell of its nest is further developed than one from a
free larva. This its naturally what would be expected and is in
general true but we may find exceptions. Some free larva are found
in which the ovary is further developed than is some of the en-
closed ones. From this it can be seen that a study of the ovary
alone, would not be a sure criterion as to whether it had been
taken from an old, free larva, or from on which had just enclosed
itself for pupation. |
Ovary D. Passing to a wasp which has commenced to pupate
we find that a general view of an ovarian tubule is similar to what
we found in the last stage. At that point in the tubule where the
widening is most marked (Fig. 18 7) we find a change taking place
in the structure of the nuclei and in the form and size of the cells;
at this place, if any, we find a zone of differentiation (PAULCKE), and
of the first differentiation, which takes place. KoRrscHELT (18) found
Contr. towards the Embryology and Anatomy of Polistes pallipes. 189
in Bombus, that in the distal part of the endehamber the nuclei
were similar in structure, but larger, than those in the terminal fila-
ment. Even before entering this part (Fig. 18 od) we may, here and
there, find cells which are changing, and these may lie either in the
center of the tubule (Fig. 19, point 20), or along its margin (Fig. 19,
point 22). These cells have changed from the long narrow form to
a rounder one but, still greater than this, is the change in the struc-
ture of their nuclei. Throughout the distal portion of the tubule the
nuclei are all alike and in this region, those which are similar in
structure, greatly predominate (Fig. 21). The nuclei of the other
cells (Figs. 20 and 22) show a slight increase in size, and a marked
difference in their shape. Their structure is also different, the chro-
matin granules are a little smaller, the achromatin reticulum more
seattered and made up of finer fibrils not so distinet as in the other
nuclei. In them there is also seen a fairly large chromatin body
which we here notice for the first time, but of which we shall speak
again. In this place, and also further down in the tubule, the cells
contain a darkly staining body which, for want of a better name,
we shall cali a yolk-nucleus. It is sometimes an irregular body but,
at this stage, more often has the form of a partially coiled, thick
rod; it is always found lying within a clear space. In all sections
this body was noticeable, but especially so in those stained with
safranin.
In this part of the tubule (Fig. 19) there is an irregular trans-
. verse striation which stops before the middle part is reached (PAULCKE).
These striae are due to strands of cytoplasm, which are more darkened
than the rest; they begin at the wall and extend towards the middle
of the tubule some being short and others reaching nearly across.
These striae almost entirely obliterate the cell boundaries which,
distal to this region, were very distinet.
As we pass towards the proximal part of this distal portion of
the tubule (Fig. 19), we find that the nuclei lying along the margin,
become less and less epithelial like in their arrangement, and finally,
below the transverse striae, all trace of it entirely disappears. At
this point the larger, rounded cells are more abundant, but as yet
their nuclei show no change in structure (Fig. 23). A little further
down a change does take place; we find (Fig. 18, point 24) many
nuclei showing larger chromatin granules and that the achromatin
mass has increased, its strands being thieker, and widening io form
a small irregular mass around each chromatin granule (Fig. 24). One
Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. 13
190 R Wm. S. Marshall,
or two nucleoli are, as in the younger nuclei, present, and in many of
the cells a yolk-nucleus is seen. In the proximal third of the middle
portion of the tubule we find, besides these last nuclei, others which
are in general appearance lighter, due to their having but a few
chromatin granules; these we will describe and figure from the next
stage.
In this median portion of the tubule, especially in the proximal
half, we find a few nuclei different from the others we have
described in this ovary. These (Fig. 25), are large and irregular in
shape, each has one or two large achromatin nuclei and small, very
distinet chromatin granules.. A comparison of these with some of
the nuclei (Fig. 15) we found in the last stage will show a similarity
between the two and we undoubtedly have here the young oöcytes.
The structure of their nucleus at once separates them from the
primitive nurse-cells, but does not, at this early stage, show any of
the peculiar structures we later find so characteristie for the oöcyte.
In the distal portion of the tubule but few dividing nuclei are
found and these do not oceur in groups. In the median portion we
notice quite a number, especially in the middle or proximal part,
and find that they nearly all oceur singly; in only one place was a
group of dividing cells seen and here they failed to show any
connection with each other.
Ovary E. In a slightly older stage, while the ovarian tubules
show but little change from what we found in ovary D, we find the
nuclei further advanced. That part of the tubule which becomes the
oviduct (Fig. 26 odt) shows in part, a lumen. Throughout the entire
distal portion of the tubule (Fig. 26 part Z) no changes have occurred,
its terminal part contains cells similar to those in the last stage and
which, here and there, extend entirely across the tubule. Further
down (Fig. 26 point 27) we notice that the nuclei of the cells are
similar to what we found in those taken from nearly the same
position in ovary D; they are oval in form, with one»or two, seldom
more, achromatin nucleoli, and a number of chromatin granules Iying
in strands which are quite distinet (Fig. 27). We find that, in the
distal portion of the tubule, the cytoplasm of the cells is not so compact
and dark as in cells from the median part. A few dividing cells
can be found in this distal portion, but they are scattered, and do
not all occur in any one region.
The first distinet changes in nuclear structure are found here in
Contr. towards the Embryology and Anatomy of Polystes pallipes. 191
the same relative place that they were in the last stage, namely, at
the distal end of the median portion of the tubule. At this region
cells occur abundantly in the middle of the tubule and a majority
have larger and more spherical nuclei. Near this region, we find
the first cells which we can surely determine as oöcyte or as primitive
nurse-cells, although as yet the difference is not very marked. Both
of these cells, or their nuclei (Fig. 28 a and b), are still quite similar
to those we find throughout the terminal portion of the tubule, and
are therefore not very distincetly separated from each other. Further
down the tubule the differentiation becomes more marked; we find
the nuclei of the primitive nurse-cells spherical, and with a round
darkly staining chromatin body, while the oöcyte nucleus is larger,
and of an irregular form, containing one or two rather large nucleoli
and a few small, but distinet, chromatin bodies (Fig. 29 a and D).
The latter nucleus appears lighter than the former, due to the smaller
amount of matter in it, and most of this is on the periphery. Others
have noticed the lishter appearance of the oöcyte nucleus even
as long ago as Craus (7). This is hard to show in the drawings,
but after one has studied these nuclei for some time, those of the
oöcytes, can generally be distinguished by their lighter and elearer
appearance.
We notice here a greater variation in the structure of the nurse-
cell nuclei and find that, in general, there is some relation between
these and their position in the tubule.. Somewhat further down
(Fig. 26 place 50), we find that the chromatin granules in many of
the nuclei have become larger and that each is imbedded in a small,
irregular mass of achromatin. Such nuclei may be found almost any
place within the proximal three-quarters of the middle section of the
tubule, but they are not found near its distal end. In the same
region, but not quite so far distal, are a few nuclei which show a
number of chromosomes; a stage undoubtedly preparatory to the
division of the primitive nurse-cells. If such a stage is found before
each division we cannot say, as it has been impossible to distinguish
the different divisions from each other. The chromosomes are ceurved,
beaded rods; besides these the nucleus contains a fine fibrillar
achromatin substance, but, whether it connects the chromosomes to
each other, we could not determine. In the proximal half of the
middle portion of the tubule are a number of lighter nuclei, not large
and irregular as are those of the oöcytes, but small and spherical,
with an indistinet reticulum, in which lie a few chromatin granules
13*
192 | Wim. S. Marshall,
of varying sizes.. These are the lighter nuclei we mentioned in the
last stage, but which are, in this older ovary, much more abundant.
Most of them are smaller than the other nuclei but some are of an
equal size. Besides the variation in size, they show a considerable
amount of difference in the number and size of the contained chromatin
sranules. These are the nuclei of the primitive nurse-cells just after
division ; they increase in size and in the amount of chromatin granules
as they grow and prepare to divide again.
Dividing nuclei are found in any part of this ovary but are more
abundant in its middle portion. They are not more numerous here
than in the last stage. In the equatorial-plate stage a rather indistinet
centrosome is often seen from which radiate a few fibres, but these
are short and not abundant (Fig. 35). The same is true of a later
stage (Fig. 34). After completion of division (Fig. 35) a few small
mid-bodies are seen at the boundaries of the new cells. The nuclei
of the daughter-cells are small, and their contents indistinet, but we
can distinguish a reticulum and a few chromatin granules in each.
Along the margin of the tubule, in this middle part, are a few
nuclei (Fig. 36) similar in structure to those in the long distal portion.
These are the nuclei of the future epithelial cells; they do not here,
as in the distal region, all lie with their long axis across the tubule.
Ovary F. As pupal development goes on, we find the ovary
increasing in length, and the differentiation of the nuclei becoming
more marked. The next we take, ovary F, is from a pupa the
ovarian tubules of which are each 2,1 mm in length. The long
distal portion remains the same as we have found in younger stages,
but in the middle region, a considerable change has taken place,
and we now, for the first time, find that the older oöcyte nuclei are
entirely different from those of the nurse-cells.
A study of the different nuclei shows us that, proximally in the
distal portion (Fig. 37, position 38), they are generally of an oval
form (Fig. 38) but larger than correspondin& nuclei of the younger
stages. In this, and many neighboring cells, we find a round body
which does not stain, but is darker and denser than the surrounding
cytoplasm; it generally, as here (Fig. 38), oceupies a position between
the nucleus and the free end of the cell, but may also be on the
opposite side.
Where the distal passes over into the middle portion of the
tubule (Fig. 37 &—x) we find, as described in earlier stages, that a
Contr. towards the Embryology and Anatomy of Polistes pallipes. 193
change takes place in both the arrangement of the cells and in the
structure of their nuclei. The epithelial like arrangement entirely
disappears and the cells become irregularly scattered throughout the
tubule. The ovoid nuclei are much less abundant, and larger and
more rounded ones take their place. In the upper part of the middle
portion we find that the first differentiation, as in the younger
stage, can be seen where the oöcyte nuclei are slightly different
from those of the primitive nurse-cells (Fig. 39 a and b). When these
nuclei are compared with those we find in the same region of the
last stage (Fig. 28 and 29), the similarity is at once apparent. Near
this same region (Fig. 37, positions 40 and 41) we find exactly the
same changes taking place in the nuclei of the primitive nurse-cells,
that we found in an earlier stage. They obtain a definite spherical
form, the strands of achromatin assume a net-like arrangement, and
a yolk-nucleus appears in many of the cells (Fig. 40). The chromatin
granules increase in size (Fig. 41) and around each one a small
achromatin mass is formed. Further down in the tubule, the elearer
nuclei we have already mentioned, are present (Fig. 42), and they
show here, as in the earlier stages, a variation in size and in the
amount of contained chromatin. Within the proximal part of this
median portion a few nuclei with chromosomes were seen.
In this ovary we find that the nurse-cell nuclei are, in
eorresponding parts, similar to those we found in the last stage.
In the oöcyte nuclei we notice that very important changes have
taken place and that they are no longer the same from all parts of the
tubule in which they are found. Distal in the median portion of the
tubule, we still find cells with rather large, irregular nuclei (Fig. 39 a),
which are similar in structure to the oöcyte nuclei of the last two
stages (Figs. 23 and 29a); when however we come to the older stages
we notice that there has been a decided change. At a position in
the tubule which we have represented (Fig. 37, point 43) we find a
few nuclei which, from the size of both cell and nucleus, we know
to be those of oöcytes; they show a few bent, beaded, rod-like
chromosomes and also some achromatin matter (Fig. 45). The nature
of this latter substance was hard to determine, it formed irregular
strands which were not clear. Both in the oöcytes and in the primitive
nurse-cells, the chromosome stage was less abundant than any of the
other forms.
In the oöcytes the chromosomes next lengthen to threads in which
a beaded structure is easily seen. Such nuclei, (Fig. 44), lie proximal
194 Wm. S. Marshall,
to those with chromosomes, and thus show that they are older. No
division follows this stage in the oöcytes, but the threads later become
arranged in synapsis. In Polistes we find that during synapsis the
cell boundaries are very easily seen, but PAULckKE (25) for Apis and
GRÜNBERG (12) in Pieris failed to find them. In the many ovaries
of about this same age which we examined, the nuclei of the oöcytes
always took this order, and never in the young pupa of Polstes were
synapsis nuclei found at any place except in the proximal part of
the median portion of the tubule; always in front of these were nuclei
similar. in structure to figure 44. Synapsis nuclei were found, two
or three in a section, or often none at all; they showed a variation
in structure. Some have a large irregular mass of achromatin in
which lie many deeply staining chromatin granules, and from which
nearly all trace of the threads have disappeared, others show a few
threads in this mass which can be seen protruding from or running
through it (Fig. 45 a). We failed to find such a regularity in structure
and polarization as GIARDINA (9) found in the oöcytes of Mantıs. In
most of these nuclei a few odd pieces of the beaded threads were
scattered through them opposite the large mass. After this stage the
threads become evenly distributed throughout the nucleus; whether
cr not they are of equal length we are unable to say; in most nuclei
they were of about the same length, but in many, at least one thread
was present, which was equal in length to the diameter of the
nucleus (Fig. 46 a). This last oöcyte is one of the oldest in this
ovary and, as is shown by its position, (Fig. 37, position 46), lies just
distal to the oviduct.
In the proximal part of the median portion of the tubule we find
a new form of nurse-cell nucleus. In this (Figs. 455 and 465) a
single irregular achromatin mass lies at, or near, the center and on,
or near it, a few chromatin granules; achromatin strands pass from
this central part to the nuclear membrane, these and others form an
irregular network the strands of which contain a number of chromatin
sranules. We have here the nucleus of a’ nurse cell after all its
divisions have been completed; this same form will again be seen in
the older ovaries. |
Ovary G&. We select, from a slightly older pupa, a few nuclei
for description to show that the same order is found here as we have
Just observed in Ovary F. Near the boundary between the distal and
the middle parts of the tubule, we notice the same two kinds of
Contr. towards the Embryology and Anatomy of Polistes pallipes. 195
nuclei; the oöcyte nucleus (Fig. 47 a) shows the same structure we
have already described; it is also found a little distance down the
tubule (Fig. 48 a). In the nucleus of the primitive nurse-cells we
also find a similarity between this and the younger stages. A little
proximal to the boundary we just mentioned, we find nuclei with the
spherical chromatin body (Fig. 480) we have already noticed in
younger ovaries.
In the nuclei of the primitive nurse-cells we find that the same
changes, as already noted, take place, and that proximally, in the
median portion of the tubule, are a few nuclei with chromosomes.
In this region the light colored nuclei are also found and they show
the same variation in size and in contents as in the earlier stages.
Near the proximal end the nurse-cell nuclei show the structure we
have already said was characteristie for them after division has ceased,
and they become the permanent nurse-cells (Fig. 51 db).
The oöcyte nucleus also shows a chromosome formation but here,
as in the nurse cells, this stage is not abundant (Fig. 50). Synapsis
stages are found, and after these the beaded threads become evenly
distributed throughout the nucleus (Fig. 51 «). In both this and the
preceding stage, dividing cells could be fouud in nearly every part
of the median portion of the tubule.
Ovary H. The next stage we will consider, an older pupa, is
one in which the oldest oöcyte and its accompaning nurse-cells are
arranged to form the first chamber. In older stages we shall show
that chambers are not at first formed as egg- and nurse chamber,
this separation coming later in the development, but that the oöcyte
and its accompaning nurse cells are together in a common chamber.
Is any tubule of this ovary we find, proximally, an oöcyte and
accompaning nurse cells Iying in a chamber. Distal to this group
lie many other oöcytes, but none show any indication of chamber
formation, although the few oldest ones, have grouped around them
those nurse-cells which will later form their nurse chamber (Fig. 52).
In neither this nor other chambers could we find the regular
arrangement of the nurse cells as described by PAULckE (25) for
the bee. |
In the last stages, ovaries F and G, we noticed that the zone in
which the synapsis nuclei lay, was near the proximal end of the
middle portion of the tubule (Fig. 37, position 45); as development
goes on this zone changes its relative position and moves toward the
196 Wm. $. Marshall,
distal end. In this stage, ovary H, the cells in synapsis must be
sought much further up (Fig. 52 Syn). Following from this place
the development of the oöcytes we find, as in the last stages, that
after synapsis the long, beaded threads distribute themselves throughout
the nucleus. This condition remains for some time unaltered but,
by the growth of the nucleus, the threads are separated more from
each other; each one is beaded, the chromatin granules do not stain
deeply and only appear very dark at the ends of the threads which
one sees in optical, or real, section. As the nucleus grows the threads
become clearer and more distinet (Fig. 53) and we reach a place,
(Fig. 52, position 54), where we find them growing quite irregular
(Fig. 54), more ragged along their edges, and loosing the regularity
within the nucleus they earlier showed. The threads are still beaded
and are the only contents of the nuclei. The slight irregularity
which we here notice is the beginning of their disruption, it becomes
more marked (Fig. 55) and, while the threads still show a slight
beaded structure, they have entirely lost the regularity which they
had in the younger oöcytes. The oldest oöcyte (Fig. 56) in this
tubule shows even a greater irregularity and the chromatin granules
have gathered in achromatin masses.. PAULCKE (25) notices that in
Apis this change takes place when the chambers are being formed.
»Mit Beginn der Kammerbildung verliert das Keimbläschen seine vor-
her so charakteristische feinfädige, gerüstartige Chromatinstructur.«
In each of the last two oöcyte nuclei an achromatin nucleolus
has appeared which we failed to notice in any of the preceding
stages.
In all the oöcytes which we have figured from this tubule a
yolk-nucleus was present. It is a deeply staining, round or ovoid,
body, lying in a elear space within the cell. This has been drawn
only in the oldest oöcyte (Fig. 56).
Ovary I. Passing next to the study of an ovary from a wasp
which has been but a few hours out of the nest, we notice that
many changes have taken place. The oldest oöcyte already lies in
its own chamber separated from the nurse cells, also in their own
chamber, which lie distal to it. The oldest oöcyte is the only one
which, externally, shows a complete chamber formation; in a longitudinal
section, however, one notices that the separation has taken place in
the three next oldest oöeytes (Fig. 57). No distinet terminal filament
is noticeable, but for a distance of about 0,3 mm from the tip, many
Contr. towards the Embryology and Anatomy of Polistes pallipes.. 197
disintegrating cells are seen within the tubule; more here than at
earlier stages.
Just as we found, that, when larvae first enclosed themselves
within the cells of their nest, they did not always show an equal
development, so we now find that upon issning from it, the ovaries
are not all the same. We have selected a specimen which will
represent the average development that the ovaries have reached in
wasps which have been but a few hours out of the nest.
The distal portion of the tubule shows the changes we have
already recorded for both oöcytes and nurse cells. We find a place
in which the cells are as yet undifferentiated and, proximal to this
region, the nuclei undergo the same changes we have already noticed.
A certain zone contains all the synapsis nuclei, which are however
not abundant; some sections show none at all, and never more than
two or three. In taking up the history of the different cells it will
be best to treat of each kind separately, and to omit several stages
we have already described.
The epithelial cells and their nuclei undergo by far the least
change of all; here and there along the margin of the tubule, we
find nuclei similar in structure to those we have already noticed as
belonging to epithelial cells. When the chambers are formed, we
find, in the portion occupied by the oöcyte, that the epithelial cells
form in part a layer around it. In the region occupied by the nurse-
cells we find the same nuclei on its margin; they are here also
scattered among the nurse-cells (Fig. 79) especially in the median
part of the chamber (Gross [10]. The boundaries of these cells is
hard to distinguish, the nucleus is ovoid, but much smaller than that
of the nurse cells. In each, one or two, small, irregular, achromatin
masses are found (Fig. 58), and a number of quite distinet achromatin
strands, one or two of which can generally be traced across the
nucleus from side to side. A few chromatin granules are present,
mostly peripheral in position. As soon as the chambers become
definitely formed the epithelial cells begin to build a continuous layer
around the oöcyte, enelosing it at all points, except centrally where
it lies next to its nurse cells, where, as already noticed by many
_ others, an opening remains. At the two ends of the oöcyte the
epithelial cells assume a regular columnar form and its margin has
here a serrated appearance, each indentation as long as the folliele
cell is wide (Fig. 59). The nucleus of each of these epithelial cells
is similar to those within the nurse chambers. We find a number
198 Wm. S. Marshall,
of mitotie figures. With the increase in size of the oöcyte and its
chamber, the number of follicle cells becomes greater.
In the last stage we noticed that the nurse-cell nuclei, after
division has entirely ceased, assume a form which is, at this stage,
characteristic. Far up in this tubule we find that the nurse-cell
nuclei are similar to those we have already described; the stage
where each possesses a number of large chromatin nucleoles, each
lying in a mass of achromatin (Fig. 41), predominates. Near that part
of the tubule in which synapsis nuclei are found (Fig. 57 syn), the
nurse-cell nuclei have assumed their permanent form (Fig. 60), an
irregular achromatin mass at or near the center, strands of achromatin
forming a network, and containing a number of darkly staining
chromatin granules. Proximal to this these same nurse-cell nuclei can
be found, and for some distance down the tubule they do not change
their form. At this place, or wherever this form of nucleus is found,
mitosis among the nurse cells has ceased. PAuLcke (25) holds that
the nurse-cells in Apes must divide amitotically, this we never found
in Polistes. Gross (10) finds mitosis in the nurse-cells of Bombus,
but in Vespa describes the nuclei of the nurse-cells as dividing
amitotically, figuring some cells with two or three nuclei. When we
reach that part of the tubule (Fig. 57, position 61) in which the oöcytes
begin to arrange themselves regularly in a row in its center, we
notice that nearly all the nurse-cell nuclei have changed a little in
structure, and, instead of the single nucleolus, there are now two or
three. Passing down the tubule the cells have, except the epithelial,
increased considerably in size, and in the nurse-cell nuclei there
are now a number of nucleoli (Fig. 62); these are still of about the
same size but, in proportion to the size of the nucleus, smaller. In
this place (Fig. 57, position 62) the nurse cells are grouped in regular
order distal to the oöcyte to which they belong; amongst them a
difference in size relative to their position is noticed, distally the
smallest, proximally the largest. As the chambers grow this arrangement
becomes more and more prominent. They- continue to increase in
size, this being more noticeable than any increase in structure. Each
nucleus (Fig. 63) now contains a number ofthe large irregular bodies,
nucleoli, which differ very much in depth of color; this is not only
due to different stains but with the same stain, and even within the
same chamber, quite a variation in this respect may be present.
They also differ very much in size in the different nuclei found within
any chamber, many small ones is the commonest arrangement, yet
Contr. towards the Embryology and Anatomy of Polistes pallipes. 199
some nuclei contain but a few large ones. In each nucleus the
achromatin network is still seen and in these strands are a number
of small, lightly staining, bodies similar in appearance to chromatin
sranules. In the oldest chamber many of the nurse-cells show a
layer of darkened cytoplasm lying around the nucleus (Fig. 65). This
we judge is due to the activity of the nurse cells.
A little distal to the synapsis nuclei we find young oöcytes
similar to those we have already described. The nucleus has one,
sometimes two, large achromatin nucleoles, a cloudy and fibrillar
arrangement of other achromatin, in which lie imbedded a few
chromatin granules generally peripherally arranged (Fig. 64a). The
large nucleolus becomes lost and does not appear again for some
time. The achromatin becomes arranged in threads (Fig. 64 d), more
and more chromatin granules appear in these, and we finally find a
number of beaded chromosomes within the nucleus (Fig. 64 c). This
last stage is much scarcer than the others, no section ever showing
‘more than two and a majority of them none at all. Proximal to
these last nuclei lie those in synapsis. These show but a slight
degree of regularıty and nowhere such a regular polarity of the
strands as GIARDINA (8 and 9) found in Dytiscus or Mantis, the threads
in his figures also appearing more beaded. The greatest amount of
substance in the nucleus is arranged in a large irregular mass in
which lie a number of distinet chromatin granules.. Within this mass
could be seen parts of the beaded threads, these would in part protrude
from it in all directions (Fig. 65). Just proximal to the synapsis
nuclei, we find the threads again becoming equally distributed
throughout the nucleus (Fig. 66). The nuclei are apt to become
elongated in form and will often lie two or three together (PAULCKE);
later on, the shape changes and they separate from each other. From
here on for some little distance the threads retain their regularity,
and then break up, a process we will describe in the next stage.
| Passing down the tubule to the older oöcytes we find that the
oldest has increased very much in size, and both it, and the next
oldest, are elongated in the direction of the tubule. Besides the
nucleus, we now notice in each oöcyte a number of small bodies,
which, in their structure, are quite similiar to the nucleus (BLOCHMARN,
STUHLMANN, KORSCHELT, PAULCKE, Gross). These have already
appeared in the third oldest oöcyte (Fig. 57), and here, in that which
is next to the oldest (Fig. 57, place 67), they are seen to lie in a
mass around the nucleus (Fig. 57); each has one or two small irregular
200 Wim. S. Marshall,
bodies (nucleoli), an irregular reticulum, in the strands of which are
found a number of small, slightly staining bodies (chromatin granules).
At first these nuclear-like bodies lie in a single layer around the
nucleus but, as their number increases, this layer changes to an
irregular mass. In older oöcytes one notices (Fig. 57, position 68)
that some of these bodies leave the mass and wander to other parts
of the oöcyte where they always take a peripheral position. BLocH-
MANN (8) and STUHLMANN (27) have studied these bodies more thoroughly
than any one else but, as I have already given the views of each
one and what they found, in the historical part, there is no use of
repeating them here. In the two oldest oöcytes we notice that the
nucleus has changed greatly, the regular beaded threads which can
be found any place between Syn. and position 61 in figure 57, have
disappeared, the entire nucleus being filled with a fine irregular,
net-like reticulum in which lie a number of small, lishtly staining
bodies. Gathered near the center of the nucleus, are a few irregular
achromatin masses in which lie imbedded the chromatin granules we
earlier saw in the threads; these stain darker and are much more
distinet than those in the reticulum (Figs. 67 and 68). In the oldest
oöcyte we find that the nucleus is of about the same size as that of
the next youngest one, but, in proportion to the size of the oöcyte,
it is very much smaller. The oöcyte has increased in size but not
the nucleus. In these oldest stages, we notice for the first time since
the very early ones, that a nucleolus is present, itis generally round,
but may be irregular; it eontains a number of vacuoles (Fig. 68).
We have already noted the fact that in Polsies, when the
epithelial celis arrange themselves as a follicular layer around the
oöcyte, there is left a passage way between it and its accompaning
nurse-cells. In this stage the oldest oöcyte shows that towards this
opening it has sent out a process (Fig. 57). This, which has been
observed in many other insects, is found more often in older ovaries
where there are more oöcytes of this and later stages, and we shall
refer to it again.
Ovary J. The ovary which we next study, if viewed externally,
does not appear much older than the last; we find however that it is,
and that, a much greater number of chambers being formed, we can
more easily follow the changes which take place in the oöcyte nuclei.
The tubules as a whole deserve but little attention, the chamber
formation is externally much more marked and the oviduet further
Contr. towards the Embryology and Anatomy of Polistes pallipes.. 201
developed. The oldest oöcyte is still small as compared to the size
of the mature egg. Distally the contents of the tubule show a further
disintegration and the position in the tubule in which the very youngest
stages can be found is further towards the tip. The youngest stages
must be passed over as they are now restrieted to a rather narrow
zone, are more difficult to study, and show nothing new. Far distal
in the tubule we find but few regular cells, and believe that this
part has nothing further to do with the production of cells which are
to play an active part.
While we have said that the early development of the cells
passes rapidly in this stage, we find the nuclei of both oöcytes and
primitive nurse-cells passing through the same stages we have already
noted. The early differentiation of the cells is the same but either
very rapid or partly abbreviated. Dividing cells, except the epithelial,
are restrieted to azone in which they are very numerous, oceur in all
stages of mitosis, and may be found in groups (Fig. 70) or scattered
singly among the other cells.
Before synapsis there takes place in the oöcyte nucleus the
formation of a number of chromosome like threads (Fig. 71). After
synapsis the threads distribute themselves throughout the nucleus.
At first (Fig. 72) they are shorter and irregular, but soon one notices
that the nuclei have clear spireme-threads running through them;
some of these are fairly straight, while others, especially the longer
ones, are curved (Fig. 75). From the greater size of the nucleus the
threads are now more distinet and longer than before synapsis,
whether these are all of an equal length, or parts of a number of
long threads, Tam unable to say; they nearly always show a varia-
tion in their length. Here and there nuclei are found in this
position in the tubule which, from a surface view, might be taken
for a nucleus with a single spireme-thread (Fig. 74). Nuclei similar
to these few we have last described continue for some distance down
the tubule, until just before we find the oöcytes arranging themselves
in the middle. Then there occurs a breaking up of the threads,
they become shorter and loose their regular form, and some begin
to form small masses. As we pass from this stage to the older
oöcytes we never again meet with this structure.
At that part of the tubule where we find the first indication of
a chamber, a common one for both oöcyte and nurse cells, the beaded
threads in the oöcyte nucleus have become, as such, entirely lost.
The breaking up which we noticed in the previous stage has gone
202 Wm. S. Marshall,
on, and we now find a few very irregular achromatin masses in
which are the chromatin granules.. Throughout the nucleus are
numerous delicate achromatin fibrils and a rather large nucleolus.
This latter, in slides stained with safranin and then well washed out,
is very lightiy if at all, tinged, and with HEIDENHAIN’s iron-haema-
toxylin never stains so dark as the chromatin granules. The small
irregular masses containing the dark chromatin granules begin to
fuse with each other, their number decreases but the few found are
larger. The achromatin fibrils become more and more distinet; finally
they show a beaded structure, these granules not staining nearly so
darkly as the chromatin granules within the masses (Fig. 77). The
union of the masses goes on, and there finally may be but one large
‚one alone, or one or two small ones with it.
We have already noted that in the chamber formation the oöcyte
and the nurse-cells first group themselves together and there is a
chamber common to all; only later do the two chambers, egg and
nurse, become separated from each other. At first the nurse-cells
arrange tkemselves, not only distal to the oöcyte, but also at its
sides, so that, excepting the proximal end, they surround it (Fig. 78).
We find that even here there is a gradation in the arrangement of
the nurse-cells aceording to size, the smallest in each group are
distal, the largest proximal. This arrangement we find present in
all later stages. Epithelial cells are found in small groups at the
sides of the oöcyte, and generally a few of them both distal and
proximal to it; a few are also scattered in with the nurse-cells. The
nucleus of the oöcyte is about the same as that we last figured
(Fig. 77) and the nurse-cell nuclei are similar to those we described
for an earlier stage (Fig. 62).
A little later (Fig. 79) we notice that, due to an increase in the
size of the nurse-cells, they are closer together. More epithelial
cells are scattered among them and these are found along the margin
of the chamber, or just above the oöcyte, where they form a small
group (Gross). The epithelial cells around the oöcyte have begun
to form a regular follicle but as yet, lie only as a narrow girdle
around it; more of them have become columnar than in the last
stage. The structure of the nuclei of all the cells remains unaltered.
If we now pass over two or three chambers and come to an
older one we notice that one of the greatest changes is in the size
of oöcyte and nurse-cells (Fig. 80) and that no special change has
taken place in the: structure of any of the nuclei. The epithelial
Contr. towards the Embryology and Anatomy of Polistes pallipes. 203
cells have nearly surrounded the oöcyte but the structure of their
nuclei also remains unchanged (Fig. 81). In the nurse chamber, or
what will later be such, a number of epithelial cells are seen along
the margin. Whether or not they form a complete layer here is
doubtful. In our drawing (Fig. 80) one sees such a layer, but it
would be hard to duplicate this regularity in many of the sections.
These marginal epithelial cells, as well as those scattered in among
the nurse-cells, have nuclei similar in structure (Fig. 82) to those
around the oöcyte.
In the later stages we will not as heretofore study different
ovarian tubules but will give separately the history of each kind
of cell.
The epithelial cells have been found present in both kinds of
chambers; of those in the nurse chamber there is nothing further to
say, they remain for a long time unchanged but finally stain much
lighter. Part of them are left within the old chamber after all the
nurse-cells have disappeared, and others very likely go as nourish-
ment to the developing oöcyte. Those epithelial cells which form
a folliele around the oöcyte have a further history but this can be
better given if, as is hoped, we at some future time can take up
the formation of the ehorion.
For a considerable time as development goes on, the nurse-cells
show no further change, remaining as we have described them
(Fig. 63). They have already shown, in the eytoplasm around the
nucleus, seceretory activity, and this, as they grow older, becomes
more apparent; later we notice, as has been described for the nurse
cell nuclei of so many insects, that they become irregular in form
sending out pointed processes into the cell. In Polistes this is never
so marked as in many other insects. The darkened layer of cyto-
plasm around the nucleus becomes thicker and within it a number
of vacuoles finally appear (Fig. 85). Between egg and nurse chamber
an opening exists (Figs. 84, 86 and 88), and through this the oöcyte
often sends a lobate process, this and the nearby eytoplasm of the
oöcyte, is often seen to have a dark stringy appearance which is
undoubtedly due to the activity of this process in the absorption of
nourishment. Older nurse-cell nuclei loose, to a great extent, their
irregular appearance and become again more normal in shape; finally,
when much older (Fig. 86), the cells loose in part their outline, the
chamber becomes emptier as if less cells were in it than formally.
All the eytoplasm is now of the same appearance as was the layer
204 Wm. S. Marshall,
direetly around the nucleus and vacuoles appear in any part (Fig. 87).
The nuclear structure has changed but little, the achromatin is more
irregular and less net-like, the nucleoli are still present but more
broken up.
In older stages one can see that there is a gradual absorption
of the contents of the nurse chambers and that those cells lying
nearest the oöcyte are the first to go. In younger nurse chambers
the cells lying nearest the oöcyte are the largest, but now we notice
that, in this region, they become much smaller, due to their partial
absorption into the oöcyte. The cells in the other part of the chamber
have nearly all lost their boundaries, and the cytoplasm of most of
them lies entirely distal to the nucleus, giving the appearance as if
they were passing down towards the oöcyte to be absorbed (Fig. 88).
When the more proximal nurse-cells have disappeared and, although
all the remaining cells are broken up, the structure of the nuclei is
but little changed. A mass of many small and a few large bodies,
nucleoli, are scattered through it, of these, the large ones especially,
stain darkly (Fig. 89). This is all opposed to the view of PAULCKE (25)
and Gross (10) who hold that the nurse cells pass into the oöcyte,
swallowed as it were. Such I have not found to be the case.
The nurse chamber grows smaller and smaller as its cells dis-
appear, and, by the growth of the oöcytes, they are pushed to one
side, so that two neighboring egg chambers lie with their ends nearly
touching. The nurse cell boundaries disappear and the cytoplasm also
goes; just before the chamber is finally emptied we find in it some
epithelial cells, two or three nurse-cell nuclei, and a small amount
of cytoplasm (Fig. 90).
We would record an irregularity in the finding of two nurse
chambers without any egg: chamber between them (Fig. 91). Whether
or not there ever was an oöcyte in the chamber, we do not know,
but most probably it died and disappeared and its chamber was
crushed between those of the nurse cells.
We have seen how the oöcytes, after their chambers are formed,
change their shape, becoming elongated and Iying with their long axis
parallel to that of the tubule (Fig. 57); the large spherical nucleus looses
its regular shape and a nucleolus appears in it, the beaded threads
become broken up (Figs. 75, 76 and 77), and one or more irregular
masses appear which contain darkly staining chromatin granules,
achromatin strands are present in which are lightly staining granules.
We have also seen how around the oöcyte nucleus a number of
Contr. towards the Embryology and Anatomy of Polistes pallipes. 205
small bodies appear which in structure resemble a nucleus (Fig. 83);
how at first they all lie near the nucleus, but later, many move
away and spread over the periphery of the oöcyte. We will first
briefly take up these nuclear-like bodies and then the oöcyte.
The origin of these bodies is not clear; BLOCHMANN (3) described
them as budding off from the nucleus, and STUHLMANN (27) as forming
from small coneretions near the nucleus; while BLOCHMAnN’s explana-
tion appears very propable I am unable to prove it, not having, in
the very many nuclei examined, ever seen any appearance of bud-
ding. During the formation of the bodies the membrane of the nucleus
remains fairly regular. until after most, if not all, of them have been
formed. I see no other explanation for their origin it not being
very probable that they come from the yolk-nucleus which is present
in the young oöcyte, when these bodies are being formed (Fig. 78),
but which is not seen in the older oöcytes. Any other explanation
does not occur to me and I think, although no proof can be shown
for it, that they originate from the nucleus. |
In an oöcyte 0,05 x 0,08 mm in size a great number of these
bodies are found around the nucleus (Fig. 92); they all have the
same structure but vary considerably in size. When they begin to
spread over the surface of the oöcyte they are found only at its
distal end (Fig. 57) but later can be seen at any place on the surface
(Fig. 84). When such a distribution has taken place, many of them
still remain near the nucleus. After the elongation of the oöcyte its
nucleus, as has been found for other Hymenoptera, lies near its distal
end which is the part nearest the nurse chamber. When the nucleus
of the oöcyte becomes irregular in shape, the same is true for many
of these bodies (Figs. 95, 96 and 98); their contents becoming less
darkly stained. The one or two darkly staining nucleoli each
contains, remains, but the strands and the chromatin granules loose
their distinetness and in part disappear. These small bodies, as
well as the oöcyte nucleus, are present in the oldest oöcyte examined,
_ one 0,24 x 0,47 mm.
Just as we are unable to give definitely the origin of these
bodies, so are we unable to state positively what is their function;
it may be that a further study of the oöcyte will make this clear.
The only explanation I can offer for their presence might be more
plausible if they were found in other than Hymenopterous insects,
(KorscHerr [18] Musca?). When one studies a longitudinal section
of an oöcyte of Polistes after a large amount of deutoplasm has
Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. £ 14
206 Wm. S. Marshall,
been formed, it will be noticed that it is not equally distributed but
occupies the central portion. On the surface of the oöcyte there is
a rather dense finely granular layer free from deutoplasm; at the
distal end of the oöcyte there is a cone shaped mass of the same
substance, the base of the cone is at the end of the oöcyte its apex
extending down towards its middle and sometimes passing nearly
through the oöcyte (Figs. 84, 86 and 88, dotted lines). The basal
part of this cone corresponds to that part of the oöcyte which
lies nearest the nurse-cells and where the greatest activity is taking
place. Those parts of the oöcyte which are free from deutoplasm,
peripheral part and distal cone, contain these small nuclear-like bodies
and it may be they have something to do with this activity helping
to change the contents of the nurse cells into a substance suitable
for the oöcyte.
The nucleus from an oöcyte having a diameter of 0,07 mm
contains a nucleolus, one or more masses of achromatin in which
are many darkly staining chromatin granules and an irregular reti-
culum in which are small lightly staining bodies. Such an oöeyte
nucleus (Fig. 95) taken from the ovary of a nearly mature wasp-
not its oldest oöcyte- is similar to what we have already found in
the oldest oöcyte of a younger stage (Fig. 77 and &0). The nucleus
still retains its regular form (Fig. 93) as do also the small nuclear-
like bodies nearit. In older and larger oöcytes we notice an irregularity
in form and a change in structure (Fig. 94). The achromatin mass
in this nucleus, from an oöeyte 0,12 x 0,15 mm, stains with HEIDEN-
HAIN’S iron-haematoxylin very darkly so that no darker granules can
be distinguished in it. The nucleolus is darker and often contains
one or more vacuoles. With the growth of the oöcyte the form of its
nucleus becomes irregular; the large irregular mass and the nucleolus
remain, the irregular beaded strands break up and a fine fibrillar
mass appears in the central part of the nucleus: here and there are
short beaded rods, whether these latter are only a stage in the
distintegration of the strands or new structures which may play a
further part in the history of the egg, we are unable to say, as here
our present investigation stops.
We have already noted the presence of a chromatin ring (GIAR-
DINA [8]), in the cells. This oceurs quite early in the development,
being seen in larval stages, but disappear shortly after synapsis.
It is a small, darkly staining ring which lies between two adjacent
cells; two may be found between the same cells (Fig. 101) or the
Contr. towards the Embryology and Anatomy of Polistes pallipes. 207
single one often appears split (Fig. 50). We are unable to offer any
explanation as to its origin or fate but merely record its presence
in Polisies. In early larval stages it seemed that its origin could
be traced from a solid body (yolk-nucleus?) the central part of which
dissolving left the ring. Some bodies with lighter central parts were
seen but not enough to give any surety of the development of the
rings in this way. They appear to be present in the center of the
cell (Fig. 100) but this is, we believe, due to the different view we
have of them. Two dividing cells were also found which showed
a ring between them (Fig. 99), and from one pole of each mitotie
figure a fibril passed to the ring.
Summary.
‚In the embryos and very early larvae each gonad is a synetium
with a number of nuclei similar in structure. Very early in larval
life cell boundaries appear.
The ovarian tubules develop; they at first contain cells similar
in structure but differing in size, the largest being in the proximal
half of each tubule.
Each ovarian tubule when first formed, ovary A, has a distal
half, in which the cells and their nuclei are elongated, and a proximal
half, where they are larger and rounder. This distal part becomes
proportionately smaller and smaller; the ceils in it never show the
variations in structure that are seen in those of the proximal part.
In older larvae, ovaries A and B, we find each tubule of three
parts; a distal portion in which the cells are very similar in structure,
a median portion, where are found the differentiating oöcytes and
nurse-cells, and a proximal part, that becomes the oviduct. At the
boundary, not real, between the first and second parts most of the
cells change from undifferentiated ones; as growth goes on, this
boundary is found nearer the distal end of the tubule, i. e. the relative
size of the median part increases, of the distal part, decreases.
| As the ovarian tubules grow, the cells in the distal part remain
the same; those in the middle portion change in size and in nuclear
structure and we can distinguish between oöcytes and primitive
nurse-cells, ovaries C and D. The latter cells pass through a number
of divisions. As growth goes on. these two kinds of cells become
more and more unlike.
After the repeated division of the primitive nurse-cells . have
ended, the nuclear strueture of all the nurse-cells is similar. For
14*
208 / Wm. S. Marshall,
a time they do not change and then, as growth goes on, the nucleoli
increase in number. They do not again change their structure until
broken up and absorbed by the oöcytes.
The oöcytes pass through synapsis out of which comes long
beaded threads. These break up, the contained chromatin granules
remaining together in small achromatin masses. A nucleolus has
appeared, which, after filling with vacuoles, becomes smaller.
Small nuclear-like bodies have earlier appeared around the nucleus.
These inerease in number and many of them pass to the periphery
of the oöcyte.
Mitosis occurs in the epithelial and primitive nurse-cells. After
the oöcytes have differentiated as such, they do not divide.
Berlin, im August 1906.
Bibliography.
1. E. BESSELS, Studien über die Entwicklung der Sexualdrüsen bei den Lepi-
dopteren. Diese Zeitschr. Vol. XVII. 1867.
2. F. BLOCHMANnN, Über die Metamorphose der Kerne in den Ovarialeiern und
über den Beginn der Blastodermbildung bei den Ameisen. Verh. des
naturh.-med. Vereins zu Heidelberg. N.F. Vol. III. 1884.
3. —— Über die Reifung der Eier bei Ameisen und Wespen. Festschr. des
naturh.-med. Vereins zu Heidelberg. 1886.
4. A. BRAnDT, Über die Eiröhren der Blatta (Periplaneta) orientalis. Mem.
l’Acad. Imp. des Sc. de St. Petersbourg. Vol. XXI. 1874.
—— Über das Ei und seine Bildungsstätte. Leipzig 1878.
J. CARRIERE u. OÖ. BÜRGER, Die Entwicklungsgeschichte der Mauerbiene
(Chalicodoma muraria Fabr.) im Ei. Abh. Kaiserl. Leop.-Carol. Deutsch.
Akad. der Naturf. Vol. LXIX. 1897.
7. C. CrAus, Beobachtungen über die Bildung des Insekteneies. Diese Zeit-
schrift. Vol. XIV. 1864.
8. A. GIARDINA, Origine del’ oocite e delle cellule nutriei nel Dytiscus.
Internat. Monatsschrift für Anat. und Phys. Vol. XVII. 1901.
9. —— Sui primi stadii dell’ oogenesi, e principalmente sulle di sinapsi. Anat.
Anz. Vol. XXI. 1902. i
10. J. Gross, Untersuchungen über die Histologie des Insektenovariums. Zool.
Jahrb. Anat. Vol. XVIII. 1903.
11. —— Ovarien von Mallophagen und Pedieuliden. Zool. Jahrb. Vol. XXII. 1905.
12. K. GRÜNBERG, Keim- und Nährzellen in den Hoden und Ovarien der Lepi-
dopteren. Diese Zeitschr. Vol. LXXIV. 1903.
13. H. HENKING, Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorgänge in den
Eiern der Insekten. III. Specielles und Allgemeines. Diese Zeitschr.
Vol, LIV. 1892.
Sa
14.
15.
16.
7.
18.
19.
20.
21.
22.
23.
24.
25.
26.
21.
28.
29.
30.
31.
32.
Öontr. towards the Embryology and Anatomy of Polistes pallipes. 209
L. F. Hennesvy, Les Insectes. Paris 1904.
R. Heymons, Die Entwicklung der weiblichen Geschlechtsorgane von
Phyllodromia (Blatta) germanica. Diese Zeitschr. Vol. LIU. 1891.
—— Die Embryonalentwicklung von Dermapteren und Orthopteren unter
besonderer Berücksichtigung der Keimblätterbildung. Jena 189.
T. Huxtey, On the agamie reproduetion and morphology of Aphis. Trans.
Linn. Soc. of London. Vol. XXII. 1859.
E. KORSCHELT, Über die Entstehung und Bedeutung der verschiedenen
Zellenelemente des Insektenovariums. Diese Zeitschr. Vol. XL.
1886.
E. KORSCHELT u. K. HEIDER, Lehrbuch der vergleichenden Entwicklungs-
geschichte der wirbellosen Thiere. Jena 1902, 1903.
F. Levi, Der Eierstock. und die Samentasche der Insekten. Nova Acta
Acad. Leop.-Carol. Vol. XXXIlI. 1866.
—— Beiträge zur Kenntnis des thierischen Eies im unbefruchteten Zustande.
Zool. Jahrb. Vol. III. 1889.
J. LUBBOCK, On the ova and pseudova of insects. Phil. Trans. Vol. CXLIX.
1860.
H. Lupwıs, Über die Eibildung im Thierreich. Arbeiten aus dem zoolog.-
zootom. Inst. in Würzburg. Vol. I. 1874.
H. Meyer, Über die Entwicklung des Fettkörpers, der Tracheen und der
keimbereitenden Geschlechtstheile bei den Lepidopteren. Diese Zeit-
schrift. Vol. I. 1849.
W. PAULCKE, {Über die Differenzierung der Zellelemente im Ovarium der
Bienenkönigin (Apis mellifiea). Zool. Jahrb. Anat. Vol. XIV. 1900.
A. SCHNEIDER, Über die Entwicklung der Geschlechtsorgane der Insekten.
Zool. Beitr. Vol. I. 1885.
F. STUHLMANN, Die Reifung des Arthropodeneies. Ber. d. naturforschen-
den Gesellschaft zu Freiburg im Br. Vol. I. 1886.
C. TÖnnIGEs, Beiträge zur Spermatogenese und Ovogenese der Myriopoden.
Diese Zeitschr. Vol. LXXI. 1902.
A. WEISMANN, Die Nachembryonalentwicklung der Museiden nach Beob-
achtungen an Musca vomitoria und Sarcophaga carnaria. Diese Zeit-
schrift. Vol. XIV. 1864.
W. M. WeeeLer, The Embryology of Blatta germanica and Doryphora
decemlineata. Journ. Morph. Vol. III. 1889.
H. v. WIELOWIEJSKI, Über den Bau der Insektenovarien. Zool. Anz. Vol. IX.
1886.
—— Weitere Untersuchungen über die Morphologie und Entwicklungs-
geschichte des Insektenovariums. Arbeiten aus dem Zool. Inst. zu
Wien. Vol. XVI. 1905.
Explanation of Plates.
All figures drawn with a camera-lucida.
In many of the cells the boundaries have been drawn to show comparison
in size but the cytoplasm has not been filled in.
Each ovarian tubule is divided into three parts; {, the most distal of the
210 Wm. S. Marshall,
three parts; ov, the middle piece; odt, the proximal portion which later develops
into the oviduct. Numbers in the tubules represent positions from which
correspondingly numbered cells or nuclei have been taken.
The arrow points towards the distal end of the tubule.
Plate XII.
Fig. 1. Section showing part of a gonad, from an embryo 1,35 mm long.
The reproductive organ is here a synctium with the contained nuclei all of the
same structure. >< 1600.
Fig. 2. Enlarged view of a nucleus from the same gonad. >< 2500.
Fig. 3. The proximal half an ovarian tubule from a larva 2,6 mm long.
>< 1600.
Fig. 4. One of the largest cells from the same tubule. >< 2500.
Fig. 5. Dividing cell from the gonad of a larva of about the same age
as figure 3. >< 2500.
| Fig. 6. Ovary A. Ovarian tubule from a larva 7 mm; length of tubule
0,275 mm. >< 100.
Fig. 7. Two cells from ovary A; «a, cell from the proximal; 5, cell from
the distal part of the tubule. >< 1600.
Fig. 8. Group of six attached cells, from ovarian tubule of a larva 13 mm
in length. >< 850.
Fig. 9. Ovary B. Ovarian tubule from a larva 16,5 mm long; length of
tubule 0,6 mm. >< 100.
Fig. 10. Cell from position 10 in ovary B. >< 1600.
Fig. 11. Another cell from the same ovarian tubule, taken from place at
number 11. Line to right represents wall of tubule.. >< 1600.
Fig. 12. A third cell from the same tubule, taken from position 12.
>< 1600.
Fig. 13. Ovary C. An ovarian tubule from a full grown larva which has
just enclosed itself for pupation. >< 100.
Fig. 14. A small part of ovary C near the distal end, showing three cells
which reach across the tubule; from place designated by number 14 in preced-
ing figure. >< 1600.
Fig. 15. Young oöcyte nucleus, from point 15 in ovary C. >< 1600.
Fig. 16. Group of cells from same ovary, taken from place indicated
by 16. >< 1600.
Fig. 17. A cell from position 17 in ovary C. >< 1600.
Fig. 18. Ovary D. The proximal portion of an ovarian tubule from a
wasp after pupation has begun. Bracket 7, represents that part which is
enlarged in the following figure. >< 100.
Fig. 19. Portion of ovary D shown in preceding figure by bracket T.
This is the proximal end of the distal portion of the tubule, and the distal end
of the median portion. >< 500.
Fig. 20. A cell, median in position, from point 20 of figure 19. >< 2000.
Fig. 21. A nucleus from a nearby marginal cell, from place 21 in figure 19.
>< 2000.
Figs. 22, 23 and 24. Three primitive nurse-cells all taken from figure 19
at places with corresponding numbers. >< 2000.
Fig. 25. Nucleus of a young oöcyte taken form position 25 in figure 18.
>< 2000. i
Contr. towards the Embryology and Anatomy of Polistes pallipes. 211
Fig. 26. Ovary E. .Ovarian tubule from a young pupa. The long distal
part, {, contains throughout most of its length undifferentiated cells. >< 100,
Fig. 27. Three eells from the terminal portion of Ovary E; taken from
position 27 in preceding figure. >< 1600.
Fig. 28. Two nuclei, a, from oöcyte, b, from primitive nurse-cell. Taken
from position 28 in figure 26. >< 1600.
Fig. 29. Same a little further down the tubule, position 29. >< 1600.
Figs. 30, 31 and 32. Three cells, the first a primitive nurse-cell and the
other two developing nurse-cells. All from Ovary E at places represented by
corresponding numbers. >< 1600.
Figs. 33, 34 and 35. Mitotie figures from developing nurse-cells; from the
middle part, oo, of ovary E. >< 1600.
Fig. 36. Nucleus of an epithelial cell from position 36 in figure 26. Line
to right represents wall of the tubule.. >< 1600.
Fig. 37. OvaryF. Part of an ovarian tubule from a pupa; the lines x—x
and <—% represent the boundaries of its middle portion, 00; only a small piece
of the other two parts, distal and proximal is shown. >< 100.
Fig. 38. Cell from near the base of the distal portion of the tubule, from
position 38 in ovary F. >< 2000.
Fig. 39. Two nuclei from the distal end of the median portion; from
place 38 in figure 37. a, of oöcyte, db, of primitive nurse-cell. >< 1600.
Figs. 40, 41 and 42. Three primitive nurse-cells, the last one just after
division. Taken from places in ovary F represented by corresponding figures.
>< 1600.
Fig. 45. Young oöcyte with beaded chromosomes; from position 43 in
figure 37. >< 1600.
Fig. 44. Same a little older, first before synapsis. >< 1600.
Fig. 45. Oöcyte and nurse-cells from position 45 in ovary F. a, oöcyte
in synapsis; b, fully developed nurse-cell after division has entirely ceased.
>< 1600.
Fig. 46. The oldest oöcyte and nurse-cell in ET F. a, oöcyte, db, nurse-
cell. ><. 1600.
Plate XIII.
Fig. 47. Ovary G. Two nuclei, a, oöcyte, db, primitive nurse-cell from
older tubule; from position corresponding to figure 40 in ovary F. >< 1600.
Fig. 48. Oöcyte nucleus, «, and primitive nurse-cell, d, from position
slightly proximal to the last. >< 1600.
Fig. 49.. Primitive nurse-cell in chromosome stage; from ovary G. >< 1600.
Fig. 50. Oöcyte in chromosome stage; to the left part of another oöcyte,
and between the two, a double chromatin ring. >< 1600.
Fig. 51. Oöcyte, a, and nurse-cell, d, from proximal end of the middle
portion of ovary G. >< 1600.
Fig. 52. Ovary H. Part of the middle portion of an ovarian tubule in
which the first chamber is being formed. Proximal to the oldest oöcyte, 56, is
the beginning of the oviduct. Syn, region in which synapsis occeurs. >< 200.
Fig. 53, 54 and 55. Three oöcyte nuclei from positions represented by
same figures in ovary H. >< 1600.
Fig. 56. Oldest oöcyte in ovary H. Only a small amount of lan in
the neighborhood of the yolk-nucleus has been drawn. >< 1600.
212 Wm. S. Marshall,
Fig. 57. Ovary I. An ovarian tubule from a wasp six or eight hours
after it has left its cell. Syn, position of the synapsis nuclei. The nurse-cells
of the oldest chamber only, are drawn in, all cells distal to this are oöcytes.
>< 100.
Fig. 58. Nucleus of one of the epithelial cells which are found in the
nurse chambers; from position 58 in preceding figure. >< 1600.
Fig. 59. Three follicle cells from oldest egg chamber, position 59 in
figure 57. The three nuclei are not from adjacent cells but show a resting
nucleus, one preparatory to division and one in mitosis. &, designates that
surface of the cells which lies nearest to the oöcyte. >< 850.
Figs. 60, 61 and 62. Three nurse-cell nuclei from ovary I, at positions
represented by corresponding numbers in figure 57. >< 1600,
Fig. 63. Half of a nurse-cell from proximal part of the oldest nurse
chamber. >< 850.
Fig. 64. Three oöcyte nuclei «a, 5 and ce, and one nurse-cell nucleus, d, from
‚place 64 in ovary I, just distal to the synapsis nuclei. The four nuclei are not
so close together as in the drawing but were found within a very short distance
of each other. >< 1600.
Fig. 65. Oöcyte nucleus in synapsis, from position Syn, in ovary 1.
Between this and an adjacent oöcyte is a chromatin ring; enough cytoplasm
has been drawn to show the darkened portion within the ring. >< 1600.
Fig. 66. Oöcyte nucleus just proximal to those in synapsis. >< 1600.
Fig. 67. Part of oöcyte in ovary I, showing the nucleus and the small
nuclear-like bodies. >< 850.
Fig. 68. Nucleus and three of the small bodies from the oldest oöcyte in
ovary I. >< 850.
Fig. 69. Ovary J. Part of an ovarian tubule, from the undifferentiate“
cells to part where the cells are grouping preparatory to chamber formation,
from an older ovary than the last. >< 400.
Fig. 70. Four dividing cells from position 70 in ovary J. >< 1600.
Fig. 71. Two oöcytes just distal to the synapsis nuclei. In one the
contraction of the strands towards one side of the nucleus, has begun. Just
enough eytoplasm has been drawn to show the darkened partin the chromatin
ring. Ovary J. >< 1600.
Fig. 72. Oöcyte nucleus just proximal to those in synapsis. Ovary J.
>< 1600.
Fig. 73. Two oöcytes, a, and one nurse-cell, 5b, further down the same
tubule. >< 1600.
Fig. 74. Surface view of oöcyte nucleus. Ovary J. >< 1600.
Fig. 75. Oöcyte nucleus in which the beaded threads have commenced to
break up; from position 75 in ovary J. >< 1600.
Fig. 76. Oöcyte nucleus showing nucleolus and Ku irregular masses
containing the chromatin granules.. >< 1600.
Fig. 77. Oöcyte nueleus from position 77 in ovary J. >< 1600.
Fig. 78. Oöcyte with accompaning nurse-cells at beginning of chamber
formation. Among the nurse-cells are a number of epithelial; some of these
are also around the oöcyte. >< 500.
Fig. 79. Chamber a little older than the last. The epithelial cells have
formed a narrow girdle around the oöcyte. >< 500.
Fig: 80. A still older chamber. >< 500.
Contr. towards the Embryology and Anatomy of Polistes pallipes. 213
Fig. 81. Epithelial cell from position 81 in last figure. >< 2000.
Fig. 82. Nucleus of epithelial cell from position 82 in figure 80. >< 2000.
Fig. 83. Two of the small nuclear-like bodies from near the oöcyte nu-
eleus of figure 80. >< 2000.
Plate XIV.
Fig. 84. One nurse-and one egg-chamber. From the oöcyte, a process,
extends into the nurse chamber. Distal in the oöcyte is the nucleus and near
it and on its periphery the small nuclear-like bodies are seen. The proximal
end of the oöcyte shows the strand which extends from the oldest oöcyte
chamber (PAULCKE), Oöcyte, oöc, 0,08 > 15 mm. >< 100.
Fig. 85. One of the proximally situated nurse-cells from the nurse chamber
of last figure. Cell diameter 0,03 mm. >< 400.
Fig. 86. Nurse chamber and part of an egg chamber, oöc. The breaking
up of the nurse-cells is noticed in the partial disappearance of their boundaries;
the cells no longer fill out the chamber. The opening between the two chambers
is seen. Size of oöcyte 18. >< 47 mm. >< 100.
Fig. 87. Single nurse-cell from nurse chamber of preceding figure. The
cell boundary is drawn more regular than it should be. >< 400.
Fig. 88. Nurse chamber and parts of two egg chambers, oöc. The dotted
line in the oöcyte (also in figures 84 and 86) shows the cone-shaped mass free
from deutoplasm. >< 100.
Fig. 89. One quarter of a nurse-cell nucleus from one of the nurse-cells
of preceding figure. >< 400.
Fig. 90. Parts of two egg chambers, oöc, and between them the nurse
chamber, with only three nurse-cells, which belongs to the lower one. >< 100.
Fig. 91. Part of an egg chamber, oöc and two nurse chambers between
which a few epithelial cell nuclei can be seen; these represent all that is left
of the missing egg chamber. >< 100.
Fig. 92. An oöcyte nucleus with the surrounding nuclear-like bodies from
an oöcyte 0,05 > 0,08 mm. The contents of only a few of the small bodies
have been filled in. >< 1600.
Fig. 93. Nucleus and one of the small bodies from an oöcyte 0,07 mm in
diameter. >< 850.
Fig. 94. Same from an oöcyte, 0,12 >< 0,15 mm. >< 850.
Fig. 95. Same from an oöcyte, 0,14 >< 0,24 mm. >< 850.
Fig. 96. Same from an oöcyte, 0,20 >< 0,36 mm. >< 850.
Fig. 97. Same from an oöcyte, 0,18 < 0,47 mm. >< 850.
Fig. 98. Same from an oöcyte, 0,29 >< 0,47 mn. >< 880.
Fig. 99. Two dividing cells with the chromatin ring between them.
>< 1600.
Fig. 100. One oöcyte, a, and one nurse-cell, d, from position just distal to
the synapsis nuclei. Oöcyte with two rings. >< 1600.
Fig. 101. Oöcyte in synapsis showing two of the chromatin rings between
it and neighboring cells. The darkened cytoplasm extending through the ring
has been drawn. >< 1600.
The early History of the cellular elements of the Ovary
of a Phryganid, Platyphylax designatus Walk.
By
Wm. S. Marshall
University of Wisconsin, Madison. Wise. U.S.A.
(From the Zoological Laboratory, University of Berlin.)
With Plate XV and XVl.
The larva of Platyphylax designatus can be obtained throughout
the year in some springs in the vieinity of MApıson, MARSHALL and
VORHIES (26); the pupae are very easy to get, and the imagoes may
readily be eaught if one visits the springs during the few days they
are alive. My material was all obtained at this place and the work
on the following paper done in the Zoological Laboratory of the
University of Berlin. I desire to thank Prof. F. E. ScHULzE for the
use of the laboratory and library of the Zoological Institute.
The prineipal preserving fluid used was FLEMMInG’s, both weak
and strong; a modification of GILson’s and HERMANN’s solution were
also used. FLemuing's triple stain and HEIDENHAIN’s iron-haema-
toxylin I made use of more than any other stains, but sections were
stained with a number of the commoner fluids, and with safranin
alone; this last, when well washed out, gave very beautiful results.
The question concerning the origin of the cellular elements of
the ovary has been discussed by many who have worked with the
ovaries of different insects; such good reviews can be found in the
works of KorscHeIr (22), Gross (11) or Hennesuy (17) that it seems
superfluous to repeat the subject here. The discovery of nuclei and
cells within the ovarian tubule occurred long ago; then came the
question as to the origin of the different cellular elements, a question
on which nearly every one who has worked on the subject has had
something to say. Workers like Huxuey (20), LuBBock (25) and
The cellular elements of the Ovary of Platyphylax designatus Walk. 215
CrAus (6) gave, many years ago, a clear solution of the problem;
to this short list might be added many more. These views have
not been held by all and there have also been many who have given
different ones as to the origin of oöcyte, nurse and epithelial cells.
At present the question is that concerning the origin of the epithelial
cells; do the cells, as many believe, all have a similar origin, or do
these originate differently than do the oöcytes and the nurse-cells,
Heymons (18), GIARDINA (8), Gross (11).
It seems hardly necessary to enter here into a review of the
work which has been done on the later maturation of the egg and
the subject of tetrad formation. In neither of the cells which here
in Platyphylax form paired chromosomes and have a rather doubtful
tetrad formation, has the work been carried on to the following
division. This in the nurse-cells would of course be impossible as
they do not again divide, and their history, where we leave it, is
almost ended. With the oöcyte one would have to carıy on the
observations through the formation of the polar bodies, a work we
have not undertaken. The tetrad formation is in Platyphylax rather
doubtful, some of the paired chromosomes undoubtedly breaking up
without passing through this stage or, if reached, it is only one step
in their disintegration. Our account of their formation is, in general,
similar to that of Rückerr, Häcker and vom Ratm.
Historical.
Very few groups of insects have received less attention from
entomologists than have the Phryganeidae, and when one endeavors
to find papers treating of the anatomy or histology of the reproduc-
tive organs, there is very little to be found. The only papers I have
been able to find which, in this group of insects, would be of any
comparative interest with our subject are those by BRANDT (3), STUHL-
MANN (36) and Srırz (34). |
BrAnpr’s (3) work has here and there a mention of the ovary
of Holostomis phalaenoides, the principal caddis-fy he studied; he
was unable to find an epithelial layer around that part of the chamber
in which were the nurse-cells, and noted, correetly, that these same
cells become spindie shaped around the old oöcyte. His figure of
an ovarıan tubule of Holostomis shows very little cellular structure.
At one place he says »An den voluminösen und grobkörnigen Dotter-
bildungskeimbläschen von Holostomis konnten die Keimflecke weniger
überzeugend zur Anschauung gebracht werden.«
216 Wm. S. Marshall,
STUHLMANN (36) figures (Plate VII, Fig. 113 and 114) two
chambers of the ovary of Anabolia; one of these a young and the
other an old one. The structure of the nuclei is not well given, but
in the younger oöcyte, »Im Keimbläschen ist ein größerer Nucleolus
und einige Granulationen sichtbar, welche wohl als Reste des Kern-
gerüstes anzusehen sind«. In the oldest oöcyte the nucleus is
represented by a small irregular mass in one corner. The nurse-
cell nuclei are all regular in outline He called attention to the
similarity of these tubules to those of the Lepidoptera.
Srırz (34) has very little to say about those parts of the ovary
with which we are most interested. In the end chamber of Phry-
ganea striata he found two kinds of nuclei; »Die Endkammer jeder
Eiröhre zeigt im Innern zwei Arten von Elementen: eiförmige,. oft
gekrümmte Kerne, welche hell und feingranuliert sind, und kugel-
förmige homogen aussehende mit dunklem Nucleolus.« The first of
these two kinds, becomes, further down the tubule, spindle-shaped,
and they later become the nuclei of the epithelial cells; the second
kind become the nuclei of the oöcytes and nurse-cells. In the terminal
filament of Molanna augustata there were, near its end, both small
and long nuclei, but further down these changed and were shorter
and nearly round in outline. | |
Observations.
Ovary A. This ovary was taken from the youngest larva I had,
and, while not as early a stage as I wished to commence with, it
was impossible, without waiting at least an entire year, to procure
any younger ones. A study of the many tubules of which this ovary
is composed, shows that there is quite a variation in the develop-
ment reached by the cells in different ones. As in Polistes, each
ovarian tubule showed that the cells in its proximal end or in the
middle, were more advanced than those at the distal end. When
two tubules, one showing a further development than the other, were
compared, it was noticed that the more advanced cells which the
older tubule contained, were always present at or near its proximal
end. Thus in the youngest tubule of this ovary no nuclei were found
in which the spireme-thread was present; in the older ones on the
contrary such a stage was found but never in the distal part of the
tubule.. Some of the youngest tubules showed, in each section, two
to six cells in the nuclei of which the spireme-thread was forming;
in all such sections these few cells were in the proximal end.
The cellular elements of the Ovary of Platyphylax designatus Walk. 217
Any tubule (Fig. 1) from ovary A shows distally a well formed
terminal filament, the cells of which, except at its very tip, are
elongated and lie across the filament Leypıc (24), PAULCKE (28).
The nuclei within these cells are also much elongated; each contains
a small nucleolus and a number of chromatin granules which are
connected by achromatin strands (Fig. 2). Following the terminal
filament is a large chamber, oval in outline, in which cells are found
in different stages of development. These chambers differ somewhat
in shape, due to the pressure of the neighboring ones, and we find
them long and narrow, or shorter and thieker. Along the margin
lie most of the smallest cells; they may show an epithelial-like
arrangement, or, in many tubules, this may to a great extent be
lost. It is not true that all marginal cells are small and have small
nuclei, for we find, here and there, some on the margin as large as
any in the central part of the chamber (Fig. &c). Tönnices (37)
has found that in Myriopods some of the epithelial cells of the wall
of the ovary, grow to form undifferentiated cells, which may later
develop to oöcytes, nurse- or follicle cells. Proximal to this chamber
is a stalk which connects it to the long oviduct common to all the
tubules of each ovary. In this early stage the stalk has a small
lumen but the oviduct itself (Fig. 1 odt) is still solid. Of these latter
parts no further notice will be taken, this account being confined
entirely to the cells which lie between the terminal filament and the
basal stalk, and from which develop the oöcytes, nurse- and epi-
thelial cells. In both the stalk of the tubule and the oviduct there
are many mitotic figures.
From this ovary, A, we shall select two tubules, one of the
youngest (Fig. 1) and one of the oldest (Fig. 8), and describe the
different kinds of nuclei the cells in each contain. In most, but not
_ all, of the seetions through any of the tubules are a few mitotie
figures; they may occur in any part but are more numerous near
the margin.
In the youngest tubule (Fig. 1) are a number of cells with nuclei
showing different structures but there are not so many kinds as will
be found in later stages. In the distal region we find the greatest
amount of similarity in their structure, but even here the cells differ
much in size and also in the contents of their nuclei. Some of the
cells Iying at this region along the margin show, from their nuclear
structure, a great similarity to the cells of the terminal filament;
these represent the youngest stage. In Polistes we have shown that
218 Wm. S. Marshall,
the gonads of the embryo and youngest larvae contain nuclei which
are all similar (Henkıng [16]. We believe that in Platyphylax the
same would be true and that this kind of nucleus would be the only
one found in the very young larvae. These undifferentiated cells
(Figs. 3, 4 and 5a) have either an oval or sperical nucleus; in this
there is a single achromatin nucleolus, a number of small ehromätin
sranules connected by achromatin strands. These cells and their
nuclei grow; the first change we notice in their structure is an in-
crease in the size of the chromatin granules which become very
prominent (Figs. 3 and 4b). Cells with such nuclei are mostly in
the distal half of the tubule. The chromatin granules become in
many so prominent as to appear, from a surface view, to nearly fill
the nucleus. They are mostly peripheral in position and are nearly
square in shape. The large achromatin nucleolus is present, the
strands are not so noticeable but a little achromatin matter lies
around each chromatin granule and can be seen extending some little
distance from many of them. Whether the strands really in part
disappear or are hidden by the large chromatin granules I am unable
to say. There are many nuclei with both large chromatin granules
and prominent achromatin strands, but these we believe to be the
next stage. Such nuclei (Fig. 5 c) we find at almost any place, ex-
cept the proximal end, in this tubule.. They show quite distinetly
a small achromatin mass around each chromatin granule and these
are all distinetly connected to each other by strands of the same
material (Figs. 4 and 5c). Any of these nuclear structures we can
find in cells at the margin or in the center of the tubule, although
certain of them, a and 5, are more abundant in the former region.
In fact these two stages we never find at any distance from the
margin except in the distal part of the tubule. In most of these
early stages the nucleolus is quite prominent, and in many (Fig. 6)
reaches, relatively, a very large size. We find that nuclei of the
same size may have a large or a small nucleolus, but we were
unable to distinguish any relation between relative size of nucleus and
its nucleolus, to the stage of development. In darkly stained slides
the nucleolus would be dark, but when the stain had been well
washed out of the section, it either had no color at all or a very
slight tinge; in all these sections the chromatin granules were dark.
With the increase in distinetness of the strands we find a de-
crease in the size of the chromatin granules, they become small and
loose their regularity of position within the nucleus. This tubule
The ceellular elements of the Ovary.of Platyphylax designatus Walk. 219
also shows a more advanced stage, represented however by few cells
and these at the proximal end. In these (Fig. 7) the former large
chromatin granules have entirely disappeared and the strands have
become quite regular. In these nuclei are seen a number of dark
and of light granules; the former are the ends of the strands, seen
in real or optical section, the latter represent the beginning of a
- beaded structure which becomes more noticeable in older stages.
The second, more advanced, tubule from ovary A (Fig. 8) shows,
even under a low power, quite a difference from the one we have
described. At the distal end, and along a part of the margin, are
a number of cells with nuclei very similar in structure to those we
found present in the younger tubule.. We find some which are similar
to those we have designated as the youngest, undifferentiated, stage;
others are also present with large prominent chromatin granules
(Fig. 95) and some in which these have begun to disappear and the
chromatin strands to become more distinet. As development goes
on the chromatin granules decrease in size and regularity of position
and the strands, which before this were prominent, begin to show a
beaded appearance (Fig. 9c). In larvae of Bombyx GRÜNBER«G (12)
observed that the oogonia lying nearest the oviduct, changed the
original arrangement of their chromatin and form a spireme. After
the disappearance of the chromatin granules, beaded strands are all
that we notice, except the nueleolus, within the nucleus (Figs. 11,
12 and 15). Along the margin some cells show, by the structure of
their nuclei, that they are not so far advanced.
In all the tubules of this ovary there are found a few cells
which are larger than any of the others (Fig. 14). These apparently
pass through the same stages as the others and can be found in
any of those we have so far described. At first it seemed possible
"that these were the oöcytes, which, in the later stages, will be seen
to be larger than the nurse-cells,- although their nuclei show but a
slight, if any, difference in size. This explanation seemed very good
but when we came to study the older stages we failed to find a few
cells larger than the others. It seems more likely that there is a
eonsiderable difference in the size of the cells, and that the few
largest are, from their size, more noticeable than the others.
We notice, in this youngest larva, that there are many different
nuclear structures but that they are all very similar to some one of the
several we have described. The first differentiation of the cells has
here taken place, and we find that they all come under one of two
220 Wim. $S. Marshall,
sroups; 1st, cells with nuclei similar to those of the terminal filament;
2nd, those with nuclei very different from this in structure, but which
we believe have come from nuclei similar to the first group. Of the
first group there is little to be said. We meet them again in all
the stages we study, and, in the pupa, cells with similar nuclei form
the epithelial layer. These undifferentiated cells show no further
change in nuclear structure but, inereasing in number by mitosis,
form the folliele around the oöcyte and the thin epithelial layer of
the nurse cells. While the second group shows many different nuclear
structures the cells all pass through the same development; as yet
they show no indication of their future fate.
Mitosis occurs throughout this ovary and the question at once arises,
do these cells, in their development from undifferentiated ones and
after they have reached the second group mentioned above, pass
through one or two divisions, or, are the dividing cells only the
undifferentiated ones increasing in number. This is a diffieult question
to answer. From our study of Polistes we found that at one time
all nuclei within the gonad were similar in structure; as the gonad
grew these nuclei increased in number, dividing mitotically. The
same is undoubtedly true for Platyphylax at corresponding stages.
In the older larvae and pupae of Platyphylax we fail to find nearly
so many dividing cells as in this stage. If the cells we have just
been. describing, those of the second group, passed through one or
more divisions we must have found in some of the many ovaries
examined, a zone containing many cells in mitosis, or else some
region, as that of synapsis, where a number of dividing cells would
occur together. This we do not find, and we hold that after the
oöcyte or nurse-cell has started on its development from an undif-
ferentiated cell, it does not divide. This we did not find true for
the nurse cells of Polstes where a number of divisions take place.
In the two inseets the conditions however are different. In Polstes
the number of nurse-cells accompaning each oöcyte is much greater,
as is also the number of eggs each ovarian tubule produces. In
Platyphylax the eggs are all laid in a very short period, but in
Polrstes, this period is very much longer and the eggs in the ovary
are continually growing.
Ovary B. This ovary shows a considerable advance over what
we found in the last one and its oldest cells are much further
developed. If we take any section which passes longitudinally through
The cellular elements of the Ovary of Platyphylax designatus Walk. 221
the center of a tubule, we can trace in it nearly the entire history
of the cells, from their first change from an undifferentiated cell, to
the stage when they have the paired chromosomes as possessed by
all young oöcytes and nurse-cells.. All these last mentioned, here
the oldest, cells have similar nuclei, and it has been impossible, in
this tubule, to distinguish between oöcyte and nurse-cell; at a little
later stage this can be done by the size of the former. We shall
see later that when the group of oöcyte and aceompanying nurse-cells
are first formed they show no difference in nuclear structure.
Distally in this tubule (Fig. 1a, 5b and c) we find the same
nuclear structure present that we found in the younger ovary. Only
a few undifferentiated cells (Fig. 15 «) are present, and these are,
with few exceptions, found on the margin. In most of the cells at
this end the nucleus shows a number of large chromatin granules,
and this stage is here much more prevalent than any other. These
are of exactly the same structure as we found in ovary A (Figs. 3,
4 and 55); each has an achromatin nucleolus and a number of large,
rather square, chromatin granules (Fig. 165) around each of which
lies a small mass of achromatin. The next stage, that in which the
achromatin strands become prominent, is found scattered in among
these last and also lying proximal to them (Fig. 15 c). During this
change many of the strands show a beaded structure even before the
chromatin granules have decreased very much in size (Fig. 16 c).
We find that, as the ehromatin granules disappear, the beaded strands
become more and more prominent until, when the spireme-threads
have formed, there is nothing left of the former (Fig. 20). A some-
what similar spireme-thread stage is figured by GRÜNBERG (12) for
Bombyx mori and he says that all »Keimzellen« nuclei pass through
it. He deseribes the thread as at one time beaded. A beaded spireme-
thread has been found by STSCHELKANOVZEW (35) for Aphis rosae.
At about the middle of the tubule (Fig. 15 c) we find a number
of nuclei in synapsis; these are at once distinguished by their
strueture and their staining darker than in the last stage. Neither
PAULCKE (28) for Apis, nor GRÜNBERG (12) for Pieris, could find
any cell boundaries during synapsis as we find them here in Platy-
phylax. The nucleolus is still present but generally hidden, it does
not always lie at the pole towards which tbe threads have con-
tracted. It is rather difficult to distinguish any difinite arrangement
of the threads; most of them lie elosely packed together and do not
show such great regularity as GrarnInA (8 and 9) has figured for
Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. 15
22 Wm. S. Marshall,
Dytiscus and Mantıs. The threads staining darkly makes it imposs-
ible to always distinguish their beaded structure (Fig. 21). After
synapsis the threads become again distributed throughout the nucleus:
at first they are quite thin and are beaded (Figs. 22 and 23). The
cells that come out of synapsis develop to either oöcyte or nurse-
cell (WOLTERECcK [41]) but it is yet some little time before we can
distinguish between them.
There now oceurs a rather sudden change in nuelear structure
the transitions to which we have not been able to determine; this
is the change from the last stage (Fig. 23) to what we next find
(Fig. 24). In this latter we see that the threads have become very
much thicker and shorter, and that in each, two long, narrow chromo-
'somes have appeared. These are thin, somewhat eurved to follow
the shape of the thread, and they stain quite darkly. In diagonally
cut threads they naturally appear as two short rods. Contraction of
the thread goes on, the chromosomes become shorter and thicker and
increase in distinetness (Figs. 25 and 26). The position of the cells
having such nuclei is shown (Fig. 15 g) and they are seen to lie
further towards the proximal end than any we have hitherto described.
At least one quarter, the proximal, of this tubule, is oceupied
with cells whose nuclei show, that the eontraction ofthe threads and
chromosomes, is completed. Each piece of the former thread is now
nearly square and contains a pair of short chromosomes (Fig. 27).
The nucleolus is still present and remains unstained entirely or only
slightly tinged.
Ovary ©. This larval ovary shows very distinetly the grouping
of the oöcytes with their accompaning nurse-cells; no chambers are
yet formed, nor do we find that the two or three oldest oöcytes, are
arranged behind each other in the tubule as in older stages. In
the section of the tubule (Fig. 28) we have drawn, we see the
proximal oöcyte lying in the middle, but other tubules from this
same ovary showed, at this region, two 1ying side by side. The
proximal half of the tubule is occupied by groups of oöcytes and
nurse-cells, and in the distal half are cells which show the different,
earlier stages, of development. Of these latter we will here say
nothing the structure being similar to what has been described for
ovary B, and nearly the same, as we find in a slightly older stage,
ovary D, which we next take up.
The ovary we now deseribe, C, shows so well the change and
The celluiar elements of the Ovary of Platyphylax designatus Walk. 223
breaking up ofthe paired chromosomes in the nurse-cell nuclei, that
we will speak of it at this place. The formation of the dyads, of
their assuming a dumb-bell shape, and finally the tetrad formation,
is very similar in the nurse-cells of Platyphylax to what GIARDINA (8)
found in the same cells 'of Dytiscus. GRÜNBERG (12) also notices
for Pieris, that the tetrads in the nurse-cell nuclei, break up into
many small granules which finally fill the nucleus. In about the
middle of the tubule each oöcyte has lying distal to it, or slightly
at its side, a group of nurse-cells; in the nueleus of both kinds of
cells there is, besides a large achromatin nucleolus, a number of
small achromatin masses, remains of earlier threads, in each of
which lies a pair of chromosomes. In the youngest group we have
drawn (Fig. 29) the oöcyte is larger than any nurse-cell, but the
structure of its nucleus is the same. As in all the groups the oöcyte
nucleus remains unchanged (Figs. 29 to 33 oö), we need not speak
of it but confine ourselves to that of the nurse-cells. A little older
stage shows, that while there are some distinet paired chromosomes
present, in the place of many of them there is an apparent tetrad
formation (Fig. 30). Some of these are undoubtedly tetrads, but in
others the appearance is due to the chromosomes each having the
shape of a dumb-bell with a thin, bent handle, which is not always
seen. A slishtly older cell (Fig. 31) shows about the same structure,
but we notice, that instead of paired rods or of tetrads, there are
some groups of five or more small chromatin granules which have come
from the breaking up of the paired chromosomes. Still a little later
(Fig. 32) these paired chromosomes and tetrads entirely disappear,
and in their place, we find small groups of chromatin granules, not
of five or six, but more in number. Each group is entirely distinet
from the others. The granules then spread throughout the nueleus
until they oecupy a position similar to what we find in the oldest
nurse cell (Fig. 33) of this tubule; here the groups have become
entirely lost and the ehromatin granules spread throughout the nucleus
GIARDINA (8), GRÜNBERG (12). They have increased very much in
- number, but only in part fill the nucleus, leaving in it large, empty
spaces. As we have already said the first of these granules come
from a breaking up of the paired chromosomes; whether the others
come from those already formed or not we do not know. The
number seen in older nurse-cell nuclei is too great to all be derived
from a breaking up, or a separation, of the paired chromosomes.
In the oldest nurse-cell nucleus of the next stage, ovary D, (Fig. 36)
15*
224 Wim. $. Marshall,
we find a nearly similar structure. There are here however two
nucleoli instead of one and, as in older stages, we always find them
more in number, we judge that here this increase has begun. Here
also we find the nucleoli always staining and they become the most
prominent structures within the nurse-cell nucleus.
In ovary C, we have for the first time found that oöcytes and
nurse-cells have become differentiated and many of them arranged
in groups, each one of which will, in still later stages, form a
chamber. In the youngest group we can here distinguish as such,
we find that the only difference between oöcyte and nurse-cell,
is in the larger size of the former; their nuclei are, both as to size
and structure, alike. The paired chromosomes which both contain,
are at first similar, but here in this larval stage, ovary C, those
within the nurse-cell nuclei begin to change and from them come
a large number of small chromatin granules. The single achromatin
nucleolus of the nurse-cell nuclei persists throughout, but at a little
later stage, ovary D, we always find more than one. While the
nurse-cell nucleus has passed through these changes that of the
oöcyte remains unchanged.
Ovary D. This larval ovary shows (Fig. 34) that it is somewhat
older than the last; there are as yet no chambers formed but the
three oldest groups of oöcyte and nurse-cells are arranged in the
center of the tubule. In the last ovary we described the proximal
half of the tubule, and, as in this one nothing different in cellular
structure is shown, we shall confine the description to what is found
in the distal part.
Here. (Fig. 35) we find a more distinet epithelial layer than is
senerally seen. The cells composing it are in different stages of
development: undifferentiated nuclei, @; some with large chromatin
granules, d; and those in which the threads have begun to be
formed, ec. Of these the undifferentiated kind, a, are found along
the margin and most of them close to the distal end of the tubule;
the other two kinds are found both at, and away from, the margin.
In the center different stages in the formation of the spireme-thread
are seen and some nuclei in synapsis. The most proximal of all
the nuclei are seen to have the paired chromosomes already formed.
All of these nuclei have an achromatin nucleus.
Ovary E. This tubule (Fig. 7) is from the ovary of a pupa; it
has five well developed chambers each with an oöcyte and the ac-
The cellular elements of the Ovary of Platyphylax designatus Walk. 225
companying group of nurse-cells.. These cells have increased very
much in size; the epithelial cells have increased in number, and
arranged themselves around the oöcyte and, indistinetly, around each
group of nurse-cells. They also separate the chambers from each
other, and a few may lie between an oöcyte and the nearest nurse-
cells belonging to it.
Distally there is as usual a terminal filament; this is followed by
a long, narrow end chamber which, by a slight indentation, is nearly
divided into two parts. In this end chamber (Fig. 38) are found a
few developing cells and a number of bodies we hold to be dead
ones. These latter are of different shapes; each lies in a clear space
and eonsists of a rather homogenous mass in which is a large, darkly
staining body that, in most of them, has a distinet outline; in some
however this is not so and the stained part goes over very gradually
into the unstained mass. A few of these bodies are large and dif-
ferent consisting of a rough unstained mass in which no structure
can be made out. The regular cells which are here present, show
different stages in development from the undifferentiated cells, «, to
those with large chromatin granules, 5, and one, c, in which the
strands are being formed. Near the proximal end of the tubule are
two cells, d, in the nuclei of which the spireme-thread is already
_ formed.
In the five chambers (Fig. 37) we notice, as we pass from the
youngest to the oldest, that the proportion of each chamber occupied
by the oöcyte increases, and that filled by the nurse-cells, decreases.
The first, most distal, chamber shows five nurse-cells, the nucleus
of each contains one or two rather large nucleoli and a great many
small granules; these latter are connected by delicate achromatin
fibrils. The nucleus of the oöcyte contains a few of the paired
chromosomes we have already noticed. Epithelial cells lie around
the oöcyte and a few are seen at the margin of that part of the
chamber in which the nurse-cells lie. In this youngest chamber the
cytoplasm of all the cells stains equally, but, in the older ones, the
nurse-cells are darker than is the oöcyte.
The oöcyte of the second chamber may have either a round or
a pyriform nucleus, the latter shape, when present, being due to a
thick process which extends up between the nearest nurse-cells. In
the three other chambers, the oöcyte becomes much flattened and is
more rectangular in outline. In each of the four last oöcytes the
nucleus contains a large nueleolus in which there are a number of
226 Wm. S. Marshall,
vacuoles. The paired chromosomes, present in the earlier stages,
have disappeared, but the achromatin masses, former threads, are
present and in each are one or more small chromatin granules, or
rods; there are also very many smaller achromatin podies free from
these. All these parts are joined by achromatin fibrils. The outline
of the oöcyte nucleus is generally irregular but not so much so as
are most of the nurse-cell nuclei. Within the basal part of the
oöcytes, are generally a number of round, dark bodies, which represent
some product of the metabolism of the cell; in specimens preserved
in FLEMMING, these are always black.
In all the four oldest chambers the nurse cell nuclei are very
similar. Each contains a few large, irregular nucleoli, which stain
darkly, a great many small granules, also staining, and achromatin
fibrils connecting these. Many, but not all, of the nuclei are quite
irregular in outline.
In the nucleus of each of the two oldest oöcytes, we find that
a change has taken place which connects the younger ones we have
described in other stages (Fig. 36), with the oldest one of the next
ovary (Fig. 49). The nucleolus is present, containing two or three
large and a great many small, vacuoles, which almost fill it, DugLix (7).
Scattered throughout or occeuring in groups are a great many small
unstained bodies.. A few of the largest of these still show within
them a distinet chromatin spot or spots; this is all that is left of
the earlier paired chromosomes. In the space left free from these
bodies there is a delicate achromatin fibrillar mass.
In ovary C, we found that the paired chromosomes which are at
one time similar in both oöcyte and nurse-cell nucleus, broke up
into many pieces which became scattered throughout the nucleus.
In the oöeyte nucleus this change was not seen but the structure of
the oldest oöcyte in that stage was similar to the youngest (Figs. 29
to 33 0ö). We now find in the pupa that, while the younger oöcyte
nuclei still have the paired chromosomes in them, the oldest ones
show a different structure. The change is not however similar to
what we found in the nurse-cells nuclei. In an old larva one can
find that a few of the paired chromosomes in the oöcyte nucleus
have changed to tetrads (Fig. 36) but we doubt if they all pass
through such a change. Each pair of chromosomes lies, as already
described, in a small mass of achromatin, the remains of the con-
tracted thread. As new achromatin bodies appear in the nucleus,
some are always to be seen which are larger than the others, and,
The cellular elements of the Ovary of Platyphylax designatus Walk. 227
in each of these, is a distinet chromatin rod or dot (Figs. 39 and 40)
which is all that remains of the paired chromosemes or the tetrads.
These we find persist through still older stages (Fig. 49). The history
of the nucleolus in the oöcyte nucleus differs from that in the nurse-
cell. Here in the oöcyte it does not change to a chromatin one, nor
do we as a rule find oöcyte nuclei with more than a single one
althoush some are seen with one large and one or two small ones.
The nuceleolus first changes by becoming filled with vacuoles and
then, at a later stage (Fig. 49), decreases in size.
Ovary F. This -tubule is from the ovary of a pupa. Ina
longitudinal section one can distinguish a small terminal filament,
followed by an end chamber which, in very many tubules, is divided
by a small indentation into two parts. The anterior of these contains
a number of nuclei in early stages of development up to the forma-
tion of the paired chromosomes (Fig. 42). In the more proximal part
are found oöcytes and nurse-cells which are already arranged in
groups. Following this are the regular chambers (Fig. 41), small at
first, but, as we pass down the tubule, the cells increase consider-
ably in size and consequently the chambers themselves. In this
tubule there are five well marked chambers, separated, in an external
view, by indentations formed by a narrowing of the tubule. In sec-
tion the chambers are also seen to be separated by elongated
epithelial cells which extend across the tubule. Each chamber is
divided into a distal part containing the nurse-cells, and a proximal
portion within which lies the oöcyte; between these there is no
distinet separating part. In all tne chambers a well defined layer
of epithelial cells surrounds the oöcyte, but, along the margin of
that part in which lie the nurse cells, one sees only a few epithelial
nuclei.
To show the relation of the cells to each other three views are
given: Ist, (Fig. 42) most of the terminal filament and the distal
portion of the end chamber; 2nd, (Fig. 45) the other, proximal, part
of the end chamber; 3rd (Fig. 41) the remainder of the tubule
showing the five chambers. The second and third of these drawings
were from the same tubule, but the first from another one of the
same ovary.
The terminal filament (Fig. 42) is composed of a single row of
cells, these are nearly square at its tip but they narrow very much
towards its base. The shape of the nuclei changes with that of the
228 Wm. $S. Marshall,
cells; in structure they are similar to those we deseribed (Fig. 2)
from an earlier stage. Distally within the end chamber are a number
of cells with undifferentiated nuclei (Fig. 42 a); their similarity, both
to those occupying a like position in younger tubules (Figs. 4, 15
and 35a) and to nuclei of the terminal filament, is noticeable. Other
early stages are found in this region, those in which the ehromatin
sranules are very large (Fig. 42 5b) and also nuelei in which the
achromatin strands are becoming prominent (Fig. 42 ec). Whether all
the most distally situated nuclei have cell boundaries or not is dif-
ficult to determine. Proximal to these cells is a group in whose
nuclei the spireme-threads heve been formed (Fig. 42 d). These do
not here show any variations, the threads stain but lightly, and they
belong therefore to a stage previous to synapsis. Following these
are some cells whose nuclei have very distinet paired chromosomes.
In all these a chromatin nucleolus is present. The paired chromo-
somes lie in small achromatin masses. To the left in this figure
are shown a few abnormal cells which are disintegrating, and have
already lost their regular form and structure. Such bodies are found
in many of the sections from ovaries of different ages, but not so
abundantly in young, as in old ones.
The next part (Fig. 45) shows a few undifferentiated nuclei,
which later become epithelial cells, and three groups of oöcyte and
accompaning nurse-cells. The proximal of the three groups shows
only four nurse-cells, the oöcyte belonging to these, not being in the
section from which the drawing was made. Just distal to these three
sroups are a number of cells (Fig. 42) in whose nuclei are many
paired chromesomes; here in the groups we also find a similar
structure in the oöcyte nuclei, but see that in the nurse-cells they
have begun to break up. This is here similar to what we described
for the last stage. The paired chromosomes always Gap from
the nurse-cells earlier than from the oöcytes.
The remaining and much the largest part of the tubule (Fig. 41),
is composed of five distinet chambers which show a regular gradation
in size. The oöcyte of each of the first two chambers sends a large
blunt process up between the nearest nurse-cells (Fig. 44). The
nucleus of this, the youngest, oöcyte shows the paired chromosomes
still present, and with these a large achromatin nucleolus. In the
next oldest oöeyte this is not the case (Fig. 46), the paired chromo-
somes have nearly disappeared as such, and in their place an irregular
chromatin rod or small mass is seen. In still the next oldest oöcyte
The cellular elements of the Ovary of Platyphylax designatus Walk. 229
(Fig. 47) this change is shown more clearly and in each achromatin
mass we still find, instead of the paired chromosomes, the small
pieces as in the last. Loose achromatin fibrils become, in this stage,
more distinet. Here will be noticed a difference in the fate of the
paired chromosomes in the oöcytes and in the nurse-cells. In the
former we have just learned that, still remaining in the original
achromatin mass, they break up into a few small pieces which remain
in the original position. In the nurse-cell nuclei we found that this
reaking up occeurs earlier, and the resultant pieces become scattered
throughout the nucleus. |
In many of the nurse-cells of these chambers we find that the
nucleus shows an irregular form; this may be a general irregularity
over the entire surface (Fig. 48), or one or more deep indentations
at one place (Fig. 46). This has to do with the secretory activity
of the nurse-cells of which we will speak later.
Concerning the epithelial cells there is little to say that cannot
be seen from a view of the tubule (Fig. 41). In that part of the
chamber occeupied by the nurse-cells, they are almost entirely missing,
only a few nuclei being found along the margin. We are inclined
to the belief that there is here a continuous layer of epithelial cells,
but that the pressure from the nurse-cells has so flattened them,
that only here and there can they be seen. Between the chambers
there are a number of long narrow cells which are much larger than
the others, and, excepting near its base, each is nearly empty.
Between each oöcyte and its accompanying nurse-cells there are also
a few flattened epithelial cells. All these cells have similar nuclei
(Fig. 50). |
We have already noticed the breaking up of the paired chromo-
somes of the nurse-cell nuclei into many small granules. After this
has oceured each nucleus also contains a few irregular bodies,
nucleoli, which now stain, and which we believe came from the
single unstained one of the earlier stages. It has been continuously
present through all of the stages. During the further growth of the
nurse-cells there is no change in nuclear structure except an increase
in the number of nucleoli. Wether these come from the one already
present, or from some other substance within the nucleus, we do
not know. The fine achromatin fibrils are much more distinet in
the older stages.
The nucleus of the oöcyte, after the breaking up of the paired
ehromosomes, contains a large, generally vacuolated, nucleolus which
230 Wm. S. Marshall,
is unstained; besides this there are many achromatin bodies in a
few of the larger of which the remains of the paired chromosomes
may be seen. There are also a number of achromatin fibrils con-
necting these parts. The changes from here we have spoken of in
another stage and will now only call attention to the nucleus of the
oldest oöcyte in this tubule. This (Fig. 49) shows a proportionally
smaller nucleolus and a great increase in the number of the achro-
matin bodies which do not as yet entirely fill the nucleus.
Korscheur (21) some time ago called especial attention to the
secretory activity of the nurse-cells in inseet ovaries, and many
others have noted the same fact. This is shown so plainly in Platy-
phylax, that we would call attention to it in this stage where it
shows as well as in any other. Before the group of oöcytes and
nurse cells have arranged themselves into chambers (Fig. 45) this
activity has begun. The cytoplasm around the nuclei, especially _
along those parts facing other nuclei, is darker and denser than that
found in the other part of the cell. This oceurs on those sides of
the nurse-cell nuclei which face the oöeyte, and in that part of the
oöeyte which lies nearest the nurse-cell. These darkened masses
may fuse with one another or strands may connect them. As yet
the regularity in outline of the nuclei has but slightly changed, if
at all. In older groups this is different (Fig. 46) for we find at least
one surface of each nucleus becoming very irregular. This is due
. to a sinking in of the nucleus at one point, and, where this oceurs,
its surface is exceedingly irregular. This in Platyphylax may g0 so
far as to nearly penetrate the nucleus or separate it into two parts.
A few cells may be found which at first appear to be binucleate,
but this appearance is only due to the partial separation of the single
nucleus. In older stages (Fig. 47) this activity is still noticed; the
oöcyte nucleus is also irregular but not so markedly so as that of
the nurse-cells.
Ovary G. This ovary is from an old pupa; in each tubule there
are four or five chambers and a terminal filament. The proximal,
oldest, chambers show a great increase in size; they have broadened
so much that the last one is nearly round. The difference between
these and the others is not in size alone but also in the structure
of the oöcyte and its nucleus.
The most distal of allthe chambers (Fig. 51 7) not only contains
a few cells in different stages of development, but, in its proximal
The cellular elements of the Ovary of Platyphylax designatus Walk. 231
part, are to be found an oöcyte and its accompanying nurse-cells.
The cells in the distal part do not show a very great variation in
structure, and it would be hard, from so old an ovary, to find all
the changes in their development. We find both ovoid and spherical
nuclei in which there are a number of large chromatin granules, the
majority of the cells here being in this stage (Figs. 53 db and 54).
A few cells are also present in which the strands are becoming very
prominent (Fig. 93 c). From this stage we pass directly to the group
of cells in the proximal part of the tubule, without finding spireme-
thread or synapsis stages. It is not likely that the oöcyte in this
or even the following chamber ever develops. An examination of
the ovary of a mature Platyphylax seldom shows more than three
chambers containing mature eggs. This means of course the number
in an ovarian tubule, not in the entire ovary. As the eggs are all
laid soon after the mature insect emerges, and, as its life is very short,
it is hardly possible that eggs which are not entirely developed before
the mature insect emerges, will ever do so. Platyphylax is similar
in this respect to the Lepidoptera; the same has been observed by
Gross (10) in other forms of insects.
The oöcyte which lies at the base of this youngest, most distal,
chamber, has a somewhat flattened nucleus. It contains an achromatin
nucleolus (Fig. 95) and a number of paired chromosomes similar to
other nuclei we have described. The nurse-cell nuclei are the same
as those we have found in the youngest stages. In the entire
chamber there were but a few epithelial nuclei some showing a
regular arrangement around the oöcyte.
Nothing new is seen in the next chambers. In each the oöcyte
nucleus contains a number of paired chromosomes although, in the
older one, these are beginning to break up. The nurse-cells of both
chambers show a normal structure, the nucleus of each containing
a few nucleoli and many of the small granules we have already
_ noted in other stages.
The two oldest chambers show considerable differences from
anything we have hitherto found, and they are in a much older stage.
This is not true of the nurse-cells which, except in their larger size,
are quite similar to the oldest ones we found in the last stage (Fig. 47).
Both of the oldest chambers are similar in structure. All of
the epithelial cells that can be seen around the nurse-cells are a
few nuclei, which are found along the margin of the tubule. Around
the oöcyte they are somewhat flattened and retatively smaller than
292. Wm. S. Marshall,
in the younger chambers. The contents of the oöcytes has changed
very much and in the tubule no transition is found between the two
proximal and the two distal chambers. We find the two oldest filled
with deutoplasm no trace of which was seen in any of the younger
tubules, this fills the entire cell in the form of large, round or
polygonal, bodies which lie in a granular network. The nucleus of
each of these oldest oöcytes is the same (Fig. 56), it is quite irregular
in outline with a thick membrane. Within the nucleus are very
many irregular bodies with rounded surfaces; these stain not at all
or slightly. They are crowded together and leave little space for a
non-staining granular mass which is loosely scattered between them.
No nucleolus was found in any of the oöcytes of this age.
Summary.
In a fairly old larva, ovary A, the first differentiation of the
cells has taken place and we find them either; 1, undifferentiated
or; 2, passing through the first stages in the development which is
to result in the further differentiation of oöcytes or nurse-cells. Cells
of the first group may either remain unchanged and become the
epithelial cells, or, they may pass through the same changes as those
of group two. Of group one nothing more need be said. Cells of
the second group pass from undifferentiated cells through the following
forms: with large chromatin granules in the nucleus, 5; appearance
of achromatin strands and disappearance of the chromatin granules, c;
formation from these strands of beaded spireme-threads, d; synapsis, e.
It does not appear that the nucleolus has anything to do with chrom-
atin formation.
In the synapsis nuclei the threads stain more darkly than in
the preceeding stage.
In the youngest larvae studied, ovaries A and B, mitosis occurs
but is seldom found in the older stages. After the oöcytes and the
nurse-cells have started through these changes they do not divide.
From synapsis beaded threads appear, these increase in thickness
and in each two thin chromosomes make their appearance. The
threads shorten and the chromosomes become shorter and thicker.
All oöcyte and nurse-cell nuclei reach a stage in which they
have this structure; proximal end of ovary B, but can not yet be
distinguished from each other.
The first differentiation of these two kinds of cells is in their
The cellular elements of the ovary of Platyphylax designatus Walk. 233
size the oöcytes being the larger- as yet the nuclei are similar in
structure. Youngest group in ovary ©.
The paired chromosomes of the nurse-cells begin to change, and,
some first becoming tetrads, break up into a number of pieces. These
at first remain in small groups and then become distributed throughout
the nucleus.
In the oöcyte nucleus the paired chromosomes, some first becoming
tetrads, disappear as such but at a later stage than in the nurse-
cells. They remain within the achromatin mass, former thread,
becoming small rods or granules.
The nucleolus of the nurse-cell nueleus persists; at first it does
not stain or is very lightly tinged. In older pupal stages it stains
darkly and we then find several in each nucleus, their number in-
creasing with the age of the cell.
The nucleolus of the oöcyte also persists. It is always unstained
or colored very lishtly. In older pupae it fills with vacuoles and
finally decreases in size.
AI divisions are mitotic.
Berlin, im August 1906.
Bibliography of Platyphylax.
1. E. BeEsses, Studien über die Entwicklung der Sexualdrüsen bei den Lepi-
dopteren. Diese Zeitschr. Vol. XVII. 1867.
2. A. BRANDT, Über die Eiröhren der Blatta (Periplaneta) orientalis. Mem.
V’Acad. Imp. des Sc. de St. Pötersbourg. Vol. XXI. 1874.
3. —— Über das Ei und seine Bildungsstätte. Leipzig. 1878.
4. A. BRAUER, Über das Ei von Branchipus Grubii von der Bildung bis zur
Ablage. Abh. Akad. Wiss. Berlin. 1892.
9. A. CERRUTI, Sulle »risoluzioni necleolari< nella vescicola germinativa degli
ooeiti di aleuni vertebrati. Anat. Anz. Vol. XXVI. 1905.
6. C. Craus, Beobachtungen über die Bildung des Insecteneies. Diese Zeit-
schrift. Vol. XIV. 1864.
7. L. J. DußLıs, On the nucleoli in the somatic and germ cells of Pedicellina
americana. Biologieal Bull. Vol. VIII. 1905.
8. A. GIARDINA, Origine del’ oocite e delle cellule nutrici nel Dytiscus.
Internat. Monatsschrift für Anat. und Phys. Vol. XVII. 1901.
9. —— Sui primi stadii dell’ oogenesi, e principalmente sulle di sinapsi. Anat.
| Anz. Vol. XXI. 1902.
10. J. Gross, Ovarien von Mallophagen und Pediculiden. Zool. Jahrb. Anat.
Vol. XXH. 1905.
11. —— Untersuchungen über die Histologie des Insectenovariums. Zool. Jahrb.
Anat. Vol. XVII. 1903. :
294
12.
de
14.
15.
16.
17.
18.
19:
20.
21.
22.
23.
24.
25.
26
27.
28.
29.
30.
31.
32.
39.
34.
35.
36.
Wm. S. Marshall,
K. GRÜNBERG, Keim- und Nährzellen in den Hoden uud Ovarien der Lepi-
dopteren. Diese Zeitschr. Vol. LXXIV. 1903.
V. HÄckKER, Die Eibildung bei Cyclops und Canthocamptus. Zool. Jahrb.
Vol. V. 1822.
—— Das Keimbläschen, seine Elemente und Lagerveränderungen. Archiv.
für Mikr. Anat. Vol. XLI. 1893.
-——— Praxis und Theorie der Zellen- und Befruchtungslehre. Jena. 1899.
H. HenkInG, Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorgänge in den
Eiern der Insekten. III. Specielles und Allgemeines. Diese Zeitschr.
Vol. LIV. 189.
L. F. HEnne@Guy, Les Insectes. Paris. 1904.
R. Hrymons, Die Entwicklung der weiblichen Geschlechtsorgane von
Phyllopromia germanica. Diese Zeitschr. Vol. LII. 1891.
—— Die Embryonalentwicklung von Dermapteren und Orthopteren unter
besonderer Berücksichtigung der Keimblätterbildung. Jena. 189.
T. Huxtey, On the agamiec reproduction and morphology of Aphis. Trans.
Linn. Soc. London. Vol. XXII, 1859.
E. KoRSCHELT, Beiträge zur Morphologie und Physiologie des Zellkernes.
Zool. Jahrb. Vol. IV. 1889.
—— Über die Entstehung und Bedeutung der verschiedenen Zellenelemente
des Insektenovariums. Diese Zeitschr. Vol. XLIII. 1886.
E. KORSCHELT und K. HEIDErR, Lehrbuch der vergleichenden Entwicklungs-
geschichte der wirbeliosen Tiere. Jena 1902. 1903.
F. LeyvıG, Beiträge zur Kenntnis des tierischen Eies im unbefruchteten
Zustande. Zool. Jahrb. Vol. III. 1889.
J. LUBBOCK, On the ova and pseudova of insects. Phil. Trans. Roy. Soc.
London. Vol. OXLIX. 1860.
W. S. MARSHALL and C. T. VoRHIES, The repair and rebuilding of the
larval case of Platyphylax designatus. Biological Bull. Vol. IX. 1905.
P. OBsT, Untersuchungen über das Verhalten der Nucleolen bei der Ei-
bildung einiger Mollusken und Arachnoiden. Diese Zeitschr. Vol. LXVI.
1899.
W. PAULCKE, Über die Differenzierung der Zellelemente im Ovarium der
Bienenkönigin. Zool. Jahrb. Anat. Vol. XIV. 1900.
O0. vom RATH, Zur Kenntnis der Spermatogenese von Gryllotalpa vulgaris.
Arch. f. Mikr. Anat. Vol.L. 183.
—— Neue Beiträge zur Kenntnis der Chromatinreduction in der Samen-
und Eireife. Arch. für Mikr. Anat. Vol. XLVI. 189%.
J. RÜCKERT, Zur Eireifung bei Copepoden. Anat. Hefte. Vol. IV. 1894.
—— Die Chromatinreduction bei der Reifung der Sexualzellen. Ergebn.
Anat. und Entw.-Gesch. . Vol. IH. 1893.
—— Über die Verdoppelung der Chromosomen im Keimbläschen des Selachier-
eies. Anat. Anz. 189.
H. Stırz, Zur Kenntnis des Genitalapparats der Trichopteren. Zool. Jahrb.
Anat. Vol. XX. 1904.
J. P. STSCHELKANOVZEW, Über die Eireifung bei viviparen Aphiden. Biol.
Centbl. Vol. XXIV. 1904.
F. STUHLMANN, Die Reifung des Arthropodeneies, Ber. d. Naturforschen-
den Gesellschaft zu Freiburg im Br. Vol. I. 1886.
The cellular elements of the Ovary of Platyphylax designatus Walk. 935
37. C. TönnıGes, Beiträge zur Spermatogenese und Oogenese der Myriopoden.
Diese Zeitschrift. Vol. LXXI. 1902.
35. W. M. WHEELER, The embryology of Blatta germanieca and Doryphora
decemlineata. Journ. Morph. Vol. III. 1889.
39. H. v. WIELowIEISKIL, Über den Bau der Insectenovarien. Zool. Anz.
Vol. IX. 1886.
40. —— Weitere Untersuchungen über die Morphologie und Entwicklungs-
geschichte des Insektenovariums. Arbeiten a. d. Zool. Inst. zu Wien.
VeleXVI. 1905.
41. R. WoLTERECK, Zur Bildung und Entwicklung des Ostracoden-Eies. Diese
Zeitschr. Vol. LXIV. 1898.
Explanation of Plates,
All figures drawn with a camera-lucida.
oö, oöcyte.
ec, end chamber.
if, terminal filament.
Plate XV and XVI.
Fig. 1. Ovary A. Longitudinal seetion of one of the youngest tubules of
this ovary. The terminal filament, ?f, is here proportionally larger than in the
older ovaries. The stalk which connects the tubule with the oviduet has already
‚a small lumen; only part of the common oviduct, odt, has been drawn, its width
should be a little greater than the widest part of the tubule. >< 500.
Fig. 2. Nucleus from one of the cells of the terminal ilament; taken from
position 2 of the preceding figure. >< 1600.
Fig. 3. Four marginal cells from ovary A, taken from place 3 in figure 1.
> 1600.
Fig. 4. Four marginal cells from another tubule of the same age in
ovary A. >< 1600.
Fig. 5. Four cells from ovary A, taken from position 5 in figure 1.
>< 1600.
Fig. 6. Cell from same tubule showing the disappearance of the large
chromatin sranules and formation of the distinet achromatin strands. >< 1600.
Fig. 7. Two cells from the proximal end of this same tubule; their
position is shown by figure 6 in the first figure. >< 1600.
Fig. 8 An older tubule of ovary A, drawn without terminal filament,
membrane or stalk. D, distal end. The numbers 8 to 12 represent the position
from which the five following figures have been drawn. >< 500.
Figs. 9, 10, 11, 12 and 13. Five cells (figure 8 has two cells) from the
preceding tubule. The position from which each is taken is represented by the
corresponding number in figure 8. >< 1600.
Fig. 14. One of the largest cells in the ovary. >< 1600.
Fig. 15: Ovary B. Longitudinal section through a tubule of a larva. D,
distal end. The letters a to g, represent different stages in the development of
the cells, «, undifferentiated cell; d, those with large chromatin granules; e, the
2536 Wm. $. Marshall,
formation of the achromatin strands which become, d, the spireme-threads;
e, synapsis; f, thread which comes out of synapsis; g, shortened threads now
with paired chromosomes. >< 850.
Fig. 16. Three cells from the distal part of this tubule. Letters same as
last. >< 1600.
Figs. 17, 18 and 19. Three cells from same tubule showing formation of
the beaded threads. >< 1600.
Fig. 20. Cell from same ovary. >< 1600.
Fig. 21. Three synapsis nuclei from near the center of figure 15. >< 1600.
Figs. 22 and 23. Cells from same tubule directly following, proximal to,
synapsis. The position of one of these is shown at point f, figure 15. >< 1600.
Fig. 24. A cell from the same tubule, its position indicated by g, in
figure 15. The paired chromosomes have appeared. >< 1600.
Fig. 25 and 26. Two cells from the same tubule showing the shortening
of the threads. >< 1600.
Fig. 27. Two cells from the proximal part of the same tubule. In figure 15
it will be seen that this quarter of the tubule is filled with similar cells, but as
yet no distinetion is noticeable between oöcyte and nurse cell. >< 1600.
Fig. 28. Ovary C. Longitudinal section through an ovarian tubule of
an older larva; in the proximal part are several groups of oöcyte and accompan-
ying nurse-cells. At this same end part of the stalk is drawn. >< 850.
Figs. 29, 30, 31, 32 and 33. Five oöcytes from the proximal half of this
tubule, each with two or three of the accompanying nurse-cells. Commencing
with figure 29 these are successiveley older stages and show the breaking up
of the paired chromosomes in the nurse-cell nuclei, and their persistance, thus
far, in the oöcytes. Only enough of the boundary of each oöcyte has been
drawn to show that it is larger than any nurse-cell. Cytoplasm not filled in.
>< 1600.
Fig. 34. Ovary D. Longitudinal section of a tubule from a slightly older
larva. No chambers have yet been formed. >< 500.
Fig. 35. Distal part of an end chamber from another tubule of the same
ovary. >< 1600.
Fig. 36. The oldest oöcyte and one accompanying nurse-cell from figure 34.
>< 1600.
Fig. 37. Ovary E. Longitudinal section through a tubule of a pupal
ovary. The terminal filament and end chamber are not drawn. >< 200.
Fig. 38. Section ofthe end chamber of preceding tubule. The disintegrating
cells, »>corps residuels«,, — many labelled x — are more abundant than is
generally the case. >< 850.
Fig. 39. Nucleus from the oöeyte in chamber 4 of ovary E. >< 850.
Fig. 40. Same from chamber 5. >< 850.
Fig. 41. Ovary F. Longitudinal section of an ovarian tubule from an
older pupa. >< 200.
Fig. 42. Section of part of the terminal filament and distal half of the
end chamber from another tubule of the same ovary. >< 850.
Fig. 45. Section of the proximal part of an end chamber. From the same
tubule as figure 41. >< 850.
Fig. 44. Oöcyte from the first, youngest, chamber of ovary F. This shows
the process which is often present in oöcytes of about this age, it extends
between the nearest nurse-cells. >< 850.
The cellular elements of the Ovary of Platyphylax designatus Walk. 237
Fig. 45. A nurse-cell from the nearest chamber. >< 850.
Fig. 46. A chamber from another tubule of ovary F; this is about the
same age as chamber 2 of figure 41. >< 500.
Fig. 47. Oöcyte and one nurse-cell from a chamber, same ovary, cor-
responding in age to chamber 3 of figure 41. Only part of the oöcyte is shown.
> 850.
Fig. 48. A nurse-cell nucleus from the oldest chamber, number 5, of
figure 41. >< 850.
Fig. 49. Nucleus from the oldest oöcyte of ovary F. >< 850.
Fig. 50. Two epithelial cells from those surrounding the oldest oöcyte
of the same ovary. >< 850.
Fig. 51. Ovary G. Longitudinal section of a tubule from the ovary of
an old pupa. >< 100.
Fig. 52. Terminal filament and first three chambers of the same tubule.
>< 400.
Fig. 53. Two cells from position be, in figure 52. >< 1600.
Fig. 54. Cell from position b, in figure 52.
Fig. 55. Oöcyte nucleus from first chamber of ovary G. >< 1600.
Fig. 56. Same from the fifth chamber. >< 850.
Zeitschrift £. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. 16
Zur Kenntnis der Entwicklung der Keimdrüsen
von Tenebrio molitor L.
Von
Dr. Theodor Saling.
(Aus dem Zoologischen Institute der Universität Marburg.)
Mit Tafel XVII—XVII und 14 Figuren im Text.
Nachfolgende Untersuchungen, die als ein Beitrag zur Embryo-
logie der Insekten gelten mögen, wurden größtenteils in Marburg
ausgeführt, jedoch nach längerer Unterbrechung im Zoologischen
Institut der Universität Czernowitz wieder aufgenommen und voll-
endet. |
Auch an dieser Stelle möchte ich nicht unterlassen, meinem
hochverehrten Lehrer, Herrn Professor Dr. KORSCHELT, meinen auf-
richtigsten Dank auszusprechen für die zahlreichen Ratschläge und
das unermüdliche Interesse, das er ständig dieser Arbeit entgegen-
brachte. Ebenso bin ich meinem hochgeschätzten, früheren Chef,
Herrn Professor Dr. ZELINKA, zu großem Danke verpflichtet, da er
mir in liebenswürdigster Weise Zeit und Mittel zur Vollendung dieses
Themas gewährte. In technischer Beziehung gab mir Herr Professor
Dr. PaAuL MAyEr während meiner Assistentenzeit in Neapel sehr
wertvolle Winke, wofür ich ihm sehr verbunden bin.
Einleitung.
I. Biologische Mitteilungen,
Das zur Untersuchung dienende Material von Tenebrio molitor
wurde in Kisten mit Kleie gehalten. Sobald die Verpuppung der
Larven eintrat, was unter normalen Verhältnissen gegen Ende April
zu geschehen pflegte, wurden die Puppen gesondert. Anfang Mai
Zur Kenntnis der Entwickl. der Keimdrüsen von T'enebrio molitor L. 239
entschlüpften die ersten Imagines. Die Begattung erfolgte Mitte Mai,
die Eiablage begann Ende Mai. Da die Käfer direkt in die Kleie
ihre Eier ablegen und sie ringsum mit Kleiestückchen verkleben, ist
eine Beschaffung von Eimaterial äußerst erschwert und zeitraubend.
Das von Henkıng (1) angegebene Verfahren war mir zu unsicher.
Nimmt man dagegen die Käfer aus der Kleie heraus und isoliert sie
in einem Holzkasten, so legen sie regelmäßig ihre Eier an Stücken
wolligen Kleiderstoffes ab, wenn Brotstücke zur Nahrung dienen.
Auf diese Weise kann man ohne große Störung die Eier jederzeit
entfernen und konservieren.
Was die Entwicklungsdauer der Eier betrifft, so muß ich aus-
drücklich betonen, daß sie im höchsten Grade abhängig ist von den
jeweilig vorherrschenden Temperaturverhältnissen. Im normalen Fall
beträgt sie 9—10 Tage, doch kann sie bei anhaltender kühler Wit-
terung 18—20 Tage erreichen, während ich anderseits beobachten
konnte, daß bei starker Hitze schon am 7. Tage die Eihülle gesprengt
wurde. Vor letztgenanntem Termin fand jedoch niemals ein Aus-
schlüpfen der Larven statt.
Die Begattung geschieht bei Tenebrio in ganz ähnlicher Weise,
wie es HEIDER (2) für Aydrophrlus beschreibt. Das Männchen
kriecht auf den Rücken des Weibchens, das sich beim Copula-
tionsakt ganz ruhig verhält. Während das Männchen mit den
Beinen Halsschild und Flügeldecken umklammert, reibt es die Füh-
ler intensiv auf dem Halsschilde des Weibchens und stülpt gleich-
zeitig den Penis nach unten aus, der in kurzen Intervallen in die
Geschlechtsöffnung des Weibchens eingeführt und wieder zurück-
gezogen wird.
Wenige Tage nach der Begattung beginnt die Eiablage. Sobald
das Ei aus dem Genitalapparat heraustritt, wird es von den äußerst
beweglichen Endspitzen der Vulva mit zarten Wollfäserchen um-
spannt und mit Hilfe eines Secrets fest mit dem Wollstoffe ver-
klebt.
Die jetzt äußerlich am Ei makroskopisch wahrnehmbaren Ver-
änderungen sind folgende:
‚Kurz nach der Eiablage erscheint das Ei ziemlich hyalin, und
die glänzenden Hüllen liegen dem Ei fest an. Dieses Aussehen bleibt
solange gewahrt, bis die Furchungskerne von innen heraus in das
Keimhautblastem wandern. Sobald sich nämlich ein Blastoderm an-
legt, wird das Ei weißlich und damit weniger durchsichtig. Zugleich
oz
240 Theodor Saling,
erhärtet die äußere Secretschicht an der Luft und setzt einer weiteren
Beobachtung der äußerlich erkennbaren Veränderungen große Schwie-
rigkeiten entgegen. Inzwischen legt sich auf der Ventralseite des
Eies der Keimstreif an, der das Ei allmählich umwächst, wie ich es
weiter unten schildern werde. Etwa am 6. Tage bemerkt man, wie
an den beiden Eipolen hyaline Stellen auftreten, welches Phänomen,
wie wir später sehen werden, damit zusammenhängt daß eine starke
Kontraktion der ganzen Embryonalanlage vor sich geht. Von diesem
Zeitpunkt an bis zum Ausschlüpfen der Larven lassen sich keine
auffallenden Veränderungen mehr wahrnehmen, da die Secretschicht
zu fest und undurchsichtig ist.
Wie ich schon oben erwähnte, werden am 9.—10. Tage der
Embryonalentwicklung die Eihüllen gesprengt, und die kleine Larve,
der sog. »Mehlwurm«, schlüpft aus. Er ist schneeweiß gefärbt,
da die Chitinbedeckung des Körpers noch äußerst zart ist. Erst nach
Verlauf von etwa 2 Tagen nimmt das Chitin eine gelbliche Färbung
an, durch welche auch die älteren Tenebrio-Larven gekennzeichnet
sind. Beim Ausschlüpfen der Larve ist sehr auffallend, daß sie etwa
doppelt so lang ist als der Längsdurchmesser des eben verlassenen
Fies, ein Umstand, der wohl auf eine energische Luftaufnahme sei-
tens der Tracheen zurückzuführen ist.
Der Mehlwurm gliedert sich in Caput, drei Thoracal- und neun
Abdominalsegmente. Der Kopf trägt ein Paar Antennen, gut aus-
gebildete, kauende Mundwerkzeuge, sowie an der Basis der Fühler
ein größeres und ein kleineres Augenpaar. Die Thoraxsegmente
besitzen je ein Beinpaar und je ein Stigmenpaar, wenn auch die
Stigmen des Meso- und Metathorax rudimentär ausgebildet sind. Auch
selang es mir, zwei Larven mit Flügelstummeln zu beobachten, wie
sie Heymons (4) als Beispiel vorzeitiger Flügelanlage aufgeführt hat.
Das letzte Abdominalsegment läuft in zwei feine Chitinspitzen aus,
während die acht vorderen Segmente je ein Stigmenpaar auf-
weisen.
Der Mehlwurm hat vier Häutungen durchzumachen, bevor er in
das Puppenstadium eintritt. Ende März haben die Larven ihre defi-
nitive Größe erreicht. Die Nahrungsaufnahme wird eingestellt, und
die Tiere werden auffallend träge, legen sich auch meist auf die
Seite oder den Rücken. Gleichzeitig schrumpfen sie in der Länge
um ein Erhebliches zusammen, und bald gewahrt man, daß die 8
Chitinbedeckung dem Tiere nicht mehr fest anliegt und eintrocknet.
Im April platzt dann die Dorsalseite der larvalen Thoracalsegmente
Zur Kenntnis der Entwickl. der Keimdrüsen von Tenebrio molitor L. 241
in der Medianlinie auf, und die anfangs weißlich gefärbte Puppe
tritt zutage, die erheblich kürzer, aber breiter ist als der Mehlwurm.
Mit der Larvenhülle werden auch die Haupttracheenstämme abge-
worfen, die den Larvenkörper an den Seiten der ganzen Länge nach
durchziehen.
An der Puppe kann man ebenfalls Kopf, drei Thorax- und neun
Abdominalsegmente unterscheiden. Die Chitinbedeekung ist wesent-
lich zarter als die der Larven; nur in den Pleuren der Abdominal-
segmente zieht sich das Chitin der Puppe in kurze, flügelartige, mit
kleinen Zähnchen versehene Fortsätze aus, die stärker chitinös sind.
Sie werden am vorletzten Segment rudimentär und verschwinden am
letzten Abdominalsegment gänzlich, das dafür aber zwei terminale
feine Chitinspitzen trägt.
Mit zunehmendem Alter färbt sich die Puppe hellbräunlich, und
die Anhänge von Kopf und Thorax des zukünftigen Käfers schim-
mern immer deutlicher durch die Puppenhülle hindurch. Besonders
bräunen sich Caput und Prothorax, die Antennen, Mundwerkzeuge
und Beine, während die Facettenaugen ganz schwarze Färbung an-
nehmen.
An der Puppe von Tenebrio molitor läßt sich das Geschlecht
der zukünftigen Imago schon im voraus bestimmen, ein Umstand,
der die Trennung ZT und © Individuen schon vor der Geburt ge-
stattet, und dadurch besonders wertvoll wird, daß man Beobachtungen
an unbefruchteten Käfereiern anstellen kann. Auf diese Verhältnisse
bin ich schon in einer früheren Mitteilung eingegangen. Das Unter-
scheidungsmerkmal besteht darin, daß auf der Ventralseite des letzten
Abdominalsegments ein Paar kleiner kuppenförmiger Hervorwölbungen
liegt, die beim © von ihrer Insertionsstelle aus nach den Seiten zu
divergieren, während sie beim g' parallel und median verlaufen und
der Länge nach fest aneinander liegen.
Am Ende des Puppenstadiums sieht man die Puppe, die ge-
wöhnlich auf dem Rücken liegt, sich durch contraetorische Bewe-
sungen innerhalb der sich lockernden und eintrocknenden Hülle auf
einen kleinen Raum zusammenschieben. Wird der hierdurch seitens
der Imago auf die Puppenhülle ausgeübte Druck hinreichend stark,
so reißt sie in einem bereits vorgebildeten Längsriß in der Median-
linie des Halsschildes auf, und durch weitere Körperkontraktion, so-
wie unter kräftiger Mitwirkung der Beine und Mundwerkzeuge wird
dann die immer weiter aufplatzende Hülle über Halsschild und
242 Theodor Saling,
Kopf zurückgezogen und schließlich von den Beinen über das ganze
Abdomen hinabgestreift.
Die eben ausgeschlüpfte Imago ist bis auf die bräunlich gefärbten
Extremitäten, Halsschild und Kopf von weißlichem Aussehen und
liegt, von der sichtlich gewaltigen Anstrengung des Ausschlüpfens
völlig ermattet, mit den Flügeldecken am Boden. Erst nach Stunden
selingt es dem Käfer, sich umzukehren und auf seine Beine zu stellen.
Der Chitinpanzer färbt sich erst bräunlich, dann immer dunkler, bis
er schließlich ganz schwarz erscheint. Nach 2—3 wöchentlicher Ent-
wicklung erfolgt die Begattung und Ende Mai beginnt gewöhnlich
die Eiablage.
Ich muß schließlich nochmals betonen, daß die hier angegebenen
Termine bezüglich des Ausschlüpfens von Larve, Puppe, Imago, so-
wie der Begattung, Eiablage und Eientwicklung nur dann zutreffend
sind, wenn die Kulturen während des ganzen Jahres unter den natür-
lichen Temperaturverhältnissen belassen werden. Werden dagegen
die Zuchtkästen immer warm gehalten, so trifft man selbst im Winter
Imagines an.
2, Untersuchungstechnik,
Die Annehmlichkeit der einfachen Beschaffung von Untersuchungs-
material wird leider aufgewogen durch die großen technischen
Schwierigkeiten bei der Bearbeitung. Wie überhaupt bei den Insekten,
so sind es auch ganz besonders hier der mächtige Eidotter und das
überaus spröde Chitin, die äußerst hinderlich wirken.
Wie schon erwähnt, ließ ich die Eier an einem wolligen Stoffe
ablegen, mit dem sie durch ein an der Luft erhärtendes Secret der-
art verklebt wurden, daß eine Loslösung junger Eier intra vitam
ausgeschlossen ist, denn schon bei der leisesten Berührung der das
Ei umspinnenden Wollfasern zerfließt dasselbe, und so wurde es nötig
die Eier mit den Stoffstückehen zu konservieren. Erst nach genü-
sender Härtung in starkem Alkohol kann die Lospräparierung der
Eier gefahrlos unternommen werden. Im Laufe der Entwicklung
erhärten die Eihüllen so bedeutend, daß selbst siedende Fixierungs-
semische nicht rasch genug eindringen. Nach den Untersuchungen
von SELYS-LONGCHAMPS ist diese Verhärtung zurückzuführen auf
eine allmähliche Absonderung von Chitin seitens der Serosa. In-
folgedessen stellen sich bei nicht genügender Vorsicht die ver-
schiedenartigsten Deformationen des Eies ein. Eine Entfernung der
Zur Kenntnis der Entwick]. der Keimdrüsen von T’enebrio molitor L. 243
Eihäute mittels Nadeln oder macerierender Flüssigkeiten wollte ich
vermeiden, um jede ungünstige Beeinflussung der Eioberfläche auszu-
schließen.
Nachfolgend die Methoden, von denen mir besonders die erste
gute Resultate lieferte. - Alle Konservierungsmittel wurden heiß
angewendet:
1) Sublimat, konzentriert in Aqua dest. 56 cem
Eikahol 900 / Hear: An 40 »
Acidum nitrieum, konzentriert . . . . au 5
Dieses siedende Gemisch ließ ich etwa 2 Minuten einwirken, worauf
die Eier sofort in 90%, bzw. 96°/, Alkohol übertragen wurden.
(Sechwächerer Alkohol ruft Quellungserscheinungen hervor!) Die Sal-
petersäure wirkt erweichend auf Eihäute und Dotter. Nachbehand-
lung wie bei allen Sublimatgemischen.
Neben dieser Methode, die für alle Studien gute Resultate lie-
ferte, benutzte ich noch viele andre, von denen ich nur noch zwei
hervorheben will.
2) Enemol konzentriert .. . .... ...". 1 Teil
u 3 LESE RE > Teile.
Nach etwa 3 Minuten langer Einwirkung der siedenden Flüssigkeit
‚Überführung der Eier in 40 0/,, später höher gradierten Alkohol.
Dotter bleibt geschmeidig.
3) Osmiumgemische, wie FLEeumıngsche oder HEerMmAnNsche Lö-
sung, in geschlossenem Reagenzglase bis auf 80°C. erhitzt, fixieren
gut, haben aber den Nachteil, daß sie den Dotter schwärzen, wo-
durch darin liegende Plasmateile schwer erkennbar werden. Jeden-
falls ist nachfolgendes Bleichen (P. Mavzrs Methode) unerläßlich.
Ein Zusatz von Natriumjodat zum Fixierungsgemisch wirkt der
Schwärzung bedeutend entgegen.
Der großen Sprödigkeit des Dotters wegen erfolgte die Ein-
bettung der Eier in Horrmanns Nelkenölkollodium (vgl. Zeitschr.
Wiss. Mikr. XV. Bd. 1899, S. 314ff.). Diese Methode gestattet eine
genaue Orientierung des Objektes und lückenlose Schnittserien von
Du Dicke. Die Eier wurden jedoch nicht bloß 5 Minuten, sondern
1 Stunde im Paraffın belassen, wodurch meines Erachtens eine größere
Schneidbarkeit des Dotters erzielt wird. Die Schnitte wurden mit
Wasser aufgeklebt.
Gefärbt wurden die Eier in toto, zumeist mit Mavers Hämalaun,
das bei richtiger Behandlung sehr prägnant tingiert und besonders
244 Theodor Saling,
deshalb vorteilhaft ist, weil es nur das embryonale Gewebe an-
greift, nicht aber Fett und Dotter, so daß man prächtige Über-
sichtsbilder erhält, wenn man eine Schnittfärbung mit Orange G
(GRÜBLER) folgen läßt. In 2°/,igem Alaunwasser wurde Orange G
bis zur Sättigung gelöst, und dann wurden 8 ccm dieser Stamm-
lösung mit 50 cem zweiprozentiger Alaunlösung verdünnt. Diese
verdünnte Orangealaunlösung tingiert stärker als eine rein wässrige
Orangelösung und verläßt beim Auswaschen auch nicht so rasch die
Gewebe.
Bezüglich der postembryonalen Entwicklung ergaben sich noch
srößere Schwierigkeiten, indem die besonders bei den Larven stark
entwickelte Chitinbedeckung das Mikrotomieren unmöglich machte.
Nach zahlreichen Versuchen erwies sich folgende Methode als die
brauchbarste:
Die Mehlwürmer wurden lebend in ein Reagenzröhrehen mit
siedender, frisch zubereiteter Eau de Labarraque geworfen und darin
je nach Größe verschieden lange Zeit regelrecht gekocht. Das
Natriumhypochlorit kann auf diese Weise nur von außen wirken,
während das Innere durch die Hitze fixiert wird. Vom Chitin, das
immer heller und zarter wird, sieht man lebhaft Blasen aufsteigen,
und man kann das Kochen längere Zeit fortsetzen [— bei ausge-
wachsenen Mehlwürmern etwa 5 Minuten —), nur darf der richtige
Moment des Unterbrechens dieser Operation nicht verpaßt werden,
sonst dringt die Macerationsflüssigkeit in das Körperinnere ein. Bei
sachgemäßer Anwendung dieses Mittels bleibt nicht nur die natür-
liche Lagerung aller Organe richtig gewahrt, sondern auch die histo-
logische Erhaltung ist eine gute, was man von vornherein nicht an-
zunehmen geneigt sein wird. Diese Methode, die ich schon öfters
mündlich empfohlen habe, hat sich — wie mir verschiedentlich mit-
seteilt wurde — auch bei andern Insekten und Arachnoiden bewährt.
Nach dem Entchitinisierungsproceß wird das Objekt gehörig gewäs-
sert, am besten in warmer Aqua destillata, um jede Spur von Eau
de Labarraque zu beseitigen; erst dann erfolgt die Überführung in
die verschiedenen Alkohole. Eingebettet wurde in Paraffin, mitunter
auch in dem schon erwähnten Nelkenölkollodium, gefärbt mit Häm-
alaun-Orange. |
In gleicher Weise wurden auch Puppen und junge Imagines be-
handelt, nur daß infolge des dünneren Chitins die Vorbehandlung
mit Eau de Labarraque meist nicht nötig wurde. Dann fand die
Fixierung einfach durch heißes Wasser statt oder durch mein Subli-
Zur Kenntnis der Entwickl. der Keimdrüsen von Tenebrio molitor L. 245
mat-Alkohol-Salpetersäuregemisch, in dem natürlich ein längeres
Verweilen erforderlich war als bei den Eiern.
Den Larven, Puppen und Käfern entnommene Genitaldrüsen
wurden kalt fixiert in Fremuissscher Lösung oder Sublimat-Alkohol-
Eisessig.
Historisches.
Überbliekt man die Literatur der letzten Jahre hinsichtlich der
Entwicklung der Keimdrüsen bei den Insekten, so kann man sich
nicht verhehlen, daß ein seltsamer Stillstand in diesen Untersuchungen
eingetreten ist, obwohl die Frage nach der Herkunft der Keimzellen
durch die Arbeiten von METSCHNIKOFF, WEISMANN, RITTER, BALBIANTI,
HEYMONS, GRABER u. a. m. akut geworden war. Abgesehen davon,
dab besonders eingehend nur Orthopteren, Dermapteren und Dipteren
behandelt worden waren, so wurde doch auch hier der Ursprung
der Geschlechtszellen noch keineswegs sichergestellt. Bei den Di-
pteren ist zwar die Entstehung der Genitalzellen aus den Polzellen
immer behauptet worden, aber korrekt nachgewiesen ist sie noch
nicht. Auch Noack und ESCHERICH, die sich in neuerer Zeit mit
dieser interessanten Frage befaßten, konnten ihre Lösung nicht her-
beiführen. Was die primitiveren Orthopteren anbelangt, so sind hier
allerdings die Verhältnisse klargelegt worden durch die trefflichen
Untersuchungen von HEyımons (2). Wir werden hier belehrt, wie un-
gemein variabel die Entwicklung der Keimdrüsen schon bei nahe
verwandten Formen ist, und wir lernen verstehen, um wieviel leichter
es möglich war, daß die einzelnen Forscher beim Studium verschie-
dener Insektengruppen zu so abweichenden Resultaten gelangen
konnten. Während die meisten den mesodermalen Charakter der
Geschlechtszellen verfochten, wurde anderseits ihre Herkunft vom
Eetoderm (Woopworrn) behauptet, ja bei den Dipteren sollten sie
sogar vor Ausbildung eines Blastoderms in Gestalt der bekannten
Polzellen vorhanden sein. Schließlich wurde noch eine entodermale
Entstehung der Keimzellen vertreten, ja selbst ihr Ursprung aus
Dotterzellen angenommen, eine Auffassung, die CÜHOLODKOWSKY mit
großem Eifer verteidigte, die sich aber wohl als unrichtig erweisen
dürfte, da sie zu allen andern Befunden im Widerspruch steht.
Als dann BovERrI zeigte, daß man bei Ascarıs schon im Zwei-
zellenstadium der Eier eine Soma- von einer Genitalzelle scharf unter-
scheiden könne, suchte man auch bezüglich der Arthropoden, ins-
besondere der Hexapoden, den Nachweis zu erbringen, dab die
246 Theodor Saling,
Keimzellen Zellen sui generis wären und sich schon früh von den
Somazellen trennten. Die Verhältnisse bei den Dipteren schienen
den besten Fingerzeig zu geben.
Bei Moina rectirostris ist es nun GROBBEN tatsächlich gelungen,
die Genitalanlage auf eine einzige Zelle zurzeit eines frühen Fur-
chungsstadiums zurückzuführen.
Ebenso konnte BrAuvEr (1) bei den Arachnoiden die Genital-
anlage auf einige wenige Zellen zurückleiten, die sich deutlich von
dem übrigen Zellmaterial unterschieden.
Desgleichen hat Heymons (2) bei einem Insekt, Forficula, eine
frühzeitige Sonderung der Geschlechtszellen beobachtet. Der Um-
stand nun, daß sich bei den nächsten Verwandten dieses Tieres die
Keimzellen erst viel später erkennen lassen, nachdem das Mesoderm
schon ausgebildet, führt Heymoxs zu dem Schluß, daß deshalb
keineswegs die Keimzellen mesodermatischen Ursprungs sein müßten,
sondern »die tatsächliche Trennung zwischen somatischen und Ge-
schlechtszellen in Wirklichkeit doch schon sehr viel früher durch-
geführt ist. Hier werden eben mit dem Fortschreiten der Ausbildung
des Körpers und der Differenzierung seiner Gewebe die Aufgaben
der Fortpflanzung bald früher bald später im Laufe der Entwicklung
auf bestimmte Zellen übertragen. Je nachdem die Geschlechtszellen
etwas früher oder später zur Differenzierung gelangen, gehören sie
scheinbar dieser oder jener Schicht des Embryo an«. Und an andrer
Stelle sagt Verfasser, daß bei den meisten übrigen Insekten die
Differenzierung der Keimzellen erst nach Anlage der Cölomsäckehen
in den Ursegmentwandungen stattzufinden scheine.
Wenn Heymons durch diese Auffassung die Sachlage geklärt
und die unüberbrückbar erschienenen Gegensätze der einzelnen Au-
toren verständlich gemacht hat, so nimmt es dann nicht weiter wunder,
wenn auch heute noch in den einzelnen Arbeiten einander entgegen-
stehende Resultate gezeitigt werden. Es kann schon sein, daß jeder
einzelne Autor für sein Spezialobjekt seine Befunde aufrecht erhalten
kann. Nur müßten recht viele einschlägige- Spezialuntersuchungen
angestellt werden, damit ein Überblick geschaffen würde und nach-
sewiesen werden könnte, welche Verhältnisse als die regulären,
welche als die modifizierten anzusehen wären.
Was nun die höheren Insekten und speziell die Coleopteren an-
belangt, so liegen weniger zahlreiche Untersuchungen vor. Da in
den Heymonsschen Schriften die damalige Literatur sehr eingehend
berücksichtigt worden ist, kann ich mich hier auf die neueren Arbeiten
Zur Kenntnis der Entwickl. der Keimdrüsen von Tenebrio molitor L. 247
beschränken und will nur kurz der Vollständigkeit halber auch frü-
herer Befunde Erwähnung tun, soweit sie von Coleopteren mitgeteilt
wurden.
Nach den Untersuchungen VoELTZROWws leiten sich bei Melo-
lontha die Genitalorgane von Mesodermverdiekungen der letzten
Segmenthöhle her und wandern schließlich auf die Dorsalseite in die
Nähe des Herzens. Sie wurden im frühesten Stadium als paarige,
birnförmige Anlagen erkannt.
Im selben Jahre veröffentlichte WHEELER seine Befunde an
Doryphora decemlineata. Auch er konnte die Keimdrüsen als paarige
Verdiekungen des Darmfaserblattes nachweisen.
Hiermit stimmt auch HEiıDEr überein, wie aus zwei Abbildungen
der letzten Tafel seiner Monographie über Hydrophrlus hervorgeht.
Im Anschluß an die eingehenden Untersuchungen an Steno-
bothrus hat auch GRABER (4) junge Embryonen von Lina, Melolontha
und Aydrophilus beobachtet und immer die Genitalanlage in Verbin-
dung mit dem visceralen Blatte gesehen.
Was die neuere Literatur betrifit, so liegt uns aus dem Jahre
1897 eine ausführliche Abhandlung von CARRIERE-BÜRGER vor über
die Entwicklung der Mauerbiene. Wie auch aus den zahlreichen
Figuren zu ersehen ist, sind bei Chalicodoma die Genitalzellen zuerst
sichtbar in den dorsalen Wandungen der Cölomsäcke des dritten bis
fünften Abdominalsegments. Indem Verfasser behaupten, daß sich
die Zellen der dorsalen Cölomwand direkt in die Keimzellen um-
wandeln, vertreten sie also eine mesodermale Herkunft derselben.
Später wandern die Genitalanlagen des dritten und vierten Segments
auch in das fünfte hinein und werden von einer mesodermalen Hülle
umschlossen. Desgleichen sind natürlich die Ausführungsgänge
mesodermal.
Heymons (5) untersuchte dann eine ganz primitive Insekten-
gruppe, die Thysanuren, und stellte bei Zepisma saccharına fest,
daß sich hier die Keimzellen schon früh vom Hinterende des Keim-
streifes abspalten, wahrscheinlich vom Eetoderm. Doch ist auch hier
bereits die Bildung des Mesoderms vor sich gegangen, von dem sich
die Keimzellen aber unterscheiden lassen. Die Genitalzellen wan-
dern aus dieser unpaaren Anlage nach vorn und dringen in die dor-
salen Wandungen der Ursegmente ein, woselbst sie sich auf jeder
Körperseite zu einem zusammenhängenden Strang formieren. Jeden-
falls erkennt man also auch hier, daß die Dorsalwandung der Cölom-
säcke zu den Keimzellen in naher Beziehung steht.
248 Theodor Saling,
Dies spricht sich auch in klarer Weise bei den Myriopoden aus,
wie aus HEymons neuester Arbeit (6) über die Scolopenderentwick-
lung hervorgeht. Die dorsalen Ursegmentabschnitte sind hier iden-
tisch mit den Genitalteilen. Im Zusammenhang mit den Cardio-
blasten rücken im Laufe der Entwicklung »die Gecnitalteile der
Ursegmente zur Dorsalseite des Körpers hinauf und stoßen dort in
der Medianlinie mit den Genitalteilen der andern Körperhälfte zu-
sammen, und es entsteht daher, ventral vom Herzen und diesem eng
anliegend eine doppelte gekammerte Röhre, welche der Genitalanlage
entspricht«. Vorläufig hat die Wandung des sogenannten »Genital-
cöloms« noch ganz epithelialen Charakter; doch bald wird es aus-
gefüllt mit Genitalzellen, die sich auf der Ventralseite aus dem epi-
thelialen Verbande lösen. Die Hauptmasse der Keimzellen aber
entsteht durch Zerfall der Dissepimente und der Medianlinie, in wel-
cher die beiden Genitaleölome zusammenstoßen.
In seinen Beiträgen zur Entwicklung von Bombyx morı zeigt
ToyamA, daß die Geschlechtszellen ihren Ursprung nehmen vom so-
matischen Mesoblast des dritten und sechsten Abdominalsegments,
häufig aber auch in den übrigen Abdominalsesmenten, ja mitunter
im Mesothorax erkennbar werden. Leider stand mir diese Arbeit
nicht zur Verfügung, so daß ich auch nicht die Figuren sehen konnte,
die diese eigentümlichen Verhältnisse illustrieren.
In neuester Zeit hat sich dann L&EcAILLON in verschiedenen Ar-
beiten mit der Entwicklung der Genitalorgane bei Myriopoden und
Insekten beschäftigt. In seinen Untersuchungen über die Ovarien
der Collembolen (4) beschreibt Verfasser die Genitalanlage als ein
Paar kleiner Schläuche, die auf der Ventralseite des Körpers liegen
und von einer mesodermalen Hüllschieht umgeben sind.
In der vorläufigen Mitteilung über die Ovarialanlage bei Polyxenaus
lagurus (5) sagt L&cAıLLon, daß die Genitalanlage sich paarig anlegt
und erst später einheitlich wird; Befunde, die sich also mit denen
von Heymons (6) deeken. |
Von besonderem Interesse wurden für mich jedoch die Angaben,
welche L&cAILLon (1—3) in den Jahren 1897/98 über die Entwick-
lung der Genitalorgane bei Chrysomeliden machte. Er ist meines
Wissens der einzige, der über Anlage und Entwicklung der Keim-
drüsen von Coleopteren ausgedehnte Untersuchungen vorgenommen
hat, und ich bin genötigt, auf seine Mitteilungen näher einzugehen,
weil er die Genitalanlage der Coleopteren bis zum Blastodermstadium
zurückverfolgen konnte, was bisher keinem andern Forscher gelungen
Zur Kenntnis der Entwickl. der Keimdrüsen von Tenebrio molitor L. 249
war. Bei Clytra laeviuscula hat LECAILLON im frühesten Stadium
die Genitalanlage als ein kompaktes Häufchen besonders färbbarer
Zellen gesehen, die in der Nähe des hinteren Eipoles lagern zu einer
Zeit, wo noch wenig Zellen in die Peripherie der hinteren Eiregion
eingerückt sind. Obwohl Verfasser die Herkunft dieser Zellen nicht
nachweisen konnte, glaubt er doch bestimmt, daß sie sich von ein-
zelnen, eventuell sogar einer einzigen Initialzelle herleiten. Sollte
sich diese Vermutung bestätigen, so könnte man auch hier von Pol-
zellen sprechen, aber auch ohnedies schön ist der Befund LECAILLONS
sehr bemerkenswert. Diese Genitalzellen verbleiben lange Zeit hin-
durch in latentem Zustande und sind nach ausgebildetem Blastoderm
zwischen diesem und dem Dotter am hinteren Eipol erkennbar. Die
diesbezüglichen Querschnitte des Autors zeigen eine große Ähnlich-
keit mit dem von Heyumons (2) auf Taf. I in Fig. 5 wiedergegebenen
Forficula-Ei. Man muß sich die Frage vorlegen: Sind die Chryso-
meliden hinsichtlich der Entstehung der Geschlechtsorgane auf dem
ursprünglichen Standpunkt der Dermapteren stehen geblieben, oder
seben sie völlig modifizierte, neu erworbene Verhältnisse wieder, wie
es bei den Dipteren der Fall ist? Mit Rücksicht darauf aber, daß
noch bei keiner andern Käfergruppe eine so frühzeitige Sonderung
der Genitalzellen wahrgenommen werden konnte, neige ich zu der
Ansicht, daß diese Erscheinung eine neu erworbene Eigentümlichkeit
der Chrysomeliden ist. Vielleicht erheischten hier irgendwelche
inneren Entwieklungsvorgänge, ähnlich wie es bei den Dipteren der
Fall sein soll, die eilige Trennung der Genital- von den Somazellen.
Doch vermögen hier nur eingehende neue Untersuchungen Klarheit
zu schaffen. Merkwürdig bleibt jedoch, daß L£EcAıLLon bei Agela-
stica almi dies frühe Auftreten der Keimzellen nicht beobachten konnte,
während er allerdings bei andern Chrysomeliden, wie Gastrophysa
raphani, Chrysomela menthastri, Lina populi und Lina tremulae die
gleichen Verhältnisse wie bei Olytra wahrgenommen hat.
Durch die nun erfolgende Anlage des Keimstreifes und seine
Versenkung unter die Embryonalhüllen wird die Genitalanlage an
das hintere Ende des Keimstreifes auf dessen Innenseite verdrängt
und rückt, wenn dieser sich nach der Rückenseite umbiegt, gleich-
falls an die Dorsalseite des Eies. Mittlerweile geht die Bildung der
Mesodermzellen vor sich, welche die Genitalanlage vom Eetoderm
trennen und auf den Dotter zuschieben. Die Keimzellen sind jetzt
schwierig vom Mesoderm zu unterscheiden und gruppieren sich, so-
bald die Verschmelzung der Cölomhöhlen erfolgt ist, in zwei cylin-
250. | Theodor Saling,
drischen Anlagen, deren jede von einer mesodermalen Zellscheide
umgeben ist. Wie Fig. 8 der Taf. IX illustriert, gelangen dann die
paarigen Genitalanlagen in die Dorsalregion des Cöloms, das von
mesenchymatischem Gewebe erfüllt ist. Bei 10 Tage alten Embryonen
haben sich die Anlagen der medianen Dorsalregion genähert und
unterliegen bis zum Auskriechen der Larve keinen weiteren Ver-
änderungen. Also auch hier wurde schließlich ein in Verbindung-
treten der Genitalzellen mit den dorsalen Teilen des Cöloms konstatiert.
Neuerdings hat SCHWANGART auch bei Endromis die Genital-
anlage kurz nach Beendigung der Blastodermbildung aufgefunden
zu einer Zeit, wo von einem Mesoderm noch nicht die Rede sein
kann. Bei der Mesodermbildung löst sich die Genitalanlage in ein-
zelne Zellgruppen auf und ist nach dem Einsenken ins Mesoderm
nur noch schwer von diesem zu unterscheiden. Die Genitälzellen
sollen nicht in die viscerale Cölomwandung eindringen.
Die Literaturbesprechung bezüglich der Entstehung der Genital-
organe hiermit abschließend, werde ich bei der Darstellung meiner
eignen Beobachtungen wieder darauf zurückkommen müssen.
Eigne Beobachtungen.
Besonders die zuletzt erwähnten Untersuchungen LECAILLONs
schienen mir darauf hinzudeuten, daß gerade die Coleopteren-Em-
bryonen ein günstiges Objekt für den Nachweis einer frühzeitigen
Sonderung der Genitalzellen sein würden und daß die negativen Re-
sultate früherer Arbeiten auf die damals unvollkommener ausgebil-
dete Technik zurückzuführen seien. Ich wählte als Untersuchungs-
objekt Tenebrio molitor, weil dieses Tier den großen Vorteil einer
leichten Beschaffung aller Entwicklungsstadien bietet und auch bis-
ber auf diese Verhältnisse hin noch nicht untersucht worden war. -
Obwohl ich jedoch eine große Zahl von Embryonen studierte
und die allerverschiedensten Methoden in reichster Abwechslung an-
sewendet habe — in meiner Untersuchungstechnik -sind nur deren
wenige aufgeführt — so war es mir keineswegs möglich, bei meinem
Objekt das Auftreten der Keimorgane bis in die frühesten Entwick-
lungsstadien hinein zu verfolgen. Mit absoluter Sicherheit konnte
ich vielmehr die Genitalanlage erst dann erkennen, wenn bereits das
Mesoderm der hinteren Keimstreifpartie sich in Ursegmente gesondert
hat. Allerdings habe ich schon zur Zeit, in der die Mesodermbildung
vor sich geht und die Amnionfalte sich erhebt, eine Zellengruppe
stark im Verdacht, daß sie die Genitalanlage darstellt, aber der un-
Zur Kenntnis der Entwickl. der Keimdrüsen von Tenebrio molitor L. 251
geheuren Ähnlichkeit halber mit dem anstoßenden Mesoderm möchte
ich mit einem bestimmten Urteil noch zurückhalten. Da meine Re-
sultate also mit denen LECAILLONS nicht übereinstimmen, sehe ich
mich genötigt, auch auf die allerersten Entwicklungsvorgänge näher
einzugehen, um zu demonstrieren, daß bei Temebrio molitor nicht
die gleichen Verhältnisse obwalten, wie bei den Chrysomeliden.
Jedenfalls kann hier nach den von mir erhaltenen Befunden von
einem Zurückverfolgen der Keimzellen bis ins Blastodermstadium
keine Rede sein.
1. Entwicklungsvorgänge bis zum Auftreten der Genitalzellen.
Die Embryonalentwicklung von Tenebrio molitor ist meines Wis-
sens noch nicht untersucht worden. CARRIERE hat die Absicht ge-
habt, ist aber leider durch den Tod dieser Arbeit entrissen worden.
Nur von HEnkinG (2) liegen Angaben bezüglich der Richtungskörper-
bildung vor.
Das frisch abgelegte Ei von Tenebrio molitor hat länglich-ovale
Gestalt, ist etwa 1'/; mm lang und halb so breit. Am Vorderende
ist es mehr zugespitzt, hinten dagegen breiter und meist ein wenig
eingebuchtet. Es lassen sich deutlich drei Eihüllen unterscheiden,
nämlich das dem Dotter eng anliegende Oolemma, ferner das darüber
liegende Chorion und schließlich eine äußere Secrethülle. Die Eier
sind meist etwas in der Längsachse gekrümmt, wie es auch bei
andern Insektenembryonen beobachtet worden ist, doch steht diese
Krümmung in keiner Beziehung zur späteren Anlage des Keimstreifes.
Meines Erachtens wurde vielmehr die Krümmung des Eies durch die
Art und Weise der jedesmaligen Befestigung am Wollstoff bedingt.
Das Ei selbst ist mit einer ungeheuren Menge Nährmaterials
erfüllt. Einmal sind es kleinere und größere Dotterschollen, die, in
dichter Zahl auf einen kleinen Raum zusammengepreßt, sich gegen-
seitig polygonal abplatten. Sowohl in der Peripherie als auch im
Centrum des Eies liegen feinere Dotterelemente, während in der
Zwischenzone gröbere Dotterschollen lagern. Ein Übergang in der
Größe findet jedoch nur ganz allmählich statt. Des weiteren sind
noch Fetttropfen im Ei enthalten, die bei der Konservierung mitunter
aus dem Ei heraustreten und als stark lichtbrechende Tropfen zwi-
schen Eiperipherie und Dotterhäutchen erkennbar werden.
Ringsum an der Peripherie gewahrt man eine äußerst feinkör-
nige Plasmazone, das bekannte Keimhautblastem (WEISMAnNN);
1?
von einem inneren Keimhautblastem konnte ich nichts bemerken.
252 Theodor Saling,
Doch auch das Innere des Eies wird von Plasma durchzogen, wenn
letzteres auch infolge der Mächtigkeit des dort angehäuften Nähr-
materials gezwungen ist, sich in sehr feinen Verästelungen zwischen
den Dotterpartikelehen hindurchzuziehen. Von der Existenz dieses
inneren reticulären Plasmas konnte ich mich an jungen normalen
Eiern überzeugen, besonders deutlich aber an unbefruchteten Eiern.
Das jüngste Entwicklungsstadium, das mir zur Verfügung stand,
ist bald nach der Eiablage fixiert und repräsentiert einen Moment,
kurz nachdem die Richtungskörperbildung erfolgt ist. Die Abschnü-
rung der Richtungskörper bei Tenebrio moltor ist bereits von
Henking (2) untersucht worden. Ich kann seine Befunde bestätigen.
Das in Frage stehende Ei ist nahezu median getroffen und als
Fig. 1 in der Weise dargestellt, daß zwei nebeneinander liegende
Schnitte in der Zeiehnung kombiniert wurden. Fast genau in der
Mitte der Längsseite des Eies sieht man, wie sich die Peripherie in
sanftem Bogen gegen das Eiinnere einsenkt, und wie in dieser Ein-
buchtung, durch einen deutlichen Zwischenraum von der Eioberfläche
getrennt, ein discusförmiges Richtungskörperchen r% gelagert ist, das
aber in seiner hinteren Partie mit dem Ei zusammenhängt. In dem
Richtungskörper liegt eine Vacuole, über und neben welcher sieben
schwarze Chromatinpunkte sichtbar sind. Wir haben es hier offen-
bar mit dem ersten Richtungskörper zu tun. An der Einbuchtungs-
stelle befindet sich im Ei eine große Plasmaansammlung, und in ihr
ein relativ großer Kern, der von einem helleren Plasmahof umgeben
wird. Dieser Kern spk zeigt in seinem Inneren deutliche Chromatin-
schleifen und scheint, da Spuren von einem zweiten Richtungskörper
nicht vorhanden sind, mit dem von HENKInG aufgefundenen Spalt-
kern identisch zu sein, aus dem also durch erneute Teilung der
zweite Richtungskörper und der © Vorkern hervorgehen. Mit diesem
Plasmahofe des Spaltkerns in Verbindung erscheint nach dem Ei-
innern zu eine zweite Plasmaansammlung, in der ein Samenfaden sp
liegt, der offenbar später mit dem © Pronucleus verschmilzt. Ich
konnte anderweitig im Ei noch mehrere Samenfäden wahrnehmen;
da aber das Ei ein durchaus normales Aussehen hat, bin auch ich
der Meinung, daß diese Polyspermie in keiner Weise einen schädi-
genden Einfluß ausübt. Die von HEIDER ausgesprochene Vermutung,
daß die Verschmelzung des g° und © Pronueleus in der Nähe des
Richtungskörpers stattfände, dürfte sich also für mein Objekt als zu-
treffend erweisen.
Sobald nun der erste Furehungskern gebildet ist, rückt dieser
Zur Kenntnis der Entwickl. der Keimdrüsen von Tenebrio molitor L. 253
in das Eicentrum, denn bald erfolgen hier mitotische Kernteilungen,
und die einzelnen Furchungskerne rücken, von einer größeren Plasma-
insel umgeben, gleichmäßig gegen die Eiperipherie vor. Die Plasma-
inseln besitzen ausgedehnte, amöboide Fortsätze, vermöge deren ein-
mal ein leichteres Durchqueren des Dotters ermöglicht und anderseits
ein innigerer Öonnex mit der Nährsubstanz erzielt wird. Die Teilung
der Furchungskerne ist eine indirekte und geschieht gleichzeitig, so
‘ daß man im Ei entweder nur in Teilung begriffene oder nur ruhende
Furchungskerne antrifft. Ich konnte mich davon überzeugen, daß der
Eintritt der Furchungskerne in die Peripherie an den Eipolen etwas
später erfolgt als in der Eimitte. Betrachtet man solch ein junges
Blastodermstadium auf einem Querschnitt, so zeigen sich noch große
Lücken zwischen den in die Peripherie eingetretenen Furchungs-
kernen, welche nach Besitzergreifung des im Keimhautblastem vor-
sefundenen Plasmas sich nach außen hin zellenartig abgrenzen, wäh-
rend gegen den Dotter die Pseudopodien noch ausgestreckt bleiben.
Nachdem jedoch auch diese eingezogen, findet eine äußerst lebhafte
gleichzeitige Teilung in tangentialer Richtung statt, wodurch sich die
erwähnten Lücken mit Zellenmaterial ausfüllen, so daß schließlich
eine kontinuierliche Zellenschicht den Eidotter rings umgrenzt, wo-
mit das Blastodermstadium erreicht wird.
Auf der Wanderung der Furchungskerne in die Peripherie bleibt
eine große Menge von Kernen im Dotter zurück, welche das reti-
culäre Plasma des Dotters in amöboider Strahlung um sich formieren
und zu Dotterzellen werden. Anfangs den Blastodermzellen noch
ähnelnd, verraten sie jedoch bald ihre andre Natur, indem sich be-
sonders die Kerne erheblich vergrößern. Ferner ist noch für die
Dotterzellen typisch das durch Auseinanderweichen des Chromatins
an die Kernmembran hervorgerufene vacuolenhafte Aussehen der
Kerne, dann auch die amöboide Gestalt der Zellen, welche der assi-
milierenden Tätigkeit entspricht, und schließlich die stets direkt
erfolgende Zellteilung, die schon auf einen degenerativen Charakter
hinweist. Von früheren Beobachtern (Hrymons, LECAILLON u. a.)
ist schon eingehend über diese Dotterzellen berichtet worden, so dab
ieh mich nicht weiter darauf einzulassen brauche, zumal ich weder
Neues noch Abweichendes für mein Objekt beifügen kann.
Das Blastodermstadium ist nach Ablauf des ersten Entwicklungs-
tages erreicht. Die Blastodermzellen sind kubisch und anfänglich in
der ganzen Runde von gleichem Aussehen. Ich muß im Gegen-
satz zu L&cAıLLons Befunden an Chrysomeliden ausdrück-
Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXV1. Bd. } 17
354 Theodor Saling,
lich betonen, daß bei Tenebrio mohtor zu dieser Zeit noch
keine Spur von Genitalzellen sichtbar ist.
Bei der Weiterentwicklung verändert sich das Blastoderm in der
Weise, daß sich das Epithel auf der späteren Dorsalseite des Embryo
zu einem Plattenepithel umgestaltet, während es auf der Ventralseite
kubisch bleibt, sich aber von dort aus nach den Seiten hin zu einem
Cylinderepithel entwickelt. Von diesen lateralen Partien aus, den
sogenannten »Seitenplatten« (Hıymoxs), findet eine lebhafte Zeil-
-einwanderung in den Dotter statt. Dieses Stadium zeigt eine große
Ähnlichkeit mit dem von Hxkymons (2) auf Taf. I in Fig. 4 abge-
bildeten Forficula-Ei. Auch ich stellte fest, daß die auswandernden
Zellenelemente einen durchaus degenerativen Charakter trugen, indem
der Kern aus der Mitte des Zellkörpers in die Peripherie rückte und
‚dort seiner Auflösung entgegenschritt. Zuerst ballt sich das Chro-
matin zu intensiv schwarzen Körnern zusammen, dann treten Vacuolen
in der Zelle auf, die schließlich platzen und dadurch der Zelle ein
halbmondförmiges Aussehen verleihen. Jeder Kontur eines Kernes
verschwindet, und die Zelle geht bald einem völligen Zerfall ent-
segen. Wir haben es also bei dieser ersten Zellenimmigration mit
Paracyten zu tun. Doch fällt ihr massenhaftes Auftreten erst in
eine spätere Zeit, wenn die Mesodermbildung vor sich geht.
Die Seitenplatten nehmen nun durch Zellvermehrung eine größere
Mächtigkeit an und rücken gegen den hinteren Eipol hin ventralwärts
näher zusammen, wodurch der Anstoß zur Keimstreifbildung ge-
seben wird. Die einzelnen Entwicklungsvorgänge spielen sich nun
rasch hinter- und nebeneinander ab. Sobald die Seitenplatten auf
der Ventralseite hinten zusammentreffen, setzt in der Mittellinie eine
äußerst energische Zellvermehrung ein, die von hinten nach vorn
fortschreitet. Von dieser Mittellinie aus ist die Zelleneinwanderung
ins Eiinnere so intensiv, daß es zu einer Rinnenbildung kommt. Die
Einbuchtung ist besonders auf Querschnitten dureh die hintere Ei-
region (Fig. 2) deutlich wahrzunehmen, während die Rinne nach vorn
zu viel flacher wird, um ganz vorn in das unverändert gebliebene
kubische Epithel des Blastoderms überzugehen.
Betrachtet man um diese Zeit ein Ei in der Aufsicht, so erkennt
man die ersten Spuren eines Keimstreifs. Umstehende Textfigur 1
illustriert, wie etwas hinter der Mitte der Ventralseite eine länglich
ovale Bildung entsteht, die sich durch ihre weißlichere Färbung deut-
lich von dem übrigen Ei abhebt. Vom hinteren Pol dieser Ellipse
beginnend erstreckt sich in der Richtung des größten Längsdurch-
Zur Kenntnis der Entwickl. der Keimdrüsen von Tenebrio molitor L. 255
messers ein dunkler, schmaler Streifen, der hinten am mächtigsten
ist, nach vorn sich aber allmählich verliert. Dieser Streif repräsen-
tiert die Rinnenbildung, also die Stelle, an der die größte Zellenein-
wanderuug stattfindet. Diese einwandernden Elemente sind als
Mesodermzellen anzusprechen. Sie unterscheiden sich im äußeren
Aussehen in keiner Beziehung von den Ecto-
dermzellen des Keimstreifs, aus denen sie et
hervorgewuchert sind. Die Größe der Kerne \
und die Chromatinverteilung in ihnen ist
genau die gleiche wie beim Ectoderm. Nur \
vermißt man beim jungen Mesoderm eine |
epitheliale Anordnung der Zellen.
Mit dieser Mesodermabspaltung geht
gleichzeitig ein andrer Prozeß Hand in Hand,
das ist die Versenkung des Keimstreifs unter
die Embryonalhüllen. Bisher hatte die
sanze Embryonalanlage dem Oolemma dicht
angelegen; die drei Eihäute waren der ein- : ;
zige Schutz für den Embryo gewesen. Am a h
Hinterende des Keimstreifs macht sich nun Textfig. 1.
eine Einstülpung bemerkbar, die immer tiefer
wird und sich parallel der Blastodermumkleidung nach hinten wendet.
Hierdurch kommt es zur Bildung der sogenannten »Amnionfalte«,
welche die hintere Keimstreifpartie aus ihrer superficiellen Lage in
den Dotter hineindränst. Kurze Zeit darauf erfolgt dann auch die
Erhebung der Amnionfalte zu den Seiten und am Vorderende des
Embryo. Diese anale, orale und iateralen Amnionfalten wachsen
immer mehr aufeinander zu, bis sie schließlich verschmelzen und da-
durch den Keimstreif vollkommen überbrücken. Es ist hierdurch zur
Bildung der Serosa und des Amnions gekommen. Zwischen Amnion
und Keimstreif liegt die Amnionhöhle, die anfangs noch geräumig
ist, später aber dadurch sehr verengt wird, daß sich das Amnion
dem Keimstreifen dicht anlagert. Die Serosa stellt ein in sich zu-
rücklaufendes Plattenepithel dar.
| Die Fig. 3 meiner ersten Tafel veranschaulicht die Erhebung der
Amnionfalte am Hinterende des Keimstreifs auf einem Sagittalschnitt.
Ich weise deshalb besonders auf diesen Schnitt hin, weil man hier
aus der sich einstülpenden Eetodermpartie eine Zellengruppe gx aus-
treten sieht, die ich für die Genitalzellen halten möchte. Es
liegt mir fern, dies mit Sicherheit behaupten zu wollen, denn die
15
4 ı :
\
we 7:
Im 72
|
256 Theodor Saling,
Erkennung der Keimzellen in diesen frühen Entwicklungsstadien ist
außerordentlich schwierig. Das Hauptkriterium für die Genitalzellen
in späterer Zeit ist die Kernstruktur, die Anordnung des Chromatins
im Nucleus, wodurch sie sich später jederzeit von Körperzellen unter-
scheiden lassen. Dieses Erkennungsmerkmal ist aber in so früher
Zeit, wo die erwähnte Zellgruppe sichtbar wird, noch nicht gegeben.
Die Kernstrukturen der Eetodermzellen, des Mesoderms und der Zell-
gruppe 9x sind so übereinstimmende, daß auf dieses Kriterium hin
die Isolierung der Zellgruppe von den übrigen Zellen sehr gewagt
erscheinen muß. Was mich aber dennoch auf die Vermutung brachte,
in der Zellgruppe 9x. Genitalzellen vor mir zu haben, war besonders
die auffallend blassere Färbung derselben, ein Merkmal, das die
Keimzellen auch immer in späteren Perioden darbieten. Auch schien
es mir, als ob die Kerne in größerem Abstande voneinander gelagert
seien als es bei den übrigen Zellen der Fall ist, was auch späterhin
für die Genitalzellen immer zutrifft.
Auf einem etwas späteren Stadium (Fig. 4) habe ich dann auf
einem Sagittalschnitte die gleiche Zellengruppe wiedergefunden. »ie
ist hier schon etwas weiter aus dem Ectoderm herausgerückt, hat
sich abgerundet und erscheint dadurch als ein in sich schon mehr
abgeschlossenes Zellenhäufchen.
Beim Vergleiche der Fig. 3 und 4 ist zu beachten, daß sie
in entgegengesetzter Lage gezeichnet wurden. Es würde demnach
erst das Spiegelbild der einen Figur der andern völlig entsprechen.
In den Fig. 3 und 4 bieten die Dotterzellen interessante Ver-
hältnisse dar. Sie liegen nämlich in großer Zahl und in fast gleich-
mäßigem Abstande in unmittelbarster Nähe des Keimstreifens und
führen diesem den verflüssigten Dotter zu. Ich habe unter dz solche
Zellen abgebildet. Ihr Kern ist sehr groß und blaß; das Chromatin
hat sich ausschließlich an der Kernmembran in dunklen Körnern
angesammelt, wodurch der Kontur des Nucleus scharf hervorgehoben
wird. Beim ersten Blick könnte man auf die Vermutung kommen,
daß diese Dotterzellen zugleich mit dem Mesoderm aus dem Eetoderm
hervorgewuchert seien, doch steht dieser Auffassung der fortge-
schrittene Entwicklungszustand der Dotterzellen entgegen. Junge
Dotterzellen besitzen einen viel kleineren, bedeutend lebhafter ge-
färbten Nucleus. Wohl sieht man Zellen vom Keimstreif sich lösen,
die bald Regenerationserscheinungen aufweisen, doch sind dies die
schon besprochenen Paracyten.
(Juerschnitte sind zur Erkennung der vermutlichen Genitalzeller-
Zur Kenntnis der Entwickl. der Keimdrüsen von Tenebrio molitor L. 257
gruppe noch ungünstiger. Das in Figur 5 abgebildete Stadium ent-
spricht dem Längsschnitt Fig. 4 und ist durch die Zellgruppe 9x
geführt. Man sieht dieselbe scheinbar isoliert im Dotter liegen, da
sie von der hinteren Blastodermeinstülpung, die zur Bildung des
Amnions führt, am weitesten in den Dotter vorgeschoben ist. Be-
sondere Eigentümlichkeiten bieten auch jetzt die einzelnen Zellen
noch nicht. Ich möchte diese geringe Differenzierung darauf zurück-
führen, daß die Genitalzellen, ebenso wie die jungen Mesodermzellen,
zu dieser Zeit mit Nährstoffen überladen sind und dadurch ein gleich-
artiges Aussehen gewinnen. Figur 5 demonstriert, wie Paracyten
und Dotterzellen einen förmlichen Kranz um die Zellgruppe gx bilden
und ihr in intensiver Weise Nährmaterial zuführen. Erst wenn die
Zellen diese Nährsubstanz verarbeitet und dadurch die Möglichkeit
zur weiteren Entwicklung und Differenzierung gewonnen haben, tritt
der eigentliche Grundcharakter der einzelnen Zellenelemente wirk-
lich hervor. |
Ebenso wie es von andern Käferembryonen beschrieben worden
ist, beginnt nun ein starkes Längenwachstum. Es wächst das Hinter-
ende des Keimstreifs, immer parallel der Serosa, am hinteren Eipol
vorüber und schlägt sich allmählich nach der Dorsalseite des Eies
um. Dadurch wird das Hinterende vollkommen immers, während
Vorderende und Mitte des Embryo vorläufig noch ihre superficielle
Lage beibehalten. Bei Beginn dieser Umwachsung lassen sich am
Keimstreif die ersten Spuren einer Segmentierung wahrnehmen. Das
Eetoderm buchtet sich in regelmäßigen Intervallen ein, und bald
folgt auch das Mesoderm diesem Vorgange, indem sich aus der regel-
losen Mesodermmasse in segmentaler Folge Partien sondern und sich
zu anfangs soliden Zellgruppen abrunden. Dieser ganze Segmentie-
rungsprozeß schreitet vom Vorderende des Embryo nach hinten fort.
Mir standen mehrere Stadien zur Verfügung, die den Beginn der
Segmentierung an lückenlosen Sagittalschnitten auf das deutlichste
zeigen. Gleichwohl ist es mir aber eine völlige Unmöglichkeit gewesen,
hier die Genitalzellen herauszufinden. Mit Rücksicht darauf nun;
daß nach vollendeter Segmentierung die Genitalzellen viel weiter
vorn anzutreffen sind, nehme ich an, daß die Geschlechtszellen bei
beginnender Segmentierung vom hinteren Keimstreifende auf der
Mesodermmasse entlang nach vorn gleiten. Die Genitalzellen bleiben
‚hierbei wohl in Zusammenhang und in einer Gruppe vereint, lassen
sich aber vom darunterliegenden Mesoderm infolge einer ähnlichen
Überladung mit Nährstoffen nicht unterscheiden. Auch L&cAILLoN
258 | Theodor Saling,
betont, daß zu dieser Zeit die Keimzellen sehr wenig vom
Mesoderm differieren, obwohl sie vorher deutlich zu erkennen
waren. Ebenso konnte SCHWANGART bei Zndromis um diese Zeit
nur mit Mühe die Genitalzellen vom Mesoderm unterscheiden.
Während der Keimstreif bei beginnender Segmentierung nur in
seiner hinteren Partie immers ist, wird durch das Herumwachsen des
Hinterendes auf die Dorsalseite das Vorderende des Embryo gleich-
sam mit in die Höhe gezogen, so daß die Dotterschollen auch vorn
zwischen Amnion und Serosa wandern und hierdurch den ganzen
Keimstreif mit Ausnahme des Kopfteiles immers machen. Gleich-
zeitig gewahrt man in der Vorderregion die Ausbildung der Cölom-
säcke.
An einem Aufsichtsbilde, wie es Textfig. 2 darstellt, kann man
die Entstehung der Ursegmente verfolgen. Wir
an sehen, wie sich der ganze Keimstreif bedeu-
4.) tend in die Länge ausgezogen hat und schon
| die beiden Kopflappen und eine Schwanz-
| | region unterscheiden läßt. In der Medianlinie
\ | des Embryo erstreckt sich ein dunkler Streifen
sus von wechselndem Kaliber, der dem Mesoderm
a entspricht. Die Textfig. 2 zeigt ferner, wie
f das Mesoderm besonders stark in der Schwanz-
ei: und in der Kopfregion entwickelt ist, und daß
Am es sich gleich hinter den Kopflappen lateral-
N wärts in Ursegmente auszuziehen beginnt. Auf
/ Querschnitten sieht man vollends, wie sich
das median entstandene Mesoderm nach den
Seiten hin ausdehnt und auch den Lateral-
partien des Ectoderms dicht anlagert. Nach
Textfie. 2. kurzer Zeit treten dann durch Auseinander-
Junger Keimstreif. weichen der Zellen in diesen lateralen Meso-
dermabschnitten Hohlräume auf, das soge-
nannte Cölom. Während der Prozeß der Cölombildung von vorn
nach hinten fortschreitet, wächst die Schwanzregion auf die Dorsal-
seite des Eies hinüber. |
Ich gebe nun von einem Embryo, dessen Vorderende bereits die
Cölombildung aufweist, und dessen Schwanzregion den hinteren Ei-
pol bereits umwachsen hat, einen Transversalschnitt durch die Abdo-
minalregion wieder, der aufs neue eine Zellengruppe erkennen läßt,
die ich für die Genitalzellen ansehen möchte. Solch durch die
Zur Kenntnis der Entwieckl. der Keimdrüsen von Tenebrio molitor L. 259
Schwanzregion geführter Querschnitt trifft den Embryo zweimal; ein-
mal auf der Ventralseite des Eies und dann nochmals das auf der
Dorsalseite liegende Hinterende. Ich bilde jedoch nur den erstge-
nannten, ventralen Teil des Keimstreifs ab, weil er allein für meine
Erörterungen in Frage kommt. Figur 6 veranschaulicht also einen
Querschnitt durch ein künftiges Abdominalsegment. Die Seiten-
wandungen desselben sind kräftig entwickelt und V-förmig zuein-
ander gelagert. In der hierdurch gebildeten Einsenkung liegt heller
sefärbtes Mesoderm ;» und darüber, durch einen zarten Kontur von
ihm getrennt, eine in sich abgeschlossene Zellgruppe gx, in der ich
die Genitalanlage zu erblicken glaube. Ihre Kerne gleichen in Größe
und Aussehen den Mesodermkernen, obwohl mir schien, daß in
ersterem das Chromatin etwas schärfer zum Ausdruck kam. Die
Genitalanlage ist noch unpaar, doch nimmt man deutlich ein Bestreben
wahr, sich nach den Seiten hin auszudehnen, und ebenso scheint mir
die seichte Einbuchtung an ihrem oberen Rande auf eine bald in
lateraler Richtung erfolgende Durchschnürung hinzudeuten. Doch
dürfte sich wohl der Übergang der einheitlichen Genitalanlage in die
paarige erst zu dem Zeitpunkte vollziehen, wo sich der ursprüng-
lieh medial verlaufende und einheitliche Mesodermstreifen lateralwärts
auszudehnen und in die Cölomsäckchen zu differenzieren beginnt.
Mit dem dritten Entwieklungstage ist die Umwachsung am hin-
teren Eipole am weitesten gediehen. Der Keimstreif erstreckt sich
alsdann, vom vorderen Eipol beginnend, über die ganze Länge der
Ventralseite des Eies hin und schlägt sich hinten dann noch um etwa
ein Fünftel seiner ganzen Ausdehnung nach der Dorsalseite um; er
ist bis auf die Kopfregion immers geworden. Die Bildung der Ur-
sesmente ist bis zum Schwanzende fortgeschritten, womit auch die
Segmentierung eine durchgreifende geworden ist. Es lassen sich
dann am Abdomen deutlich elf Segmente unterscheiden.
Die Fig. 7 stellt die Abdominalregion eines jungen Embryo
aus dieser Entwicklungsperiode dar. Man sieht, wie der Keimstreif
tief in den Dotter versenkt ist und in seiner ganzen Länge eine
deutliche Segmentation aufweist. In jedem Segment ist ein Cölom-
säckehen zu erkennen, nur im elften Abdomimalsegmente liegt noch
eine undifferenzierte Mesodermmasse >», die einer Einstülpung dicht
angeschmiegt ist, welche sich am hintersten Ende des Keimstreifs
bemerkbar macht. Das Eetoderm schiebt sich hier weit in den Dotter
vor und schreitet zur Bildung des Enddarmes, dessen Lumen auf der
Zeichnung nicht sichtbar ist, weil der Schnitt kein medianer ist.
260 Theodor Saling,
Dieser Sagittalschnitt ist für mich deswegen von höchster Bedeutung
geworden, weil ich auf ihm zum ersten Male mit absoluter
Sicherheit die Genitalzellen nachweisen konnte. Sie er-
scheinen am Vorderende des siebenten Abdominalsegmentes tief ein-
gesenkt in das Cölomsäckchen als ein kompaktes Zellhäufchen, das
sich schon bei schwächerer Vergrößerung deutlich infolge der blassen
Färbung zu erkennen gibt. [Im Gegensatz zu L&cAmLLon habe
ich immer gefunden, daß die Genitalzellen weniger Farbstoff auf-
speichern als die Körperzellen. Heymons (2) und BRAUER (1 und 2)
liefern übrigens auch Abbildungen, aus denen eine hellere Färbung
der Genitalzellen ersichtlich ist!| Die Genitalanlage ist jetzt aber
schon paarig entwickelt und wiederholt sich — wie die Durch-
musterung dieser sagittalen Schnittserie ergibt — auf der andern
Körperseite genau an der analogen Stelle.
In Fig. 8 habe ich das siebente Abdominalsegment in ver-
srößertem Maßstabe wiedergegeben. Die Genitalanlage bietet sich
jetzt dar als ein ziemlich voluminöses, längliches Säckchen, das sich
auch noch über die Segmentgrenze hinüber ein wenig in das sechste
Abdominalsegment erstreckt. Sie hat durch ihre Anwesenheit die
volle Entfaltung des siebenten abdominalen Ursegmentes verhindert,
denn, wie die Zeichnung lehrt, hat sich die Cölomhöhle auf einen kleinen
Raum beschränken müssen, während die Cölomsäcke der andern
Segmente das Cölom in normaler Ausdehnung erkennen lassen. Die
Kerne der Genitalzellen sind von nun an durch ihre eigen-
artige Struktur immer sofort kenntlich, denn das Chromatin
sondert sich in kleine runde Körnchen, die zumeist in der Nähe der
Kernmembran lociert sind. Indem die übrige Kernsubstanz wenig
Farbstoff aufnimmt, heben sich die Chromatinkörner besonders scharf
von ihrer Umgebung ab, und die Nuclei gewinnen hierdurch eine
feine, aber markante Punktierung. Das Plasma der Genitalzellen
erscheint homogen und zart gefärbt. |
Gewiß ist sehr auffallend, daß die Genitalanlage wie mit einem
Schlage deutlich erkennbar wird. Dieser Umstand machte mir viel
Kopfzerbrechen. Mit Rücksicht auf die auch in der Figur ersichtliche,
nahe Beziehung zur Segmentgrenze des sechsten und siebenten Ab--
dominalsegmentes, kam ich anfänglich auf den Gedanken, daß die
Genitalzellen wirklich erst jetzt ihren Ursprung nähmen und durch
eine intersegmentale Auswanderung von Zellen entstehen möchten.
Einen ähnlichen Fall hatte ja auch Heyuons (1) bei Phyllodromia
beobachtet, wenn auch dort Keimzellen früherer und andrer Ent-
Zur Kenntnis der Entwickl. der Keimdrüsen von Tenebrio molitor L. 261
stehung bereits vorhanden waren. Verschiedene Gründe sprechen
jedoch gegen eine derartige Bildung der Geschlechtszellen. Der ganze
Habitus des Oölomsäckchens im siebenten Abdominalsegment würde
meines Erachtens ein andrer sein müssen, wenn die Genitalanlage
erst jetzt intersegmental hervorgewuchert wäre. Sie wäre schwer-
lich imstande gewesen, ein Ursegment, das sich in normaler Lage-
rung über die ganze laterale Partie eines Segmentes ausdehnt, in
derartig monströser Weise zu komprimieren. Vor allem würden die
in Fig. 8 mit einem Sternchen bezeichneten vier Kerne, welche der
ventralen Wandung des Ursegments angehören, nicht in ihrer nor-
malen Lagerung anzutreffen sein, die darauf hindeutet, daß von unten,
d. h. vom Eetoderm des siebenten Abdominalsegmentes her, kein
Druck, keine Auswanderung von Zellen stattgefunden haben kann.
Sonst wären zweifellos die vier besagten Kerne mit in die Höhe ge-
drängt, und es müßte naturgemäß eher ein dorsaler als ein ventraler
mesodermatischer Zellsaum an der Genitalanlage wahrzunehmen
sein. Die eigentümliche Gestalt unsres Cölomsäckchens erklärt sich
aber viel einfacher, wenn man annimmt, daß schon während der
segmentalen Abgrenzung des Mesoderms die Geschlechtszellen am
siebenten Abdominalsegmente anlangen und dann einer regulären
Ausbildung des hier auftretenden Ursegmentes im Wege stehen. Da
letzteres jedoch wie jedes andre ein Cölom von regulärer Ausdehnung
zu schaffen trachtet, so drängt es seine Zellen der Genitalanlage
entgegen, doch weicht diese dem Drucke nicht aus, denn ihr wohnt
das Bestreben inne, mit der Cölomwandung in innige Beziehung zu
treten, in sie einzudringen, was auch später — wie wir sehen
werden — geschieht.
Daß sich früher die Keimzellen hier nicht unterscheiden ließen,
führte ich bereits darauf zurück, daß damals von einer großen An-
zahl Dotterzellen allen Zellen in gleicher Weise bedeutende Mengen
Nährmaterials zugeführt wurden; wegen dieser starken Überladung
mit Nährstoffen konnte sich der wahre Charakter der Zellen nicht
vorher geltend machen. Fig. 7 zeigt aber, wie jetzt nur noch we-
nige Dotterzellen am Keimstreif liegen, daß die große Nährstoffauf-
nahme, die zur Weiterentwicklung des jungen Keimstreifs erforderlich
war, als beendet angesehen werden kann. Die einzelnen Zellen haben
sich jetzt vielmals geteilt, dabei die in ihnen aufgespeicherte Nähr-
substanz verbraucht, und so tritt mit der Differenzierung erst das
Eisentümliche der einzelnen Zellen zutage.
Sodann spricht nach meiner Überzeugung das paarige Vorhanden-
262 e Theodor Saling,
sein der Genitalanlage zweifellos dafür, daß schon in einer weit
früheren Zeit ihre Abtrennung erfolgt sein muß. Die Paarigkeit der
Genitaldrüsen ist sicherlich ein fortgeschrittener Entwicklungszustand.
Ebenso kann ich mir nicht denken, daß sich durch eine erst vor
kurzem geschehene Zelleneinwanderung diese schon weit entwickelte
Geschlechtsanlage gebildet haben soll, welche paarig, ziemlich volu-
minös, durch einen Kontur deutlich abgegrenzt ist, und deren Kern-
verhältnisse darauf hinweisen, daß im Innern ein gewisser latenter
Zustand obwaltet. Die ganze Genitalanlage, wie sie uns in
Fig. 8 entgegentritt, macht vielmehr den Eindruck einer
schon längere Zeit selbständigen Organanlage, und ich glaube
ja, ihre zeitigere Entstehung nachgewiesen zu haben, wenn mir auch
in der Entwieklungsreihe ein einziges Zwischenstadium ihr Vorhanden-
sein nicht verriet. Träte auch auf diesem Zwischenstadium die auf
den Fig. 3—6 beschriebene Zellengruppe in Erscheinung, so würde
ich nicht das geringste Bedenken tragen, sie mit Sicherheit als die
Genitalanlage anzusprechen, zumal die äußere Ähnlichkeit mit der
unzweifelhaften, auf den Fig. 7 bzw. 8 dargestellten Genitalanlage
eine sehr weitgehende ist.
Hiermit hätte ich nun den ersten Abschnitt meiner Untersuchungen
zu Ende geführt, dessen Resultate ich nochmals in Kürze wieder-
holen möchte:
Bei Tenebrio molitor tritt im Gegensatz zu den Chrysomeliden
(L&cAILLoN) eine Differenzierung der Genitalzellen zur Zeit des
Blastodermstadiums noch nicht ein. Dagegen halte ich für wahr-
scheinlich, daß ihre Loslösung vom Ectoderm am hinteren Keim-
streifende erfolgt, sobald sich die hintere Amnionfalte erhebt und die
_Mesodermbildung im Gange ist. Beim Vorwärtsdringen der sich seg-
mental anordnenden Mesodermmasse schiebt sich auch die noch un-
paare Genitalanlage weiter nach vorn und gelangt vor Ausbildung
der Ursegmente an die Grenze des sechsten und siebenten Abdo-
minalsegments. Durch eine Teilung in lateraler Richtung wird sie
paarig und tritt mit den inzwischen ausgebildeten Cölomsäcken des
siebenten Abdominalsegments in Verbindung. Erst von diesem Zeit-
punkt an ist die Genitalanlage bei Tenebrio molitor mit Sicherheit
zu erkennen.
2. Verhalten der Genitalanlage bis zum Beginn des Larvenstadiums.
Der Keimstreif von Tenebrio molitor, wie wir ihn zuletzt be-
trachteten, ist in seiner hinteren Partie invaginiert und immers, am
Zur Kenntnis der Entwickl. der Keimdrüsen von Tenebrio molitor L. 263
Vorderende dagegen überwachsen und superficiell. Er schließt sich
somit dem Übergangstypus an, wie er schon von einigen Coleopteren
bekannt ist und in besonders klarer Weise von HEIDER an Hydro-
philus demonstriert wurde. Die Genitalzellen lassen sich von nun
an immer sofort deutlich erkennen, da sie während der ganzen em-
bryonalen Periode ihr charakteristisches Aussehen bewahren. Man
sollte meinen, daß bei den nun sich abspielenden, komplizierten Ent-
wicklungsvorgängen und der damit verbundenen intensiven Zellver-
mehrung die Genitalanlage nur äußerst schwer zu verfolgen wäre.
Da jedoch die Keimzellen von jeder Gewebsbildung ausgeschlossen
sind und auch vorläufig in einem gewissermaßen latenten Zustande
verharren, so tritt der Unterschied, in dem sie sich zu den Soma-
zellen befinden, um so schärfer hervor. Die eigentliche Ausbildung
_ der Geschlechtsorgane fällt ja erst in die postembryonale Periode,
wenn auch allerdings die Differenzierung der Geschlechter noch am
Ende der embryonalen Entwicklung stattfindet. Aber im großen und
ganzen verhalten sich die Keimzellen mehr passiv wie aktiv, sie
nehmen an der jetzt in den Vordergrund tretenden Entwicklung des
Körpers nicht teil, sondern lassen sich von ihrer Umgebung gewisser-
maßen fortschieben, bis sie ihren Bestimmungsort erreichen.
Das weitere Verhalten der Genitalanlage läßt sich nicht genau
schildern, ohne auch die anderweitigen Entwicklungsvorgänge im
Abdomen zu berücksichtigen, was ich — soweit es vonnöten ist —
in aller Kürze tun werde.
| In einem Stadium, wie es Fig. 7 repräsentiert, sind von ecto-
dermalen Organen in Anlage begriffen das Proctodäum (am Vorder-
ende entsprechend das Stomatodäum) und das Bauchmark, welch
letzteres aus der Figur nicht ersichtlich ist, da der Schnitt kein
medianer ist. Ich will nur kurz bemerken, daß die Ganglien-
kette ihren Ursprung nimmt aus Neuroblasten, die sich an Größe
vor allen andern Zellen hervortun und aus der Medianlinie des da-
‚selbst wulstförmig verdickten Eetoderms hervorwuchern. Die wei-
tere Differenzierung ist für uns nicht von Belang. Dagegen erkennt
man auf Fig. 7 deutlich den ectodermalen Ursprung des Procto-
däums; die ihm anliegende undifferenzierte Mesodermmasse m ent-
wickelt sich größtenteils zur Museularis. Um diese Zeit läßt sich
auch schon das Auftreten der MaLrisHuischen Gefäße nachweisen,
die als Ausstülpungen an der dem Dotter zunächst liegenden Stelle
des Proctodäums entstehen. Sie wachsen sehr schneli in die Länge
und sind später auf Schritt und Tritt in der Nähe der Genitalanlage
264 Theodor Saling,
anzutreffen. Als nächstes ectodermales Organ erscheint das Tra-
cheensystem. Das Ectoderm stülpt sich zu beiden Seiten der
Neuralwülste ein und wächst unter den Cölomsäcken her schlauch-
förmig ins Innere. Die Fig. 11 zeigt eine solche Tracheenanlage.
Das Stigma ist leider nicht mit angeschnitten, doch liegt es — wie
einige spätere Schnitte derselben Serie lehren — an der mit st be-
zeichneten Einbuchtung. In jedem Segment beginnt die Anlage des
Tracheensystems mit der Bildung des Stigmas. Die Tracheen-
verzweigungen machen sich erst in späterer Zeit geltend und weisen
mitunter eine große Ähnlichkeit mit den MAtrisuischen Gefäßen
auf. Nach der Tracheenbildung erfolgt als weitere Ablösung vom
Eetoderm die Bildung der Önocyten, deren Kerne in der Jugend
den Kernen der Genitalzellen infolge der ähnlichen Verteilung des
Chromatins am meisten gleichen. Alle diese soeben besprochenen
ectodermalen Organe treten uns auch auf den Schnitten vor Augen,
an denen ich den Entwieklungsverlauf des Genitalorgans schildern
will, weshalb ich kurz auf ihre Herkunft eingegangen bin.
Wenn man nun aber den Entwicklungsverlauf des Tenebrio-Eies
im ganzen betrachtet, so tritt vom dritten bis vierten Entwicklungs-
tage an das Bestreben des Embryo in den Vordergrund, wieder in
die ursprüngliche ventrale Lage zurückzukehren. Es spielt sich da-
her der Prozeß der Involution ab, der bei Tenebrio — ebenso
wie bei Hydrophilus u. a. — in sehr vereinfachter Weise von statten
seht. Das Hinterende des Keimstreifs rollt sich dabei in genau der-
selben Weise auf die Ventralseite des Eies zurück, wie es sich ur-
sprünglich auf die Dorsalseite umgeschlagen hatte. Der ganze Keim-
streif wird hierdurch wieder superficiell und das Kopfende ganz an
den vorderen Eipol vorgeschoben. Dieser von hinten wirkende Druck
verursacht einerseits eine starke Kontraktion des Keimstreifs, ander-
seits wird dessen laterale Erhebung über die Dottermasse eingeleitet.
Diese Kontraktion hat zur Folge, daß bei der Eiaufsicht die oben
erwähnten hyalinen Stellen sich zeigen, die eventuell als Luft-
kammern aufzufassen sind. Wie man am "besten an Querschnitten
verfolgen kann (vgl. die Fig. 10—13, 16) wachsen die Seitenplatten
des Keimstreifs an der Peripherie des Dotters hinauf einander ent-
gegen. Infolgedessen wird die Amnionhöhle immer mehr in die
(uere gezerrt; das Amnion, welches bereits vorher auf der Ventral-
seite sich der Serosa fest angelegt hatte und mit ihr schließlich ver-
wachsen war, kann der Spannung nicht länger widerstehen und zer-
reißt in der ventralen Medianlinie.e Die Amnionhöhle eröffnet sich
Zur Kenntnis der Entwickl. der Keimdrüsen von Tenebrio molitor L. 265
hierdurch, und Amnion. und Serosa bilden, wie ehedem, eine in-
einander übergehende Zellschicht. Die durch den Riß entstandenen
Amnionfalten glätten sich schnell aus, indem die Serosa dorsalwärts
— man möchte sagen — zusammenschnurrt. Der plattenepitheliale
Charakter der Serosa geht hierdurch verloren, und es kommt zur
Bildung eines hohen Cylinderpithels, der sog. »Rückenplatte«.
Demnach haben wir auch bei Tenebrio eine »Involution unter Aus-
bildung eines kontinuierlichen, dorsalen Amnion-Serosasacks«, wel-
chen Typus Korscherr und HEIDER als gültig für die Libelluliden,
Rhynehoten und einen Teil der Coleopteren (z. B. Hydrophilus,
Melolontha) bezeichnen. Durch Einwölbung der Rückenplatte in den
Dotter kommt ein »Rückenrohr« zustande, dessen dorsaler Verschluß
von hinten nach vorn fortschreitet. Es besitzt bei Tenebrio die Aus-
dehnung von etwa einem Drittel der ganzen Eilänge und kommt in
<>
Textfig. 3
Medianschnitt durch einen 7 Tage alten Embryo. Halbschem. Vergr. SV fach.
die Medianregion der Rückenseite zu liegen. Die Textfig. 3 veran-
schaulicht die Dimensionen des Rückenrohrs, das sich bereits bis
auf ein kurzes Stück am Vorderende vom Amnion völlig abgeschnürt
hat. Die Wandung des Rückenrohrs schließt ein anfangs noch ge-
räumiges Lumen ein und hat den Charakter eines sehr hohen Cylinder-
'epithels.. Bald aber verschwindet der Hohlraum, womit eine völlige
Degeneration der Epithelzellen verbunden ist, die sich zu Paracyten
umwandeln und einer gänzlichen Auflösung im Dotter unterliegen.
Der Rückenverschluß wird nach Abschnürung des Rückenrohrs auf
kurze Zeit vom Amnion übernommen, bis die lateral am Dotter
emporwachsenden Keimstreifflügel in der Medianlinie des Rückens
verschmelzen und somit den Einschluß der Dottermasse bewirken.
266 Theodor Saling, -
Mit dem definitiven Rückenverschluß gelangt auch das Herz zur Aus-
bildung, als letztes der larvalen Organe. Dieser Zustand wird zwi-
schen dem 7. und 8. Entwicklungstage erreicht. Der Embryo ist
von seinen Embryonalhüllen befreit, er liegt nur noch innerhalb
der Eihüllen, und seinem Ausschlüpfen als junge Larve steht nichts
mehr im Wege. :
Was nun die Genitalanlage betrifft, so haben wir sie zuletzt auf
einem Sagittalschnitt wahrgenommen, an der Grenze vom sechsten
zum siebenten Abdominalsegment. An dieser Stelle verweilen die
Keimzellen noch längere Zeit hindurch. Wenn ich schon gelegent-
lich der Betrachtung von Fig. 8 sagte, daß der Genitalanlage das
Bestreben innewohne, in das siebente abdominale Cölomsäckchen
einzudringen, so wird dies durch die nächstfolgenden Stadien, die
ich in den Fig. 9—11 wiedergebe, deutlich illustriert. Der Quer-
schnitt 9 zeigt zunächst ein kräftiges Eetoderm, das nach den Seiten
hin umbiegend in das Amnion übergeht, in der medianen Partie da-
gegen einen Doppelwulst pw, aus dem später das Bauchmark ent-
steht. Diese medianen Verdickungen des Ecetoderms wurden in
der früheren Literatur als Primitivwülste bezeichnet. Auf der
Außenseite des Eetoderms befindet sich die Amnionhöhle, seiner Innen-
seite lagern sich dicht die mesodermalen Bildungen an, und zwar
sehen wir in der Medianlinie ein noch undifferenziertes, mesenchym-
artiges Gewebe ms, von dem sich scharf die Ursegmente gesondert
haben, die auf die lateralen Partien des Keimstreifs beschränkt sind.
Der Schnitt 9 ist nicht genau transversal, sondern ein wenig schräg
geführt; infolgedessen sind die Cölomsäcke in verschiedener Aus-
dehnung getroffen und das linke Genitalsäckcehen nieht angeschnitten.
Das rechte Ursegment ist für uns nun von besonderem Interesse, da
an seiner der Medianlinie zugekehrten Wandung eine deutliche Ein-
buchtung vorhanden ist, in die sich als eine scharf umschriebene,
kompakte Zellgruppe die Genitalanlage hineindrängt. Sie hat das
typische Aussehen: ein blaß gefärbtes Plasma und relativ wenig
Kerne mit randständigem, fein punktiertem ‚Chromatin. Das Zellen-
material, das die ganze Genitalanlage zusammensetzt, erscheint durch-
aus gleichartig.
Im nächstfolgenden Stadium Fig. 10 ist das Aussehen des Keim-
streifs im wesentlichen das gleiche, doch hebt sich die Mitte deut- U
licher gegen die Seiten ab. Die Involution und das damit verbun- #
dene Superfieiellwerden des Keimstreifs sind weiter fortgeschritten.
Der Querschnitt 10 lehrt uns vor allem, daß nunmehr die mediane
Zur Kenntnis der Entwiekl. der Keimdrüsen von Tenebrio molitor L. 267
Cölomwandung dem Druck der Genitalanlage nicht mehr standhalten
kann und infolgedessen gesprengt wird. Die Keimanlage tritt daher,
indem sich die Reste der durchbrochenen Wand in das Oölom um-
biegen und der dorsalen Cölomwand andrängen, mit dem Oölom in
Verbindung.
Mit diesen Entwicklungsvorgängen gehen auch die andrer Or-
gane Hand in Hand. Der Schnitt 11, der ebenfalls transversal —
ein wenig schräg — durch das siebente Abdominalsegment geführt
ist, zeigt so schon ein vom Eectoderm völlig gesondertes Ganglien-
paar. Die lateralen Eetodermpartien haben sich an der am weitesten
in die Amnionhöhle vorspringenden Stelle eingestülpt zur Bildung des
Tracheensystems. Das Stigma sowohl wie die junge Trachee sind
auf Fig. 11 tangential angeschnitten, so daß ihr Lumen nicht sichtbar
ist. Die Genitalanlage, die- namentlich auf der rechten Seite deutlich
erkennbar ist, ist gänzlich in das Ursegment einbezogen worden.
Zu dieser Zeit ist auch von HEıDER bei Hydrophrlus die Geschlechts-
anlage bemerkt worden. Ihr Emtritt in die Cölomwandung scheint
sich bei allen Insekten zu vollziehen. Dieser Prozeß muß also von
srundlegender Wichtigkeit sein, und in. der Tat handelt es sich da-
bei um nichts Geringeres, als daß sich die Genitalanlage ihre epithe-
liale Umkleidung, ihren Suspensorial- sowie Ausleitapparat erwirbt.
Während die Keimanlage nach der einen Seite hin mit dem
Cölom in direkter Verbindung steht, wird sie sonst überall vom
Mesoderm umschlossen und dadurch von andern, inzwischen entstan-
denen Hohlräumen getrennt. Diese Hohlräume, deren Auftreten
schon in den Fig. 9 und 10 angedeutet wird, könnte man als ein
»Schizocöl« bezeichnen, denn sie entstehen dadurch, daß sich Lücken
zwischen den einzelnen Gewebekomplexen bilden und sich überhaupt
im allgemeinen der Keimstreif mehr vom Dotter abhebt und selb-
ständiger macht. Diese Schizocölräume treten später in Verbindung
mit dem echten Cölom, und geben somit Veranlassung zur Bildung
der definitiven Leibeshöhle, wie das die Fig. 12 und 13 veranschau-
lichen. In den lateralen Keimstreifpartien beginnt nun ein energi-
sches Wachstum, welches dahin führt, daß sich die Keimstreifseiten
über den Dotter erheben. Die Dottermasse aber, an den Seiten über-
wachsen und zurückgedrängt, sucht sich um so mehr nach der Me-
dianebene hin auszudehnen, und bildet gegen die Ganglienkette hin
einen vorspringenden Zapfen, wird aber dort von dem zur Sonde-
rung gelangten visceralen Mesodermblatt vd (Fig. 11—13) fest um-
spannt. Dieses viscerale Blatt, das in der Medianlinie von dem dort
268 Theodor Saling,
angehäuften Mesenchym (Fig. 9), an den Seiten aber auf Kosten der
Cölomwandung gebildet wird, übernimmt die Trennung des Dotters
vom Keimstreif so lange, bis die Umwachsung des Dotters durch
das Mitteldarmepithel erfolgt ist.
Der Frage nach der Entstehung des Mitteldarmes bin ich
in eingehender Weise nicht näher getreten. Auf Grund meiner
Beobachtungen an Tenebrio neige ich zu der neuerdings von HEYMoNs
vertretenen Anschauung. Von der Sonderung eines Entoderms, wie
es HEIDER beschreibt, habe ich nichts bemerken können, dagegen
konnte ich mich an verschiedenen Präparaten überzeugen, daß vom
Proctodäum (ebenso wie vom Stomatodäum) aus ein Epithel um den
Dotter herumwächst und sich zwischen Dotter und viscerales Blatt
hineinerstreckt. Die Ausdehnung des Mitteldarmepithels über den Dotter
erfolgt zuerst auf der Ventralseite und -zwar, wie es HEIDER für
Hydrophilus nachgewiesen, in Gestalt zweier, mit den Enden ein-
ander entgegenwachsender, hufeisenförmiger Anlagen; wenigstens
deute ich so die in meiner Fig. 11 sichtbaren, dorsal von den Ur-
segmenten gelegenen Verdickungen nde als die zwei Hufeisenarme
der Mitteldarmanlage. Das nächste Stadium Fig. 12 demonstriert
dann tatsächlich, daß diese Verdiekungen verschwunden sind, daß
dagegen schon fast bis zum Bauchmark hinunter ein doppelschichtiges
Epithel den Dotter umgrenzt, wovon ich die innere, durch Verflachung
der ehemaligen Verdiekung entstandene Zellschicht als das Mittel-
darmepithel, die äußere dagegen als das viscerale Blatt ansehe. _
Kehren wir nach dieser Abschweifung zur Betrachtung der
Genitalanlage zurück, so erweist Fig. 12, daß ihre Umfassung seitens
des Mesoderms eine noch intensivere geworden ist. Ringsum sind
die Keimzellen von einem zarten, mesodermalen Epithel umgeben,
und nach der Dorsalseite hin hängen sie mit dem visceralen Blatte
durch eine Zellschicht zusammen, deren Kerne ebenfalls mesodermalen
Charakter tragen, und die nichts weiter ist als ein Teil der dorso-
lateralen Cölomwand, die in Fig. 11 direkt unter der Mitteldarm-
anlage lag. Die Genitalzellen befinden sich. also genau an derselben
Stelle, an der sie Heymons (1) bei Phyllodromia in den Fig. 7
und 8 seiner Abhandlung gezeichnet hat.
Die Ursegmente erleiden nämlich weitgehende Veräsdernis
Das Cölom ist auf einen kleinen Raum beschränkt und kommuniziert
später (Fig. 15) mit dem Schizocöl. Die dorsale! Cölomwand wird
i Wenn ich hier und im folgenden von einem ventralen, lateralen
und dorsalen Teil des Cölomsäckchens spreche, so möchte ich diese Bezeich-
Zur Kenntnis der Entwickl. der Keimdrüsen von Tenebrio molitor L. 269
verbraucht teils zur Unterstützung des visceralen Blattes, teils zur
Bildung der eben erwähnten Zellenreihe, mittels deren die Genital-
anlage mit dem splanchnischen Blatte in Verbindung steht. Ich will
sie, dem Vorgange Heyımons folgend, »Endfadenplatte« nennen, da
sie sich später zum Suspensorialapparat entwickelt.
An der äußersten dorsalen Ecke des Cöloms, dort wo die dorsale
Cölomwand mit der somatischen zusammenstößt, liegen einige Zellen
von besonderem Charakter, der merklich erst in Fig. 13 zutage tritt.
Sie führen später zur Bildung des Herzens und wären demnach als
»Cardioblasten« anzusprechen. Die somatische (äußere laterale) Wan-
dung des Ursegments löst sich in einzelne Zellgruppen auf, die sich
später zur Körpermuskulatur (Fig. 15 msk) modifizieren, während die
das Cölom begrenzende innerste Zellreihe (ps) der lateralen Cölom-
wandung sich zum Pericardialseptum ausbildet; endlich entsteht aus
dem ventralen Ursegmentabschnitt der sogenannte Fettkörper, der sich
rasch vermehrt und später alle Organe umschließt. Demnach finden
wir von jetzt an bis ins imaginale Stadium auch immer die Genital-
anlage im Fettkörper eingebettet. In Fig. 12 sind schließlich noch
MarnpıicHische Gefäße angeschnitten, eines davon genau im Querschnitt
und ein andres darüber im Tangentialschnitt. Die MAupıcnIschen
Gefäße sind um diese Zeit schon sehr lang und immer auf den durch
die Genitalanlage geführten Schnitten anzutreffen.
Höchst interessant ist die Betrachtung eines Embryos im Alter
des Tieres Fig. 12 auf Sagittalschnitten. Die Fig. 14 und 15 ver-
anschaulichen diese Verhältnisse. Wir sehen wieder den Dotter ab-.
sesrenzt durch das viscerale Blatt. Das Mitteldarmepithel ist auf
beiden Schnitten sichtbar, in Fig: 15, die einen mehr lateralen Schnitt
derselben Serie darstellt, ist es (entsprechend der stärkeren Mächtig-
keit an den Seiten) deutlicher, auf dem mehr medialen Schnitte
(Fig. 14) dagegen in etwas zarterer Lage vorhanden. Dem Ectoderm
anliesend erkennt man eine dichte Mesodermschicht, deren äußere
Partie später hauptsächlich zur Anlage der Körpermuskulatur ver-
"braucht wird, während die innere Partie von etwas loserer Beschaffen-
nungen nur auf das Ursegment von Tenebrio angewendet wissen, um eine bessere
Orientierung zu ermöglichen. Ich dehne dagegen diese Benennungen nicht auf
das Ursesment der Insekten im allgemeinen aus, denn bekanntlich ist, wie sich
aus vergleichend entwieklungsgeschichtlichen Untersuchungen ergeben hat, z. B.
der ventrale Cölomabschnitt eines Orthopteren nicht demjenigen bei Coleopteren
homolog; vielmehr ist ersterer bei den höheren Insekten in Wegfall gekommen,
und durch ein Mesenchym ersetzt worden.
Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. 18
270 Theodor Saling,
heit ist und seinen Übergang in Fettkörper schon zu erkennen gibt.
Diese Muskel- und Fettanlagen sind auch in Fig. 12 deutlich sieht-
bar, wenn man vom Ectoderm aus nach der Genitalanlage hin fort-
schreitet. In der besprochenen Mesodermmasse der Fig. 14 liegt in
jedem Segment eine Trachee, die auf dem lateraleren Sagittalschnitt
15 durch das Stigma nach außen führt. Zwischen diesem Mesoderm-
sewebe und dem visceralen Blatte dehnt sich, da der Schnitt 14
ziemlich median ist, das Schizocöl aus, und in diesem liegt, scheinbar
außer Zusammenhang mit dem übrigen Gewebe die Genitalanlage,
deren Urkeimzellen wieder das typische Aussehen haben. Die Keim-
anlage hat sich noch ein wenig verlängert und nach den beiden
Seiten hin spindelförmig zugespitzt; sie erreicht wohl zu dieser Zeit
das Maximum ihrer Längenausdehnung. Besondere Beachtung ver-
dient die Erscheinung, daß vor und hinter der Genitalanlage in der
Richtung ihres größten Längendurehmessers je ein kompakter Geweb-
strang liegt, der mit ihr in innigem Zusammenhang steht, und in
dem man unschwer, besonders bei einem Vergleich mit Fig. 15, Teile
des ventralen Cölomepithels konstatiert. Die am vorderen Ende auf-
sitzende Zellenreihe nimmt an der Befestigung der Keimdrüse teil,
der sich hinten ansetzende Strang entwickelt sich zum Ausführungs-
sang des Genitalorgans. Beide Bildungen treten also schon zu einer
relativ frühen Zeit auf.
Wie schon aus dem Titel meiner Arbeit hervorgeht, habe ich
im speziellen nur die Entwicklungsgeschichte der Keimdrüsen unter-
sucht, beabsichtigte aber keineswegs, der Entstehung der accesso-
rischen Elemente des Geschlechtsapparates näher zu treten. Doch sehe
ich mich veranlaßt, Bemerkungen bezüglich des Suspensorialapparates
und Ausführungsganges einzuflechten, sobald die in dieser Richtung
angestellten Beobachtungen von größerem Interesse sind. Die meso-
dermale Entstehung von Aufhänge- und Ausleitapparat steht außer
jeglichem Zweifel. Schon allein die dunklere, mit dem umliegenden
Mesoderm übereinstimmende Färbung dieser Stränge deutet auf ihre
mesodermale, also andre Herkunft hin. Mit, absoluter Klarheit aber
erhellt ihre mesodermale Natur aus der Fig. 15, die den auf Fig. 14
in lateraler Richtung zweitfolgenden Schnitt wiedergibt. Der Schnitt
führt, entsprechend seiner lateralen Lage nicht mehr durch das
Schizocöl, sondern durch das echte Cölom, welches an der Ventral-
seite dank dem Hinaufwachsen des Keimstreifs über den Dotter vom
Ectoderm abgerückt erscheint. In der hierdurch gebildeten Lücke
liegen jetzt — wie es auch Fig. 12 zeigt — Fettgewebe und Muskel-
Zur Kenntnis der Entwickl. der Keimdrüsen von Tenebrio molitor L. 271
anlage, die aus dem ehemalig somatisch-ventralen Abschnitte des
Ursegmentes (vgl. Fig. 9) hervorgegangen sind. Entsprechend den
segmentalen Einschnürungen des Ectoderms zeigen sich an den nun-
mehr reduzierten ÜCölomsäcken die Ursegmentgrenzen, in Fig. 15
besonders deutlich zwischen dem fünften und sechsten Abdominal-
segment. Die Genitalanlage aber befindet sich genau in der Grenzwand
des sechsten und siebenten Abdominal-Ursegments, eine Lage, die
also seit dem Stadium Fig. 7 erhalten geblieben ist. Diese Grenzwand
ist in Fig. 15 durch ein Sternchen gekennzeichnet und deshalb we-
niger deutlich hervortretend als an den andern Segmentgrenzen, weil
an dieser Stelle die Cölomwandung, vermöge deren die Keimanlage
mit dem visceralen Blatte in Verbindung steht, in tangentialem Schnitt
getroffen wurde. Mit andern Worten also: wir haben die Endfaden-
platte epl, die auf Fig. 12 im Querschnitte erscheint, in diesem Falle
im Flächenschnitte vor uns. Diese Schnittrichtung erweist sich’ für
das Verständnis der weiteren Entwicklungsvorgänge des Suspensorial-
apparates äußerst wertvoll. Der mesodermale Charakter der Endfaden-
platte springt auch auf Fig. 15 durch die Beschaffenheit der einzelnen
Zellkerne sofort in die Augen. Bei genauem Zusehen bemerkt man,
daß die einzelnen Kerne der Endfadenplatte nicht mehr eine regellose
Lagerung einnehmen, sondern sich derart in Reihen zu ordnen be-
sinnen, daß sich die Zellkerne mit ihrer Breitseite aneinander legen
und geldrollenartig hintereinander schalten. Diese Reihen, die vor-
läufig noch kurz sind, aber infolge-lebhafter Zellvermehrung bald an
Länge zunehmen, verlaufen in dorso-ventraler Richtung und stehen
somit senkrecht auf dem Längsdurchmesser der Genitalanlage. Diese
Zellanordnung erinnert lebhaft an die Figuren, die HEYMOoNS in seiner
Phyllodromia-Arbeit (1) gibt zur Demonstration der Endfadenentwick-
lung. In der Tat handelt es sich auch hier um genau denselben
Vorgang, denn die einzelnen Zellreihen entsprechen den späteren
Endfäden.
Während des eben betrachteten Stadiums ist also die Genital-
anlage sehr innig mit dem visceralen Blatte verknüpft, eine Befestigung,
die sich über die ganze Länge der Keimanlage hin erstreckt und
durch die als Endfadenplatte bezeichnete, dorso-mediale Wandung des
reduzierten Cöloms repräsentiert wird. Eine derart weitgehende An-
heftung erscheint für die an sich doch gewiß nicht allzu voluminöse
Genitalanlage auf den ersten Blick merkwürdig, denn selbst bis
zum Schlusse der embryonalen Entwicklungsperiode erfährt sie
keine wesentliche Volumvergrößerung. Die Bedeutung der starken
8%
202 et Theodor Saling,
Befestigung der Genitalanlage ergibt sich aber sofort aus den weiteren
Vorgängen.
Die Weiterentwicklung des Embryos macht sich nämlich in der _
Weise geltend, daß die freien Ränder des Keimstreifs dorsalwärts
immer mehr über die Dottermasse hinaufwachsen, um ihn schließlich
vollkommen einzuhüllen und in der Medianebene der Dorsalseite des
Eies zu verschmelzen. In dem Maße nun, wie sich das viscerale
Blatt am Dotter emporschiebt, ist auch die mit ihr durch die End-
fadenplatte innig verbundene Genitalanlage gezwungen, der Be-
wegungsrichtung zu folgen. In erster Linie wird hierdurch der letzte
Überrest des Cöloms, wie wir ihn in Fig. 12 sahen, zerstört. Die
Genitalanlage hebt sich, umgeben von einem Teile des Fettkörpers,
von den Hautmuskelanlagen los; das Cölom wird dadurch geöffnet
und verschmilzt mit dem Schizocöl zur definitiven Leibeshöhle. Den
Beginn dieses Prozesses kann man auf Textfig. 4 deutlich wahr-
nehmen.: Die Genitalanlage hängt
dann in der Leibeshöhle. Die erste
a chL Funktion der Endfadenplatte besteht
A / . [2
Fy m.\ also in dem Transport der Keim-
LP AM mde
4 En Gaza anlage nach der Dorsalseite des
£ MINE 2 8
| er vd Embryos. Da dieser Fortbewegun
EEE a |
=) ML, Sunı KR, natürlich seitens der Genitalanlage
a DR ERS .
en alas as — namentlich anfangs, solange das
x 88 .r se we o. .
An ar ww‘ Fettkörpergewebe, das sie noch auf
ig & EN = Pa 5 E 5
Un mn tar Fig. 12 mit der Muskelanlage ver-
8 ae N ; : 5
As.» me: bindet, noch nicht gesprengt ist —
ein gewisser Widerstand entgegen-
Textfig. 4.
Laterale Partie eines quergeschnittenen a wird, 33 erfährt die Dez
Keimstreifs. fadenplatte eine starke Dehnung.
Diese erstreckt sich aber nicht auf
die ganze Endfadenplatte in gleichmäßiger Weise, sondern es wird
nur die am visceralen Blatt inserierende Stelle (ich habe sie in Textfig. 4
mit einem Sternchen bezeichnet) zu einem immer länger und dünner
werdenden Ligament ausgezogen, während die entgegengesetzte, den
Keimzellen anliegende Partie der Endfadenplatte, wo die Kerne geld-
rollenartig beisammen lagern, an dieser Streekung nicht teilnimmt.
Bei dieser Dehnung der Endfadenplatte ergeben sich aber noch andre
Eigentümlichkeiten. Die bisher ziemlich parallel verlaufenden Zell-
reihen, welche die geldrollenartig angeordneten Kerne enthalten, be-
Sinnen mit ihren Endspitzen zu convergieren. Sodann erfährt aber
Zur Kenntnis der Entwickl. der Keimdrüsen von Tenebrio molitor L. 273
die ganze Genitalanlage eine Formveränderung, indem sie sich —
dem nach der Dorsalseite gerichteten Zuge folgend — stark in ihrer
Längsausdehnung verkürzt zu gunsten einer stärkeren Größenzunahme
in dorso-ventraler Richtung (vgl. Fig. 15 und 13). Hevymons konnte
ebenfalls eine derartige Lageveränderung und Verkürzung der Keim-
anlage bei Phyllodromia wahrnehmen.
Die Fig. 13 ist nun insofern interessant, als sie einmal die
schon besprochene Auflösung des Cöloms demonstriert. Es ist voll-
kommen mit dem Schizocöl zur definitiven Leibeshöhle verschmolzen,
die aber nicht — wie es aus der Figur erscheinen möchte — einen
Hohlraum darstellt, sondern mit einem äußerst zarten, nahezu homo-
genen Substrat angefüllt ist, das offenbar aus der Dottermasse her-
überfiltriert. Diese Substanz wird zur Fettkörperbildung verbraucht,
nachdem von ihr die Mesodermzellen Besitz ergriffen haben.
Die Genitalanlage finden wir nun frei in der Leibeshöhle schwe-
bend, umgeben von einem Fettkörperkomplex und mittels des
ziemlich dünnen, lang ausgezogenen Aufhängebandes ab (= distaler
Teil der früheren Endfadenplatte) in der Nähe der Cardioblasten be-
festigt. Der den Keimzellen benachbarte Teil der ehemaligen Ena-
fadenplatte hat sich nunmehr ganz in die geldrollenartigen Reihen
modifiziert, die mit ihren distalen Enden gegeneinander convergieren
und mit ihrem basalen Ende sich der Keimdrüsenanlage zu einem
einheitlichen Ganzen fest angefügt haben, so daß wir nun von einer
Endfadenanlage sprechen können. Aber auch die eigentliche Ge-
nitaldrüse hat sich etwas verändert.
Bis zum Zeitpunkte des Entwicklungsstadiums Fig. 12 bot die
Genitalanlage in ihrem Innern im großen und ganzen das gleiche
Aussehen dar. Veränderungen gingen nur äußerlich vor sich, indem
sie zum Cölom in Beziehung trat und damit ihre Lage zu den
andern Organen etwas zu ändern gezwungen war. Das Innere der
Keimanlage sahen wir erfüllt von einer mehr oder weniger großen
Anzahl Kerne mit randständigem, punktförmig verteiltem Chromatin,
wodurch die Keimzellen das bereits beschriebene typische Aussehen
gewannen und jederzeit leicht von andern Zellelementen unterschie-
den werden konnten, und wir hatten es in dem Inhaite der bisher
betrachteten Genitalanlage mit Urgenitalzellen zu tun. Auf dem
Stadium Fig. 12 sahen wir dann, wie sich diese Urgenitalzellen mit
einer mesodermatischen, der Cölomwandung entstammenden, epithe-
lialen Umkleidung versahen, so daß sich von diesem Zeitpunkte an
in der Peripherie und im Innern der Keimanlage auch diese meso-
274 Theodor Saling,
dermatischen Zellen vorfinden, die mit den Zellen der Endfadenanlage
die größte Ähnlichkeit besitzen, eben weil sie beide aus der Cölom-
wand ihre Entstehung nahmen. In Textfigur 4 sowie den Tafel-
figuren 13, 16 und 17 kann man hin und wieder hauptsächlich in
der Peripherie solche Zellen erkennen. Vorläufig sind sie noch in
geringer Zahl vorhanden und spielen erst später bei der Bildung und
Isolierung der einzelnen Eiröhren bzw. Hodenfollikel eine größere
Rolle. Es scheint mir, daß es diese Epithelzellen im Verein mit den
Zellen der Endfadenanlage sind, die durch euticulare Ausscheidung
die ganze Genitalanlage mit einem sehr zarten, strukturlosen Häut-
chen umgeben, die als eine embryonale Tunica propria aufzufassen
wäre. Das erste Mal läßt sich diese Membran auf Textfig. 4 kon-
statieren.
| Bevor ich mit der Besprechung der Verhältnisse in Fig. 13
absolviere, muß ich noch eine kleine Zellgruppe am zugespitzten
Ende der Keimanlage erwähnen, die gegen den Fettkörper hin, in
dem sie eingebettet liegt, deutlich abgegrenzt ist. Zweifellos sind
diese Zellen mesodermaler Natur und meines Erachtens ein Derivat
der Endfadenplatte. Sie repräsentieren nämlich die Ansatzstelle, wo
das Aufhängeband mit den einzelnen Endfäden in Verbindung tritt.
Diese in Frage stehende Zellgruppe, die also ein Teil des Suspen-
sorialapparates ist, möchte ich als » Ansatzzellen« (ax) bezeichnen; sie
finden sich auch später auf Fig. 16 wieder, wenn auch in weniger
deutlicher Form.
Die Embryonalentwieklung von Tenebrio nähert sich damit ihrem
Ende, daß die Keimstreiffllanken ganz über den Dotter hinwegwachsen.
Es kommt hierbei zu dem schon oben beschriebenen Riß der Embryo-
nalhüllen, zur Umbildung der Serosa zum Rückenrohr und schließlich
zur Vereinigung der Keimstreifllanken in der medianen Rückenlinie,
wodurch das Herz entsteht und das Rückenrohr unter das Mitteldarm-
epithel versenkt wird, um daselbst einer raschen Auflösung zu unter-
liegen. Der Mitteldarm umgibt völlig den Dotter, dessen Schollen
sich bis auf eine geringe Anzahl, die sich um vereinzelte, stark
degenerierende Dotterzellen formiert, in ein gleichförmiges, assimi-
liertes Nährsubstrat umgewandelt haben, das selbst noch dem jungen,
ausgeschlüpften Mehlwurm als Nahrung dient. Die Fig. 16 und 17
veranschaulichen dies Stadium.
Auf dem Querschnitt 16 erkennt man deutlich das durch Ver-
einigung der beiderseitigen Cardioblasten (Fig. 13 und Textfig. 4) ent-
standene Herzrohr h, darunter das den Dotter umgrenzende Mittel-
Zur Kenntnis der Entwickl. der Keimdrüsen von Tenebrio molitor L. 275
darmepithel. Dem Eetoderm entlang liegt die bereits in mehrere
Felder geteilte Muskulatur, und in halber Höhe des Querschnittes
der Enddarm. Zwischen Enddarm und Muskulatur befinden sich noch
die Venoeyten, die segmental wiederkehren und bezüglich der
Kernstruktur mit den Keimzellen große Ähnlichkeit besitzen. Der
Enddarm entwickelt hier die bekannte Schlinge, die auch in der
Larvenperiode, ja selbst bis zum Imagostadium erhalten bleibt. Sie
liegt auf der linken Körperseite des Tieres, ist aber auf Fig. 16
rechtsseitig abgebildet, da dieser Embryo von vorn nach hinten
durchschnitten wurde. Im gleichen Entwieklungsstadium befindet sich
auch der Embryo der Fig. 17, weshalb ich von ihm nur allein die
Genitalregion wiedergebe.
Die linksseitige Genitalanlage (Fig. 16) ist nach Entstehung der
Enddarmschlinge immer in deren unmittelbarster Nähe gelegen. Die
Keimanlage ist jetzt wiederum etwas fortgeschrittener. Das Auf-
hängeband (ab) ist von großer Zartheit, ein Verhalten, das nichts Be-
sonderes hat, wenn man bedenkt, daß es seine Aufgabe mit dem
Transport der Genitalanlage quasi erfüllt hat. Diese Befestigung ist
auch völlig ausreichend, denn die wenig voluminöse Genitalanlage
liegt so fest in dem Fettkörper verpackt und zwischen Darm und
Körpermuskulatur so eingekeilt, daß schon allein dadurch ihre nor-
male Lage gewahrt bleiben und deshalb vorläufig keine stärkere An-
heftung vonnöten sein dürfte. Die zu dieser Zeit vorhandene, große
Feinheit des Aufhängebandes ließ mich anfänglich der Meinung
werden, daß eine Unterbrechung der Anheftung vor sich gehe, nach-
dem die Genitalanlage an ihren definitiven Platz befördert ist, etwa
in Ähnlicher Weise, wie es Hrymonxs (1) bei Phyllodromia festgestellt
hat. Doch erwies sich diese Auffassung für Tenebrro als unzutreffend,
da ich späterhin immer die Kontinuität des Suspensorialapparates
mit aller Deutlichkeit wahrnehmen konnte.
Was die Keimdrüse selbst anbetrifft, so erkennen wir wieder
die typischen Urgenitalzellen und in ihrer Begleitung vereinzelte, meist
randständige epitheliale Zellen. In der Endfadenanlage ist die Reihen-
anordnung viel ausgedehnter geworden. Auf der Figur sind vier
solcher Reihen der ganzen Länge nach und eine fünfte im Anschnitte
getroffen. Zwischen den Reihen sind aber nunmehr Trennungs-
membranen sichtbar, die fast bis zum Grunde der Reihen hinunter-
reichen, und deren Entstehung ich auch in diesem Falle auf eine
euticulare Ausscheidung seitens der ovalen Endfadenzellen zurück-
führe. An der Spitze der Zellreihen, wo die neu entstandenen
276 Theodor Saling,
Trennungslinien mit der Tunica propria zusammenstoßen, kerbt sich
diese ein, so daß damit eine Isolierung der einzelnen Reihen oder
»Endfäden«e — wie ich sie nunmehr nennen kann — eingeleitet
wird. Schließlich seien noch die drei dunklen Zellen erwähnt, die vor
der Spitze der Zelireihen gelegen sind; sie gehören zu den Ansatz-
zellen und übernehmen die Vermittlung jedes einzelnen Endfadens
mit dem Aufhängeband. Dieses führt aber nicht mehr selbständig
zum Herzrohr, sondern heftet sich am Pericardialseptum an, das
durch das Emporwachsen des Keimstreifs über den Dotter in an-
grenzende Lage zum Aufhängeband gebracht wurde.
An den bisher geldrollenartig hintereinander geschalteten, ovalen
Endfadenkernen, treten nun innerhalb jedes einzelnen Endfadens
Lageveränderungen ein, wobei auch die Geschlechtsdifferen-
zierung zum Ausdruck kommt. Diese Verhältnisse lassen sich weit
deutlicher bei der Testikelbildung wahrnehmen. Die Geschlechts-
differenzierung tritt am Ende der embryonalen Periode auf und zwar
in einem Stadium, das etwa dem in Fig. 15 wiedergegebenen ent-
spricht; doch neigt dieses schon mehr zur Ovarialanlage. Die Ähn-
lichkeit zwischen Hoden- und Ovarialanlage ist in der ersten Zeit
eine so große, daß sich die Unterscheidung nur auf Grund der End-
fädenanzahl treffen läßt, die bei der Testikelanlage nur halb so
sroß ist wie beim Ovarium.
Auf Fig. 17, die eine sehr junge Hodenanlage vorstellt und etwa
gleichaltrig mit der in Fig. 16 abgebildeten Ovarialanlage ist, erkennt
man nun folgendes: |
Die geldrollenartig geschalteten, ovalen Endfadenzellen nehmen
eine sichelförmige Gestalt an, rücken aus den Längsreihen heraus
und dehnen sich, ihre konkaven Seiten einander zukehrend, ring-
förmig aus. Durch weiteres ringförmiges Auseinanderweichen wölben
sie dann die Tunica propria nach außen vor, und durch gleichzeitig er-
folgende Einkerbung der Tunica propria entstehen dann die sechs
kleinen auf Fig. 17 sichtbaren Divertikel, womit wir zugleich die
Entstehung der sechs Hodenbläschen vor Augen haben. Die Fig. 17
stellt eigentlich eine Kombination zweier benachbarter Schnitte der-
selben Serie dar, insofern als auf dem einen Schnitte nur die vier
dem Darmepithel zugekehrten Divertikel sichtbar sind, auf dem
nächstfolgenden Schnitte dagegen die zwei andern, nach vorn ge-
richteten Hodenbläschen, die ich in der Figur mit eingezeichnet
habe. Die sichelförmigen Zellen sz gruppieren sich wandständig in
den Divertikeln, welche auf breiter Basis mit der Region der Urkeim-
Zur Kenntnis der Entwiekl. der Keimdrüsen von Tenebrio molitor L. 277
zellen zusammenhängen, und diese wandern nun aus dem einheitlichen
Raume in die Bläschen hinein, wie sich zweifellos in der larvalen
Periode erweisen wird.
Diese Verhältnisse sind bei den weiblichen Embryonen schwerer
zu erkennen, da die Endfadenreihen bedeutend schmäler, dafür aber
in doppelter Zahl vorhanden sind. Jedoch läßt sich auch aus Fig. 16
unschwer der Beginn der eben geschilderten Vorgänge herauslesen,
indem sich die am meisten terminal gelegenen Endfadenzellen sichel-
förmig umbilden und mit der konkaven Seite gegeneinander zu lagern
trachten. Doch erst im jungen Mehlwurm spielen sich im Ovarium
die weiteren Vorgänge ab. —
Hiermit hätte ich den zweiten Abschnitt meiner Untersuchungen
beendigt, denn eine weitere Modifikation der Genitalanlage findet vor
Ausschlüpfen der Larve, das nur noch eine Frage des Augenblicks
ist, nicht mehr statt. Ich stelle daher die gewonnenen Resultate
nachfolgend kurz zusammen:
1) Die junge Genitalanlage durchbricht die mediane Wandung
des siebenten abdominalen Ursegments und tritt mit dem Oölom in
Verbindung.
2) Durch diesen Einbruch in das Cölomgebiet erwirbt sich die
Genitalanlage ihre mesodermatische Umkleidung, und zwar entsteht
das Epithel aus den Partien der Cölomwandung, die der Keimdrüse
direkt anliegen, der Fettkörper dagegen durch Umwandlung des
Ventralabschnittes des ursprünglichen Cölomsäckchens. Das Fett-
gewebe schiebt sich dann von unten her um die Genitalanlage herum.
Ferner bildet sich aus der medio-dorsalen Wand des reduzierten
Cölomsäckehens die Endfadenplatte, der Ausleiteapparat dagegen aus
dem ventralen Epithel des reduzierten Cöloms.
3) Die Hauptrolle bei der Weiterentwicklung spielt zunächst die
Endfadenplatte, denn sie vermittelt die Befestigung der Keimanlage
am visceralen Blatte. Bei dem Hinaufwachsen des Keimstreifs über
den Dotter hebt die Endfadenplatte die Genitalanlage mit in die
Höhe. Dabei zieht sich nur der dem visceralen Blatte benachbarte
Teil der Endfadenplatte zu dem Aufhängebande aus, während sich
der der Keimanlage zugekehrte Abschnitt in die Endfäden um-
wandelt.
4) Die Befestigung der Genitalanlage persistiert durch alle Ent-
wicklungsstadien hindurch; gegen Ende der embryonalen Periode
verschmilzt das Aufhängeband mit dem Pericardialseptum.
278 Theodor Saling,
5) Kurz vor Schluß der embryonalen Periode findet die Ge-
schlechtsdifferenzierung statt.
6) Die geldrollenartig hintereinander geschalteten Endfadenzellen
bilden durch ringförmiges Auseinanderweichen an der Keimanlage
Divertikel, in welche die Urkeimzellen eintreten.
7) Beim Hoden bilden sich sechs Divertikel, am Ovar zwölf in
Übereinstimmung mit der in der Imago vorhandenen Zahl der Hoden-
blasen bzw. Eiröhren.
3. Die postembryonale Entwicklung der Genitalanlage.
Wie ich in der Einleitung zu dieser Arbeit erwähnte, schlüpft
etwa am 9. Entwicklungstage der junge Mehlwurm aus dem Eie,
und nach dem Platzen der Eihüllen macht sich an ihm sofort eine
enorme Längsstreckung bemerkbar, die offenbar durch reichliche
Aufnahme von Luft seitens der Tracheen bedingt wird. Die soeben
geborene Larve ist etwa doppelt so lang wie das verlassene Ei. Ihr
Abdomen, das für uns allein in Betracht kommt, zählt nur neun
Segmente; mithin ist im Laufe der Embryonalentwicklung eine Re-
duktion der Segmentzahl eingetreten, denn bei beginnender Segmen-
tierung des Embryos (Fig. 7) wurden deutlich elf Abdominalsegmente
angelegt.
Schauen wir uns nun nach der Genitalanlage um, so finden wir
sie bei jungen Mehlwürmern in der Mitte des sechsten Abdominal-
segmentes in dorso-lateraler Richtung vom Darmkanal aus und zu
beiden Seiten desselben. Die Genitalanlage ist also im Abdomen
etwas weiter nach vorn gerückt, welcher Prozeß sich allerdings be-
reits während der Embryonalentwieklung abgespielt hat, worauf ich
bei Betrachtung der Fig. 16 und 17 besonders hinzuweisen ver-
absäumt habe. Es tritt nämlich bei der Wanderung der Genitaldrüsen
von der ventralen nach der dorsalen Seite diese Verschiebung nach
vorn auf. Die Textfig. 5 stellt einen halbschematischen Sagittal-
schnitt durch eine junge Larve dar. Der Darmkanal ist tangential
getroffen, nur an wenigen Stellen ist infolge der Darmwindungen
auch das Lumen berührt. Über der Darmwand des sechsten Abdo-
minalsegmentes liegt nun die Genitalanlage, die gegenüber den andern
Organen von auffallend geringer Größe erscheint. Man kann sich
des Eindruckes nicht erwehren, als seien die Keimdrüsen plötzlich
zusammengeschrumpft, doch beruht dieser auffallende Größenkontrast
einfach darauf, daß die Genitalorgane an der Ausdehnung des übrigen
Zur Kenntnis der Entwickl. der Keimdrüsen von Tenebrio molitor L. 279
Körpers durch Luftaufnahme nicht mit teilnehmen. Auch die Text-
figur 6 läßt die Lagerung der Geschlechtsdrüsen deutlich erkennen.
Durch Schrumpfung hat sich der Darm vom Fettkörper abgehoben,
wodurch zwei große Körperlücken entstanden sind, die natürlich
unter normalen Umständen fehlen.
re
Af 2 / Sr nen Chıtın Hppodermis
Grenze des Mittldarmes
Textfig. 5.
Sagittalschnitt durch eine junge Larve.
Auch in den ersten Lebenstagen des jungen Mehlwurms ist die
Unterscheidung von Hoden und Ovarien eine schwierige. Sie ähneln
sich in der ersten Zeit nach der Geschlechtsdifferenzierung so sehr,
daß ihre Unterscheidung
eigentlich nur auf Grund
der Anzahl der ausgebildeten
Divertikel festgestellt wer-
den kann. Sind die Diver-
tikel wenig zahlreich und
voluminöser, so hat man es
mit Hoden zu tun, sind sie
dagegen in größerer Zahl
vorhanden und schlanker ge-
baut, so gelangen ÖOvarien
zur Entwicklung. Mit der
zunehmenden Selbständigkeit der einzelnen Divertikel mehren sich
jedoch die Unterschiede; es läßt sich dann immer auf den ersten
Blick das Geschlecht bestimmen.
Um mir nun Wiederholungen und Weitläufigkeiten zu ersparen,
werde ich zunächst die Entwicklung der weiblichen Genitalanlage
schildern und im zweiten Abschnitte die Ausbildung des Hodens.
Textfig. 6.
Querschnitt durch eine junge Larve.
A. Die postembryonale Entwicklung des Ovariums.
Ein sehr junges larvales Ovarium ist in Fig. 18 abgebildet. Es
entstammt einer ®/, mm breiten Larve und ist bei starker Vergröße-
280 Theodor Saling,
rung wiedergegeben. Da gerade die Ovarien sich sehr langsam ent-
wickeln, ja während des ganzen Larvenstadiums sehr klein bleiben,
so ist ihre makroskopische Auffindung in dem Fettkörper bei sehr
jungen Mehlwürmern geradezu unmöglich, bei älteren Larven schwierig.
Um die Ovarien auch in ihrer natürlichen Lagerung zu studieren,
mußte ich daher die Tiere in toto schneiden. Wegen des ungeheuer
renitenten Chitins war mir zumeist ein Mikrotomieren unter 7! u
unmöglich, was besonders in Anbetracht der geringen Ausdehnung
der jüngsten Keimanlagen (Fig. 15 und 23) zu bedauern ist, sich aber
durch nichts ändern ließ.
In Fig. 18 ist nun die Ovarialanlage einer frontal durchschnittenen
Larve veranschaulicht. Die Genitalanlage bietet ein merkwürdiges
Aussehen dar, und es ist nicht leicht, sich gleich die obwaltenden
_ Verhältnisse zu vergegenwärtigen. Zum Verständnisse der Figur muß
ich vorausschicken, daß die bereits in Fig. 16 durch fortschreitende
Einkerbung der Tunica propria eingeleitete Trennung der einzelnen
Endfäden nunmehr vollendet ist; sie greift sogar auf die eigentliche
Keimdrüse über und führt somit zur Ausbildung der späteren Ei-
röhren. In Fig. 18 haben wir solche im Entstehen begriffenen larvalen
Ovarialröhren schon vor uns; sie sind in der Achtzahl getroffen, und
zwar vier fast der ganzen Länge nach, vier andre dagegen in
schrägem Anschnitt. Überhaupt ist die Ovarialanlage schräg durch-
schnitten worden, was aus der Anordnung der sichelförmigen Zellen
hervorgeht und auch unbedingt bei einem Frontalschnitte der Fall
sein muß, wenn man sich an der Hand der Fig. 16 und Text-
fig. 6 die Lage der Keimdrüsen vergegenwärtigt. Ich erwähne noch,
daß die Ovarialröhren beim Eintritt ihrer Isolierung vom Peritoneal-
epithel umwachsen werden, das von dem Teile des mesodermatischen
Fettgewebes geliefert wird, der die Genitalanlage allseitig umgibt.
Es liegt den larvalen Ovarialröhren dicht an und ist von äußerst
zarter Beschaffenheit, so daß es selbst eigentlich gar nicht sichtbar
wird, sondern nur vereinzelte, fast nadelförmig dünne Kerne (pk, Fig. 18).
Man muß also an der Fig. 18 beachten, daß man von schräg oben
auf die Genitalanlage blickt, infolge dessen zuerst auf die larvalen
Ovarialröhren stößt und erst weiter unten auf den noch einheitlichen
Raum, von dem die Ovarialröhren vorläufig noch nicht Besitz er-
griffen haben, und in dem noch das Gros der Keimzellen (kz) liegt.
Man erkennt aber sofort, daß dieser einheitliche Raum, der in
Figur 16 noch recht umfangreich war, sich mittlerweile zu
gunsten der Övarialröhren reduciert hat. Im weiteren Entwick-
Zur Kenntnis der Entwickl. der Keimdrüsen von Tenebrio molitor L. 281
lungsverlaufe geht er ganz in die Bildung der larvalen Ovarial-
röhren auf.
Des weiteren läßt sich im Vergleich zur Fig. 16 konstatieren,
daß sich in den dortigen Zellreihen derselbe Umwandlungsprozeß
der ovalen Zellen in die sichelförmigen abgespielt hat, wie er oben
für die Hodenanlage beschrieben wurde. Dadurch, daß auch
hier die sichelförmigen Zellen das Bestreben haben, sich ring-
föormig auszudehnen, werden die geldrollenartigen Zellreihen zu
Divertikeln ausgeweitet, in welche die Keimzellen, die aber in-
zwischen ebenfalls aus der kreisrunden Gestalt in eine längliche über-
gegangen Sind, genau so wie in die Hodendivertikel eindringen. Die
Gestaltsveränderung der Keimzellen ist eine sehr vielseitige, denn es
bilden sich Kerne von den abnormsten Formen heraus; im allgemeinen
überwiegt jedoch die spindelförmige Gestalt. Diesen Formenwechsel
kann ich mir nicht anders erklären, als daß sich die Keimzellen
vermöge ihrer spindelförmigen Beschaffenheit besser in die Ovarial-
röhren hineinarbeiten können. Natürlich nehmen auch die epithelialen
Elemente innerhalb der Keimdrüse an der Umformung mit teil. Es
sei noch erwähnt, daß der Oviduct der soeben beschriebenen Anlage
in Fig. 18 von links unten an die Keimdrüse herantreten würde, wie
sich aus Schnitten derselben Serie ergibt. Er ist von ähnlichem Aus-
sehen wie das auf Fig. 25 dargestellte Vas deferens der jungen
Hodenanlage.
Fig. 18 konnte die
Vermutung erwecken, SIRRREN,
als ob die Ovarial- oVN\
anlage ohne jegliche
Anheftung ganz frei
a li.
Ba RE ET reg age
im Fettkörper läge. In ab
der Tat besitzen aber Textfig. 7.
8
die ın Entstehung be- Schräger Sagittalschnitt durch ein junges larvales Ovar.
sriffenen Ovarialröhren
einen Suspensorialapparat, wie der schräge Sagittalschnitt in Text-
fig. 7 erweisen kann. Infolge der Schnittrichtung sind nur die End-
spitzen der larvalen Eiröhren getroffen, während die noch einheit-
liche Masse, die sich noch nicht zugunsten einer Verlängerung der
Ovarialröhren durchgeschnürt hat, sowie der an sie herantretende
Oviduet auf den benachbarten Schnitten zu überblicken sind. Die
Ovarialröhren lassen schon in Textfig. 7, obwohl sie noch gering
entwickelt sind, eine Unterscheidung des in ihnen befindlichen Zell-
282 Theodor Saling,
materials zu, denn an der Basis liegen junge Keimzellen, am termi-
nalen Ende dagegen die sichelförmigen Zellen des Endfadens, die
aber schon das Bestreben haben, wieder in eine länglich ovale Ge-
stalt überzugehen. Die Spitze eines jeden Endfadens ist nun deutlich
mit dem Aufhängebande durch ein Ligament verbunden, das sich von
den früher erwähnten Ansatzzellen herleitet, die natürlich gleichen
Ursprungs sind wie die Endfadenzellen. Die Ovarialanlage Textfig. 7
ist natürlich auch von einem zarten Peritoneum umkleidet und liegt
fest im Fettgewebe eingebettet.
Ich kann nun einen größeren Sprung machen und gleich die
Betrachtung des Ovariums einer Larve von mittlerer Größe an-
schließen, da nämlich die Differenzierung der Ovarialanlage auffallend
langsam vor sich geht. Die Durchschnürung der Ovarialröhren ist
_ jetzt bis auf die Insertionsstelle des noch immer kompakten Ausleit-
apparates erfolgt, und es münden nun zwölf Eiröhren in den un-
paaren Ausführungsgang, der sich später an dieser Stelle zum »Eier-
kelch« aufweitet. Die Ovarialröhren schwellen beträchtlich in der
Breite an, da sich die ganze Masse des Keimzellmaterials in sie
hinein ergießt, und grenzen sich durch Einschnürung scharf gegen
den Ausleiteapparat ab, so daß es zur Ausbildung der einzelnen
»Eiröhrenstiele« kommt, die natürlich, wie der ganze, der Keimdrüse
benachbarte Teil des Ausleiteapparates mesodermaler Herkunft ist.
Nach diesen Erörterungen wird sich der nächstfolgende Schnitt
Fig. 19 verstehen lassen, der einer ziemlich erwachsenen, 3 mm breiten
Larve entstammt. In der mikrophotographischen Textfig. 8 ist der-
selbe Schnitt bei schwächerer Vergrößerung wiedergegeben, um das
genaue Größenverhältnis sowie die Lagerung der Ovarien deutlich
zu machen. Die eine der hier sichtbaren Ovarialröhren ist in Fig. 19
bei 500facher Vergrößerung dargestellt. Vom Eiröhrenstiel ist scharf‘
die Keimdrüse abgesetzt, die sich terminal in eine ziemlich lange
Spitze auszieht; letztere fehlt auf Fig. 19, da sie infolge der Schnitt-
richtung weggenommen wurde Umgeben wird die Keimanlage von
einem deutlichen Peritoneum, das mit dem Fettkörper in engster
Fühlung ist und dadurch noch seine Herkunft von ihm verrät. Das
sanze Innere der Keimdrüse ist in einem seltsamen Zustande. Von
den Keimzellen besitzt nur ein geringer Teil in der Nähe des Ei-
röhrenstieles rundliche Formen, weitaus die Hauptmasse hat dagegen
länglich ovale, sichel-, spindel- oder auch trapezförmige Gestaltung.
Teils hat sich der Keimdrüseninhalt an den Wandungen in Form
eines Epithels niedergelassen, der größere Teil erscheint aber auf
Zur Kenntnis der Entwickl. der Keimdrüsen von Tenebrio molitor L. 283
dem Vormarsche gegen die Spitze der Eiröhre hin. Die Kernstruktur
der Keimzellen ist eine völlig andre geworden. Große Chromatin-
ballen haben sich im Kerne angehäuft, und man kann jetzt von
Urkeimzellen nicht mehr reden, denn Teilungsvorgänge, wodurch
eine enorme Zellvermehrung bedingt wird, sind an der Tagesord-
nung. Der Endfadenapparat ist im Verhältnis zur ganzen Eiröhre
von ansehnlicher Größe. Die langen, sichelförmigen Kerne sind
nahezu verschwunden, hingegen bemerkt man zahlreiche kleine
Kerne. Der ganze Endfadenapparat steht zur übrigen Ovarial-
röhre in scharfem Kontraste durch seine bedeutend blassere Färbung,
Textfig. 8.
Photogramm vom Querschnitt einer Larve mittleren Alters.
die dadurch verursacht wird, daß viel Plasma, aber wenige und
kleine Kerne in ihm liegen; es sind in ihm gar keine Keimzellen
enthalten, ohne daß aber deshalb eine Scheidewand gegen die Ei-
röhre hin bestände. Ja, der Endfadenapparat sendet sogar einen
deutlichen Zapfen in die Ovarialröhre hinein, und die Kerne des
Terminalapparates sind im Gegensatz zur Kernmasse der Eiröhre in
querer Schichtlage angeordnet, entsprechend der Lage der dort ur-
sprünglich vorhanden gewesenen, sichelförmigen Kerne. Ich führe
nämlich — um es kurz zu sagen — die kleinen Kerne auf die
sichelförmigen zurück. Letztere bestehen nur so lange, als sie die
284 Theodor Saling,
Terminalregion der Eiröhre ausweiten und für den Eintritt der Keim-
zellen geeignet machen, alsdann bilden sie sich durch Teilung in die
kleinen Kerne um.
Weshalb der Endfadenapparat von so mächtiger Ausdehnung ist,
weshalb er ferner weit in das Innere der Eiröhre einen Zapfen hin-
einerstreckt, zu dem die Keimzellen eine eigenartige Anordnung ein-
nehmen, dafür konnte ich keine ganz einwandfreie Erklärung finden.
Anfangs glaubte ich annehmen zu dürfen, daß dem Endfadenapparat
auch eine alimentäre Bedeutung zukäme und daß durch den Zapfen
den im Innern der Eiröhre liegenden Keimzellen Nährstoffe zugeführt
würden, deren die Genitalzellen während der fortgesetzten Teilungen
zweifellos bedürfen. Doch suchte ich vergeblich nach anderweitigen
anatomischen Merkmalen, die imstande gewesen wären, diese Ansicht
zu stützen. Sehen wir zu, ob sich nicht aus der Weiterentwick-
lung eine Erklärung bietet.
In Fig. 20 erblicken wir die Eiröhre einer ausgewachsenen
Tenebrio-Larve. Das eigentliche Keimfach, oder wir können jetzt auch
schon von einer »Endkammer« reden, beherbergt eine große Menge
abgerundeter Zellen, die durch Teilung aus den Keimzellen hervor-
gegangen sind, und die ich als »Oogonien« bezeichnen möchte. Die
sroße Masse derselben drängt den Endfadenapparat zurück. Dieser
seht während des Entwicklungsverlaufes aus der anfänglich breit-
kurzen Form in einen langen dünnen Faden über, der innerhalb der
Peritonealumkleidung emporwachsend zur Verstärkung der Anheftung
dient. Aus diesem Verhalten des Endfadenapparates scheint sich
auch seine ehemalige Größe zu erklären. Da er berufen ist, die
Befestigung der Genitalanlage am Pericardialseptum zu übernehmen,
die bisher nur mittels des dünnen Aufhängebandes aufrecht erhalten
wurde, so mußte im Endfadenapparat eine bedeutende Vermehrung
des Zellmaterials vor sich gehen, denn infolge der rasch und be-
deutend zunehmenden Volumvergrößerung der Ovarialröhren im Larven-
und Puppenkörper werden recht erhebliche Anforderungen an die
Zugfestigkeit des Suspensorialapparates gestellt.
In Fig. 20 mehren sich am Endfadenapparat die Merkmale des
für die Insekten-Eiröhren als typisch bekannten Endfadens; im
Innern zeigt sich eine deutlich fasrige, lamellöse Struktur mit Kernen,
die sich in Wechsellagerung befinden.
Die Umbildung des Endfadenapparates zum definitiven Endfaden
läßt sich Schritt für Schritt verfolgen. Die Textfig. 9 läßt vier Ovarial-
röhren in einem frontal durchschnittenen, jungen Puppenabdomen er-
Zur Kenntnis der Entwickl. der Keimdrüsen von Tenebrio molitor L. 285
kennen. Die Endkammer ist nunmehr infolge der sich immer stärker
anhäufenden Oogonienmasse lang eiförmig geworden und dick an-
seschwollen. Der mit Kernmaterial reich angefüllte Endfaden hat
sich bereits viel dünner ausgezogen; besonders deutlich ist dies an
der am weitesten links gelegenen Eiröhre der Textfigur. Da sich
der Endfaden immer mehr zu gunsten seiner Längsausdehnung ver-
schmälert, die Endkammer dagegen immer breiter aufgetrieben wird,
so kann man bald auch äußerlich eine Grenze zwischen Endfaden
und Endkammer wahrnehmen, indem die Tunica propria an dieser
Übergangsstelle eine Kerbe bildet, die mit fortschreitender Entwick-
Textfig. 9.
Photogramm von Eiröhren einer jungen Puppe.
lung immer tiefgreifender wird. Im Innern der Eiröhre liegt die
Grenze klar vor Augen, da der Endfaden deutlich lamellös strukturiert
ist, während die Endkammer die Oogonien in dichtgedrängten Massen
enthält.
Auch die Endkammern beginnen nun, sich in die Länge zu
strecken, wie die Textfig. 10 lehrt, welche die. Ovarialröhre einer
älteren Puppe veranschaulicht. Der Endfaden ist leider abgeschnitten
worden, doch beweisen die angrenzenden Schnitte derselben Serie,
daß er sich bereits ganz fadenförmig ausgezogen hat. Das Peritoneum
Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. 19
286 | Theodor Saling,
ist aber auf der Textfig. 10 zu erkennen, und ebenso beginnt sich der
Eiröhrenstiel zu modifizieren. Die Bildung eines Lumens deutet schon
an, daß die Entstehung der Eifollikel nicht mehr in allzu weiter
Ferne liegt. |
In der Fig. 21 ist die Insertionsstelle des Endfadens einer Ovarial-
röhre vom Alter der Textfig. 10 bei starker Vergrößerung wieder-
gegeben. Dieser Längsschnitt ist für mich deshalb so wichtig ge-
worden, weil aus ihm die Bildung der Scheidewand zwischen
Endfaden und Endkammer ersichtlich wird. Tenebrio gehört nämlich
zu den Coleopteren, deren Endfäden durch einen scharfen Kontur von
Textg.-10.
Photosramm der Ovarialröhre einer älteren Puppe.
den Endkammern abgesetzt sind. Fig. 21 erläutert nun, daß der
Endfaden ganz an die äußerste Spitze der- Endkammer zurückge-
schoben ist, und daß sich an der Einkerbungsstelle der Tunica propria
d. h. also an der Grenze zwischen Endfaden und Endkammer nach
innen ringförmig eine Quermembran von der Tunica ablöst. Die
Scheidewand trennt: den Endfaden von der Endkammer völlig, sobald
sich die ringförmige Membranerhebung in der Mitte geschlossen hat.
Somit geschieht die Bildung der Scheidewand ähnlich wie die der
Quermembran in einer Pflanzenzelle.
Zur Kenntnis der Entwickl. der Keimdrüsen von Tenebrio molitor L. 287
Dieser Nachweis ist für mich deshalb interessant, weil durch
ihn die Endfadenfrage geklärt wird. Bekanntlich hatten die einen
Forscher behauptet, bei den Insekten ginge der Endfaden in die
Endkammer kontinuierlich über. Andre Autoren widersprachen dem
und erklärten, es bestehe eine scharfe Trennung. Doch schon Kor-
SCHELT (1), der als erster in ausgedehntester Weise die Insekten-
ovarien auf ihre histologischen Feinheiten hin vergleichend unter-
suchte, konnte den Nachweis erbringen, daß bei einem Teil der In-
sekten eine Trennung zwischen Endfaden und Endkammer vorliege,
bei einem andern Teil jedoch fehle. So geht z. B. aus seiner Abbil-
dung der Rhrxotrogus-Endkammer das Vorhandensein der Scheide-
wand deutlich hervor, während sie bei andern Formen nur undeut-
lich, bei wieder andern gar nicht vorhanden ist. Diese Befunde
wurden durch neuere Untersuchungen bestätigt, von denen ich be-
sonders die von Gross namhaft machen möchte. Die drei von Kor-
SCHELT gekennzeichneten Modi der Endfadenabgrenzung standen bis-
her unvermittelt nebeneinander. Die Verschiedenartigkeit wird jedoch
sofort verständlich, sobald man annimmt, — wie ich es für Tenebrio
als Faktum vorgefunden habe, — daß die Trennung von End-
faden und Endkammer den am weitesten fortgeschrittenen
Entwieklungszustand bedeutet. Am ursprünglichsten hingegen
sind die Ovarialröhren ohne Scheidewand, da dieser Zustand bei der
Entstehungsweise des Endfadens als erster durchlaufen wird.
Was die physiologische Bedeutung des Endfadens anbelangt, so
ist seine Funktion als Befestigungsmittel lange erwiesen. Daß diese
Befestigung angestrebt wird, hat seinen Grund darin, daß infolge
der massigen Oogonienbildung und der damit verbundenen Ausdeh-
nung der Endkammer eine besonders dauerhafte Anheftung der schwer
gefüllten Ovarialröhren vonnöten wird, da der Fettkörper allein sie
nicht mehr in normaler Lage zu halten vermag.
Es sei hier eine Mitteilung von Heymons bezüglich der Endfäden
von Phyllodromia erwähnt. Der Autor bildet auf Fig. 10 seiner
Tafel XII ein Entwicklungsstadium ab, in dem die Verbindung der
Genitalanlage mit dem Pericardialseptum gelöst ist, und sagt bei Be-
sprechung dieses Zustandes auf S. 520: »Ich habe nun schon oben
darauf hingewiesen, daß die Spitze des Endfadens weder das Herz
noch das Pericardialseptum erreicht, sondern frei endigt.<e Auf Grund
dieses Befundes kommt Verfasser dann wohl zu dem Urteil: »Von
‚wesentlicher Bedeutung für die Geschlechtsdrüsen ist bei Phyllodromia
‚der Endfadenapparat nur in der embryonalen und larvalen Entwiek-
13%
288 | Theodor Saling,
lungsperiode. Während dieser Zeit hat er die Aufgabe, die Lage-
veränderungen der Genitalien zu ermöglichen. Beim erwachsenen
Tier dürfte der Endfadenapparat dagegen seine Bedeutung gänzlich
verloren haben«.
Bei Tenebrio liegen diese Verhältnisse anders; allerdings haben
ja die Coleopteren auch eine viel energischere Metamorphose durch-
zumachen. Nachdem das Aufhängeband die Keimdrüse im Embryo
an Ort und Stelle gebracht hat, hört die Verbindung zwischen Keim-
drüse und Herzregion, bzw. Pericardialseptum keineswegs auf, son-
dern persistiert während der ganzen Entwicklungsdauer, ja von der
larvalen Periode an wird der Suspensorialapparat ganz erheblich ver-
stärkt, was bei der bedeutenden Volumzunahme der Ovarialröhren
leicht verständlich wird.
Von der Umbildung des zuletzt geschilderten Puppenovars bis
zum Käferovarium ist nun kein: großer Schritt mehr. Im wesent-
lichen tritt dabei nur die Modifizierung des Ausleiteapparates, als letzte
aller Entwicklungsveränderungen, in den Vordergrund. Der Eiröhren-
stiel war, entsprechend seiner Funktionslosigkeit, bisher sehr in der
Entwicklung ‘"zurückgeblieben. Auf der Fig. 19 hatte er noch gar
kein Lumen, das jedoch am Ende der larvalen Periode (Fig. 20) ent-
steht. Er legt sich mit konkaver Basis dem verbreiterten, unteren
Endkammerteille an. Während des ganzen Puppenstadiums (vgl.
Textfig. 9 und 10) tritt ein wesentlicher Fortschritt nicht auf. Erst
bei der Umwandlung in die Imago verändert sich auch der Eiröhren-
stil, gemäß den seiner nun harrenden Funktionen. Schon in
Textfig. 10 gibt sich das Lumen zu erkennen. Es wird nun durch
das Reifen und Hindurchwandern der reifenden Eizellen ausgeweitet,
wodurch die »Eifollikel« zustande kommen. Der Eifollikel ist also
mesodermaler Natur und reicht bis zur Basis der Endkammer, die
als »Keimlager« zu bezeichnen ist, da nur dort die jungen Oocyten
ihre Entstehung nehmen. Ein Unterschied zwischen Keimlager und
Eifollikel bleibt aber immer bestehen, wenn auch die Grenze da-
durch verwischt wird, daß sich zahlreiche 'Epithelkerne aus dem
Verbande des Eifollikels lösen und sich über das Keimlager hin lose
zerstreuen. Sie bezwecken hiermit eine sofortige epitheliale Umklei-
dung der jungen Oocyte, die damit dem Follikel zugeführt wird.
Anderseits scheinen die in der Endkammer befindlichen Epithelzellen
eine Assimilation der Nährzellen zu begünstigen.
Tenebrio molitor besitzt nämlich — um die Grosssche Bezeich-
nung zu wählen — telotrophe Eiröhren. Die Entstehung der Eier
Zur Kenntnis der Entwickl. der Keimdrüsen von Tenebrio molitor L. 289
ist auf die Oogonien beschränkt, die im Keimlager liegen; die ganze
übrige, die Endkammer ausfüllende Hauptmasse der Oogonien sind
aber abortive Eizellen (KoRscHELT) und können im ausgebildeten
Käferovar direkt als »Nährzellen« benannt werden, der sie ein-
schließende Teil der Endkammer als »Nährkammer.«.
In Kern und Plasma der Nährzellen (vgl. Fig. 22), die dem
Keimlager zunächst liegen, sieht man kleine, stark lichtbrechende,
ovale Körner, die nach Zerfall der Nährzelle von allen Ooeyten
begierig aufgesogen werden. Die Auflösung der Nährzellen geschieht
unter dem Einfiuß der in der Endkammer befindlichen Epithelkerne,
Textfig. 11.
Photogramm von Eiröhren einer eben ausgeschlüpften Imago.
wobei zunächst der Nährzellenkern degeneriert, sodann die ganze Zelle.
Die jungen Ooecyten treten in relativ geringer Anzahl auf, sind
länglichoval gestaltet und liegen mit ihrem Längsdurchmesser quer
zur Länge der Eiröhre. Sie werden durch die Epithelzellen in eine
Reihe hintereinander geschaltet, so daß sie den Follikel perlschnur-
artig passieren können. Die Fig. 22 und Textfig. 11 veranschau-
lichen diese Verhältnisse. Auf dem Photogramm, Textfig. 11, er-
kennt man auch den durch eine Scheidewand von der Nährkammer
deutlich getrennten Endfaden, der nunmehr zu einem langen, dünnen
Bande ausgewachsen ist und vom Peritoneum rings umgeben wird.
290 A Theodor Saling,
Die Ovarialröhren "eines geschlechtsreifen Käfers bieten dann
den perlschnurartigen Anblick dar, der zur Genüge von vielen In-
sekten bekannt ist. Die längliche Endkammer schnürt sich gegen
den Follikel etwas ein, der in einer Reihe hintereinander Eier von
verschiedenen Entwicklungsstufen beherbergt. Die jüngsten Eier liegen
natürlich dem Keimlager am nächsten. Die im Follikel heranwach-
senden Eizellen haben einen relativ großen, blaßgefärbten Kern mit
deutlicher Wabenstruktur (= Keimbläschen). Bei den jüngeren Eiern
in der Mitte gelegen, nähert er sich in großen Eiern, in denen die
Ausbildung des Dotters beginnt, zumeist der Peripherie des Eies, ein
Verhalten, das schon KOoRSCHELT u. a. an verschiedenen Insekten
konstatiert und mit Recht auf eine Beteiligung des Kerns an der
' Nährstoffaufnahme des Eies zurückgeführt haben.
Der Follikel hat nämlich für die Ernährung der Eizelle eine
sroße Bedeutung. Er nimmt die durch Zerfall der Nährzellen ent-
standene Nährsubstanz in sich auf, verarbeitet sie und gibt sie an
die Eizellen ab. Die Eizellen sind daher — wie auch aus Fig. 22
erhellt — an ihrer Peripherie, wo sie dem Follikel anliegen, mit
Nährstoffen zumeist überladen; ja, die Nährstoffzufuhr seitens des
Follikels ist bei Tenebrio molitor speziell
eine so intensive, daß die heranwachsen-
den Eizellen das Nährmaterial gar nicht
schnell genug zu fassen vermögen, zumal
die Eizelle zugleich noch von andrer Seite
mit Nahrung versorgt wird. Die Folge
davon ist, daß sich dieses überreichliche
Nährmaterial zwischen Follikel und Eizelle
ablagert, welche Ansammlung bei den
jungen Eiern zumeist eine sehr bedeutende
ist (Textfig. 12), wodurch der Follikel ge-
Textfig. 12. zwungen wird, auf einen breiten Zwischen-
ae raum hin von der Eioberfläche zurück-
zuweichen. Erst allmählich gelingt es dem
Ei, der beigegebenen Nährsubstanz Herr zu werden, was jedesmal
erfolgt ist, sobald im Innern der Eier die Dotterbildung eintritt, die
von der Eiperipherie nach der Mitte fortschreitet. Alsdann liegt
der Follikel dem Ei fest an.
Nachträglich finde ich bei Durchsicht der Literatur, daß MoLLIsoN
jüngst einen ganz übereinstimmenden Fall für die Eier von Melo-
lontha beschrieben hat. Es freut mich daher, seine Befunde bestä-
Zur Kenntnis der Entwickl. der Keimdrüsen von Tenebrio molitor L. 291
tigen zu können. Eine Faltenbildung, wie sie KoRSCHELT und RABES
am Eifollikel von Rhizotrogus wahrgenommen haben, konnte ich
bei Tenebrio nicht konstatieren. |
Ich hatte vorhin erwähnt, daß die jungen Eier noch auf eine
zweite Art ernährt werden. Es geschieht dies durch Dotterstränge,
wie sie auch von vielen andern Insekten, hauptsächlich von Hemipte-
ren und Coleopteren beschrieben worden sind. Besonders haben
KORSCHELT und Gross auf diese Dotterstränge aufmerksam gemacht.
Letzterer liefert auch von verschiedenen Coleopteren, wie Silpha,
Cetonia, Geotrupes, Coccinella u. a. diesbezügliche Bilder. Die auf-
fallendste Übereinstimmung mit den bei Tenebrio vorliegenden Ver-
hältnissen zeigen seine Abbildungen der Eiröhren von Coceinella
ocellata in den Figuren 167—176, sowohl hinsichtlich der Beschaffen-
heit von Endfaden und Endkammer, wie von Follikel und Dotter-
strängen. Eine geradezu frappante Ähnlichkeit besteht zwischen der
Fig. 175 von Gross und meiner Textfig. 12. Dort wie hier ist der
dünne Dotterstrang nur auf eine kurze Entfernung getroffen, weil
die Dotterstränge wegen. der im Follikel befindlichen Eizellen nicht
seradlinig verlaufen können, sondern im Bogen, tangential an den
einzelnen Oocyten vorüber, nach dem Keimlager zu ziehen gezwungen
sind. Auch Gross zeichnet in der Figur einen Spaltraum zwischen
Follikel und Ei, läßt ihn aber leer, während er bei Tenebrro
immer Nährsubstanz enthält. Die Existenz der Dotterstränge
währt nur bis zur Umsäumung der Eier durch das Follikelepithel,
alsdann schnüren sie sich ab und verfallen der Degeneration.
Das am weitesten entwickelte, schon mit Dotterschollen ver-
sehene Ei liegt am Übergange des Eiröhrenstiels in den Eierkelch.
An dieser Grenze liegt ein epithelialer Pfropf, der offenbar ein
zu frühzeitiges Hineinwandern der Eier in den Eierkelch verhindert,
denn er schließt den Eiröhrenstiel gegen den Eierkelch völlig ab,
und bei der Entleerung der Eier müssen diese den Pfropf zerstören.
Dieser Epithelialpfropf, der in seinem Innern eine lockere, quer an-
geordnete Faserung erkennen läßt, wurde bereits von KORSCHELT (2)
für die Ovarialröhre von Rhizotrogus beschrieben. Da der von ihm
auf Tafel XVII in Fig. 29 abgebildete Pfropf hinsichtlich des Ha-
bitus, der Größe und der Lage mit dem von mir bei Tenebrio auf-
gefundenen völlig übereinstimmt, kann ich mir eine besondere Wieder-
gabe ersparen.
Auf die Untersuchung der Entwicklung der äußeren Geschlechts-
organe habe ich verzichtet. Nur auf dem Schnitt, Textfig. 13, ist
292 Theodor Saling,
die Mündung des Ausleitapparates ventral von der Afteröffnung sicht-
bar. NUSBAUM hat unstreitig recht, wenn er die Entstehung der
äußeren Geschlechtsorgane auf ectodermale Einstülpungen zurück-
leitet, worauf ja schon z. B. die chitinige Beschaffenheit des Penis
schließen läßt.
B. Die postembryonale Entwicklung des Hodens.
Bezüglich der Hodenentwicklung bei Tenebrio kann ich mich
kürzer fassen, denn es ist nicht meine Absicht, eine spermatogene-
tische Studie zu publizieren. Zur Ergründung der spermatogene-
tischen Vorgänge bedarf es auch durchaus andrer Konservierungs-
methoden; doch für mich waren ja andre Gesichtspunkte maß-
gebend.
Wir haben die Betrachtung des Hodens in Fig. 17 verlassen,
woselbst die sichelförmigen Zellen durch ringförmiges Auseinander-
weichen die sechs Hodendivertikel gebildet haben. In diese drinst
nun — wie der nächstfolgende Hoden eines ®/, mm breiten Mehl-
wurmes in Fig. 23 demonstriert‘ — die Masse der Keimzellen ein.
Letztere Figur zeigt nur zwei Hodenbläschen im Längsschnitt. Ge-
rade nun so, wie es bei der Ovarialanlage Fig. 18 geschah, gehen
auch die Urkeimzellen des Hodens aus ihrer rundlichen Gestalt in
eine mehr längliche über. Ein Querschnitt, etwa durch die Mitte
eines solchen Hodendivertikels geführt und bei 1156 facher Vergr.
in Fig. 24 abgebildet, läßt die wandständige Lagerung der sichel-
förmigen Kerne erkennen, die mitten zwischen sich die Keimzellen
einschließen. Der Längsschnitt, Fig. 23, zeigt ferner noch, daß die
sichelförmigen Kerne, wie es beim Ovarium (vgl. oben) der
Fall war, hauptsächlich nach der Terminalspitze des
Hodendivertikels hinwandern, und dort bei der Weiterentwick-
lung des Hodens einen dem Endfadenapparat des Ovars ganz ähn-
lichen Terminalapparat bilden. . Fig. 25, welche die Hodenanlage
einer 1!/, mm breiten Larve vor Augen führt,, zeigt diesen Terminal-
apparat, in dessen Inneren sichelförmige Kerne und auch quere
Fasern sichtbar werden. Demnach haben wir es hier ganz homolog
mit dem Endfadenapparat des Hodenbläschens zu tun. Allerdings
fällt sofort auf, daß die Ausdehnung dieser Endfadenanlage bei
weitem nicht diejenige des Ovars erreicht, ein Umstand, der sich
damit erklärt, daß die Hoden schon während des Puppenstadiums
so fest zu beiden Seiten des Darmes eingepreßt liegen, daß eine
%
e
x
Re
Zur Kenntnis der Entwickl. der Keimdrüsen von Tenebrio molitor L. 295
Verschiebung nicht statthaben kann und infolge dessen eine besondre
Anheftung überflüssig wird.
Die Endfadenanlage des Hodens erstreckt sich vornehmlich in
der Medianebene des Hodensäckchens, so daß sie bei den zwei
andern Hodendivertikeln der Fig. 25, die tangential getroffen wurden,
zu fehlen scheint. Der Basalteil des Hodenbläschens, der gewisser-
maßen als »Endkammer des Hodens« anzusprechen wäre, ist inso-
fern nicht ganz getreu wiedergegeben, als das in ihm befindliche
Keimmaterial eine viel ausgesprochenere, unregelmäßige Gestaltung
zeigt, etwa wie es für das Ovar auf Fig. 19 zutraf. Zwischen diesem
unregelmäßig geformten Zellmaterial, das ich als Ursamenzellen an-
sehen möchte, liegen nun im Gegensatz zu den Eiröbren sehr viele,
längliche, sichelförmige Kernchen, an denen man das Bestreben wahr-
nehmen kann, die Spermatogonien in größeren Bezirken zu umfassen.
Und so sehen wir schon in einem etwas älteren Hoden (Fig. 26) die
Spermatogonien in größeren Gruppen vereint und kranzförmig umgeben
von sichelförmigen Kernen, wodurch das Innere des Bläschens in von-
einander gesonderte Spermatogonienbezirke abgeteilt erscheint. Diese
epithelialen Kerne im Innern des Divertikels scheinen größtenteils
Abkömmlinge der Kerne des Terminalapparates zu sein, der sich
seines Kernmaterials ganz entledigt, da er später degeneriert. Der
äußere Habitus des Hodendivertikels ist fast kreisrund, die Ein-
‘ schnürung gegen die Vasa efferentia ist auf Fig. 25 leicht ersichtlich;
daselbst sieht man auch stellenweis Kerne der zarten peritonealen
Umhüllung. Schon auf Fig. 26 hat sich der Terminalapparat im Ver-
hältnis zum Keimfach bedeutend reduciert und enthält einige ovale
Kerne, die von den sichelförmigen abstammen.
Der von mir beschriebene Terminalapparat des Hodens ist
identisch mit der von DEMOKIDOFF am larvalen Hoden von Temebrio
molitor aufgefundenen »Linse«, und ich will diesen Ausdruck eben-
falls annehmen, da er der Gestalt des Terminalapparates tatsächlich
entspricht, wobei zu beachten ist, daß die Linse dem Endfaden
des Ovariums äquivalent ist. DEMOKIDOFF behauptet, daß Linse
und Endkammer der Ovarialröhren einander identisch seien, was
ich durchaus in Abrede stellen muß. Hinsichtlich der Bedeutung
_ dieser Linse hat sich Drmokıvorr dahin erklärt, daß die Linse »in
gar keiner Beziehung zur Samenbildung« stehe, und höchstens als
ein »Stützorgans aufgefaßt werden könne, denn es ziehe von der
. Linse aus ins Innere ein »faseriger Strang«.
Auf Fig. 27, die einen Medianschnitt durch einen Hoden eines
294 Theodor Saling,
ausgewachsenen Mehlwurmes darstellt, ist die Linse in relativ großer
Ausdehnung vorhanden, ja man kann sagen, in der größten, die sie
überhaupt jemals erreicht. Sie liegt dem terminalsten Ende des
Hodendivertikels auf und hebt sich von diesem durch blassere Fär-
bung ab. In der Medianebene ist die Linse am mächtigsten, während
sie nach ihrem Rande zu immer schmäler wird; sie sitzt dem
Hoden wie eine Kugelkappe auf und ist mit ihm in der gemeinsamen
Tuniea eingeschlossen. Von dieser Linse aus wird — genau wie es
beim Ovarialendfaden geschah — ein Zapfen in das Innere des
Hodenbläschens vorgeschoben, und zwar tiefer hinein als bei den
Eiröhren. DEMOKIDOFF will in diesem Zapfen, den er »Strang«
nennt, eine Faserung erblickt haben. Es ist möglich, daß sie existiert,
doch konnte ich sie nicht wahrnehmen. Die Faserung der Linse ist
jedenfalls eine schwächere als beim homologen Ovarialendfaden.
In dem erwähnten Zapfen liest auf Fig. 27 eine beträchtliche
Anzahl kleiner, ovaler Kerne, wie es auch DEMOoKIDOFF in seiner
Fig. 2 wiedergibt. Sie sind zum Teil Abkömmlinge der im Keimfach
verbliebenen epithelialen Kerne, zum Teil scheinen sie von dem
ehemaligen Kernmaterial der Linse herzustammen und in das Keim-
fach eingewandert zu sein. Es scheint mir, daß diese kleinen Kerne
eine alimentäre Bedeutung haben und von den in Fortbildung be-
griffenen Spermatogonien eifrigst verbraucht werden. Auf eine der-
artige Bedeutung der kleinen Kerne wurde ich durch das Studium
einer Arbeit von TönnIGes hingelenkt, der im Hoden von Lithobeus
eanz ähnliche, kleine ovale Kerne fand. Tönnıges leitet sie von der
epithelialen Wandung des Hodens her und schreibt ihnen den Charakter
von Nährzellen zu.
Was den sogenannten »Zapfen« betrifit, so erstreckt er sich selbst
in der Zeit seiner Maximalausdehnung nur in der Medianebene des
Hodens und fehlt daher auf tangentialen oder sagittalen Schnitten
vollständig, wie Fig. 28 erkennen läßt.
Die Hodenbläschen schwellen, während in ihrem Innern die leb-
haften Teilungsvorgänge stattfinden, bedeutend an und erreichen
schon beinahe am Ende der larvalen Periode ihre Maximalausdehnung.
Je mehr sich die Hodenanlage ihrer definitiven Ausbildung nähert,
desto mehr tritt der Terminalapparat in den Hintergrund, und darin
besteht ein erheblicher Unterschied gegenüber dem Ovarialendfaden,
ein Verhalten, das sich aus der späteren Funktionslosigkeit der Linse
erklärt. Sie verkümmert während des Puppenstadiums und ist im .
Käferhoden ganz verschwunden. Denn eine besondere Anheftung der
Zur Kenntnis der Entwickl. der Keimdrüsen von Tenebrio molitor L. 295
sechs Hodenblasen ist im der Imago nicht von nöten, da sie durch
ihre in Textfig. 14 ersichtliche rosettenförmige Lagerung schon Halt
senug aneinander haben. Zudem wird der Umfang der Hodenblasen
in der Imago ein so mächtiger, daß sie den ganzen Innenraum von
drei Abdominalsegmenten einnehmen. Ihre Lage zur Zeit der Ge-
schlechtsreife ist daher infolge des von der Körpermuskulatur aus-
geübten Druckes eine zusammengepreßte, wie dies schon aus dem
Puppenstadium (Textfig. 13) ersichtlich ist. Eine besondre Fixierung
mittels eines Endfadens ist daher überflüssig, und aus diesem Grunde
verfällt die Linse schon vorher der Degeneration.
Textfig. 13.
Photogramm von einem sagittal durchschnittenen Puppenabdomen.
Das Keimzellenmaterial liegt in dem Keimfache nicht bunt durch-
einander, sondern man kann schon während der larvalen Periode
innerhalb des Hodens verschiedene Entwicklungszonen wahrnehmen.
Ganz entsprechend den Verhältnissen bei den Ovarialröhren trifft man,
vom terminalen Pole, d. h. also der »Linse«s ausgehend, zuerst die
am meisten zurückgebliebenen Elemente, am entgegengesetzten Pole,
in der Nähe der Einmündung des Vas efferens die am weitesten
fortgeschrittenen Kernelemente. Diese Zonenbildung bleibt (vgl. Text-
fig. 14) bis zum imaginalen Zustand erhalten, nur mit dem Unter-
schiede, daß die einzelnen, die Zonen erfüllenden Elemente sich mit
296 Theodor Saling,
der allgemeinen Weiterentwicklung ebenfalls weiterbilden, so daß man
also z. B. im imaginalen Hoden an derselben Stelle Spermatozoen
findet, wo vordem im larvalen Hoden Spermatocyten lagen. Man
vergleiche im KORSCHELT-HEIDERschen Lehrbuche (2) die Fig. 277
und 278, welche eine analoge Zoneneinteilung in den Hoden von
Pentatoma und Heterocope zeigen.
Es erübrigen nun noch einige Worte über die Lageveränderung
des Hodens. Während der larvalen Periode befindet er sich im
sechsten Abdominalsesmente, wo er in dorso-lateraler Richtung vom
Darmrohr lagert. Aber schon gegen Ende der larvalen Periode ist
rg 3
Textfig. 14.
Photogramm eines Schnittes durch vier Testikel einer Imago.
der Umfang der Hodenblasen so erheblich, daß sie sich auch in die
benachbarten Sesmente hineinerstrecken. Die ausgebildeten sechs
Hodenblasen liegen rosettenförmig nebeneinander und schließen in
der Mitte das Vas deferens ein, in das sich die sechs kurzen Vasa
efferentia ergießen. Das Vas deferens tritt dann zwischen zwei Hoden-
blasen (Textfig. 14) aus der Mitte heraus und leitet zu dem äußeren
Geschlechtsapparat über, der ectodermaler Herkunft ist und (vgl.
Textfig. 13) ventral vom After nach außen führt.
Hiermit wäre ich am Ende meiner Untersuchungen angelangt,
Zur Kenntnis der Entwickl. der Keimdrüsen von Tenebrio molitor L. 297
und ich fasse zum Schlusse noch die Resultate des dritten Abschnittes
kurz zusammen:
1) Ovarial- und Hodenanlage sind in der ersten Zeit ihrer postem-
bryonalen Entwicklung noch außerordentlich ähnlich und mit Sicherheit
nur an der Zahl der sich ausbildenden Divertikel zu unterscheiden.
2) Während der jüngsten postembryonalen Periode werden die
Geschlechtsdrüsen seitens des Fettkörpers von einem zarten Peritoneum
umkleidet.
3) Die sichelförmigen Zellen weiten durch epitheliale Verteilung
auf der Wandung die jungen Geschlechtsdrüsen-Divertikel aus, in
welche dann die Keimzellen eintreten. Auf diese Weise geben die
sichelförmigen Zellen Veranlassung zur Ausbildung der Ovarialröhren
bzw. Hodenbläschen.
4) Die sichelförmigen Zellen der Ovarialanlage drängen sich am
terminalen Pole der Ovarialröhren zusammen und bilden hier einen
ziemlich umfangreichen Terminalapparat, der später zu einem typi-
schen Endfaden in die Länge wächst.
5) Die sichelförmigen Zellen der Hodenanlage sammeln sich be-
sonders reichlich in dem Keimfach des Hodenbläschens an, umfassen
die Spermatogonien bezirkartig und spielen wahrscheinlich die Rolle
von Nährzellen. Homolog dem Endfaden des Ovars kommt es auch
hier zur Ausbildung eines allerdings kleineren Terminalapparates,
der sogenannten »Linse«, die während des Puppenstadiums degeneriert.
6) Ovarialröhren und Hodenblasen lassen im Innern mehrere
Entwicklungszonen der Genitalzellen erkennen, und zwar liegen die
am weitesten in der Entwicklung fortgeschrittenen in der Nähe des
Eiröhrenstiels bzw. Vas efferens.
7) Die telotrophe Eiröhre von Tenebrio gliedert sich in Endfaden,
Nährkammer, Keimlager, Follikel, Eierkeleh. Epithelzellen der Nähr-
kammer und des Follikels vermitteln die Auflösung der Nährzellen,
dessen Nährstoffe den Oocyten einerseits durch Dotterstränge zuge-
‘führt werden, die mit dem Keimlager in Verbindung stehen, ander-
seits durch Ausscheidung des Follikels dem Ei einverleibt werden,
wobei es zur Bildung eines zwischen Follikel und Eizelle auftreten-
den Spaltraumes kommt, in dem ein großes Quantum Nährsubstanz
liegst und seiner allmählichen Verzehrung seitens der Oocyte harrt.
8) Oviduct und Vas deferens treten mit dem äußeren Geschlechts-
apparat in Verbindung, der aber ectodermaler Herkunft ist.
Marburg i. H., im August 1906.
298
Theodor Saling,
Literaturverzeichnis,
H. Ayers, On the development of Oecanthus niveus and its parasite
Teleas. Mem. Bost. Soc. Nat. Hist. Vol. III. Nr. 7.
BALBIANI, Contribution ä l’etude de la formation des organs sexuels chez
les Insectes. Re£cueil zoologique suisse 11.
BLOCHMANN, Über die Richtungskörper bei Insekteneiern. Morph.
Jahrb. XII.
BovEr1, Über die Entstehung des Gegensatzes zwischen den Geschlechts-
zellen und den somatischen Zellen bei Ascaris megalocephala. Sitzber.
d. Ges. f. Morph. u. Phys. München. Bd. VII.
A. BRANDT, Das Ei und seine Bildungsstätte. Leipzig.
. A. BRAUER (1), Beiträge zur Kenntnis der Entwicklungsgeschichte des
Skorpions. Diese Zeitschr. Bd. LVII.
(2), Beiträge zur Kenntnis der Entwicklungsgeschichte des Skorpions.
Ibid. Bd. LIX.
Bürtscati (1), Entwicklung der Geschlechtsorgane bei Sagitta. Diese
Zeitschr. Bd. XXIU.
(2), Bemerkungen zur Entwicklung von Musca. Morph. Jahrb.
Bd. XIV.
CARRIERE, Die Entwicklung der Mauerbiene. Arch. Mikr. Anat. Bd.XXXV.
CARRIERE U. BÜRGER, Die Entwicklungsgeschichte der Mauerbiene. Nova
Acta. Abh. d. Kaiserl. Leop. Carol. deutseh. Ak. d. Naturf.
CHOLODKOWSKY (1), Über die Bildung des Entoderms bei Blatta germa-
nica. Zool. Anz. 11.
—— (2), Zur Embryologie der Hausschabe. Biol. Centralbl. 11.
—— (3), Die Embryonalentwicklung von Blatta germaniea. Mem. Acad.
St. Petersbourg. Bd. XXXVIM.
DEMOKIDOFF, Zur Kenntnis des Baues des Insektenhodens. Zool. Anz.
Heft 678. ’
A. DoHRn, Notiz zur Kenntnis der Insektenentwicklung. Diese Zeitschr.
Bd. XXV1.
FAuSsEX, Zur Anatomie und Embryologie der Phalangiden. Biol.
Centralbl. 12.
GANIN, Materiaux pour la econnaissance du developpement postembryon-
naire des Insectes. Diese Zeitschr. Bd. XXVIH.
GRABER (1), Vergleichende Studien über die Keimhüllen und die Rücken-
bildung der Insekten. Denkschr. Akad. Wiss. Wien. Bd. LV.
(2), Vergleichende Studien über die Embryologie der Insekten und
insbesondere der Museiden. Denkschr. Akad. Wiss. Wien. Bd. LVI.
(3), Vergleichende Studien am Keimstreif der Insekten. Denkschr.
Akad. Wiss. Wien. Bd. LVH.
—— (4), Beiträge zur vergleichenden Embryologie der Insekten. Denkschr.
Akad. Wiss. Wien. Bd. LVII.
(ö), Zur Embryologie der Insekten. Zool. Anz. Bd. XIV.
GROBBEN, Die Embryonalentwicklung von Moina rectirostris. Arb. Zool.
Inst. Wien. Bd.I.
J. GROSS, Untersuchungen über die Histologie des Insektenovariums
Zool. Jahrb. Abt. f. Anat. Bd. XVII.
Zur Kenntnis der Entwickl. der Keimdrüsen von Tenebrio molitor L. 299
1903.
1885.
1889.
1891.
1892.
1891.
1895.
1896.
1896.
1897.
1901.
1885.
1886.
1887.
1887.
1889.
1892.
1902.
1887.
1867.
1897.
1898.
1898.
1901.
1903.
GRÜNBERG, Untersuchungen über die Keim- undNährzellen in den Hoden
und Ovarien der Lepidopteren. Diese Zeitschr. Bd. LXXIV.
HEIDER (1), Über die Anlage der Keimblätter von Hydrophilus. Abh. d.
k. preuß. Akad. Wiss. Berlin.
—— (2), Die Embryonalentwicklung von Hydrophilus piceus. Jena.
HENKInG (1), Methoden bei entwicklungsgeschichtlichen Untersuchungen
an Insekteneiern. Zeitschr. f. wiss. Mikr. Bd. VIU.
—— (2), Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorgänge in den
Eiern der Insekten. III. Specielles und Allgemeines. Diese Zeitschr.
Bd. LIV.
Heymons (1), Die Entwicklung der weiblichen Geschlechtsorgane von
Phyllodromia germanica. Diese Zeitschr. Bd. LII.
—— (2), Die Embryonalentwicklung von Dermapteren und Orthopteren.
Jena.
—— (3), Grundzüge der Entwicklung und des Körperbaues von Odonaten
und Ephemeriden. Abh. d. k. Akad. d. Wiss. Berlin.
—— (4), Die Flügelbildung bei der Larve von Tenebrio. Sitzb. Ges.
Nat. Fr. Berlin.
—— (5), Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen an Lepisma saccha-
rina. Diese Zeitschr. Bd. LXI.
—— (6), Die Entwicklungsgeschichte der Skolopender. Zoologiea Bd. XIII.
KOROTNEFF, Die Embryologie der Gryllotalpa. Diese Zeitschr. Bd. XLI.
KORSCHELT (1), Über die Entstehung und Bedeutung der verschiedenen
Elemente des Insektenovariums Diese Zeitschr. Bd. XLIM.
—— (2), Über einige interessante Vorgänge bei der Bildung der Insekten-
eier. Ibid. Bd. XLV.
—— (3), Zur Bildung der Eihüllen, der Mikropylen und Chorionanhänge
bei den Insekten. Nova Acta. Acad. Leop. Carol. Bd. LI.
—— (4), Beiträge zur Morphologie und Physiologie des Zellkerns. Zool.
Jahrb. Abt. f. Anat. Bd. IV.
KORSCHELT und HEIDER (1), Lehrbuch der vergleichenden Entwicklungs-
geschichte der wirbellosen Tiere. Heft 2. Jena.
—— (2), Lehrbuch der vergleichenden Entwicklungsgeschichte der wirbel-
losen Tiere. Allgemeiner Teil. Jena. Lieferung 1.
KOWALEWSKY, Beiträge zur Kenntnis der nachembryonalen Entwicklung
der Museiden I. Diese Zeitschr. Bd. XLV.
LANDOIS und THELEN, Zur Entwicklungsgeschichte der facettierten Augen
von Tenebrio molitor. Diese Zeitschr. Bd. XVII.
LECAILLON (1), Contribution & l’&tude des premiers phenomenes du deve-
loppement embryonnaire chez les Insectes, particulierement chez les
Col&opteres. Arch. Anat. Mier. Tome I. Paris.
—— (2), Recherches sur l’euf et sur le developpement embryonnaire de
quelques Chrysomelides. These. Paris.
—— (3), Recherches sur le developpement embryonnaire de quelques
Chrysomelides. Arch. Anat. Mier. Paris. Tome 2.
—— (4), Recherches sur l’ovaire des Collemboles. Arch. Anat. Micer.
Paris. Tome 4.
—— (5), Sur le developpement de l’ovaire de Polyxenus lagurus. C. R.
Acad. Se. Paris. Tome 136.
Theodor Saling,
P. MAYER, Ontogenie und Phylogenie der Insekten. Zeitschr. f. Naturw.
Bd.X7 2 Jena:
MELNIKOW, Beiträge zur Embryonalentwicklung der Insekten. Arch. £.
Naturg. Bd. XXXV.
Morrison, Die ernährende Tätigkeit des Follikelepithels im Ovarium von
Melolontha vulgaris. Diese Zeitschr. Bd. LXXVII.
NoACcK, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Musciden. Diese Zeitschr.
Bd. LXX.
J. NusBAuUMm, Zur Entwicklungsgeschichte der Ausführungsgänge der
Sexualdrüsen bei den Insekten. Zool. Anz. 5.
RENGEL, Das Darmepithel von Tenebrio molitor während der Metamor-
phose. Diese Zeitschr. Bd. LXI.
RITTER, Die Entwicklung der Geschlechtsorgane und des Darmes bei
Chironomus. Diese Zeitschr. Bd. L.
SALInG, Notizen über Parthenogenese bei Tenebrio molitor. Zool. Anz.
Bd. XXIX.
SCHWANGART, Zur Entwicklungsgeschichte der Lepidopteren. Biolog.
Centralbl. Bd. XXV.
SELVATICO, Sullo sviluppo embrionale dei Bombieini. Boll. Bacchicolt.
Ann. 8.
SELYS-LONGCHAMPS, Recherches sur le developpement embryon. du
premier segm. abdom. chez Tenebrio molitor. Bull. Acad. Se. Belge.
SPICHARDT, Beitrag zu der Entwicklung der männlichen Genitalien bei
Lepidopteren. Inaug.-Diss. Bonn.
F. Stein, Die weiblichen Geschlechtsorgane der Käfer. (Monogr.) Berlin.
TICHOMIROFF, Aus der Entwicklungsgeschichte der Insekten. Festschr.
z. 70. Geb. LEUCKARTS. Leipzig.
TÖNNIGES, Beiträge zur Spermatogenese und Oogenese der Myriopoden
Diese Zeitschr. Bd. LXXI.
ToYAmA, Contributions to the study of silk-worms. 1) On the embryology
of the silk-worm. Bull. Coll. Agric. Tokyo Univ. Vol. 5.
VOELTZKOW, Entwicklung im Ei von Musca und Melolontha vulgaris.
Arbeiten d. Zool. Inst. Würzburg. Bd. IX.
WEISMANN, Beiträge zur Kenntnis der ersten Entwicklungsvorgänge im
Insektenei. Beitr. z. Anat. u. Phys. (Festschr. f. HrNLE.) Bonn.
WHEELER (1), The embryology of Blatta germanica and Doryphora decem-
lineata. Journ. of Morph. Vol. 3.
—— (2), A contribution to the insect embryology. Journ. of Morph.
Vol. 8.
Wirt, Entwicklungsgeschichte der viviparen Aphiden. Zool. Jahrb. Abt.
f. Anat. Bd. I. i
WITLACZIL, Entwieklungsgeschichte der Aphiden. Diese Zeitschr. Bd. XL.
WOo0DWORTH, Studies on the embryological development of Euvaness
Antiopa. Cambridge.
Zur Kenntnis der Entwickl. der Keimdrüsen von Tenebrio molitor L. 301
Erklärung der Abbildungen.
Erläuterung der allgemein gültigen Figurenbezeichnungen.
aW,Y... Abdominalsegmente;
ab Aufhängeband;
af Amnionfalte;
ah Amnionhöhle;
am Amnion;
as Ansatzzellen;
bm Bauchmark;
bt Basalteil (= Endkammer):
ce Cölom;
ebl Cardioblasten;
es Cölomsäcke;
cw Cölomwand;
d Dotter;
da Darm;
dlk definitive Leibeshöhle;
dst Dotterstränge;
dx Dotterzellen:
ed Enddarm;
edf Endfaden; _
edk Endkammer;
ef Endfadenapparat;
ei;
ek Ectoderm;
epk Epithelkerne;
epl Endfadenplatte:
est Eiröhrenstiel;
fdo feinkörniger Dotter:
fk Fettkörper;
fo Follikel;
ga Genitalanlage;
gdo grobkörniger Dotter;
9x Genitalzellen:
h Herz;
haf hintere Amnionfalte:;
ho Hoden;
kbl Keimhautblastem:
kf Keimstreif;
kl Keimlager;
kz Keimzellen;
2 Linse;
m Mesoderm ;
mde Mitteidarmepithel;
mf MarriGcHische Gefäße;
Zeitschrift f. wissensch. Zoologie LXXXVI. Bd,
-mka Muskelanlage;
ms Mesenchym;
msk Muskulatur;
nvw Maschenwerk des Peritoneums;
nk Nährkammer:
ns Nährsubstanz ;
ns Nährzelle;
o Oolemma;
0€ Önoeyten;
od Oviduct;
09 Oogonien;
ooe Vocyten;
ov Ovarium;
oz ovale Zellen:
p Paracyten;
pk Peritonealkerne:
pr Proctodäum;
ps Pericardialseptum;
pt Peritoneum;
pw Primitivwülste;
px peritoneale Zellen;
r Rinne;
rk Richtungskörper;
s Serosa;
sch Schizocöl;
schw Scheidewand;
sgr Segmentgrenze;
sk sichelförmige Kerne:
sp Spermakern;
spah spätere Amnionhöhle;
spg Spermatogonien;
spk Spaltkern;
st Stigma;
ss sichelförmige Zellen;
tb Tragband;
th. Thelyid;
tr Trachee;
tt Terminalteil (= Endfaden):
vb viscerales Blatt;
vd Vas. deferens;
ve Vasa efferentia;
x Zapfen.
20
302 Theodor Saling,
Die Zeichnungen wurden mit Hilfe eines Zeichenprismas in Kombination
mit dem REICHERTschen Stativ II und REICHERTschen Systemen entworfen. Die
Mikrophotogramme stellte ich mittels des REICHERTschen vertikalen mikro-
photographischen Apparates in Verbindung mit REICHERTs Stativ II bei Auer-
licht her.
H.-O. ist die Abkürzung für die Doppelfärbung Hämalaun-Orange G.
Tafel XVII.
Fig. 1. E. P.70. Kombination zweier benachbarter Längsschnitte durch die
Richtungskörperzone eines erst jüngst befruchteten Eies. Vergr. 500. Subl.-
Salp. H.-O. 6u.
Fig. 2. E. P.43. Querschnitt durch das Hinterende eines jungen Keim-
streifs bei Beginn der Mesodermbildung. Vergr. 250. Formol 1:3. H.-O. 6u.
Fig. 3. E. P. 69. Sagittalschnitt durch das Hinterende des Keimstreifs zur
Zeit der Erhebung der Amnionfalten. Vergr. 250. Sublim.-Salpeters. H.-O.
7 yB u.
Fig. 4. E. P.78. Sagittalschnitt durch das hintere Keimstreifende bei be-
sinnender Invagination. Vergr. 250. Chromosmium -Salpetersäure + NaJO?.
H.-O. 6u.
Fig. 5. E. P.39. Transversalschnitt durch das hintere Keimstreifende bei
beginnender Invagination. Vergr. 170. Subl.-Alk. H.-0. 6u.
Fig. 6. E. P.58. Querschnitt durch das immerse Hinterende des Keimstreifs
bei eintretender Segmentierung. Vergr. 500. Subl.-Alk. H.-O. 6u.
Fig. 7. E. P.19. Sagittalschnitt durch die ganze invaginierte Schwanzregion
eines Embryos. Vergr. 70. Subl.-Alk.-Eisessig. H.-O. 5l/au.
Fig. 8. E. P.19. Das siebente Abdominalsegment der Fig. 7 in stärkerer
Vergrößerung. Vergr. 400. Subl.-Alk.-Eisessig. H.-O. St/au.
Fig. 9. A. P.91. Schräger Sehnitt durch die Genitalregion eines etwa
4tägigen Embryos. Vergr. 500. Subl.-Alk. DELAF. Hämatox.-Eosin. 5u.
Fig. 10. E. P.25. Querschnitt durch die Genitalanlage eines etwas älteren
Embryos. Vergr. 250. Subl.-Alk.-Eisessig. H.-0. 5l/au.
Fig. 11. A. P.83. Querschnitt durch das siebente Abdominalsegment eines
wieder superficiell gewordenen Keimstreifs. Vergr. 170. Subl.- Alk.- Borax-
karmin. Du.
Fig. 12. A. P.94. Transversalschnitt durch die Genitalregion eines etwa
5 Tage alten Embryos. Vergr. 330. Hämatox.-Eosin. Subl.-Alk. Su.
Tafel XVIII.
Fig. 13. E. P. 54. Querschnitt durch die Genitalanlage eines etwa 6 Tage
alten Embryos. Vergr. 210. Subl.-Salpetersäure H.-O. 6u.
Fig. 14. E. P.83. Sagittalschnitt durch die Genitalregion eines Embryos
etwa vom Alter der Fig. 12. Vergr. 250. Subl.-Salpeters. H.-O. 6u.
Fig. 15. E. P. 83. Derselbe Schnitt wie in Fig. 14, nur etwas mehr lateral-
wärts geführt. Vergr. 250. Subl.-Salpeters. H.-O. 6u.
Fig. 16. E. P. 14. Transversalschnitt durch die junge Ovarialanlage eines
Ttägigen Embryos. Vergr. 250. Subl.-Alk. Karmalaun (MAvErR). 5u.
Fig. 17. E.P. 50. Frontalschnitt durch die junge Hodenanlage eines 7tägigen
Embryos. Vergr. 500. Subl.-Salpeters. H.-O. 6u.
Fig. 18. A. P.113. Frontalschnitt durch die Ovarialanlage eines °/ mm
Zur Kenntnis der Entwickl. der Keimdrüsen von 'T'enebrio molitor L. 303
dieken Mehlwurms. Vergr. 674. (WinkeLs Homog.-Immers. 2 + Comp.-
Oeul. 3.) Eau de Lab. Hämatoxylin. au.
Fig. 19. A. P. 34. Querschnitt durch ein junges Ovarium eines 3 mm breiten
Mehlwurms. Vergr. 500. Eau de Lab. Hämalaun. 10u.
Fig. 20. L. P.23. Längsschnitt durch das Ovarium eines fast ausgewach-
senen Mehlwurms. Vergr. 250. Subl.-Eisessig. H.-O. Su.
Fig.21. A. P.8. Längsschnitt durch die Übergangszone des Endfadens in
das Keimfach einer Puppe. Vergr. 250. Hrrm. Lösung. Eisenhämatoxylin
(HEIDENH.) du.
Fig. 22. K. P.12. Längsschnitt durch die Ovarialröhre einer eben ausge-
schlüpften Imago. Vergr. 180. Subl.-Salpeters. H.-O. Su.
Fig. 23. A. P. 114. Frontalschnitt durch die Hodenanlage eines 3/4 mm
breiten Mehlwurms. Vergr. 674. (Wimkers Homog.-Immers. 2 + Comp.-
Ocul. 3.) Eau de Lab. Hämatoxyl. lau.
Fig. 24. Querschnitt durch einen jungen Hodendivertikel vom Alter der
Hodenanlage in Fig. 23. Vergr. 1156. (WinkELs Homog.-Immers. 2, Comp.-
Oeul. 5.) Eau de Lab. Hämatoxyl. T!/au. |
Fig. 25. Junger Hoden eines längsgeschnittenen Mehlwurms von 1!/ı mm
Breite. Vergr. 250. Eau de Lab. Hämalaun. 10u.
Fig. 26. Hoden eines längsdurchschnittenen Mehlwurms von 1!/, mm Breite.
Vergr. 500. Eau de Lab. Hämalaun. 10u.
Fig. 27. Hoden einer querdurchschnittenen, ausgewachsenen Larve. Vergr.
335. Eau de Lab. Hämalaun. 10 u.
Fig. 28. Hoden eines quergeschnittenen, ausgewachsenen Mehlwurms.
Vergr. 180. Eau de Lab. Hämalaun. 10 u.
20*
Das Ephippium von Simocephalus vetulus Schoedler.
Von
Adolf Zwack.
Mit 5 Figuren im Text.
Vorwort.
Die vorliegende Untersuchung wurde im k.k. zoologischen In-
stitut zu Innsbruck durchgeführt, dessen Vorstand, meinem hoch-
verehrten Lehrer, Herrn Prof. Dr. Karı Heiper, ich für die Über-
lassung eines Arbeitsplatzes und mannigfache Förderung der Arbeit
verbindlichst danke. Auch dem Assistenten, Herrn Privatdozenten
Dr. ADOLF STEUER, sei für das der Untersuchung entgegengebrachte
Interesse herzlichst gedankt.
In einer früheren Arbeit! sprach ich- die Überzeugung aus, daß
bei den einzelnen Daphnidengattungen Verschiedenheiten in der
Ephippialbildung auftreten. Um diese Behauptung wenigstens an einer
Form zu beweisen, untersuchte ich S?mocephalus vetulus Schoedler,
da ich gerade von dieser Art genügend Material hatte. Tatsächlich
ergaben sich auch Verschiedenheiten, wie ich schon in der eben er-
wähnten Arbeit (S. 565) angedeutet hatte. Wesentlich diese Ab-
weichungen vom Ephippium der Daphnia hyalına sind es, die ich
im Vorliegenden anführen will, während ich, um überflüssige Wieder-
holungen zu vermeiden, Übereinstimmungen nur so weit berühren will,
als ihnen besondere Bedeutung zukommt. Bei der Schilderung halte
ich mich Schritt für Schritt an die Arbeit über das Ephippium von
Daphnia hyalina Leydig.
I. Das fertige Ephippium.
Die Hohlprismen (Fig. 1%) verhalten sich, was allgemeine Form und
Orientierung zur Oberfläche des Ephippiums anbelangt, so ziemlich
1 Der feinere Bau und die Bildung des Ephippiums von Daphnia hya-
lina Leydig. Diese Zeitschr. Bd. LXXIX, 4. Heft.
Das Ephippium von. Simocephalus vetulus Schoedler. 305
wie bei Daphnia hyalina, nur fand ich öfter unregelmäßig fünf- und
sogar nur vierseitige Prismen, was übrigens ausnahmsweise auch bei
Daphnia hyalina vorkommt. Während aber dort in der Weite des
Lumens halbwegs Gleichmäßigkeit herrscht und der Querschnitt meist
ziemlich regelmäßig sechseckig ist, haben wir es hier nicht so, oft
treten sogar auffallende Größenunterschiede auf, zwischen größeren
Hohlprismen sind kleinere zur Ausfüllung von Lücken und Zwickeln
eingereiht.
Manchen Unterschied gibt's im feineren Bau. Die stark licht-
brechenden, mit Poren versehenen Felder in den Längswänden (!) sind
vorherrschend rundlich.und erinnern
manchmal geradezu an einen Hof-
tüpfel in Flächenansicht. Am auf-
fälligsten ist, wie ich schon in der
früheren Arbeit auf S. 565 erwähnte,
eine »querrunzelige Struktur« der
Längswände, wobei die Runzeln auch
anastomosieren und ein ganzes Netz-
werk bilde können (Pig. 1 qu). Ich Sen due ie See Wartung dr Bat
hielt sie anfangs für leistenförmige sehr stark vergrößert. 7, Hohlprismen; 1,deren
S; C 2 Längswände; ga, Querwände; c, Basallamelle ;
Vorsprünge an den Längswänden, a
überzeugte mich aber bald, daß es
sich um quere Scheidewände handelt, durch welche das Lumen des
Hohlprismas in mehrere Fächer zerlegt wird. Die Scheidewände sind
meist verbogen, bald nach oben bald nach unten konvex und haben
dieselbe Struktur wie die Längswände. Ihre Bedeutung ist mir nicht
klar. Zur mechanischen Festigung sind sie wohl nicht notwendig,
denn die Hohlprismen sind schon an und für sich fest genug. Sehr
einleuchtend wäre die Annahme, daß durch die Querfächerung die
Luft in den Hohlprismen besser festgehalten werden könnte als bei
Daphnia hyalina. Wenn man aber durch Kochen in Alkohol die
Luft aus dem Ephippium vertreibt, so findet man, daß es hier durch-
aus nicht schwerer geht als bei Daphnia hyalina, Analoges läßt sich
bei der Füllung der Hohlprismen mit Luft beobachten. Als Mittel
zur Verlangsamung der Luftfüllung bzw. Entleerung der Hohlprismen
kann die Fächerung also nicht in Betracht kommen. Vielleicht liest
hier überhaupt kein besonderer Zweck vor, vielleicht handelt es
sich nur um eine Bildung, die etwas an die Zuwachsstreifen einer
Sehnecken- oder Muschelschale erinnert (vgl. II. Teil).
An der nach innen gewandten Basis der Hohlprismen tritt
306 Adolf Zwack.
insofern eine Abweichung gegenüber Daphmia hyalina auf, als eine
Gabelung der Längswände unterbleibt, sie enden ganz frei. [Manch-
mal tritt eine Scheingabelung auf, wenn sich nämlich zufällig gerade
am Ende der Längswand links und rechts je eine Querwand ansetzt.]
Wir haben hier also nur eine Basallamelle, welche der zweiten
oder inneren Basallamelle bei Daphmıa hyalina entspricht (Fig. 1 e).
An Sehnitten durchs abgelegte Ephippium konnte ich diese Basal-
lamelle anfangs nur an einer ganz bestimmten Stelle sehen, so daß
ich schon glaubte, es wäre am größten Teil der Hohlprismen über-
haupt keine Begrenzung der Basis vorhanden. Die Untersuchung
der in Entwicklung begriffenen Ephippien zeigte aber, daß die er-
wähnte Basalmembran gebildet wird. Wahrscheinlich wurde sie
also beim Schneiden abgerissen und erhielt sich nur an einer Stelle
(me 20, 2
Viel bedeutendere Abweichungen treten an der nach außen
gewandten Basis der Hohlprismen auf. Die Subeutieularkämmerchen
fehlen gänzlich, wir haben eine einfache, bräunliche, gleichmäßig
dicke äußere Outicula (Fig. 1 a), die über jedem Hohlprisma nach
außen schwach konvex, an dem Ansatzpunkt einer Längswand etwas
nach innen eingezogen ist. An
diese Cuticula, die keine Spur
von Poren erkennen läßt, setzen
sich die Längswände unmittel-
bar an, denn eine nach außen
sewandte, mit den Längswän-
den gleichgebaute Basis der
Hohlprismen, wie sie bei Daph-
nia hyalina vorhanden war,
Fig. 2. s
Schema des Ephippiums in der Seitenansicht. Obj.3. fehlt hier.
Leiırzsches Zeichenocular (das Ephippium sitzt noch Auffällig ist, daß sich ein
am Tier fest, deshalb wurde der »farblose Grenzsaum« klei der Ei; .
nicht eingezeichnet). k, Rückenkiel; d, Dauerei; ei, Ei- tleınes, unter der Eiloge lieg en-
loge; h, der von Hohlprismen eingenommene Teil; ‚der des Inselchen (Fig. 24 a) von je-
von der facettierten Masse eingenommene Teil; «a, In-
selchen der abweichend gebauten Hohlprismen. nen merkwürdigen, abweichend
gebauten Hohlprismen vorfindet,
wie ich sie bei Daphmia hyalina auf S. 551 und 552 beschrieb. Da
bei Srmocephalus überhaupt keine Subeutieularkämmerchen auftreten,
fällt ihr Fehlen bei diesen abweichend gebauten Hohlprismen als
Unterscheidungsmerkmal weg, die übrigen Merkmale (kleinere Dimen-
sionen, Vorhandensein jener rätselhaften »Masse« usw.) machen aber
auch hier die Unterscheidung leicht. — Wie Fig. 2 u. 3 (h) zeigt,
Das Ephippium von Simocephalus vetulus Schoedler. 307
finden sich bei Sömocephalus Hohlprismen nur in der unteren Hälfte
des Ephippiums, bloß hinter der Eiloge (ez) reichen sie fast bis zum
Kiel (k) hinauf.
Während bei Daphnia hyalina zwei Eilogen waren, findet sich
hier nur eine (Fig. 2 ex), daher auch nur ein Dauerei (d). Die Wan-
dung der Eiloge ist, vom Fehlen der Subeuticular-
kämmerchen abgesehen, genau so gebaut wie bei
Daphnia hyalına. Die äußere Cutieula ist dicker als
in den übrigen Teilen und stark wellig, wodurch
zahlreiche für die Adhäsion von Luft berechnete Ver-
tiefungen entstehen (s. bei Daphnia, 8. 556 Z. 9).
Nieht nur die Eilogenwand, sondern alle nicht von NT
Hohlprismen eingenommenen Teile des Ephippiums a Er
(Fig. 2), besonders die Ränder (mit Ausnahme des die Längsachse des
oberen Randes), haben diesen Bau, wie es ja auch ans ud)
bei Daphnia hyalıina war, ehenso ist auch hier der der Eiloge gehend.
äußerste Rand von jener »farblosen dünnen Lamelle« a
umsäumt (in der Fig. 2 nicht eingezeichnet). Der „= ann
Übergang der Hohlprismen in die mit ihnen homo- men; k, Rücken-
loge »facettierte Masse« (Fig. 4 f) ist interessant. An an nn
den nach außen gewandten Enden der Hohlprismen
bemerkt man, daß die Quer-
wände sich einander nähern,
sich förmlich wie die Stäbe
eines Fächers zusammenschie-
ben, und so entstehen Gebilde,
die an ihren inneren Enden
noch deutliche Hohlprismen,
an ihren äußeren schon »fa-
cettierte Masse« sind, wohl
RR | Fig. 4.
ein klarer Beweis für die Ho- Rückenkiel. Obj. 6. Leıtzsches Zeichenoeular. «a, äußere
mologie. Sehließlieh schwin- Cutieula; f, facettierte Masse; km, Kielmasse; s, Grenz-
saum am unteren Rand der Kielmasse; 7, innere Wan-
den natürlich die Hohlpris- ne
men ganz.
Der obere Rand des Epbippiums wird auch hier von einem Kiel
eingenommen (Fig. 4). Er ist (in den mittleren Teilen des Ephip-
piums) viel breiter und flacher als bei Daphnia hyalina, die Ober-
seite zeigt sich gerade in der Mitte deutlich eingeknickt, die ober-
flächliche braune Schicht der äußeren Cutieula (a) ist von der
Kielmasse (km) sehr scharf abgegrenzt, ebenso setzt sich die den
308 - Adolf Zwack,
\
Hohlprismen homologe facettierte Masse (f) der unmittelbar unter dem
Kiel liegenden Ephippialwandung sehr deutlich und scharf von der
Kielmasse ab; wiederum sehen wir also, daß die Kielmasse mit der
Hohlprismenzone nicht in Beziehung zu bringen ist. Die Kielmasse,
die am unteren Rande von einem deutlichen Grenzsaum (s) einge-
faßt ist, besitzt eine Querstreifung, die so ziemlich dem unteren
Rande parallel läuft und sich in der Seitenansicht (Fig. 2 k) als Längs-
streifung des Kiels bemerkbar macht. Vielfach konnte ich an der
Kielmasse noch eine zweite, schwächer ausgebildete Streifung in
schräger Richtung beobachten.
Vorn und hinten wird der Kiel viel schmäler und steiler, die
Kielmasse nimmt ab, verschwindet schließlich ganz, erhält sich jedoch
nach hinten zu weiter als vorn.
Was die innere Wandung des Ephippiums anbelangt, so habe
ich zunächst eine Berichtigung des Befundes an Daphmia hyalina
anzuführen. Ich sprach dort der oberen Hälfte des Hinterteiles der
Innenwandung Poren ab, fand aber bei nachträglicher Untersuchung
von Glycerinpräparaten, daß dort zahlreiche behöfte Poren vorhanden
sind, die sehr klein sind und daher den Eindruck der Pünktelung
hervorrufen.
Bei Simocephalus ist die innere Wandung (Fig. 4 u. 32) im Bau
einfacher als bei Daphnia, sie ist überall, mit Ausnahme des gerade
unter der Mitte des Kiels liegenden Teils, mit dicht gedrängten be-
höften Poren ausgestattet.
Die bei Daphnia auftretenden Verklebungen der Ränder der
inneren Wandung finden sich auch hier (Fig. 5).
Die Füllung des Ephippiums mit Luft vollzieht sich hier genau
so wie bei Daphnia hyalina.
Il. Bildung des Ephippiums.
Die vorbereitende Faltung der alten äußeren Cuticula tritt auch
hier auf, nur stülpen sich die zwischen den Ansatzpunkten je zweier
Stützpfeiler gelegenen Strecken der äußeren Cutieula nicht ein, sondern
aus und bilden so vorspringende Kuppen, die nur in der Minderzahl
abgerundet, meist jedoch, besonders in den oberen Teilen des Ephip-
piums, fast rechtwinklig zu den Seitenwänden begrenzt sind (Fig. da).
In diese Form wird die frisch angelegte, noch dünne neue äußere
Cuticula hineingepreßt und nimmt ihre Gestalt an (Fig. 5«’). Später
tritt eine Erweiternng der Spalte (s), eine Abrundung und Abflachung
der Kuppen mit gleichzeitiger Verdiekung ein. In jenen Teilen, in
Das Ephippium von Simocephalus vetulus Schoedler. 309
welchen keine Hohlprismen sind, sind auch diese Vorgänge bedeutend
schwächer, nur die Verdiekung tritt auch hier ebenso stark auf.
Mit der Erhärtung der Öutieula ist die Bildung der Cutieular-
zone fertig.
Genau so wie bei Daphnia erfolgt nun die Erweiterung des
Binnenraumes der Schale und die Bildung der Hohlprismen bzw. der
kompakten facettierten Masse. Von
Zeit zu Zeit halten die Zellen in der
Bildung der Hohlprismenlängswände
inne und bilden eine Querwand, um
dann wieder in der früheren Tätigkeit
fortzufahren. Man sieht häufig recht
deutlich, wie sich die Querwände gegen
die Längswände hinbiegen und in sie
übergehen. — Der Zellzapfen unter dem Jen 8)
eh ei bier nicht vorhanden, der Kiel 7“"-e ıe Aaleren Onlieuin, sehr start
vergrößert. Die frisch angelegte neue
wird von einer einzigen Reihe aller- äußere Cutieula (a) wird in die Kuppen
dings ziemlich hoher Zellen gebildet. a en a
Die für Daphnia beschriebene Ein-
knickung der Schalenhälften vor der Ablage des Ephippiums tritt auch
hier auf. — |
Was die Methode anbelangt, so ging ich zu der von Max WOLFF
empfohlenen Färbung mit Rubin über, die sich recht gut bewährte.
Hat schon das Ephippium von Simocephalus vetulus soviel Ver-
schiedenheiten gegenüber jenem von Daphma hyalina, so wird das
bei den andern Daphnidengattungen und Arten mindestens ebenso der
Fall sein. Die Erwartung, auf noch größere Unterschiede zu stoßen,
wenn man die Schutzeinrichtungen für die Dauereier bei andern
Cladocerenfamilien untersucht, wird von SCOURFIELD bestätigt (vgl.
dessen in meiner Arbeit über Daphnia hyalina unter »Literatur« an-
geführte Arbeiten, besonders sein »proto-ephippium« in The Ephippia
of the Lynceid Entomostraca auf S. 241 verdient Beachtung).
Plan (Böhmen), am 31. August 1906.
y>
Fu
Zeitschrift
fur
WISSENSCHAFTLICHE ZOOLOGIE
begründet
Carl Theodor v. Siebold und Albert v. Kölliker
herausgegeben von
Ernst Ehlers
Professor a. d. Universität zu Göttingen
Sechsundachtzigster Band
Drittes Heft
Mit 6 Tafeln und 68 Figuren im Text
LEIPZIG
. Verlag von Wilhelm Engelmann
1907
Ausgegeben den 7. Mai 1907 tional Musa
Inhalt
Seite
Werner Marchand, Studien über Cephalopoden. I. Der männliche Lei-
tungsapparat der Dibranchiaten. (Mit 66 Fig. im Text.) ...... 311
Joseph Müller, Weitere Beiträge zur Kenntnis der Bipaliiden. (Mit
Taf. XIX u. RX)... N. 2er Br ee 416
Nicolaus v. Zograf, Phyllopodenstudien. (Mit Taf. XXI-XXIV u.
2 Eig. im Text). . Du 0.00 cu. 200 2 446
Mitteilung.
Beiträge für die Zeitschrift bitten wir an Herrn Prof. Ehlers
in Göttingen einzusenden. Im Interesse einer raschen und sicheren
Veröffentlichung liegt es, daß die Manuskripte völlig druckfertig
eingeliefert werden, da mit nachträglichen Einschiebungen und aus-
gedehnten Abänderungen während der Korrektur Zeitverlust und
sonstige Unzuträglichkeiten verbunden sind. Bei der Disponierung der
Zeichnungen ist darauf zu achten, daß der Raum des in der Zeitschrift
üblichen Tafelformates nicht überschritten wird. Für Textfiguren
bestimmte Zeichnungen sind auf besonderen Blättern beizulegen.
Die Verlagsbuchhandlung Der Herausgeber
Wilhelm Engelmann. Ernst Ehlers.
Die Herren Mitarbeiter der »Zeitschrift für wissenschaftliche
Zoologie« erhalten von ihren Abhandlungen und Aufsätzen 40 Sonder-
abdrucke unberechnet. Weitere Exemplare werden auf Wunsch
gegen Erstattung der Herstellungskosten geliefert unter der Voraus-
setzung, daß sie nicht für den Handel bestimmt sind.
0O0000000000000000000
Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig
REGENERATION
Thomas Hunt Morgan
Mit Genehmigung des Verfassers aus dem Englischen übersetzt
und in Gemeinschaft mit ihm vollständig neu bearbeitet von
Max Moszkowski
Deutsche Ausgabe, zugleich zweite Auflage des Originals
Mit 77 Figuren im Text
XVI u. 437 Seiten. gr. 8. Geheftet .4 12.—; in Leinen gebunden .Z 13.20.
D00 00000000000 0000009
Studien über Gephalopoden.
I. Der männliche Leitungsapparat der Dibranchiaten.
Von
Werner Marchand
(Leipzig).
(Aus dem zoologischen Institut der Universität Leipzig.)
Mit 66 Figuren im Text.
Vorwort,
Vor zwei Jahren machte mich Prof. Cuux auf die Lückenhaftig-
keit unsres Wissens von der Fortpflanzung der Cephalopoden auf-
merksam und schlug mir vor, die Bildung der Spermatophoren, jener
seit NEEDHAM bekannten, komplizierten Samenmaschinen, an einem
geeigneten Objekt zu verfolgen. Gleichzeitig wies er auf die mannig-
fachen Widersprüche hin, die sich in der Literatur über die Bildungs-
stätte der Spermatophoren, den männlichen Leitungsapparat, finden
und die in der Beschreibung BRocks von dem Geschlechtsapparat
der Ocythoe tuberculata gipfeln.
In dem Bestreben, mich in den Gegenstand einzuarbeiten, und
in der Hoffnung ein möglichst günstiges Objekt zur Lösung meiner
eigentlichen Aufgabe ausfindig zu machen, untersuchte ich zunächst
anatomisch eine Anzahl Formen, um mich zu orientieren. Es konnte
indessen nicht ausbleiben, daß sich auch in der gröberen Anatomie
Einzelheiten fanden, die in der Literatur entweder gar nicht oder
unzutreffend zur Darstellung gebracht waren, und in dem Maße, wie
sich aus der Vergleichung nahestehender Arten das Verständnis der
aberranteren Formen ergab, überwog das Interesse an diesem, vor-
bereitenden Teil der Arbeit derart, daß ich mich, im Einverständnis mit
Herrn Prof. Cuun, bewogen fühlte, meiner Darstellung der Spermato-
phorenbildung eine Übersicht über den Bau des männlichen Leitungs-
apparates der dibranchiaten Cephalopoden vorausgehen zu lassen.
Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. - 21
312 Werner Marchand,
Gleichzeitig stellte es sich heraus, daß auch Bau und Funktion
der Spermatophore selbst lange nicht in dem Maße bekannt sind als
es wünschenswert erscheint. Auch über diesen Gegenstand habe ich
bei Gelegenheit meines Aufenthalts an der Zoologischen Station zu
Neapel im Frühjahr 1906 einige Studien gemacht, deren Resultate
hier nur insoweit kurz mitgeteilt werden sollen, als sie für das
Verständnis der anatomischen Verhältnisse in Betracht kommen.
Da ich meiner Aufgabe zunächst durchaus als Anfänger gegen-
über stand, so mögen die Mängel dieser Arbeit darin ihre Erklärung
finden, daß ich sie nicht planmäßig begonnen habe, und erst all-
mählich die Wichtigkeit methodischen Fortschreitens erkannte. Wenn
sich trotzdem Resultate von einigem Interesse ergaben, so verdanke
ich sie vor allem dem Umstand, daß dieses so reichhaltige Gebiet
bisher verhältnismäßig wenig durchforscht worden ist. Die Fort-
pflanzung der Cephalopoden bietet an interessanten Problemen die
Hülle und Fülle. Es ist mein Wunsch, an dieser Stelle meinem
hochverehrten Lehrer, Herrn Prof. Chun, der mich mit dem Gegenstand
vertraut machte, der den Fortgang der Arbeit mit freundlichem
Interesse verfolgte, und mir mit seinem Rat jeder Zeit zur Seite stand,
meinen aufrichtigsten Dank auszusprechen.’
Einen großen Teil des reichen und wertvollen Materials zu dieser
Untersuchung stellte mir Prof. Cuun selbst in liberalster Weise zur
Verfügung; zum andern Teil verdanke ich es der Zoologischen
Station zu Neapel, wo ich auf Empfehlung von Prof. OHun in diesem
Frühjahr einen Arbeitsplatz erhielt. Ich schätze mich glücklich, dem
Leiter des berühmiten Instituts, Herrn Geheimrat DoHRN, für sein
freundliches Entgegenkommen bestens zu danken. Auch den übrigen
Herrren der Station, Herrn Professor MAYER und Herrn Professor
Eısıc fühle ich mich zu großem Danke verpflichtet, vor allem auch
Herrn Dr. Lo Bıanco, der mich unermüdlich mit Material versorgte,
und dessen reiche Erfahrungen mir sehr zu statten kamen.
Ferner möchte ich auch den Herren des Zoologischen Instituts in
Leipzig, Herrn Professor SIMROTH, Herrn Professor ZUR Strassen und
Herrn Professor WOLTERECK meinen Dank aussprechen, insbesondere
war mir Herr Prof. ZUR STRASSEN ein unentbehrlicher Ratgeber.
Literarischer Überblick.
Unsre erste Kenntnis von den männlichen Geschlechtsorganen
der Cephalopoden verdanken wir SwAmMERDAM (1637—1685), der
Studien über Cephalopoden. I. | 313
in seiner »Biblia naturae« bereits recht gut erkennbare Abbildungen
von den »Eingeweiden der spanischen See-Katze« gibt, und der
auch die Spermatophoren beobachtet. Die lange Reihe der nun
folgenden Arbeiten, die teils an die Spermatophore, teils an die
Heectocotylisation anknüpfend, fragmentarische Beschreibungen der
männlichen Leitungswege brachten, möchte ich hier übergehen, zumal
da sie von BRock! ausführlich besprochen sind.
Als grundlegend können nur die Arbeiten von CuvIER? und
MıLnE EDWARDS® angesehen werden. CuvIEr erkannte zuerst, daß
‚der Hoden der Cephalopoden mit dem Leitungsweg durch Vermittlung
‚eines besonderen Hohlraums zusammenhängt. Auf seine genaue
Beschreibung gehen die meisten der bisher gebräuchlichen Bezeich-
nungen für die Teile des Leitungsapparates zurück. MıLNnE EDwARDS
gibt im Anschluß an seine Untersuchung der Spermatophore eine
geradezu mustergültige Abbildung des männlichen Leitungsapparates
von Sepia officinalis.
Gegenüber diesen beiden Arbeiten bedeutet die von DuvERnoY®
keinen bedeutenden Fortschritt.
Die Untersuchungen von VoGT und VERANY über Ocythoe, so
wie die von LEUCKART über Sepeola und Ocythoe, endlich die Notizen
H. Mürrers über die männliche Argonauta werden im speziellen
Teil dieser Arbeit berücksichtigt werden.
Der erste, der mit Erfolg eine zusammenfassende Darstellung der
Geschlechtsorgane der Cephalopoden unternahm, war J. BRock (1879).
Seinem ersten Beitrag, in welchem er die Geschlechtsorgane von
Sepia officinalis, Loligo vulgaris, Sepiola rondeletü, Eledone moschata
und von einer unbekannten Ociopus-Art zur Darstellung bringt, ver-
danken wir eine relativ sehr genaue Kenntnis von dem Bau des
männlichen Leitungsapparates.. Wenn ich im folgenden manches von
ihm Gesagte wiederhole, so geschieht es der Einheitlichkeit halber.
Im einzelnen machte es sich oft nötig, kleine Irrtümer zu beseitigen
und manches etwas zweckmäßiger darzustellen.
1 J. BRoCKk, Über die Geschlechtsorgane der Cephalopoden. I. Beitrag.
‚Diese Zeitschr. Bd. XXXI. 1878.
2 CUvIEr, M&moire pour servir ä l’histoire et & l’anatomie des Mollusques.
Paris 1817.
3 MıLNE-EDWARDS, Sur les spermatophores des Cephalopodes. Ann. se.
sat. (2.) 'T..XVIII. ‚1842.
* Duvernoy, Fragments sur les organes de generation de divers animaux-
Memoires de l’Academie des sciences. Tome XXIII. 1850.
21*
314 Werner Marchand,
Brock vertritt den durchaus richtigen Gedanken, daß der
Leitungsapparat aller Cephalopoden nach einem einheitlichen Grund-
plan gebaut sei, und daß sich diese Einheitlichkeit bis in die histo-
logische Beschaffenheit der Organe nachweisen lasse. Wie ich später
noch eingehend zu begründen hoffe, scheint er darin etwas zu weit
gegangen zu sein, daß er eine durchaus gleichartige histologische
Beschaffenheit für alle Teile des Leitungsapparates annimmt, und wo
er tatsächlich Unterschiede im Bau der Zellen fand, nur verschiedene
Funktionsstadien erblickte.
Auch in dem im nächsten Jahre erschienenen »Versuch einer
Phylogenie der Cephalopoden«! zeigt Brock ein bemerkenswertes
Streben, eine einheitliche Anschauung der Cephalopodenanatomie zu
ermöglichen.
Leider hielt sein zweiter Beitrag über die Geschlechtsorgane?
nicht, was der erste versprochen hatte; er brachte neben ausgezeich-
neten Studien über Rossia eine Arbeit über den männlichen Leitungs-
apparat von Ocythoe, welche geeignet war, für lange Zeit wieder
große Verwirrung in das halbgeklärte Gebiet zu bringen. Daß der
schroffe Gegensatz, in dem nach Brock Ocytho® zu allen übrigen
Formen stehen soll, überhaupt nicht vorhanden ist, wird sich im
Verlaufe dieser Abhandlmz: ergeben.
Dazu kam die Arbeit‘ von REINHARD und ProscH über den
allerdings sehr aberranten Owrroteuthis?. (Obwohl ich keine Gelegen-
heit hatte, ihre Befunde nachzuprüfen, so scheint es mir nach den
Ergebnissen meiner Untersuchung außer Zweifel zu stehen, daß auch
diese Form nicht so abweichend ist, wie es bei oberflächlicher Be-
trachtung scheinen kann.)
Zerstörte man so die Einheitlichkeit in der Betrachtung des
Dibranchiatenstammes, so fand man doch bei einer Untersuchung des
Nautilus pompelius* in naiver Weise den gleichen Bau und die gleichen
Organe des Leitungsapparates bei den Tetrabranchiaten auf. Obwohl
ich Nautilus nicht selbst untersucht habe, glaube ich doch schon so
viel sagen zu können, daß es ganz verfehlt sein muß, bei Nautklus
etwa von einer »NEEDHAMschen Tasche« sprechen zu wollen.
1 J. Brock, Versuch einer Phylogenie der dibranchiaten Cephalopoden.
Morphol. Jahrb. Bd. VI. 1880.
2 Derselbe, Über die Geschlechtsorgane der Cephalopoden. II. Beitrag
Diese Zeitschr. Bd. XXXVI. 1886.
3 REINHARD U. PROSCH, Om Seiadephorus Mülleri. Kjöbenh. 1847.
* J. VAN DER HOEvEn, Beitrag zur Kenntnis von Nautelhuıs. Amsterdam
1856.
Studien über Cephalopoden. 1. 315
Die vorliegende Arbeit will nicht im geringsten den Anspruch
auf erschöpfende Darstellung machen. Wenn ich mir auch ihrer großen
Lücken sehr wohl bewußt bin, übergebe ich sie der Öffentlichkeit
schon jetzt, weil eine Tatsache nunmehr als sicher festgestellt betrachtet
werden kann, daß nämlich der Leitungsapparat aller Di-
branchiaten auf einem durchaus einheitlichen Bauplan
beruht, und daß alle Abweichungen auf bestimmte Um-
bildungen dieses Bauplans zurückgeführt werden können.
Kurze Übersicht über Bau und Funktion der Spermatophoren.
(Vorläufige Mitteilung.)
Da ich mich in der folgenden Darstellung häufig auf den Bau
der Spermatophore beziehen und diesen bis zu einem gewissen Grade
als bekannt vorraussetzen muß, wird es nicht unwillkommen sein,
wenn ich eine ganz kurze Übersicht des darüber Bekannten voraus-
schicke, indem ich mir vorbehalte, die Resultate meiner Unter-
suchungen über diesen Gegenstand bei andrer Gelegenheit ausführ-
lich darzulegen.
Die Spermatophoren der Cephalopoden (Fig. 1) bestehen aus zwei
in einer gemeinsamen Hülle, dem Etui, eingeschlossenen Schläuchen,
deren einer, mit Spermatozoen angefüllt, den eigentlichen Sperma-
schlauch darstellt, während der andre, spermafreie, als projektiler
Schlauch bezeichnet wird. Beide hängen an ihrer Berührungsstelle
miteinander zusammen. Der projektile Schlauch ist von geringerem
Durchmesser als der Spermaschlauch und nur in der diesem benach-
barten Partie etwas erweitert. Am entgegengesetzten, schmäleren
Ende ist er mit dem Etui fest verbunden, so daß seine Wand sich in
die des Etuis fortsetzt. Der Spermaschlauch steht mit dem Etui
nirgends direkt, sondern nur durch Vermittlung des projektilen
Schlauches in Verbindung. Die beiden Schläuche füllen das Etui
nicht vollständig aus; sie bilden einen allseitig von Flüssigkeit um-
gebenen, ins Innere des Etui hineinhängenden Komplex, der nur mit
dem einen Ende an der Etuiwand befestigt ist.
Das Etui ist ein lang-cylindrisches, allseitig geschlossenes, an
beiden Enden abgerundetes Rohr von im Verhältnis zur Länge geringem
Durchmesser, das in der den Spermaschlauch enthaltenden Hälfte ein
gleichmäßiges Kaliber aufweist, während sich die andre Hälfte,
entsprechend dem geringeren Durchmesser des projektilen Schlauches
allmählich verjüngt. Der projektile Schlauch ist mit Flüssigkeit
316 Werner Marchand,
sefüllt und am verjüngten Ende durch eine Art von Kappe ver-
schlossen, die in einen langen dünnen Faden ausläuft. Mit Rück-
sicht auf die Funktion der Spermatophore bezeichnen wir dieses
verjüngte Ende als oralen Pol,
das entgegengesetzte, dickere als
aboralen Pol.
Auf die verschiedenen Schich-
ten, aus denen sowohl die Wand
des Etuis, als auch die des projek-
| tilen Schlauches zusammengesetzt
I ist, möchte ich hier nicht weiter
| eingehen. Ich verweise auf die aus-
N führliche Beschreibung der Spermato-
| phore von Rossia von E. RACOVITZza 1.
IRA
res.sp.II. 0),
PN.
Das Wesentliche ist, daß einer-
seits die Elastizität, anderseits das
| Quellungsvermögen dieser Hüllen
7 | einen gewissen Überdruck im Innern
" der Spermatophore herbeiführen.
N Lockert sich nun aus irgend
Mi
|
einem Grunde die erwähnte Ver-
schlußvorrichtung am oralen Ende,
so erfolgt die Explosion der Spermato-
| phore. Der projektile Schlauch stülpt
I.eoll. sich wie ein Handschuhfinger nach
außen um, den Spermaschlauch hin-
ter sich herziehend. Der Inhalt des
Schematische Ser Spermatophore. projektilen Schlauches wird aulres
a, vor der Explosion, b, explodiert. or, ora- gOssen, seine Innenwand kehrt sich
ıer Folk; yabor, Sboraler „Poli s2, Sperma nach außen. Konntesmanıorher
schlauch; pr, projektiler Schlauch; res.sp.II,
sekundäres Spermareservoir; il, Endfadn; den Spermaschlauch gewissermaßen
glut, klebrige Be coll, quellende Sub- Ak Smlanas Anhängsel des projek-
Ä tilen Schlauches betrachten, so kommt
er jetzt in dessen Inneres zu liegen. Es entsteht so eine Art von
sekundärem Spermareservoir, das sich nach der Explosion von dem
leeren Etui ablöst. Je nachdem nun dieses Reservoir außen am
weiblichen Körper angeheftet oder direkt in die Mündung des Ovi-
ducts eingeführt wird, finden sich im Bau und der Funktion der
1 E. RAcovıTza, Notes des Biologie. II. Moeurs et fecondation de la Rossıa
macrosoma. Arch. de Zool. exper. 8.) T. U.
Studien über Cephalopoden. 1. | 3%
Spermatophore wesentliche Unterschiede. Im ersteren Falle, wie
beispielsweise bei den Oegopsiden, wird nicht der ganze projektile
Schlauch umgestülpt: sein hinterer Teil ist zu einem komplizierten
Haftapparat ausgestaltet, dessen Wirksamkeit noch durch klebrige
Substanzen gesteigert wird. Bei andern Decapoden sind die mecha-
nischen Haftapparate weniger stark ausgebildet, und die Befestigung
des Spermareservoirs wird nur durch Klebstoffe bewirkt.
Aus dem bei den Decapoden bald an der Buccalmembran, bald
im Inneren des Mantels angehefteten und oft tief in die Haut ein-
sebohrten Spermabehälter treten die Spermatozoen langsam und all-
mählich aus. Die Befruchtung scheint in diesen Fällen eine rein
äußere zu sein. Bei den Octopoden wird die Spermatophore direkt
in den vorderen Teil des Oviducts eingeführt, wo sich die Wand
des sekundären Spermareservoirs rasch auflöst. Die Befruchtung ist
damit zu einer inneren geworden.
Das Gesagte mag zur Einführung genügen. Es sei nur noch
hinzugefügt, daß die Spermatophoren ein vorzügliches Kriterium für
die Bestimmung der Arten geben. Wie der Bau des projektilen
Schlauches, so kann auch der des Spermaschlauches recht verschieden
sein, ich erinnere nur daran, daß der letztere bei den Octopoden sehr
lang und im Inneren des Etuis zu einer engen Spirale zusammen-
geschoben ist, ein Verhalten, das für das Verständnis der angeblich
so gänzlich abweichenden Spermatophore von Ocythoe von Wichtig-
keit sein wird.
Da ich über Bau und Funktion der Spermatophore eingehende
Untersuchungen begonnen, aber noch nicht zum Abschluß gebracht
habe, so mußte ich mich an dieser Stelle mit einigen Andeutungen
begnügen. Sicher glaube ich vor allem behaupten zu können, daß
die Explosion sich nicht bei allen Arten in der von Racovırza bei
Rossia beschriebenen Weise abspielt, und daß, was den Mechanismus
der Explosion anbetrifft, auch in RAcovITzas sonst vorzüglicher Dar-
stellung noch einige Unklarkeiten geblieben sind.
Es würde zu weit führen, wollte ich auch an die Umbildungen
der weiblichen Wege im Anschluß an die veränderte Befruchtungs-
weise erinnern, oder die so verschiedenartige Ausbildung der Hecto-
cotylisation unter diesem Gesichtspunkt durchsprechen. Ich wende
mich nun zu dem eigentlichen Gegenstand dieser Abhandlung, dem
männlichen Leitungsapparat. |
318 Werner Marchand,
Der männliche Leitungsapparat,
I. Allgemeine Einleitung.
1. Die Lagebeziehungen des Leitungsapparates zu den übrigen
Organen.
Der männliche Leitungsapparat der dibranchiaten Cephalopoden
steht bekanntlich nicht direkt mit den Hoden in Verbindung. Der
Hoden liegt im Fundus des Eingeweidesackes in einem Hohlraum,
der einen Teil der Visceropericardialhöhle repräsentiert. Als
Visceropericardialhöhlle oder sekundäre Leibeshöhle (im Gegensatz
zur Furchungshöhle) bezeichnet man ein System von Hohlräumen,
dem einerseits die Nephridien und das Pericard, anderseits die
Gonadenhöhle angehören, das sich mehr oder weniger deutlich bei
allen Mollusken nachweisen läßt und das dem Cölom der Anneliden
homolog zu sein scheint. Bei den Cephalopoden hat sich der
Nephridialtel zu den beiden Harnsäcken entwickelt, der Peri-
cardialteil ist in Beziehung zum Kiemenherz getreten; der dritte
Cölomabschnitt enthält die Geschlechtsdrüse. Die Harnsäcke münden
auf den Ureterpapillen in die Mantelhöhle und stehen durch die
sog. inneren Nierenöffnungen mit dem Pericardialteil in Verbin-
dung. Der letztere stellt bei den Decapoden einen verhältnismäßig
weiten Raum dar, der breit mit der Gonadenhöhle kommuniziert.
Bei den Octopoden hat er eine bedeutende Reduktion erfahren und
bildet hier das System der Wasserkanäle, die jederseits von der
Niere nach dem Kiemenherzanhang und von diesem zur Gonaden-
höhle verlaufen.
Dementsprechend finden wir den Hoden bei den Decapoden in
einem weiten Hohlraum, in den auch das Herz und Teile des Ver-
dauungsapparates bruchsackartig hineinhängen, während wir bei den
Octopoden von einer geschlossenen Hodenkapsel reden können, deren
Zusammenhang mit den Harnsäcken nur noch durch die Wasser-
kanäle gewahrt bleibt. Diese stellen also eine Verbindung der Go-
nadenhöhle mit der Mantelhöhle dar. Während nun bei vielen andern
Mollusken dieser Weg zur Ausleitung der Geschlechtsprodukte be-
nutzt wird, ist das bei den Cephalopoden nie der Fall.
Bei allen Cephalopoden ist ein gesonderter Leitungsweg vor-
handen; es existiert also eine zweite Verbindung zwischen Gonaden-
höhle und Mantelhöhle, deren ausschließliche Funktion die Ausleitung
Studien über Cephalopoden. 1. | 319
der Geschlechtsprodukte geworden ist. Es ist aus verschiedenen
Gründen in hohem Maße wahrscheinlich, daß dieser Leitungsweg
durch Abspaltung aus dem Cölom hervorgegangen ist.
Entsprechend der paarigen Entwicklung der Harnsäcke und
der Wasserkanäle scheint Duplizität der Leitungswege das ursprüng-
EC
ÜNTEeerees
nephr.
art.abd.
coee.int. 2 E =
art.pall.---
AH) ıW
Ur le
F dr al. I/
v.abd. ----L| NUN
’
coee.int.---\k-
17 WAL
Ra /
1
2:
. te)
Situs des Leitungsapparates von Loligo marmorae. Die Buchstabenbezeichnung sämtlicher Figuren
befindet sich am Ende dieser Arbeit.
liche Verhalten zu sein. In der Tat sind sie im weiblichen Geschlecht
bei vielen Oegopsiden und allen Octopoden außer den Cirroteuthiden
paarig. |
Im männlichen Geschlecht finden wir bei allen bisher unter-
suchten Formen, mit der einzigen Ausnahme von Calliteuthis!, welche
1 Cuun, Zool. Anz. Nr. 25, März 1906. Über die Geschlechtsverhältnisse
der Cephalopoden.
320 Werner Marchand,
paarige Leitungswege besitzt, nur einen, und zwar den linken aus-
gebildet.
Um jedes Mißverständnis zu vermeiden, gebe ich an dieser
Stelle eine kurze Erläuterung der in dieser Arbeit angewandten
Orientierung.
Die Seite des Cephalopoden, auf welcher sich der Trichter be-
findet, ist als Ventral-(Trichter-)seite, die entgegengesetzte als Dorsal-
(Schalen-)seite, der Kopf mit den Fangarmen als Vorderende, die
Spitze des Mantels als Hinterende bezeichnet. Orientiert man das
Tier so, daß das Vorderende nach oben gerichtet und die Ventral-
seite dem Beschauer zugewendet ist, so bezeichnet man alles, was
für den Beschauer rechts von der Medianlinie liegt, als linke Seite,
die entgegengesetzte als rechte Seite des Tieres. Die Bezeichnungen
»oben« und »unten« sind ohne Rücksicht auf diese Orientierung auf
die Lagebeziehungen einzelner Organe angewandt worden, je nachdem
diese für den Beschauer oberflächlich gelegen oder mehr oder weniger
von andern verdeckt sind. Diese Ausdrücke sind, wo Mißverständnisse
entstehen könnten, durch »ventral« uud »dorsal« ersetzt.
Bei allen geschlechtsreifen männlichen Dibranchiaten liegt der
einzige Leitungsweg ungefähr in der Höhe der linken Kieme dem
übrigen Eingeweidesack meist oberflächlich angelagert. Er scheint
ventral angelegt zu werden, liegt aber bei allen ausgebildeten Tieren
wenigstens teilweise dorsal von den Kiemengefäßen. Je nachdem
die Gonadenhöhle sehr geräumig, oder zu einer Kapsel reduziert ist,
und je nachdem das Tier gestreckt oder gedrungen ist, liegt der
Leitungsapparat in größerer oder geringerer Entfernung von den
Hoden. Seine Mündung liegt stets vor den Kiemengefäßen.
Um eine weitläufige Beschreibung der Lagebeziehungen zu den
übrigen Organen zu vermeiden, verweise ich auf das Übersichtsbild
(Fig. 2).
2. Die einzelnen Teile des Leitungsapparates und ihre Lagebeziehung
zueinander.
Bei denjenigen Mollusken, bei welchen wir eine direkte Aus-
leitung durch ein funktionierendes Organ, z. B. die Niere, finden,
fehlen regelmäßig jene komplizierten Differenzierungen, die eine sehr
häufige Begleiterscheinung der gesonderten Leitungswege bilden.
So haben wir denn auch bei den Cephalopoden eine weitgehende
Differenzierung festzustellen. Wir unterscheiden an dem Leitungs-
Studien über Cephalopoden. I. | 321
apparat der Dibranchiaten seit CuviEer ein von der Hodenkapsel
abgehendes Vas deferens im engeren Sinne, eine darauffolgende
drüsige Erweiterung als »Vesicula seminalis«, ferner eine distal von
der letzteren seitlich einmündende große accessorische Drüse als
»Prostata«, und endlich das den Endabschnitt bildende Spermato-
phorenreservoir als NEeEpBAusche Tasche. Brock erweiterte die
Nomenklatur dadurch, daß er den zwischen NEEDHAuscher Tasche
und Prostata sich einschaltenden Teil des Leitungsweges als »Vas
efferens«, und den diesen konstant aufsitzenden Blindsack als (Prostata-)
Blindsack benannte. Da diese Bezeichnungen, zum Teil der mensch-
lichen Anatomie entnommen, nur Verlegenheitsnamen darstellen, die
ohne Beziehung zu der eigentlichen Funktion der Organe vorläufig
angewendet wurden, möchte ich sie in dieser Arbeit durch etwas
sinngemäßere Ausdrücke ersetzen. Ich bezeichne den gesamten Lei-
tungsapparat als Vas deferens im weiteren Sinne. Den Ausdruck
»Vas efferens«, der im allgemeinen nur für direkte Ausführungswege
(Sammelkanäle) des Hodens angewendet werden sollte, werde ich voll-
ständig ausschalten und nur von einem proximalen und distalen Teil
des Vas deferens sprechen. Den sogenannten Prostatablindsack werde
ich als Blindsack (Appendix) des distalen Vas deferens, die Vesicula
seminalis mit Rücksicht auf ihre Funktion als Spermatophoren-
drüse, die Prostata als Rangierdrüse oder einfach als accesso-
rische Drüse bezeichnen. Den Ausdruck »Spermatophorensack«
werde ich, um Verwechslungen nicht homologer Teile zu vermeiden,
nicht anwenden. Den distalen Teil des Vas deferens nenne ich mit
MILNE EDWARDS NEEDHAMsche Tasche, den in die Mantelhöhle
vorragenden Teil der letzteren bezeichne ich, soweit er deutlich ab-
gesetzt ist, als Penis und seine Erweiterungen, wo solche vorliegen,
als Penisdivertikel. Alle diese Teile liegen mehr oder weniger
nahe beieinander und verdecken sich zum Teil gegenseitig; sie bilden
insgesamt das Paket des Leitungsapparates.
Es sollin dieser Arbeit lediglich eine Schilderung der anatomischen
Verhältnisse gegeben werden. Die mikroskopische Untersuchung ist
nur da zu Rate gezogen worden, wo sie zum Verständnis der Anatomie
notwendig war. Die gesamte Histologie, sowie die Innervierung und
Vaseularisierung des Leitungsapparates soll im Anschluß an die
Genese der Spermatophoren zur Darstellung gelangen. Der ein-
gehenden Beschreibung der einzelnen Formen sei eine kurze Orien-
tierung über den Bau des Leitungsapparates im allgemeinen voraus-
geschickt. |
322 Werner Marchand,
Ich möchte dieser allgemeinen Besprechung den Leitungsapparat
eines Decapoden zugrunde legen, da der Typus sich bei diesen
‚reiner erhalten hat.
Wie bereits erwähnt, lassen sich verschiedene Teile unterscheiden.
Das Vas deferens im weiteren Sinne wird durch die in seinem Ver-
lauf eingeschaltete Spermatophorendrüse in zwei ungleiche Abschnitte
geteilt. Der proximale Abschnitt ist der längere. Er entspringt an
der Wand der Gonadenhöhle, hat einen in der Regel mannigfach
sewundenen und geschlängelten Verlauf und erweitert sich schließlich
zu der in mehreren dicken Windungen auf der Oberseite (Ventral-
seite) des Paketes liegenden Spermatophorendrüse. Diese stellt nichts
andres dar als einen in der direkten Fortsetzung des proximalen
Vas deferens gelegenen, durch Verdiekung der Wände und drüsige
"Ausgestaltung modifizierten Abschnitt des Vas deferens. Diese Drüse
ist die eigentliche Bildungsstätte der Spermatophore. Wie CHux
mitteilt!, läßt sich BRocks erster Abschnitt in zwei weitere zerlegen,
deren Verschiedenheit zumal bei Oegopsiden sehr auffällig ist. Wir
hätten also an der Spermatophorendrüse im ganzen drei histologisch
verschiedene Abschnitte zu unterscheiden. Die Windungen der ganzen
Drüse beschreiben eine fast stets oberflächlich liegende $-förmige
Figur, an der man einen gewissen Anhaltspunkt für die Trennung
der Abschnitte hat, wenn die Gliederung sonst nicht sehr deutlich
markiert ist. Cuux trennt bei Ögopsiden den dritten Abschnitt
wieder in drei Unterabschnitte. Allerdings ist das hintere Drittel
bei den Oegopsiden und Myopsiden im Gegensatz zu der vorderen
Partie bauchig erweitert, aber diese Differenzierung fehlt der ganzen
Octopodengruppe vollständig und ist auch bei den Myopsiden nicht
sehr ausgeprägt. Der dritte Unterabschnitt endlich ist nicht nur
histologisch, sondern auch genetisch nicht zur Spermatophorendrüse
gehörig; ich möchte ihn als Ausführgang bezeichnen. Er stellt die
Fortsetzung des Vas deferens dar und geht an der Stelle ab, wo die
Differenzierung der Spermatophorendrüse aufhört. Dementsprechend
hat er einen bedeutend geringeren Querschnitt und verläuft überdies
in einer andern Richtung wie der dritte Abschnitt der Drüse.
Dieser Ausführgang tritt nun in Verbindung mit einer auf der
linken Seite des Paketes liegenden großen accessorischen Drüse,
ohne daß es immer leicht zu entscheiden wäre, ob eigentlich
die Drüse in den Leitungsweg oder der Leitungsweg in die
ı Chun, Zool. Anz. Nr. 19, 20 (März 1905).
Studien über Cephalopoden. I. 323
Drüse mündet. Bei den Octopoden ist das letztere evident, bei
den Decapoden hat man oft den Eindruck des Gegenteils, zumal
dann, wenn die Drüse einen besonderen Ausführgang besitzt. Funk-
tionell herrscht indessen vollständige Übereinstimmung, und es ergibt
sich, daß tatsächlich stets der Kanal in die Drüse einmündet und
sie wieder verläßt, nur daß Mündungs- und Austrittsstelle völlig
zusammenfallen können. Nach dem Verlassen der accessorischen
Drüse mündet der Kanal indessen sogleich in ein zweites accessorisches
Organ, das, im vorderen Teil des Pakets gelegen, einen kleinen spitzen
Blindsack darstellt, der mit Unrecht für histologisch mit der acces-
sorischen Drüse gleichartig gehalten und als »zweite Prostata«
bezeichnet worden ist!. Aus diesem Blindsack geht der distale Teil
des Vas deferens ab, und verläuft auf der Dorsalseite des Pakets
nach hinten, um schließlich in die NeEpHAusche Tasche, das Reser-
voir für die gebildeten Spermatophoren, einzumünden. Die NEED-
HaMsche Tasche ist ein großes, meist an der linken Seite des Pakets
gelegenes, im einfachsten Falle schlauch- bis flaschenförmiges Organ.
Sie empfängt das Vas deferens am hinteren Ende und mündet vorn
in die Mantelhöhle.
Der proximale Abschnitt des Vas deferens enthält nie Sperma-
tophoren, sondern nur zusammengeballte Spermamassen. Er ist, ab-
gesehen von einer Erweiterung des Anfangsteils, die bisweilen ein-
- tritt, in seiner ganzen Länge von gleichmäßigem Kaliber. Seine
einzige Differenzierung besteht in mehr oder weniger ausgesprochenen
Längsfalten, die sich auch sekundär verzweigen und ein regelmäßiges
Faltensystem bilden können. Die ganze innere Oberfläche ist mit
einem flimmernden Cylinderepithel ausgekleidet, das sich übrigens
im ganzen Leitungsweg nachweisen läßt, aber im wesentlichen nur
da recht zur Geltung kommt, wo es nicht durch sonstige histologische
Ditferenzierungen verdrängt worden ist. Auf die Epithelschicht folgt
eine Lage von Muskelfasern, und auf diese das ebenfalls alle Teile
des Leitungsapparates umscheidende Bindegewebe.
Der Übergang vom Vas deferens zum ersten Abschnitt der
Spermatophorendrüse ist insofern ein plötzlicher, als nunmehr eine
gewaltige Vergrößerung der ins Lumen ragenden Falten eintritt, in-
folge deren der erste Abschnitt das Vas deferens um ein Vielfaches
an Dieke übertrifft. Indessen läßt sich stets zeigen, daß der schein-
bare Ort der Einmündung es in Wirklichkeit nicht ist. Das Vas
1 LEUCKART, DUVERNOY.
324 Werner Marchand,
deferens legt sich eng der Wand des ersten Abschnitts an, biegt dann
um und läßt sich noch eine Strecke weit ins Innere verfolgen, um
dort in den Kanal überzugehen, der als Fortsetzung des Leitungs-
weges die ganze Spermatophorendrüse durchzieht. Der zweite Ab-
schnitt unterscheidet sich von dem ersten dadurch, daß seine Wand
in Gestalt eines breiten, auf dem Querschnitt fächerförmig bis plump-
keilförmigen, nach einer Seite übergeneigten, Wulstes in das Lumen
vorspringt. Sowohl dieser Wulst wie die gegenüberliegende Wand
sind in der Regel mit zahlreichen Falten ausgestattet!. Das zwischen
diese Falten eingeschlossene Drüsenlumen steht mit dem Lumen des
ersten Abschnittes nicht in direktem Zusammenhang, sondern nur durch
Vermittlung des Leitungskanals, der, peripher gelegen, gerade unter
dem Wulst in den zweiten Abschnitt mündet. Der Leitungsweg bleibt
also im zweiten Abschnitt durch den Wulst von dem eigentlichen
Lumen getrennt, kommuniziert aber mit ihm durch eine seitliche
Spalte. Er bildet also eine auf der einen Seite des Wulstes, von
diesem überdacht verlaufende Rinne. Nur hier finden wir das
flimmernde Cylinderepithel, das wir im proximalen Vas deferens
kennen lernten. Die ganzen umliegenden Wände mit ihren Falten,
sowie die Oberfläche des Wulstes, sind mit Drüsenepithel ausgekleidet.
Über den feineren Bau der Abschnitte und die Histologie soll in einer
besonderen Abhandlung berichtet werden. Der dritte Abschnitt kenn-
zeichnet sich dadurch, daß der Wulst nicht nur beibehalten, sondern
noch vergrößert ist, während die ganzen Faltenbildungen unter-
blieben sind und einem enorm verdiekten Drüsenepithel von ganz
anderm Habitus Platz gemacht haben. Auch hier zieht der Leitungs-
weg in Gestalt einer flimmernden Rinne an der einen Seite des Wulstes
entlang. Diese Rinne kann sekundär durch schneckenförmige Ein-
rollung des Wulstes ins Innere verlagert werden. Stets läßt sich das
umgebende Bindegewebe in den Wulst hinein verfolgen. Ontogenetisch
kann man sich einen derartigen Wulst durch Einwucherung des
Bindegewebes entstanden denken.
Der dritte Abschnitt hört ziemlich plötzlich auf, indem er in
den gewöhnlich nach hinten umbiegenden, sehr viel dünneren Aus-
führgang übergeht. Dieser zeigt keine Spur mehr von dem Wulst
und den drüsigen Epithelien, sondern wieder das cylindrische Flimmer-
epithel des eigentlichen Leitungsweges.
ı Man findet auch im ersten Abschnitt bei Decapoden ander dem Wulst
entsprechenden Stelle eine Verdiekung der Wand mit stärkerer Faltenbildung,
aber nie deutlicher Einrollung oder Keilform.
Studien über Cephalopoden. 1. 325
Die accessorische Drüse kann ziemlich verschieden gebaut sein,
bald sackförmig, bald lang-schlauchförmig auftreten, sie kann endlich
unvermittelt einmünden oder auch einen längeren Ausführgang besitzen.
Spuren eines Flimmerepithels sind im Inneren oft noch nachweisbar;
im sroßen und ganzen ist es von einschichtig liegenden, großen
Drüsenzellen verdrängt worden, die das ganze Innere und auch die
oft vorhandenen Falten auskleiden. |
Der Blindsack des distalen Vas deferens zeigt keine Spur von
den erwähnten Drüsenzellen, sondern nur Flimmerepithel, in das
einzelne helle Schleimzellen eingestreut sind. Er stimmt histologisch
mit dem distalen Vas deferens vollkommen überein und scheint eine
Aussackung desselben darzustellen. Die NespHAmsche Tasche ist
sewöhnlich mehr oder weniger deutlich spiralig gedreht. Sie besitzt
einen Wulst, der mit dieser spiraligen Drehung im Zusammenhang
steht, meist eine große Zahl niedriger Längsfalten und eine Epithel-
auskleidung von niedrigen Flimmerzellen, die indessen oft die
Flimmern verlieren. Ihr hinterer Abschnitt ist immer mehr oder
weniger mit dem an ihr entlang ziehenden distalen Vas deferens
verschmolzen, indessen scheint es, daß dieses ursprünglich am
untersten Ende einmündete. Die NerpuAusche Tasche kann als eine
Erweiterung des distalen Vas deferens betrachtet werden.
Diese Übersicht mag zur Einführung in den Bau des Leitungs-
apparates genügen. Es finden sich im einzelnen, zumal in der Octo-
podengruppe, zahlreiche Abweichungen von dem aufgestellten Schema,
die bei der Beschreibung der einzelnen Arten zur Sprache kommen
sollen. Es sind im wesentlichen Rückbildungserscheinungen, teil-
weise aber auch Weiterbildungen. Hier sei nur hervorgehoben, daß
bei den Octopoden das distale Ende der NerpHAmschen Tasche
regelmäßig zu einem sogenannten Penis umgebildet und durch stärkere
Ausbildung der Muskulatur zur Austreibung der Spermatophoren
geeignet geworden ist.
Die Bildung der Spermatophoren erfolgt, wie schon erwähnt, in
der Spermatophorendrüse, in deren verschiedenen Abschnitten sie
sich mehr oder weniger weit entwickelt vorfinden. Nachdem die
Spermatophore, die in der flimmernden Rinne unter beständiger
Drehung langsam vorrückt, im dritten Abschnitt ihre äußere Hülle
erhalten hat, ist sie bei Decapoden im wesentlichen fertig.
Meine Untersuchungen über die Spermatophorenentwicklung haben
mich überzeugt, daß die Spermatophorendrüse keineswegs, wie bis-
her angenommen wurde, der einzige Ort für die Bildung der Sperma-
326 | Werner Marchand,
tophore ist, und daß bei den Octopoden auch das distale Vas deferens
und die NEEDHAmsche Tasche für diese Funktion in Anspruch
genommen ist.
Es ist von Interesse den Weg der Spermatophore von ihrer
Bildungsstätte bis an ihren Bestimmuugsort zu verfolgen (Fig. 3).
Cauun machte bereits die Beobachtung, daß die Spermatophore im
dritten Abschnitt mit dem aboralen Pol, im distalen Vas deferens
aber mit dem oralen Pol voran gerichtet liegt. Er schloß daraus,
daß der oben erwähnte Blindsack im distalen Vas deferens die Rolle
einer Umkehrstation spiele. Es stellte sich indessen, wie ich bereits
in einer vorläufigen Mitteilung! auseinandergesetzt habe, heraus, daß
die Struktur dieses Blindsackes einen derartigen Umkehrvorgang
unmöglich macht. Er besteht lediglich aus einem nur unvollkommen
verschmolzenen Knick des distalen Vas deferens und läßt stets einen
aufsteigenden und einen absteigenden Schenkel unterscheiden. Über-
dies konnte man an mehreren Präparaten zeigen, daß die Sperma-
tophoren diesen Blindsack, ohne umzukehren, aber mit dem oralen
Pol voran, passierten. Die Umkehr tritt demnach ein, ehe die
Spermatophore in den Blindsack eintritt. Der Ort der Umkehr ist
die accessorische Drüse, für die ich aus diesem Grunde den Namen
Rangierdrüse vorschlagen möchte. In der Tat fand ich bei mehreren
Arten Spermatophoren in dieser Drüse, mit dem aboralen Pol dem
blinden Ende zu gerichtet. In einem Falle lag eine der sehr langen
Spermatophoren von Octopus defilippii mit dem aboralen Pol noch
in der Drüse, während das orale Ende schon im absteigenden
Schenkel des Blindsackes angekommen war. Die Tatsache der Um-
kehr ist somit über jeden Zweifel erhaben, und Beobachtungen am
lebenden Tier brachten vollste Bestätigung.
Die Spermatophore tritt mit dem aboralen Pol voran in die
accessorische Drüse hinein, um sie mit dem oralen Pol voran wieder
zu verlassen und in den aufsteigenden Schenkel des Blindsackes zu
rücken. So durchgleitet sie allmählich das ganze distale Vas deferens
und gelangt endlich, immer noch mit dem oralen Pol voran, in die
NEEDHAMsche Tasche.
Indessen lehrt ein Blick auf den Inhalt der NeEpHAmschen
Tasche, daß alle hier aufbewahrten Spermatophoren mit den aboralen
Enden distalwärts gerichtet sind. Es muß also an der Einmündungs-
stelle in die NEEDHANMSsche Tasche eine zweite Umkehrstation liegen.
1 MARCHAND, Zool. Anz. Nr. 25 (März 1906).
Studien über Cephalopoden. 1.
N d.Needh.
.d.gl.sp.
a
\ gl.sp. III
j}
a
I. Umkehr
? Ai v.d.dist.
1 gl.sp.I
\\ II. Umkehr
\
Eigr3.
Schematische Darstellung des Weges der Spermatophore. a, bei einem Oegopsiden, d, bei einem
Octopoden.
Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVL Bd. 22
327
328 Werner Marchand,
Und diese besteht in der erwähnten, teilweisen Verschmelzung des
Vas deferens mit dem Fundus der NEEDHauschen Tasche, welche es
möglich macht, daß die Spermatophoren wie durch einen seitlichen
Schlitz des Kanals in die NeepHAusche Tasche gleiten können, wo
sie dann, alle parallel nebeneinander liegend, allmählich weiter
geschoben werden. Daher die auffallende Zuspitzung des Fundus
der NEEDHAMschen Tasche in vielen Fällen, die ein Herumwandern der
Spermatophoren offenbar ausschließt. Sobald die Spermatophore mit
dem oralen Ende in diesem zugespitzten Fundus angekommen ist,
kann sie nicht mehr weiterrücken. Sie wird aber durch die nächste
auf dem gleichen Wege eintretende Spermatophore nach der Seite
gedrängt und genötigt durch den Schlitz ins Innere der NEEDHAM-
schen Tasche hinein auszuweichen.
Ich habe mich bemüht, nach einem Zweck dieser doppelten Umkehr
zu suchen, und glaubte anfangs ihn darin gefunden zu haben, daß,
wie es scheint, gewisse Teile der Spermatophore erst im Anschluß
an die zweite Umkehr gebildet werden können. Indessen werde
ich am Schlusse dieser Abhandlung den Versuch machen, diese doppelte
Umkehr genetisch zu erklären und nachzuweisen, daß sie zwar an
sich nicht notwendig, aber in gewisser Hinsicht die Bedingung für
die Ausbildung polarisierter Spermatophoren war.
Es wurde schon erwähnt, daß der Leitungsapparat mehr oder
weniger das Aussehen eines Pakets hat, indem die Teile sich an-
einander legen. Durch Aneinanderrücken kann schließlich auch die
Hodenkapsel mit dem Leitungsweg zu einem einzigen Paket ver-
bunden werden, das von einer gemeinsamen bindegewebigen Hülle
umgeben ist.
Die Spermatophorendrüse steht mit der accessorischen Rangier-
drüse und dem Blindsack insofern in näherer Beziehung, als alle
drei Organe noch in einem besonderen Hohlraum eingeschlossen sind,
den Brock fälschlich als ein abgeschnürtes Divertikel des Cöloms
ansah, der aber, wie CHux nachgewiesen hat!, eine bei Illex noch
nach außen offenstehende eetodermale Tasche darstellt. Caux führte
anstatt des irreführenden Namens »Bauchfelltasche« den Ausdruck
Genitaltasche ein. Die genannten Organe hängen ventralwärts bruch-
sackartig in diese Tasche hinein, immer durch eine Art von Mesen-
terium an ihrer dorsalen Wand befestigt. Es ist klar, daß die
t CHun, Die morphologische Bedeutung der die Geschlechtswege umgeben-
den »Bauchfelltasche< bei Cephalopoden. Zool. Anz. Bd. XXVIH. Nr. 19, 20. -
1905.
i
‘
Studien über Cephalopoden. 1. | 329
peristaltischen Bewegungen aller dieser Teile dadurch erleichtert
werden, daß sie frei in einen Hohlraum hineinragen.
Eine höchst merkwürdige Erscheinung, auf die bereits BRock
aufmerksam gemacht hat, ist nun die, daß eine direkte Verbindung
zwischen dem Leitungsweg und dieser Tasche existiert. Am distalen
Ende der Spermatophorendrüse geht neben dem Ausführgang dieser
Drüse ein feiner Kanal ab, der zwischen dem dritten Abschnitt und
der accessorischen Drüse hindurchgeht und mit einer Erweite-
rung, die von CHun als »Flimmertrichter« bezeichnet wird, in die
Genitaltasche mündet. CHux beschreibt den Kanal genauer und
weist ihn bei einer Anzahl von Oegopsiden nach, während er bisher
nur bei Sepia bekannt war!. Er ist in seiner ganzen Länge mit
Flimmerepithel ausgekleidet, das, wie ich in Neapel feststellen
konnte, in der Richtung aut die Genitaltasche zu schlägt. Ob
dieser Kanal, den ich stets leer gefunden habe, irgend welche
funktionelle Bedeutung besitzt, vermag ich nicht zu entscheiden.
BRocCK vermutet, daß er zur Beseitigung abortiver Spermatozoen
dienen könnte. Da er den Octopoden vollständig fehlt, so vermute
ich, daß er seine funktionelle Bedeutung längst verloren hat und
als rudimentäres Organ betrachtet werden muß.
Die überraschenden Ergebnisse, zu denen ich durch meine Unter-
suchung gelangte, warfen auch einiges Licht auf die Bedeutung
dieses rätselhaften Kanals, wie am Schlusse dieser Arbeit ausgeführt
werden soll.
II. Spezieller Teil.
Der anatomische Bau des Leitungsapparates bei den einzelnen
Arten.
Ich wende mich nun zu einer kurzen Besprechung der Anatomie
des Leitungsapparates bei den einzelnen Arten. Indem ich auf die
Abbildungen verweise, möchte ich mich in der Beschreibung möglichst
kurz fassen, und nur die Punkte hervorheben, deren Aufklärung für
die vergleichend-anatomische Betrachtungsweise von Interesse sind.
Der herrschenden Anschauung entsprechend, nach der die Oegop-
siden als die niedrigststehenden Dibranchiaten aufzufassen sind, be-
sinne ich mit diesen, lasse sodann die Myopsiden und auf diese die
Octopoden folgen.
ı CHun, Über einen unbekannt gebliebenen Flimmertrichter bei Cephalo-
poden. Zool. Anz. Bd. XXVII. Nr. 19, 20.
29*
330 | Werner Marchand,
a. Oegopsiden.
Die Oegopsiden sind es vor allem, welchen Caux seine Auf-
merksamkeit zugewandt hatte, und deren Studium ihn veranlaßte,
diese Verhältnisse genauer untersuchen zu lassen. CHux publizierte
bereits eine kurze Beschreibung der Leitungsapparate von Pierygio-
teuthrs und Abrahopsis!.
Ich habe dieser Beschreibung nur wenig hinzuzufügen, möchte
sie indessen der Vollständigkeit halber kurz wiederholen. Wir haben
bei beiden, sich offenbar sehr nahestehenden Gattungen ein ziemlich
kurzes, in deutlichen Schlangenlinien gebogenes Vas deferens, das an
dem ersten Abschnitt der Spermatophorendrüse erst entlang läuft, ehe es
in sie einmündet. Die Spermatophorendrüse ist sehr ansehnlich ent-
‚wickelt, die drei Abschnitte sehr scharf gesondert, der erste namentlich
bei Pierygioteuthis sehr groß,
auch bei Abraliopsis noch eben
ZI so groß wie der zweite. Beide
sind durch Faltenbildung diffe-
renziert. Der dritte Abschnitt
ist glatt und distalwärts ver-
jüngt. Er umkreist die beiden
andern und mündet dann, in-
dem er sich plötzlich verschmä-
lert, in das distale Vas deferens
oder besser gesagt in die ac-
|L....def.dist. cessorische Drüse. Diese ist
gl.acc.
„duet.sp.
gspll2S > nden can.eil.
länglich-schlauchförmig, an der
Fig. 4. Innenwand mit Längsfalten aus-
Blindsack von Abraliopsis. gestattet. Der Blindsack des
distalen Vas deferens erwies
sich auch bei diesen beiden Arten bei genauerer Untersuchung als
aus zwei durch ein Septum getrennten Räumen bestehend, die
in seiner Spitze kommunizieren (vgl. Fig. 4). In dem von Pferygio-
teuthrs befand sich eine Spermatophore, welche, den oralen Teil
voran gerichtet, die Schleife passierte. Es konnte somit kein Zweifel
sein, daß auch bei diesen Arten sich die Wanderung der Spermato-
phoren in der von mir für die übrigen Formen festgestellten Weise
vollzieht. Auch die Einmündungsweise des distalen Vas deferens
1:Ct..9029.
Studien über Cephalopoden. 1. | al
ist die für die übrigen Arten geltende: Die Spermatophoren gelangen
mit dem oralen Pol voran durch das Vas deferens von oben her zu-
nächst in den spitz ausgezogenen Fundus der NezpHAuschen Tasche,
wo sie alsdann genügend Spielraum finden, um seitlich auszuweichen
und allmählich, wenn ihrer mehr geworden sind, nun mit dem
aboralen Pol nach vorn, nach der Mündung zu aufwärts geschoben
zu werden.
Auf Schnitten! zeigte es sich, daß der absteigende Ast des
Blindsackes nach hinten ein leicht geschlängeltes Divertikel von nicht
div.coec. d.gl.acc. div.coec. d.gl.ace.
N SZENEN { i ns REN Pa
“* x IN N ee an u. f AR N Pr z N
za \ a anN £ 2) >, A FERN Q \ IN "8 u
SW: ) an win,
KEN N RN if \ Fe ") \ RR) | \ | a
SLIZAISSSAII SER,
II \ N wi na \ 4
> > —_ > f )
v.d.dist v.d.dist.
sp. (umbiegend)
Fig. 5.
Schnittreihe durch den Blindsack von Pierygioteuthis.
- bedeutender Länge entsendet, vermutlich ein rudimentäres Gebilde,
auf das ich im Schlußkapitel noch zurückkommen werde.
Um hier mit einigen Worten auf den vor kurzem von ÜHUN
beschriebenen? Leitungsapparat von Calliteutins einzugehen, so ist
er abgesehen von seiner paarigen Ausbildung durch den Bau der
Spermatophorendrüse interessant. Der gewaltige erste Abschnitt über-
trifft an Masse die beiden andern beträchtlich. Der zweite Abschnitt
ist verhältnismäßig klein und läßt den sehr schön $-förmig ge-
krümmten Leitungsweg durchschimmern. Der dritte Abschnitt ist
auf beiden Seiten ziemlich verschieden und unregelmäßig ausgebildet.
Überhaupt wird die auffällige Asymmetrie beider Seiten von CHun
hervorgehoben. Der Ausführgang der Spermatophorendrüse zieht
merkwürdigerweise gerade nach vorn, also in entgegengesetzter
Richtung wie bei den übrigen Dibranchiaten. Es scheint, daß sich
dieses Verhalten darauf zurückführen läßt, daß die accessorische
1 Von Pierygioteuthis, die mir Prof. CHun zur Verfügung stellte.
® Chun, Über die Geschlechtsverhältnisse der Cephalopoden. Zool. Anz.
#306. Nr. 25.
332 Werner Marchand,
Drüse infolge des durch die doppelte Ausbildung des Leitungsweges
bedingten Platzmangels nach vorn verlagert worden ist, worauf auch
der Verlauf der sonst sehr regelmäßigen Längsfalten der Drüse hin-
deutet. Durch diese Verschiebungen erklärt sich auch, daß der
Flimmergang, sonst zwischen der accessorischen und der Spermato-
phorendrüse eingeklemmt, bei Calliteuthis auf beiden Seiten völlig
frei liegt. Der Blindsack des distalen Vas deferens ist bei dieser
Form im Vergleich mit andern Oegopsiden nur klein.
Der Leitungsapparat von Histioteuthis scheint sich nach CHun
nicht wesentlich von dem von Calliteuthıs zu unterscheiden, doch
ist mir nicht bekannt, welche Lagebeziehungen sich bei der erst-
senannten Art vorfinden.
Illex coindettv:.
Etwas genauer untersuchen konnte ich Illex coindetii, von dem
mir mehrere Exemplare verschiedenen Alters zur Verfügung standen.
Wie CHun in der zitierten Arbeit mitteilt, besitzt Z/l!ex dadurch
besonderes Interesse, daß hier der Hohlraum, der bei allen Dibran-
chiaten als sogenannte Genitaltasche den Knäuel der ausführenden
Wege umgibt und der bisher für ein abgeschnürtes Divertikel der
Leibeshöhle gehalten wurde, in Gestalt einer geräumigen Tasche mit
der Mantelhöhle kommuniziert. Er ist demnach als eine Einstülpung
des Mantelhohlraums aufzufassen, in die sich dann der Leitungsweg
bruchsackartig hineingedrängt hat, so daß er nur noch durch eine
Art von Mesenterien mit der Wand zusammenhängt. Diese Tatsache
war insofern überraschend, als sich daraus ergab, daß der vorher-
genannte flimmernde Gang eine Verbindung des Leitungsweges mit
einem Teile der Mantelhöhle, also der Außenwelt darstellt.
Beim jugendlichen Tier (Mantellänge 7 cm) liegt das ganze
Paket noch hinter den Kiemengefäßen. Aus der geräumigen Tasche
ragt nur die Spitze des verhältnismäßig sehr großen und langen
Blindsackes heraus, bei etwas älteren Exemplaren auch die Mündung
der NEEDHAMschen Tasche, die aber nur einen einfachen, innen mit
einem eingerollten Wulst ausgestatteten Schlauch darstellt (Fig. 6).
Die NeepHAusche Tasche liegt genau dorsal, durch das an ihr ent-
lang ziehende distale Vas deferens und das dazwischengeschobene
proximale Vas deferens von der accessorischen Drüse getrennt, welche
ihr parallel in der Richtung der Längsachse des Tieres verläuft. Die
accessorische Drüse liegt an der rechten Seite des Pakets, ziemlich
tief, so daß sie in der Aufsicht verborgen bleibt. Sie ist am blinden
Studien über Cephalopoden. I. 333
Ende etwas verschmälert und mit regelmäßigen, parallelen Längs-
falten ausgestattet. Ihr kurzer, aber deutlich abgesetzter Ausführ-
gang, der von einem Wulst umgeben ist, kann ziemlich weit ins
Lumen der Drüse verfolgt werden. Dieser Ausführgang ist im
Gegensatz zur- eigentlichen Drüsenwandung faltenlos. Der Blindsack,
über halb so lang wie die accessorische Drüse, ist deutlich zweiteilig.
Der absteigende Ast entsendet auch hier einen kleinen Blindsack
nach hinten, so daß ein Querschnitt des Vas deferens-Blindsackes in
gewisser Höhe drei Lumina aufweist. Die Einmündungsweise der
Spermatophorendrüse und der acces-
sorischen Drüse ist an aufgehellten
Präparaten schwer zu sehen. Aus
Schnittserien konnte ich nur er-
sehen, daß accessorische Drüse und
Ausführgang der Spermatophorendrüse
sich zu einem gemeinsamen Gang ver-
einigen und so den aufsteigenden
Schenkel des Blindsackes bilden.
Die drei Abschnitte der Spermato-
phorendrüse sind schon bei jungen
Tieren sehr scharf gesondert. Das
nur leicht geschlängelte proximale
Vas deferens läuft an dem ersten Ab-
schnitt, der am weitesten nach vorn
liegt, entlang, biegt dann scharf um und mündet von vorn her in
eine Art seitlicher Tasche desselben ein, die sich bald mit dem
Lumen vereinigt. Das Lumen des ersten Abschnitts ist durch einen
sroßen Wulst, der ihn fast ganz ausfüllt, sehr verengert. Sowohl
dieser Wulst, wie auch die gegenüberliegenden Wände sind durch
reiche Faltenbildung ausgezeichnet. Die Falten verlaufen im wesent-
lichen in der Richtung der Längsachse des Tieres.
Beim Übergang aus dem ersten in den zweiten Abschnitt ver-
engert sich das Lumen zu einem engen Kanal, der die verdickten
Wände des zweiten Abschnitts durchbohrt und in dessen Lumen
hineinführt (Fig. 7). Gleichzeitig erhebt sich die Wand des zweiten
Abschnitts längs diesem Kanal zu einem gewaltigen, wie die übrigen
Wände mit Falten reich ausgestatteten Wulst, so daß der Kanal, selbst
durchaus glatt, durch eine Art von Dach von dem eigentlichen
Drüsenlumen getrennt ist und nur durch eine enge Spalte mit ihm
kommuniziert. Dieser im Querschnitt keulen- bis pilzförmige Wulst
Situs des jugendlichen Leitungsapparates
von Illex coindetü.
394 Werner Marchand,
setzt sich bis durch den dritten Abschnitt fort, der dadurch charak-
terisiert ist, daß die Falten der Wände und des Wulstes vollständig
verschwinden. Der dritte Abschnitt ist in seinem Anfangsteil, der
am hinteren Ende des ganzen Pakets liegt, stark erweitert; er wird
dann, die andern beiden Abschnitte von rechts her umkreisend, zu
einem cylindrischen Schlauch, in dem gleichzeitig der mächtige Wulst
an Dicke abnimmt. Er überragt nach vorn die beiden andern Ab-
schnitte noch um ein Beträchtliches.
Beim geschlechtsreifen Tier bleibt die Genitaltasche offen (Fig. 8).
Aus ihr ragen die NEezpHAusche Tasche (bis 31/; em), weniger weit
b.Needh. v.d.dist. v.d.prox. e.cH. - gl.ace.
\ (AS ;
f } \ A = S \ er
% [ er Ne) “f\ GG E If
ZEN Do Ye LH
> — SI ER, BDIIN BP: \/ = gl.sp.III
: 77) ee) = / / SS MS DE € —
27: 7, > O IV, / = —n. IS 5 x 5) 7, NS
ME 2 DIAS GE J
VAN | OO. 228) > /
(DV NEID <
> = De u
| —P? MMS
\ 2 ER UM ins
gl sp T can.sp.
gl.sp.II
ie.
Schnitt durch den jugendlichen Leitungsapparat von Illex coindetiüt.
der Blindsack und endlich das abgestumpfte Ende des dritten Ab-
'schnitts der Spermatophorendrüse hervor. Die einzelnen Teile des
Leitungsapparates haben gewisse Weiterdifferenzierungen erfahren.
Das proximale Vas deferens beginnt mit einem langgezogenen,
schmalen Schlitz, erweitert sich dann schwach, um sich bald wieder
zu verengen, verläuft anfangs gerade und wickelt sich dann zopf-
artig auf. Es mündet schließlich in die linke, weniger weit vor-
springende Ecke des ersten Abschnitts ein (Fig. 9). Die Dreiteilung
der Spermatophorendrüse ist sehr deutlich. Die Lagerung der drei
Abschnitte ist derart konstant, daß sie einen festen Komplex bilden,
dessen Teile sich nur schwer unverletzt auseinanderlegen lassen.
Die untere Begrenzung dieses Pakets bildet der bauchig erweiterte
und nach hinten leicht zugespitzte Anfangsteil des dritten Abschnitts.
Dieser steigt sodann nach vorn, umkreist, ihm eng anliegend, den
zweiten Abschnitt und schlägt an der Stelle, wo er sich der oberen
Studien über Cephalopoden. 1. 335
Kante des ersten Abschnitts nähert, die Richtung nach der Taschen-
mündung ein. An der am weitesten aus der Tasche hervorragenden
Stelle, wo auch der Flimmergang entspringt, geht direkt nach hinten
umbiegend der sehr viel dünnere Ausführgang ab, der an der Basis
Ir
Be
Ray:
Br N
. ==
I —H
zZ)
Nez
2
ce
SS
2 SH
AS,
If 7A
nephr..__ EZ) EM): '
BECK
’
Fig. 8.
Situs des geschlechtsreifen Leitungsapparates von Illex coindetiüi.
des Blindsackes die Kommunikation mit der accessorischen Drüse
herstellt, ohne daß es eigentlich den Anschein hat, als ob er in
diese einmünde. Der Blindsack ist ungemein lang, und ragt noch
ein Stück aus der Genitaltasche in die Mantelhöhle vor. Die
accessorische Drüse hängt der Außenseite des dritten Abschnitts
parallel laufend, als dünnhäutiger, innen mit Längsfalten besetzter,
eylindrischer Sack bis gegen die hintere Grenze des Knäuels herab,
396 Werner Marchand,
dort mit einer leichten Zuspitzung blind endigend. Sie liegt so weit
rechts, daß sie von oben nicht sichtbar ist. Bei mehreren Exemplaren
- enthielt sie eine Spermatophore, mit dem aboralen Pol dem blinden
Ende zu gerichtet. In der Regel rückt auch die Kante des dritten
Abschnitts nach rechts in die Tiefe, so daß auch sie von dem weit
herüber greifenden Hoden ver-
or. deckt wird. Ungefähr dorsal, meist
Y etwas nach links verschoben, liegt
| die NEEpHAusche Tasche (Fig. 8).
Sie ist reichlich zweieinhalbmal
so lang wie das ganze Paket und
erreicht die Länge von 9 em. Sie
ist immer sehr stark mit Sper-
matophoren angefüllt, die sehr
KA) regelmäßig angeordnet liegen, be-
ihr gl.ace. schreibt bis vier Spiralwindungen,
M I und ist nach vorn zu leicht ver-
HL] v.d.dist, schmälert, ohne jedoch einen eigent-
ZN; lichen Hals zu bilden. Das hin-
AR: terste Ende ist zugespitzt. Das
nn n b.Needh. distale Vas deferens läuft an der
gl.sp. LIT ..... | \
d.sp LAN
1 17
gl.sp.I- t ig
Nr
‘
(N NEEDHAMSchen Tasche entlang und
N Ä mündet in die unterste Spiralwin-
—uss dung (ungefähr im untersten Vier-
Fig. 9. tel). Die Spermatophoren gelangen
LEEREN eines ao. QHleczereifen Illex mit dem oralen Pol in das zu-
coindetii, aus der Tasche herausgelöst. Etwas R i :
auseinandergelegt. Dorsalansicht. gespitzte blinde Ende und weichen
nach links aus, immer von den
nachfolgenden zur Seite gedrängt. Sie wandern so allmählich die
Spiralwindungen empor und langen endlich, da die Höhe der Win-
dungen der Länge der Spermatophoren entspricht, alle parallel und
in bester Ordnung am vorderen Ende der NeEpDHAuschen Tasche an.
Alle Teile, namentlich aber die aus der Tasche hervorragenden
Partien, zeigen im Leben ziemlich lebhafte Bewegungen.
Charakteristisch für die Oegopsiden sind demnach außer der
festen Vereinigung und sehr deutlichen Abgrenzung der drei Ab-
schnitte namentlich die bedeutende Entwicklung des ersten Abschnittes,
ferner die ungewöhnliche Länge des Blindsackes und die im all-
gemeinen dorsale Lage der NerpHAmschen Tasche, ferner die meist
oberflächliche Lagerung des ganzen Pakets.
Studien über Cephalopoden. 1. 3a
b. Myopsiden.
An Myopsiden stand mir ein sehr viel reicheres Material zu
Gebote. Untersucht wurden: Loligo vulgaris und marmorae, Sepia
offieinalis und elegans, Rossia macrosoma,' Sepiola rondeletti und
jJaponica, und. Heteroteuthis dispar.
Loligo vulgaris.
Der bemerkenswerteste Untersehied von den Oegopsiden liegt
darin, daß bei Zoligo die Tasche, die noch bei Illex breit mit der
Mantelhöhle kommunizierte, geschlos-
sen ist und eine ovale Kapsel bil- v
det, in welcher die Spermatophoren- e
drüse, die accessorische Drüse und E
der Blindsack liegen. Letzterer, der £
bei /llex weit aus der Tasche her- ee;
vorragte, ist offenbar wegen Raum- N
mangel zurückgeschlagen. Die ac-
cessorische Drüse liegt auf der rechten
Seite der NEEDHanschen Tasche an,
die Spermatophorendrüse zeigt deut-
liche Abgrenzung der Abschnitte; der | gi.ace. #4 —, I Ir
- erste Abschnitt ist nicht mehr so I BEN gel
umfangreich wie bei den Oegopsiden. | \ (en gl.sp:IT
Die Lagerung ähnelt der bei Illex. | sn gep.lil
Der Hoden liegt, im Zusammenhang ERATEROS:
mit der bedeutenden Streckung des
ganzen Körpers, im Fundus des Ein- ji?
geweidesackes und ziemlich weit | 2.d.dist.
von dem besprochenen Paket ent- „Needh. BR:
_ fernt. Das Vas deferens ist in seinem \
Anfangsteil völlig gerade und knäuelt
sich erst da auf, wo es sich dem
Paket nähert, anfangs deutlich ziek-
zackartig, dann immer dichter. Es
führt an die Unterseite des Knäuels, |
wo es in ähnlicher Weise wie bei Fig. 10.
n ; f Geschlechtsreifer Leitungsapparat von Zoligo
Illex in den ersten Abschnitt ein- ee ;
mündet. Die NEEDHAMsche Tasche
liegt dorsal und ist außerordentlich in die Länge gezogen. Schon
338 Werner Marchand,
beim jungen Tier ist sie etwa viermal so lang wie das Paket. Sie
ist noch einfach schlauchförmig und ragt etwas in die Mantelhöhle
vor. Beim erwachsenen Tiere liegt sie mehr rechts, ist fast sechs-
mal so lang wie das Paket und ragt, vorn etwas verengert, doch
ohne einen eigentlichen Hals zu besitzen, etwa 4—5 cm in die
Mantelhöhle vor, an der Basis der
linken Kieme austretend (Fig. 11). Nach
hinten verlängert sie sich zu einer
ziemlich scharfen Spitze, die die Lei-
beshöhlenwand vor sich hertreibt, und
sich so ziemlich weit in den Vis-
ceropericardialraum hineinschiebt. Die
NEEDHAMsche Tasche ist in ihrer gan-
zen Länge ziemlich unregelmäßig mit
Spermatophoren erfüllt, sie wird je-
doch durch das ihr anliegende Paket
ungefähr in der Mitte stark einge-
drückt, so daß sich die Hauptmasse
der Spermatophoren in der unteren,
etwas bauchig aufgetriebenen Hälfte
Fig. 11. ansammelt. Das distale Vas deferens
ZT
ZU
/;
m
Situs der NErpHuamschen Tasche bei M 3 a =
Holigolnulgunie zieht weit an ihr entlang und mündet
erst im untersten Sechstel in der bei
Illex beschriebenen Weise ein. Nur die untere Hälfte der NEED-
HAMschen Tasche zeigt eine deutliche Spiralbildung und etwas
regelmäßigere Lagerung der Spermatophoren.
Von Loligo marmorae habe ich in diesem Jahre in Neapel eine
größere Anzahl von Exemplaren erhalten, doch konnte die Unter-
suchung wegen Zeitmangel noch nicht durchgeführt werden. Der
Leitungsapparat scheint äußerlich dem von L. vulgaris ähnlich zu
sein, ist aber etwas gedrungener. Vor allem ist die NEEDHANsche
Tasche bei L. marmorae relativ kürzer als bei L. vulgaris.
Sepia officinalis (Fig. 12a).
Dem gedrungeneren Bau des ganzen Tieres entsprechend finden
wir bei Sepia die Leitungswege weniger in die Länge gezogen als
bei Zoligo. Alle Teile sind näher aneinandergerückt. Das ganze
Paket der Leitungswege liegt dem Hoden so nahe, daß das proximale
Vas deferens sich sogleich an seinem Ursprung, wo es mit einer
schlitzartigen Öffnung beginnt, aufknäuelt (Fig. 12b). Es ist außer-
Studien über Cephalopoden. I. 339
ordentlich lang und verläuft an der Unterseite des Pakets in mannig-
fachen Windungen bis fast an dessen oberen Rand, wo es in die
Spermatophorendrüse einmündet. Der erste Abschnitt der letzteren
ist deutlich zweiteilig. Das Vas deferens mündet von oben her
scharf umknickend in den einen Schenkel ein, während der andre
die Verbindung mit dem zweiten Abschnitt vermittelt. Offenbar
gl.ace...._. ff
gl.sp I.M._£-
Erlsp. IH. | R 2 n
v.d.prox. _N\E
a b
Fig. 12.
Geschlechtsreifer Leitungsapparat von Loligo officinalis. a, Ventralansicht. b, Dorsalansicht. (Die
accessorische Drüse ist zur Seite geschlagen, um den Flimmergang zu zeigen.)
entspricht der erste Schenkel dem seitlichen Divertikel, in dem das
proximale Vas deferens bei /lex einmündet. Der zweite Abschnitt
zeigt den mit Falten bedeckten Wulst; doch sind die Falten weniger
dicht als bei den Oegopsiden, dafür aber um so massiger. Der dritte
ist etwa dreimal so lang wie der sehr kurze zweite Abschnitt, unten
etwas, aber wenig erweitert, mit glatten Wänden und glattem Wulst
und stark verdiekten Drüsenpolstern an den Wänden ausgestattet.
Die accessorische Drüse ist sackförmig, hat im Inneren Längsfalten,
die wieder durch Querfalten verbunden sind, und liegt an der rechten
340 Werner Marchand,
Seite den übrigen Organen an. Zwischen ihr und dem dritten Ab-
schnitt verläuft der hier verhältnismäßig dicke, ebenfalls unregel-
mäßige Längsfalten aufweisende Flimmergang. Der Blindsack ist
ziemlich kurz und breit, er liegt der Nzepuanmschen Tasche an und
ist durch die Wand der ebenfalls eng anschließenden Genitaltasche
an sie geheftet. Die NeEpHAusche Tasche ist viel kürzer und ge-
drungener als bei Loligo, sie ist beim geschlechtsreifen Tier von
Sepia offieinalis etwa doppelt so lang wie das eigentliche Paket und
ragt mit ihrem obersten Viertel nach außen vor. Der Hals ist nicht
deutlich abgesetzt, die Mündung fand ich stets offen, undeutlich
zweilippig. Die Tasche zeigt im Inneren einen stark ausgebildeten
Wulst, der der sehr deutlich spiraligen Drehung als Achse dient.
Das distale Vas deferens läuft, der zweiten Windung folgend, an
ihr entlang und mündet in die hinterste Windung von vorn her ein.
Der hinterste Teil des distalen Vas deferens kommuniziert in Gestalt
eines seitlichen Spaltes in der ganzen Höhe der ersten Windung mit
dieser, die Spermatophoren seitlich hineinschiebend. In ähnlicher
Weise wie bei Illex wandern die Spermatophoren nun wie auf einer
Wendeltreppe in die vorderen Regionen der NEEDHAuschen Tasche.
Es scheint, daß sie durch ein klebriges Secret zusammengehalten
werden; jedenfalls lassen sie sich in ganzen Klumpen, alle in paralleler
Lage zusammenhängend, herausnehmen.
Sowohl die Wandungen der Genitaltasche, wie auch die einzelnen
Teile des Leitungsapparates, zeigten im Leben Kontraktionen.
Sepia elegans.-
Bei Sepea elegans ist der Eingeweidesack mit einer weißen, atlas-
glänzenden undurchsichtigen Haut überzogen, so daß man in der
Aufsicht nichts von dem Leitungsapparat wahrnimmt außer dem in
die Mantelhöhle vorragenden Teil der NeenHAmschen Tasche. Ent-
fernt man den Überzug des Eingeweidesackes, so sieht man das
Paket der Leitungswege unterhalb der linken Kieme liegen. Die
NEEDHAMsche Tasche liegt links und ist im Verhältnis länger als
bei Sepia offieinalis, etwa doppelt so lang wie das Paket. Sie ist ein-
fach flaschenförmig, hinten leicht zugespitzt mit nur geringer Drehung.
Sie zeigt jedoch den weit ins Innere vorspringenden Wulst und zahl-
reiche Längsfalten, an die sich die Spermatophoren anlegen!. Infolge-
1 Ich brauche wohl nicht erst zu betonen, daß es durchaus irrig wäre, mit
BROCK anzunehmen, es handle sich hier um Eindrücke, die die Spermatophoren
an der Wand hinterlassen. Diese Falten werden schon angelegt, ehe Spermato-
phoren gebildet werden.
Studien über Cephalopoden. 1. 341
dessen ist auch die Lagerung der Spermatophoren keine sehr regel-
mäßige. Das vielfach aufgewickelte proximale Vas deferens liegt
an der Unterseite des Pakets. Es führt, wie sich auf Schnitten
verfolgen läßt, zunächst bis an die obere Kante des ersten Absehnitts
der Spermatophorendrüse. Hier biegt es scharf um und verläuft
nun in entgegengesetzter Richtung, indem es sich gleichzeitig ver-
engert und schließlich als ganz enger Kanal ins Innere des ersten
Abschnitts einbezogen wird. Hier mündet es in einen größeren,
durch reichliche Oberflächenvergrößerung ausgezeichneten Raum, den
Fundus des ersten Abschnitts (Fig. 13). Der erste Abschnitt ist auch
bei Sepia elegans deutlich zweiteilig, ja es läßt sich sogar eine histo-
logische Verschiedenheit der beiden Hälften nachweisen, auf die hier
Fig. 13. Fig. 14.
Schnitt durch den I. Abschnitt der Spermato- Schnitt durch den III. Abschnitt der Spermato-
phorendrüse von Sepia elegans. phorendrüse von Sepia elegans.
nicht näher eingegangen werden soll. Der zweite Schenkel führt
wieder nach vorn. Sein Lumen verengert sich wie bei /lex zu
einem engen, nicht drüsigen Kanal, der direkt unter den großen
Wulst des zweiten Abschnitts führt und daher längs des ganzen
zweiten Abschnitts nur durch eine tiefe schmale Spalte mit dem
eigentlichen Drüsenlumen zusammenhängt. Trotz der reichen Ober-
flächenvergrößerung und der Dicke der Drüsenpolster können diese
Absehnitte der Spermatophorendrüse nicht als eigentliche Anhangs-
_ drüsen aufgefaßt werden; sie werden in ihrer ganzen Länge von dem
Leitungswege selbst durchzogen und müssen als Differenzierungen
von dessen Wand betrachtet werden. Der dritte Abschnitt, bei dem
dies ja viel deutlicher ist, zeigt auch bei Sepea elegans den schnecken-
förmig eingerollien Wulst und die enorme Epithelverdickung, die
hier an Stelle der Faltenbildung tritt. Das Bindegewebe, das das
Vas deferens umgibt, dringt hier ins Innere des Wulstes ein und
bildet schließlich dessen eigentliches Centrum (Fig. 14). Auf die
42 Werner Marchand,
komplizierte Histologie dieser Teile soll in einer andern Arbeit ein-
gegangen werden. Genau an der dem Wulst gegenüberliegenden
Seite des dritten Abschnitts zieht sich der Flimmergang hin, der
dann etwas oberhalb von dem bauchigen Anfangsteil des dritten
Abschnitts, mit einer nur wenig erweiterten, schlitzförmigen Öffnung
in die Genitaltasche mündet. Die accessorische Drüse gleicht der
von Sepia officinalis, der Blindsack ist rundlich und abgeflacht. Der
absteigende Ast entsendet auch hier ein, wenn auch schwaches
Divertikel nach hinten.
Rossia Macrosoma.
Von Rossia macrosoma stand mir ein geschlechtsreifes Exemplar
zur Verfügung. Hier fällt vor allem auf, daß die Lagerung der
einzelnen Teile, die bei den bisher betrachteten Formen sehr konstant
war, bedeutend modifiziert erscheint. Die Ursache für diese Ver-
änderung liegt in der Ausbildung der NeEpHAuschen Tasche. Diese
zeigt eine sehr energische Spiraldrehung (Fig. 15). Das Charakte-
v.def.prox. -- VA GE
gl.sp.II--
Nee
Fig. 15.
Leitungsapparat von Rossiaq macrosoma. a, Dorsal-, db, Ventralansicht.
ristische ist aber vor allem, daß die Spirale hier gelockert ist, so daß
die übrigen Organe sich zwischen ihre Windungen hineinschieben
konnten, richtiger gesagt, daß sich ihre Windungen zwischen den
andern Organen durchgeschoben haben, diese mehr oder weniger
aus ihrer ursprünglichen Lage bringend. Die NEEDHAusche Tasche
liegt also auf der linken Seite und verläuft zunächst leicht gekrümmt
bis an den unteren Rand des Pakets und knickt dann nach vorn
und oben um (Fig. 155). Sie beschreibt nun einen Kreisbogen, der
Studien über Cephalopoden. 1. 343
zwischen dem zweiten und dritten Abschnitt der Spermatophoren-
drüse die Oberfläche des Pakets berührt (vgl. das Verhalten bei
Octopus). Hier endigt sie aber nicht, sondern zieht weiter, nun in
die Tiefe rückend, unter dem dritten Abschnitt und dem Ausführgang
der accessorischen Drüse hindurch, an die entgegengesetzte Seite des
Pakets und von dort bis an die Basis, am Ende scharf zugespitzt
und wieder leicht in die Höhe gebogen. An der höchsten, d.h. am
weitesten nach vorn gelegenen Stelle dieses Bogens, gerade da, wo
sie zuerst auf die untere Seite des Pakets durchtritt, empfängt die
NEEDHAMsche Tasche das distale Vas deferens, dessen Mündungs-
weise der bisher beschriebenen durchaus gleicht. Es entspringt dem
Blindsack, der dem dritten Abschnitt der Spermatophorendrüse parallel,
wie dieser in entgegengesetzter Richtung wie die NEEDHAusche Tasche
verlaufend, seine abgerundete Spitze nach hinten richtet. Die acces-
sorische Drüse ist sackförmig und mit Längsfalten ausgestattet. Sie
besitzt im Gegensatz zu den bisher besprochenen Arten einen langen
Ausführgang. Das Paket des ziemlich langen proximalen Vas deferens
liegt zwischen accessorischer Drüse und NEEDHAuscher Tasche der
Hodenkapsel an. Auch die Spermatophorendrüse ist in ihrer Lagerung
verschoben, so daß der erste Abschnitt, sonst verdeckt, von der
NEEDHAMSschen Tasche zur Seite gedrängt wird und oberflächlich zu
liegen kommt, während der zweite Abschnitt in die Tiefe gedrängt
ist und zum Teil direkt der Hodenkapsel anliegt. Wie weit diese
Lagerungsverhältnisse allgemeine Gültigkeit haben, kann ich nach
dem einzigen Exemplar, das ich untersuchen konnte, nicht entscheiden.
Eine gewisse Annäherung an den Octopodentypus ist nicht zu leugnen.
Meines Wissens ist der Leitungsapparat dieser Form bisher noch
nicht beschrieben worden.
Sepiola rondeletit.
Der Leitungsapparat von Sepiola rondeletii ist wiederholt der
Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchung gewesen. Doch haben
weder die Arbeiten von PETERS!, LEUCKART? und DUVERNoY3, noch
die von Brock* vollständige Klarheit in diese etwas verwickelten
Verhältnisse gebracht.
1 PETERS, Zur Anatomie der Seprola. MÜLLERS Archiv 1842.
2 LEUCKART, Über die männlichen Geschlechtstheile der Sepiola vulgaris.
Diese Zeitschr. 1847.
3 DUVERXOY, eit. 8. 313.
4 BROcK, eit. S. 313.
Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVLI. Bd. 23
344 Werner Marchand,
Die Form weicht in vieler Beziehung von den übrigen Decapoden
ab und hängt nach meinem Dafürhalten mit Lolgo und Sepia nicht
enger zusammen als jene mit den Oegopsiden. Es scheint vielmehr,
daß die Sepiolini, zu denen auch Rossia noch zu ziehen wäre, eine
scharf charakterisierte Gruppe für sich bildeten, die vielleicht als
ein Seitenzweig am Dibranchiatenstammbaum gelten könnte.
Das proximale Vas deferens von Sepvola zeigt eine auffällige
Reduktion. Es ist ganz kurz, nur so lang wie der erste Abschnitt,
und verläuft nicht aufgeknäuelt wie bei Rossıa und den übrigen
Formen, sondern ganz gerade. An seiner Ursprungsstelle ist es
ziemlich weit und im Inneren mit zahlreichen, noch sekundär ver-
zweigten Längsfalten versehen, die so dicht stehen, daß sie das
Lumen fast vollständig ausfüllen (Fig. 16a). Weiter oben werden
die Falten spärlicher, um nahe der Einmündung gänzlich zu ver-
schwinden (Fig. 16), der bisher ovale Querschnitt wird kreisrund;
der Kanal schmiegt sich eng an die drüsige Wand der Spermatophoren-
Fig. 16. Fig. 17.
Schnitte durch das proximale Vas deferens Einbettung des proximalen Vas deferens in die
von Sepiola rondeleti. a, proximalster Teil, Spermatophorendrüse bei Sepiola rondeletüi.
b, näher der Einmündung in den I. Abschnitt sp, Sperma.
der Spermatophorendrüse.
drüse an, um dann, an dem oberen Rande angekommen, plötzlich
umzuknicken und ähnlich wie bei Sep:a geschildert wurde, in die
Tiefe des ersten Abschnitts hineinzuführen (Fig. 17). Dieser bildet
eine mit regellosen Falten und Buchten ausgestattete Tasche, welche
eigentümlich flach gedrückt den gewaltigen Drüsenmassen des zweiten
Abschnitts anliegt, und sich in Gestalt einer flachen Spalte bis an den
oberen und unteren Rand fortsetzt. Aus dieser entspringt ein zweiter,
zunächst wieder aufwärts ziehender, anfangs geschlossener Kanal,
der aber bald die Mündungen weiterer Drüsenkomplexe aufnimmt
Studien über Cephalopoden. 1. 45
(Fig. 18), und nun oberflächlich sichtbar, zwischen zwei Drüsen-
paketen hindurch, in den zweiten Abschnitt überleitet. An dieser
Stelle nimmt er zunächst die Einmündung jenes mächtigen Drüsen-
komplexes auf, an dem das proximale Vas deferens entlang gegangen
war. Es scheint, daß bei Sepiola der erste und zweite Abschnitt
der Spermatophorendrüse so weitgehende histologische Differen-
zierungen aufweisen, daß sich eine mehr oder weniger scharfe
Gun
b. Needh.__\“"
Inn @DD:
N Hr d.glsp.
ihyp b.Needh.
(Fundus)
Fig. 18.
Einbettung des Vas deferens in die Drüsenkom- Leitungsapparat von Sepiola rondeletii.
plexe der Spermatophorendrüse.
- Sonderung von Unterabschnitten durchführen läßt. Doch sollen diese
verwickelten Verhältnisse im Zusammenhang mit der Histologie dar-
gestellt werden. Die Lage des Leitungsweges im zweiten Abschnitt
ist in der Regel dadurch deutlich erkennbar, daß wir hier fast stets
eine halbfertige Spermatophore durchschimmern sehen, die beim
lebenden Tier in beständiger Drehung begriffen ist. Nachdem der
Kanal auch die Mündung des rechts liegenden eigentlichen zweiten
Abschnitts aufgenommen hat, geht er in die Tiefe, und zwar direkt
unter dem Wulst des dritten Abschnitts. Der letztere ist wie
gewöhnlich in seinem Anfangsteil am dieksten, vom zweiten Ab-
schnitt durch das vollständige Verschwinden der Falten scharf ge-
sondert, und zeigt die gewaltige Epithelverdickung, die überall für
den dritten Abschnitt charakteristisch ist. Er führt im Bogen um
den zweiten Abschnitt herum, um sodann, entlang dem Ausführgang
der accessorischen Drüse, quer über den ganzen Leitungsapparat
hinüber nach dem Blindsack hinzulaufen (Fig. 19). An der Stelle,
wo er den Ausführgang abgibt, entspringt der sehr dünne Flimmer-
kanal, der an der der accessorischen Drüse zugekehrten Wand des
23*
346 Werner Marchand,
dritten Abschnitts entlang bis gegen das erste Drittel der Drüse hin-
zieht und hier in die Genitaltasche mündet. Die accessorische Drüse
ist oval, mit ziemlich regelmäßigen Längsfalten ausgestattet und besitzt
einen Ausführgang, der reichlich ebenso lang ist wie die Drüse
selbst. In der Drüse finden sich häufig umkehrende Spermatophoren
(Fig. 25 u. 24). Ihr Ausführgang läuft der Endpartie des dritten
Abschnitts der Spermatophorendrüse parallel, empfängt deren Aus-
führgang und leitet direkt in den Blindsack über. Dieser ist bei
Sepiola rondeletiw einfacher als bei den meisten andern Formen und
A ESCHER
mnHANSRarn
ER NEN r N
EL Yv 1} f /
Fig. 20. Fig. 21.
Lagerung der Spermatophoren in der NEEDHAM- Lagerung der Spermatophoren in der NEEDHAM-
schen Tasche von Sepiola rondeletii. Dorsal- schen Tasche von sSepiola rondeletii. Ventral-
ansicht. ansicht.
stellt eine einfache Schleife dar. Seine Spitze ist stets hakenförmig
zurückgebogen (Fig. 19).
Der »Spermatophorensack«, wie ich mich hier vorläufig aus-
drücken will, liegt bei Sepzola links. Er ist merkwürdig kurz, dick
kegel- oder umgekehrt-birnförmig und verschmälert sich nach oben
ganz plötzlich zu einem kurzen, schwach-muskulösen Halse (Fig. 20).
Die Spermatophoren sind überaus regelmäßig angeordnet; die dicht
nebeneinander liegenden Etuis geben an den durchscheinenden Seiten
der Tasche den Eindruck einer zierlichen, vom hinteren Ende her
nach vorn ausstrahlenden Radiärstreifung. (Die Höhe des sogenannten
Pfropfs ist durch ein dunkles Querband bezeichnet.) Die aboralen
Enden bilden an der Oberseite eine gleichmäßige Kuppe von bienen-
wabenartig aneinander liegenden Köpfen (Fig. 21).
Die bedeutende Länge und der eigentümliche Verlauf des distalen
Vas deferens fielen schon LEUCKART auf. Es verläßt den Blindsack
in der Richtung nach rechts, biegt aber bald wieder ziemlich scharf
Studien über Cephalopoden. 1. 347
nach links um und zieht nach der Basis des »Spermatophorensackes«
(Fig. 22). Hier mündet es jedoch noch nicht ein, sondern geht nun
_.b.Needh.
app. d.gl.sp.
ij E . s
LE d.gl.acc. can.cdll. or.can.cil.
b. Needh. --—
(Fundus)
v.def.prox.
Fig. 22.
Halbschematische Darstellung des Lsitungsapparates von Sepiola. b.Needh. (Fundus) = II. Umkehr-
station.
Fig. 23. Fig. 24.
I. Umkehrstation von Sepiola rondeletii. Übertritt I. Umkehrstation von sSepiola rondeletii. Eine
der Spermatophore aus dem III. Abschnitt in die Spermatophore (durch die Konservierung defor-
accessorische Drüse; eine andre im Blindsack. miert) in der accessorischen Drüse; eine zweite
im Begriff den Blindsack zu verlassen. Im III,
Abschnitt ist eine neue Spermatophore erschienen,
348 Werner Marchand,
unter dem Paket der Leitungswege hindurch, um an der Vorderseite
wieder zum Vorschein zu kommen. Indem es hier sogleich wieder
umbiegt, bildet es eine Art von flacher Schleife, die der vorderen
Fiäche des Pakets anliegt und einen Teil davon verdeckt, kehrt
sodann zum Spermatophorensack zurück und beschreibt an dessen
Wand, indem es gleichzeitig ganz flach, weit und dünnhäutig wird,
einen vollständigen Kreisbogen und mündet endlich von unten her ein.
Als ich die Wanderungen der Spermatophoren verfolgte, fiel mir
zunächst auf, daß sie hier in ganz andrer Weise als bei den übrigen
Arten, nämlich mit dem aboralen Pol voran, in den Spermatophoren-
sack eintreten. Während wir sonst gerade in der Einmündungsweise
des distalen Vas deferens eine Einrichtung erblicken konnten, die
Richtung der Spermatophore umzukehren, muß hier diese Umkehr
bereits vorher vollzogen sein. In der Tat stellte sich heraus, daß
die Umkehr bei Sepiola an einer bestimmten Stelle des distalen Vas
deferens, und zwar in der oben erwähnten Schleife, die der Vorder-
seite des Pakets anliegt, vor sich geht. Ich möchte an der Hand
der Abbildung (Fig. 25) kurz auf den Bau dieser Schleife eingehen.
Sie besteht aus einer Umbiegung
des distalen Vas deferens, mit der
Eigentümlichkeit, daß sich das
Lumen des Kanals an der Bie-
sungsstelle nach außen zu etwas
erweitert, während gleichzeitig
das Epithel der Wand an der
inneren Kurve verdickt erscheint
und in Gestalt einer kurzen Zunge
vorspringt. Die Spermatophoren
durchwandern nun, von dem Blind-
3 sack kommend, das distale Vas
Fig. 25. deferens mit dem oralen Pol voran
a nam ME und. elsugen Ga
ee mit dem projektilen Schlauch
in die erweiterte Schlinge hinein.
Sie sind hier noch ziemlich weich, besitzen aber doch schon eine
gewisse Elastizität. Die eintretende Spermatophore stößt an der gegen-
überliegenden Wand an, ist jedoch weich genug, um sich zu biegen,
und während der dickere Spermaschlauch nachgeschoben wird,
krümmt sich der projektile Schlauch an der gerundeten Wand der
Schlinge fast zu einem Kreise zusammen. Dabei verhindert offenbar
.-- v.d.dist.
Studien über Cephalopoden. I. 349
die wulstige Verdickung der inneren Wand ein Weiterrücken des
oralen Endes in den umgeknickten Kanal. In dem Moment jedoch,
wo auch der aborale Pol der Spermatophore in den so gebildeten
Blindsack hineingeschoben wird und seitlich ausweichen kann, rückt
sie sogleich, nunmehr mit dem aboralen Pol voran, in den absteigen-
den Kanal. Vermöge der ihr innewohnenden Elastizität streckt sich
allmählich die gekrümmte orale Hälfte: Die Spermatophore tritt nun
serade gestreckt in den dünnhäutigen Teil des Vas deferens ein, um
schließlich, ohne sich weiter krümmen zu müssen, von unten in den
Spermatophorensack einzutreten. Dieser Umkehrprozeß verläuft
"außerordentlich langsam; ich konnte beobachten, daß zwischen Ein-
tritt und Austritt der Spermatophore über 6 Stunden verstreichen,
während deren ein ununterbrochenes, ganz allmähliches Weiterrücken
stattfindet. Man findet hier gewöhnlich drei Spermatophoren, von
denen zwei im Hineinwandern und eine im Hinauswandern begriffen
sind, wie denn überhaupt bei Sepiola die einzelnen Spermatophoren
sehr dicht aufeinander folgen. Die Notwendigkeit einer derartigen
zweiten Umkehr ist,
wenn die Spermato-
phore schließlich mit
dem aboralen Pol aus-
. treten soll, durchaus
_ einleuchtend. Über-
raschen mußte nur, daß
der Ort der Umkehr bei
Sepvola ein andrer sein
sollte, als bei den übri-
. gen Arten.
Ein Vergleich mit Fig. 26.
Rossia zeigte mir die NEEDHAMsche Tasche. a von Rossio, b von Sepiola.
Lösung dieser Schwie-
riekeit. Denkt man sich die Neepmamsche Tasche von Rossia aus
ihrer Verschlingung mit den übrigen Organen herausgelöst, so bemerkt
man, daß aus ihrer spiraligen Aufwindung im Verein mit der Ein-
mündung des distalen Vas deferens eine ganz ähnliche Figur resultiert,
wie sie das vermeintliche Vas deferens von Sepeola beschreibt. Es
ergibt sich aus dem Vergleich (Fig. 26), daß das distale Vas deferens
von Sepiola nur zum Teil dem der übrigen Formen entspricht, zum
andern Teil aber den unteren Windungen der NEEDHAumschen Tasche
und daß die oben beschriebene Schleife der hinteren Spitze der
350 Werner Marchand,
NzrpHAamschen Tasche homolog ist. Nur die oberste Partie der
NEEDHAMSchen Tasche dient als eigentliches Spermatophorenreservoir,
ein Umstand, aus dem sich die eigentümlich kurz gedrungene Gestalt
des »Spermatophorensackes« erklärt; die untere Partie steht noch
im Dienst der Weiterleitung und enthält nur Spermatophoren »auf
der Durchreise«.
Es scheint mir, daß dieser Befund bei Sepiola gewisse phylo-
genetische Schlüsse zuläßt. Die Homologie dieser Umkehrstelle
beweist, daß die Abzweigung des Sepiola-Stammes erfolgte, als eine
solche Umkehr bereits bestand, der Umstand aber, daß die Umkehr
selbst nicht vollkommen in gleicher
Weise vor sich geht, sondern offenbar
bei Sepiola in primitiverer Weise, so-
wie die gänzlich abweichende Ausbil-
dung des distalen Teiles scheinen darauf
hinzudeuten, daß die Abzweigung zu
einer Zeit erfolgte, als auch bei den
übrigen Formen die Umkehr sich noch
in einer einfachen Schleife vollzog.
Es müßte sonst angenommen werden,
e.cH.
Fig. 27. oe
Der Blindsack von Sepiola japonica. das Verhalten bei Sepiola sei als se-
kundäres anzusehen, was deswegen
mir unwahrscheinlich erscheint, weil es offenbar nicht das prakti-
schere ist.
Bei Sepvola jJaponica, von der ich ein Exemplar untersuchte, fand
sich im wesentlichen das gleiche Verhalten. Es fehlt jedoch die bei
Sepiola rondeletii konstante Rückwärtskrümmung der Spitze des
Blindsackes. Der Flimmergang ließ sich bei dieser Form schon
äußerlich eine Strecke weit verfolgen (Fig. 27).
Heteroteuthis dispar.
Von Heteroteuthis untersuchte ich ein Exemplar, das sich als
nicht geschlechtsreif erwies (Fig. 28 u. 29).
Die Spermatophorendrüse ist deutlich dreiteilig, der erste Abschnitt
ziemlich glatt und dünnhäutig, der zweite mit Falten ausgestattet. Der
dritte Abschnitt läßt einen bauchig erweiterten Anfangs- und einen
sehlauchförmigen Hauptteil unterscheiden. Er ist über doppelt so lang
wie die beiden andern zusammengenommen. Die accessorische Drüse ist
etwas kürzer und dicker wie ihr Ausführgang und zeigt Längsfalten. Der
Blindsack des distalen Vas deferens bildet eine einfache Schlinge (wie bei
Studien über Cephalopoden. 1. 351
Sepvola japonica). Die NEEDHAusche Tasche ist bei dem mir vor-
liegenden Exemplar noch sehr unentwickelt. Sie zeigt keine Spur
von einem gesonderten Hals, und gleicht einem vorn wenig erweiterten
Schlauch, in dessen unteres Ende das distale Vas deferens in sehr
ursprünglicher Weise einmündet, indem es einfach umbiegt.
Über den Bau der Organe der geschlechtsreifen Heteroteuthis und
die Spermatophoren ist mir nichts Näheres bekannt.
/...b.Needh.
2)
app. v.d.dist.
: gl.acc.
Bea n.b.yen. a
Teedh. |\%
b.Nee 2. NW gl.ace
J
gl.sp.II. gl.sp.III
Fig. 28. Ä Fig. 29.
Leitungsapparat von Hetero- Leitungsapparat von Heteroteuthos dispar. a, Dorsalansicht,
teuthis dispar. Ventralan- d, Ventralansicht (auseinander gelegt), c, Spermatophoren-
sicht. drüse.
Aus einem Vergleich der besprochenen Formen ergibt sich, daß
die Decapoden hinsichtlich der männlichen Leitungswege eine durch-
aus natürliche Gruppe bilden, in der wir, ohne auf prinzipielle Unter-
schiede im Bauplan zu stoßen, doch gewisse Umwandlungen beobachten,
die einzelne Arten als näher, andre als weniger nahe zusammen-
gehörig erscheinen lassen. Während wir das proximale Vas deferens
verschieden ausgebildet finden, ist allen gemeinsam die deutliche
Abgrenzung der drei Abschnitte der Spermatophorendrüse, die Längs-
faltung der sackförmigen accessorischen Drüse, das frei verlaufende,
höchstens lose angeheftete distale Vas deferens, die mehr oder weniger
deutliche spiralige Aufwindung der NezrpHAmschen Tasche beim aus-
gebildeten Tier und der Mangel eines eigentlichen Penis; vor allem
aber, und darin liegt der fundamentale Unterschied zwischen Deca-
poden und Octopoden, das Vorhandensein des flimmernden Ganges,
902 Werner Marchand,
der vom Ende des dritten Abschnitts der Spermatophorendrüse ab-
gehend indirekt eine Kommunikation mit der Außenwelt herstellt.
Eine Trennung des Decapodenstammes selbst in Oegopsiden und
Myopsiden würde nach den männlichen Leitungswegen nicht gerade
geboten erscheinen. Wenn auch die Vegopsidenfamilie im allgemeinen
etwas primitivere Verhältnisse aufzuweisen scheint als die der Myop-
siden, so darf man doch. nicht außer acht lassen, daß auch im Bau
des distalen Vas deferens bei Seprola offenbar sehr ursprüngliche
Verhältnisse vorliegen, und schließlich erinnere ich daran, daß die
Spermatophorenbildung gerade bei den Oegopsiden, wenigstens in
einer gewissen Entwicklungsrichtung, den höchsten Grad der Kom-
pliziertheit erreicht.
2. Octopoden.
a. Eledone.
Bei der Schilderung des Leitungsapparates der Octopoden beginne
ich mit den Formen, die noch gewisse Eigentümlichkeiten der Deca-
poden wiederholen. Wir kennen eine solche vermittelnde Gattung
in Bledone.
Fledone moschata.
Von Eledone moschata konnte ich außer geschlechtsreifen und
halb erwachsenen Exemplaren auch einige junge von 1 cm Mantel-
länge untersuchen. Ich fand bei diesen (Fig. 30) die Genitaltasche
schon geschlossen. Obwohl eine histologische Differenzierung noch
nicht eingetreten war, ließen sich doch alle wesentlichen Teile unter-
scheiden. Die accessorische Drüse ist, wie aus der Abbildung her-
vorgeht, einfach schlauchförmig. Sie läßt noch keine Spur von
faltiger Ausgestaltung erkennen. Die drei Abschnitte der Spermato-
phorendrüse sind nur durch die S-förmige Knickfigur angedeutet.
Der Blindsack ist kurz und undeutlich. Die schlauchförmige NEED-
maMsche Tasche geht direkt in einen Penis über, der etwa dreimal
so lang wie das Paket des Leitungsapparates, distalwärts aber noch
geschlossen ist. Zu beachten ist, daß auf so jungen Stadien die
NEEDHAMSche Tasche deutlich rechts zu liegen kommt, jedenfalls
aber unter das Paket und nicht auf dessen linke Seite. Das distale
Vas deferens bildet einen scharfen Knick mit der NEEDHANMSchen
Tasche und ist mit deren Ende zu einer Art von spitzem Blindsack
verschmolzen.
Studien über Cephalopoden. 1. 353
An größeren Exemplaren, die dicht vor der Geschlechtsreife
stehen, ist die Länge des in die Mantelhöhle vorragenden Penis noch
auffallend groß: sie beträgt mehr als das Doppelte des Pakets
(Fig. 31). Er ist im Leben in beständiger Bewegung, aber durch-
aus glatt, nur an einer Stelle leicht verdickt, während er an Spiritus-
.; mu---
p-
| VF- can.vp.
b.Needh.
.. v.d.Prox.
= gl.ace. .can.vp.
glace.
— test. __ ‚glsp IH
Se gl.sp.l
-._ test.
a D
Fig. 30.
Jugendlicher Leitungsapparat von Eledone moschata. a, Dorsalansicht, db, Ventralansicht.
exemplaren das Bestreben zeigt, durch Contraction in einer gewissen
Höhe eine Art von Knoten zu bilden. Ich vermute, daß die Ent-
stehung dieses Knotens durch die Verteilung der Muskulatur bedingt
wird, die vielleicht schon eine Vorstufe zu dem sogenannten Penis-
divertikel der typischen Octopoden darstellt.
Das proximale Vas deferens ist bei Eledone moschata sehr kurz,
etwa doppelt so lang wie der erste Abschnitt der Spermatophoren-
drüse, wovon die Hälfte auf die ampullenartige Erweiterung entfällt,
mit der es beginnt. Der Vergleich mit Sepzola ist naheliegend: Wir
354 | Werner Marchand,
können möglicherweise diese längs gefaltete Ampulle direkt mit dem
unteren, erweiterten und gleichfalls dicht längsgefalteten Teil des
proximalen Vas deferens identifizieren, nur dab dieser bei Sepiola
allmählich, bei Zledone plötzlich in den dünneren Teil übergeht. Die
Spermatophorendrüse ist bei Zledone moschata deutlich dreigliedrig
und die drei Abschnitte sind noch ziemlich verschieden gestaltet, der
erste Abschnitt läßt die Zwei-
teiligkeit erkennen, die bei
den Decapoden so deutlich
ist, und zeigt eine ziemlich
unregelmäßige Oberflächen-
vergrößerung im Inneren. Der
zweite Abschnitt besitzt einen
sroßen, regelmäßige Längs-
falten führenden Wulst und
ist etwas bauchig erweitert.
Der dritte Abschnitt ist in
seinem Beginn sehr schmal
und erweitert sich nach dem
distalen Ende zu; er ist etwa
doppelt so lang wie die bei-
den andern. Der Wulst, der
ihn in seiner ganzen Länge
durchzieht, ist in seiner ersten
Fig. 31. | Hälfte niedrig und glatt, wei-
Leitungsapparat einer nicht geschlechtsreifen Zledone ‚ x
moschata. ter gegen das Ende hin höher
und mit schräg distalwärts
(von der Wand nach dem Hauptlumen) verlaufenden Querfalten be-
setzt (Fig. 31). Die accessorische Drüse zeigt am aufgehellten Präpa-
rat zahlreiche in die Wand eingesenkte Drüsentubulil. Sie geht
ohne eigentlichen Ausführgang in den rundlichen und nicht sehr
markierten Blindsack über. Der von der Spermatophorendrüse nach
der accessorischen Drüse ziehende Ausführgang ist kurz und nicht
fest an die Wand der letzteren geheftet. Die NzepuAmsche Tasche
liegt auf diesem Stadium auf der linken Seite des Pakets, ist
flaschenförmig erweitert, innen mit einem Wulst und mit schräg ver-
laufenden Falten versehen und geht nach vorn ohne deutliche Grenze
1 Bei jüngeren Tieren übrigens, wie schon Brock hervorhebt, oft noch
deutlich Längsfalten, die dann durch Querfalten (ähnlich wie bei Sepia) ver-
bunden werden.
Studien über Cephalopoden. 1. 355
in den geschilderten langen Hals oder Penis über. Nach hinten
läuft sie in eine drüsige Spitze aus, in die das distale Vas deferens
(im untersten Viertel der
Tasche) einmündet. Das
distale Vas deferens ist
nicht sehr lang und nur
eine kleine Strecke mit
der NEEDHAMschen Ta-
sche verwachsen.
Bei geschlechtsrei-
fen Tieren (Fig. 32) ist
die NeEpHansche Ta-
sche mit den sehr ein-
fach gebauten und nicht AN in Noedh.
sehr regelmäßig gela- EIN
serten Spermatophoren
prall gefüllt. Sie er-
hält dadurch eine dick-
(1 ---v.def.dist.
\---1---- gl.sp.IIT
walzenförmige Gestalt. go
Am hinteren Ende ist ;
sie in einen kleinen drü- 7°" bNeedh.
(Fundus)
sigen Fortsatz ausgezo-
gen, in dem sich stets
eine Spermatophore be-
findet. Das ganze Paket
des Leitungsapparates liegt gleichsam in den Hoden eingebettet; die
Spitze der NeepHAuschen Tasche liegt etwas hinter dem Paket der
mächtigen Hodenkapsel an. Die accessorische Drüse läßt sich noch
sehr wohl mit der von Sepiola vergleichen, nur daß die Trennung
zwischen Drüsenkörper und Ausführgang nicht mehr so ausge-
sprochen ist.
Geschlechtsreifer Leitungsapparat von Bledone moschata.
Eledone aldrovandı.
Die beiden Hledone-Arten scheinen in ihrer Organisation ziem-
lich verschieden zu sein. Der Leitungsapparat von Hledone aldro-
vand: (Fig. 35) zeigt viel mehr Annäherung an die typischen Octopoden
als jener von Hledone moschata. Zunächst ist das ganze Paket mehr
kugelis. Das proximale Vas deferens beschreibt bei moschata nur
drei, bei aldrovandı zahlreiche Windungen. Die Spermatophoren-
drüse erinnert durch Verlängerung des ersten und dritten Abschnitts
356 Werner Marchand,
an gewisse Octopoden. Die accessorische Drüse ist länger als bei
Eledone moschata, läßt aber immer noch deutlich den eigentlichen
Drüsenkörper von dem Ausführgang unterscheiden. Das distale Vas
deferens ist noch nicht in dem Grade wie bei den echten Octopoden
mit der NerpHAmschen Tasche verschmolzen. Die letztere zeigt
keinerlei Spiralwindung oder Knickung; sie verjüngt sich nach hin-
ten gleichmäßig und zieht in weitem Bogen auf der Oberfläche der
Q
—
S
N
S
- d.gl.acc.
IN
nl
N
IS
5
SIII
IN
a hr == v.d.dıist.
'
IR
= > III
FZ IR NU
ii
Fig. 33.
Leitungsapparat von Zledone aldrovandi.
Hodenkapsel um das Paket herum. Der Penis besitzt im Gegensatz
zu Eledone moschata ein vollständig ausgebildetes blindsackartiges
Divertikel. Es scheint also, daß gewisse Octopodencharaktere sich
innerhalb dieser Gattung ausbilden. Indessen deuten die bedeuten-
den Unterschiede im Bau der Spermatophore darauf hin, daß die
beiden Arten verhältnismäßig wenig verwandt sind.
Was Eledone von Decapoden vor allem unterscheidet, ist die
gewaltige Ausbildung des Halses und der Mangel einer spiraligen
Aufwindung der NEEDHAMschen Tasche, sowie der Bau der: acces-
sorischen Drüse, die im ausgebildeten Zustand nicht mehr Längs-
falten, sondern lauter in die Wand eingesenkte Drüsentubuli besitzt,
und das gänzliche Fehlen des Flimmerganges. Dagegen sind die
deutliche Sonderung der drei Abschnitte der Spermatophorendrüse,
Studien über Cephalopoden. 1. 357
besonders der Bau des ersten Abschnitts und das Verhalten des
distalen Vas deferens, Eigentümlichkeiten, die noch an die Deca-
poden erinnern.
b. Die eigentlichen Octopoden.
Als typische Vertreter der Octopodenfamilie betrachte ich die
Arten der Gattungen Octopus und Scaeurgus. Von der Gattung Octo-
pus untersuchte ich die Leitungswege bei drei Arten, fand sie in-
dessen nicht auffällig verschieden.
Octopus vulgaris.
Bei ganz jungen Exemplaren von Octopus vulgaris (Mantel-
länge 1/,—1 em) ist die Genitaltasche schon geschlossen und wie
bei Hledone gegen die Hodenkapsel deutlich abgegrenzt. Der Hoden
liegt ziemlich weit hinten (vgl. Fig. 34). Er ist von dem Leitungs-
weg durch einen Zwischen-
raum getrennt, der zum Teil
dadurch entsteht, daß die
Hodenkapsel geräumiger ist
als bei den erwachsenen Tie-
..div.p.
Bhleispermatophoren- 7. NN KIN. v.d.dist.
emd Nacceeworsche . . m
Drüse sind noch einfach ts
schlauchförmig, letztere hin-
-1-91.89.1
ten leicht umgebogen. Der
Blindsack ist dick, über halb
so lang wie die accesso-
rische Drüse: die NEEDHAM-
sche Tasche nicht ganz so
lang wie der Penis, dieser
besitzt vorn ein seitliches
Divertikel, ist diekwandig
und blind geschlossen. Der
Umstand, daß das Penis-
divertikel schon bei so jun-
gen Tieren an der Ober-
Fig. 34.
fläche des Eingeweidesackes, Junger Geschlechtsapparat von Octopus vulgaris.
in großer Entfernung von
dem übrigen Knäuel liegt und durch einen langen, dünnen Hals
von ihm getrennt ist, deutet auf ectodermale Entstehung hin.
358 Werner Marchand,
Leider besaß ich kein so jugendliches Stadium, um diese Frage
lösen zu können; stets bestand ein Zusammenhang zwischen Penis
und NEEDHAMscher Tasche.
Bei Exemplaren von 21/, em Mantellänge (Fig. 35) ist der
Zwischenraum zwischen Hoden und Leitungsapparat bedeutend ver-
b.Needh. --
gl.sp.IT__ RA HN
gl.sp II — N ar >
gl.ace.
I Re
Fig. 35.
Halberwachsener Leitungsapparat von Octopus vulgaris.
ringert. Die Geschlechts-
reife ist noch nicht einge-
treten, doch sind alle daraut
hindeutenden Differenzierun-
gen bereits nachweisbar.
Das proximale Vas deferens
zeigt eine Ampulle von dick
spindel- oder zitronenförmi-
ger Gestalt; es mündet am
oberen Ende des Pakets,
doch etwas vor dem hinte-
ren Ende der accessorischen
Drüse in die Hodenkapsel,
mit radiären Falten in diese
ausstrahlend. Die Spermato-
phorendrüse zeigt deutliche
Faltenbildung im zweiten
Abschnitt. Der dritte Ab-
schnitt ist faltenlos, besitzt
aber den vollständig ausge-
bildeten Wulst. Die acces-
sorische Drüse ist stark ver-
längert und verhältnismäßig
schmal, reicht mit ihrem
krummstabförmig gebogenen
Ende an die Hodenkapsel
heran und überragt das
Paket der Spermatophoren-
drüse um das Doppelte. Der
Blindsack ist gestreckt und
liegt dem Hals der NEED-
HAMsSchen Tasche an. Die
letztere zeigt einen Wulst und reichliche Schrägfalten auf diesem
und an den Wänden. Der Penis ist geschlossen; das Divertikel
Studien über Cephalopoden. 1. 359
zeist Ansatz zur Faltenbildung. Der Hals ist viel enger als die
NEEDHAMsche Tasche und von dieser scharf abgesetzt.
Bei geschlechtsreifen Exemplaren (Fig. 36) hat die Zusammen-
schiebung aller Teile ihr Maximum erreicht. Der ganze Knäuel des
Leitungsapparates ist der großen Hodenkapsel aufgelagert und bildet
mit ihr zusammen ein nahezu kugeliges Paket, aus dem nach vorn
der Penis entspringt. Die Genitaltasche ist durch Bindegewebe
äußerlich so fest mit der Hodenkapsel verbunden, daß sie mit ihr
ein Ganzes zu bilden scheint. In Wirklichkeit ist die Trennung
Pie
BT: ki
app.
gl.ace.
R d.gl. AR :
r \ % en PR „v.d.dist.
EN WIESE = E
HE TG ROGGEL z +”
aH Ei tglsp
ZB i / %
I
7
Fig. 36.
Geschlechtsreifer Leitungsapparat von Octopus vulgaris. coel, Cölomwand, a, Ampulle,
beider Räume stets eine vollständige. Das proximale Vas deferens
ist sehr lang und mannigfach aufgeknäuelt; es beginnt mit einer
kleinen Erweiterung. Bevor es in den ersten Abschnitt der Spermato-
phorendrüse einmündet, läuft es ein Stück an ihm entlang. Die
Spermatophorendrüse ist regelmäßig in einer Ebene gelagert und zeigt
daher sehr deutlich die S-förmige Figur. Der erste Abschnitt ist
keulen- oder birnförmig und durch reichliche Oberflächenvergrößerung
im Inneren fast massiv. Er läßt eine deutliche Zweiteilung nicht er-
kennen und verschmälert sich beträchtlich vor dem Übergang in den
zweiten Abschnitt. Dieser besitzt einen großen Wulst, der mit
schräg laufenden Falten ausgestattet ist, während die gegenüber
Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Ba. 24
360 Werner Marchand,
liegende Wand des Kanals faltenlos ist. Der Wulst begleitet auch
den ganzen dritten Abschnitt, ist aber hier glatt. Die Abschnitte
sind, da sie unter sich fast gleiches Kaliber haben, äußerlich wenig
sesondert. Der dritte ist etwa viermal so lang wie der zweite, dieser
doppelt so lang wie der erste. Der Ausführgang der Spermato-
phorendrüse hat sehr viel geringeren Durchmesser, unregelmäßige
Längsfalten und keinen Wulst. Er biegt scharf nach hinten um und
legt sich der accessorischen Drüse an, zieht ein Stück an ihr ent-
lang und mündet dann von unten her in sie ein. Auf der mit ihr
verwachsenen Strecke ist er mit eigentümlichen Drüsenschläuchen
besetzt, auf deren Bau in dieser Arbeit nicht eingegangen werden
soll. Von einem Flimmergang ist keine Spur vorhanden. Die ac-
cessorische Drüse ist diek, lang ceylindrisch und etwas abgeflacht,
. mit kurzem, deutlich abgesetztem, flachen Ausführgang nach dem
Blindsack zu. Sie beschreibt, von der Mündungsstelle an gerechnet,
zunächst einen nach vorn offenen Bogen, dessen Hälften sich anein-
ander schmiegen, biegt dann nach rechts um, verläuft eine Strecke
weit gerade oder in leichtem Bogen um das Paket der Spermato-
phorendrüse herum schräg nach hinten. Das blinde Ende ist nach
innen (links) zurückgeschlagen. Im Ausführgang findet sich ein
Wulst, der den umkehrenden Spermatophoren ihren Weg anweist.
Die Drüse selbst besitzt stark verdickte Wände, welche aus einge-
senkten Drüsenschläuchen bestehen und nur ein enges Lumen, das
aber die ganze Drüse durchzieht, frei lassen. Der Blindsack ist
etwa so lang oder wenig kürzer wie der Penis, reicht aber natürlich
nicht so weit nach vorn wie dieser, sondern liegt dem oberen Fünftel
der NEekpHA=mschen Tasche und einem Teil des Penishalses eng an.
Er ist nach vorn stark verschmälert und zugespitzt, und läuft in
ein Ligament aus. Weiter unten verschmilzt das distale Vas defe-
rens mit der Wand der NerpHAmschen Tasche. Die letztere ist
etwa dreimal so lang wie der Penis und von ihm scharf abgesetzt.
Sie hat, mit Spermatophoren gefüllt, den fünf- bis sechsfachen Durch-
messer des Penis und ist an ihrem blinden Ende in drei unregel-
mäßige kurze Zacken ausgezogen, von denen:die hinterste die größte
zu sein pflegt. Sie besitzt einen großen, mit Längsfalten dicht be-
setzten Wulst, der den Überrest einer ursprünglichen Spiralwindung
darstellt, und an dem die Spermatophoren, die durch das Vas defe-
rens eintreten, seitlich entlang wandern müssen, ehe sie die Tasche
verlassen können. Die ganze NEeEpHAmsche Tasche ist in der Mitte
rechtwinklig gekniekt und bedeckt mit dem umgeschlagenen Ende
Studien über Cephalopoden. I. 361
einen Teil des Pakets der Spermatophorendrüse. Der Penis ist
eng eylindrisch und hat in halber Höhe ein rundliches Divertikel.
Die NEeEDHAusche Tasche ist da, wo der Penis abgeht, leicht nach
vorn vorgewölbt, so daß der Penis eigentlich nicht genau an ihrem
vorderen Ende entspringt, sondern etwas unterhalb. Daher können
die Spermatophoren für gewöhnlich nicht in den Penis gleiten, son-
dern nur, wenn die NEspHAMsche Tasche dureh Contractionen ver-
engert wird. Der Penis ragt ganz in die Mantelhöhle vor, ist jedoch
von der Epidermis überzogen und dadurch der Länge nach fest-
geheftet. Er scheint seine Öffnung erst bei der Begattung zu er-
halten. Die Zahl der Spermatophoren ist beim einzelnen Tier
sehr groß.
Octopus defilippir.
Von Octopus defilippii lagen mir nur erwachsene geschlechts-
reife Stücke vor. Es scheint, daß diese Art nur zur Fortpflanzungs-
zeit an die Küsten kommt und sonst in der Tiefe des Meeres am
Grunde lebt. Für das letztere würde auch sprechen, daß sie auch
an den Küsten schlammigen Grund aufsucht und gern flach aus-
gebreitet auf dem Sande liegt, während Octopus vulgaris felsige Ufer
bevorzugt. Die Männchen werden bedeutend häufiger gefangen als
die Weibehen, indessen weiß ich nicht, ob man daraus einen Schluß
auf das tatsächliche Zahlenverhältnis der Geschlechter ziehen kann.
Die Art ist viel kleiner als Ociopus vulgarıs: Die größten Stücke,
die ich erhielt, maßen ungefähr 6!/, cm (Mantellänge).
Der Bau des Leitungsapparates ist im wesentlichen derselbe wie
bei Octopus vulgaris. Das proximaie Vas deferens (Fig. 37) beginnt
mit einer flaschenförmigen Ampulle und ist viel länger als die
Spermatophorendrüse. Der erste Abschnitt der letzteren ist breiter
als lang, ein Verhalten, das nicht wundernehmen kann, wenn man
ihn als das Verschmelzungsprodukt der beiden Schenkel auffaßt, aus
denen er sich bei den Decapoden zusammensetzt. Der erste Ab-
schnitt erhält dadurch den Charakter einer dem Leitungswege an-
hängenden accessorischen Drüse, ein Zustand, der schon bei Sepvola
angebahnt wird, und der mit der allmählichen Rückbildung des ersten
Abschnitts im Zusammenhang steht. ‘Der zweite und dritte Abschnitt
sind wenig geschieden. Der zweite ist nur schwach erweitert und
besitzt keine deutlichen Falten. Der dritte ist nicht ganz dreimal
so lang wie der zweite. Im zweiten Abschnitt liegt fast regelmäßig
eine in der Bildung begriffene Spermatophore. Der Ausführgang
24
362 Werner Marchand,
der Spermatophorendrüse gleicht dem von Octopus vulgaris. Die
accessorische Drüse ist so lang wie die NEEDHANMsche Tasche, flach
keulenförmig, in ihrer hinteren Hälfte reichlich doppelt so dick als
am Anfang, am Ende ist sie eingerollt. Sie beschreibt die gleiche
Figur wie bei Octopus vulgaris, doch weniger ausgesprochen. Der
Blindsack reicht nicht ganz bis zur Wurzel des Penis und liegt dem
oberen Drittel der NEEDHAnschen
Tasche an. Die letztere ist vom
Penis scharf abgesetzt, dick und
wie bei Octopus vulgaris recht-
winklig geknickt. Das umgeschla-
gene Stück ist leicht abgeflacht.
Mit der Knickung der NEEDHANM-
schen Tasche ist wie bei Octopus
vulgarıs eine Drehung verbunden,
so daß die Oberseite des um-
schlagenen Stückes die Fort-
setzung der dorsalen Wand der
Pp-
T Tasche darstellt. Die unterste
ae an Region der Tasche ist da, wo das
Ansen SZ distale Vas deferens mit ihr ver-
< K schmilzt, . drüsiger Natur. Ich
o = möchte auf die Bedeutung dieser
= Y Drüse, die sich bei allen Octo-
| me oden findet, in meiner Darstel-
a SD \ \2 nn der Spermatophorenentwick-
SS Y lung näher eingehen. Die NEED-
NR mAuSche Tasche von Octopus
Fig. 37. u defilippii enthält verhältnismäßig
ee wenig Spermatophoren; ich zählte
| deren etwa 12. Der Penis ist
über halb so lang wie die NEEDHAMsche Tasche und hat ein rund-
liches Divertikel auf halber Höhe.
Octopus macropus.
Bei Octopus macropus ist, wie aus Fig. 38 ersichtlich, die Lagerung
aller Teile nicht so regelmäßig, wie bei den vorhergenannten Arten.
Das proximale Vas deferens ist sehr lang und beginnt mit einer
kleinen, länglichen Ampulle. Die Spermatophorendrüse ist ebenfalls
lang und von gleichmäßigem Kaliber. Der erste Abschnitt ist kurz,
Studien über Cephalopoden. I. 363
undeutlich birnförmig. Der zweite Abschnitt ist doppelt so lang wie
der erste, der dritte über dreimal so lang wie der zweite. Der dritte
Abschnitt überragt die Abgangsstelle des Ausführganges in Gestalt
eines kurzen, stumpfen Blindsackes (Fig. 39). Die accessorische Drüse
ist länger wie die NeEpHAamsche Tasche, am Ende eingerollt und
etwas verdickt. Der Blindsack ist kurz und undeutlich, eng an das
amp
gl.sp.II ---
: N, -_— .—— —.— -————
b. Needh..-.- EI DIERE =
Fund.---
Fig. 38.
Lagerung der Teile des Leitungsapparates von Octopus macropus.
vordere Fünftel der NEEpHAuschen Tasche angeschmiegt. Die letztere
ist lang, deutlich geknickt, unterhalb des Knicks drüsig und etwas
erweitert. Sie läuft am hinteren Ende in einen kurzen verschmälerten
Blindsack aus, der nicht ganz am Ende entspringt, so daß die Tasche
dadurch leicht zweispitzig erscheint. Etwas unterhalb des vorderen
Endes der Tasche entspringt der cylindrische und höchstens halb so
dicke muskulöse Penis, der länger als bei Ociopus vulgarıs ist und
ein sehr großes Divertikel besitzt. Dieses Divertikel ist offenbar
aus einem Knoten oder aus einer Schlinge des Penis hervorgegangen
(Fig. 40). Der Penis enthält in seiner distalen Hälfte mit großer
Regelmäßigkeit eine Spermatophore, deren orale Hälfte kreisförmig
zusammengebogen in dem Divertikel liegt (Fig. 41). Nach außen
war bei allen untersuchten Exemplaren der Penis geschlossen. An
der Stelle, wo offenbar die Münduug entsteht, befand sich in einigen
364 Werner Marchand,
De, €
(Fundus)
Fig. 39.
Leitungsapparat von Octopus macropus, auseinandergelegt. Dorsalansicht.
TR
Fig, 40. Fig. 4.
Zwei Skizzen des Penisdivertikels von Octo- Situsbild des Penisdivertikels bei Oetopus MACrOpUS.
pus macropus.
Studien über Cephalopoden. 1. 365
Fällen eine Chromatophore. Die Neepnansche Tasche enthält nur
fünf bis neun Spermatophoren.
Scaeurgus.
Die Gattung Scaeurgus schließt sich im Bau des Leitungsapparates
eng an Octopus an.
Von Scaeurgus tetracirrus untersuchte ich zwei Eiremplare, die
beide erwachsen, aber nicht geschlechtsreif waren (Fig. 42).
„. ."-.
.—_ =.
zo» SL
ea ee ED
‚ gi.sp.1
b.Needh ZI) d.gl.acc --
ST NS en gl. sp. JE
\ b.Needh.-.
h
coel. au Ss
a D €c
Fig. 42.
Leitungsapparat von Scaeurgus tetracırrus. ca, ventral, db, lateral, c, dorsal (nach Hinwegnahme
des Hodens).
Das proximale Vas deferens ist _wie bei Octopus lang-cylindrisch,
locker aufgeknäuelt und beginnt mit einer deutlich längsgefalteten,
spindelförmigen Ampulle. Der erste Abschnitt ist sehr klein und
zeigt reichliche Faltenbildung. Der zweite und dritte Abschnitt sind
nicht deutlich voneinander abgesetzt, und vollkommen faltenlos. Der
ebenfalls glatte Wulst durchzieht sie überall in ungefähr gleicher
Dieke. Die accessorische Drüse ist gerade gestreckt, lang-cylindrisch,
so lang wie die NerpHAumsche Tasche; sie ist ohne Faltenbildung
von einer einzigen glatten Zellschicht ausgekleidet; nur in der Nähe
des blinden, hakenförmig umgebogenen Endes beginnt eine Ober-
flächenvergrößerung durch kleine Vorsprünge der Wand, die Ein-
senkungen zwischen sich lassen. Ich vermute, daß sie bei geschlechts-
reifen Tieren eine ähnliche Differenzierung erfährt wie bei Octopus.
Der Blindsack ist wie bei Octopus ausgebildet; das distale Vas
366 Werner Marchand,
deferens ist sehr kurz, mündet ins vordere Viertel der NEEDHANMschen
Tasche und ist mit ihr verwachsen. Die NEEDHAmSsche Tasche ist
über dreimal so lang wie der Penis und deutlich von ihm abgesetzt;
sie überragt seine Ursprungsstelle wie bei Octopus in Gestalt eines
stumpfen Blindsackes.. Die Tasche ist etwa in der Mitte ziemlich
scharf, doch nicht rechtwinklig umgebogen. Im vorderen Teil von
beträchtlichem Durchmesser und mit diekem Wulst versehen, ver-
schmälert sie sich nach hinten zu, bildet dann einen scharfen Bogen
nach rechts, indem sie sich gleichzeitig noch mehr verjüngt, und er-
weitert sich plötzlich zu einem etwa dreieckigen Gebilde, während
gleichzeitig der Wulst und die gegenüberliegenden Wände sich mit
zahlreichen Falten bedecken. Der Penis hat ein deutliches Diver-
tikel. Er war bei beiden Exemplaren nicht geschlossen.
Fig. 43. Fig. 44.
Situsskizze des Leitungsapparates von Leitungswege von Scaeurgus unicirrus in situ.
Scaeurgus unicirrus.
Von Scaeurgus unicirrus erhielt ich zwei geschlechtsreife Stücke,
von denen ich eines lebend untersuchen konnte. Bei diesem frischen
Exemplar fand ich den Eingeweidesack pigmentiert, was mich an
das Verhalten der Hectocotyliferen erinnerte (Fig. 43).
Proximales Vas deferens und Spermatophorendrüse zeigen keine
wesentlichen Unterschiede gegenüber Octopus (Fig. 46). Die $-förmige
Figur ist sehr deutlich, der dritte Abschnitt etwa dreimal so lang
wie der zweite, sechsmal so lang wie der erste Abschnitt. Die
accessorische Drüse ist lang-eylindrisch, nach hinten nicht auffällig
verdickt. Die NEEDHAMSche Tasche ist vom Penis scharf abgesetzt,
nach unten zu nur wenig verschmälert. Sie kniekt ungefähr in der
Mitte ihres Verlaufes so vollständig um, daß ihr Ende ungefähr die
Studien über Cephalopoden. 1. 367
sleiche Richtung wie der Penis bekommt (Fig. 45). Dadurch werden
einige Verschiebungen in der Lagerung der übrigen Teile bedingt.
Das Penisdivertikel ist auffällig groß und eylindrisch (etwa 1 cm lang)
(Fig. 44—46). Der Penis ist in der distalen Hälfte leicht verdickt.
A. gl.sp. 111
-.b. Needh.
Fig. 45. Fig. 46.
Leitungswege von Scaeurgus unicirrus Skizze des Leitungsapparates von Scaeurgus unicirrus (aus-
in situ. einandergelegt). Ventralansicht.
Die Eigentümlichkeiten der Octopoden.
Es erscheint mir nicht unzweckmäßig, hier kurz noch einmal
die Charakteristika des typischen Octopoden-Leitungsapparates zu-
sammmenzufassen:
1) Das proximale Vas deferens beginnt mit einer ampullen-
förmigen Erweiterung, es ist lang-cylindrisch und locker aufge-
knäuelt.
2) Die Spermatophorendrüse ist schlauchförmig, nur der
erste Abschnitt einigermaßen deutlich abgesetzt.
3) Ihr Ausführgang ist mit den Schläuchen einer tubulösen
Drüse besetzt und liegt der accessorischen Drüse (Rangierdrüse)
eng an.
4) Der Flimmerkanal fehlt vollständig.
5) Die accessorische Drüse ist lang-cylindrisch bis fHach-
keulenförmig, nie mit Längsfalten, sondern in der Regel mit zahl-
zeichen, in die Wand eingesenkten Drüsentubuli ausgestattet.
6) Der Blindsack ist kleiner als bei den Decapoden und liest
eng dem vorderen Teil der NerpuAauschen Tasche an.
368 Werner Marchand,
7) Das distale Vas deferens ist mehr oder weniger voll-
ständig mit der Wand der NeepHımschen Tasche verschmolzen.
8) Die NeErpHAMsche Tasche ist meist rechtwinklig um-
seknickt und über das Paket der übrigen Leitungswege geschlagen.
Sie nimmt in ihrer hinteren Partie drüsige Beschaffenheit an.
9) Der Penis, der bei den Decapoden fehlt oder wenigstens
nicht deutlich ist, bildet auf halber Höhe ein Divertikel, das meist
eine Spermatophore enthält.
c. Hectocotyliferen.
Von den Oetopoden im engeren Sinne trennen wir die eigen-
tümliche Familie der Hectocotyliferen, der Formen, bei denen es zu
einer Ablösung des hectocotylisierten Armes kommt. Diese Gruppe
wird in den europäischen Meeren durch drei Arten vertreten: Ocythoe
tuberculata, Argonauta argo und Tremoctopus violaceus. Das Männ-
chen der letztgenannten Art ist nur sehr selten gefangen worden,
während Argonauta und Ocythoe leichter zu erhalten sind. Es sind
denn auch nur diese beiden Arten von mir untersucht worden.
Ocythoe tuberculata.
Wir sind berechtigt, Ocytho@ als den den ÖOctopoden näher-
stehenden Typus anzusehen. Bevor ich indessen zu einer Schilderung
des Leitungsapparates dieser interessanten Form übergehe, möchte
ich daran erinnern, daß sie in der Literatur bald als » Ociopus« oder
»Tremoctopus«, bald als » Parasira catenulata«, bald als » Phelonexis
carenae«, kurz im ganzen unter 16 verschiedenen Namen aufgeführt
wird, wie es bei Tieren mit zerstreutem Vorkommen und stark aus-
geprägtem Sexualdimorphismus passieren kann. Erst die Monographie
Jarttas brachte Klärung in das Chaos und stellte fest, daß ihr
nach dem Prioritätsgesetz der Name » Ocythoe tuberculata Rafınesque«
zukommt.
Im Vergleiche mit den viel kleineren und bedeutend selteneren
Argonauta-Männchen mußte das Männchen dieser Art von jeher das
geeignetste Objekt zum Studium der Hectocotylisation darbieten, und
im Anschluß daran sind auch die männlichen Geschlechtsorgane von
mehreren Forschern eingehender untersucht worden. VoerT und
VERANY waren es, die zuerst eine ausführliche Beschreibung gaben,
auf die ich jedoch nicht näher eingehen will, da die großen Irrtümer
dieser Arbeit schon im folgenden Jahre von LEUCKART aufgedeckt
wurden. Um so mehr verdient die Untersuchung des letztgenannten
Studien über Cephalopoden. I. 369
Forschers alle Anerkennung. Seine Abbildung des Leitungsapparates
ist fast einwandsfrei, nur die Deutung einzelner Teile konnte nicht
zutreffend sein, da er nicht über genügendes Vergleichsmaterial ver-
fügte. Den von Vogr als »reservoir commun« beschriebenen Anhang
beschreibt er ziemlich richtig, hält aber das zu einem langen Schlauch
ausgezogene Ende für ein Ligament. Den Anhang selbst bezeichnet
er als Prostata, da er histologisch mit der Prostata (accessorische
Drüse) übereinstimme. »Die Zweizahl der Prostataschläuche, schreibt
er, scheint überhaupt bei den Cephalopoden die Regel zu sein.« Die
Einmündungsweise der Drüsen hat er nicht weiter untersucht, das
kleine seitliche Röhrchen des Spermatophorensackes übersehen; auch
die ventrale Lage des letzteren ist ihm nicht aufgefallen. Er kommt
demnach zu dem sehr richtigen Resultat, daß » Octopus carenae sich
durch den Bau der Geschlechtsorgane ohne alle wesentliche Differenzen
an die übrigen Cephalopoden und namentlich an die übrigen Arten
des Genus Ociopus anschließt«.
Sehr viel später, im Jahre 1882, wurden diese Verhältnisse von
J. BROCk in durchaus selbständiger Weise nachuntersucht. BROCK
kommt zu dem Ergebnis, daß Ocytho& hinsichtlich des Leitungs-
apparates von allen übrigen Formen fundamental verschieden sei. Die
NEEDHAMsche Tasche hält er für das (proximale) Vas deferens, das
»nach Bau und Lage dem einzigen der übrigen Cephalopoden ganz
- homolog sei<; in dem eigentlichen Vas deferens entdeckt er ein
höchst eigentümlich gebautes zweites Vas deferens, das, wie er
schreibt, »nicht nur als solches, sondern auch seinem Bau nach bis
jetzt allein dasteht«.. Kurz, wegen dieses Gegensatzes zu allen
übrigen Formen, »der LEUCKART eigeniümlicherweise verborgen blieb«,
bezeichnet er Ocythoe als »eines der größten Rätsel, welche die
Cephalopodenmorphologie bietet«.
Befand sich BRocK mit seiner Entdeckung des zweiten Vas
deferens, das sogleich seinen Siegeszug durch die Lehrbücher antrat,
in einem bedauerlichen Irrtum, so ist es sein Verdienst, auf Lage
und Bau des Spermatophorensackes aufmerksam geworden zu sein,
die ihm um so rätselhafter sein mußten, als ihm der Schlüssel zum
Verständnis fehlte.
In der nachfolgenden Darstellung hoffe ich eine befriedigende
Erklärung dieser Verhältnisse geben zu können. Ich möchte nur
voraus bemerken, daß sich nach meiner Ansicht Ocythoe durchaus
ungezwungen den Octopoden anreihen läßt. Dementsprechend werde
ich den Leitungsapparat in der gewohnten Weise beschreiben,
370 Werner Marchand,
indem ich für die Teile die bisher gebrauchten Bezeichnungen an-
wende.
Die Hauptmasse des Leitungsapparates von Ocytho& liegt dorsal
von den Kiemengefäßen und wird daher größtenteils durch die Venen-
anhänge verdeckt. Sie bildet mit der Hodenkapsel zusammen ein
ungefähr keulenförmiges Paket, das sich nach vorn verschmälert
und schließlich in das Spermatophorenreservoir übergeht, welches
sich ventral von den Kiemengefäßen befindet (Fig. 47). Der gesamte
Geschlechtsapparat ist also, wie schon VosrT sich treffend aus-
drückt, an den Kiemengefäßen wie an einer Wäscheleine aufgehängt.
Man wird also, wenn man das Spermatophorenreservoir nach vorn
2
dw. . 22
(res.sp. II) -
7
N CONDD.
rinegkper.
Ver; | -Ari.br.
Mi
art.v.def. -----.i. /
Ik
‘ Sp G
nz 2z
\ ni Zu
UN TG
Fl 1 AZ
nd I
AEZE- /
Br SR J
? LE
1 2 Zr
{ I er
WIPR
4 bh
Ka N
A, E=
EN
S N
N
N
Situsskizze des Leitungsapparates von Ocytho& tuberculata.
umklappt, zunächst auf die mit Venenanhängen besetzte Kiemenarterie
und unter dieser auf die Kiemenvene stoßen. Erst nach Durch-
schneidung dieser Gefäße erblickt man den Leitungsapparat etwa
in der durch Fig. 47 leicht schematisierten Lage. Aus der Hoden-
kapsel entspringend, zieht von rechts nach links, schräg über das
ganze Paket, das hier sehr dieke linke Wassergefäß nach dem linken
Kiemenherzanhang, um von dort nach der Nierenpapille weiter zu
verlaufen. Die letztere ist, obwohl sie zu dem ventral gelegenen
Harnsack gehört, sekundär so verlagert, daß sie sich hinter den
Leitungsapparat geschoben, also eine nahezu dorsale Lage eingenommen
hat. Ich lege besonderen Wert darauf, die Existenz dieses linken
Wasserkanals zu betonen, da BRock sie im Gegensatz zu LEUCKART
entschieden iu Abrede gestellt hatte. Ocytho& sollte mit Argonauia
Studien über Cephalopoden. I. 3
das völlige Fehlen der Wasserkanäle gemein haben. Es ist mir
allerdings nicht gelungen, die Wasserkanäle bei Argonauta aufzufinden;
auch scheint es, daß bei Ocytho& der rechte Kanal tatsächlich fehlt.
Um so stärker ist aber der linke ausgebildet, und der Umstand, daß
der Wasserkanal gerade auf der Seite, wo der Genitalapparat liegt,
in der Oetopodengruppe stets eine stärkere Entwicklung zeigt, deutet
auf irgend welche funktionelle Beziehungen hin.
gl.acc.term. —_
gl.ace.
7 Be ]
N
\
ZAHL... .Ögl.spI
£
%
gl.sp.II N
Leitungsapparat von Ocythoö tuberculata in natürlicher Lagerung.
Der eigentliche Leitungsapparat ist, soweit der Situs in Betracht
kommt, ziemlich variabel und hat ein äußerst verwickeltes Aussehen,
so daß es bei jedem neuen Tier, das man öffnet, schwierig ist, sich
sofort zu orientieren (Fig. 48 u. 49). Das proximale Vas deferens
liegt in mannigfachen Windungen der Hodenkapsel an. Es beginnt
mit einer großen flaschenförmigen Ampulle, die zahlreiche, radiäre
Längsfalten besitzt und im Durchmesser der Spermatophorendrüse
fast gleichkommt, während es in seinem weiteren Verlauf nur etwa
den halben Durchmesser erreicht. Die Spermatophorendrüse ist außer-
ordentlich verlängert. Die S-förmige Figur ist meist gut erkennbar,
ein Umstand, der darauf hindeutet, daß es nicht so sehr der zweite
als vielmehr der erste und dritte Abschnitt sind, die an dieser Ver-
372 Werner Marchand,
längerung beteiligt sind, wie wir schon bei Eledone aldrovandı an-
gebahnt finden. In der Tat wird der zweite Abschnitt von dem
dritten nicht nur einmal, wie bei den übrigen Octopoden, sondern
dreimal umkreist, ehe der dritte nach vorn zur accessorischen Drüse
seht. Der erste Abschnitt, der sonst stets mit den beiden übrigen
in einer Ebene liegt, ist bei Ocythoe aus dieser Ebene zum Teil
b.Needh. .__
Fig. 49.
Situs des Leitungsapparates von Ocythoe tuberculata. Die Nerpuamsche Tasche ist bei + mit einem
Teil der Wand der Genitaltasche nach hinten zurückgeschlagen. Die accessorische Drüse zum Unter-
schied von der Spermatophorendrüse grau gehalten.
herausgedrängt und mit dem proximalen Vas deferens zusammen
unter das Paket des zweiten und dritten Abschnitts geschoben worden.
Alle drei Abschnitte sind äußerlich sehr wenig voneinander abgesetzt.
Der dritte scheint lange parallele Längsfalten zu besitzen, die durch
die Außenwand durchschimmern. Die ganze Spermatophorendrüse
stellt einen Schlauch von fast gleichmäßigem Kaliber dar, der die
accessorische Drüse anderthalbmal an Länge übertrifft. Zwei Drittel
ihrer Gesamtlänge, die natürlich individuell verschieden sein kann,
kommt auf den dritten Abschnitt, ein Verhältnis, das bei allen
Octopoden ziemlich konstant zu sein scheint. Die accessorische Drüse
Studien über Cephalopoden. I. 3713
ist ebenfalls auffällig lang, doppelt so lang wie die gleichfalls sehr
gestreckte NEEDHANsche Tasche. Sie erlaubt keine scharfe Scheidung
in Ausführgang und Drüse (Fig. 50). Die vorderen zwei Drittel
haben sehr viel geringeren Durchmesser als der eingerollte End-
abschnitt, sind indessen in ihrer ganzen Ausdehnung drüsiger Natur.
Zu den bei Octopus beobachteten Biegungen des Schlauches, die auch
hier nachweisbar sind, kommen in-
folge der Verlängerung des ganzen
Organs noch andre hinzu. Die
accessorische Drüse schiebt sich nun
in mehrfachen Windungen zwischen
die beiden Pakete des proximalen
Vas deferens und der Spermato-
phorendrüse hinein, diese nach außen
etwas überragend. Die Einmündung
der Spermatophorendrüse in die ac-
cessorische Drüse findet auch hier
in der Weise statt, daß der Aus-
führgang ein Stück an ihr entlang
läuft und erst dann in sie mündet
(Fig. 51). Indessen scheint der Aus-
führgang die drüsigen Anhänge, die
sich bei Octopus fanden, nicht zu
besitzen. Der Blindsack ist nur sehr
klein und geradezu rudimentär zu
nennen. Er liegt dem obersten Teil
der NEeEpHAnschen Tasche eng an,
läßt indessen immer noch einen auf-
steigenden und einen absteigenden
Schenkel des distalen Vas deferens
unterscheiden, von denen letzterer Bien 0er
allerdings sogleich mit der NEEDHANM- ae ne N
schen Tasche verschmilzt (Fig. 52).
Immerhin scheint mir die Richtung der Spermatophore dadurch der-
artig bestimmt zu werden, daß eine doppelte Umkehr auch bei Ocythoe
notwendig eintreten muß. Das distale Vas deferens führt in eine
NEEDHAMsche Tasche, die insofern einen etwas ungewohnten Anblick
darbietet, als sie in ihrer ganzen Ausdehnung drüsiger Natur ist.
Sie stellt einen lang-cylindrischen, ziemlich weiten Drüsensack dar,
der am hinteren Ende noch einen langen viel engeren Schlauch ent-
gl.acc.
(. -----
3174 Werner Marchand,
sendet, der im Bogen über das Paket der übrigen Leitungswege
hinwegzieht und sich schließlich immer an der Wand der Genital-
1 b. Needh.
Fie. 51.
Skizze der Einmündung des Ausführganges der Spermatophorendrüse bei Ocythoe
a . v.d.dist.
=. Ql.sp. IN
(blindes Ende)
Fig. 52.
Schnittbilder zur Erläuterung des Blindsackes bei Ocythoe tuberculata.
Studien über Cephalopoden. 1. 375
tasche entlang ziehend, der Hodenkapsel nähert. Aus der Lage zu
den übrigen Organen (Fig. 50) geht unzweifelhaft hervor, daß es sich
tatsächlich um die NeEpHAansche Tasche handelt. Auch würde sich
das Homologon des blinden Endschlauches bei Octopus macropus in
Gestalt des oben erwähnten kleinen Vorsprunges finden lassen. Den
Charakter eines Spermätophorenreservoirs scheint das Organ hier
sanz verloren zu haben; es ist ein Funktionswechsel eingetreten,
m.retr.pall. ---- 44
Fig. 53.
Lage der Geschlechtsöffnung bei Ocythoö tuberculata.
der schon bei den Octopoden dadurch eingeleitet ist, daß ein Teil
der NeEpHAnschen Tasche drüsige Funktionen übernahm. Es ergibt
sich daraus, daß das Spermatophorenreservoir von Ocythoö dem der
übrigen Octopoden nicht homolog ist. In der Tat zeigt es einen
Bau, der von dem der NEEpHAmschen Tasche grundverschieden ist.
Es ist im ungefüllten Zustand klein, oval bis kurz flaschenförmig,
gerundet und leicht abgeplattet und sehr muskulös. Auf der einen
Seite ist es in ein hinten abgehendes und gerade nach vorn ragendes,
blind geschlossenes Röhrchen ausgezogen, auf der andern Seite
empfängt es das ein Stück an ihm entlang laufende sogenannte Vas
efferens. Dieses »Vas efferens« bildet nun die direkte Fortsetzung
der NEEpHAmschen Tasche. Es kann somit kein Zweifel über die
Bedeutung dieses sekundären Spermatophorenreservoirs bestehen. Es
ist hervorgegangen aus dem schon bei typischen Octopoden auftretenden
Penisdivertikel (Fig. 40). Das Vas efferens von Ocyiho& entspricht
Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. 25
376 Werner Marchand,
dem unteren Abschnitt des Penis der übrigen Octopoden!. Durch
Vergleichung mit dem Penisdivertikel andrer Octopoden habe ich mich
überzeugt, daß jenes blinde Röhrchen nicht? der ursprünglichen
Mündung des Penis, sondern einer seitlichen Ausbuchtung des Diver-
tikels entspricht, in welcher in der Regel das orale Ende der Sper-
matophore liegt. Wenn also Brock behauptet, zwei Öffnungen des
Spermatophorenreservoirs gesehen zu haben, so halte ich es für möglich,
daß er durch ein verletztes Präparat getäuscht wurde. Allerdings
fand ich bisweilen sowohl das kleine Röhrchen als auch die eigent-
liche Mündungsstelle geschlossen, vermute aber, daß normalerweise
nur die letztere nach außen aufbricht.
Das Verhalten von Ocythoe ist keineswegs sehr überraschend,
wenn man sich vergegenwärtigt, daß beispielsweise bei Octopus
mMacropus nur eine ganz geringe Zahl von sehr langen Spermatophoren
ausgebildet wird, von denen immer eine in das Penisdivertikel ab-
geschoben wird. Denkt man sich die Zahl der Spermatophoren bis
auf eine vermindert, so bleibt überhaupt keine Spermatophore in der
NEEDHAMschen Tasche zurück.
Auch der angeblich auffällig abweichende Bau der Spermatophore
selbst scheint durchaus nicht im direkten Gegensatz zu dem Verhalten
der übrigen Octopoden zu stehen. Aus der Tatsache, daß der Sperma-
schlauch bereits in der Spermatophorendrüse in spiraligen Windungen
liegt, ergibt sich, daß er der Spermaspirale der übrigen Octopoden
homolog ist, die normalerweise in das Etui eingeschlossen bleibt,
ausgewickelt aber eine bedeutende Länge erreicht. Es scheint nun,
daß das Etui, so weit es die Spermaspirale umgibt, frühzeitig verloren
geht, und namentlich an Spiritusexemplaren im Spermatophoren-
reservoir nicht mehr nachzuweisen ist. Auf diese Weise ist es ver-
ständlich, daß LEUCKART sich täuschen ließ und die ausgewickelte
Spirale für den eigentlichen Körper der Spermatophore hielt und so
als Maß für die Spermatophore drei Rheinische Fuß herausbrachte.
Will man aber die Länge dieser Spermatophore mit der der übrigen
vergleichen, so darf man die Spirale nicht auseinanderwickeln, und
dann ist die Länge nicht so ungeheuerlich. In. diesem Punkt muß
ich Vogr recht geben, der dieses Verhalten richtig erkannt hat.
Das Spermatophorenreservoir scheint erst bei praller Anfüllung
1 Das Spermatophorenreservoir erhält seine ventrale Lage dadurch, daß der
Penis sich über die Kiemengefäße hinweggekrümmt hat, der ja sonst in die
Mantelhöhle vorragt.
2 Wie in meiner vorläufigen Mitteilung vermutet wurde.
Studien über Cephalopoden. 1. | 377
durch die Spermatophore an einem Orte geringsten Widerstandes
gesprengt zu werden. Über die Art und Weise, wie die Spermatophore
schließlich das Reservoir verläßt, bin ich nicht völlig ins klare ge-
kommen.
Um noch einmal kurz die Haupteigentümlichkeiten des Leitungs-
apparates von Ocytho® zusammenzufassen, so ist vor allem eine
bedeutende Streckung aller Teile im Zusammenhang mit der Bildung
einer einzigen Spermatophore sehr auffällig. Der Ausführgang der
Spermatophorendrüse ist verkürzt, der Blindsack und das distale Vas
deferens rudimentär. Indessen muß auch bei Ocythoe eine Umkehr
der Spermatophore noch stattfinden. Der lange Spermaschlauch wird
indessen niemals ausgestreckt, sondern behält durchaus seine spiralige
Aufwindung bei. Die NeepHAmsche Tasche hat sich der Form der
Spermatophore angepaßt, indem die obere erweiterte Hälfte den
Spermaschlauch aufnimmt, während der projektile Schlauch in die
viel engere, blind geschlossene untere Hälfte zu liegen kommt. Die
Spermatophore bleibt jedoch hier nicht liegen, sondern wird, nun
wieder mit dem aboralen Pol voran, in das dem Penisdivertikel
homologe sekundäre Spermatophorenreservoir abgeschoben. Ich ver-
mute, daß sie auch mit dem aboralen Pol voran in den Hectocotylus
eintritt, konnte indessen den sicheren Nachweis bis jetzt nicht erbringen.
Es scheint mir unzweifelhaft festzustehen, daß Ocythoe& durchaus
als Octopode betrachtet werden kann, ja es scheint mir, daß wir
diese Art für viel näher mit den typischen Octopoden verwandt
halten müssen, als z. B. Eledone, eine Gattung, die jedenfalls schon
viel früher sich vom Octopodenstamm abzweigte.
Argonauta argo.
Durch die Liebenswürdigkeit von Prof. Cuun und Herrn Dr. Lo
BIAnco war ich in der Lage, mehrere der seltenen Argonauta-Männchen
zu untersuchen. Es existieren bisher nur wenige Angaben in der
Literatur über die Anatomie des männlichen Tieres. H. MÜLLER
entdeckte es im Jahre 1842 in Messina, begnügte sich aber damit,
das Vorhandensein eines Hodens zu konstatieren, so daß wir immer
noch keine Kenntnis von den ausleitenden Wegen der Argonauta
haben.
Bei Argonauta argo nimmt der gewaltig entwickelte Hoden fast
den gesamten Eingeweidesack für sich in Anspruch (Fig. 54). Der
Verdauungsapparat wird schräg nach vorn auf die rechte Seite ge-
drängt und die Venenanhänge nach vorn verlagert, so daß die Nieren-
25*
378 Werner Marchand,
öffnungen durch die Kiemen verdeckt werden. Der ausleitende
Apparat liegt als fachgedrücktes Paket der linken Seite der Hoden-
kapsel an. In analoger Weise wie bei Ocythoe liegt ein sekundäres
Spermatophorenreservoir auf der Ventralseite des Körpers über den
Venenanhängen. Es werden somit über drei Viertel des Eingeweide-
sackes von den Geschlechtsorganen eingenommen.
Was an dem Paket des Leitungsapparates zunächst äußerlich
N
\
72
U
I
D
LT
x x
NNeR
nephr. A -= u
\ Sm Je
m.reir.pal. NN
N
Fig. 54.
Situs von Argonauta argo I.
auffällt, ist eine auf seiner rechten Seite liegende, halbkreisförmig
gebogene Drüse, die mit der sonst hier liegenden accessorischen Drüse
wenig Ähnlichkeit hat (Fig. 55). Anderseits bemerkt man auf der
linken Seite des Pakets keine Spur von einer NEEDHAMschen Tasche.
Es stellt sich nun heraus, daß die accessorische Drüse fast ganz
rückgebildet und zu einem kleinen Blindsack zusammengeschrumpft
ist, während die NerpHAusche Tasche, eben jene große Drüse, an
die durch die Rückbildung der accessorischen Drüse frei gewordene
Stelle gerückt ist.
Studien über Cephalopoden. I. 319
Dieser überraschende Wechsel der Lagerung kommt dadurch zu-
stande, daß der obere Teil des Pakets während der Embryonal-
or,
. gl.ace.
- gl.sp.III
gl.sp.I
gl. sp-ll.
gl.sp.III
Fig. 55.
Leitungsapparat von Argonauta argo. Ventralansicht.
S
app. -----/----
Leitungsapparat von Argonauta argo. Dorsalansicht.
entwicklung, also zu einer Zeit, wo die NEEepHAusche Tasche noch
kurz ist, eine Drehung ausführt, so daß die Tasche, wenn sie sich
380 Werner Marchand,
im Laufe der weiteren Entwicklung zu strecken beginnt, anstatt den
Knäuel des Vas deferens auf der linken Seite zu umwachsen, nun
auf die rechte Seite gerät und sich nach Art der accessorischen Drüse,
halbkreisförmig um die Spermatophorendrüse herumlegt(Fig.56). Wieaus
Fig. 56 sich ergibt, liegt der Blindsack des distalen Vas deferens
und das Ende der Spermatophorendrüse nun auf der Unterseite des
Pakets, das Rudiment der accessorischen Drüse an der linken Kante.
Die untere Hälfte des Pakets hat ihre Lage durchaus beibehalten.
Unmittelbar an der Hodenkapsel liegt das aufgeknäuelte proximale
Vas deferens, das mit einer mächtigen, ovalen Ampulle beginnt.
‚Die Spermatophorendrüse ist von beträchtlicher Länge, wenn auch
nicht so lang wie bei Ocythoe. Die S-förmige Figur ist, im Gegen-
satz zu Ocythoe, durch Verlängerung des zweiten Abschnitts stark
‚gestreckt. Durch Verlängerung des ersten Abschnitts, die diesen
zwingt, drei sekundäre Knicke in einer Ebene zu bilden, ist die
ursprüngliche Lagerung ziemlich verwischt. Eine deutliche äußere
Absrenzung der Abschnitte der Spermatophorendrüse läßt sich nicht
durchführen. Der Blindsack des distalen Vas deferens ist noch mehr
rückgebildet als bei Ocythoe. Es scheint, daß die Spermatophoren
direkt aus der Spermatophorendrüse in den sekundären Spermato-
phorensack gelangen können, daß also die doppelte Umkehr und
im Zusammenhang damit die polare Differenzierung der Spermatophore
hier aufgegeben worden ist. Indessen bedarf diese Frage noch der
Untersuchung. Die NeEpnAmsche Tasche ist nach ihrer reichlichen
Faltenbildung drüsiger Natur. - Von der schlauchförmigen Verlängerung
ihres blinden Endes findet sich im Gegensatz zu Ocythoe keine Spur.
Indessen weiß ich nicht, ob es gerechtfertigt ist, daraus auf eine
Rückbildung des projektilen Schlauches der Spermatophore zu schließen.
Die rudimentäre accessorische Drüse ist am Ende deutlich keulig
oder knollenförmig verdiekt, offenbar ein Überrest des ursprünglichen
eigentlichen Drüsenkörpers. Das sekundäre Spermatophorenreservoir
ist oval, durchscheinend und dem von Ocythoe ähnlich. Es hatte
bei einem Exemplar eine große, wulstig gerandete Öffnung an der
Stelle des sekundären Durchbruchs. An Stelle des blindgeschlossenen
Röhrchens zeigt sich eine beulenartige Vorwölbung. |
Der Leitungsapparat von Argonauta stellt eine Weiterbildung
des Apparates von Ocytho& dar und unterscheidet sich von ihm durch
die fast vollständig durchgeführte Rückbildung der Teile, die mit der
offenbar zwecklos gewordenen doppelten Umkehr in Verbindung
stehen.
Studien über Cephalopoden. 1. 381
d. Opisthoteuthis depressa.
Ich möchte an dieser Stelle mit einigen Worten auf den Leitungs-
apparat von Opesthoteuthis eingehen. Aus der Beschreibung von
Dr. W. Thu. MeyER! geht hervor, daß wir es mit einer höcht aber-
ranten Form zu tun haben; ich möchte indessen die Vermutung aus-
sprechen, daß, wenn Opisthoteuthis ein echter Octopode ist, auch der
Leitungsapparat sich mindestens unter Benutzung der bei den übrigen
Dibranchiaten vorhandenen Organe differenziert haben muß. Auf
Grund des Studiums der Schnitte, die mir Herr Dr. MEYER freund-
licherweise zur Verfügung stellte, möchte ich folgende Deutung für
annähernd richtig halten.
Der von MErver als Vas deferens bezeichnete Teil ist durchaus
mit dem proximalen Vas deferens der übrigen Cephalopoden ver-
gleichbar, ebenso der erste und zweite Abschnitt der Spermatophoren-
drüse (Vesicula seminalis), welche indessen beide wie auch das
proximale Vas deferens mehr an Eledone und Sepiola als an die
typischen Octopoden erinnern. Dagegen scheint der dritte Abschnitt?
der Spermatophorendrüse nur bis an die Stelle zu reichen, wo auf
der einen Seite beim jungen Tier drei kleine Drüsenschläuche, beim
erwachsenen Tier eine größere Drüse liegt. Nur bis hierher läßt
sich der Wulst verfolgen. An dieser Stelle, wo bei den Decapoden
nach der einen Seite der Flimmergang, nach der andern Seite der
Ausführgang nach der accessorischen Drüse abgeht, scheint auf bei-
den Seiten eine drüsige Differenzierung eingetreten zu sein, von denen
eine einer rudimentären Rangierdrüse (accessorische Drüse) ent-
sprechen könnte; dann würde der von hier aus nach vorn verlaufende
Kanal den Ausführgang der accessorischen Drüse darstellen, der
schließlich unter völligem Schwund des Vas deferens-Blindsackes
nach der NerepHAunschen Tasche führen würde. Ich halte daher im
Einverständnis mit Herrn Dr. MEYER das Spermatophorenreservoir
von Opisthoteuthis für durchaus homolog der NEEDHAnSschen Tasche,
zumal da es, ähnlich wie letztere bei vielen Octopoden, nach vorn
bauchig vorgewölbt ist. Ihre bedeutende Verkürzung hängt offenbar
mit der Rückbildung der Spermatophoren zusammen. Es bleiben nun
die drei gewaltigen Anhangsdrüsen des Penis übrig. Es liegt nahe
ı W. Tu. MEYER, Über den männlichen Geschlechtsapparat von Opistho-
teuthis depressa ]j. u. Ik. Zool. Anz. März 1906. Nr. 25. — Siehe auch: Diese
Zeitschrift. - Bd. LXXXV. S. 183. (Zusatz bei der Korrektur.)
2 Der Umstand, daß der III. Abschnitt bei Opzsthoteuthis mit Falten be-
setzt ist, findet eine Parallele bei Eledone moschata.
382. Werner Marchand,
anzunehmen, daß sie zu dem Penisdivertikel der Octopoden in irgend
welcher Beziehung stehen. In der Tat zeigt ein Vergleich mit dem
Penis von Scaeurgus unicirrus (Fig. 42), daß eine solche Beziehung
wohl möglich ist. Man denke sich, es sei zunächst zur Entlastung
der NEEDHAMschen Tasche jene Vorpostenstation für die Spermato-
phoren eingerichtet worden, aber ehe sie zu einer ähnlichen Ausbil-
dung gelangte, wie bei den Hectocotyliferen, durch die beginnende
Rückbildung der Spermatophoren wieder unnötig geworden. Die
Folge war, daß die NeepHamsche Tasche als Reservoir beibehalten
wurde, und jenes in der Entwicklung begriffene Gebilde die drüsigen
Funktionen übernahm. Die nicht völlig symmetrische Lage der paari-
gen Drüsen und die innerhalb des Drüsenpakets zu konstatierende
Kniebildung des Penis, durch die die unpaare Drüse als hintere
Aussackung des distalen Penisabschnittes erscheint (verglichen mit
dem aus einer Knotenwindung hervorgegangenen Penisdivertikel),
sprechen dafür, daß diese Annahme richtig ist.
Opisthoteuthis würde demnach das Endglied einer von primi-
tiven Octopoden abzweigenden selbständigen Entwicklungsreihe dar-
stellen, deren Zwischenglieder, die wahrscheinlich unter den echten
Cirroteuthiden zu suchen sein werden, uns leider zur Untersuchung
nicht vorlagen. |
Konnten wir die echten Octopoden als eine Umbildung des bei
den Decapoden herrschenden Typus betrachten, so zeigt es sich, daß
wiederum die Hectocotyliferen und anderseits Opisthoteuthis die
äußersten Konsequenzen dieser Umbildung gezogen haben. Eine
große Zahl der bei den Octopoden vorliegenden anatomischen Ver-
hältnisse lassen sich nur verstehen, wenn wir annehmen, daß die
jetzt lebenden Octopoden mit den jetzt lebenden Decapoden gemein-
samen Ursprungs sind und ursprünglich ebenfalls pelagische Lebens-
weise führten. Während nun die Decapoden pelagische Lebensweise
beibehielten, und nur verhältnismäßig geringe Veränderungen erfuhren,
die auf eine immer vollkommenere Anpassung an das pelagische
Leben hinausliefen, haben die Octopoden durch einen Wechsel in
der Lebensweise bedeutende Umbildungen des ganzen Körpers und
vor allem auch der Geschlechtsorgane durchgemacht.
Betrachten wir die jetzigen Octopoden als das Resultat einer
solchen, verhältnismäßig spät eingetretenen Umbildung, so müssen
wir sie unbedingt als den jüngeren Dibranchiatenstamm bezeichnen.
Ich halte es für nicht angebracht, die Spermatophoren der Octopoden
als Rück- und Umbildungen der Spermatophoren etwa eines Illex zu
Studien über Cephalopoden. 1. 383
betrachter. Wir haben in den komplizierten Anheftungsmechanismen
der Spermatophore mancher Deeapoden einen Höhepunkt der Entwick-
lung, der gewiß nicht von der ÖOectopodenspermatophore erreicht
worden ist. Gleichwohl muß nach dem Bau des Leitungsapparates
eine gewisse Differenzierung zum Zweck der äußeren Befruchtung im
Anschluß an die pelagische Lebensweise bei den Stammformen der
Oetopoden bestanden haben, und es sprechen viele Gründe dagegen,
die Octopoden etwa als von Anfang an mit den Decapoden parallel
laufende »litorale Facies« aufzufassen.
3. Übersicht über die Umbildungen des Leitungsapparates bei den
einzelnen Arten.
Betrachten wir vergleichend die verschiedenen Formen des
Leitungsapparates der Dibranchiaten, so erhalten wir eine fast kon-
tinuierliche Reihe von Übergängen, als deren Endglieder wir einer-
seits Pferygioteuthis und Calliteuthis, anderseits Argonauta und
Opisthoteuthis auffassen können. Es scheint also die tatsächliche
Verwandtschaft aller dieser Arten außer allem Zweifel zu stehen.
Da nun der Leitungsapparat der Decapoden sich unmöglich als das
Umbildungsprodukt des Octopodenapparates auffassen läßt, wohl aber
das Umgekehrte mit Leichtigkeit für jedes einzelne Organ durch-
geführt werden kann, ich erinnere nur an die Ausbildung des sekun-
dären Spermatophorenreservoirs, das Verschmelzen des distalen Vas
deferens mit der NEeEDHAauschen Tasche usw., da ferner der Bau
des Decapodenapparates auch ohne den Vergleich mit den Octopoden
verständlich ist, so habe ich mich überzeugt, daß die Decapoden
zweifellos als die Vorgänger der Octopoden zu gelten haben. Schwie-
riger ist es, innerhalb der Decapodengruppe sicher die primitiven
von den jüngeren Formen zu sondern. Indessen lassen sich doch,
wenn wir die in der Umbildung zu den Octopoden ausgesprochene
Entwieklungsrichtung berücksichtigen, gewisse Formen als typische
Decapoden von andern trennen, die sich dem Octopodentypus nähern.
Solche Annäherungen an das Verhalten der Octopoden haben wir in
dem Auftreten von Querfalten in der accessorischen Drüse bei Sepza,
dem Bau des ersten Abschnittes der Spermatophorendrüse bei Sepzola,
der beginnenden Differenzierung eines Halses der NEEDHAuSschen
Tasche bei Rossia und endlich in dem Zusammenrücken aller Teile
bei andern Myopsiden.
Aus dem Umstand, daß der Blindsack bei den Octopoden ver-
schwindet, der erste Abschnitt der Spermatophorendrüse rückgebildet
384 Werner Marchand,
wird, und die NEEDHAMsche Tasche eine Arbeitsteilung in ein Reser-
voir und einen muskulösen Penis aufweist, können wir schließen,
daß diejenigen Formen das primitivste Verhalten zeigen, bei denen
der Blindsack und der erste Abschnitt der Spermatophorendrüse
relativ am größten, und wo von einer Trennung der Tasche in Fun-
dus und Penis noch keine Andeutung vorhanden ist. Aus diesem
und noch andern Gründen möchte ich Cuux darin unbedingt bei-
stimmen, wenn er die Oegopsiden als die primitivsten der jetzt leben-
den Cephalopoden betrachtet, da in dieser Gruppe sich mehr ur-
sprüngliche Verhältnisse gehalten haben, als in irgend einer andern.
Wollen wir aber nach der tatsächlichen Urform des Leitungs-
apparates suchen, so dürfen wir nicht ohne weiteres zu den Oegopsiden
sreifen, sondern müssen aus allen Gruppen die offenbar primitiven
. Verhältnisse zusammensuchen.
Wenn die komplizierten Anhangsapparate der Spermatophorenr-
drüse der Decapoden uns Zweifel machen können, so zeigt. uns doch
das, wenn auch vielleicht sekundär primitive Verhalten der Octopoden,
dab wir diese Drüse nur als einen differenzierten Teil des Leitungs-
weges, also eines einfachen Kanals auffassen dürften. Anderseits
können wir den Blindsack des distalen Vas deferens als eine bloße
Knriekung dieses Kanals ansehen, da wir ein solches Verhalten bei
Sepiola (japonica) noch vor uns haben, und da sich wohl die Ent-
stehung des Blindsackes aus einem Knick, nicht aber das Umgekehrte
begreifen ließe. In ähnlicher Weise zeigt sich durch die Vergleichung
verschiedener, besonders noch unausgebildeter Formen, daß auch die
Einmündungsweise des distalen Vas deferens in die NEEDHANMSche
Tasche eine Biegungsstelle des Ganges und die Tasche nur eine
Differenzierung der distalen Partie des Leitungsweges darstellt.
Wir sind also per excelusionem zu dem Resultat gekommen, daß
die Urform des Leitungsapparates ein einfacher Kanal ist, welcher
eine einzige Anhangsdrüse, eben die accessorische Drüse, besitzt.
Alle Angaben über eine »Zweizahl der Prostata« usw. sind durch-
aus von der Hand zu weisen. Paarige Anhangsdrüsen kennen wir
bei Dibranchiaten nur bei Opisthoteuthis. Obwohl diese vielleicht
mit viel größerem Recht den Namen »Prostata« führen könnten als
die accessorische Rangierdrüse, so konnte doch keiner der Autoren
diese erst jetzt von Meyer beschriebene Form im Auge haben. Daß
diese paarigen Drüsen als sekundäre Differenzierungen der distalen
Partie der NeepHAmschen Tasche aufzufassen sind und keinesfalls
als primäre Anhangsorgane, brauche ich wohl nicht zu wiederholen.
Studien über Cephalopoden. I. 385
Indem ich mir vorbehalte, im nächsten Kapitel diese Urform
des Leitungsapparates weiter zu analysieren, möchte ich hier nur
eine gedrängte Übersicht der von den Oegopsiden zu den höchsten
Octopoden fast in gerader Linie fortschreitenden Umbildungsreihe
der einzelnen Organe anschließen.
Wir beobachten, daß das proximale Vas deferens im allgemeinen
geringe Veränderungen durchgemacht hat. Abgesehen von der am-
pullenartigen Erweiterung des Anfangsteils, die bei vielen Formen
eintritt, wiederholen die Octopoden das Vas deferens der Decapoden,
während sich anderseits für das Verhalten bei Eledone und Opistho-
teuthis eine Analogie in Sepeola findet. Die Spermatophorendrüse,
bei den Oegopsiden durch die scharfe Sonderung der Abschnitte am
höchsten differenziert, sehen wir bei den Octopoden zu einem ein-
fachen Schlauch werden, der durch Verlängerung der Teile den Mangel
einer Differenzierung ersetzt. Auch hier fanden wir in Zledone ver-
mittelnde Übergänge. Im Gegensatz zur Spermatophorendrüse nimmt
- die accessorische Drüse in der Octopodengruppe an Bedeutung zu.
Die schon bei Sepia beginnende und bei Zledone noch nicht völlig
durchgeführte Ausgestaltung durch verschmelzende Sekundärfalten
führt von der einfach längs gefalteten Drüse der Oegopsiden zu dem
massigen Organ der Octopoden, das erst bei den abgeleitetsten Formen
zu verschwinden beginnt. Für den Blindsack des distalen Vas deferens
dagegen konstatieren wir eine ständige Rückbildung von der relativ
bedeutenden Ausbildung bei manchen Oegopsiden bis auf minimale
Rudimente bei den Hectocotyliferen. Das distale Vas deferens,
d. h. der undifferenzierte Teil des Leitungsweges, ist da, wo es offen-
bar einen zwecklosen Umweg beschrieb, mit der Wand der ihm
zunächst liegenden NEEDHAMschen Tasche verschmolzen oder, was
im Prinzip auf das gleiche hinausläuft, bedeutend. verkürzt worden
(wie bei Hledone moschata). Wieder haben wir in der Gattung Eledone
die vermittelnden Übergänge.
Die bedeutendsten Umbildungen hat der distalste Abschnitt, die
NEEDHAMsche Tasche, erfahren. Die auffällige Spiralwindung ist bei
den Sepiolini noch locker. Bei andern Decapoden haben sich die
Windungen aneinander gelegt, so daß es durch teilweise Verschmelzung
der Wände der Tasche zur Bildung eines Wulstes gekommen ist.
Während die Spiralwindung selbst bei den Octopoden mehr und mehr
verwischt wird, erhält sich bei ihnen der Wulst. Gleichzeitig tritt,
schon bei Sepia und Rossia angebahnt, eine Arbeitsteilung der
NEEDHAMschen Tasche in Spermatophorenreservoir und muskulösen
386 Werner Marchand,
Penis ein, während der Fundus der Tasche drüsige Funktionen über-
nimmt. Ein Schritt weiter, und die Aussackung dieses Penis, deren
erste Andeutung wir bei Zledone beobachten, wird zum sekundären
Spermatophorenreservoir: der Fundus der Tasche ist vollständig zur
Drüse geworden. Das Verhalten von Argonrauta und Opesthoteuthis
deutet entschieden darauf hin, daß auch der NEEpHAuschen Tasche
ein RückbildungsprozeB bevorsteht.
Das einzige Organ, auf welches eine scharfe Trennung der
Decapoden und Octopoden sich gründen könnte, ist der Flimmergang,
der den letzteren fehlt, ohne daß sich irgendwelche Übergangsstadien
der Rückbildung fänden. Indessen kann diese Lücke wohl kaum
die Einheitlichkeit stören.
Charakteristisch ist, daß die Neubildungen im wesentlichen an
die distalen Partien des Leitungsapparates anknüpfen, während die
proximalen eine regressive Entwicklung aufweisen. So haben wir
den überraschenden Gegensatz, daß bei den primitiven Oegopsiden
der erste Abschnitt der Spermatophorendrüse, bei Opzisthoteuthrs das
Penisdivertikel alle übrigen Teile an Bedeutung übertrifft.
Ich kann mir diese Erscheinung nur durch die Annahme erklären,
daß den Organen eine gewisse individuelle Entwicklung zukommt,
die, nachdem sie ihren Höhepunkt überschritten hat, schließlich eine
gewisse Altersgrenze erreichen muß. Organe, die den Höhepunkt
ihrer Entwicklung noch nicht überschritten haben, werden bei einer
Änderung der Existenzbedingungen umgebildet (Penisdivertikel von
Opisthoteuthis), während alternde Organe bei einem Wechsel der
Existenzbedingungen nicht mehr ausgestaltet werden können und
zugrunde gehen. Wir finden also ein Fortschreiten von den proxi-
malen zu den distalen Partien, indem zunächst der (dem Hoden
zunächst gelegene) mesodermale Teil des Leitungsapparates und endlich
in immer höherem Maße die distalen (ektodermalen?) Teile des
Leitungsapparates zu Neubildungen benutzt werden, da die früher
differenzierten Teile sich nicht mehr ausgestalten lassen.
III. Phylogenetische Entwicklung des Leitungsapparates.
Ich habe versucht zu zeigen, daß alle verschiedenen Formen
des Leitungsapparates bei den einzelnen Arten sich als Umbildungen
einer einheitlichen Grundform auffassen lassen, die wir annähernd
bei den Oegopsiden vorfinden. Es gelang nachzuweisen, daß der
Leitungsapparat sich im wesentlichen auf einen einfachen Kanal
Studien über Cephalopoden. i. 387
zurückführen läßt und daß, mit Ausnahme der accessorischen Drüse,
welche wir als ein in diesen einmündendes Anhangsorgan auffassen
mußten, alle drüsigen Apparate Differenzierungen der Wände dieses
Kanals darstellen. Von dem nur bei Dekapoden vorkommenden
Flimmergang soll hier einstweilen abgesehen werden, da er für die
Ausleitung der Geschlechtsprodukte nebensächlieh ist, dagegen möchte
ich den Versuch machen, die accessorische Drüse als ein die Harmonie
störendes Gebilde zu beseitigen.
Als Ausgangspunkt wähle ich die Beobachtung, daß sich, wie
schon mehrfach angedeutet, eine Reihe von außerordentlich kon-
stanten Windungen oder Knickungen des Leitungsweges nachweisen
lassen, die der Differenzierung als Grundlage dienen, und von denen
die definitive Lagerung der einzelnen Organe bestimmt wird. Während
das proximale Vas deferens, fast in seiner ganzen Ausdehnung von
gleichartiger Struktur, je nach seiner Länge bald ganz gerade, bald
in mehr oder weniger Windungen angeordnet ist, sind die Windungen
der Spermatophorendrüse bereits so konstant, daß sie einen Anhalts-
punkt für die Trennung der histologisch verschiedenen Abschnitte
geben.
Die Einmündung des proximalen Vas deferens in den ersten
Abschnitt der Drüse findet in der Weise statt, daß es zunächst ein
Stückchen gerade nach vorn an diesem entlang läuft, dann plötzlich
umknickt und gerade die entgegengesetzte Richtung einschlägt, indem
es sich gleichzeitig zu einem drüsigen Hohlraum erweitert. Schon
nach kurzem Verlauf wiederholt sich das gleiche: der Drüsenkanal
biegt nach vorn um und verläuft nun wieder in der ursprünglichen
Richtung des einmündenden Vas deferens. Die so entstandene drüsig
differenzierte Schleife, deren beide Schenkel bei vielen Arten völlig
verschmelzen können, bildet den ersten Abschnitt; dieser bildet also
zusammen mit dem einmündenden Endabschnitt des proximalen Vas
deferens eine S-förmige Figur. Der zweite Schenkel des ersten Ab-
schnitts wiederholt nun das gleiche Verfahren: nachdem er bis in die
Höhe des ersten vorgerückt ist, biegt er wieder nach rückwärts um.
Diese Stelle, welche den Übergang zum zweiten Abschnitt bezeichnet,
zeigt oft anstatt eines scharfen Knicks, den die enorme Oberflächen-
vergrößerung und Verdickung der Wände nicht gestatten, nur eine
‚bogenförmige Krümmung. Tatsächlich verläuft das Lumen des zweiten
Abschnitts schließlich wieder in entgegengesetzter Richtung wie der
zweite Schenkel des ersten Abschnitts. Auch das Ende des zweiten
und der Beginn des dritten Abschnitts wird durch einen ziemlich
388 "Werner Marchand,
plötzlichen Knick markiert. Wir erhalten also, wenn wir von der
speziellen Zusammensetzung des ersten Abschnitts absehen, für die
gesamte Spermatophorendrüse wieder eine S-förmige Knickfigur, auf
die ich schon in meiner vorläufigen Mitteilung hingewiesen habe.
Denken wir uns den Leitungsapparat etwa so orientiert, daß
die Richtung der Knicke, die meist etwas verlagert sind, ungefähr
senkrecht zur Längsachse des Tieres steht, so konstatieren wir vier
abwechselnd nach links und rechts verlaufende, also regelmäßig
alternierende Knicke. Es könnte dieses Verhalten die Vermutung
nahe legen, daß es sich hier um eine Gesetzmäßigkeit handelt. In
der Tat verläuft auch der Ausführgang der Spermatophorendrüse
wieder in entgegengesetzter Richtung wie der dritte Abschnitt: Ging
dieser nach rechts, so biegt der Ausführgang scharf nach links ab.
Sollte wirklich eine gesetzmäßige Anordnung dieser Knicke vorliegen,
so müßte man nun erwarten, daß der Ausführgang in scharfem Knick
nach rechts umböge. Er führt aber in die accessorische Drüse. Es
finden sich nun zwei Fälle realisiert: Entweder der Ausführgang der
accessorischen Drüse verläuft gesondert und dann gerade in entgegen-
gesetzter Richtung wie der Ausführgang der Spermatophorendrüse;
die Spermatophoren gehen dann durch den einen hinein und durch
den andern hinaus, oder es existiert nur ein Gang, und die Sper-
matophoren verlassen die accessorische Drüse auf dem gleichen Wege,
auf dem sie hineingekommen sind. Wäre es nun nicht naheliegend,
anzunehmen, daß dieser einfache Gang aus der Verschmelzung zweier
gesonderter Gänge entstanden wäre, ja daß die Drüse selbst auf die
Verschmelzung zweier Schenkel eines an dieser Stelle liegenden
Knickes zurückgeführt werden könnte? Diese Auffassung würde die
eigentümliche Gepflogenheit der Spermatophoren, jedesmal in die
Drüse hineinzugehen und wieder umzukehren verständlich machen,
als eine Reminiszenz aus der Zeit, da noch eine einfache Biegung
an dieser Stelle bestand. Wir würden also, wenn diese Annahme
richtig ist, in der accessorischen Drüse einen Knick von links nach
rechts vor uns haben und damit bereits sechs regelmäßig zwischen
links und rechts alternierende Knicke. ;
Um so unangenehmer fällt es auf, daß der nächste, stets sehr
deutlich ausgesprochene Knick, der Blindsack des distalen Vas
deferens, wieder von links nach rechts umbiegt, also in gleicher
Richtung wie der hypothetische Knick der aecessorischen Drüse, und
damit die ganze Gesetzmäßigkeit durchbricht. Die Einmündungsstelle
des distalen Vas deferens an der Basis der NEEpHAuschen Tasche
Studien über Cephalopoden. 1. 389
bildet allerdings wieder einen mit dem Blindsack alternierenden
Knick.
Indessen zeigt es sich, daß der Widerspruch nur ein scheinbarer
ist. Es fällt zunächst auf, daß die NeenpHAusche Tasche in der
Regel in der Längsachse des Tieres liegt, während die übrigen, diffe-
renzierten Teile des Leitungsapparates, die accessorische Drüse und
die einzelnen Abschnitte der Spermatophorendrüse, mit ihren Längs-
achsen zwar alle untereinander parallel verlaufen, mit der des Tieres
aber einen gewissen, wenn auch nicht rechten Winkel bilden (wie
aus der schematischen Zeichnung |[Fig. 57) hervorgeht). Während
die Windungen der genannten Teile ziemlich deutlich in einer Ebene
angeordnet sind, fällt die NerpHuAnmsche Tasche aus dieser Ebene
heraus. Denken wir uns nun NEEDHAMsche Tasche und distales
Vas deferens um den Blindsack als Achse nach rechts hinten um das
Paket herumgedreht, so erhalten wir eine Lagerung, die allen ge-
wünschten Anforderungen entspricht. Die Längsachse der NEEDHAM-
schen Tasche liest nun der der übrigen Organe parallel, sie liegt in
einer Ebene mit ihnen, und der Blindsack, wie auch die Mündung
des distalen Vas deferens fügen sich ohne weiteres in die Reihe der
regelmäßig alternierenden Knicke. Es hat also den Anschein als sei
dies die ursprüngliche Lagerung der NeepHuAmschen Tasche und als
habe sie aus irgendwelchen Gründen die Drehung oder Wanderung
. ausgeführt, die wir sie eben in Gedanken in umgekehrter Richtung
zurücklegen ließen. Eine einfache Überlegung erhöht die Wahr-
scheinlichkeit, daß diese Annahme richtig ist. Mit der Ausbildung
der NezpHamschen Tasche als Spermatophorenreservoir und mit der
Zunahme der Spermatophorenproduktion mußte eine beständige Ver-
srößerung dieses Organs eintreten. Links, an der Mündungsstelle,
an der Epidermis festgewachsen, konnte sie sich nur in der Richtung
nach rechts ausdehnen, wo sie an den übrigen Organen des Ein-
seweidesackes bald auf Widerstand stoßen mußte. Sie konnte sich
also nur soweit verlängern, wie ihr die dort lagernden Organe ge-
statteten. Ging die Verlängerung aber noch weiter, so mußte die
Tasche gewissermaßen abgleiten und eine andre Richtung einschlagen,
in der sie mehr Platz hatte.
Die notwendige Folge der stetig zunehmenden Vergrößerung und
Verlängerung der NerpHuAuschen Tasche ist, daß sie sich schließlich
in der Richtung des geringsten Druckes einstellen muß, d.h. in die
Längsachse des Tieres. Und nicht genug damit, sie muß auch noch
auf die linke Seite des Pakets der übrigen Leitungswege rücken,
390 Werner Marchand,
weil nur hier der durch die abstehende Kieme stets freigehaltene
Raum eine weitere Ausdehnung gestattet. Sie wird aus der Lage
rechts von dem Paket zunächst auf die Dorsalseite hinter dieses,
schließlich aber ganz auf die linke Seite des Eingeweidesackes rücken,
wo sie wenigstens nach einer Seite größere Ausdehnungsmöglichkeit
hat (Fig. 57). |
Ich habe versucht einen Fall aufzufinden, wo diese ursprüngliche
Lage der NzepHamschen Tasche noch beibehalten wäre, und glaubte
| anfangs eine solche Form
in Argonauta gefunden zu
haben. Indessen wäre es ja
von vornherein auffallend
gewesen, wenn diese aber-
—b.Needh. rante Form ein so primitives
Verhalten zur Schau tragen
würde, und ich erinnere dar-
an, daß im Vorstehenden
gezeigt wurde, daß bei
Argonauta die NEEDHAMsche
Tasche erst sekundär, infolge
der Rückbildung der acces-
sorischen Drüse und einer
v.d.dist.
v.d.prox.
Fig. 57. Drehung des oberen Teiles
Schematische Darstellung der Lagebeziehungen der Or- 5
gane des Leitungsapparates. des ganzen Pakets wieder
auf die rechte Seite gerückt
ist. Indessen finden wir bei jugendlichen Tieren, bei denen die NEED-
HAMSche Tasche noch nicht differenziert ist, deutliche Anklänge an das
primitive Verhalten. Ich verweise auf die Abbildung des jungen
und geschlechtsreifen Leitungsapparates von Kledone und Octopus, an
denen sich diese Wanderung ausgezeichnet demonstrieren läßt. Die
Zahl der Beispiele ließe sich indessen noch vermehren.
Um noch einmal kurz das Gesagte zu rekapitulieren, so haben
wir, die Richtigkeit der Annahmen vorausgesetzt, acht in einer Ebene
verlaufende regelmäßig alternierende Knicke vom ersten Abschnitt
der Spermatophorendrüse bis zur NEEDHAMschen Tasche, die wir bei
keinen der untersuchten Dibranchiaten vermissen. Erinnert man sich
nun, daß auch das proximale Vas deferens bei allen, besonders
deutlich bei den primitiven Oegopsiden, ferner bei den meisten Myop-
siden deutlich schlangenförmige Windungen beschreibt, ja daß sich
selbst bei Octopoden diese noch nachweisen lassen, wie aus der Ab-
Studien iiber Cephalopoden. 1. 391
bildung (Fig. 59) hervorgeht, so möchte ich in Anbetracht der Tat-
sachen mit aller Entschiedenheit die Behauptung aussprechen: Der
männliche Leitungsapparat der dibranchiaten Cephalopoden ist aus
einem einfachen Kanal hervorgegangen, der in einer Ebene regel-
mäßig alternierende Windungen beschrieb, die der Differenzierung
als Grundlage dienten (Fig. 58).
Es ist zu vermuten, daß der uns jetzt vorliegende Leitungsapparat
früher einmal alle die Differenzierungen, die wir jetzt an ihm wahr-
Fig. 58. Fig. 59.
Schematische Darstellung der pri- Ein Teil des proximalen Vas deferens von Scueunyus
mären Windungen des Leitungs- tetracirrus.
apparates.
nehmen, noch nicht besaß und einen einfachen, geraden Kanal dar-
stellte. Nach unsrer Annahme legte sich nun dieser Kanal zunächst
in regelmäßige Windungen von rechts nach links, so daß eine in
einer Ebene verlaufende Schlangenlinie entstand, an die dann die
weitere Differenzierung anknüpfte.
Fragen wir uns nun nach den Bedingungen, unter denen eine
solche Figur überhaupt entstehen kann, so kommen wir zu folgendem
Resultat: ein gerade gestreckter Kanal von überall gleichem Durch-
messer, der an seinen beiden Enden fixiert ist und eine aktive Ver-
längerung erfährt, muß sich krümmen. Die Krümmung wird in eine
Ebene fallen, wenn durch einen zu dieser Ebene senkrechten Druck
Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. 26
392 Werner Marehand,
Exkursionen in der Richtung dieses Druckes ausgeschlossen sind.
Ist die seitliche Exkursionsmöglichkeit unbegrenzt, so muß der Kanal
eine einzige Windung bilden. Ist sie durch seitlichen Druck be-
schränkt, so müssen mehrere Windungen entstehen. Die Zahl der
Windungen wird dabei um so größer sein, je größer der seitliche
Druck und je geringer der Durchmesser des Kanals ist. Sie muß
also unter gleichen Bedingungen immer die gleiche sein. Die
Windungen werden regelmäßig, d. h. gleich groß ausfallen, wenn
der seitliche Druck überall gleichmäßig verteilt ist. Wird der seit-
liche Druck unendlich groß, so müssen unendlich viel Windungen
entstehen, ein Fall, der praktisch nie eintritt, weil die Exkursions-
möglichkeit gleich Null wird, sobald der seitliche Druck so groß
geworden ist, daß der Druck des sich streekenden Ganges ihn nicht
mehr überwinden kann. Der seitliche Druck muß also, wenn eine
derartige Schlangenlinie entstehen soll, immer geringer sein als der
des sich streckenden Kanals, mit einem Wort, es muß eine gewisse
seitliche Exkursionsmöglichkeit immer vorhanden sein. Der Kanal
wird sich dann jedesmal so weit nach der einen Seite krümmen, bis
er den dort wirkenden Druck nicht mehr überwinden kann. Durch
die Krümmung entsteht auf der andern Seite eine Stelle verminderten
Druckes. Der Kanal wird also nun umkehren und eine Krümmung
nach der andern Seite bilden, die wieder schließlich auf Widerstand
stoßen muß, und, da wir gleiche seitliche Drucke vorausgesetzt
haben, gleich groß werden muß wie die vorhergegangene. Auf diese
Weise muß eine regelmäßige, in einer Ebene verlaufende Schlangen-
linie entstehen.
Wir haben bisher vorausgesetzt, daß der Abstand der beiden
Fixationspunkte des sich verlängernden Kanals sich nicht veränderte.
Vergrößert sich dieser Abstand, während gleichzeitig der Kanal sich
verlängert, so werden keine Windungen entstehen, da sie durch das
Auseinanderrücken der Fixationspunkte wieder gestreckt werden.
Verringert er sich, so müssen die Windungen eines sich verlängernden
Kanals verstärkt werden. Anderseits muß durch aktive Verringerung
des Abstandes zwischen den Fixationspunkten ein gerader Kanal,
dessen Länge sich nicht verändert, sich in genau derselben Weise
krümmen, wie ein sich verlängernder Kanal zwischen zwei Fixations-
punkten, deren Abstand unverändert bleibt. Er muß also unter den
oben festgestellten Bedingungen ebenfalls eine in einer Ebene ver-
laufende regelmäßige Schlangenlinie beschreiben.
Wir wollen einstweilen unentschieden lassen, welcher von beiden
Studien über Cephalopoden. 1. 393
Faktoren für das Zustandekommen der Windungen, die wir tatsächlich
beobachten, verantwortlich zu machen ist, und wollen uns darauf
beschränken festzustellen, ob die speziellen Bedingungen für das
Entstehen einer regelmäßigen Schlangenlinie vorhanden sind oder
vorhanden waren. Es sei ferner hier daran erinnert, daß, da wir
es mit äußerst langsam sich entwickelnden Organismen zu tun haben,
auch das konstante Gleichbleiben dieser Bedingungen in irgend einer
Weise garantiert werden muß.
Ein Blick auf einen erwachsenen, jetzt lebenden Cephalopoden
lehrt, daß alles andre existiert als diese gleichmäßigen Druck-
verhältnisse. Wir finden den Leitungsweg dorsal von der linken
Kieme, an einer Stelle. wo er auf der linken Seite von der Haupt-
masse des Eingeweidesackes begrenzt ist und nach der andern Seite,
von der Kieme vor Druck geschützt, eine fast unbegrenzte Aus-
dehnungsmöglichkeit besitzt.
Kann aber nicht die Lage des Leitungsapparates ursprünglich
eine andre gewesen sein, die auch andre Druckverhältnisse zeigte?
Muß nicht gerade seine jetzige Lage, die ja vor allem auf den
Füllungszustand und die hohe Differenzierung seiner einzelnen Ab-
schnitte Rücksicht nimmt, uns stutzig machen ?
Alle durch auffällige Größe ausgezeichneten Organe des Leitungs-
apparates knüpfen an bereits vorhandene Windungen an. Die
Windungen sind also das Primäre. Der Kanal kann, als die
Windungen entstanden, keine oder nur unbedeutende Ditferenzierungen
gehabt haben, da diese das Entstehen regelmäßiger Windungen ver-
hindert hätten. Es ist nun als wahrscheinlich anzunehmen, daß,
sobald eine bedeutende Vergrößerung der differenzierten Teile ein-
trat, Lageverschiebungen erfolgten, deren Resultat die jetzige Lage
des Pakets ist.
Die Entwicklungsgeschichte muß hier Aufschluß geben. Allein
öffnen wir einen jungen Octopus von 4 mm bis 1 cm Mantellänge, so finden
wir den Leitungsapparat bereits dorsal von der Kieme, also an seiner
definitiven Stelle (Fig. 60). Anders ist es bei jungen Oegopsiden.
Aus der beigegebenen Abbildung (Fig. 61) von Illex coindetii geht
hervor, daß das Paket des Leitungsweges beim jugendlichen Tier
noch nicht dorsal von der Kieme, sondern hinter ihr liegt, und wir
beobachten erst in der späteren Entwicklung, daß er sich teilweise
unter die Kieme schiebt und dorsal von ihr zu liegen kommt. Und,
wie ich, eine Mitteilung von DÖrRIına benutzend, wohl vorausgreifen
darf: auch der weibliche Leitungsweg wird bei /llex an dieser Stelle
26*
394 Werner Marchand,
angelegt, rückt aber im Verlaufe seines Wachstums nicht unter der
Kieme hindurch, sondern rechts über die Kiemengefäße hinweg, so
daß er ventral zu liegen kommt und damit jene auffällige Eigen-
tümlichkeit von Illex her-
beiführt, die schon Pos-
sELT beim Vergleich mit
andern Cephalopoden auf-
gefallen war. Um so
weniger kann das Ver-
halten von /lHlex nach
den obigen Ausführungen
wundernehmen. Die Lage
des Oviducts bei Illex ist
ur. en Nu
4 N Hl N N y
Z TR
Ä
? z° 7 ERFERr
nephr. er
jE die ursprüngliche Lage
PB des Leitungsweges, das
VA A SBWEZER,
Unter-die- Kieme-Rücken
io. 60 ist eine sekundäre Erschei-
g. 60.
Anlage des Leitungsapparates eines Oclopus vulgaris von nung bei den höheren
4 mm Mantellänge.
Cephalopoden. Erst bei
den Octopoden ist die dorsale
Lage zu einer so festen Ein-
richtung geworden, daß sie
schon in derEmbryonalentwick-
lung eingenommen wird, wäh-
rend die Decapoden in der Ju-
send das alte Verhalten mehr
oder weniger deutlich rekapi-
tulieren. Es spricht also alles
dafür, daß die Leitungswege
bei beiden Geschlechtern ur-
sprünglich ventral gelegen wa-
ren. Erinnern wir uns ferner
der Tatsache, daß der Leitungs-
weg, der bei den Octopoden
Fig. 61. Ä von den Venenanhängen, dem
Anlage des Lungseitapparates eines Illex coindetii von . \ \
; a Kiemenherz und andern Orga-
nen fast vollständig verdeckt
und zwischen sie eingelagert, bei /llex und andern Decapoden weit
mehr oberflächlich sichtbar ist, und daß er endlich bei den Em-
bryonen völlig an der Oberfläche liegt, so kommen wir zu dem
Studien über Cephalopoden. 1. 39
Resultat, daß der Leitungsweg, bevor bedeutende Differenzierungen
eintraten, auf der Oberfläche des Eingeweidesackes und zwar auf
der Ventralseite gelegen war.
Und auf der Ventralseite ist es, wo wir in der Tat die Be-
dingungen vorfinden, die zum Zustandekommen der Schlangenfigur
erforderlich sind. Hier ist durch den Druck des bei jedem Atem-
zug gegen den Eingeweidesack gepreßten Mantels jede Möglichkeit
einer Exkursion nach oben und unten ausgeschlossen und hier sind,
da der Kanal oberflächlich, also nieht zwischen unregelmäßig ge-
stalteten Organen, sondern in das überall gleichartige Bindegewebe
eingebettet verläuft, alle Bedingungen für eine gewisse, doch nicht
unbeschränkte Bewegungsfreiheit in einer Ebene vorhanden. Durch
die starre, innere Schale ist vor allem auch das konstante Gleich-
bleiben dieser Bedingungen garantiert, da sie den Kontraktionen des
Mantels als unveränderliches Widerlager dient.
An dieser Stelle lag also der männliche Leitungsweg, als jene
Windungen entstanden, die durch weitgehende Differenzierung ein
für allemal festgelegt wurden und nur im Vas deferens und sekundär
bei den ganz aberranten Heectocotyliferen einen Rückbildungsprozeß
durehmachten. Fand aber hier überhaupt die Bildung von Windungen
statt, so mußten diese regelmäßig werden, einerlei ob aktive Ver-
längerung des Ganges oder Zusammenrücken der Fixationspunkte
die Ursache ihres Entstehens war. Unsre vorläufigen Annahmen
waren also berechtigt: die accessorische Drüse entspricht einem
primären Knick und ist ein Verschmelzungsprodukt; die NEEDHAN-
sche Tasche lag ursprünglich nicht links, sondern rechts von den
übrigen Organen. Die Grundlage für die Differenzierungen
des männlichen Leitungsweges war eine durch regelmäßiges
Alternieren von Knicken gebildete Schlangenlinie.
Gegen diesen Satz erheben sich indessen zahlreiche Einwände.
Wenn die Ausdehnungsbedingungen wirklich vollkommen gleichmäßig
waren, so mußte es theoretisch gleichgültig sein, nach welcher Seite
der Gang zuerst ausbiegen sollte. Es wäre also zwar stets die
gleiche Zahl von Windungen angelegt worden, aber diese wären
nicht immer die gleichen, sondern ebenso oft auch die entgegen-
gesetzten. Es wäre also nicht möglich, daß die einzelnen Windungen
jedesmal die gleiche Richtung erhalten, daß z. B. die NEEDHANSsche
Tasche (in ihrer ursprünglichen Lage) stets in der Richtung von
rechts nach links mündet.
Diese Schwierigkeit würde tatsächlich eintreten, wenn es sich
396 Werner Marchand,
um einen unpaaren Leitungsweg in der Medianlinie des Tieres
handelte. In Wirklichkeit aber haben wir paarige, von der unpaaren
Gonade ausgehend divergierende Leitungswege, von denen einer im
männlichen Geschlecht in der Regel rückgebildet ist, während der
andre in der linken Hälfte des Tieres liegt. Durch die asymmetrische
Lage des einzelnen Leitungsweges wird die Richtung der ersten
Windung bestimmt: Sie muß von der Hodenkapsel an divergierend
in der linken Hälfte des Tieres nach links, in der rechten nach
rechts verlaufen. Die Probe auf das Exempel liefert Calkiteuthis, wo
wir zwei spiegelbildlich gleiche männliche Leitungswege rechts und
links ausgebildet finden.
Wenn aber, so könnte man nun einwenden, die Ausdehnungs-
bedingungen wirklich sonst überall die gleichen waren, warum trat
_ eine Differenzierung an ganz bestimmten Stellen ein, warum wurde
nicht z. B. eine weiter hinten gelegene Stelle des Vas deferens als
Grundlage der Differenzierung verwendet?
Dieser Einwand ist berechtigt, und es läßt sich in der Tat nach-
weisen, daß die Ausdehnungsbedingungen nicht gleichmäßig waren.
Schon im allgemeinen Teil dieser Arbeit ist darauf hingewiesen
worden, daß die differenzierten Teile des Leitungsapparates in
einem Hohlraum liegen, den wir als Genitaltasche bezeichnen. Vor-
ausgesetzt, daß diese Tasche, die wir als eine ektodermale Ein-
stülpung betrachten, zu der Zeit, als die Windungen entstanden,
schon existierte, so ist es evident, daß die Windungen des sich faltenden
Kanals entlang dieser Tasche mehr Exkursionsbreite zur Verfügung
hatten, als in den unteren Partien des Vas deferens, zu denen die
Tasche nicht herabreichte. Ebenso selbstverständlich ist es, daß nur
hier eine weitere Vergrößerung und Ausgestaltung der gebildeten
Windungen möglich war, da sich hier der geringste Widerstand bot.
Die Folge war, daß sich die in Kontakt mit der Tasche tretenden
Windungen ganz in diese hineindrängten; wir finden es nun nicht
mehr merkwürdig, daß gerade die differenzierten Teile in eine
besondere Tasche eingeschlossen sind, denn das Vorhandensein dieser
Tasche war die Bedingung für das Zustandekommen einer Differen-
zierung. In dieser Tasche liegen die Spermatophorendrüse, die
accessorische Rangierdrüse und der Blindsack. Daß der Blindsack
gegenwärtig kein hochdifferenziertes Organ mehr darstellt, hat seine
besondere Bewandtnis und soll noch auseinandergesetzt werden. Das
distale Vas deferens und die NerpHAansche Tasche liegen außerhalb
der Tasche. Die NerpnHAnmsche Tasche, zu weit rechts gelegen, war
Studien über Cephalopoden. 1. 397
nicht mit der Genitaltasche in Kontakt getreten: sie allein konnte
ihre Lage nicht beibehalten, sondern mußte eine Wanderung an-
treten, bis auch sie, die am meisten platzbedürftige, sich. einerseits
an die Genitaltasche anlehnen, anderseits nach der linken Seite
des Körpers sich beliebig ausdehnen konnte. Da die NEEDHANSche
Tasche mit ihrer Differenzierung an bereits vorhandene Windungen
anknüpft, muß sie ihre Wanderung erst begonnen haben, als die
Zusammenschiebung beendigt war. Da nun die übrigen Organe sich
schon während der Zusammenschiebung so vergrößerten, daß sie sich
in die Genitaltasche hineinschoben, so scheint es, daß die NEEDHAM-
sche Tasche sich erst später wie sie differenziert hat. Erst die ver-
mehrte Spermatophorenbildung im Zusammenhang vielleicht mit der
Seltenheit der Begattung mußte ein Reservoir notwendig machen.
In dem Maße, wie der Endabschnitt des distalen Vas deferens sich
zu differenzieren begann, mußte er die oben geschilderte Wanderung
antreten, und zwar, da der Weg nach oben (ventral) durch die bereits
ausgebildete accessorische Rangierdrüse versperrt war, unten herum.
Die NeepHAmsche Tasche kam also zunäthst dorsal von dem übrigen
Paket zu liegen, rückte aber sehr bald ganz auf die linke Seite, in
“die Richtung des geringsten Druckes. Bereits mit der beginnenden
Differenzierung mußte das ganze Paket seinerseits die Wanderung
nach links beginnen und ungefähr gleichzeitig an der Kiemenwurzel
ankommen, wie die NEEDHANSsche Tasche ihre Drehung beendet und
sich in die Längsachse des Tieres eingestellt hatte. Erst mit zu-
nehmender Vergrößerung schob sich dann zunächst die NernuAusche
Tasche unter der Kieme hindurch auf die Dorsalseite.
Eine weitere Folge ihrer Verlängerung war die spiralige Drehung
der NEEpDHAuschen Tasche. Wir haben es hier mit einer ganz ähn-
lichen Erscheinung zu tun wie bei der Entstehung der Schlangen-
linie. Es handelt sich hier um die (bestimmt aktive) Verlängerung
eines Ganges zwischen zwei festgelegten Punkten, nur mit dem
Unterschied, daß die entstehenden Windungen keinesfalls in eine
Ebene fallen können, da ja kein einseitiger Druck vorliegt. Der
Gang wird in einem solchen Falle, wenn nur einigermaßen gleich-
mäßige Druckbedingungen vorliegen, eine Spiralwindung annehmen.
Diese Bedingungen sind insofern erfüllt, als die Tasche sich nach
ihrer Wanderung einerseits an die nachgiebige Genitaltasche anlegt,
anderseits an die ebenfalls nachgiebige Haut des Eingeweidesackes.
Der Kanal gestattet jedoch, da er mittlerweile zu einem dicken
Reservoir geworden ist, nur wenige Windungen, denen das distale
398 Werner Marchand,
Vas deferens natürlich folgt, da es schon mit der NEEDHANschen
Tasche zu verschmelzen begonnen hat. Die Verlängerung des Organs
nimmt aber noch zu. Mehr Windungen können nicht angelegt werden.
Die Folge ist, daß sich das distale Ende der NEEpHAuschen Tasche
in das Lumen der Mantelhöhle vorschiebt. So ragt sie endlich bei
vielen Decapoden in Gestalt eines mehrere Zentimeter langen Halses
in die Mantelhöhle. Anderseits wird sie unter gleichzeitiger Streckung
des distalen Vas deferens nach hinten derart verlängert, daß sie
z.B. bei Lolgo sich noch in die Hodenkapsel hineinstülpt.
So hätten wir, ohne auf einzelnes einzugehen, in kurzen Zügen
die Umwandlungen verfolgt, die "etwa zu dem Verhalten eines Deca-
poden führen. Die Umbildungen, die sich in der Gruppe der Octo-
poden vollzogen haben, sind zum Teil darauf zurückzuführen, daß
die Körperform des Tieres gedrungener wurde. Alle Teile rücken
näher zusammen, der Leitungsapparat bildet mit der Hodenkapsel
zusammen einen ovalen bis kegelförmigen Körper. Infolgedessen hat
die bereits beträchtlich verlängerte NEEDHAMsche Tasche in der
Längsachse des Tieres keinen Platz mehr. Wir finden sie deswegen
mit ihrer hinteren Hälfte über das Paket des Leitungsapparates hin-
weggeschlagen, so dab sie dieses von links her (ventral) zum Teil
verdeckt. Gleichzeitig sehen wir, dab das distale (eetodermale ?)
Ende der NerpnAnmschen Tasche eine Erweiterung erfahren hat, die,
wie es scheint, darauf abzielt, die NEEDHAMSsche Tasche zu entlasten.
Wir finden, daß immer häufiger einzelne Spermatophoren außerhalb
des Eingeweidesackes aufbewahrt werden, während gleichzeitig die
Zahl der Spermatophoren vermindert wird. Bei Argonauta und
Ocythoe ist endlich aus dem Penisdivertikel ein sekundäres Spermato-
phorenreservoir geworden, das am oberen Rande des Eingeweidesackes
ventral gelegen ist. Und da lehrt nun ein Vergleich, daß die
Kiemen, die bei den beschalten Decapoden zu beiden Seiten standen,
bei den Octopoden näher aneinander gerückt sind und auf der Ventral-
seite zwischen sich eine Stelle geringsten Druckes freigelassen haben,
gerade da, wo ursprünglich bei den beschalten Formen der größte
Druck geherrscht hatte.
Es entspricht also wieder die Lage des sekundären Spermato-
phorenreservoirs einer Stelle geringsten Druckes, wie denn alle diese
Erscheinungen glänzend beweisen, daß die Organbildung unter allen
Umständen mit Rücksicht auf die bestehenden Druck verhältnisse vor
sich geht, und daß Umbildungen der Organe und Änderungen der
Druckverhältnisse Hand in Hand gehen. Alle Änderungen der Druck-
Studien über Cephalopoden. 1. 399
verhältnisse gehen in letzter Linie auf Umbildungen zurück, die auf
biologischen Ursachen beruhen.
Es wurde oben auseinandergesetzt, daß ein Teil des Leitungs-
weges sich in eine ihm seitlich anliegende Tasche hineingestülpt und
dann differenziert hat. Ich komme bei dieser Gelegenheit zu der
Frage: hat das biologische Prinzip der Spermatophorenbildung dazu
seführt, in Gestalt jener ectodermalen Tasche neue Druckverhältnisse
herbeizuführen, oder existierte die Tasche schon, ehe sie für eine
Differenzierung des Leitungsweges in Betracht kam? Der erstere
Fall ist meiner Ansicht nach ausgeschlossen, denn wir kennen keine
prospective Schaffung neuer Organe in Hinblick auf entfernte Zwecke.
Die Tasche trat erst in dem Moment in Beziehung zur Spermato-
phorenbildung, als der Kanal sich an sie herandrängte. War sie
vorher vorhanden, so muß sie andre Funktionen gehabt haben.
Ich komme nun zu einer Tatsache zurück, die ich, da sie für
die bisherige Auseinandersetzung nebensächlich war, außer acht
gelassen habe, die aber nichtsdestoweniger von hohem Interesse ist.
Es existiert nämlich bekanntlich eine Verbindung zwischen der
Genitaltasche und dem Leitungsweg in Gestalt des Canalis eiliatus,
eines dünnen, flimmernden Ganges, der am Ende des dritten Ab-
schnittes an genau der gleichen Stelle abgeht wie der Ausführgang
der Spermatophorendrüse, und mit ihm wenigstens anfangs das gleiche
Kaliber und die gleichen Längsfalten gemeinsam hat. Dieser Kanal
mündet in der Nähe des blinden Endes der accessorischen Drüse in
die Tasche, verläuft also stets zwischen der accessorischen Drüse und
dem dritten Abschnitt der Spermatophorendrüse. Wie kommt er in
diese Lage? Es bestehen zwei Möglichkeiten. Entweder ist der
Kanal nach der Entstehung der Schlangenlinie sekundär zwischen
die Organe hineingewuchert, um eine Verbindung der Genitaltasche
mit dem Leitungsweg herzustellen, oder er hat an der Biegung
teilgenommen.
Die erstere Annahme scheint mir schun aus dem Grunde unzu-
lässig zu sein, daß der Kanal den Oetopoden vollständig fehlt. Da
im übrigen die Octopodenorganisation durchaus einheitlich von der
der Decapoden abzuleiten ist, können wir nur annehmen, daß der
Flimmergang hier rückgebildet ist. Es wäre ein höchst auffälliges
Verhalten, wenn sich plötzlich an einer Stelle, wo man es am wenigsten
erwartete, etwas wie ein Organ bilden wollte, um dann, ohne daß
ich die geringste Differenzierung hätte nachweisen lassen, wieder zu
verschwinden.
A400 Werner Marchand.
Denken wir uns im Gegensatz dazu, es wäre eine solche Ver-
bindung zwischen der Tasche und dem Leitungsweg schon damals
vorhanden gewesen, so mußte er, da die Entstehung der Windungen
der Einstülpung in die Tasche unmittelbar vorauf ging oder was
wahrscheinlicher ist, mit ihr zusammenfiel, von dem sich faltenden
Kanal mit ergriffen, umgebogen und in die Tasche hineingezogen
werden, kurz er mußte
in die Lage kommen, in
der wir ihn jetzt finden.
Aus dem geringen Wider-
stand, den der Flimmer-
‘ > gang dieser Bewegung
\ ..
S entgegensetzte, können
€ >) . .
a|| Do = wir schließen, daß er be-
= . . .
| > = reits damals wenig diffe-
) 3
| = S renziert gewesen ist. Aus
—L ET BE -
5 = dem Umstand, daß die
q > = NEEDHAMsche Tasche, d.
h. die oberste Partie‘ des
Leitungsweges, nicht in
die Tasche gelangt, er-
gibt sich ferner derSchluß,
| daß die Tasche an ihrem
Fig. 62. distalen Ende, wo nicht
Versuch einer schematischen Darstellung für das Verhalten
von Tasche und Flimmergang bei der Faltung. geschlossen, so doch be-
deutend enger war als am
unteren, daß sie also eine Gestalt gehabt haben muß, die etwa der
jetzigen entsprach.
Aus alledem scheint mir mit unzweifelhafter Sicherheit hervorzu-
sehen, dal Tasche und Flimmergang bereits in einer von der heuti-
gen wenig abweichenden Gestalt existierten, ehe der Leitungsweg
jene schlangenförmig gebogene Gestalt anzunehmen begann. Wir
kommen also zu einer Urform des Leitungsapparates, die in Fig. 62 a
wiedergegeben ist.
Handelt es sich wirklich, wie aus dem Verhalten bei Illex
hervorzugehen scheint, um eine ectodermale Tasche, so würden Tasche
und Flimmergang eine Parallele liefern zu der Verschmelzung der
nach DörınG eetodermalen Eileiterdrüsse mit dem Oviduet. Wir
würden dann . in dem Flimmergang einen alten, nun nicht mehr
benutzten Leitungsweg vor uns haben.
Studien über Cephalopoden. 1. 401
Nehmen wir nun an, der jetzige Leitungsweg, von der Sperma-
tophorendrüse an gerechnet, sei eine Neubildung, so sind verschiedene
Möglichkeiten zu diskutieren. Entweder ist er mesodermal wie der
hintere Abschnitt und durch Wucherung des Endes bis zum schließ-
lichen Durchbruch an die Peripherie gelangt. Eine solche Wucherung
müßte aber schon bei ihrer Anlage irgend eine Funktion haben und
nur gleichsam zufällig nach außen durchbrechen, nun einen neuen
Weg eröffnend. Das würde aber eine Differenzierung voraussetzen,
die das Entstehen scharfer Knicke unmöglich gemacht hätte. Außer-
dem hätte eine Drüsenaussackung, die sich etwa gebildet hätte, nie
diese. für die Einmündung so unzweckmäßige Richtung eingeschlagen.
Wir beobachteten nie, daß eine Anhangsdrüse ihr blindes Ende distal-
wärts richtet.
Oder man könnte annehmen, daß er sich von der Tasche abgespalten
habe. Dann müßte das der Tasche entsprechende Stück eetodermal
sein, eine Möglichkeit, die nicht durchaus von der Hand zu weisen ist.
Die Gleichartigkeit der Beschaffenheit des Flimmerganges und
des Ausführganges der Spermatophorendrüse (Fig. 63) und der Um-
stand, daß die Cilien
in beiden in der glei-
chen Richtung schla-
sen, läßt den Gedanken
aufkommen, daß mög-
licherweise die Tasche
ectodermal, der Flim-
gl.sp.III
mergang aber meso- Fig. 68.
3 $ 5 Abgangsstelle des Flimmerganges bei Pteryyioteuthis, um die
dermal ist. Wir hätten Gleichartigkeit der beiden Kanäle zu zeigen.
es dann mit einem ur-
sprünglich selbständigen, mesodermalen Leitungsweg zu tun, der
mit dem andern bis zum Ende des dritten Abschnitts verschmolzen
ist. Folgende Überlegung erhebt diese Wahrscheinlichkeit zur Ge-
wißheit. Wir haben an verschiedenen Stellen des Leitungs-
apparates das Auftreten von Wülsten beobachtet. Auffallenderweise
entstehen solche Wülste immer da, wo zwei Gänge miteinander
verschmelzen, wie z. B. im Blindsack, im Ausführgang der ac-
cessorischen Drüse und an der Basis der NrrpHAnschen Tasche.
Und ein genau soleher Wulst, der, wie die Abbildungen lehren, in
der gleichen Weise aufgebaut ist, wie jene, durchzieht die ganze
Spermatophorendrüse. Hier konnte sich ein solcher Überrest der
verschmolzenen Wände halten, weil seine Existenz physiologische
402 Werner Marchand,
Bedeutung hatte. Im proximalen Vas deferens ist der Wulst ver-
schwunden; in der Spermatophorendrüse ist die Verschmelzung un-
vollständig. Der Flimmergang endlich ist noch jetzt unverschmolzen.
Nur wenn die beiden Gänge eng aneinander lagen, konnten sie
sich im gleichen Sinne knieken lassen. Es fand also die Bildung
der Schlangenwindung erst statt, als die Verschmelzung bereits etwa
ihren jetzigen Grad erreicht hatte. Vollständig konnte sie aber
keinesfalls sein, da der Wulst ja heute noch existiert. Es muß also
damals eine gewisse, wenn auch gleichförmige Differenzierung der
Spermatophorendrüse bestanden haben.
Durch diese Erwägung kommen wir zu der merkwürdigen Tatsache,
daß jeder einzelne Leitungsweg das Verschmelzungsprodukt von zwei
Gängen darstellt, daß also die dibranchiaten Cephalopoden
ursprünglich vier getrennte Leitungswege besaßen.
Es ist bisher verschwiegen worden, daß nicht nur beim männ-
lichen, sondern auch beim weiblichen Geschlecht eine derartige
Schlangenwindung des Leitungsapparates nachweisbar ist, wie aus
der Abbildung des Oviducts von /llexr hervorgeht (Fig. 64). Die Ver-
mutung liegt nahe, daß, wenn die Vierzahl der Leitungswege im
männlichen Geschlecht sich findet, sie auch im weiblichen Geschlecht
die ursprüngliche Zahl darstellen muß. Wo ist nun das zweite
Paar der Leitungswege im weiblichen Geschlecht? Es fehlt voll-
ständig. Indessen findet sich, wie mir Dörme mitteilt, in der Gleich-
artigkeit der ectodermalen Anlagen der Nidamentaldrüsen und der
Eileiterdrüse, eine Tatsache, die die Vermutung nahe legt, es könnten
auch die Nidamentaldrüsen die Endabschnitte zweier ursprünglich
vorhandener Oviduete darstellen. Da sich nun aber von einem
zweiten Oviductpaar nicht die geringste Anlage findet, wäre es meiner
Ansicht nach nicht ausgeschlossen, daß der einzige Oviduct das Ver-
schmelzungsprodukt zweier Gänge darstellt. Daß sich von einem
Wulst hier nicht die geringste Spur findet, kann nicht wundernehmen,
da ein solcher ja nur da sich halten konnte, wo er eine funktionelle
Bedeutung behielt. f
Anderseits müßte die geschilderte Schlangenlinie im weiblichen
Geschlecht selbständig und abhängig entstanden sein oder wir haben
in dieser nach der Verschmelzung zweier Gänge entstandenen Schlangen-
linie den Ausgangspunkt für die Entwicklung sowohl des männlichen
als auch des weiblichen Leitungsweges.
Das erstere scheint zunächst recht unwahrscheinlich zu sein;
wie ich aber noch zu zeigen hoffe, würde gerade eine derartige
Studien über Cephalopoden. 1. 403
Convergenzerscheinung durchaus nichts Überraschendes sein. Man
muß sich also hüten aus dem Vorhandensein dieser Figur bei beiden
Geschlechtern voreilige Schlüsse ziehen zu wollen. Dagegen ist es
von sroßem Interesse, die zweite Möglichkeit trotzdem näher ins
Auge zu fassen.
Wir haben gesehen, daß im männlichen Geschlecht vor der
Bildung der Schlangenlinie schon jene Tasche existierte, welche durch
einen Verbindungsgang mit dem Hauptgang zusammenhing. Es ist
nun selbstverständlich, daß wenn die Bildung der Schlangenlinie
nicht eine bloße Convergenzerscheinung ist, auch diese
Nebenumstände in beiden Geschlechtern vorhanden
gewesen sein müssen. Ich habe schon vorhin darauf
hingedeutet, daß die Genitaltasche mit. der Eileiter-
drüse in Verbindung gebracht werden kann. In diese
Eileiterdrüse ist nun bei allen Dibranchiaten das Ende
des Oviduets ein Stück hineingestülp. Nehme man
nun wieder die gleiche Figur als Ausgangspunkt für
die schlangenförmige Zusammenschiebung, nur mit
dem Unterschied, daß diesmal nicht die Spermato-
phoren bildenden Organe sich vergrößern und jener
Verbindungssang nicht in dem Grade reduziert wird,
wie wir vorhin annahmen, so wird der letztere, anstatt
sich von dem sich faltenden männlichen Gang mit-
nehmen und in die entgegengesetzte Lage bringen zu
lassen, sich vielmehr in die ectodermale Tasche ein-
stülpen. Auf diese Weise erhalten wir eine Bildung,
die mit dem Bau der Eileiterdrüse überraschende Fig. 64.
Ahnlichkeit hat. Der Flimmergang entspricht jenem in Oviduet von Jllex
die Eileiterdrüse eingestülpten Teil des Oviduets. Der one
distale Teil des männlichen Ganges verschwindet im
weiblichen Geschlecht so spurlos wie der Flimmergang bei den männ-
lichen Oetopoden. Die Nidamentaldrüse bezeichnet vielleicht noch
die Gegend, wo er ursprünglich mündet, wenn man voraussetzen will,
daß solche Stellen besonders für die Bildung ectodermaler Ein-
stülpungen disponiert sind!.
1 Sollte eine weitere Untersuchung den Nachweis bringen, daß das ganze
distale Vas deferens ectodermal ist, so könnte dieser Teil möglicherweise der
Nidamentaldrüse direkt homolog sein. Der Ausführgang der Spermatophoren-
drüse würde dann eine Art von Flimmergang im andern Geschlecht darstellen,
der aber vollständig verschwunden ist.
404 Werner Marchand,
Es sind also gewichtige Anhaltspunkte vorhanden, den Ausgangs-
punkt für die Entstehung der Schlangenlinie als eine beiden Ge-
schlechtern gemeinsame Urform anzusehen. Die Vorfahren der
jetzt lebenden Dibranchiaten waren demnach Zwitter.
Vielleicht bringt ein günstiger Zufall noch Beweise für die Richtig-
keit dieser Anschauung, von der ich vollkommen überzeugt bin.
Einstweilen möchte ich darauf verzichten, unter diesem Gesichtspunkt
auf die Verbreitung des Hermaphroditismus bei den Mollusken, und
auf die Frage, ob er ein primitives oder ein sekundär erworbenes
Verhalten darstellt, näher einzugehen.
Auf einen Punkt möchte ich indessen noch zu sprechen kommen,
nämlich daß auf jeden Fall zu der Zeit, als die Bildung der Schlangen-
linie stattfand, schon eine gewisse Trennung der Geschlechter vor-
liegen mußte. Nur die Annahme, es sei schon damals der weibliche
Gang bei den einen Individuen etwas reduziert, die Spermatophoren
bildenden Abschnitte dagegen bis zu einem gewissen Grade differen-
ziert gewesen, während im Gegensatz dazu bei den übrigen Indi-
viduen der weibliche Anteil betont wurde, nur diese Annahme macht
den tatsächlich bei beiden Geschlechtern verschiedenen Verlauf der
Faltung verständlich. Es würde also doch eine gewisse Wahrschein-
lichkeit dafür bestehen, daß die Schlangenlinie selbst als eine Con-
vergenzerscheinung aufgefabt werden müßte.
Die Tatsache, daß der Wulst der Spermatophorendrüse schon
existierte, ehe die Zusammenschiebung stattfand, macht es wahr-
scheinlich, daß Spermatophoren von einer gewissen Länge schon damals
gebildet wurden. Polar differenziert konnten allerdings diese Sperma-
tophoren nicht sein.‘ Bevor sich die doppelte Umkehr festgesetzt hatte,
mußte es gleichgültig sein, wenn die Spermatophoren bald mit diesem,
bald mit jenem Ende voran die distalen Abschnitte erreichten. Die
merkwürdige Einrichtung der doppelten Umkehr mußte also der Ent-
stehung polar differenzierter Spermatophoren vorausgegangen sein.
Herr Professor MAyErR in Neapel machte mich darauf aufmerk-
sam, daß ähnliche Umkehrvorgänge bei Cypriden beobachtet worden
sind, nur daß es sich dort nieht um Spermatophoren, sondern um
enorm verlängerte Spermatozoen handelt. |
Der Vergleich mit Cypris erwies sich als sehr fruchtbar für ‘das
theoretische Verständnis des Entstehens der Umkehr.
Aus der Arbeit von STUHLMANN, welcher die Geschlechtsorgane
von Uypris monacha und Cypris punctata einer Untersuchung unter-
z08, geht hervor, daß die Spermatozoen, die bei einer Art die doppelte
Studien über Cephalopoden. 1.
405
Körperlänge erreichen, in einem langen Blindschlauch umkehren müs-
sen. Es ist nun interessant,
weist, nur eine Aussackung
des Vas deferens darstellt,
die in der ÖOntogenie erst
relativ spät im Anschluß an
einen einfachen Knick auf-
tritt, der, wie es scheint, da-
dureh entstanden ist, daß
das wachsende Vas deferens
an dem unpaaren Auge auf
Widerstand stieß und nach
unten abzubiegen gezwungen
war (Fig. 69). Mit zunehmen-
dem Wachstum mußte sich
der Knick verschärfen; ein
Ausweichen war, wie aus
der schematischen Abbildung
ersichtlich ist, infolge der
Anfangsrichtung des Vas
deferens nur noch nach
oben möglich. Es mußte
also der Knick an dem Auge
irgendwie oben entlang glei-
ten. Würde es sich nun um
den Transport gewöhnlicher,
kleiner Spermatozoen han-
deln, so könnten diese offen-
bar den schärfsten Knick
ungehindert passieren. An-
ders ist es, wo wir Gebilde
von einer gewissen Länge
vor uns haben. Bei diesen
würde sich beim Passieren
eines derartig verschärften
Knickes der Reibungswider-
stand sehr unangenehm be-
merkbar machen. Die näch-
ste Reaktion des Organismus
würde also darauf hinzielen,
daß dieser Blindschlauch, wie er nach-
net u
Bi -
ra SE 06
app:
Fig. 69.
Schematische Darstellung des Entstehens der Umkehr bei
Cyprois monacha. a, b, c,d, e fünf Stadien der zunehmen-
den Verkürzung der Schale. Bei a können die Spermatozoen
noch bequem passieren, bei db nur unter bedeutender Rei-
bung; bei ce beginnende Verschmelzung. Von den Spermato-
zoen stauen sich die einen in dem entstandenen Blindsack
und verstopfen diesen; die andern passieren glatt wie bei a.
Bei d hat die Länge des Blindsackes die Länge des Spermato-
zoons erreicht. Es können nun die sich im Blindsack stauen-
den Spermatozoen seitlich ausweichen und umkehren. Bei
e ist der direkte Weg aufgegeben und die Umkehr zu einer
definitiven Einrichtung geworden. Daher ist eine weitere
Verschmelzung nicht mehr eingetreten,
406 Werner Marchand,
einen möglichst geraden und glatten Weg für die großen Spermato-
zoen offen zu halten. Es würde eine teilweise Verschmelzung des
Knieks und damit eine Erweiterung des Lumens an dieser Stelle ein-
treten. Damit würde zunächst die bequeme Passage der Spermato-
zoen gesichert sein. Verlängert sich aber das Vas deferens noch mehr,
nimmt infolgedessen die Verschärfung des Kniekes beständig zu, so
muß immer wieder die gleiche Reaktion nötig werden, es wird also
durch successives Verschmelzen der beiden Schenkel des Knickes und
beständiges Weiterhinausrücken der verschmolzenen Partien schließ-
lich ein derartiger Blindsack entstehen. Nun wäre zwar die glatte
Passage vor dem Auge immer vorhanden, es könnte aber doch nicht
verhindert werden, daß die Spermatozoen auch in den über das Auge
weggeschobenen Teil des Lumens hineingeraten. Sie würden es
immer häufiger tun, je mehr der Knick sich verschärfte, da der
Blindsack viel mehr in ihre Bewegungsrichtung fällt, als der andre
Schenkel des Knickes, in den sie eigentlich hinein sollen. Es würde
anstatt einer glatten Passage eine Stauung entstehen. Der Blindsack
ist also offenbar ein unzweckmäßiges Gebilde.
Man kann leicht zeigen, daß die Ansicht, es könne in dieser
Weise durch (aktive) Verlängerung des Vas deferens ein derartiger
Blindsack entstehen, unbedingt falsch ist. Bei einem aktiv hinaus-
geschobenen Knick würde vor allem die nächstliegende Reaktion die
Rückbildung des unzweckmäßigen Gebildes sein. Es ist aber von
vornherein ausgeschlossen, daß ein Knick sich durch aktive Ver-
längerung seines Ganges verschärft, denn der Gang würde sich immer
in zweckmäßigen Grenzen halten, er würde sich aktiv nur so weit
krümmen, wie es im Interesse der glatten Passage der Spermatozoen
noch zulässig ist. Jede kleinste Abweichung würde durch entgegen-
gesetzte Reaktion sofort ausgeglichen werden. Wenn trotzdem eine
derartig zunehmende Knickung entsteht, so muß es sich um eine
passive Bildung handeln. Nicht Verlängerung des Vas deferens,
sondern Verkürzung der Schale ist die Ursache für das Entstehen
des Blindsackes. Der Gang, dessen Länge immer die gleiche bleibt,
wird durch die zunehmende Verkürzung der Schale passiv geknickt.
Der Knick verschärft sich mehr und mehr. Die aktive Reaktion
beschränkt sich darauf, immer in der geschilderten Weise einen
geraden Weg offen zu halten, kann aber nicht das Entstehen des
Blindsackes verhindern. So lange die Schale fortfuhr sich zu ver-
kürzen, mußten alle Bemühungen, den Blindsack rückzubilden, er-
folglos bleiben, da ja immer wieder neu verschmolzen werden mußte.
Studien über Cephalopoden. 1. 407
Alle Rückbildungsversuche konnten ihn höchstens spitzer machen.
Die Spermatozoen werden aber in einem solchen Falle keineswegs
immer den vorschriftsmäßigen Weg benutzen, sondern geradeaus in
den Blindsack laufen und sich stauen. Sie werden zwar endlich
doch herum kommen, aber einen bedeutenden Reibungswiderstand zu
überwinden haben. Sobald nun der Blindsack die Länge der ihn
passierenden Gebilde erreicht, ist die Möglichkeit eines seitlichen Aus-
weichens gegeben, während gleichzeitig die Schwierigkeiten, im
Fundus des zugespitzten Blindsackes umzubiegen, noch gestiegen
sind. Die Spermatozoen werden nun, wenn sie sich im Fundus
stauen, nicht mehr umbiegen, sondern seitlich ausweichen und schließ-
lich auf diese Weise in den andern Schenkel des Knicks gelangen.
Von diesem Moment an ist der Blindsack zu einer zweekmäßigen
Einrichtung geworden. Die weitere Verschmelzung des hinausrücken-
den Knicks unterbleibt, da es ja keinen Sinn mehr hat, einen direkten
Weg offen zu halten. Wir finden daher, daß der Knick sich weit
über das Auge hinweggeschoben hat, ohne daß auf der ganzen Strecke
seine Schenkel verschmolzen wären. Nur eine Verlängerung der
Spermatozoen muß auch eine Verlängerung des Blindsackes mit sich
bringen. Die Länge des Blindsackes entspricht demnach immer der
Länge der Spermatozoen. Bei ÜUypris punctata mit ihren Riesen-
spermatozoen umkreist er zweimal die ganze Innenseite der Schale.
Wir kommen also zu folgendem Resultat: Wenn Gebilde von
einer gewissen Länge einen passiv sich verschärfenden Knick passieren
müssen, so entsteht ein Blindsack, der zu einer Umkehrtasche werden
muß, sobald seine Länge die Länge der ihn passierenden Gebilde
erreicht hat, unter der Voraussetzung, daß die Verschärfung des
Knickes schneller vor sich geht als das Eintreten der ausgleichenden
Reaktion.
Daß die letztere Voraussetzung zutrifit, ist einleuchtend. Eine
Verkürzung .oder Verkleinerung der Schale bei Cypriden wäre nichts
besonders Überraschendes; derartige Erscheinungen sind als An-
passungen an das Schweben im Wasser ungemein häufig. Wir wissen
aber, daß auf äußere Einflüsse die äußere Form eines Tieres rascher
reagiert als die inneren Organe, zumal hier, wo nur die Gestalt und
Größe der Schale, nicht aber die inneren Organe für die Schwebe-
fähigkeit von Wichtigkeit sein konnten. |
Finden wir nun bei Cephalopoden derartige Umkehrtaschen im
Vas deferens ausgebildet, so können wir mit absoluter Bestimmtheit
behaupten, daß die zu ihrer Bildung führenden Knicke passiv ent-
Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. ar!
408 Werner Marchand,
standen sind. Wir können nun den Fall einer aktiven Verlängerung
des Ganges bei gleichbleibendem Abstand der Fixationspunkte be-
stimmt ausschließen. Das Vas deferens hat seine Länge nicht
seändert, aber der Abstand zwischen seinen Fixationspunkten hat
sich verringert. Die Schlangenlinie ist demnach das Produkt einer
Zusammenschiebung und ihre Ursache eine Verkürzung des ganzen
Körpers.
Die passive Entstehung der Windungen hat man sich nicht grob
mechanisch vorzustellen, sondern als direkte Reaktion. Der Leitungs-
weg wurde in jeder Ontogenie in der gleichen Länge angelegt,
während die Gesamtlänge des Körpers von Ontogenie zu Ontogenie
geringer wurde. Er mußte daher, wenn eine Verkürzung des Ganges
nicht eintreten sollte, vor allem durch veränderte Lagerung reagieren,
zunächst ohne Rücksicht darauf, ob dadurch im einzelnen zweck-
mäßige oder unzweckmäßige Zustände herbeigeführt wurden. Die
Ontogenie ist nur eine Rekapitulation der Figur, die die phylo-
genetische Entwicklung des Vas deferens mit Rücksicht auf die
gegebenen Druckverhältnisse hervorbringen mußte. Ohne die Gültig-
keit mechanischer Gesetze für die Ontogenie bestreiten zu wollen,
möchte ich doch daran festhalten, daß sie hier nicht so in die Er-
scheinung treten. Das Wachstum der Organe ist bereits mit Rück-
sicht auf ihre definitive Lagerung reguliert, so daß größere Gleich-
gewichtsstörungen nicht vorkommen. Es sind also auch die passiven
Krümmungen in letzter Linie aktiv, nur daß sie einer höheren Zweck-
mäßigkeit gehorchen. Wenn beispielsweise ein Mensch durch eine
Tür gehen will, die für ihn zu niedrig ist, so wird er sich bücken,
und zwar ohne Rücksicht darauf, daß sein Magen etwas gedrückt
wird, obwohl das eigentlich unzweckmäßig ist. Solche sekundäre
Unzweckmäßigkeiten haben wir hier in der Verschärfung der Knicke.
Wir haben uns davon überzeugt, daß im Zusammenhang mit
der Ausbildung eines Wulstes in der Spermatophorendrüse offenbar
schon Spermatophoren von einer gewissen Länge gebildet wurden,
ehe die Zusammenschiebung des Ganges stattfand. Die Spermato-
phoren hatten, wenn sie die Drüse verließei, noch drei Knicke zu
passieren. Da der distale Teil nicht ein Verschmelzungsprodukt war
und also wahrscheinlich nur die halbe Dicke der Spermatophoren-
drüse besaß, mußten hier besonders scharfe Knicke entstehen. Es
mußte also auch hier wie im Vas deferens von Cypris zu einem
Widerstand kommen zwischen der fortwährenden Verschärfung der
Knicke und dem Bestreben, aus Gründen der Sparsamkeit und Zweck-
Studien über Cephalopoden. 1. 409
mäßigkeit, den Weg der Spermatophoren immer, unter möglichst
geringer Reibung an den Wänden, so gerade wie möglich zu gestalten.
Da nun der Leitungsweg fortfuhr sich zusammenzuschieben, so mußte
an allen drei Knicken ein derartiger Blindsack entstehen, wie wir
ihn bei Cypris beobachten. Tatsächlich haben wir in der accessorischen
Drüse und der Spitze der NeepHAnmschen Tasche solche Blindsäcke
vor uns, die sich notwendigerweise zu Umkehrstationen herausbilden
mußten. Die Verschiedenheit ihrer Ausbildung geht auf zweierlei
zurück. Einerseits wurde die accessorische Drüse zu einer Anhangs-
drüse umgestaltet und infolgedessen beträchtlich verlängert, ein Prozeß,
der wahrscheinlich mit einer Verlängerung der Spermatophoren Hand
in Hand gings, anderseits mußte, sobald die Umkehr einmal feststand,
eine polare Differenzierung der Spermatophoren Selectionswert be-
sitzen. Diese konnte wohl dadurch zustande kommen, daß die um-
hüllenden Secrete so reichlich abgeschieden wurden, daß die Sper-
matophore beim Passieren der Spermatophorendrüse immer noch einen
kleinen Schwanz von überschüssigem Secret nach sich zog. Wurde
nun dieser in gleicher Weise wie der eigentliche Spermaschlauch
im dritten Abschnitt mit einer Hülle umgeben, so war die polare
Differenzierung fertig. Wurde die Spermatophore nun gleichzeitig
verlängert, so war dadurch zwar eine Verlängerung der accessorischen
Drüse notwendig, nicht aber eine solche der zweiten Umkehrstation.
Das weichere Schwanzende konnte, wie bei Sepzola gezeigt wurde,
sich krümmen und somit trotzdem ein seitliches Ausweichen der
Spermatophore, also eine Umkehr ermöglichen.
Gegen diese Erklärung der doppelten Umkehr könnte sogleich
der gewichtige Einwand gemacht werden, warum denn der Blindsack
des distalen Vas deferens sich nicht zu einer derartigen Umkehr-
tasche ausgebildet hat. Allerdings hätten unbedingt drei Umkehr-
stationen entstehen müssen, wenn der Kanal überall die gleiche
Dicke besessen hätte. Allein er muß eine Differenzierung gezeigt
haben: der Blindsack bezeichnet die Lage einer drüsigen Verdickung
des Kanals, die einen so scharfen Knick nicht gestattete, sondern
der Spermatophore erlaubte, in der gewohnten Weise hindurch-
zugleiten. Ich möchte hier an das blinde Divertikel erinnern, das
das distale Vas deferens bei den Decapoden ins Innere des Blind-
sackes entsendet, und das wahrscheinlich das Rudiment einer früher
bedeutender entwickelten Anhangsdrüse darstellt. Praktisch käme
es auf das gleiche hinaus, ob der geknickte Kanal selbst eine Strecke
weit verdickt war oder ob eine zwischen seinen Schenkeln liegende
27
410 Werner Marchand,
Drüse die Schärfe des Knickes milderte. Diese postulierte Drüse
verlor offenbar mit dem Übergang zur Getrenntgeschlechtlichkeit ihre
Bedeutung und wurde schleunigst rückgebildet. Möglich, daß die
Stelle der ersten Umkehr, wo ja sowieso ein Blindsack entstehen
mußte, ihre Funktionen übernahm. Die beiden Schenkel legten sich
mit fortscehreitender Rückbildung der Drüse eng aneinander an, so
daß nunmehr doch ein scharfer Knick entstand. Zunächst war da-
dureh die Gefahr vorhanden, daß sich hier doch noch eine Umkehr-
station bildete, die dann heillose Verwirrung angerichtet hätte, da
die Spermatophoren soeben angefangen hatten, sich polar zu diffe-
renzieren. Es ist wohl möglich, daß dieser Fall unter pathologischen
Umständen eintrat; solche Individuen waren aber von der Fort-
pflanzung ausgeschlossen, da ihre Spermatophoren nicht funktionieren
konnten. Durch eine Verlänge-
Q rung der Spermatophore konnte
das Unglück noch eine Zeit lang
1 en hinausgeschoben werden. Inzwi-
(Eileiterdr.) schen war aber die Zusammen-
schiebung des Kanals beendigt
und eine weitere Verchärfung
dieses Knickes fand nun nicht
| mehr statt. Wenn die aus öko-
nomischen Gründen für den Weg
der Spermatophore notwendige
Reaktion nun eintrat, kam es
nicht mehr zur Entstehung eines
Blindsackes, da das nutzlose
| Ende jedesmal bei weiterem Zu-
| rückweichen des Leitungsweges
sogleich rückgebildet werden
|
|
Fig. 66. konnte.
Hypothetischer Urleitungsapparat der Dibranchiaten 2 Er
vor der Bildung der Schlangenwindungen. . Die Folge war die SUCCES-
siveRückbildung desBlindsackes,
die wir in der Dibranchiatenreihe beobachten, und die bei Argonauta
und Opisthoteuthrs endlich zum vollständigen Schwund des nutzlosen
Gebildes geführt hat.
Um nun zu der Frage nach der Urform des Leitungsapparates
zurückzukommen, so müssen wir eingestehen, daß wir unsre ursprüng-
liche Annahme, es habe sich, als die Zusammenschiebung stattfand,
um einen undifferenzierten Gang gehandelt, aufgeben mußten. Fig. 66
Studien über Cephalopoden. 1. | 411
stellt den Versuch einer Rekonstruktion des männlichen und weiblichen
Leitungsweges vor der Zusammenschiebung dar. Wir haben im männ-
lichen Geschlecht ein sehr langes Vas deferens, das sich zu einer
Spermatophorendrüse schwach erweitert, in der man den Wulst er-
kennt. Von dieser gehen zwei dünne Gänge aus, von denen einer den
Leitungsweg bildet und nach kurzem Verlauf eine Strecke weit drüsig
verdickt erscheint, distalwärts sich aber wieder verengert, während
der andre, dünnere, die Verbindung mit der leeren und daher viel-
leicht schon etwas rückgebildeten Tasche vermittelt. Im weiblichen
Geschlecht dagegen ist diese Tasche noch in voller Funktion. Ich
glaube nicht fehlzugehen, wenn ich in ihr ein Receptaculum seminis
erblicke, indem ich daran erinnere, daß die Eileiterdrüse bei vielen
Cephalopoden zur Aufnahme der Spermatophoren dient. Der Ver-
bindungsgang ist dieker als der männliche Gang. Die Ausbildung
des Wulstes und der drüsigen Verdiekungen hat abgenommen, ohne
daß jedoch eine Rückbildung des männlichen Ganges schon einge-
treten wäre. Es ist schon auseinandergesetzt worden, wie durch Zu-
sammenschieben dieser mutmaßlichen Urformen das jetzige Verhalten
herbeigeführt wurde. Da wir erkannt haben, daß diese Zusammen-
schiebung eine gemeinsame Ursache in der Verkürzung des Körpers
hatte, daß aber der Ausgangspunkt in beiden Geschlechtern ver-
schieden war, so ergibt sich, daß wir es lediglich mit einer Convergenz-
erscheinung zu tun haben, wenn die Schlangenlinie bei beiden Ge-
schlechtern nachweisbar ist. Eine gewisse Trennung der Geschlechter
bestand schon vor der Zusammenschiebung. | |
Die Trennung der Geschlechter steht offenbar mit der Verkürzung
des Körpers nicht in ursächlichem Zusammenhang. Es wäre aber
möglich, daß beide Erscheinungen auf einer gemeinsamen höheren
Ursache beruhen. Wir wissen, dab derartige Umbildungen den
Wechsel der Lebensbedingungen zu begleiten pflegen. Es ist nun
sehr naheliegend zu vermuten, daß die jetzt pelagisch lebenden
dibranchiaten Cephalopoden, ‚welche rudimentäre Schalen besitzen,
ursprünglich nicht pelagisch lebten, daß sie erst beim Übergang zur
pelagischen Lebensweise getrenntgeschlechtlich wurden und dab die
Verkürzung des Körpers in irgend einer Beziehung zu der Rück-
bildung der Schale steht. Die jetzt lebenden Decapoden haben eine
starre, innere Schale, die stets bis ans hintere Körperende reicht.
Das Vorhandensein einer starren Schale ist die erste Bedingung für
das Zustandekommen regelmäßiger Windungen. Wenn diese auf
Verkürzung des Körpers zurückgehen, so muß auch die Schale früher
412 | Werner Marchand,
länger gewesen sein. Es scheint, daß Rückbildung der Schale und
Verkürzung des Körpers immer Hand in Hand gegangen sind.
Wenn aber alle Umbildungen wirklich durch einen Wechsel der
Lebensbedingungen hervorgerufen waren, so mußten sie gleichzeitig
eintreten. Nun es sei! Wie sich aus einem Vergleich eines Sepien-
schulpes und einer Belemnitenschale ergibt, schritt die Rückhädung
der Schale von hinten nach vorn fort. Angenommen, die Verkürzung
des Körpers und die Trennung der Geschlechter begannen gleich-
zeitig, so begann die Verkürzung des Körpers und damit die
Zusammenschiebung des Vas deferens am hinteren Ende des Körpers.
Die Trennung der Geschlechter setzte ein in der Gestaltung der
distalen (differenzierten) Teile des Leitungsapparates. Als die Zu-
sammenschiebung diesen distalen Abschnitt erreichte, war schon eine
gewisse Trennung der Geschlechter eingetreten. Das Resultat mußte
in beiden Geschlechtern verschieden ausfallen, wie wir tatsächlich
beobachten.
Wir kommen also zu dem Schlusse, daß die pelagisch lebenden,
setrenntgeschlechtlichen Dibranchiaten aus nicht pelagisch leben-
den, hermaphroditischen Stammformen mit längerem Körper
und längerer Schale hervorgegangen sind.
Wie weit wir berechtigt sind, hieraus auf die Organisation der
Belemniten irgendwelche Schlüsse zu ziehen, darüber will ich mir
kein Urteil erlauben, da ich keinen sicheren Anhaltspunkt dafür
sefunden habe, daß es sich in diesen Stammformen wirklich um
Belemniten handelte.
Ich halte es für nicht ausgeschlossen, daß eine genauere Unter-
suchung des Leitungsapparates weitere Aufschlüsse in phylogenetischer
Beziehung bringen könnte. Es scheint, daß das Studium hoch diffe-
renzierter Tiere unter Umständen mehr Schlüsse auf ursprüngliche
Verhältnisse ermöglicht, als das Studium der sogenannten »primitiven
Formen«. Diese sind nur zu oft das Resultat weitgehender Rück-
bildungen, während jene die altertümlichen Verhältnisse, wenn auch
mannigfach ausgestaltet, getreu bewahrt haben. Ich hoffe, nach dem
Abschluß der histologischen Untersuchung eine klarere Darstellung
der phylogenetischen Umbildungen des Leitungsapparates geben zu
können, als es mir zurzeit möglich ist.
Leipzig, im August 1906.
1817.
1842.
1842.
1847.
1847.
1850.
1852.
1852.
1853.
1853.
1856.
1878.
1880.
1880.
1881.
1882.
1884.
1886.
1894.
18%.
1905.
Studien über Cephalopoden. 1. | 413
Literaturverzeichnis,
CUVIER, M&moire pour servir a l’histoire et & l’anatomie des Mollusques.
Paris.
MILNE EDWARDS, Observations sur la structure et les fonetions de
quelques Zoophytes, Mollusques et Crustacees des cötes de France.
IV. Sur ies spermatophores des Cephalopodes. Ann. sc. nat. (2.)
t. XVII.
PETERS, Zur Anatomie der Sepiola. MÜLLERS Archiv.
REINHARD u. PROSCH, Om Seiadephorus Mülleri (Eschr.). En Undersogelse
af I. T. REINHARD og V.ProscH. Kgl. Danske Videnskabelige Sels-
kabs naturvidenskabelige og mathemat. afdel. I. Bind. Kjöbenhavn.
LEUCKART, Über die männlichen Geschlechtstheile der Sepiola vulgaris.
Archiv f. Naturgesch. Jahrg. XIL. Bd. I.
DUVERNOY, Fragments sur les organes de generation de divers animaux
M&moires des l’Academie des seiences. Tome XXI.
H. MÜLLER, Bericht über einige im Herbst 1852 in Messina angestellten
vergleichend-anatomische Untersuchungen. Diese Zeitschr. Bd. IV.
VERANY u. VoGT, Memoire sur les Hectocotyles et les mäles de quelques
Ce£phalopodes. Ann. sc. nat. Tome XVIL
H. MÜLLER, Über das Männchen von Argonauta argo und die Hecto-
eotylen. Diese Zeitschr. Bd. IV.
LEUCKART, Die Hectocotylie von Octopus carenae. Zool. Untersuchungen
Heft III. Gießen.
J. VAN DER HoEVvENn, Beitrag zur Kenntnis von Nautilus. Amsterdam 1856.
J. BROck, Über die Geschlechtsorgane der Cephalopoden. I. Beitrag.
Diese Zeitschr. Bd. XXXIL
—— Versuch einer Phylogenie der dibranchiaten Cephalopoden. Morphol.
Jahrb. Bd. VI.
W. VıgeLius, Über das Excretionssystem der Cephalopoden. Niederländ.
Archiv f. Zoologie. Bd. V.
A. E. Verritt, North American Cephalopods. Transactions of the
Connecticut Academy 1878—80.
J. Brock, Über die Geschlechtsorgane der Cephalopoden. II. Beitrag.
Diese Zeitschr. Bd. XXXVI 1882. S. 558.
GROBBEN, Morphologische Studien über den Harn- und Geschlechtsappa-
rat sowie die Leibeshöhle der Cephalopoden. Arb. Zool. Inst. Wien.
Bd. V.
—— Zur Kenntnis der Morphologie und der Verwandtschaftsverhältnisse
der Cephalopoden,
E. RAcoVvITzA, Notes de biologie. I. Accouplement et fecondation chez
l’Oetopus vulgaris. III. Moeurs et fecondation de la Rossia macro-
soma. Arch. d. Zool. exper. (3.) T. I.
G. JATTA, I Cefalopodi viventi nel golfo di Napoli (Sistematiea), Mono-
grafia. Fauna und Flora des Golfes von Neapel. 23. Monogr.
Chun, Über einen unbekannt gebliebenen Flimmertrichter bei Cephalo-
poden. (Mit 8 Fig.) Zool. Anz. Bd. XXVII, Nr. 19/20.
414 Werner Marchand,
1906. CHux, Über die Geschlechtsverhältnisse der Cephalopoden. Zool. Anz.
Bd. XXIX. Nr. 25, 26. Mit 5 Fig.
1906. MARCHAND, Beitrag zur vergleichenden Anatomie des männlichen Ge-
schlechtsapparates der Cephalopoden. Zool. Anz. Bd. XXIX. Nr. 25, 26.
Mit 3 Fig.
1906. W. Tu. MEyER, Über den männlichen Geschlechtsapparat von Opistho-
teuthis depressa (Ijima und Ikeda). Zool. Anz. Bd. XXIX. Nr. 25, 26.
(1 Fig.)
1906. —— Die Anatomie von Opisthoteuthis depressa. Diese Zeitschr. Bd. LXXXV.
Heft 2.
(1886. STUHLMANN, Beiträge zur Anatomie der inneren männlichen Geschlechts-
organe und der Spermiogenese der Cypriden. Diese Zeitschr. Bd. XLIV.)
Erklärung der bei der Figurenbezeichnung gebrauchten
Abkürzungen,
a.(amp.), Ampulle des Vas deferens;
abor., aboraler Pol;
an., After;
app.(Appendix), Blindsack des distalen Vas deferens;
art., Arterie;
art.abd.,
art.br., - i : N
Abdominal-, Kiemen-, Genital- und Mantelarterie;
art.gen.,
art.pall.,
br.(branchia), Kieme;
b.(bursa)atr., Tintenbeutel;
b.gen., Genitaltasche;
b.N.(Needh.), NEEDHAumsche Tasche;
e.(can.)ed., Canalis eiliatus, Flimmergang;
can.vp., Wasserkanal;
cav.pall., Mantelhöhle;
coel., Cölom, Visceropericardialhöhle;
coee.int., Blindsack des Darmes;
coll., quellende Substanz;
coll.p., Hals des Penis;
c.br.(cor.branch.), Kiemenherz;
div.p.(pen.), Penisdivertikel;
div.coec., blinder Anhang;
d.(ductus)b.atr.,
d.gl.atr.,
d.gl.ace., Ausführgang der accessorischen Drüse;
d.gl.sp.,
d.sp.,)
f.(fundus), Spitze der NEEDHAMschen Tasche;
Ausführgang des Tintenbeutels;
Ausführgang der Spermatophorendriüse;
Studien über Cephalopoden. 1. 415
fil., Endfaden;
gl.(glandula), Drüse;
gl.ace., accessorische Drüse (Prostata);
gl.atr., Tintenbeutel;
gl.Neid., Nidamentaldrüse;
gl.ov., Eileiterdrüse;
gl.per., Pericardialdrüse (Kiemenherzanhang);
gl.sp.I, ITu. III, erster, zweiter und dritter Abschnitt der Spermatophoren-
drüse (Vesicula seminalis);
hect., Hectocotylus;
int., Darm;
M.retr.cap.,
m.retr.inf.,;, Rückziehmuskel des Kopfes, Trichters, Mantels;
m.reir.pall.med.,
nephr., Harnsack (Niere);
or.(orificium), Mündung, oraler Pol;
p.(pen.), Penis (distaler Teil der NerpHAmschen Tasche;
rec.sem., Receptaculum seminis;
rect., Enddarm; |
res.sp.II, sekundäres Spermatophorenreservoir;
sept.pall., Mantelseptum = m.reir.pall.;
st., Magen;
sp., Sperma;
t.(testis), Hoden;
term., Endabschnitt;
ur., Nierenpapillen (Ureter);
v.(vena), Vene;
v.abd.,
“ ER Abdominal-, Mantel-, Kiemen-, Genitalvene;
v.gen.,
v.d.(v.def.), Vas deferens;
v.d.dist., distales
v.d.prox., proximales
v.p., Visceropericardialhöhle (Cölom).
Vas deferens;
Weitere Beiträge zur Kenntnis der Bipaliiden.
Von
Prof. Dr. Josef Müller
(Triest).
Mit Tafel XIX und XX.
Wenn in manchen Tiergruppen, speziell bei den Insekten, die
Copulationsorgane ein wichtiges Kriterium zur Artunterscheidung ab-
geben, so gilt das für die Würmergruppe der Landtrieladen im all-
semeinen und der Bipaliiden im besonderen bei dem Mangel von
charakteristischen äußerlichen Differenzierungen ihres Körpers in viel
höherem Grade. Leider sind aber gerade in dieser Gruppe sehr viele
Species anatomisch noch gänzlich unbekannt und nur nach äußeren
Merkmalen, hauptsächlich nach der Färbung und Zeichnung des
Körpers, beschrieben
Um wenigstens in der Gruppe der Bipaliiden, mit denen ich
mich schon früher beschäftigt habe, diese Lücke teilweise auszufüllen,
habe ich auf Anregung meines hochgeschätzten Lehrers, Herrn Prof.
V. GRAFF, etliche bisher bloß dem Exterieur nach beschriebene Arten
hinsichtlich ihres Copulationsapparates untersucht und die Resultate
in vorliegender Arbeit niedergelegt. Wie man sich bei der Beurteilung
einer Species nach bloßen Färbungsmerkmalen täuschen kann, wird.
in zwei Fällen zu erörtern sein!.
Auch zwei neue Species (Dipahum sarasini und esnguenidinn)
werden im nachfolgenden beschrieben. Leider durfte die erstgenannte
nicht geschnitten werden. Diese beiden Species eingerechnet, sind
nach dem Erscheinen der v. GrArrschen Monographie der Turbel-
larien, II. Bd. (Leipzig 1899), 19 neue Bipaliiden beschrieben
! Bipalium jansei = marginatum var. und Dip. simrothr ex parte = distin-
guendum noVv. Spec.
Weitere Beiträge zur Kenntnis der Bipaliiden. ln,
worden!. Eine Bestimmungstabelle derselben habe ich am Schlusse
dieser Arbeit zusammengestellt.
Aus Gründen, die ich in meiner ersten Bipaliiden-Arbeit (in
dieser Zeitschr., Bd. LXXIII, 1902, S. 76, Fußnote) auseinandergelegt
habe, wurden auch in nachfolgenden Zeilen die als Placocephalus
und Perocephalus beschriebenen Arten der großen Gattung Dripalium
einverleibt und durchwegs unter diesem Namen angeführt.
Die drei Gattungen Dipalium (s. str.), Placocephalus und Perocephalus
sind auch durch den Bau der Copulationsapparate nicht auseinander-
zuhalten. Sehr ähnliche Typen des Copulationsapparates kommen
bisweilen bei Arten zweier der genannten Gattungen vor und umgekehrt
sehr verschiedene Typen des Copulationsapparates in einer und
derselben Gattung.
Interessant ist das Vorkommen von muskulösen Drüsenorganen,
die den Adenodactylen von Artioposthia sehr nahe stehen, in der
Gruppe der Bipaliiden (vgl. S. 452). Als eine phylogenetische Vorstufe
der Adenodactylen dürften die im Nachfolgenden als » Adenocysten«
bezeichneten, eigenartigen Drüsenorgane von Dip. graffi und böhmige
aufzufassen sein (vgl. S. 433). Auch sei erwähnt, daß Oviducte mit
dorsoventral verschieden hohem und etwas verschieden gestaltetem
Epithel, wie sie zuerst bei D?p. penzige und einigen andern beschrieben
wurden, in der Gruppe der Bipaliiden keine Seltenheit zu sein
scheinen (vgl. S. 423 u. 427).
Die angewandten Schnitt- und Färbungsmethoden sind genau die-
selben, wie die in meinem ersten »Beitrag zur Kenntnis der Bipaliiden«
1 Verzeichnis der einschlägigen Literatur:
1902. Jos. MÜLLER, Ein Beitrag zur Kenntnis der Bipaliiden. (Diese Zeitschr.
Bd. LXXII, S. 75—114, Taf. IV— VI) — Enthält die Beschreibungen
von Bip. wirile n. sp., graffe n. sp., böhmigi n. sp., phebe (?) var. trans-
versefasciatum n. v., megacephalum n. sp. und penzige n. sp.
1903. CAmıtLLo MELL, Die Landplanarien der madagassischen Subregion. (Ab-
handl. SENCKENB. nat. Ges., Bd. XX VII, S. 193— 236, Taf. XXX—XXX]1.)
— Enthält die Beschreibungen von Bip. tauw n. sp., brauni n. sp.,
grandidieri n. sp. und marenzelleri n. Sp.
1903. F. F. LAıpLaw, Report on the Land-Planarians. (Fasciculi Malayenses,
I, S. 115—116.) — Enthält die Beschreibung von Bipalium jalorense n. sp.
1905. Run. v. RiTTer-ZAHoNy, Landplanarien aus Java und Ceylon. (Mitteil.
aus dem naturh. Mus. Hamburg, XXII, S. 1653—200.) — Enthält die
Beschreibungen von Place. niger n. sp., pictus n. sp., kraepelini n. Sp.,
| Bip. weismanni n. sp. uud depressum n. sp.
1906. ADpoLF MEIXNER, Zwei neue Landplanarien. (Zool. Anz., Bd. XXIX
S. 665-671.) — Enthält die Beschreibung von Bip. natuennse n. sp.
418 Josef Müller,
(in dieser Zeitschr. Bd. LXXIII) verzeichneten, und es sei daher dies-
bezüglich auf die dortigen Angaben verwiesen. Ich bemerke nur, daß
die von mir untersuchten Exemplare entweder sehr schlecht oder nicht
besonders gut konserviert waren, so daß ich mich in den meisten
Fällen auf feinere histologische Details nicht einlassen konnte.
Für die freundliche Überlassung des Untersuchungsmaterials, so-
wie für die Erlaubnis, im zoolog. Institute der Grazer Universität die
Schnittserien anzufertigen, sei es mir gestattet, dem Vorstande des letz-
teren meinen wärmsten Dank auszusprechen. Herrn Prof. Dr. J. Corı
verdanke ich die Erlaubnis zur Benützung von Literatur aus der
Bibliothek der zoolog. Station in Triest. —
Bipalium sarasini nov. spec.
(Taf. XIX, Fig. 1—3.)
Ziemlich gedrungen gebaut, nach vorn schwach, nach hinten
fast geradlinig verengt. Kopfplatte mäßig groß, mit deutlich vor-
tretenden aber nur schwach nach hinten gezogenen Öhrchen.
Oberseite schwarz, nicht weit hinter der Kopfplatte mit einer
mäßig breiten, weißlichgelben Querbinde, die nach hinten in der
Mitte spitzwinkelig vorspringt und an den Seiten je einen fast bis
zum Hinterende reichenden Submarginalstreifen entsendet.
Die Unterseite erscheint (wenigstens in Alkohol) olivengrün mit
grauer Beimengung; die Seitenränder sind gelblich gefärbt, die von
einem sehr schwach hervortretenden, dunklen Saum umgebene Kriech-
leiste hat einen fast rein grauen Ton. Hinter der Halseinschnürung
greift die gelbliche Querbinde der Oberseite auf die Ventralseite über,
wird aber in der Mitte breit unterbrochen.
Die Körperlänge des einzigen mir vorliegenden lan
beträgt 17 mm, die Maximalbreite des Rumpfes fast 4mm; eben-
sobreit ist die Kopfplatte. Auf der etwa !/, der Körperbreite ein-
nehmenden Kriechleiste sind zwei in die Quere gezogene Öffnungen
zu sehen: etwa in der Mitte die Mundöffnung und 2,6 mm da-
hinter eine kleine Querspalte, die ich für den Geschlechtsporus halte.
Der Körperquerschnitt erscheint dorsal sehr schwach gewölbt,
ventral etwas dachförmig vortretend, seitlich schmal abgerundet.
Durch die schwarze Färbung des Kopfes und des vordersten
Körperabschnittes erinnert diese Art an Dip. haasei Graff (Turbell. II,
S. 438, Taf. XVIIL, Fig. 11) aus Bangkok. Doch ist bei dem letzt-
genannten auf der hell gefärbten Oberseite nur ein schwarzer, breiter
vorn einfach abgerundeter Medianstreif vorhanden.
Weitere Beiträge zur Kenntnis der Bipaliiden. 419
Fundort: Bantimurong (Süd-Celebes). Von P. u. F. SARASIN ge-
sammelt. — |
Bipalium wiesneri Graff.
(Monogr. Turbell. II, 437.)
Das von mir geschnittene, im nachstehenden beschriebene Exem-
plar war fast 16 mm lang bei einer Maximalbreite des Körpers (in
der Pharyngealregion) von 2 mm. Die Kopfbreite beträgt 2,9 mm,
die des Halses 1,8 mm; die Kriechleiste nimmt etwa !/;s der Körper-
breite ein. Die Mundöffnung ist fast ”mm vom Vorderende entfernt,
die Geschlechtsöffnung liegt 2 mm hinter der Mundöffnung.
Ein zweites Exemplar aus der Sammlung des zoolog. Instituts
der Universität Graz ist 15 mm lang bei einer Körperbreite von
1,7mm. Die Breite der Kopfplatte beträgt 2,5, die des Halses 1,5 mm;
die Kriechleiste ist 1/,; so breit als der Körper. Die Entfernung der
Mundöffnung vom Vorderende beträgt 7” mm, die des Geschlechtsporus
von der Mundöffnung 3 mm.
Daß bei dieser Species die Kriechleiste dunkler sei als der üb-
rise Teil der Bauchseite, wie v. GRAFF (Turbell. II, S. 438) angibt, kann
ich wenigstens bei den mir vorliegenden Spiritusexemplaren nicht
wahrnehmen; ja sie scheint eher etwas heller als die umgebende Bauch-
fläche gefärbt zu sein, was übrigens auch aus der von STRUBELL
nach dem Leben entworfenen Fig. 16 auf Taf. X der GrArrschen
Monogr. d. Turbell., II, hervorgeht.
Pharyngealapparat. Dieser ist am Ende der vorderen Körper-
hälfte gelegen und nimmt etwa 1/,;, der Gesamtlänge des Körpers
ein. In der Mitte der Pharyngealtasche befindet sich die Mundöffnung.
Nach seiner Form und Insertion kann der Pharynx am besten als
»kragenförmig« (GRAFF, Turbell. II, S. 99) bezeichnet werden.
Copulationsapparat. — Ziemlich genau in der Mitte des
Körpers, das Hinterende der Pharyngealtasche beinahe berührend
(vgl. Taf. XIX, Fig. 4 und 5), beginnt der Copulationsapparat, der sich
mit einer Länge von 1,7 mm nach hinten erstreckt und somit fast !/;,
der Gesamtlänge des Körpers einnimmt.
Die Geschlechtsöffnung (g) führt durch einen mäßig langen Gang
in das verhältnismäßig kleine und enge Atrium eommune (ac). Dieses
wird von einem auf der Ventralseite des Atriums eilientragenden
Plattenepithel ausgekleidet, welches nur gegen die Peripherie des
Atriums höher wird.
nv
420 Josef Müller,
Der von der dorsalen Seite her in das Atrium commune ein-
mündende Drüsengang (drg) ist ungefähr senkrecht zur Längsachse
des Körpers orientiert, in seinem oberen Teile sackartig ausgeweitet,
gegen die Mündung zu allmählich verschmälert. Die innere Aus-
kleidung erfolgt durch ein im unteren Teile etwa kubisches in der
oberen Ausweitung viel höheres Epithel, das stellenweise Cilien er-
kennen läßt. Wie gewöhnlich ziehen zum Drüsengang die mit Seeret
erfüllten Ausführgänge erythrophiler Drüsen.
Ziemlich kompliziert ist bei dieser Species die Muskulatur des
weiblichen Begattungsapparates, welche schematisch auf
Taf. XIX, Fig. 4, dargestellt ist. Der gesamte Drüsengang wird
zunächst von einer aus innig verflochtenen Längs- und Ringfasern
bestehenden Musecularis (drm) umgeben. Die übrige Muskulatur des
weiblichen Begattungsapparates ist nicht gleichmäßig um den Drüsen-
sang verteilt; es hat vielmehr eine Konzentration der Muskeln um
den unteren, engen Teil desselben stattgefunden, wodurch eine physio-
logische Differenzierung des Drüsenganges in zwei Abschnitte erfolgt
ist: einen oberen, sackartigen Teil, den Drüsengang im engeren Sinne
und einen unteren, röhrenförmigen, muskelreichen Abschnitt, den wir
analog wie bei Dip. virdle M.! als »Vagina« bezeichnen können.
Dieser eigen ist nun zunächst ein mächtiger Sphinetermuskel, der die
Vagina in ihrer ganzen Ausdehnung umschließt. Am Sphineter selbst
lassen sich zwei ziemlich scharf abgegrenzte Faserschichten unter-
scheiden: eine innere, der Vagina zunächst gelegene Schicht von
derben Muskelfasern (sph') und eine diese umfassende, äußere Hülle
von viel feineren, gewellten Ringfäserchen (sp%”)., Dieser doppelte
Sphinetermuskel wird wieder umgeben von der Muskelmasse des weib-
lichen Bulbus, die hauptsächlich aus dicken, vielfach verflochtenen
Längsfasern besteht, welche die dorsale Wandung des Atrium com-
mune mit dem Vaginalsphincter verbinden (zelm). Aber auch radiär
verlaufende Muskelelemente (wdm) sind im weiblichen Bulbus vor-
handen; sie spielen offenbar eine Rolle bei der Erweiterung der
Vagina und sind mithin als Antagonisten des Vaginalsphineters auf-
zufassen. Der Drüsengang im engeren Sinne wird bloß von einem
lockeren Geflecht von Muskelfasern verschiedener Richtung (Längs-,
Ring- nnd Diagonalfasern) umgeben (drm’).
Die Vereinigungs- und zugleich Einmündungsstelle der Oviducte
in den Drüsengang befindet sich an dessen dorsaler Wandung. Das
Epithel der Oviduete ist ringsherum von ziemlich gleicher Höhe.
1 Jos. Müruer, Bipaliiden (I. e.), 8. 91, Taf. V, Fie. 1.
Weitere Beiträge zur Kenntnis der Bipaliiden. 421
Der männliche Copulationsapparat ist mächtig entwickelt; er
nimmt weitaus den größten Teil des gesamten Copulationsapparates
ein, was ebenfalls an die Verhältnisse von .Bip. virıle (]. e.) gemahnt.
Das den kurzen, kegeligen Penis enthaltende Atrium masculinum
(Fig. 4 und 5 am) führt durch einen mäßig langen Ducetus maseulinus
in das Atrium ecommune. Das verschieden hohe Epithel des Atrium
masculinum bzw. Ductus masculinus ist an vielen Stellen von runden
Löchern durchbrochen, durch die sich das Seeret erythrophiler
Drüsen entleert. Eine mehrschiehtige Museularis, bestehend aus
zarten Ring- und Längsfasern, umgibt den Ductus und das Atrium
masculinum und biegt auf die äußere Wand des Penis über (Fig. 9 amm).
Von der Muskelmasse des weiblichen Copulationsapparates wird der
Ductus masculinus durch eine dünne Bindegewebshülle mit zahlreichen
Zellkernen (Fig. 5 dk) isoliert.
Äußerst interessante Verhältnisse bietet der Duetus ejaeulatorius.
Er zerfällt nach der Beschaffenheit seiner Wandung in zwei Ab-
schnitte: einen vorderen (proximalen), von einem hohen Epithel aus-
sekleideten Teil (Fig. 5 de’) und einen hinteren (distalen) mit eigen-
tümlichen Drüsentaschen versehenen Abschnitt (de’”).
Ein genaueres Bild des letztgenannten Abschnittes gibt uns Fig. 6
auf Taf. XIX. Hier sieht man zunächst das mit Cilien versehene Epithel
(ep), in dem ovale Kerne eingestreut sind. Mit dr sind die zahl-
- reichen Drüsentaschen bezeichnet, von denen eine in der. erwähnten
Figur ausmündet. Sie stehen so gedrängt, daß sie sich gegenseitig
abplatten. Was ihre Entstehung betrifft, so handelt es sich um Ein-
stülpungen des Duetus-Epithels.. Allerdings ist die epitheliale Aus-
kleidung der Drüsentaschen nunmehr durch das angesammelte Secret
stark deformiert und daher undeutlich; man erkennt aber wenigstens
hier und dort in dem Secretbelage an den Wandungen der Drüsen-
räume eingestreut die Kerne der zerstörten Epithelzellen. (Über das
Drüsenseeret und die Zuführgänge desselben siehe weiter unten.)
Das den vorderen Teil des Ductus ejaculatorius auskleidende
Epithel (Fig. 5 ep’) ist durch hier austretende, dicht gedrängte Secret-
stränge derartig durchbrochen, daß es auf Tangentialschnitten ein
netzartiges Aussehen darbietet. Die Zellkerne sind basal gelegen.
Stellenweise sind noch Cilien vorhanden.
Beide Abschnitte des Ductus ejaculatorius werden von einer
gemeinschaftlichen, ziemlich kräftigen Museularis (Fig. 4, 5 und 6 dem)
eingefaßt, die aus einem Geflecht von Longitudinal-, Diagonal- und
Circeulärfasern besteht. Außerhalb derselben befindet sich eine aus
499 Josef Müller,
zartem Bindegewebe, mit eingestreuten Ringfäserchen bestehende
Hülle (rf). Den Abschluß gegen das Körpermesenchym bildet eine
mächtige Lage longitudinaler Muskelfasern (bir), die die Eigenmusku-
latur des Bulbus penis darstellen.
Das in den Ductus ejaculatorius sich ergießende Secret stammt
wie gewöhnlich aus Drüsen, die im Körpermesenchym außerhalb des
Copulationsapparates gelegen sind. Von allen Seiten dringen die
Ausführungsgänge dieser Drüsen in den Bulbus penis ein, durch-
ziehen zunächst als äußerst zarte und daher nicht leicht sichtbare
Streifen die Längsmuskelschicht desselben und vereinigen sich bei
ihrem Austritt aus dieser Schicht zu diekeren Strängen, welche durch
die Ringfaserschicht hindurch in die Muscularis des Duetus ejacula-
torius eindringen (Fig. 6 sg). Hier biegen sie schräg nach hinten und
innen, um je nach der Lage entweder zu den Drüsentaschen zu ge-
langen, oder durch das hohe Epithel des vorderen Ductusabschnittes
hindurch sich direkt in diesen zu entleeren. Das Secret ist fein-
körnig und von blaßrötlicher Farbe.
Die Vasa deferentia vereinigen sich bei * in Fig. 4, an der
Grenze der Bulbusmuskulatur, zu einem ziemlich langen Ductus semi-
nalis (Fig. 4 ds), der in das vordere Ende des Ductus ejaculatorius
einmündet. Auch hierin stimmt die vorliegende Species mit Bep. virzle
überein, mit dem einzigen Unterschiede, daß bei der letztgenannten
Art der Ductus seminalis erheblich kürzer ist.
Bipalium interruptum Graff.
(Monogr. Turbell. II, S. 454.)
Von dieser Species wurden drei Exemplare in Schnittserien zer-
lest. Nur das größte, 13 mm lange Exemplar erwies sich als voll-
kommen geschlechtsreif, und wurde der unten folgenden Schilderung
des Copulationsapparates zugrunde gelegt. Ein etwas kleineres, etwa
li mm langes Individuum hatte noch nicht völlig ausgebildete Copu-
lationsorgane, aber immerhin so weit entwickelt, daß sich die Über-
einstimmung im Bau des Geschlechtsapparates mit dem erstgenannten
Exemplar feststellen ließ. Das dritte Exemplar war bloß 7,2 mm
lang; vom Copulationsapparat waren bloß die ersten Anlagen vor-
handen.
Die Mundöffnung ist vor, die Geschlechtsöffnung hinter der
Körpermitte gelegen; die Entfernung dieser beiden Öffnungen vonein-
ander beträgt bei großen Exemplaren 1,3—1,5 mm. Die Kriechleiste
ist /4—!/s so breit als der Körper.
Weitere Beiträge zur Kenntnis der Bipaliiden. 4923
Zur Augenstellung dieser Species möchte ich nur bemerken,
daß sich außer der Kopfrandzone und den Halsflecken einzelne Augen
über den ganzen Körper zerstreut (die Kriechleiste natürlich ausge-
nommen) vorfinden. Beachtenswert ist die Ausdehnung der dorsalen
Halsflecken bis zum dunklen Medianstreif, ein Verhalten, das an Bey.
phebe erinnert.
Pharyngealapparat. — Die etwa 1—!/; der Körperlänge
einnehmende Pharyngealtasche birgt einen kragenförmigen Pharynx
mit dorsaler Insertion im hinteren Drittel der Pharyngealtasche. Etwa
in der Mitte der letztgenannten, an ihrer unteren Wandung, bricht
die Mundöffnung durch.
Copulationsapparat. — Unmittelbar hinter dem Pharyngeal-
apparat, die hintere Aussackung der Pharyngealtasche beinahe be-
rührend, befindet sich der gedrungene Copulationsapparat, dessen
mächtige Muskelmassen sich beinahe gleich auf den männlichen und
weiblichen Abschnitt verteilen. Sowohl die Gesamtkonfiguration als
auch manche Details erinnern lebhaft an die Verhältnisse bei Bip.
penzige M.\.
Die Geschlechtsöffnung (Fig. 7 9) führt durch einen engen Copu-
lationskanal in das kleine Atrium commune (ac), an dessen dorsaler
Wandung dieht nebeneinander, aber doch deutlich durch eine schmale
Brücke getrennt, der männliche Copulationskanal und der Drüsengang
einmünden. Letzterer (dry) ist etwa senkrecht zur Längsachse des
Körpers gestellt und wird von einem mäßig hohen, schleimabson-
dernden Epithel ausgekleidet. Außer Schleim ergießt sich in den
Drüsengang auch das Secret erythrophiler Drüsen, die sich im Körper-
mesenchym vorfinden. ’
Die Muskulatur des weiblichen Öopulationsapparates
besteht aus einer mehrschichtigen, äußerst feinfaserigen Ringmuseu-
laris (drm) und den mächtigen, größtenteils längsverlaufenden Fasern
(wln) des weiblichen Bulbus, in dem der Drüsengang vollständig
eingebettet ist.
Die Oviducte (od) münden sehr nahe aneinander in den obersten
Abschnitt des Drüsenganges ein. In ihrem Verlauf bis etwa zum
Copulationsapparat ist das Cilienepithel ventral bedeutend höher als
dorsal, genau so wie bei Dip. penzigi M.?.
1 Jos. MÜLLER, Bipaliiden, 8. 85 ff., Taf. VI, Fig. 2.
are S. 955,Lat. VI, Riee 3
Zeitschrift f. wissensch, Zoologie. LXXXVI. Bd. \ 28
424 Josef Müller,
Das den langen, pfriemenförmig zulaufenden Penis (p) enthal-
tende Atrium masculinum (am) wird von einer zarten Ringmuscu-
laris umgeben, die sich gegen die Penisbasis etwas verstärkt. Der
Duetus ejaculatorius (de) ist im Basalteile des Penis mit zwei
taschenförmigen Einfaltungen des Epithels versehen, einer dorsalen
(dr') und einer ventralen (dr”), die durch eine im Medianschnitt zapfen-
artig erscheinende Brücke getrennt werden. Auch hierin bekundet
sich die Übereinstimmung mit Bip. penzigi M.\. Offenbar dienen
die beiden taschenförmigen Falten, so wie bei Dip. penzigi, zur Auf-
nahme des von Mesenchymdrüsen herstammenden erythrophilen Se-
cretes, das sich übrigens auch in den eigentlichen Duetus ejaeculatorius
direkt ergießt. In den Drüsentaschen ist das Epithel mäßig hoch,
es wird aber dann im Ductus ejaculatorius bedeutend höher und neigt
hier zur Zottenbildung, um gegen das Ende des Ausspritzungskanals
wieder an Höhe abzunehmen.
Die Penisbasis und ein Teil des Atrium masculinum werden von
der mächtig entwickelten Bulbusmuskulatur umgeben. Den ganzen
Copulationsapparat von der Dorsalseite umfassend ziehen längsver-
laufende, gemeinschaftliche Muskelfasern (gr).
Voneinander schmal getrennt, münden die Vasa deferentia
(vd) am freien Rande der zwischen den beiden Drüsentaschen ge-
legenen Gewebsbrücke aus.
Bipaliuim simrothi Loman.
(Notes from the Leyden Museum, XVII, 1895, S. 28; Bepalium simrothi Grafi
ex parte, Monogr. Turbell., II, S. 456, Taf. IX, Fig. 27 u. 28.)
Nachstehende Schilderung bezieht sich lediglich auf das von
GRAFF auf Taf. IX, Fig. 27 u. 28 seiner Monographie abgebildete
Exemplar. Die für eine »Varietät« des simrothi gehaltene, in Fig. 31
derselben Tafel dargestellte Form erwies sich nach Untersuchung des
Copulationsapparates als eine grundverschiedene Art, die weiter unten
unter dem Namen Bipahium distinguendum beschrieben werden soll.
Wohin die auf Taf. IX, Fig. 29 u. 30 abgebildete Form gehört, muß
erst eine spätere Untersuchung des Geschlechtsapparates entscheiden;
nach der Zeichnung ist es wahrscheinlich, daß sie sich als ein Bip.
distinguendum entpuppen wird. |
Bezüglich der äußeren Merkmale von Bip. simrothi sei nur be-
merkt, daß die Geschlechtsöffnung nicht so weit nach hinten ver-
schoben erscheint, als es in der Monogr. d. Turbell. II, Taf. IX, Fig. 28
ı Jos. Mürzer, 1. c. 8. 99, Taf. VI, Fig. 2t.
Weitere Beiträge zur Kenntnis der Bipaliiden. 425
dargestellt ist; sie liegt tatsächlich genau in der Mitte zwischen der
Mundöffnung und dem Hinterende.
Der Pharyngealapparat nimmt fast !/; der Körperlänge ein.
Er enthält einen typisch kragenförmigen, reich gefalteten Pharynx.
Copulationsapparat. — Etwa 0,6 mm vom Hinterende der
Pharyngealtasche entfernt, beginnt der Copulationsapparat (Taf. XX,
Fig. 7), der in mannigfacher Beziehung merkwürdige Verhältnisse
darbietet.
Der männliche und der weibliche Teil nehmen beiläufig den-
selben Raum ein und schmiegen sich eng aneinander. Die Geschlechts-
öffnung (9) führt in einen engen Gang, der wenigstens in seinem
oberen Teil als Atrium commune (ac) bezeichnet werden muß. Öhne
scharfe Grenze geht dieser Gang in einen reichgefalteten und mit
Seitentaschen versehenen drüsigen Raum (x) über, der seiner Lage
nach dem bei den marinen und Süßwassertrieladen als Uterus be-
zeichneten Abschnitt des weiblichen Copulationsapparates entspricht.
Ob es sich auch im vorliegenden Falle um einen Uterus im physio-
logischen Sinne handelt, kann ich nicht entscheiden. Ein Teil des
diesen Raum auskleidenden Flimmerepithels (in Fig. 7, Taf. XX,
schwarz gehalten) ist von eyanophilem Drüsensecret in Form von
länglichen oder rundlichen Klumpen dicht erfüllt, so daß von den
Epithelzellen selbst und deren Kernen fast nichts zu sehen ist. Ein
andrer Teil (in der erwähnten Figur doppelt konturiert) entbehrt jeder
Einlagerung eyanophilen Drüsensecretes und erscheint in den vor-
liegenden, mit Hämatoxylin-Eosin gefärbten Schnitten intensiv rot.
Die hier deutlich erkennbaren Epithelzellen sind schmal eylindrisch, mit
mittelständigem, länglichem Kern; ihr Basalteil erscheint eigentümlich
homogen und stark lichtbrechend. Der ganze in Rede stehende Raum
wird von einer aus äußerst zarten Ring- und Längsfasern bestehenden
Museularis umgeben !.
Ins Atrium commune mündet von hinten und oben her der
Drüsengang (drg) ein, der das Secret zahlreicher erythrophiler
Drüsen empfänst und scheinbar von einer lockeren Muscularis um-
geben wird. |
Die Oviducte (od) münden, von vorn und unten kommend, in
die Seitenteile des oberen Abschnittes des Drüsenganges ein. Ihr
Epithel ist ventral und dorsal von ziemlich gleicher Höhe; die Kerne
1 In Fig. 7 auf Taf. XX nicht eingezeichnet.
28*
426 Josef Müller,
der Epithelzellen erscheinen, namentlich an tangential geschnittenen
Stellen des Oviductes, länglich, stäbchenartig, bisweilen schwach ge-
knickt.
Der ganze weibliche Copulationsapparat wird von einem sehr
lockeren, von Bindegewebe reichlich durchsetzten Muskelgeflecht
(wm) umgeben.
Von der vorderen Seite des Atrium commune geht ein mit ein-
gesenktem Epithel versehenes Divertikel aus, welches den schräg
aufwärts ziehenden, männlichen Copulationskanal (cc) em-
pfängt. Dieser ist sowohl durch ein hohes Flimmerepithel als auch
durch besondere Hüllen scharf abgegrenzt. Dem Epithel unmittelbar
anliegend befindet sich eine feinfaserige Ringmuscularis (cem), um
diese in einiger Entfernung eine zweite Ringfaserhülle (cem’)1; da-
zwischen liegt eine zahlreiche Kerne enthaltende Bindegewebsschicht.
Das Atrium masculinum (am) wird von einem ziemlich homo-
genen, intensiv gefärbten Plattenepithel ausgekleidet. Das gleiche gilt
auch für das Epithel des sehr plumpen Penis (pj, mit Ausnahme
der Penisbasis, wo das Epithel bedeutend höher und von großen, un-
regelmäßigen Vacuolen durchsetzt ist. Von Cilien lassen sich sowohl
am Atrium als auch am Penis nur Spuren erkennen.
Der Ductus ejaculatorius (de) ist sackartig erweitert, sein
zottenartig vorspringendes Epithel dicht mit eosinophilem Drüsenseeret
erfüllt und durch dasselbe ganz zerstört. Im basalen Teil des Duc-
tus ıst das coagulierte Secret von zahlreichen, dichtstehenden Blasen
und Kanälen durchsetzt, und daher schwammartig, im apiealen Teil
dagegen körnig. Reichliche Spermamassen sind im Inneren des Duc-
tus ejaculatorius vorhanden und ebenso in einer mit diesem in Ver-
bindung stehenden Blase, die wir als Vesieula seminalis (vs) be-
zeichnen müssen. In diese münden, voneinander getrennt, die beiden
Vasa deferentia ein. |
Der Drüsengang und. die Vesicula seminalis liegen vollständig
im Penis i. e. S. eingebettet. Daß auch die Bulbusmuskulatur sich
srößtenteils in den Penis hineinerstreckt,. dürfte wohl damit zu-
sammenhängen, daß sich der männliche Copulationsapparat bei der
Fixierung im Ejaculationszustande befand.
Die Muskelfasern des männlichen Bulbus erscheinen wenig-
stens auf Sagittalschnitten sehr regelmäßig angeordnet: Lamellen
von längsverlaufenden Fasern (bir) wechseln ab mit Schichten von
quer oder schief durchschnittenen Fasern (bgqm). Bei der Penisbasis
! Siehe die nachträgliche Berichtigung auf S. 445.
>;
Weitere Beiträge zur Kenntnis der Bipaliiden. 427
vorbei ziehen durch die Bulbusmuskulatur zahlreiche Drüsenausführ-
sänge, die dem Ductus ejaculatorius zustreben (vgl. Taf. XX, Fig. 10).
Bipalium distinguendum nov. sp.
(Bipalium simrothi Grafi ex parte, Turbell. II, S. 457, Taf. IX,
Fig. 31.)
Wie bereits oben erwähnt, bezieht sich diese neue Art auf die
von GRAFF (Turbell. II, S. 457) für eine Farbenvarietät des Dip.
simrothr Lom. gehaltene und auf Taf. IX, Fig. 31 seiner Monographie
abgebildete Form. Die völlige Verschiedenheit derselben von sim-
rothi beweist die Anatomie des Copulationsapparates.
Zu den in der Grarrschen Monogr. d. Turbell. (l. ec.) erwähnten
äußerlichen Unterschieden kann ich noch hinzufügen, daß bei der
neuen Art die Kriechleiste nach vorn nur bis zum Vorderrande der
ersten dunklen Querbinde reicht, während sie sich bei semrothi deut-
lieh darüber hinaus erstreckt. Wenigstens verhalten sich so die
beiden mir vorgelesgenen Exemplare.
Der etwa !/, der Körperlänge erreichende Pharyngealapparat
birgt einen stark gefalteten, kragenförmigen Pharynx.
Copulationsapparat. — Die Geschlechtsöffnung (Taf. XIX,
Fig. 89) führt durch einen mäßig langen Copulationskanal in das
ziemlich ausgedehnte Atrium commune (ac), in dessen hinterem Teil
der gemeinsame Genitalwulst zwei zapfenartige Vorsprünge bildet;
einen größeren, durch den der langgestreckte, männliche Copulations-
kanal (ce) ausmündet, und einen kleineren, der vom Endteil des
Drüsenganges (drg) durchzogen wird.
Ein weiblicher, kompakter Muskelbulbus fehlt hier; der von
einem mäßig hohen Flimmerepithel ausgekleidete und von einer
Museularis umsponnene Drüsengang ist vielmehr im lockeren Muskel-
geflecht des weiblichen Copulationsapparates bzw. des gemeinsamen
Genitalwulstes (uvm) eingebettet.
Die Oviducte (od) verschmelzen am Ende (bei * *) zu einem
kurzen Eiergang, der in das oberste Ende des Drüsenganges ein-
mündet. Ihr Epithel ist in dem vor der Geschlechtsöffnung ge-
legenen Abschnitte ventral ein wenig höher als dorsal.
Das Atrium masculinum (am) sowie der männliche Copulations-
kanal (cc) werden von einer deutlichen, aus Ring- und Längsfasern
bestehenden Muscularis umgeben.
Der langgestreckte, röhrenförmige Ductus ejaculatorius (de) durch-
428 | Josef Müller,
zieht den ganzen Penis (p) und den größten Teil des Bulbus. Seine
mäßig hohe, nicht gefaltete Epithelschicht ist an ihrer dem Ductus
ejaculatorius zugekehrten Seite mit kugeligen oder länglichen Secret-
massen teilweise vollgepfropft, die wie gewöhnlich von außerhalb
des Copulationsapparates gelegenen Drüsen herstammen. Um den
Ductus ejaculatorius befindet sich im Bulbus penis eine ansehnliche
feinfaserige Ringmuskelschicht (rn), und zwischen dieser und dem
Ductus selbst eine dünne Schicht längsverlaufender Fasern, die wahr-
scheinlich bindegewebiger Natur sind (bg).
Die Bulbusmuskulatur besteht größtenteils aus diehten Längs-
fasern (bim), die sich teils an der Ringmuskelschicht des Ductus
ejaculatorius anheften, teils das Vorderende des Ductus umkreisen.
Die Vasa deferentia vereinigen sich bei * zu einem ziemlich langen
Ductus seminalis (ds).
Bipalium marginatum var. jansei.
(= Bipalium jamsei Graft, Turbell., I, S. 443.)
Diese auf Grund der Färbung als eigne Art beschriebene Land-
planarie erwies sich nach Untersuchung des Copulationsapparates als
eine Farbenvarietät von Dip. marginatum Loman, genauer als
eine Varietät jener Species, die GRAFF (Turbell., II, S. 420) nach
drei. Exemplaren aus Buitenzorg für Dip. marginatum Loman hält.
In allen wesentlichen Punkten stimmt der Oopulationsapparat
von Bip. jJanser mit jenem von Dip. marginatum überein, speziell
auch bezüglich des für die letztgenannte Species so charakteristischen
Ringmuskelgeflechtes um den Ductus ejaculatorius und der
in diesen vorspringenden Epithelzotten!. Daß bei dem vorliegen-
den Exemplar von Drp. janser der Ductus ejaculatorius nicht in
Schleifen gelegt ist, sondern ziemlich gerade verläuft, und daß das
Atrium commune durch den Genitalwulst stärker eingeengt erscheint
als bei dem in Textfig. 61 der Grarrschen Monographie abgebildeten
Exemplar, fällt nicht in die Wagschale, da dies individuelle Zufällig-
keiten sind, die von dem verschiedenen Contraetionszustande des
Tieres abhängen.
Nur einen scheinbaren Unterschied habe ich konstatieren können.
Bei Dip. Janser vereinigen sich nämlich die Vasa deferentia vor ihrem
Eintritt in den Duetus ejaculatorius zu einem kurzen, unpaaren »Duc-
tus seminalis«, während sie bei Dip. marginatum nach Textfig. 61
! Vgl. GRAFF, Turbell., I, Taf. XLII, Fig. 2.
Weitere Beiträge zur Kenntnis der Bipaliiden. 429
in GRAFFs Monographie separat in den Ausspritzungskanal einmün-
den. Ob nun dieser Unterschied tatsächlich besteht, oder ob etwa
der kurze Ductus seminalis bei Dip. marginatum übersehen wurde,
muß eine nachträgliche Untersuchung der letztgenannten Art ent-
scheiden. Aber auch im ersteren Falle würde dieser kleine Unter-
schied bei der sonstigen weitgehenden Übereinstimmung im
Baue des Copulationsapparates nicht genügen, um etwa Dip. janser
und marginatum spezifisch zu trennen!. Nicht unerwähnt soll auch
bleiben, daß die beiden in Rede stehenden Formen an demselben
Fundort (Buitenzorg auf Java) gesammelt wurden.
Zur Beschreibung des Copulationsapparates von Dib. marginatum
in der Grarrschen Monographie (S. 213) habe ich auf Grund der
Untersuchung der var. janser hinzuzufügen, daß auch hier im Körper-
mesenchym gelegene, schwach erythrophile Penisdrüsen vorhanden
sind, deren Ausführgänge in Form zarter Streifen die Bulbusmusku-
latur durchsetzen und sich durch die Epithelzotten hindurch in den
Duetus ejaculatorius entleeren. Die Auflösung des Ringmuskelge-
flechtes des Ductus ejaculatorius in sogenannte »Muskelreifen« (vgl.
Turbell. II, Taf. XLIH, Fig. 2 mr) wird eben dadurch bedingt, daß
die Ausführgänge der Penisdrüsen durch die Muskelschicht hin-
durchtreten.
Die Färbuug der Bauchseite der von mir geschnittenen Type des
Bip. (marginatum var.) jansei stimmt nicht mit Fig. 31 auf Taf. XU
(Turbell. II) überein; es ist fast nichts von den Farbendifferenzen
zu erkennen, die in obengenannter Figur dargestellt sind, die ganze
Ventralseite erscheint, mit Ausnahme der äußersten Ränder, die
braun sind, und der dunklen Halsfiecken, fast einfarbig weißgelb.
Es ist daher anzunehmen, daß die Färbung durch Einwirkung des
Alkohols ausgeblaßt ist.
Die Kriechleiste ist fast !/, so breit als der Körper. (In Fig. 31,
Taf. XI, Turbell. II, ist sie entschieden zu schmal dargestellt.)
Nach Aufhellung der vorliegenden Type in Zedernholzöl, konnte
man am Kopfrande eine Zone äußerst dicht stehender, kleiner Augen
wahrnehmen, von denen sich aber nur sehr wenige auf die Dorsal-
fläche der Öhrchen erstreckten. Ventral ist jederseits ein dichter
»Halsfleck« vorhanden, der sich am Hinterrande der Öhrchen bis zu
1 Nach Fertigstellung dieser Zeilen konnte ich in Graz die GRAFFschen
Präparate des Bip. marginatum untersuchen und fand, daß auch bei diesem ein
unpaarer Ductus seminalis vorhanden ist, womit die völlige Übereinstimmung
mit jansei erwiesen ist.
430 | Josef Müller,
deren Spitze fortsetzt. Von dorsalen »Halsflecken« war nichts zu
erkennen. | |
Einzelne, sehr zerstreute Augen finden sich in den seitlichen
Partien der Ventralfläche fast bis zum Hinterende des Körpers.
Der Pharyngealapparat hatte nach dem aufgehellten Exemplar
eine Länge von 12 mm.
Bipalium strubelli Graff.
(Monogr. Turbell., II, S. 440.)
Das von mir anatomisch untersuchte Exemplar aus der Samm-
lung des Zool. Instituts in Graz war 33,9 mm lang. Die Mundöffnung
befand sich 20 mm, die Geschlechtsöffnung 25,2 mm vom Vorderende
entfernt. Die Kopfbreite betrug 7,5 mm, die Halsbreite 3,9 mm, die
Maximalbreite des Rumpfes 5,2 mm und seine Höhe 2,2 mm.
Die Zeichnung der Oberseite entsprach genau der Fig. 14 auf
Taf. XI der Monogr. Turbell. II; nur scheint die Färbung durch den
Einfluß des Alkohols ausgeblaßt zu sein. Die dunklen Zeichnungen
waren nämlich nicht schwarz, sondern heller oder dunkler braun und
die feinen braunen Flecken waren ganz geschwunden!. Die Grund-
farbe war nicht mehr gelb (wie GRAFF in seiner Monogr. I, 440 be-
schreibt) sondern weißlich. Die Ventralseite war fast einfarbig weiß-
lichgelb, die Kriechleiste kaum heller.
Der Pharyngealapparat nimmt über !/, der Körperlänge ein;
der Pharynx ist typisch kragenförmig.
Copulationsapparat. — Bereits GRAFF? hat auf Grund äußerer
Merkmale die nahen Beziehungen dieser Species zu Dip. marginatum
hervorgehoben. Daß dieselben auch im inneren Bau begründet sind,
beweist die Morphologie des Copulationsapparates (Taf. XX, Fig. 1),
der entschieden dem marginatum-Typus angehört.
Allgemeine Merkmale dieses Typus sind: ein mehr oder
minder langgestreckter, männlicher Bulbus; ein ebenfalls langge-
streckter, röhrenförmiger, mit vorspringenden Epithelzotten versehener
Duetus ejaculatorius; um diesen eine Ringmuscularis, dann eine Binde-
sewebsschicht und außerhalb derselben wieder eine ansehnliche Ring-
muskelhülle, die von den Ausführgängen der Penisdrüsen durchzogen
ı Bei einem zweiten Exemplar aus der Grazer Sammlung haben sich hingegen
diese Fleckehen deutlich erhalten und auch die Längsstreifen der Dorsalseite
sind viel dunkler als beim oben besprochenen Exemplar, fast schwarz.
2 Turbell., II, S. 420.
Weitere Beiträge zur Kenntnis der Bipaliiden. 431
wird und dadurch auf Längsschnitten mehr oder minder deutlich in
einzelne Faserbündel (»Muskelreifen«) zerlegt erscheint, die aber in
ihrem weiteren Verlauf um den Ductus ejaculatorius miteinander ana-
stomosieren!. Drüsengang nach hinten geneigt, mit hohem, zotten-
‘oder leistenartig vorspringendem Epithel. Schließlich sei erwähnt das
Vorhandensein eines Ductus seminalis und der Mangel eines kom-
pakten weiblichen Bulbus.
Zu diesem Typus gehören: Bipahum marginatum, strubelli, ri-
gaudıi und haberlandti. Der letztere weicht nur insofern etwas ab,
als das Epithel des Ductus ejaculatorius keine deutliche Zottenbildung
aufweist. Sonst treten alle die für den marginatum-Typus charakte-
ristischen Merkmale gerade bei haberlandti in besonders prägnanter
Ausbildung hervor.
Was nun speziell den Copulationsapparat von Dep. strubelli be-
trifft, so kann ich mich darauf beschränken, auf die Unterschiede,
die zwischen ihm und marginatum bestehen, hinzuweisen; die ana-
tomischen Verhältnisse des letztgenannten, speziell seines Copulations-
apparates, sind in der GrArrschen Monogr. d. Turbell. II, S. 213,
Textfig. 61, dargestellt.
Vor allem fällt die relative Größendifferenz des Copulations-
apparates auf; bei strubelli (Taf. XX, Fig. 1) nimmt derselbe etwa
ein Drittel, bei marginatum (GRAFF, Turbell. II, Textfig. 61) den
- größten Teil der Körperdicke ein. Der Duetus ejaculatorius verläuft
hier wie dort in horizontalen Schleifen?; doch sind die denselben
umgebenden Hüllen, die Bindegewebshülle (dg) und die äußere Ring-
faserschicht (mrm) bei Dip. strubelli viel weniger scharf voneinander
seschieden; auch zeigt die letztgenannte lange nicht so deutlich die
Zerlegung in Faserbündel, wie bei Dip. marginatum. Schließlich ist
der Bulbus penis bei Dip. strubeli ärmer an Muskelelementen und
daher lockerer.
Bipalium rigaudi Graff.
(Monogr. Turbell., II, S. 441.)
Augenstellung. — Auf der Kopfplatte sind die Augen in
einer dichten Randzone angeordnet, die nach innen zu allmählich
1 Zur besseren Illustrierung dieser Verhältnisse sei auf Taf. XLI, Fig. 1—3
und Taf. XLII, Fig. 2 der GrAarrschen Monogr. der Turbell., II, verwiesen, wo
verschiedene Schnitte durch den Copulationsapparat von Dip. marginatum und
haberlandti abgebildet sind. Diese beiden Arten zeigen nämlich die sog.
»Muskelreifen< aufs deutlichste.
2 In Fig. 1 auf Taf. XX nicht dargestellt.
4323 Josef Müller,
lockerer wird; einzelne Augen reichen bis in die Nähe des schwarzen
Querbandes. Die Öhrchen selbst sind so ziemlich in ihrer ganzen
Ausdehnung mit Augen bestreut. Die beiden aus äußerst dicht ge-
drängten Augen bestehenden Halsflecken befinden sich auf der ven-
tralen Seite des Körpers, unmittelbar hinter den Öhrehen; nach hinten
lockern sie sich allmählich auf, wobei einzelne Augen in den seit-
lichen Partien der Ventralfläche fast bis zum Hinterende des Körpers
verfolgt werden können.
Copulationsapparat. — Wie bei der Besprechung der vorigen
Species erwähnt wurde, gehört auch Dip. rigaudi seinem Copula-
tionsapparat nach zum marginatum-Typus. Die hauptsächlichsten
Unterschiede der vorliegenden Art von Dip. marginatum im Bau der
Copulationsorgane sind folgende.
Der ziemlich gerade verlaufende Ductus ejaculatorius (Taf. XX,
Fig. 2 de) ist von einem Epithel ausgekleidet, das etwas verschieden
gestaltete leistenartige Vorsprünge bildet. Dies rührt davon her, daß
sich hier die den Ductus ejaculatorius umgebende Bindegewebshülle
(bg) in die vorspringenden Leisten hineinerstreckt, während bei Dip.
marginatum nur das Epithel an der Leistenbildung beteiligt ist.
Auch sind die Vorsprünge nicht über den ganzen Duetus ejaculatorius
verteilt, sondern hauptsächlich im hinteren Abschnitt desselben aus-
gebildet. Der vordere, ausgesprochener Faltenbildungen entbehrende
Abschnitt ist dafür von einer verhältnismäßig starken Ringmuseularis
umgeben, die sich auf den ziemlich langen Ductus seminalis (ds) fort-
setzt. Die den ganzen Ductus ejaculatorius umgebende, äußere
Rinsmuskelhülle (mrm) ist gegen die Längsfaserschicht (bl)
weniger scharf abgegrenzt und weniger regelmäßig in Faserbündel
zerlegt.
Besonders charakteristisch für diese Art scheint der Besitz von
muskulösen Drüsenorganen zu sein, die vom Genitalwulste aus
papillenartig in das Atrium commune vorspringen und eosinophiles
Drüsensecret durch einen engen Spalt ins Atrium ergießen. Das eine
Drüsenorgan (Fig. 2 mdr) liegt unmittelbar hinter der Ausmündungs-
stelle des Drüsenganges; zwei andre (in der zitierten Figur nicht ein-
gezeichnete) befinden sich zu beiden Seiten des Endabschnittes des
männlichen Copulationskanalas.
Diese muskulösen Drüsenorgane von Dip. rigaudı erinnern sehr
an die bei Artioposthia vorkommenden, als Adenodactylen bezeich-
Weitere Beiträge zur Kenntnis der Bipaliiden. 433
neten Organe!; nur sind sie bedeutend kürzer als diese, und scheinen
auch histologisch nicht genau übereinzustimmen.
Drüsige Gebilde von kugeliger oder länglicher Gestalt, die sich
im gemeinsamen Genitalwulst befinden und durch einen Spalt ins
Atrium commune einmünden, habe ich in dieser Zeitschr. Bd. LXXII,
S. 89, bei Bipalium graffi und böhmige beschrieben. Diese hier auf-
tretenden Organe, die ich mit dem Namen »Adenocysten« be-
zeichnen möchte, unterscheiden sich von den Drüsenorganen des
bip. rigaudi eigentlich nur dadurch, daß sie nicht zapfenartig vor-
springen. Es liegt der Gedanke nahe, daß die Adenocysten eine
phylogenetische Vorstufe der bei Bip. rigaudi auftretenden papillen-
artig vorspringenden Drüsenorgane darstellen, und daß auch die
echten Adenodactylen von Artioposthia von Adenocysten abzuleiten
sind.
Bipalium adensameri Graff.
(Monogr. Turbell., II, S. 431.)
Mir lag die einzige vorhandene Type dieses bipalium vor. Die
Untersuchung derselben gibt mir Veranlassung zu folgenden Ergän-
zungen bzw. Berichtigungen der Originalbeschreibung. Die Entfernung
der Mundöffnung vom Vorderende des Körpers beträgt 12 mm, die
der Geschlechtsöffnung vom Vorderende 19,6 mm. Die Kopfplatte
ist 5 mm breit und ebensoviel beträgt die Maximalbreite des Rumpfes.
Die Querschnittsform des Körpers ist rein elliptisch, Rücken- und
Bauchseite sind also gleichmäßig gewölbt; die Kriechleiste tritt nur
wenig vor.
Die Augen bilden eine lockere Kopfrandzone, ferner jederseits
in der Halsregion einen dorso-latero-ventralen Halsfleck, der sich mit
einzelnen zerstreuten Augen auf die Dorsalseite der Öhrchen fortsetzt.
Von den Halsflecken an lassen sich einzelne Augen in den Seiten-
partien des Körpers bis zum Hinterende verfolgen.
Copulationsapparat. — Charakteristisch für diese Species
ist das Vorhandensein eines verhältnismäßig großen Darmabschnittes
unmittelbar vor dem Copulationsapparat. Durch diesen Darmabschnitt
wird die große Lücke zwischen dem Pharyngeal- und dem Copula-
tionsapparat (etwa 3,2 mm) vollständig, auch in der Medianebene
des Körpers, ausgefüllt.
1 GRAFF, Turbell., I, S. 179 ft.
434 | Josef Müller,
Der Geschlechtsapparat (Taf. XX, Fig. 4) ist auf den ersten
Blick dadurch gekennzeichnet, daß außer dem männlichen auch ein
weiblicher, kompakter Bulbus vorhanden ist, der den männlichen
Bulbus nicht berührt!.
Der Drüsengang (drg) ist langgestreckt, fast überall von gleicher
Breite und wird von einem verhältnismäßig niedrigen, eilientragenden
Epithel ausgekleidet. Eine ziemlich dieke, aus sehr feinen Fäserchen
bestehende Ringmuskelschicht (drm) umgibt den ganzen Drüsengang,
der außerdem noch in der Muskelmasse des etwa rundlichen, weib-
lichen Bulbus (wm) eingebettet liegt. Die Beschaffenheit und gegen-
seitige Lagerung der Muskelfasern des weiblichen Bulbus veran-
schaulicht Fig. 9 auf Taf. XIX. Die eingezeichneten Kerne sind
Bindegewebskerne, die in der Muskelmasse eingestreut sind. Außer-
dem sieht man darin äußerst feine, ziemlich parallel verlaufende, in
der Figur rot gezeichnete Fäden; es sind dies feine Secretzüge ery-
throphiler Drüsen, die durch die Muskelmasse hindurch dem Drüsen-
gang zustreben.
Das Atrium masculinum (a”) mündet getrennt vom Drüsen-
gang in das Atrium commune ein. Es wird von einer sehr deut-
lichen Museularis umgeben, die aus einer inneren (d. h. der Atrium-
höhle zugewandten), mehrfachen Ringfaserschicht und einer äußeren
Längsfaserschicht besteht.
Der Duetus ejaculatorius (de) ist durchweg einfach, röhren-
förmig und auf den konischen Penis (p) beschränkt. Sein verhältnis-
mäßig niederes Flimmerepithel wird von einer Ringmuscularis um-
geben und diese ihrerseits von einer hellen, bindegewebigen, im
vorderen Teile des Ductus von Ringfasern durchsetzten Schicht.
Außerhalb derselben befindet sich wiederum eine Muskelhülle (mrn)
aus Ringfasern bestehend, welche durch schiefe Spalten in einzelne,
miteinander anastomosierende Bündel zerlegt erscheint.
In Form einer Halbkugel umfaßt der männliche Bulbus die
Basis des Penis. Regelmäßig wechseln Längsfaserlamellen mit quer
oder schief verlaufenden Faserbündeln ab.. So entsteht eine kom-
pakte Muskelmasse (b»n), die nur gegen die Penisbasis von den aus
dem Körpermesenchym hereinziehenden Drüsenausführgängen durch-
brochen wird.
ı Ein kompakter weiblicher Muskelbulbus ist auch bei Dep. inierruptum
(vgl. diese Abhandlung, S. 423, Taf. XIX, Fig. 7) und bei Dip. penzigi (vgl.
diese Zeitschr., Bd. LXXIIL, Taf. VI, Fig. 2) vorhanden, doch berührt er hier
den männlichen Bulbus.
Weitere Beiträge zur Kenntnis der Bipaliiden. 435
Die Vasa deferentia vereinigen sich zu einem kurzen Ductus
seminalis (ds), der in den Ductus ejaculatorius hineinführt. Die Ovi-
ducte (ov), deren Epithel überall ziemlich gleich hoch ist, münden
dicht nebeneinander in den obersten Teil des Drüsenganges.
Bipalium semperi (Graff).
(Placocephalus sempert Graff, Turbell., I, S. 474.)
Das von mir geschnittene Exemplar aus der Grazer Instituts-
Sammlung war etwa 90 mm lang, bei einer Maximalbreite von 5 mm.
Die Breite der Kopfplatte beträgt 3,5 mm, jene des Halses 3 mm, die
Entfernung der Mundöffnung vom Vorderende 40 mm, jene der Ge-
schlechtsöffnung vom Vorderende 64 mm. Die Kriechleiste nimmt
etwa 1/, der Körperbreite ein.
Die Rückenfarbe ist bräunlichgelb, ohne Spuren von Längs-
streifen!. Die Seitenteile des Bauches sind ebenso wie die Dorsal-
seite gefärbt; gegen die weibliche Kriechleiste zu wird hingegen die
Färbung dunkler, so daß jederseits der Kriechleiste ein fast ebenso
breiter, schwärzlicher Streif zustande kommt.
Ein zweites in der genannten Sammlung vorhandenes Exemplar
ist 120 mm lang bei einer Maximalbreite des Körpers von 5 mm.
Die Mundöffnung liest 50 mm und die Geschlechtsöffnung 83 mm
hinter dem Vorderende. Der Körper ist heller als beim ersten Exem-
plar, von gelblicher Farbe; zu beiden Seiten der Kriechleiste sind
ebenfalls die charakteristischen schwärzlichen Längsstreifen vorhanden.
Von den beiden der typischen Form des Dip. semperi zukommenden
dunklen Dorsallinien waren nur bei entsprechender Aufhellung Spuren
zu erkennen.
Augenstellung. — Die schmale Kopfrandzone verbreitet sich
über die Öhrchen, indem sie zugleich lockerer wird, und greift auf die
Halsregion über, wo sie zwei kleine, aus wenigen Augen bestehende,
seitliche Halsflecken bildet. Beim zweiten, heller gefärbten Exemplar
konnte man sehen, daß die beiden schmalen Halsflecken nach hinten
allmählich lockerer werden, wobei einzelne Augen in den Seitenteilen
‚des Körpers fast bis zum Schwanzende zu verfolgen waren.
Copulationsapparat. — Wie bei der vorigen Species, ist
zwischeu Pharynx und Copulationsapparat ein großer Darmabschnitt
1 Dieses Exemplar gehört somit der in der GrAFFschen Monogr. Turbell.,
II, S. 475 erwähnten Varietät des Beip. semperi an.
4536 | Josef Müller,
eingeschaltet. Im Bau der Copulationsorgane herrscht ebenfalls eine
weitgehende Übereinstimmung mit der vorigen Art, was auch aus
dem Vergleich der Fig. 4 u. 5 auf Taf. XX sofort hervorgehen dürfte.
Ich kann mich daher darauf beschränken, auf die geringen Unter-
schiede, die im Bau der Begattungsorgane von Dip. semperi und
adensameri bestehen, hinzuweisen.
Um den Ductus ejaculatorius sind nicht alle jene verschiedenen
Hüllen (Ringmuscularis, Bindegewebshülle, äußere Ringmuskelschicht)
zu erkennen, wie sie uns bei Dip. adensameri entgegentreten; der
Ausspritzungskanal ist vielmehr in einer die Form des Penis nach-
ahmenden Ringmuskelhülle (rn) eingeschlossen. Ferner sind auch
in der Verteilung und Anordnung der. Faserbündel im Bulbus penis
gewisse Unterschiede vorhanden, die sich aber schwer definieren
lassen. Das Epithel der Oviducte ist in dem vor der Geschlechts-
öffnung gelegenen Abschnitt nicht überall gleichartig: dorsal ist es
niedrig und infolge der Tingierung durchweg rötlich gefärbt, ventral
hingegen fast doppelt so hoch und nach außen fast farblos, so daß
die basal gelegenen Kerne auf hellem Grunde scharf abstechen. Daß
die Epithelzellen des Drüsenganges viel höher sind als bei der vorigen
Species und in das Lumen des Drüsenganges keulenförmig vortreten,
hängt wohl damit zusammen, daß beim vorliegenden Exemplar das
Drüsensecret reichlicher vorhanden ist und die Epithelzellen vorwölbt;
auch sind im Zusammenhange damit die den weiblichen Bulbus durch-
ziehenden Secretstränge teilweise bedeutend breiter.
Verschiedenheiten, die die Form des Atrium commune und den
Verlauf des männlichen Copulationskanals betreffen, sind aus dem
Vergleich der Fig. 4 u.5 auf Taf. XX zu erkennen, doch ist es sehr
wahrscheinlich, daß sie bloß durch verschiedene Contractionszustände
hervorgerufen wurden.
Bipalium negritorum Graff.
(Monogr. Turbell., II, S. 433.)
Das der nachstehenden Schilderung .zugrunde gelegte etwa
78 mm lange Exemplar ist das größte, welches GRAFF in der Origi-
nalbeschreibung erwähnt!.
! In der Grazer Sammlung befindet sich noch ein viel kleineres (29 mm
langes) Exemplar, welches äußerlich mit dem großen genau übereinstimmt. Trotz
der relativen Kleinheit dieses Individuums war die Geschlechtsöffnung deutlich
zu erkennen, und bei entsprechender Aufhellung konnte man auch den Copu-
lationsapparat durchschimmern sehen.
Weitere Beiträge zur Kenntnis der Bipaliiden. A337
Charakteristisch für diese Species ist der Farbenkontrast der
weißlichgelben, sehr breiten Kriechleiste mit der übrigen gleich-
mäßig braun pigmentierten Körperfläche. Die Kriechleiste nimmt
fast ein Drittel der Körperbreite ein.
Augenstellung. — Eine nach innen ziemlich scharf abgesetzte
Randzone umgibt die Kopfplatte; die Augen stehen darin sehr dicht,
namentlich gegen die Sinneskante, so daß sie hier kaum ausein-
anderzuhalten sind. Ferner sind zwei ventrale Halsflecken vorhanden,
die unmittelbar hinter den Öhrchen beginnend, ungefähr das äußerste
Fünftel der Ventralseite einnehmen und deren Augen nirgends so
dieht stehen, daß die betreffenden Stellen wie bei vielen andern
Arten dunkel erscheinen würden. Diese ventralen Halsflecken biegen
mit einzelnen Augen auf die Dorsalseite der Halsregion über, um von
hier aus je einen dorsolateralen Augenhaufen zu bilden, welcher der
Hauptsache nach an der Umbiegungsstelle der Öhrchen in die Hals-
region gelegen ist und sich in die Öhrchen hineinstreekt. Auch hier
stehen die Augen wie in den ventralen Halsflecken ziemlich spärlich.
Von den letzteren aus konnte ich bei dem kleinen, in der Fußnote
erwähnten Exemplar einzelne Augen in den Seitenteilen des Körpers
weit nach hinten verfolgen.
Pharyngealapparat. — Auffallend ist die relative Länge des-
selben: sie beträgt etwa ein Viertel der Gesamtlänge des Körpers!.
Die Pharyngealfalte muß ihrer dorsalen Insertion nach als »kragen-
förmig« bezeichnet werden.
Copulationsapparat. — Unmittelbar hinter der Pharyngeal-
tasche befindet sich der Copulationsapparat (Taf. XX, Fig. 3)2, der in
mancher Beziehung eine gewisse Ähnlichkeit mit jenem von Bip.
adensameri und semperi aufweist. Wie bei diesen ist auch hier der
Duetus ejaculatorius (de) einfach, röhrenförmig und auf den Penis im
engeren Sinne beschränkt; die Vasa deferentia bilden ebenfalls einen
kurzen Ductus seminalis (ds) und um den von einer Ringmuscularis
‚umsebenen Drüsengang bildet die Muskulatur des weiblichen Copu-
lationsapparates (wm) eine Art Bulbus, der allerdings erheblich
lockerer und feinfaseriger als bei den genannten Arten ist.
1 Über ‘die relative Länge des Pharyngealapparates bei einigen andern
Bipaliiden vgl. diese Zeitschr., Bd. LXXIII, S. 108.
2 Siehe die nachträgliche Berichtigung auf S. 445.
438 | Josef Müller,
Zum Unterschiede von Dip. adensameri und semperi ist bei der
vorliegenden Species um den männlichen Copulationskanal (ce) eine
zwar feinfaserige aber erheblich breitere Ringmuseularis (cem) vor-
handen, während die Längsfasern hier zurücktreten. Das Atrium
masculinum im engeren Sinne (am) hingegen ist von einer schwachen
Ring- und Längsmuscularis umgeben. Der Bulbus penis hat eine
etwas birnförmige Gestalt; seine Muskelmasse (bm) besteht größten-
teils aus Längsfaserbündeln, zwischen denen quer und schief gerich-
tete Faserbündel verlaufen. Der Ductus ejaculatorius wird von einer :
außerordentlich feinfaserigen, ziemlich ansehnlichen Ringmuskelhülle
(mrm) umgeben; außerdem scheint aber auch eine unmittelbar dem
Ductusepithel anliegende, zarte Ringmuscularis vorhanden zu sein.
| Der männliche Copulationskanal und der Drüsengang münden
nebeneinander durch getrennte Öffnungen in das Atrium commune
(ac) ein. Die Oviducte biegen wie gewöhnlich in ihrem Endteil zum
Drüsengang herab und treten an demselben Punkte in diesen ein.
Ihr Epithel ist in dem vor der Geschlechtsöffnung gelegenen Abschnitt
ventral höher als dorsal.
Bipalium gestroi Graff.
(Ann. Mus. eiv. di Genova, Vol. XIV, 1894, S. 424.)
Das mir vorliegende Exemplar aus der Grazer Sammlung ist
sehr schlecht konserviert, stark eingerollt und läßt nichts von den
drei Fleckenpaaren erkennen, welche das in der GrArrschen Monogr.
d. Turbell. I, 8. 455 beschriebene und auf Taf. XII, Fig. 27 ab-
gebildete Exemplar besaß. Charakteristisch ist der einfarbige, nur
spärlich pigmentierte Kopf, die ebenso wie die Dorsalseite dunkel
gefärbte Bauchseite und die durch ihre helle Farbe scharf hervor-
tretende Kriechleiste.
Die Körperlänge des von mir untersuchten Individuums läßt sich
nicht genau angeben, da es stark zusammengerollt ist; sie dürfte
beiläuig 13 mm betragen. Der Körper ist ziemlich parallelseitig,
2,9 mm breit; die Verjüngung gegen das Schwanzende beginnt im
hinteren Drittel. Die Entfernung der Mundöffnung vom Vorderende
beträgt 7 mm, die der Geschlechtsöffnung von der Mundöffnung 2 mm.
Die Kriechleiste ist in der Mitte !/,, in der Halsregion !/; so breit
als der Körper. Die Sinneskante tritt als eine weibliche Randlinie
auf der Unterseite des Kopfes sehr scharf hervor.
Auf der Kopfplatte war bei Aufhellung in Zedernholzöl nur eine
Randzone von Augen zu sehen, wie GRAFF angibt.
Weitere Beiträge zur Kenntnis der Bipaliiden. ; 439
Copulationsapparat. — Auffallend ist hier die Form des
Drüsenganges, der in eine obere, abgeplattete Tasche, den Drüsen-
gang im engeren Sinne (Taf. XX, Fig. 6 drg) und eine schlauch-
förmige Vagina (vg) zerfällt. Allerdings scheint hier die schärfere
Abgrenzung dieser beiden Teile durch die starke Einrollung des
Tieres und den dadurch verursachten dorsalen Druck begünstigt
worden zu sein. Doch dürfte auch sonst die Abgrenzung möglich
sein, da der Drüsengang im engeren Sinne über dem eigentlichen
Muskelgeflecht des weiblichen Copulationsapparates liegt; nur die
gemeinsame Faserschicht des Copulationsapparates umfaßt auch diesen
Abschnitt.
Die Oviducte (od) münden von der Seite und unten her in den
hinteren Abschnitt des Drüsenganges. Ihr Epithel ist dorsal und
ventral von gleicher Höhe.
Der Duetus ejaculatorius scheint eine sehr komplizierte
Faltung seiner Wandung aufzuweisen. Soweit ich am vorliegenden,
schlecht konservierten Exemplar, dessen Penis noch dazu schief liegt,
erkennen konnte, dürfte der Ductus ejaculatorius in einen centralen
(de) und einen peripheren Raum (de”) zerfallen. Letzterer scheint
durch Septen in einzelne Taschen gesondert zu sein. Sämtliche
Räume des Duetus ejaculatorius sind noch außerdem gefaltet! und
von einem durch das reichlich austretende Drüsensecret fast gänzlich
_ zerstörten Epithel ausgekleidet.
Die Muskulatur des verhältnismäßig kleinen Bulbus penis (bm)
besteht aus Längsfaserbündeln mit dazwischen gelegenen, schief oder
quer verlaufenden Fasern. I
Die Vasa deferentia (vd) münden sehr nahe aneinander in
den Ductus ejaculatorius. Unmittelbar davor erweitern sie sich (jedes
für sich) zu einer Vesicula seminalis.
1 In der halbschematischen Fig. 6 auf Taf. XX nicht dargestellt.
Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. 29
440 | Josef Müller,
Bestimmungstabelle der seit Erscheinen der Graffschen Monographie
der Turbellarien neu beschriebenen Bipaliiden', |
(Durch ein * wurden jene Arten gekennzeichnet, deren Copulationsorgane
bisher beschrieben wurden.)
1. Dorsalseite gelblich, nur an den Rändern schwarz; in der hin-
teren Körperhälfte eine hell rostrote, in der Mitte unterbrochene
Querbinde. — Fundort: Perak, Gunong Inas (Malay Peninsula).
— (Diese Zeitschr., Bd. LXXIH, S. 81, Taf. IV, Fig. 4 u. 4a.)
Bip. phebe (?) var. transversefasciatum Jos. Müll.
— Dorsalseite anders ‘gefärbt . ... 2.2 22.2 vers 2
2. Kopfplatte einfarbig? oder höchstens mit unregelmäßiger Spren-
kelung:: ....2=.. ua see 2 ST,
3. Dorsalseite schwarz, mit zwei gelblichen Submarginalstreifen und
einer gelblichen Querbinde nicht weit hinter der Kopfplatte. —
Fundort: Bantimurong (Celebes). — (Diese Zeitschr., Bd.
LXXXVIL, S. 418, Taf. XIX, Fig. 1-3.) Bip.sarasini Jos. Müll.
— Dorsalseite ohne gelbliche Submarginalstreifen und ohne Quer-
binde hinter der Kopfplattez . . > 2 2 a!
4. Dorsalseite mit einem hellen Medianstreifen und zwei schmalen,
schwarz eingesäumten hellen Querbinden; hinter diesen je ein
Querfleckenpaar. — Fundort: Buitenzorg (Java). — (Diese
Zeitschr., Bd. LXXIII, 1902, S. 233, Taf. IV, Fig. 6, 6a u. 65.)
* Bip. penzigi Jos. Müll.
— Dorsalseite ohne Querbinden oder Fleckenpaare, höchstens mit
zahlreichen, dichtgedrängten Querstrichelchen (.Brp.braun.Mell. 5
i Zu den in den letzten Jahren beschriebenen Arten gehört auch Bipalkum
jelorense Laidlaw, von dem leider keine Abbildung publiziert wurde. Nach der
Originalbeschreibung soll es etwa folgende Merkmale aufweisen. Die Oberseite
des Körpers in den seitlichen Partien lebhaft gelb, in der Mitte mit einem
breiten dunklen Band, das an den Rändern fast schwarz ist, und gegen die
Mittellinie allmählich heller wird. Die seitlichen Teile der Ventralfläche eben-
falls gelb, weiter nach innen je eine schwarze Längsbinde, die gegen die weiße
Kriechleiste in ein Weißlichgelb übergeht. Die Kopfplatte am Rande weißlich
gelb, mit kleinen Augen dicht besetzt; weiter nach innen eine wohlbegrenzte,
schwarze, haibmondförmige Linie, welche hinter den Ohrchen auf die Ventral-
seite übergreift. Auf die schwarze Linie folgt ein halbkreisförmiger gelber Fleck. —
Fundort: Bukit Besar, Jalor — (Faseieuli Malayenses, I, 1903, S. 115—116).
2 Vgl. auch Bip. kraepelini Ritter-Zahony, dessen Zweifarbigkeit der Kopf-
platte erst bei genauer Untersuchung wahrzunehmen ist.
Weitere Beiträge zur Kenntnis der Bipaliiden. 441
5. Oberseite schwarz. — Fundort: Tjombea (Java). — (Mitteil.
nat. Mus. in Hamburg, XXII, 1905, S. 165, Taf. I, Fig. la—le;
als Placocephalus beschrieben.) *Bip. nigrum Ritter-Zahony.
= z0herseite heller oder dunkler braun... ............ 6
6. Oberseite dunkel umbrabraun, am Vorderende mit Spuren eines
Längsstreifens. Kopfplatte unten dunkelbraun, hingegen die üb-
rige Ventralfläche heller. — Fundort: Tjibodas (Java). — Mit-
teil. nat. Mus. in Hamburg, XXI, 1905, S. 177, Taf. I, Fig. 6.
* Bip. weismanni Ritter-Zahony.
— ÖOberseiteschwarzbraun, gegen die Seitenteile hin mit zahlreichen,
quergestreckten, hellen Strichelchen, in der Medianlinie mit einem
feinen hellen Streifen. — Fundort: Fort Dauphin (Madagaskar).
— (Abhandl. d. SENCKENB. naturf. Ges., Bd. XXVIH, 1903,
S. 219, Taf. XXX, Fig. 7—8.) Bip. brauni Mell.
— Oberseite dunkel rotbraun bis schwarz, gegen die Seitenränder
hellbraun gefärbt, mit einer deutlichen submarginalen Reihe von
dunkelbraunen Flecken. Kopfplatte unten rötlich gelb, an der
Basis zu beiden Seiten der Kriechleiste mit je einem hellen runden
Fleck. — Fundort: Ankotojotsy, Vallee du St. Aug. (Madagas-
kar). — (Abhandl. d. SENcKEne. naturf. Ges., Bd. XX VII, 1903,
S. 221, Taf. XXX, Fig. 11—12.) Bip. marenzelleri Mell.
7. Rückenfläche mit fünf ununterbrochenen hellen Querbinden. —
Fundort: eine der Natuna-Inseln. — (Diese Zeitschr., Bd.
LXXXVI, 1907, S. 427; in der v. GrArrschen Monogr. der
Turbell. II, S. 457 als Farbenvarietät des Dip. simrothi
beschrieben und in Fig. 31 auf Taf. IX abgebildet.)
* Bip. distinguendum Jos. Müll.
— Rückenfläche ohne vollständige Querbinden, höchstens Flecken-
VaiEL. ED ee ee 8
8. Kopfplatte dunkel gefärbt mit zwei hellen, rundlichen Brillen-
Heeken an der Basis der Öhrehen........2........ 9
— Kopfplatte auf hellem Grunde mit dunkler Zeichnung ... . 10
9. Die beiden Brillenflecke durch eine helle Querbinde miteinan-
der vereinigt, von der nach hinten über die ganze Dorsalseite
des Tieres ein heller Medianstreif ausgeht. — Fundort: Anko-
tojotsy, Vallee du St. Aug. (Madagaskar). — (Abhandl. SENcKENB.
naturf. Ges., Bd. XXVII, 1903, S. 218, Taf. XXX, Fig. 3—6.)
Bip. tau Mell.
29*
442 - Josef Müller,
— Die beiden Brillenflecke nicht verbunden; Dorsalseite dunkel
schwarzbraun, mit einem schmalen, schwarzen Medianstreifen.
— Fundort: Ankotojotsy, Vallee du St. Aug. (Madagaskar). —
(Abhandl. SENCKENB. naturf. Ges., Bd. XXVII, 1903, S. 222,
Taf. XXX, Fig. 9-—-10.) Bip. grandidieri Mell.
10. Kopfplatte mit einem breiten hellen Randsaum, der eine große,
quer halbmondförmige, dunkle Makel umgibt. Die Dorsalseite mit
zwei breiten, dunkelbraunen Marginalstreifen, dazwischen hell-
braun gefärbt mit einem doppelten, eine helle Linie einschließen-
den Medianstreifen. Die helle Mittellinie setzt sich auf die Kopf-
platte fort und halbiert fast vollständig den erwähnten großen
Querfleck. — Fundort: Peradenyia (Ceylon). — (Mitteil. aus d.
nat. Mus. in Hamburg, XXI, 1905, S. 181, Taf. I, Fig. 3a—3c.)
Bip. depressum Ritter-Zahony.
— Kopfplatte ohne quere, halbmondförmige Makel ........ 11
11. Kopfplatte mit einem medianen »Keilfleck« und je einem Seiten-
fleck; letzterer an der Spitze der Öhrchen gelegen oder von
da aus fast über die ganze Oberseite der Öhrchen ausgedehnt
und bis zum Stirnrand reichend =... 2 2 2 pr: 12
— Kopfplatte mit dunkler »Stirnbinde«, einem medianen »Keilfleck «
und an der Basis der Öhrchen, den Innenrand derselben be-
rührend, je einem Seitenfleck, der von der Stirnbinde durch die
helle Grundfarbe getrennt wird. . 22 ne er 13
12. Dorsalseite schwarzbraun mit einem doppelten schwarzen Me-
dianstreifen, der sich auf der Kopfplatte zu einem großen, drei-
eckigen, ungeteilten Keilfleck erweitert; mit diesem steht vorn
am Stirnrande je ein über die ganzen Öhrchen ausgedehnter
schwarzer Seitenfleck in Verbindung. — Fundort: Tjompea
(Java). — (Mitteil. aus d. nat. Mus. in Hamburg, XXII, 1905,
Ss. 172, Taf. I, Fig. 24—2c. Als Placocephalus beschrieben.)
*Bip. kraepelini Ritter-Zahony.
— Dorsalseite dunkelbraun mit einem gelblichen Mittelstreif Kopf-
platte an der Basis gelblich, gegen den Rand zu bräunlich, mit
einem kleinen länglichen, dunkelbraunen Keilfleck und ebenso
gefärbter Öhrchenspitze. — Fundort: Tjibodas (Java). — (Mit-
teil. aus d. nat. Mus. in Hamburg, Bd. XXII, 1905, S. 170,
Taf. I, Fig. 44—4d. Als Placocephalus beschrieben.)
Bip. pictum Ritter-Zahony.
13.
14.
15.
16.
Weitere Beiträge zur Kenntnis der Bipaliiden. | 443
Der rundliche oder längliche mediane »Keilfleck« der Kopfplatte
Be eialierte.. . va. a. Se. 14
Der mehr oder minder ausgesprochen dreieckige Keilfleck steht
hinten mit der dunkel pigmentierten Körperfläche in Verbindung 15
Dorsalseite grau gefärbt, in der vorderen Körperhälfte mit fünf
weißen, schwarz umsäumten Makelpaaren, in der hinteren Hälfte
mit zwei ebenfalls schwarz umsäumten, weißen Längsbinden.
Keilfleck längiich. — Fundort: Kwala Aring, Kelantan (Malay
Peninsula). — (Diese Zeitschr., Bd. LXXII, 1902, S. 85, Taf. IV,
Fig. 5 u. 5a.) Bip. megacephalum Jos. Müll.
Dorsalseite schwarz, gelbgrau gesprenkelt, bei mangelnder Epi-
theldecke mit sechs gelblichen Fleckenpaaren. Keilfleck rund-
lich. — Fundort: Mte. Ranai auf Groß-Natuna. — (Zool. Anz.
\
Bd. XXIX, 1906, S. 668.) Bip. natunense Meixner.
Dorsalseite ohne helle Medianbinde, braun, mit drei Gruppen
von hellen Seitenflecken in der vorderen Körperhälfte. — Fund-
ort: Baram-Distrikt (Borneo). — (Diese Zeitschr., Bd. LXXIII,
1902, S. 78, Taf. IV, Fig. 2—2b.) *Bip. graffi Jos. Müll.
BE leite mit heller Medianbinde . . -.. 2... 2 .... 16
Auf der bräunlich-olivengrünen Oberseite befinden sich sechs
Paare scharf hervortretender, weiß gefärbter und dunkel um-
säumter Seitenflecken. Der helle Medianstreif endet an der
Kopfbasis. Die schwarzen Flecken an der Basis der Öhrchen
mäßig groß. — Fundort: Mount Matang, Sarawak (Borneo). —
(Diese Zeitschr., Bd. LXXIIL, 1902, S. 79, Taf. IV, Fig. 3—3b.)
*Bip. böhmigi Jos. Müll.
Dorsalseite schwärzlich-nußbraun, im vorderen Drittel mit zwei
helleren, queren Seitenflecken, die sich aber ebenso wie zwei
größere, hellere Partien zu Beginn des hinteren Körperdrittels
wenig deutlich abheben. Der helle Medianstreif setzt sich in
den Keilfleck fort. Die dunklen Makeln an der Basis der Öhr-
chen sehr groß, nur durch einen schmalen gelben Saum von
der Stirnbinde getrennt. — Fundort: Si Rambe (Sumatra). —
(Diese Zeitschr., Bd. LXXIII, 1902, S. 76, Fig. 1—1b.)
* Bip. virile Jos. Müll.
Triest, im August 1906.
444 Josef Müller,
Erklärung der Abbildungen,
Buchstabenerklärung:
ac, Atrium commune; gm, gemeinsame Muskelfasern des
acf, in das Atrium commune vor- Copulationsapparates;
springende Falte; mdr, muskulöses Drüsenorgan;
am, Atrium maseulinum; mrm, Ringmuskelschicht des männ-
amm, Museularis desselben; lichen Copulationsapparates;
bg, Bindegewebsschicht; od, Oviduct;
bgk, Bindegewebskerne; ph, Pharynx;
blm, Längsfasern des Bulbus penis; pht, Pharyngealtasche;
bm, Muskelmasse des Bulbus penis; rf, Ringfaserschicht;
bqm, Muskelquerschnitte im Bulbus s, Drüsensecret;
penis; sg, Drüsenausführgänge;
cc, männlicher Copulationskanal; sph, Sphinetermuskel;
ccm, dessen Ringmuscularis; vd, Vas deferens;
cem', äußere Ringmuskelhülle dessel- vg, Vagina;
ben; vs, Vesicula seminalis;
de, Ductus ejaculatorius; wm, Muskelgeflecht des weiblichen
dem, Musecularis desselben; Copulationsapparates bzw. des
dr, Drüsentaschen (ebenso dr’ u.dr"); gemeinsamen Genitalwulstes;
drg, Drüsengang; wlm, Längsfasern d. weiblichen Copu-
drm, Muscularis desselben; lationsapparates;
drm', äußere Muskelhülle des Drüsen- zwrdım, Radialfasern desselben;
ganges; x, gefalteter Drüsenraum (Uterus?)
ds, Ductus seminalis; des weiblichen Copulationsappa-
ep, Epithel (ebenso ep’ und ep”); rates von Bip. simrothi.
9, Geschlechtsöffnung;
Die halbschematischen Abbildungen der Copulationsorgane stellen ideale
Medianschnitte dar, wie sie sich durch Kombination aus Sagittalschnittserien
ergeben. In allen diesen Abbildungen ist in bezug auf das Tier links = vorn,
rechts — hinten, oben = dorsal, unten = ventral.
Von den außerhalb der Medianebene verlaufenden Samen- und Eileitern
wurde höchstens der einer Körperhälfte zugehörige Endabschnitt eingezeichnet.
Tafel XIX.
Fig. 1-3. Bipalium sarasini nov. spec. Fig. 1, das Tier von der Dorsal-
seite; Fig. 2, von der Ventralseite; Fig. 3, Körperquerschnitt. Vergr. etwa 21/3.
Fig. 4—6. Bipalium wiesneri Graff. |
Fig. 4. Copulationsapparat, halbschematisch, etwa 50fach vergrößert. Bei
* ist die Vereinigungsstelle der Vasa deferentia, bei ** jene der Oviducte.
Fig. 5. Medianschnitt durch den Copulationsapparat, genauer dargestellt.
REICHERT, Obj. III, Oe. 4.
Fig. 6. Ein Teil der Wandung aus dem hinteren Abschnitt des männlichen
Copulationsapparates. REICHERT, Obj. VIIa, Oc. 2.
Weitere Beiträge zur Kenntnis der Bipaliiden. 445
Fig. 7. Bipalium interruptum Graff. Copulationsapparat, halbschematisch,
etwa 100fach vergrößert. dr’ obere, dr” untere Drüsentasche des Ductus eja-
eulatorius.
Fig. 8. Bipalium distinguendum nov. spec. Copulationsapparat, halbsche-
matisch, etwa 7Ofach vergrößert. Bei * vereinigen sich die Vasa deferentia, bei
** die Oviducte.
Fig. 9. Bipalium adensameri Graf. Ein Teil der Muskulatur aus dem
weiblichen Bulbus. REICHERT, Obj. IX*, Oc. 2. Rot gezeichnet sind die feinen,
schräg durch die Muskulatur hindurchziehenden Secretzüge.
Fig. 10. Bipalium simrothi Gvaff. Secretzüge (rot) und Muskulatur an
der Basis des Penis. REICHERT, Obj. VII, Oc. 2. Die in der Figur über dem
Atrium masculinum (am) gelegenen Gewebe gehören dem Penis im engeren
Sinne an. Das untere Ende der Secretzüge liegt bereits im Körpermesenchym.
Tafel XX.
Fig. 1. Bipalium strubelli Gvaff. Copulationsapparat, etwa 3öfach ver-
srößert. Der männliche Copulationskanal (ce) und der Drüsengang (drg) münden
nicht, wie es hier der Einfachheit halber dargestellt wurde, hintereinander,
sondern fast genau nebeneinander aus.
Fig. 2. Bipalium rigaudı Graff. Copulationsapparat, halbschematisch, etwa
3öfach vergrößert. Bei * vereinigen sich die Vasa deferentia.
Fig. 3. Bipalium negrüorum Graff. Copulationsapparat, halbschematisch,
- etwa 30fach vergrößert. In ihrem Endabschnitt verlaufen der männliche Copu-
lationskanal (cc) und der Drüsengang (drg) nicht hintereinander, wie in der Figur
dargestellt ist, sondern nebeneinander.
Fig. 4. Bipalium adensameri Graff. Copulationsapparat, halbschematisch
fast 30fach vergrößert.
Fig. 5. Bipalium semperi (Graff).. Copulationsapparat, halbschematisch,
fast 30fach vergrößert.
Fig. 6. Bipalium gestror Graf. Copulationsapparat, halbschematisch, etwa
28fach vergößert.
Fig. 7. Bipahium simrothi Loman. Copulationsapparat, halbschematisch,
etwas über 40fach vergrößert.
Nachträgliche Berichtigung.
Bei der Korrektur der Taf. XX sind leider zwei Fehler übersehen worden,
die hiermit richtiggestellt werden:
1) Über der Abbildung links unten soll Fig. 3 statt Fig. 2 stehen.
2) In Fig. 7, unten, ist nach der ersten »ccm« lautenden (links von cc be-
findlichen) Abkürzung ein Kommazeichen beizufügen.
Phylliopodenstudien
Dr. Nicolaus v. Zograf,
ord. Professor der Zoologie an der Kaiserlichen Universität zu Moskar.
Mit Tafel XXI—XXIV und zwei Figuren im Text.
Seit einigen Jahren opferte ich meine Aufmerksamkeit den
Phyllopoden, welche mich besonders wegen ıhrer Anpassung an das
ganz eigentümliche, mit dem frühen Aufschmelzen der Frühlingsge-
wässer, mit dem Ertragen der Hitze im Sommer und der stärksten
Fröste im Winter verknüpfte Leben interessierten.
Ich glaubte erkennen zu können die Art und Weise, in welcher
sich die Eihüllen, die den Embryo schützen, bilden, die Ursachen,
warum die »Nauplius«, welche bei vielen andern Crustaceen eine
ziemlich lange Zeit zur Ausbildung brauchen, bei den Phyllopoden
so schnell aus dem Ei ausschlüpfen, die Rolle, welche in dem Ei-
aufbau die Nährzellen spielen. Das waren die Hauptprobleme meiner
Studien.
Aber im Laufe der Untersuchung berührte ich noch einige
nicht uninteressante Fragen, so z. B. den Hermaphroditismus der
Männchen der Apodidae, einige neue Facta im Baue des Eier-
stockes und noch andre Seiten der Organisation dieser interessanten
Crustaceen.
Das ist die Ursache, warum ich meinen Untersuchungen, welche
ich »Untersuchungen über den Bau und die, Bildung der Eier und
der Eihüllen bei den Phyllopoden« nennen wollte, einen weiteren
Titel gegeben habe, um so mehr, als ich die Untersuchung der
Phyllopoden mit dieser Schrift nicht abschließen will, sondern ihr
noch mehr Zeit zu widmen gedenke.
Als Untersuchungsmaterial brauchte ich folgende Tiere:
1) Apus caneriformis Schäf. Sie stammten aus der Umgebung
von Serpuchow, einer großen Fabrikstadt, ungefähr 100 Kilometer
Phyllopodenstudien. 447
südlich von Moskau liegend, wo diese Crustaceen an den Ufern des
sroßen Stromes Oka während einer Exkursion des Studentenvereins
zur Erforschung der Natur Rußlands an der Moskauer Universität
sesammelt waren. Auch lieferte mir einige Exemplare Herr N.
W. WoRoONnkow, Laborant an der hydrobiologischen Station zu Glu-
boköje Osero (Tiefe See) im Moskauer Gouvernement. Herr WoRoN-
Kow sammelte die Apus in den Pfützen bei Borschom (Borjom), einem
bekannten Kurorte in Transkaukasien. Die Apus waren alle mit
Weingeist fixiert.
2) Lepidurus productus Bose. Diese Tiere, auch in Weingeist
fixiert, stammten aus der Umgebung von Rasdelnaja, einer Eisen-
bahnstation in der Nähe von der großen südrussischen Stadt Woro-
nesch (Woronej), wo sie vom Herrn Professor G@. A. KOSCHEWNIKOW
(KOJEWNIKOW) gesammelt waren. Außerdem bekam ich im April
dieses Jahres durch die Liebenswürdigkeit eines meiner Zuhörer,
Herrn Studenten Bo@GDAn LiPinskY, drei Exemplare dieses Krusten-
tieres. Diese Orustaceen wurden mir lebendig geliefert und ich fixierte
sie mit den Flüssigkeiten von ZENKER, FLEMMING (starkes Gemisch)
und TELLYESNITZskY. Eins von den drei Exemplaren erwies sich als
ein Männchen und lieferte mir viel Interessantes. Sie stammten aus
Nemtschinowka, einer Station der Bahn Moskau-Brest.
3) Chirocephalus Josephinae Gr. Diese Branchipoden stammten
_ aus der unmittelbaren Umgegend von Moskau, wo sie meistenteils
jan den Teichen und Pfützen mit jurassischem Lehmgrunde wohnen.
Der größte Teil des Materials war mir von meinem Schüler und
Freunde Herrn WLADIMIR LEPESCHKIN geliefert. Er sammelte es
in den Teichen der Worobjewy Gory (Sperlingsgebirge), einem Dorfe
in der nächsten Umgebung von Moskau, und fixierte es mit allen
ihm zugänglichen Mitteln. Das beste Resultat gab das Fixieren in
den FLemmin6ssehen und HERMANNSschen Gemischen, sowie die Subli-
matbehandlung und die Behandlung mit einem sehr komplizierten,
von Herrn LEPESCHKIN zusammengesetzten Gemisch aus Platinchlorid,
Überosmiumsäure, Essigsäure und Pikrinsäure. Außer diesem Material,
welches im Jahre 1904 gesammelt war, brauchte ich noch von mir
persönlich im Jahre 1905 gesammeltes und von Herrn Studenten
B. Lıpinsky im Frühjahr von 1906 geliefertes Material, welches ich
mit den Sublimatlösungen von GILsoN, APATHY und ZENKER, sowie
mit den Gemischen von FLEMMING, HERMANN und TELLYESNITZSKY
fixierte.
4) Chirocephalus carmuntanus Br. Diese ungarische Art war
448 Nicolaus v. Zograf,
während einer Exkursion des Studentenvereins in den Pfützen an den
Oka-Ufern, ungefähr 12 km östlich von Serpuchow gefangen und in
Spiritus konserviert.
5) Chirocephalus diaphanus Prevost. Die Exemplare dieser weit-
verbreiteten, aber aus der Umgegend von Moskau noch nicht be-
schriebenen Art waren mir von Herren Studenten NATZEWITSCH und
KASTRATOWITSCH, meinen Zuhörern, geliefert. Sie sammelten diese
Orustaceen in einem Teiche des Bergmassives Komsim Montenegro,
auf einer Höhe von ungefähr 1800 m über dem Meere. Die Tiere
waren in Weingeist konserviert.
6) Branchipodopsis affinis Sars. Die Exemplare, in Spiritus
konserviert, stammten aus der Umgebung von La-May-Tei-Tsy,
einem Dorfe, ungefähr 20 km westlich von der mandschurischen
Stadt Fyn-Chua liegend. Sie waren mir von Herrn ANDREAS MAR-
TYNOW, meinem Schüler und Freunde, welcher den letzten russisch-
japanischen Krieg als Reserveoffizier durchmachen mußte, aus der
westlichen Mandschurei geliefert.
7) Streptocephalus auritus Sars. Diese Krustentiere stammten
aus den Frühjahrsgewässern aus der Umgebung der großen Stadt im
russischen Südosten Saratow, an den Ufern des größten Stromes des
europäischen Rußland, der Wolga. Das Material wurde mir von meinem
Zuhörer, Herrn Student BoLDYREW geliefert. Später sammelte mir
noch viele Exemplare dieses höchst interessanten Krustentieres die
Saratowsche Naturforscher-Gesellschaft. Die Tiere waren in den
Flüssigkeiten von FLEMMING, GILSON, ZENKER, HERMANN und TeL-
LYESNITZSKY fixiert. Die Gemische von ZENKER und GILSoN hatten
die besten Erfolge.
8) Artemia salina Leach. Alle Exemplare waren in den Aqua-
rien des zoologischen Museums der Moskauer Universität gezüchtet. Sie
entwickelten sich aus den Eiern, welche mir Herr Professor G. Kc-
SCHEWNIKOW und mein Schüler und Freund Herr SERGIUS ZERNOW,
der Hauptlaborant der biologischen Station zu Sewastopol, lieferten.
Die von Herrn Professor KoscHEwNIKoWw gelieferten Eier stammten _
aus dem Kujalnitzkyschen Liman bei Odessa, die von Herrn ZER-
now aus den Salzseen am Meeresufer in der Umgegend von Se-
wastopol. Die Eier waren in 8°/,igen Lösungen des gebräuchlichen
Kochsalzes, des Meersalzes und des Salzes aus den Odessaschen
Limanen gezüchtet. Alle Lösungen gaben gute Resultate, aber nur
in den Lösungen des Salzes der Odessaschen Limane gelang es mir,
die Tiere bis zur Geschlechtsreife zu züchten.
Phyllopodenstudien. 449
9) Leptestheria siliqua Sars (dahalacensis Rüpp.. Die Tiere
waren von Herrn N. W. WoRoNKow in den Umgebungen von Bor-
chom in Transkaukasien gefangen und in Weingeist konserviert.
10) Estheria tetracera Kıyn. Diese Krustentiere waren von
Herrn A. MArTynow, wie die Branchidopsis affinis in der Umge-
bung von La-May-Tei-Tsy in der Mandschurei gesammelt und in
Spiritus konserviert.
11) Limnetis brachyurus Gr. Die Exemplare waren meisten-
teils in meinem Landgute Mytniki unweit von Rusa, einer Distrikt-
stadt des Moskauer Gouvernements, gesammelt. Im Frühjahr findet
man hier diese Crustaceen massenhaft in den Teichen und Pfützen,
wo sie bis zum Austrocknen der letzten wohnen. Ich fixierte die
Tierchen mit allen mir zugänglichen Mitteln, finde aber, daß mir die
FLEumInGsche Flüssigkeit und verschiedene Sublimatgemische die
besten Dienste lieferten. Im Frühjahr von 1906 lieferte mir einer
meiner Zuhörer, Herr Student ALEXANDER NOWIKOWw, sehr gut kon-
serviertes mit Sublimatlösung fixiertes Material, worin ich viele eigen-
tümliche Zeimnetis-Nauplien, sowie verschiedene ältere Entwicklungs-
stadien gefunden habe. Die Tierchen stammten aus einer Pfütze
unweit von Tschuchlinka, einer kleinen Bahnstation der Linie Moskau-
Nishnij Nowgorod, ungefähr 5 km in südöstlicher Richtung von Moskau.
Sie konnten aber wegen des zu frühen und zu heißen Sommers
dieses Jahres nicht bis zur Geschlechtsreife gelangen, da die Pfütze
schon Mitte Mai ganz ausgetrocknet war.
Es war der geehrte Christiania-Forscher, Herr Professor G.
O0. Sars, welcher die Güte hatte, das ihm geschickte Material zu
bestimmen, und hier spreche ich ihm meinen besten Dank dafür
aus. Auch der geehrten Gesellschaft der Naturforscher in Saratow,
dem Studentenvereine zur Erforschung der Natur Rußlands, dem
Herrn Professor G. A. KoscHEwnıkow und den Herren Studenten
BOLDYREW, KASTRATOWITSCH, WLADIMIR LEPESCHKIN, LIPINSKY, AN-
DREAS MARTYNOW, NATZEWITSCH, ALEXANDER NOWIKOW, NICOLAUS
WORONKOW und SERGIUS ZERNOW spreche ich hier meinen besten
Dank aus.
Die Tiere wurden unter einem ziemlich starken Zeissschen stereo-
skopischen Präpariermikroskop anatomiert oder mittels des Mikro-
toms von ZIMMERMANN in möglichst vollständige Schnittserien zerlegt.
Für die anatomische Präparation der Spiritusobjekte waren
diese zuerst in ein Gemisch von 50%, Glyzerinlösung und 70°),
Spiritus in gleichen Mengen eingelegt, worin sie von 3 Tagen bis
450 | Nicolaus v. Zograf,
zu einer Woche blieben. Später war das Glas, in dem die Objekte
lagen, geöffnet, und der Lösung noch etwa 500%, Wasser zugegossen.
Das Objekt wurde dann weich genug, um es mit Erfolg anatomieren
zu können.
Die kleineren Objekte wurden in Paraffın eingesehmolzen; was
aber die größeren Objekte betraf, z. B. ganze Exemplare von Apus,
Lepidurus, Estheria, Leptestheria oder die weichen im Spiritus lange
liegenden Exemplare von Dranchipodopsis, Chtirocephalus carnuntanus,
so wurden diese Objekte zuerst in ein Gemisch von Kollodium duplex
und Nelkenöl (in gleichen Teilen), bei vorhergegangener Aufklärung
in Nelkenöl, eingelegt, und da etwa 2 Tage gelassen. Nachdem
wurde das Glas offen gehalten und das Papierkästehen, wohinein das
dick werdende Gemisch eingegossen war, nachdem das Objekt in
entsprechende Lage gebracht war, in Xylol eingelegt. Da blieb das
Kästchen bis das gehärtete Kollodium ganz kristallklar geworden
war, dann wurde es auch in Paraffin eingeschmolzen.
Die Schnitte waren mit Wasser aufgeklebt (molekuläre Auf-
klebung) und mit verschiedenen Farben gefärbt. Die besten Resul-
tate gaben BOEHMERs Hämatoxylin, Hämalaun, HEIDENHAINS Eisen-
hämatoxylin, EHRLICH-BionDI-HEIDENHAINS Dreifarbenmischung. Auch
die Färbungen mit Boraxkarmin, Pikrokarmin und Alaunkarmin
gaben vortreffliche Resultate, doch taugten sie wenig zu Photographie-
aufnahmen. Die mit FremminGs, HERMAnNS oder andern Osmium-
semischen fixierten Objekte tingierten sich mit vollständigem Erfolge
mit Safranin oder Dahlia, auch EHRLICH-BIONDI-HEIDENHAINsche Farbe
lieferte hier vortrefiliche Resultate.
Alle Präparate waren photographiert mit Hilfe eines einfachen
vertikalen Apparates von Leitz. Die meisten Photographien sind
mit Reicuertschem Photographie-Stativ beim Anwenden des Zeıss-
schen Apochromat F. D. 4 mm, Ap. 0,95 und seines Kompensations-
oculars 4 aufgenommen. Manchmal brauchte ich dasselbe Objektiv
mit dem Kompensationsocular 6, oder kombinierte Lerrz’ Objek-
tiv Nr. 4 oder Harrnacks Objektiv Nr. 2 mit dem Kompensations-
ocular 4. Diese Kombinationen gaben mir Vergrößerungen von etwa
30, 100, 260 und 350 mal.
Alle Photographien sind bei Auers Gasglühlampe und ZETTNOW-
schem Filter aufgenommen.
Phyllopodenstudien. = 451
1. Einige Bemerkungen über den Bau des Eierstockes
der Phyllopoden.
Wie bekannt, kennen wir zwei Typen von Phyllopoden-Eier-
stöcken. Der eine Typus, für die Branchipoden charakteristisch,
besteht aus einem cylindrischen, am hinteren Ende blind endenden
Tubus, welcher am vorderen Ende in einen kurzen Oviduct ein-
mündet.
Diese Röhren, welche man an unsern Präparaten mehrmals sieht
(Taf. XXI, Fig.1,2,3,4,6,7,9 u. 15, Taf. XXII, Fig. 17 u. 18), verlieren
baldihrekreisrunden Konturen (Fig. 1, Taf. XXI) und werden zu platten,
dicken Streifen, welche stellenweise durch vollständig entwickelte Eier
stark aufgetrieben werden (Taf. XXI, Fig. 2, 9, 13, Taf. XXIL, Fig. 17).
Bei Chirocephalus carnuntanus Br. dehnen die Eier die Wände des
Eierstockes derart aus, daß die letzteren in diesen Stellen ganz
kugelis erscheinen, was man auch an Schnitten deutlich sieht
(Fig. 68, Taf. XXIV). Viele frühere Verfasser haben es bemerkt und
beschrieben. So bildet z. B. Craus (40) solche ausgedehnte Eier-
stöcke bei Chirocephalus Braueri und Chirocephalus carnuntanus ab,
und man sieht an seinen Abbildungen die sich rosenkranzförmig fol-
senden Eier. Zwischen den großen, den Eierstock ausdehnenden
Eiern, sowie an einer von ihren Seiten liegen zahlreiche Nährzellen.
"Bei den Formen, welche flache, platte Eierstöcke besitzen, z. B. bei
Chirocephalus Josephinae Gr. sind diese Nährzellen viel zahlreicher,
als bei denen, welche ausgebuchtete Eierstöcke haben. Man hat nur
die Figuren Taf. XXI, Fig. 2, 3, 6, welche die Querschnitte von Chzro-
cephalus Josephinae darstellen, mit den Figuren Taf. XXIV, Fig. 64
(Streptocephalus auritus) und Taf. XXIV, Fig. 68 (Chirocephalus car-
nuntanus) zu vergleichen, um das eben Gesagte zu verstehen.
Es ist ganz unmöglich zu sagen, wieviel Näbrzellen einer Ei-
zelle in diesen Eierstocksformen entsprechen; und es ist auch nicht
möglich hier von einer Regelmäßigkeit zu sprechen. Bei einigen For-
men, wie bei Ohirocephalus Josephinae kann man direkt beobachten,
daß das eine Ei mehr, das andre weniger Nährzellen verschlingt. Doch
sind die Eierstockswandausbuchtungen manchmal so geometrisch
regelmäßig, und ihre Zwischenräume so untereinander gleich, wie
ich es besonders schön bei den russischen Formen von Chirocephalus
carnuntanus gesehen habe, daß man hier die Vermutung aussprechen
kann, daß in diesen Formen vielleicht eine gewisse Beziehung zwi-
schen den Mengen der Eizellen und der Nährzellen existiert.
452 Nicolaus v. Zograf,
Der andre Typus des Eierstockes, welcher für die schalen-
tragenden Phyllopoden charakteristisch erscheint, stellt eine Unmasse
von verzweigten Kanälen vor, welche in sekundäre Kanäle einmünden
und durch diese ihre Produkte in die Oviducte schicken.
Dieser Typus, welchen man sehr gut bei Apus beobachtet, ist
mehrmals, seit dem 18. Jahrhundert beschrieben. Denselben Cha-
rakter hat auch der Hode dieser Tiere, was vor einem Halbjahr-
hundert KozusowskY (9) gezeigt hat, wie auch bei den Branchipoden
dieses Organ ganz dem Bau des Eierstockes entspricht.
In diesem Typus entsprechen jeder Eizelle gewisse Mengen von
Nährzellen. Diese Zellen gruppieren sich mit der Eizelle zu einem
Follikel, was schon von KozuBowskY (9) beschrieben war und später
von vielen Verfassern, wie von v. SIEBOLD (21), A. WEISMANN (27, 30),
BERNARD (58), A. BRAUER (59), NOWIKOFF (88) bestätigt war. Es ent-
sprechen nämlich jeder Eizelle drei Nährzellen, und da diese Zellen,
was schon A. BRAUER glänzend bestätigt hat, sich so scharf von-
einander durch den Bau des Kernes unterscheiden, daß man sie bei
Apus und den Branchipoden nie ‚verwechseln kann, so kann man
diese Beziehungen immer sehr gut beobachten (Taf. XXH, Fig. 20
u. 32, Taf. XXIIL, Fig. 41, 48, 52 u. 54).
Wir haben fast gar keine Untersuchungen über die embryonale
Entwicklung der Genitalorgane von Phyllopoden. Nur bei Craus
(20 u. 40) finden wir einige Andeutungen über das Entstehen, nicht
aber über die weitere Entwicklung der Eierstöcke und Hoden bei
Apus, Artemva und Branchipus. Die ersten Anlagen der Genitalorgane
erscheinen als lange, eylinderförmige Gruppen von Zellen embryo-
nalen Charakters, und wir stellen uns die weitere Entwicklung einer
Gonade bei schalentragenden Phyllopoden in der Art vor, daß die
Wandungen dieser Genitalanlagen nach außen taschenförmige Aus-
wüchse senden, welche noch vielen andern ebensolchen Auswüchsen
Ursprung geben und so verzweigte Gonaden, welche bei den Apodiden
so gut ausgesprochen sind, bilden.
H. M. BERNARD (98) bildet bei Lepedurus glaciahs Gonaden ab,
welche einen primitiveren Typus vorstellen, indem ihre Auswüchse
nicht so zahlreich, wie bei Lepedurus productus oder Apus can-
criformis und auch nicht so stark verzweigt erscheinen. Bei den
Arten mit sehr verzweigten Eierstöcken, wie z. B. bei Lepidurus
productus oder Leptestheria siligua begegnen wir Hoden, welche viel
weniger verzweigt sind, wie wir es auf unsern Abbildungen der
Phyliopodenstudien. | 453
Längsschnitte vom Männchen des Lepedurus productus sehen
(Taf. XXIII, Fig. 42). ;
Soviel ich weiß, sind Ubergangsformen zwischen den Genital-
organen des Branchipodentypus und zwischen denen der schalen-
tragenden Phyllopoden noch nicht beschrieben, obgleich sie schon
NiıtscHE (25) bei Branchipus Grubü Dyb. gesehen und auf seiner
Fig. 10 der Taf. XXII abgebildet hat. Bei diesem Branchipus, ganz
ebenso, wie bei Chirocephalus Josephinae Gr. (Taf. XXI, Fig. 18)
wachsen die Eier auf der inneren, dem Darmkanal zugewandten
Wand des Eierstockes. So bekommt man, wenn man einen ganz
reifen Eierstock herauspräpariert, die innere Wandung des Eierstockes
mit zapfenartigen Auswüchsen bedeckt zu sehen.
Die Eier können aber nicht nur an der inneren Wand gebildet
werden. Auch die äußere Wand kann alles zur Eibildung Nötige
besitzen. Das sehen wir z. B. bei den ostasiatischen Branchipodopsis
affinis Sars, welche SArs nicht nur aus der Mandschurei, sondern
auch aus der Mongolei beschrieben hat.
Bei diesen Crustaceen treiben die reifen oder reifenden Eier
die Ovariumwand beiderseits hoch hervor, wie man es z. B. auf
unsrer Fig. 74 der Taf. XXIV sieht. Diese Ausstülpungen schließen
von einem bis vier, fünf Eier ein. An wahre Follikel ist hier noch
nicht zu denken, doch macht dieser Eierstockbau die Entstehung der
- Follikel einerseits, der verzweigten Eierstöcke und Hoden anderseits
verständlich.
Wir können uns also folgende Reihe der Eierstockformen bei
den Phyllopoden vorstellen. Die Stammform, in welcher auch der
verzweigte Eierstock bei der Larve von Apus nach CLaus (20) er-
scheint, ist die cylindrische Röhre wie bei vielen Branchipoden
(Textfig. 1 A); ihr folgt die rosenkranzförmige Form des Chiro-
cephalus carnuntanus (Textfig. 1.5); wenn die Eier sich einseitig ent-
wickeln, kommen wir zum Eierstock von Branchipus Grubiü und im
kleineren Maße von Chrrocephalus Josephinae (Textfig. 1C). An diese
Form knüpft sich der beiderseitig entwickelte Eierstock von Branchi-
podopsis affınıs an (Textfig. 1D). Wenn man sich die zweiseitigen
Auswüchse verlängert vorstellt, so kommt man zum Schema der
Gonade des Lepidurus glacialis, wie sie von BERNARD (58) darge-
stellt und auf unsrer Textfig. 1 E abgebildet ist. Endlich, wenn
man sich diese Auswüchse noch mehr verzweigt vorstellt, kommt
man leicht zum gewöhnlichen Typus der beschalten Phyllopoden.
Es bleibt noch ein Unterschied zwischen den Gonaden der
454 Nicolaus v. Zograf,
Branchipoden und der schalentragenden Phyllopoden, nämlich der,
daß die Eierstöcke des ersten Typus nur aus einem hinteren, ins
Abdomen sich herabsenkenden Ast bestehen, während die Eierstöcke
der schalentragenden Phyllopoden zwei gleichartige Zweige tragen.
Der hintere Eierstockast ist aber bei diesen Tieren meist schwächer
entwickelt als der vordere.
Dieser Unterschied muß aber nicht zu hoch verwertet werden.
Die Branchipoden besitzen auch oft kleine vordere Eierstockäste, wie
\ NYRF
N =
Di
A B
& D E F
Textfig. 1.
Verschiedene Typen der Eierstöcke der Phyllopoden. A, Branchipus stagnalis; B, Chirocephalus carnun-
tanuss CO, Branchipus Grubei; D, Branchipodopsis affinis; E, Lepidurus glacialis; F, Lepidurus
productus.
es z. B. Craus (20) bei Cherocephalus carnuntanus und Branchipus
Braueri abbildet.
Typisch haben also die beiden Gruppen zweiästige Eierstöcke,
nur wird bei den Branchipoden hauptsächlich der hintere, bei den
schalentragenden Phyllopoden der vordere Ast entwickelt.
2. Die Bildung und das Wachstum der Eier bei Phyllopoden.
Ich spreche in diesem Abschnitte nicht über die Entstehung der
Phyllopodeneier, sondern über deren Ausbildung aus dem jüngsten
Stadium im Eierstocke, bis zum definitiven, -zur Ablage fertigen Eie.
Wie wir aus dem folgenden sehen werden und wie wir es von frü-
heren Verfassern kennen, erleidet das Ei der Phyllopoden bis zu
seiner vollständigen Ausbildung viele Vorgänge, von denen einige
interessant, aber nicht unerwartet erscheinen.
Es waren hauptsächlich E. van BENEDEN und BesseErs (19), WEIS-
MANN (28) und H. NırtscHe (25), welche auf die Fähigkeit der Ei-
zellen bei den Phyllopoden und Cladoceren Nahrung aufzunehmen
Phyllopodenstudien. ' 455
ihre Aufmerksamkeit gerichtet haben. Schon im Jahre 1870 fütterten
E. van BENEDEN und BesseLs die Lernaeideneier mit Erfolg mit
Karminkörnchen (19, S. 35) und im Jahre 1875 hat WEISMANN ge-
zeigt, daB bei Leptodora jede vierte Eizelle zum Ei wird, während
die drei folgenden Zellen ihr zur Nahrung dienen. Nırsche (25) hat
im Jahre 1875 auch bei Branchipus Nährzellen gefunden, welche in
demselben Jahre SPANGENBERG (26) für Abortiveier hielt. Aber noch
10 Jahre später bestreitet ein so berühmter und ausgezeichneter For-
scher, wie CLAus, die Existenz der Ei- und Nährzellen bei den
Branchipoden (40). Er will auch keinen Unterschied zwischen dem
Baue der Kerne der Eizellen und Nähr-, oder, wie sie SPANGENBEG
nennt, Abortivzellen erkennen. Erst nach der vortrefflichen Arbeit
von A. BRAUER (59), welche 1892 erschien, — BRAUER untersuchte
Branchipus Grubei und Apus cancriformis — kennen wir ganz ge-
nau die Existenz von Ei- und Nährzellen bei den Phyllopoden und
auch den Unterschied im Bau der Kerne dieser beiden Zellenarten.
Wenn man aber aufmerksam die Literatur über die Eibildung
bei Crustaceen studiert, so findet man, daß diese Unterschiede zwi-
schen Ei- und Nährzellen und die Fähigkeit der Eier, auf die eine
oder andre Weise Nahrung aufzunehmen, auch vielen andern Crusta-
ceengruppen zukommen.
Ich habe diese Erscheinungen hauptsächlich bei Chirocephalus
Josephinae studiert, und fange die Darlegung meiner persönlichen
Beobachtungen mit der Beschreibung der Eibildung und Einährung
bei dieser Art an.
Der Eierstock des Chirocephalus Josephinae gleicht sehr dem des
Branchipus Grubei, wie ihn NırscHE (25) beschreibt.
Er ist nur an seinem hinteren Ende gewölbt (Fig. 1, Taf. XXI),
weiter nach vorn seitlich komprimiert (Taf. XXI, Fig. 7), und zwar
in der Weise, daß die freie, als Eileiter dienende Seite lateralwärts
gerichtet erscheint, indem die die Eier bereitenden, als Keimlager
dienenden Teile der Bauchmittellinie zugewendet erscheinen.
Die Dimensionen des Eierstockes sind in seinen verschiedenen
Teilen sehr verschieden. So mißt der Durchmesser des. hinteren,
serundeten Endes etwa 0,046 mm, die größere Breite des Quer-
schnittes im hinteren Teile, wo der Eierstock schon komprimiert zu
erscheinen anfängt (Taf. XXI, Fig. 7) 0,146 mm, und die größere Breite
des vorderen Eierstockendes, wo der Eierstock sich zu krümmen an-
fänst um in den Oviduct einzumünden (Taf. XXI, Fig. 6) 0,339 mm.
Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. 30
456 Nicolaus v. Zograf,
Die kleinere Breite bleibt fast ohne Veränderung (Taf. XXT, Fig. 1,
2, 3, 4, 6, 7, 9, Taf. XXIL, Fig. 17). Nur da, wo wir reife Eier
treffen, finden wir scharf ausgesprochene Wandausdehnungen.
Der Eierstock besitzt eine gut ausgebildete Epithelwandung,
welcher eine sehr feine Bindegewebsbekleidung anliegt. Die Epithel-
zellen sind gut an der freien, als Eileiter dienenden Seite des Eier-
stockes zu sehen, überhaupt da, wo im Eileiter ein nicht zu großes
Ei liegt, oder da, wo die Eizelle eigentümlich degeneriert und zu
einer halbflüssigen körnigen Masse geworden ist (Taf. XXI, Fig. 13 oz).
Da, wo im Eileiter ein größeres, ausgestoßenes reifes Ei durch ein
kleineres, noch nicht vollständig reifes Ei ersetzt ist, macht die durch
das Bindegewebe gebundene Epithelwandung zahlreiche, manchmal
regelmäßig sich legende Falten (Taf. XXI, Fig. 2 ep.od). An einigen
Schnitten, wo die Eierstockwand schräg zerschnitten ist, sieht man
die Epithelzellen sehr gut ausgesprochen (Taf. XXII, Fig. 17 ep.od).
Was den inneren Bau des Eierstockes betrifft, so steht derselbe
dem Bau des Eierstockes von Branchipus Gruber, wie ihn NITSCHE
beschreibt (25), und Dranchipus stagnalıs, wie ihn CLAus (40) abbildet,
sehr nahe.
An dem ventralwärts gerichteten Ende befindet sich das Keim-
lager (Fig. 4, 7, Taf. XXI, Fig. 18, Taf. XXH Al. Hier sind die
Zellen, wie es schon NITscHE (25) und CLAus (40) gezeigt haben, so
dicht aneinander gedrängt, daß man ihre Konturen schwer unter-
scheidet, und daß, wie CLaus bemerkt »der Anschein erweckt wird,
als sei eine Ansammlung feinkörnigen Protoplasmas von einer großen
Zahl von Kernen dicht erfüllt<«!. Die Kerne sind im Keimlager noch
sehr klein und messen etwa 0,006 mm: Man kann noch in den
Kernen keinen Unterschied zwischen den künftigen Ei- oder Nähr-
zellenkernen bemerken. |
Das Keimlager bildet, wie es schon NITScHE (25) gezeigt hat,
keinen langen ununterbrochenen Strang, wie e8 SPANGENBERG (26)
meint, sondern besteht aus kurzen, spindelförmig aussehenden Zellen-
gruppen (Taf. XXI, Fig. 18 kl), ganz so, wie es NırscHE (25) auf
seiner Fig. 10, Taf. XXII zeichnet.
Auch kann man hier nicht von einer langen, ununterbrochenen
Eierschnur, wie es SPANGENBERG will, sprechen, sondern wir sehen
bei Cherocephalus Josephinae, ebenso wie es NITSCHE (25) bei bran-
chipus Grubei gezeichnet hat, gruppenweise geordnete Eizellen, welche
1 40, 8. 82 (348).
Phyllopodenstudien. | 457
sich vom Keimlager abtrennen und später zu schnurartigen Gruppen
auswachsen (Taf. XXII, Fig. 18).
| An Querschnitten sieht man, wie es schon bei Branchipus stag-
nalis CLaus (40) und bei Branchipus Grubei AuGUsT BRAUER (59) ge-
zeigt haben, daß die Zellengruppen um so größere Zellen haben,
je weiter sie vom Keimlager entfernt sind (Taf. XXI, Fig. 3, 4, 6,
7, Taf. XXII, Fig. 18). Auf denselben Abbildungen sieht man auch
sanz gut, daß die Zellengruppen durch gut ausgesprochene Spalt-
räume begrenzt erscheinen. Hier finden wir ganz dasselbe, was
Craus (40) bei Dranchipus stagnalis beschreibt, und so können wir
mit demselben wiederholen, daß bei COhzirocephalus Josephinae »zur
Bildung einer ventralen Zellensäule, die sich durch weitere Differen-
zierung in den gewundenen Zellenstrang verwandelt, kommt es über-
haupt nicht, vielmehr ordnet sich die Zellenmasse des Stranges mit
dem fortschreitenden Wachstum durch Bildung von Spalträumen in
der Weise, daß in dorsoventraler Richtung Columnen von Zellen aus-
einanderweichen, welche den Eindruck von einfachen oder doppelten,
durch eine helle Zwischensubstanz gesonderten Zellreihen machen
und im optischen Längsschnitt das Bild gewundener Zellenstränge
bieten<!. Nur die Richtung ist bei CUhzrocephalus Josephinae etwas
seändert, da hier die Keimlager nicht an der ventralen, sondern an
der medialen Wand des Eierstockes liegen.
Im ganz hintersten Ende des Eierstocks, wo, wie es auch
NITscHE (25) für Branchipus Grubei zeichnet, sich nur die Keim-
lagerschicht befindet (Taf. XXI, Fig. 1), finden wir nur indiffe-
rente Keimzellen. Schon in kürzester Entfernung vom hinteren
Ende, etwa 0,3 mm entfernt, sehen wir schon einige Zellenreihen,
und in der Höhe eines Halbmillimeters finden wir Zonen, wo man
schon die typischen Nährzellen unterscheiden kann (Taf. XXI,
Fig. 7 n2).
Schon SPANGENBERG (26) und NIrscHE (25) haben den Unter-
schied zwischen den Eizellen und Nährzellen bei den Branchipoden
kennen gelernt. Es war aber August BRAUER (99) und später WoL-
TERECK (82), die dieser Frage mehr Aufmerksamkeit widmeten.
BRAUER zeigte, daß der größte Teil der Eierstockszellen zu Nähr-
zellen wird, und nur der kleinste zu Eizellen (82, S. 100-102).
BRAUER bestätigt gegen die Meinungen von CLaus die älteren An-
gaben NırscHEs und SPANGENBERGS und findet, daß bei Branchipus
1 40, 8. 83 (349).
30*
458 Nicolaus v. Zograf,
Grubei zwischen den Kernen der Ei- und Nährzellen ebensolche
Verschiedenheiten existieren, wie sie V. SIEBOLD (20) und H. Lup-
wıc (24) für Zeprdurus productus konstatiert haben. »Während in
den zu Eizellen werdenden Keimzellen der Kern nach kurzem Ruhe-
zustand zur Ausbildung der Chromosomen schreitet, der eine Nucleo-
lus bald verschwindet oder wenig hervortritt, und der ganze Kern-
raum homogen erscheint und sich wenig färbt, bleiben diese Ver-
änderungen beim Kern der Nährzellen aus, dagegen treten hier andre
ein. Er wächst rasch und übertrifft bald die auf gleicher Höhe mit
ihm liegenden Keimbläschen, der ganze Inhalt färbt sich intensiv,
außer dem einen von Anfang an vorhandenen Nucleolus, der auch
zu wachsen scheint, treten im Kernraum zerstreut viele andre, meist
unregelmäßig gestaltete, sich ebenso stark färbende Chromatinbrocken
auf, oder es liegen überall zerstreut zahlreiche kleine Chromatin-
körner, die in einem sich ebenfalls stärker als in andern Kernen
färbenden Netz gelagert sind!.«
Fast dasselbe Bild zeigen die Ei- und Nährzellen bei Chiro-
cephalus Josephinae. Auf der Fig. 28 (Taf. XXI) finden wir eine
typische Eizelle mit ihrem typischen, an Chromatin armen Kerne (oz),
sowie zahlreiche, mit lebhaft gefärbten Kernen versehene Nährzellen
(x). Der Durchmesser des Kernes der Eizelle oder des Keimbläs-
chens mißt etwa 0,008 mm, während der der Nährzellenkerne etwa
0,015 mm lang erscheint. In dem Keimbläschen unterscheiden wir
ein stärkeres und drei bis vier schwächere Chromatinkörperchen,
während die Kernsubstanz der Nährzellen zu größeren Massen der
sich lebhaft färbenden Substanz zerteilt ist, die sich größtenteils in
der Mitte und an der Peripherie des Kernes sammelt. Denselben
Typus des Baues der Kerne der Nährzellen finden wir an andern
Bildern von Cherocephalus Josephinae, was man auf den Fig. 2, 3, 4,
6,. 7, 9 Taf.- XXI und Fig. 17, 18, 22, 25 und 28T ER Fehen
kann. |
Die früheren Verfasser geben nicht die Weise an, auf welche
die Nährzellen die Eizelle bei den Branchipoden ernähren. Nur
A. BRAUER (59) schreibt, daß die Nährzellen »dem Ei wie einge-
preßt sind«. Auf seiner Fig. 101 der Taf. VI sieht, man auch ein Ei,
welches der Nährzelle so dicht anliegt, daß man schon zwischen
ihnen keine Grenze bemerken kann. Es war WOLTERECK (82), wel-
cher dem Schicksale der Nährzellen viel Aufmerksamkeit geschenkt
159 (8.7).
Phyllopodenstudien. | 459
hat. Er untersuchte zwar keine Phyllopoden, sondern Ostracoden, doch
zeigen hier viele Erscheinungen große Ähnlichkeit mit dem, was wir
bei Sireptocephalus auritus gesehen haben, und ich werde später
dieser höchst interessanten Arbeit noch manche Zeilen widmen.
Wenn wir sorgfältig ganze Schnittserien der Eierstöcke von
Chirocephalus Josephinae studieren, so finden wir öfters die von
A. BRAUER (59) gesehenen ins Ei eingepreßten Nährzellen (Taf. XXII,
Fig. 22 und 25). Die »eingepreßten« Nährzellen stellen zwei Formen
vor. Entweder sie unterscheiden sich gar nicht von den massenhaft
im Eierstocke sich befindenden Zellen (Fig. 25), oder sie unterschei-
den sich von diesen durch Schwäche, kleinere Größe, endlich voll-
kommenes Verschwinden der Kerne.
Wie kann man solche Erscheinungen erklären? Wir sehen hier
die Nahrungsaufnahme der Eizellen durch die Nährzellen. Die »ein-
gsepreßten« Zellen haben im Anfange ihres festen Anklebens an die
sie zum Teil umfassende Eizelle eine Form und einen Bau, womit
sie von denen andrer Nährzellen in nichts differieren. ‚Aber spä-
ter dient die Zelle zur Nahrungsbeschaffung für die Eizelle. Wir
können diese Art noch nicht vom chemischen Standpunkt erklären,
obgleich wir seit langer Zeit wissen, daß bei den Apodiden die
Nährzellen ebenso funktionieren. Die sich so intensiv färbende Sub-
. stanz, welche WOLTERECK mit vollem Recht vom Chromatin, wie es
von BRAUER angesehen wird, unterscheidet, verschwindet allmählich.
Wahrscheinlich wird sie durch die chemische Tätigkeit des Orga-
nismus flüssig, wie es WOLTERECK (82) auch für die Ostracoden
annimmt und wird in diesem flüssigen Zustande von der Eizelle
absorbiert.
Die Kerne der Nährzellen wachsen sehr bedeutend. Beim Strepto-
cephalus auritus, wie wir später sehen werden, wachsen sie so enorm,
daß die ganze Zellmasse schließlich zum Kerne wird. Eben das-
selbe schreibt WOLTERECK auch für die Ostracoden (82). Wenn
in der Zelle keine sich intensiv färbende Kernsubstanz bleibt und
die Nährzelle nicht mehr für ihre Nähraufgabe fähig erscheint,
werden ihre Reste abgestoßen; in der Eizellenwand bleibt noch
für einige Zeit eine scharf ausgesprochene Einbuchtung, welche
später bei dem reifen Ei vollständig verschwindet. Unsre Fig. 25
zeigt uns einen Schnitt durch eine Eizelle, in welche die Nährzelle
eingeprebt ist, aber in ihrem Bau sich von den übrigen Nährzellen
noch nicht unterscheidet. Auf der Fig. 22 (Taf. XXII) sehen wir
eine Eizelle, in welche zwei Nährzellen eingepreßt sind. Bei diesen
A460 | Nicolaus v. Zograf,
Nährzellen sind aber die Kerne schon ganz verschwunden, und eine
von diesen Zellen, nämlich die der linken Seite der Abbildung, von
denen nur kleine, wie ausgepreßte Reste bleiben, wird von der Ei-
zelle abgeworfen.
Solche Nahrungsaufnahmeweise wird auch in andern Tierklassen
beschrieben. So finden wir in der schönen Abhandlung von Kor-
SCHELT über Ophryotrocha puerihis Angaben über die Nahrungsauf-
nahme des wachsenden Eies. Auch hier wird dem Ei eine Nährzelle
in der Weise angeklebt, daß selbst zeitweise die Grenzen zwischen
diesen Zellen verschwinden. Der Kern der Nährzelle wird enorm
groß, er färbt sich höchst intensiv. Bei reiferen Eiern finden wir
den dem Ei ansitzenden winzigen Rest der Nährzelle, welcher vom
Ei scharf abgegrenzt erscheint!.
Diese Art Nahrungsaufnahme wird bei noch reifenden, ziemlich
großen Eizellen beobachtet, ungefähr von demselben Entwicklungs-
stadium, wie die größten auf der Fig. 18 unsrer Taf. XXII abgebil-
deten Eier.
Reife, aber noch nicht ausgeworfene Eier, sowie der vollstän-
digen Reife schon sehr nahe, große Eier, ernähren sich auf eine ganz
andre Weise. |
Sie nehmen ihre Nahrung auf phagocytäre Weise ein.
Wenn die Eizelle groß genug ist und genug Nahrungssub-
stanzen aufgenommen hat, wird sie zum Ei. Diese Verwandlung
fängt an mit dem Erscheinen von Dotterkörnchen in der Mitte der
Zelle, und schon bald kann man im Ei scharf zwei Zonen unter-
scheiden, eine peripherische, keine Dotterkörnchen enthaltende und
aus feingranulierter Substanz bestehende (Taf. XXI, Fig. 29 px),
und eine innere aus Dotterkörnchen bestehende (Fig. 29 di). Im
Anfang sind die Dotterkörnchen noch sehr fein, so daß man sie
wohl zu unterscheiden, aber noch nicht zu messen im stande ist
(Taf. XXI, Fig. 3 0x), und nur an der Grenze zwischen dem Dotter
und der peripherischen Zone unterscheidet man klar genug die sich
hier etwas lebhafter färbenden Körnchen; später aber werden die
Dotterkörnchen viel klarer, man ist imstande sie zu messen, und
ihr Durchmesser hat die Länge ungefähr von 0,0012 mm. Die Grenze
zwischen der peripherischen Zone und der Dottermasse ist sehr scharf
zu sehen. Es ist dadurch bedingt, daß an dieser Grenze sich eine
ı E. KORSCHELT, Über Kernteilung, Eireifung und Befruchtung bei Ophryo-
trocha puerihis. Diese Zeitschr. 1895. Bd. LX.
Phyllopodenstudien. | 461
Reihe von sich sehr intensiv färbenden Strichen bildet (Fig. 29 g7.st).
Diese Streifchengrenze ist sehr gut auch in den Eiern von andern
Phyllopoden zu beobachten, z. B. bei Lepidurus productus (Taf. XXII,
Fig. 30 gr.st), bei Chirocephalus carnuntanus zerfließen die einzelnen
Streifehen stellenweise zu größeren, ununterbrochenen Streifen, wel-
che sich an einigen Stellen auf eine gewisse Länge sehen lassen
(Taf. XXIV, Fig. 68 gr.st).
So gebaute Eier trifft man auf der ganzen Länge des mittleren
Drittels des Eierstockes, sowie auch stellenweise in seinem hin-
teren Drittel; im vorderen Drittel aber sind die Eier so voll von
Dotter gepfropft, daß die Keimbläschen und die Grenzstreifchen
dort nicht mehr zu sehen sind (Taf. XXI, Fig. 2, 3, 6, 9, Taf. XXI,
Fig. 17 e).
| Die reifen Eier begegnen auf ihrem Wege noch vielen unver-
brauchten Nährzellen und verzehren dieselben (Fig. 3, 6, 9 der Taf. XXI,
Fig. 17 der Taf. XXII. Die Nährzellen sind zuerst von der peri-
pherischen Zone umschlungen, in welche aber aus dem Dotter ein-
zelne Körnchen eintreten (Fig. 3 ee und rn). ‚Später treten die Nähr-
zellen vollständig ins Ei ein und ihre Substanz mischt sich mit dem
Dotter. Oft sieht man im Dotter große, hellere Räume, in welchen
man noch die Reste der Nährzellenkerne bemerkt (Taf. XXI, Fig. 9 n2).
Es scheint, daß bei diesem Nährzellenverschlucken eine ziemlich
große Mannigfaltiskeit herrscht, sowohl in der Art und Weise des
Vorganges, wie in der Zahl der aufgenommenen Nährzellen. So
sieht man auf der Fig. 3 der Taf. XXI nur eine Nährzelle (»x), wel-
che in die Mitte des ihr anliegenden Endes des Eies eintritt; während
auf der Fig. 17 der Taf. XXII man ebenso aufgeschluckte Nährzellen
findet, zeigen uns die Fig. 6 u. 9 der Taf. XXI ganze Reihen der
Nährzellen, welche vom Ei aufgenommen werden. Auf der Fig. 6
z. B. bemerkt man, wie ein ganzer Teil der »gewundenen Eischnur«
ins Ei eintritt, während man auf der Fig. 9 mehrere Reste der vom
Ei assimilierten Nährzellen findet.
Die chemische Verarbeitung des Nährmaterials findet hier im
Innern des Eies Platz. Man sieht auf den Fig. 6, 9 u. 17, wie die
Konturen der Nährzellen im Eidotter blaß werden und endlich voll-
ständig verschwinden. Auch in den Kernen sieht man viele Ver-
änderungen, welche aber in nichts an die Veränderungen bei der
Nahrungszufuhr zur Eizelle erinnern. Dort bemerkt man wie bei
den Ostracoden nach WOLTERECKS Untersuchungen, gewisse Verände-
rungen in der sich intensiv färbenden Kernsubstanz, welche mit
462 Nicolaus v. Zograf,
deren Verflüssigung endigen, hier sieht man wahre Verdauungs-
resultate.
So sehen wir bei Chirocephalus Josephinae zwei Arten von
Nahrungsaufnahme durch die Eier, die eine Art, welche der Eizelle
eigen ist, die andre, welche wir bei den reifen Eiern finden. Die
erste Art ist, wie wir sehen werden, vielen Phyllopoden, sowie auch
andern Crustaceen gemein, die phagocytäre Ernährung ist aber bei
den Crustaceen noch nicht beschrieben, obgleich wir Spuren davon
bei älteren Verfassern finden und gesehen haben, daß E. van BENE-
DEN und Besseus (18) schon vor ungefähr 40 Jahren die Copepoden-
eier mit Erfolg mit Karminpulver gefüttert haben.
Jetzt wenden wir uns zur Nahrungsaufnahme bei Sireptocephalus
. auritus. Der Eierstock dieses Krustentieres besteht aus denselben
Elementen, wie der Eierstock von Chörocephalus Josephinae.
Auch hier finden wir ein Keimlager (Fig. 64, Taf. XXIV XÄl),
aus welchem sich Zellenreihen (2) abspalten, auch hier wird die
medianwärts gerichtete Seite des Eierstockes zu einem von Epithel
bekleideten Eileiter (Fig. 64 ep.od); auch hier treten reife Eier in
diese Röhre ein, um durch den Oviduct in den Eisack abgeführt zu
werden (Taf. XXIV, Fig. 59 ee), aber die Art der Nahrungsaufnahme
der Eizellen und der Eier ist eine ganz andre.
Man unterscheidet bei Sireptocephalus ganz klar die Eizellen
(Taf. XXIV, Fig. 70 0x) von den Nährzellen (Taf. XXIV, Fig. 62 u.
69 nz). Die Unterschiede im Kernbau sind hier noch schärfer als
bei Chirocephalus Josephinae Die Größe der ausgebildeten Kerne
ist in den beiden Zellenarten ganz gleich und schwankt gegen
0,011 mm, aber im Bau merken wir sehr beträchtliche Verschieden-
heiten. Die Keimbläschen sind bei Strepiocephalus noch ärmer an
Chromatin, als bei Chirocephalus Josephinae, weswegen sie oft ganz
blaß erscheinen. Die Kerne der Nährzellen dagegen sind so reich
an der sich intensiv färbenden Substanz, daß man in ihnen selbst
gar keine Struktur zu sehen imstande ist.
In den Kernen der Eizellen (Taf. XXIV, Fig. 70 0x) sieht man
winzige, wie Staub. zerstreute Chromatinteilchen. Die Nährzellen
haben Kerne, welche sich mit allen Tinktionsmitteln sehr intensiv
färben. Diese Kerne wachsen in den Nährzellen sehr stark aus, so
daß endlich die ganze Nährzelle zum Kern wird (Taf. XXIV, Fig. 62 2).
Zu derselben Zeit fangen die kernreichen Zellen an in kleinere Stücke
zu zerfallen und zerbröckeln (Taf. XXIV, Fig. 67 nır), so daß sie
endlich ganz kleine, meistens kreisrunde Stückchen darstellen. Diese
Phyllopodenstudien. | 463
Stückchen verschwinden allmählich und ihr Verschwinden ist eng
mit dem Wachstum der Eizellen verküpft.
Hier begegnen wir derselben Nahrungsaufnahme, wie es WOLTER-
ECK (82) bei den Ostracoden beschreibt.
WOLTERECK findet bei den Cypriden, daß in den Nährzellen
»verschwindet der Nucleolus und zerteilen sich die dunklen Chroma-
tinkugeln«, daß »der ganz geringe Zellleib«, sowie der Kern »behal-
ten ihren Umfang bei, bis die Zellen am Ende des Ovariums, zur
Zeit, wenn die Eizelle sich mit der Eischale umgibt, zerfallen«e. Er
schreibt weiter: »die Zahl der Chromosomen scheint die Normal-
zahl 12 überschreiten zu können — eine ‚Hyperchromatose‘ —, wie
sie von degenerierenden Zellen (im Careinom usw.) des öftern be-
schrieben worden ist«. Später beschreibt er das Gruppieren dieser
Chromosomen, welche man besser Stücke sich lebhaft färbender
Kernsubstanz nennen kann, zu Diaden, Tetraden, Kugeln, Astern usw.,
welche schließlich »eine amorphe, tief dunkle Masse bilden, die den
Kern völlig ausfüllt«!.
Ich habe keine Gruppierung der Chromosomen zu Diaden, Tetra-
den usw. beobachtet, kann aber das enorme Wachstum des Kernes,
seine vollständige Ausfüllung durch eine amorphe tief dunkle Masse
und seine endliche Zerfällung zu kleinsten Stückchen und Bröckeln
konstatieren.
Ich schließe mich hier der Auffassung von WOLTERECK (82) an,
nach welcher »es sich um Produkte des Stoffwechsels« handelt, »um
Substanzen, welche während der aktiven Tätigkeit des Kernes (Chroma-
tins) in Erscheinung treten und, ohne bei der Bildung obengenannter
Zellorgane? eine spezielle Rolle zu spielen, in gelöster oder unge-
löster Form in das Zellplasma übergehen«.
WOLTEREcK hat vollkommen Recht, wenn er diese Kernprodukte
mit den Nucleolen, welche HÄcker’ als »Abspaltungsprodukt oder
Nebenprodukt des Stoffwechsels« bezeichnet und WıLson* »a passive
material«, »direetly or undireetly derived from the chromatin« nennt,
vergleicht. Auch hat er Recht, indem er die »proteusähnliche Mannig-
faltigkeit«, die »Regellosigkeit< dieser »Stoffwechselprodukte« in
1 82, 8. 604.
2 D. i. Chromosomen, Achromatin, Centrosomen usw.
3 HÄCKER, Biologisches Centralblatt. Bd. XVIL. Auch in vielen andern
seiner Abhandlungen richtet dieser vortreffliche Forscher seine Aufmerksamkeit
auf die so wichtigen Fragen der Eiernährung und der Produkte des Stoff-
wechsels.
* E.B. Wırson, The cell in Development and Inheritance. New York 1902.
464 | Nicolaus v. Zograf,
Formen von »Körnchen, Bläschen, Würstchen, Brocken und Kugeln, «
deren Erscheinung und Verschwinden durch »die chemische und
physikalische Labilität der Stoffe« erklärt.
Diesen Anschauungen kann ich mich vollständig anschließen,
nur möchte ich noch stärker unterstreichen, daß nicht jeder sich
intensiv färbende Teil des Kernes Chromatin ist, und daß wir es hier
viel mehr mit den die chemische Tätigkeit der Zellen auslösenden
Elementen zu tun haben, als mit den die morphologische Tätigkeit
regulierenden Chromatin- und Centralkörpern.
Leider sind die Fragen über Zellenernährung, Zellenstoffwechsel,
die Probleme der Nucleolen noch sehr spärlich bearbeitet, und es
genügt die Compendien von WILson, OTTo v. FÜRTH? oder GUr-
WITScH? zu konsultieren, um zu sehen, wie wenig noch in dieser
Richtung gemacht ist. So ist z. B. die Frage über Pyrenolyse, welche
in unserm Falle von hoher Wichtigkeit erscheint, noch fast gar nicht
berührt.
Wir finden also bei den Branchipoden drei Arten der Eiernährung:
1) die phagoeytäre Ernährung der Eier bei Chirocephalus Josephinae,
2) die Absorption der Nährstoffe mit Hilfe der Nährzellen und die
Assimilation ihrer sich intensiv färbenden Kernstoffe durch die Eizellen
bei demselben Tiere und 3) die Absorption der in feinste Bröckchen
zerfallenden und in der Ovariumflüssigkeit sich lösenden in tiefgefärbte
Substanz umgewandelten Nährzellen bei Strepfocephalus auritus.
Bei den schalentragenden Phyllopoden erscheint die Ernährung
der Eier viel einförmiger, obgleich wir auch hier schwache Anklänge
an das, was wir bei den Branchipoden sehen, finden.
Bei Lepidurus productus sehen wir im gut entwickelten, aber
noch jungen Follikel, wie seit lange bekannt, vier Zellen (Taf. XXII,
Fig. 20). Von diesen Zellen ist die distal liegende (Fig. 20 ox) die
Eizelle, die andern Nährzellen. H. BERNARD zeichnet auf seinen halb-
schematischen Abbildungen (58, Fig.33) bei Lepidurus glaciaks proximale
Zellen als Eizellen. Ich weiß nicht, wie es bei Zepedurus glaciahs in
Wahrheit ist, doch glaube ich, daß auch bei diesem Tiere die distalen
Zellen als Eizellen funktionieren, da es so auch bei Apus, Limnetıs,
Estheria und Leptestheria nach meinen Beobachtungen, sowie bei
Limnadia lenticularis, nach denen von NOWIKOFF (88) besteht. Die
1 82, S. 616.
2 0. v. FÜRTH, Vergleichende chemische Physiologie der niederen Tiere.
Jena 1903.
3 A. GurwıtscH, Morphologie und Biologie der Zelle. Jena 1904.
Phyllopodenstudien. | 469
Eizelle ist merkbar die kleinste, und ihr Kern ist viel kleiner
als der der Nährzellen. Er mißt nämlich bei den mit FLEMMING-
scher Flüssigkeit fixierten Exemplaren (Fig. 20) von 0,015 bis (Fig. 32,
Taf. XXII) 0,02 mm, bei den in TELLYESsNITzsKys Flüssigkeit fixier-
ten (Taf. XXII, Fig. 28) von 0,02 bis 0,027 mm, und bei den Wein-
geistexemplaren von 0,018 bis 0,021 mm (Taf. XXIHI, Fig. 52). Die
Nährzellenkerne haben einen Durchmesser von 0,035 bis 0,042 mm
bei der Bearbeitung mit FLemmngs Gemische, von 0,036 bis 0,046 mm
bei den mit der Flüssigkeit von TELLYESNITzsKY fixierten Follikeln
und von 0,035 bis 0,043 mm bei den Spiritusexemplaren.
Über die Verschiedenheit des Baues der Kerne dieser zwei Zellen-
arten ist schon viel geschrieben, und wir werden darüber nicht viel
_ sprechen. Wir zeigen nur, daß bei Lepidurus productus beide Kern-
arten gut ausgesprochene Kernmembranen zeigen (Fig. 20 und 32,
Taf. XXII), daß die Keimbläschen immer von ein bis drei, am
häufigsten aber zwei große Nucleolen haben (Taf. XXI, Fig. 20, 21
und 32, Taf. XXIII, Fig. 52 ox und »x), und daß die Follikel mit
einer Follikelmembran bedeckt sind, in welcher man da und dort
auch Epithelzellen erkennt (Taf. XXL, Fig. 21 f.ep).
Die Keimbläschen bleiben so lange ohne Veränderung, als das
Eiplasma sich noch nicht zum Dotter verändert. Die Eizelle wächst
- allmählich; im Follikel der Fig. 20 von Taf. XXII ist sie noch kleiner
als die Nährzellen, sowie im Follikel, welcher auf der Fig. 32 ab-
gebildet ist; es steht aber ganz anders mit den andern abgebildeten
Follikeln. So ist, auf Fig. 21, die Eizelle des unteren Follikels den Nähr-
zellen gleich, im oberen aber fängt sie an dieselben an Größe zu über-
treffen, obgleich der Bau des Keimbläschens noch nicht verändert ist,
aber auf den Abbildungen 24, 26, 33 der Taf. XXI und 47 der
Taf. XXIII, wo die Eizelle schon zum Ei ausgebildet erscheint und
die Nährzellen an Umfang weit übertrifft, sieht man auch das Keim-
bläschen seinen Bau und seine Größe wesentlich verändern.
Die Kernmembran, welche in den Abbildungen 23 und sogar 47
noch deutlich zu sehen ist, verschwindet bei den Eiern, welche in den
Fig. 24, 26 und 35 abgebildet sind. Ganz reife, dem Austreten nahe
Eier, z.B. das in der Fig. 24, Taf. XXII abgebildete, wo man den
Kern schwer findet, entbehren der Kernmembran immer.
Das Chromatin, denn bier ist vom wahren Chromatin zu spre-
chen, zerteilt sich allmählich in kleinste Partikeln. Bei noch nicht
enorm ausgewachsenen Eiern, z. B. denen, die auf den Fig. 23 und 26
abgebildet sind, erscheint es noch in gut sichtbaren Körnchen, seibst
466 Nicolaus v. Zograf,
in Nucleolen (Fig. 29). Später sind diese Chromatinpartikeln immer
schwerer zu sehen (Taf. XXIII, Fig. 47, Taf. XXII, Fig. 33), bis sie
endlich bei den vollständig reifen Eiern (Taf. XXI, Fig. 24) gar nicht
zu unterscheiden sind. Bei solchen Eiern erkennt man den Kern
besser mit den Farben, welche die achromatischen Substanzen färben,
als mit denen, die das Chromatin färben, und die Fig. 24, Taf. XXII
ist von einem Präparate, welches mit Birnen UOcıE Een
Dreifarbenmischung tingiert war, genommen.
Im Plasma erkennt man äselmän noch ziemlich lange nicht
den Dotter und die peripherische Zone. So finden wir z. B. bei
einem Eie, welches im Keimbläschen fast kein Chromatin zeigt und
das etwa 0,35 mm lang erscheint, noch keine Verteilung des Inhaltes
in peripherische Zone und Dotter, obgleich andre Eier von derselben
Länge, z. B. das auf der Fig. 47, Taf. XXIII abgebildete quer ge-
schnittene Ei, solche Verteilung schon ganz scharf zeigen.
Die Nährzellen, sowie ihre Kerne, wachsen nicht weiter. »ie
sind noch gut zu bemerken bei den Eizellen, wo das Chromatin der
Kerne noch gröbere Stücke zeigt, z. B. wie die in den Fig. 23 und 26
der Taf. XXII abgebildeten, vergehen aber gänzlich bei den sich zu
Eiern umbildenden Zellen. So sehen wir in der Fig. 35, Taf. XXII
ihre Reste, wo schon keine Kerne und selbst nur Spuren des Plasmas
zu unterscheiden sind. Nach dem völligen Verschwinden der Nähr-
zellen hört das Ei auf zu wachsen. Es schiebt dann die Nährzellen-
reste auseinander und sucht sich den Weg durch das Lumen des
Follikelstieles (Fig. 20, Fig. XXI, »d).
Das ausgewachsene Ei besteht aus einer peripherischen Zone
(Fig. 44 und 47, Taf. XXI, Fig. 24, 27, 30, Taf. XXI) und dem
Dotter (dieselben Figuren dt und d.k).
Die peripherische Zone ist ebenso feinkörnig wie bei Chrro-
cephalus Josephinae, erreicht aber eine viel größere Dicke. Sie ist
hier etwa 0,015 mm breit, während ihre Breite bei Chrrocephalus
Josephinae nicht über 0,006 mm steigt.
Auch die Dotterkörnchen sind viel größer als die des Dotters
von Chirocephalus Josephinae. Bei Lepidurus producius haben die-
selben einen Durchmesser von etwa 0,002 mm, während die des
Chirocephalus einen 0,0012 mm langen Durchmesser besitzen. Die
Keimbläschen wachsen deutlich aus, und man findet im reifen Ei
Keimbläschen, welche eine Länge von 0,04 mm besitzen (Taf. XXIII,
Fig. 47) gegen die Dimensionen von zwischen 0,015 und 0,027 mm
bei den Eizellen.
Phyllopodenstudien. 467
Die Strichgrenze zwischen der peripherischen Zone und dem Ei-
dotter ist manchmal auch bei Zepedurus sehr klar zu sehen (Taf. XXII,
Fig. 30 gr.st).
Ich hatte keine Gelegenheit dieselben Strukturen bei Apus caner:-
formis zu untersuchen, glaube aber, nach einigen nicht gut genug
konservierten Exemplaren, welche mir zur Untersuchung dienten, daß
hier der Prozeß der Eibildung und der Eiernährung in derselben
Weise vorkommt wie bei Lepidurus produetus.
Es scheint, daß bei den zweischaligen Phyllopoden, wie Estheria,
Leptestheria, Limnetis und Limnadia, die Bildung und die Nahrungs-
aufnahme der Eizelle auf dieselbe Weise erfolgt, wie bei Lepidurus.
Die Limnadia nach NOWIKOFF (88), die Leptestheria, die Esthe-
ria tetracera (Taf. XXI, Fig. 48) und die Limnetis brachyurus
(Taf. XXIII, Fig. 41) besitzen ganz solche Follikel, wie wir sie bei
Lepidurus gesehen haben. Die Unterschiede sind nicht wichtig ge-
nug, außer in einem Punkte. Er besteht darin, daß man bei diesen
Phyllopoden keinen Unterschied zwischen der Kernstruktur der Ei-
zellen und Nährzellen findet. Sowohl NOWIKOFF (88) bei Limnadia,
wie ich bei ZLeptestheria, Estheria und Limnetis konnten diesen Unter-
schied nicht beobachten, die Kerne der Eizellen und die der Nähr-
zellen sind identisch sowohl bei Z#stheria tetracera (Taf. XXIII,
Fig. 48 0x und nz) als bei Limnetis brachyurus (Taf. XXIII, Fig. 41
oz und nz).
Die Follikel von Leimmnetis sind etwas anders gebaut als die von
Apus, Lepidurus, Estheria und Limnadia. Hier liegen nämlich die
drei Nährzellen nicht alle unmittelbar unter dem unteren proximalen
Ende der Eizelle, sondern folgen hintereinander, so daß der Eizelle
nur eine Nährzelle anliegt (Taf. XXIII, Fig. 41 nz). Es war daher
sehr schwer zu erkennen, wie viel Nährzellen der Eizelle entsprechen,
und ich glaube, daß hier die Zahl oft schwankt.
Außerdem finden wir bei Limnetis manchmal etwas, was an den
Zerfall der Nahrungselemente bei Streptocephalus und Ostracoden er-
innert.
Ich fand nämlich vielmals zwischen den anwachsenden Eizellen
sich lebhaft färbende Kugeln und Klumpen (Taf. XXIV, Fig. 65 nz),
und in der Nähe dieser Klumpen und Kugeln fand man immer Zellen-
reste, Hier ist nicht an Secret von Drüsenzellen zu denken, wie es
NOWIKOFF (88) für Leimnadia behauptet, denn bei den geschlechts-
reifen Limnetis findet man keine Oviduct- oder Pedunkelepithelzellen,
deren Bau an den bei Zimnadia erinnert.
468 2 Nicolaus v. Zograf,
Bei den zum Eiwerden fertigen Eizellen sieht man auch scharf
die peripherische Zone, sowie den centralen Dotter (Taf. XXIII,
Fig. 40), welcher bei den vollständig reifen Eiern ziemlich große
Dotterkörnchen zeigt von einem etwa 0,0015 mm langen Durchmesser,
was bei der winzigen Größe der Limnetis-Eier als groß zu be-
zeichnen ist.
Es muß hier noch eine Tatsache erwähnt werden. Bei Chiro-
cephalus carnuntanus habe ich manchmal an Schnitten gesehen, wie
die Zellen des Follikelepithels sehr aufgetrieben und in die Eimasse
eingepreßt erschienen (Textfig. 2). An der Oberfläche des Eies sah
man dann Einsenkungen, welche gerade den eingestülpten Epithel-
zellen entsprachen, und die peripherische Zone des Eies war in diesem
Falle viel dunkler als der ganze Dotter gefärbt. Ich möchte hier
noch eine Art Nahrungsaufnahme vermuten, nämlich eine Nahrungs-
zufuhr durch die das Ei bekleidenden Zellen, wie es bei einigen
Crustaceen schon beschrieben ist.
So finden wir bei den Phyllopoden drei Arten von Eiernährung:
1) Die Nahrungsaufnahme mittels der Nährzellen, wie wir es
bei den Eizellen von Chörocephalus Josephinae, bei den Eizellen von
Apus, Lepidurus, Estheria, Leptestheria, Limnadia, Limnetis und
vielleicht von Cherocephalus carnuntanus finden. Hier dient die Nähr-
zelle als ein Apparat, welcher durch die Tätigkeit seines enorm
großen Kernes, zur Ein-
nahme der Nahrungssubstan-
zen aus den Körperflüssig-
keiten dient, indem dieser
Apparat die Flüssigkeiten
Textfig. 2. in eine Art Kernsubstanz,
Schnitt eines Eifollikels von Chirocephalus carnuntanus. .
Vergr. 350/1. verwandelt, welche sich sehr
lebhaft färbt und damit eine
erhöhte chemische Tätigkeit aufweist. Später werden diese Substan-
zen wieder flüssig und werden in dieser Form vom Ei absorbiert.
Diese Nahrungsform scheint weit verbreitet zu sein; die Fähigkeit
die Nährsubstanzen dem Ei zuzuführen ist vielleicht nicht nur den
Nährzellen, sondern auch den Follikelepithelzellen eigen (Ohrrocepha-
lus carnuntanus) (Textüg. 2).
2) Die zweite Form der Nahrungsaufnahme, welche so gut bei
den Cypriden von WOLTEREcK (82) beschrieben ist, und welche wir
ungefähr in derselben Form beim Streptocephalus auritus gefunden
haben, steht der ersten Form sehr nahe. Hier werden die Nährsub-
Phyllopodenstudien. 469
stanzen auch in den Zellkern ausfüllende, sich lebhaft färbende Sub-
stanz übergeführt, aber hier wird die Nahrungssubstanz nicht mittels
der der Eizelle oder dem Ei dicht anliegenden Nährzellen aufge-
nommen, sondern wird der ganze chemische Prozeß außerhalb der
Zelle, im Innern der Eierstockshöhle durchgemacht. Auch hier zer-
fällt schließlich die den Kern und die ganze Eizelle erfüllende Sub-
stanz in kleinere Stücke und Bröckel, welche sich lösen und von
den Eiern absorbiert werden.
3) Endlich haben wir bei den vollkommen reifen Eiern von
Chirocephalus Josephinae eine typische phagocytäre Nahrungsaufnahme,
indem das Ei einzelne, oder selbst Gruppen von Zellen auffrißt.
Jetzt wollen wir sehen, ob wir etwas Ähnliches bei andern
Urustaceengruppen finden.
Die Nahrungsaufnahme der Ciadoceren ist schon seit lange be-
kannt, und wir wissen gut durch die Untersuchungen von WEISMANN
28, 30) und Häcker (66, 90), daß hier die Nahrungsaufnahme in
naher Beziehung zur Entwicklungsart steht. So wissen wir, daß bei
Daphnien und Moinen die Zahl der vom Ei verbrauchten Nährzellen
eine verschiedene ist, je nachdem wir es mit dem sich leichter ent-
wickelnden Sommerei oder mit dem Winterei zu tun haben. W. Ost-
WALD (89) war imstande durch Temperaturänderungen diese Nahrungs-
_ aufnahme auf die eine oder auf die andre Art hervorzurufen. Obgleich
der Prozeß der Eiernährung und der Eibildung bei den Cladoceren
nicht immer dem der andern Phyllopoden entspricht, obgleich man
bei den Daphnien nicht, wie man es an unsrer Fig. 71 der Taf. XXIV
sieht, von dem Verschlucken einer schwächeren Nährzelle durch eine
größere Eizelle, sondern von dem Zusammenfließen zweier äquiva-
lenter Zellen sprechen muß, bleibt doch der Zweck dieser Vorgänge
immer derselbe, dem künftigen Ei viel Bildungs- und Nährmaterial
zu liefern.
Bei den Daphniden spricht man seit Weısmanns klassischen
Untersuchungen (28, 30) von zwei Nahrungsaufnahmearten. Weıs-
MANN selbst nennt die zu diesen zwei Arten Nahrungsaufnahme
dienenden Zellen primäre und sekundäre Nährzellen. Die ersten
werden direkt resorbiert, und so entsprechen sie den Nährzellen der
schalentragenden Phyllopoden und den Nährzellen, welche bei Chzro-
cephalus Josephinae den Eizellen Nahrung zuführen, die zweiten
korrespondieren den Nährzellen von Sireptocephalus auritus, indem bei
"ihnen, wie beim letzten, » die gesamte Protoplasmamasse der betreffenden
Nährgruppen sich zerteilt und die Teilstücke (sekundäre Nährballen)
470 Nicolaus v. Zograf,
sich einzeln auflösen«!. Die letzte Art der Nahrungsaufnahme ist
nach WEISMANN (30) nur den Wintereiern eigen, während die primäre
Form bei der Bildung von Sommereiern beobachtet wird.
Ich kann nicht behaupten, daß bei Streptocephalus auritus auch
die primäre Nahrungsaufnahme existiert, da ich das Leben dieses
Tieres nicht genau genug kenne, was aber den Chörocephalus Jose-
phinae betrifft, so kann ich behaupten, daß hier, außer den von mir
beschriebenen Nahrungsaufnahmearten keine andern vorhanden waren,
da ich imstande war die Tiere in verschiedenen Lenzperioden beob-
achten zu können.
HÄckeER (62, 66, 90) und SAMmTER (83) fügen nicht vieles dem,
was von WEISMANN über die Nahrungsaufnahme der Cladoceren ge-
schrieben war, zu, und so können wir sagen, daß die Cladoceren in
dieser Hinsicht, wie auch in ihrer gesamten Organisation den übri-
sen Phyllopoden sehr nahe stehen.
Ich hatte keine Gelegenheit, Phyllopoden zu untersuchen, welche
verschiedene Fortpflanzungsarten besitzen. Solche Formen findet
man unter den Artemien; aber obgleich in Rußland eine Unmasse
von Artemien vorkommen, pflanzen sie sich alle doch nur auf eine
Art fort.
Anders steht die Sache mit den Artemien im südlichen Europa,
wo man im Winter nur schlechteres Wetter, aber keine Fröste und
keinen Schnee kennt. So wissen wir schon von JoLy (5), daß man
in Südfrankreich in den Wintermonaten lebendig gebärende Arte-
mien findet, während die Sommerformen alle ovipar sind. Diese
interessante Tatsache war vor kurzem von ArToM (87) für die Salinen
aus der Umgebung von Cagliari auf der Insel Sardinien bestätigt.
Es wäre sehr wichtig, wenn die Forscher sich die Mühe gegeben
hätten die Frage über die Eibildung in beiden Fällen genau zu
untersuchen. Was die von mir untersuchten russischen Artemien
betrifft, so wies ihre Ernährung sehr viel Ähnliches mit der von
Streptocephalus auf. Es ist interessant, daß der Sireptocephalus
auritus vielleicht auch als ein lebendig gebärendes Tier anzusehen
ist. Ich habe in seinen Eisäcken öfters Eier mit vollständig aus-
gebildeten Nauplien gesehen, was man z. B. auf der Fig. 58 der
Taf. XXIV sehen kann. Außer bei Cladoceren und Phyllopoden
findet man Spuren der Nahrungsaufnahme der Eizellen auch bei
einigen andern Crustaceengruppen.
1 30, S. 167.
Phyllopodenstudien. | 471
Ich habe bereits früher erörtert, daß schon E. van BENEDEN und
Besseus (18) die Fähigkeit der phagocytären Nahrungsaufnahme bei
Lernaeiden gesehen haben, bei GIESBRECHT (37) findet man die An-
gabe, daß man bei den Notodelphyiden bemerkt, daß »auch die
beiden nächst! anliegenden Zellen und auch noch mehrere der folgen-
den einige wenige Dotterkörnchen einzuschließen pflegen«. Auch
List (50) berichtet bei den Gastrodelphyiden über die im Eierstock
sich befindenden Zellen, welche »die Dottermassen wahrscheinlich auf
dem Wege der Diffusion durch die Oviduetwandung aufnehmen«.
Auch ein älterer Forscher, L. KERSCHNER (32), spricht über die die
Eizellen umlagernden Zellen, deren Rolle er aber nicht erklärt.
Wir sahen schon die von WOLTERECK (82) gut geschilderten
Vorgänge bei den Ostracoden, können noch hinzufügen, daß auch
Craus (61) bei den Ostracoden die wahren Eizellen, »welche sogleich
an dem hellen Keimbläschen kenntlich sind, dessen Centrum von
einem großen, aus Chromatinkörnern zusammengesetzten rundlich-
eckigen Nucleolus eingenommen wird«, beschrieben hat, außerdem
»finden sich hier und da kleinere Zellen mit granuliertem, an Nucleolus-
substanz reichem Kerne und spärlicher Plasmahülle«?. Hier weicht
CLAus von seinen früheren Ansichten ab, indem er die Zellen nicht
nur einfach »abortive Zellen« nennt, sondern behauptet, daß sie zu
»Dotterbildungszellen werden, deren Plasma zugunsten dieser aufge-
braucht und als Dottermaterial verwendet wird«.
Auch für die höheren Crustaceen finden wir Angaben über
die Nahrungsaufnahme der Eizellen und Eier. So beschreibt IsHI-
KAwA (39) bei Athyephira compressa de Haan vacuolenartige Räume
zwischen den Geweben der Ovarienwand, wo er dotterähnliche Ele-
mente fand, welche als Nahrung dem Eie zugeführt werden sollen,
HERRICK (4) beschreibt bei dem amerikanischen Hummer ein drüsen-
artiges Organ, welches vielleicht eine rudimentäre Dotterdrüse
vorstellt, und- Bumpus (52) zeichnet bei demselben Tiere ein Ei-
zusammenfließen, welches sehr an das Verschlingen einer Eizelle von
einer andern erinnert, endlich zeichnet BurscHinskY (69) bei Gebia
ein wahres Verschlucken der Nährzellen durch die Eizellen und gibt
eine vollständige Beschreibung dieses Prozesses.
So sehen wir, daß die Nahrungsaufnahme durch die Eier und
die Eizellen eine bei vielen Crustaceen beobachtete Erscheinung ist,
aber nirgends ist sie so gut ausgesprochen wie bei den Phyllopoden,
1 37, 8. 332. 2 61, S. 166—167 (20—21).
Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. 31
472 Nicolaus v. Zograf,
den ihnen verwandten Cladoceren und den in denselben Verhältnissen
lebenden Ostracoden.
Welches sind wohl die Umstände, die die Häufigkeit dieser Ei-
ernährungserscheinungen bei den Phyllopoden, Cladoceren und Ostra-
coden hervorrufen ?
Es sind ohne Zweifel die eigentümlichen Lebensbedingungen.
Alle diese Tiere führen ein kurzes Leben, sind aber schon so
hoch entwickelt, daß sie zur vollen Differenzierung viele Arbeit
des Organismus brauchen, die in möglichst kurzer Zeit ausgeführt
sein soll. Das ist auch die Ursache, warum diese Tiere im Eistadium
nicht zu lange verweilen, sondern nach der Eiablage rasch zur Ent-
wicklung kommen. Wir sehen z. B. an unsrer Fig. 14, Taf. XXI
ein eben in die Eitasche eingetretenes Ei von Ohzrocephalus Josephinae,
welches noch von keinen Hüllen bedeckt ist, aber schon zur Ent-
wicklung kommt und die erste Kernspindel zeigt. Weiter sehen wir
schon mit den Eihüllen bedeckte Eier von ÜOhirocephalus Josephinae
(Taf. XXI, Fig. 15, 16), Chirocephalus diaphanus (Taf. XXIH, Fig. 39)
und Branchipodopsis affınes (Taf. XXIV, Fig. 61), wo das Ei zum
Blastulastadium gekommen ist, und in diesem, vielleicht auch in mehr
vorgeschrittenem Stadium den Winter verweilt. Bei Sireptocephalus
auritus (Taf. XXIV, Fig. 58) sieht man im Inneren der Eihüllen schon
gut ausgebildete Nauplius-Larven, warum man bei diesem Tiere viel-
leicht von Viviparität sprechen darf.
Um die Entwicklung möglichst rasch zu vollenden, was, wie wir
bei Limnetis brachyurus gesehen haben, doch nicht immer gelingt,
haben die Tiere den Eiern viel plastisches Nahrungsmaterial zu liefern.
Das ist die Hauptursache, warum wir bei diesen Tieren so häufige
und so mannigfaltige Beispiele der Eiernährung finden.
Es wäre sehr interessant vergleichende Untersuchungen zu machen
über die Menge des von den Eiern verbrauchten Nahrungsmaterials
und die Lebensumstände, d. i. die Temperatur-Nahrungsabondanz und
viele andre Umstände. Wir wissen, daß OstwArLp (89) zu solchen
Experimenten schon gekommen ist; wir können hinzufügen, daß
man vielleicht auch in der Natur ähnliche Verhältnisse findet. Man
beobachtet immer Schwankungen in der Zeit des Auftretens der
Wintergenerationen bei Aphiden, Coceiden, Cladoceren, Rotatorien,
und durch die Liebenswürdigkeit meines Schülers, Freundes und Assi-
stenten, Herrn Privatdozent BOGOIAVLENSKY, welcher die Pamiren
dreimal besucht hat, und da von der Zeit des Seeauftauens bis zum
Erscheinen der neuen Eisdecke verweilte, weiß ich, daß in dieser
Phyllopodenstudien. | 473
rauhen Gegend die Cladoceren keine Sommereier besitzen, sondern
sich nur durch Wintereier vermehren.
3. Der Bau und die Entstehung der Eihüllen bei den Phyllopoden.
Die Frage nach der Entstehung der Eihüllen bei den Crustaceen
war in den ‘Öiger und 80iger Jahren des verflossenen XIX. Jahr-
hunderts besonders eifrig diskutiert. Jetzt hat diese Frage ihre
Schärfe verloren, und wenn ich sie von neuem aufhebe, so ist es
gar nicht, um die alten Diskussionen zu erneuern, sondern um zu
zeigen, wie ganz eigentümlich gebaute Eihüllen, deren Bau mit dem
Schicksal des Eies fest verknüpft ist, bei den einen und den andern
Arten auf ganz verschiedene Weise entstehen, obgleich sie einen sehr
ähnlichen, fast identischen Bau zeigen.
Hier fange ich wieder mit der Beschreibung vom Entstehen
der Eihüllen bei Chrirocephalus Josephinae Grube an, da hier die Hüllen
ziemlich kompliziert gebaut sind, und da ich bei diesen Tieren das
beste Material zum Untersuchen hatte.
Bei diesem Tiere kann man zwei Arten Hüllen unterscheiden —
eine primäre, und die andre, welche man nicht mit KOoRSCHELT als
sekundäre, sondern als tertiäre Hülle bezeichnen muß.
Ich nenne primäre Hüllen die Hüllen, welche vom Ei selbst
ansgeschieden sind, jene Hüllen, welche die Autoren meistenteils
Dotterhaut oder Dotterhülle nennen, teils auch, im Vergleich mit
der Zelle, als Membrana propria bezeichnen.
Unter dem Namen sekundäre Hüllen verstehe ich Hüllen, welche
nicht vom Ei selbst, doch noch immer im Eierstock oder im Eileiter
gebildet werden. So fasse ich das Chorion der Insekten und einiger
Fische als sekundäre Hüllen auf.
Endlich unter den tertiären Hüllen verstehe ich Hüllen, welche
außerhalb vom Eierstock und Eileiter gebildet sind. Sie werden
meistenteils von verschiedenen dazu speziell dienenden Organen oder
. Zellgruppen gebildet.
Was die Hüllen betrifft, welche, wie die Kokons bei Oligochäten,
Hirudineen, Dinophilen usw. zahlreiche Eier einschließen und außer-
halb der Genitalorgane gebildet werden, so sollen sie schon nicht als
Eihüllen angesehen werden, sondern als spezielle Gebilde sui generis.
Also in diesem Sinne des Wortes haben die Eier von Chörocepha-
lus Josephinae zwei Arten von Hüllen — primäre und tertiäre; und
ebenso, glaube ich, die andern Branchipoden.
Die Dotterhaut oder primäre Hülle ist sehr fein und sehr schwer
Sur
474 „Nicolaus v. Zograf,
zu sehen. Man sieht sie nur an den eben aus dem Eileiter ausge-
tretenen Eiern, bevor sie noch vom speziellen Drüsensecret bekleidet
werden. Sie ist aber so fein, daß es unmöglich ist sie bei den
mittelstarken Vergrößerungen zu photographieren.
Stellenweise liegt sie dem Dotter so dicht an, daß man sie kaum
messen kann, stellenweise aber erhebt sie sich vom Dotter und bildet
Risse oder Falten, und dann ist sie gut zu unterscheiden.
Es gelang mir ein Ei zu treffen, wo man nur kleinste Spuren
der tertiären Hülle auf der primären bemerken konnte. Es ist
der in der Fig. 14 der Taf. XXI abgebildete Schnitt, auf welchem
man sehr gut die etwas von dem schon aufgelagerten Drüsen-
secret verstärkte primäre Hülle (Taf. XXI, Fig. 14 ph) mit ihren
Falten und Rissen unterscheidet. Man sieht auf demselben Schnitte,
daß hier das Ei noch im Anfang der Entwicklung getroffen ist, da
hier der Segmentationskern nur in der zweiten Phase der Caryo-
kinese sich befindet (ks).. Man kann daraus, sowie aus den Beob-
achtungen an andern Tieren schließen, daß die primäre Eihülle eine
wahre Dotterhaut ist und vom Dotter noch vor dem Beginn der
Segmentation gebildet wird, und nicht als eine Blastodermhaut im
Sinne E. van BENEDEns (15—17) erscheint.
Auf diese Eihülle wird von den Eischalendrüsen eine dieke und
eigentümliche tertiäre Eihülle abgelagert.
Sie wird gebildet durch die Entleerung der Produkte von vier
seit lange bekannten, schon von v. SIEBOLD (21) und von BucCHHOLz
(11) gut beschriebenen und von CrAus (40) sehr umständlich unter-
suchten Eischalendrüsen. |
Diese Drüsen, von denen man, wie es schon ältere Verfasser be-
schrieben haben, zwei Paare unterscheidet (Taf. XXI, Fig. 5 dr.g),
sind in vielem den von O. NEBESKY (36) bei Orchestien untersuchten
Körperdrüsen ähnlich.
Sie bestehen fast immer aus zwei in einen gemeinsamen Gang
ausmündenden Drüsenzellen (Taf. XXI, Fig. 11). Bei Ckirocepha-
hıs Josephinae stehen die Zellen viel inniger zusammen als bei
Branchipus Grubei, und der gemeinsame Ausmündungskanal dringt
bis zum Niveau der beiden Zellen, wo er in zwei, manchmal aber
auch in vier kleinere Kanälchen zerfällt (Taf. XXI, Fig. 11 dxg). Bis
dahin haben die Kanälchen eine innere, sehr feine euticulaähnliche
Auskleidung, welche wahrscheinlich, wie bei Orchesti« nach NEBESKY
(36) aus Chitin besteht. Weiter aber scheinen mir die feineren Äst-
chen, welche man in den Zellen bemerkt, von ganz anderm Bau zu
Phyllopodenstudien. | 475
sein. An den Photographien erscheinen diese Ästchen als feinste, helle
Kanälchen, welche, das ganze Protoplasma durchziehend, bis zum
Kern und der Zelloberfläche reichen. Es sind helle Räumcehen zwi-
schen den Protoplasmapartikeln, in denen sich die Zellausscheidungen
sammeln, und von wo sie in die größeren Kanäle ausfließen.
Die Kerne dieser Zellen sind sehr groß, nierenförmig und von
einer sich nicht so lebhaft, wie z. B. beim Streptocephalus auritus
(Taf. XXIH, Fig. 50) färbenden, grobkörnigen Substanz gebildet.
Die Zellen münden, wie es schon CLavs (40) gezeigt hat, in große
Kanäle aus, deren Wände denselben Bau wie der Eiersack zeigen
und die als Derivate des letzteren anzusehen sind.
An der fertigen Eihülle sieht man die primäre Hülle nur mit
Mühe. Sie ist viel besser bei andern Phyllopoden zu sehen.
Bei Chirocephalus Josephinae erscheint sie an Schnitten, welche
nieht die Mitte der Eier treffen, sondern näher an einem der Pole
des Eies liegen. Dann ist die Hülle nicht quer, sondern etwas
schief durchgeschniiten, und dann sieht man die primäre Hülle als
einen stark lichtbrechenden Streifen, welcher bei gewisser Beleuchtung:
ganz dunkel erscheint und eine sehr kleine, fast unmeßbare Breite
besitzt (Taf. XXI, Fig. 8 ph).
Was die übrigen Teile der Eihülle betrifft, so sind sie je nach
der Behandlung des Objektes von ganz verschiedenem Aussehen.
Am besten werden sie bei Behandlung mit FLemmines Gemisch oder
mit Sublimat gesehen.
Es sind drei Schichten, welche wir innere (Taf. XXI, Fig. 8, 10,
15, 16 :s), mittlere (Fig. 8 und 16 ns) und äußere (Fig. 8, 10, 15 und
16 as) nennen.
Die innere und äußere Schicht sind ganz strukturlos oder zeigen
sparsam zerstreute gröbere Körnchen in einer strukturlosen Masse,
was die mittlere Schicht betrifft, so ist sie aus feinster Körnchen-
masse gebaut.
Die drei Schichten sind nicht bei jeder Behandlung zu unter-
scheiden. So wird die mittlere Schicht bei stark kontrahierenden
Behandlungen so zusammengezogen, daß man sie gar nicht sieht.
Das sieht man z. B. an unsern Fig. 10 und 15 der Taf. XXI; auf
der Fig. 10 ist ein Schnitt abgebildet, welcher mit starker alkoholi-
scher Sublimatlösung nach ArAruy fixiert und dann mit EHRLICH-
BIonDI-HEIDENHAINS Dreifarbengemisch tingiert war, und auf der
Fig. 15 ein Schnitt, welcher mit Zexkers Sublimat fixiert, aber mit
476 Nicolaus v. Zograf,
HEIDENHAIns Eisenhämatoxylin gefärbt war, wo durch Eisenalaun
die Gewebe sehr stark geschrumpft sind.
Die innere Schicht liegt sehr eng der primären Hülle an, ihr
liegt auch ziemlich fest die mittlere Schicht an. Was aber die äußere
Schicht betrifft, so hat sie die Fähigkeit sich von der mittleren Schicht
abzuspalten und dann, wie man es auf der Fig. 10 der Taf. XXI
sieht, eine Spalte, welche um das Ei sich erstreckt, zu bilden.
Die äußere Schicht bildet viele sich blasenartig auftreibende
Höhlen, welche dem Ei ein zierliches Aussehen geben. Die äußere
Wandung dieser Blasen wird von sehr feinen Poren (Taf. XXI, Fig. 8,
10, 15, 16 hp) bedeckt. Ich glaube, daß die Poren dazu bestimmt
sind, der Luft Eintritt in die blasenartigen Kammern zu erlauben,
was bei dem Aufschwimmen der Eier in den schmelzenden Früh-
" jahrsgewässern sehr wichtig erscheint.
Die Poren sind sehr fein, und da das Ei an seiner Oberfläche
mit einer feinsten, Ölartigen Schicht bedeckt ist, so geht die Luft aus
den Blasen nicht heraus, und das Ei schwimmt ungehindert auf der
Wasseroberfläche.
Die äußersten Teile der äußeren Schicht sind viel fester als die
andern Teile der Eihülle, und öfters bricht diese Schicht beim Schnei-
den in kleine Stückchen. Die Oberfläche ist auch dunkelbraun ge-
färbt, während die andern Teile der Eischale blaßbraun, gelb, oder
selbst nur blaßgelb gefärbt erscheinen.
Die Schale des Chrrocephalus diaphanus Pr. ist viel zierlicher
als die des COhirocephalus Josephinae gebaut.
Ich hatte keine zahlreichen Stadien der Eihüllenentwicklung dieser
Art und kann nicht genau genug die Existenz der primären Eihülle
bestätigen, doch bin ich sicher, daß sich die Sache hier ganz ebenso
wie bei Chirocephalus Josephinae verhält.
Man sieht ebensolche Eihüllendrüsen, die ganz auf dieselbe Art
in die Gänge einmünden, wie bei Okörocephalus Josephinae. Einige
Details sind sogar bei Chirocephalus diaphanus, obgleich dessen
Exemplare ungenügend fixiert waren, besser als bei COhirocepha-
lus Josephinae ausgeprägt. So habe ich die Kerne von der die
einzelnen Drüsenzellengänge auskleidenden Matrix der Chitinwand
bei Chirocephalus Josephinae nur mit Mühe gesehen, während bei
Ohirocephalus diaphanus diese Schicht sehr deutlich zu sehen ist und
deren Kerne sehr groß und intensiv tingiert erscheinen. Die älteren
Verfasser, wie BucHnorz (11), Craus (40) und andre beschreiben an
der Wand eines einzelnen Zellenganges nnr einen Kern, während
Phyllopodenstudien. | 47
man bei Chirocephalus diaphanus deren zwei und manchmal selbst
drei sieht, so daß hier die Drüsenzellengänge, welche bei dieser Art
besonders stark entwickelt sind, von zwei oder drei Matrixzellen
bekleidet sind.
Die fertige Eihülle ist sehr zierlich gebaut und besteht auch
aus drei Hüllenschichten (Taf. XXIII, Fig. 39). Die Eiform ist nicht
ganz sphärisch, sondern immer etwas gepreßt, so daß man am Längs-
schnitte (Taf. XXIII, Fig. 39) einen ellipsoidalen Umriß sieht, wäh-
rend der der Querschnitte eine kreisrunde Form darstellt.
Die äußere Oberfläche ist von kleinsten, niedrigen, konischen
Auswüchsen bedeckt, ganz so, wie es A. BRAUER von Branchipus
Gruber (59) schildert (A. BrAuzrs Taf. III, Fig. 116 und 121). Die
Gipfel der konischen Auswüchse verlängern sich in feine, sehr scharfe,
aber auch sehr kurze Nädelchen ganz ebenso, wie es BRAUER
für Branchipus Grubei zeichnet. Aber der übrige Bau der Eihülle
ist von dem von Bbranchipus Gruber ganz verschieden. Bei Drancht-
pus Gruber zeichnet BRAUER die konischen Auswüchse von Poren
durchzogen, was für das Ei, welches auf den Grund des Wasserbassins
fällt, von großer Wichtigkeit erscheint, weil es ihm hilft beim Auf-
schwimmen durch die Poren Luft zu bekommen.
Die äußere Schicht der Eihülle bei Chirocephalus diaphanus stellt
eine feste, aber sehr elastische Haut dar (Taf. XXIII, Fig. 39 as),
welche an ihrer inneren Oberfläche nach innen feine, radial ver-
laufende Auswüchse sendet. Die letzten verzweigen sich an dem
inneren Ende in zwei ebenso dünne Auswüchse. Die Auswüchse von
zwei benachbarten radialen Lamellen treffen zusammen, wie die
Lamellen, welche den Grund von Bienenzellen bilden, und so ent-
steht unter der äußeren Eihaut eine regelmäßig gebaute Schicht,
welche sehr an die Honigscheibe erinnert. Die unter dieser Schicht
sich befindende mittlere Schicht (Taf. XXIII, Fig. 39 ms), welche
wie bei Chirocephalus Josephinae feinkörnig gebaut erscheint, ist an
ihrer äußeren Oberfläche mit einer großen Zahl von Aushöhlungen
bekleidet, welche aber nicht so regelmäßige bienenzellenähnliche
Höhlen darstellen, wie die der äußeren Schicht.
Was die innere Schicht betrifft, so zeigt diese dasselbe Ver-
halten wie die äußere, ist ziemlich dick, stark elastisch und, wie die
äußere Schicht, tief braun gefärbt.
An einigen Schnitten, besonders an den Stellen, wo der Dotter
oder die aus demselben entwickelte Blastula (Taf. XXIII, Fig. 39 ».h)
478 | Nicolaus v. Zograf,
sich von der Eihülle abhebt, sieht man auch die Spuren der pri-
mären Eihülle.
Ich kenne nicht die Lebensweise von Ohirocephalus diaphanus.
Doch durch Prevosr (1) wissen wir, daß das Tier in den Frühlings-
sewässern vorkommt, und sein Ei auch auf der Oberfläche des
Wassers zu schwimmen bestimmt ist. Hier aber dringt die Luft nicht
durch die Poren, wie bei Ohirocephalus Josephinae, sondern füllt die
bienenzellenartigen Aushöhlungen, was genügt, um dem sich ent-
wickelnden Embryo Luft zu bringen und das Ei auf der Wasser-
oberfläche schwimmen zu lassen. Was für Ursachen aber bei einer
Art das Lufteindringen unmittelbar durch die Poren, bei der andern
durch die Eihülle hervorrufen, kann ich nicht sagen, glaube aber,
daß hier vielleicht die ölartige Decke des Eies von Cherocephalus
Josephinae eine gewisse Rolle spielt, indem sie das Luftausdringen
durch die Eihülle hindert. |
Die Dimensionen, sowohl der Eihülle im ganzen, als ihrer ein-
zelnen Teile und Schichten sind bei den zwei Arten ganz verschie-
den. So messen die innere Schicht bei Chrrocephalus Josephinae
0,0014 mm (bei den mit FuLemuines Flüssigkeit fixierten Exemplaren),
bei Chirocephalus diaphamus 0,002 mm, die mittlere Schicht 0,0025
und 0,0015 mm, die äußere Schicht samt der Höhlenzone :0,027 und
0,0145 mm.
Bei Streptocephalus auritus werden die Hüllen ganz auf die-
selbe Weise wie bei den Chirocephalen gebildet. Auch hier finden
wir Zweizellengruppen in den Hüllendrüsen, aber die Zellen sind
bei den Streptocephalen etwas anders als bei den Chirocephalen
gebaut. Hier zeigen die Kerne eine feinkörnige Struktur und wer-
den von allen Tinktionsmitteln, besonders aber von Hämatoxylin
und Hämalaun so lebhaft gefärbt, daß man ihre Struktur nur mit
Mühe unterscheidet (Taf. XXIII, Fig. 50. Man sieht sie besser
an den Karminpräparaten (Taf. XXIV, Fig. 72), aber die letzten,
wie bekannt, werden viel schlechter photographiert als die mit
Hämatoxylin gefärbten. Die Zelle selbst hat einen eigentümlichen
Bau. Ihr Plasma schließt viele stark lichtbrechende, etwas grün-
lich gelb gefärbte, sehr kleine Körnchen ein (Taf. XXIII, Fig. 50),
welche so zahlreich sind, daß sie die feinsten, das Plasma durch-
ziehenden Kanälchen ‘zu unterscheiden stören. Sie haben einen
Durchmesser, welcher etwa 0,0008 mm mißt, nnd treiben die Zellen
so auseinander, daß man öfters ihre Grenzen nicht unterscheidet,
und es scheint, als ob wir es hier mit einer zweikernigen Zelle zu
Phyllopodenstudien. 479
tun hätten (Taf. XXIII, Fig. 50), doch sind in andern Fällen die
Grenzen zwischen den benachbarten Zellen gut zu unterscheiden
(Taf. XXIV, Fig. 79).
Der nach außen gewendete Umfang der Kerne, welcher oft der
Zellenwand anliegt (Taf. XXIII, Fig. 50), erscheint gleichmäßig ge-
wölbt, anders steht es mit dem inneren. Hier sind die Kerne oft
mit gut ausgesprochenen, tiefen Einbuchtungen bedeckt, und diese
Einbuchtungen teilen das Zellplasma in gewisse Abteilungen ein
(Taf. XXIV, Fig. 72).
Bei stärkeren Vergrößerungen unterscheidet man in diesen
Abteilungen Gruppen, sozusagen Bündelchen von feinsten Zellkanäl-
chen, durch welche das Zellsecret in die Ausführkanälchen tritt.
Wir haben hier ein Beispiel des Regulierens der Ausscheidungstätig-
keit der Drüsenzelle durch den Kern, welche so weit geht, daß es
sich selbst in den morphologischen Verhältnissen äußert.
Bei Streptocephalus auritus tritt das Ei in den Eisack nur von
einer feinsten primären Eihülle bedeckt (Taf. XXIV, Fig. 59 ph). Im
Eisack trifft das Ei sehr viele Zellausscheidungsprodukte, welche
nicht nur von den Drüsenzellen (Taf. XXIV, Fig. 59 und 60 dxr), son-
dern auch von den die Sackwand (Taf. XXIV, Fig. 59 und 60 esw)
bekleidenden Epithelzellen (eswe) abgesondert werden. Überhaupt
erscheint der Sireptocephalus auritus als ein Krustentier, welches
reich an Drüsenorganen ist. So sind auch in den Eileiteraussackungen
(Taf. XXIV, Fig. 60 od’) viel geronnene Stoffe, und an der Körper-
oberfläche und an den Extremitäten usw. kann man viele Drüsen-
zellen unterscheiden.
Die fertige Eihülle zeigt drei Schichten, nur sind dieselben etwas
anders gebaut als wir es bei den Chirocephalen gesehen haben.
Die äußere Schicht ist sehr scharf abgegrenzt. Sie ist hellgelb, sehr
elastisch, strukturlos, stark lichtbrechend, so daß sie unter dem Mikro-
skop einen Glanz zeigt, welchen man selbst an den Photographien
wahrnehmen kann (Taf. XXIV, Fig. 58 und 73 as). Auch die innere
Schicht ist scharf abgegrenzt, stark lichtbrechend und gelblich ge-
färbt (Taf. XXIV, Fig. 58 und 73 zs); man unterscheidet unter ihr
öfters einen dunklen, feinsten Streifen, welcher die primäre Ei-
hülle darstellt (Taf. XXIV, Fig. 73). Was die mittlere Schicht be-
trifft, die, wie bei den Chirocephalen, feinkörnig erscheint, so ist
diese hier am mächtigsten und erstreckt sich von der gut abgegrenz-
ten äußeren Schicht bis zur inneren. Sie ist in feinste radiär ange-
ordnete Kämmerchen (Taf. XXIV, Fig. 57 und 73 ms) zerteilt, welche
480 | Nicolaus v. Zograf,
aber nicht immer gut zu unterscheiden sind. Es scheint, daß die
Kämmerchenwände die Fähigkeit besitzen zu schwellen, und bei den
jüngeren Eiern (Taf. XXIV, Fig. 75) sind sie deswegen besser zu
unterscheiden als bei den älteren (Taf. XXIV, Fig. 58, wo man
schon gut geformte Nauplien mit abgeworfener Cuticula (Taf. XXIV,
Fig. 58 nh) und mit den Cölomsäcken (coel), dem Entoderm (en) und
den Extremitäten (a2) unterscheiden kann.
Ich kann nichts über die Entstehung der Eihüllen bei Branchi-
podopsis affınıs sagen, da die mir zur Untersuchung dienenden Exem-
plare alle Eier in ähnlichen Entwicklungsstadien einschließen, und
ihre Conservation so mangelhaft war, daß die Drüsenzellen gar nicht
zu unterscheiden waren (Taf. XXIV, Fig. 66). Aber die Konstruktion
der Eier erinnert so sehr an das, was wir bei Sitreptocephalus auri-
tus sehen, daß wir vielleicht Recht haben auch ähnliche Entstehung
der Eihüllen vorauszusetzen.
Wenn wir den Schnitt durch das Ei von Sireptocephalus aurütus
nochmals ansehen (Taf. XXIV, Fig. 58), so fällt uns die äußere Form
des Eies in die Augen. Dieselbe ist nicht kreisrund oder rund und
mit Blasen bedeckt, wie wir es bei den Ohirocephalen gesehen haben,
sondern zeigt eine Tendenz zur Polyedrie. Wir kennen wahre poly-
edrisch geformte Eier bei den Branchipoden, z. B. bei Dranchipus
Gruber, wie von diesem SPANGENBERG (26) die Eier zeichnet, oder
bei Branchipus australis Richters, wie sie RICHTERS (27) schildert. Da-
nach sind die polyedrischen Formen der Eier den Branchipoden eigen.
Bei Streptocephalus sind aber die Eier nicht so scharf polyedrisch
gebaut, wie wir es bei Dranchipodopsis affinis finden (Taf. XXIV,
Fig. 65). Vielleicht rührt es von dem Umstande, daß die Wandun-
sen von Dranchipodopsis-Eiern sehr fest und brüchig erscheinen, was
feine und gute Schnitte anzufertigen stört.
Ich konnte durch einen Zufall sicher zeigen, daß auch bei
Branchipodopsis affinis eine primäre und eine tertiäre Eihülle exi-
stieren. Auf einer Schnittserie hatte ich einen Eisack getroffen, wo
das Secret der Drüsenzellen nicht die Eier umflossen, sondern sich
zu kleinen, regulär sphärischen Partikeln gesammelt hatte. Die
Partikeln (Taf. XXIV, Fig. 61 ekp) waren von annähernd. gleicher
Größe und ihr Durchmesser etwa 0,02 mm groß. Sie umgaben das
Ei, konnten sich aber zur Bildung einer Hülle nicht sammeln.
Solche pathologische Erscheinungen sehen wir auch bei den Apodi-
den, und Nowikorr (88) beschreibt dieselben bei Zimnadia lentt-
cularis.
Phyllopodenstudien. 481
Das Ei der Branchipodopsis bleibt aber in diesen Fällen nicht
ohne Eihülle. Es ist von einer sehr dünnen, aber. ganz distinkten
primären Eihülle umgeben, welche bei den Eiern, welche sich im
Blastulastadium befinden, sehr gut zu unterscheiden ist (Taf. XXIV,
Fig. 61 ph).
Die Eier von Dranchipodopsis affinis zeigen auch in manchen
andern Details auffallende Eigentümlichkeiten.. Schon von den
älteren Zoologen, z. B. GRUBE (7), BucHnorz (11), Craus (20 u. 40),
NITSCHE (25), SPANGENBERG (26) und andern weiß man, daß in den
Eiersäcken der Branchipoden nur gewisse Mengen von Eiern sich
finden, und daß diese immer von einem und demselben Alter sind.
Dasselbe kann man auch bei Chirocephalus Josephinae, Chirocepha-
lus carnuntanus, Chirocephalus diaphanus, Streptocephalus auritus
konstatieren. Bei den Chirocephahıs diaphanus z. B. fand ich bei
dem Exemplare, von welchem ich Schnitte anfertigte, von denen
einer auf der Fig. 39, Taf. XXIII abgebildet ist, nur Blastula-
stadien, bei dem Sireptocephalus auritus, dessen Ei auf der Fig. 58
auf Taf. XXIV photographiert ist, enthalten alle Eier fertige Nau-
plien usw.
Bei dem Branchipodopsis affinıs finden wir dagegen im Eiersack
Eier, welche von der Eihülle bedeckt sind, und solche, welche deren
- völlig entbehren (Taf. XXIV, Fig. 66 e& und e').
Ich kann keine Erklärung geben, warum eine solche Ausnahme
zwischen den Branchipoden zu finden ist, kann aber darauf hin-
weisen, daß hier die Eier unvergleichlich zahlreicher sind als bei den
übrigen Branchipoden. Man findet deren 10—20 Stück im ganzen
Eisack des Chirocephalus Josephinage oder Chirocephalus diaphanus,
während man nur auf einem Schnitte von Dramchipodopsis affınıs,
welcher auf der Fig. 66 der Taf. XXIV abgebildet ist, deren 28
Stück aufzählen kann! Die Eier sind etwas kleiner als bei Chiro-
cephalus Josephinae oder Streptocephalus auritus. So hat das Ei
des ersten einen 0,25 mm langen Durchmesser, das von Sitrepto-
cephalus einen 0,22 mm langen, und die Länge des Durchmessers
von Branchipodopsis affınıs ist etwa 0,19 mm groß, doch ist dieser
Unterschied nicht so groß, daß man mit dessen Hilfe diese Eigen-
tümlichkeiten erklären könnte. |
Bei Dranchipodopsis affınis sehen wir einen aus zwei polster-
förmigen Wülsten bestehenden Oviductverschlußapparat (Taf. XXIV,
Fig. 66 o.%), welcher den Austritt der Eier aus dem Eierstock zu
regeln dient und der, wie es viele Autoren zeigen, bei andern
482 Nicolaus v. Zograf,
Branchipoden nur mit Mühe geöffnet werden kann. Vielleicht liegt
es darin, daß der Apparat selbst, wie auf der Fig. 66 unsrer
Taf. XXIV, halb geöffnet erscheint, daß. die Eier in den Eiersack
bei Dranchipodopsis leichter als bei den andern Branchipoden ein-
dringen. |
Es ist auch zu beachten, daß der Eisack hier äußerlich vom
Körper fast gar nicht abgegrenzt erscheint, und daß nur sein hin-
teres Ende außen vom übrigen Körper zu unterscheiden ist.
Die vollkommen entwickelten und von den Eihüllen bedeckten
Eier haben Eihüllen, welche sehr denen von Streptocephalus auritus
ähnlich sind (Taf. XXIV, Fig. 65). Es ist aber, wie ich schon früher
gesagt habe, sehr schwer aus ihnen fein genug geschnittene Schnitte
anzufertigen wegen der Härte der Eihüllen. Auch ist es unmöglich
an solchen Schnitten die primäre Hülle zu unterscheiden. Aber die
äußere, mittlere und innere Schicht der tertiären Eihülle sind hier
ebensogut wie bei Streptocephalus zu unterscheiden und zeigen einen
ganz identischen Bau (Taf. XXIV, Fig. 63 as, ms, ıs).
Außer diesen Hüllen sind die Eier von Branchipodopsis affınis
noch von einer sich sehr stark mit Hämatoxylin färbenden Schleim-
hülle umgeben (Taf. XXIV, Fig. 63 si.h). Ich weiß nicht, ob diese
Hülle nur zeitweise die Eier bedeckt, oder auf den mir zur Präpa-
tion dienenden zwei Exemplaren zufällig auf den Eiern sich befand,
doch sah ich diese Hülle auf allen meinen Präparaten, und zwar be-
rührte sie das Ei nicht regelmäßig auf seiner ganzen Länge, sondern
hob sich stellenweise von der Eioberfläche ab, dieselbe nur an den
Winkeln des Polyeders berührend. Solche Schleimdecken sind auch
bei vielen andern Crustaceen beschrieben.
Bei Chvrocephalus carnuntanus fand ich keine Weibchen mit von
Eiern gefüllten Eiersäcken, kann deswegen über deren Entstehung
und Bau nichts mitteilen.
Die Dimensionen der einzelnen Schichten der Eihüllen bei
Streptocephalus auritus und Branchipodopsis affınis sind folgende:
äußere Schicht etwa 0,002 und 0,0018 mm, innere Schicht etwa
0,0018 und 0,001 mm, mittlere Schicht etwa’ 0,03 mm.
Artemia salina hat eine weit weniger kompliziert gebaute Eihülle,
als die früher beschriebenen Branchipoden. Diesem Tiere sind keine
blasenförmigen Auswüchse, keine Poren, keine bienenzellenähnliche
Aushöhlungen eigen. Die Bildung der Eischalen geht aber ganz ähnlich
mit dem, was wir bei den übrigen Branchipoden gesehen haben, vor.
Bei dem Weibehen bemerken wir einen Eisack, welcher schon
Phyllopodenstudien. 483
von JoLY (3) gut beschrieben war, den Branchtpus sehr ähnliche
Eihüllendrüsen, welche JoLy für die Eierstöcke gehalten hat und
welche von v. SIEBOLD (21) und CrLaus sehr gut untersucht sind (40).
Ich hatte keine Gelegenheit, die Bildung der Schale bei der Ar-
temia zu beobachten. Die von mir aus Eiern gezüchteten Exemplare
kamen zur vollen Reife, und die Endabschnitte der Eileiter waren
von den Eiern ganz verstopft. Die Eier schienen durch die trans-
parente Körpermasse des Tieres als milchweiße, etwas gelblich
schimmernde Eiklumpen durch. Doch gelangten die Eier nicht in den
Eisack, und die Tierchen starben, ohne Eier abzulegen.
Es gelang mir aber, aus den von Odessa gesandten Eiern
Schnitte anzufertigen. Um die Eier zu fixieren, warf ich sie in
kochende gesättigte Lösung von Sublimat mit einigen Tropfen von
Essigsäure, wo sie ungefähr 2 Minuten blieben, später brachte ich
sie in mit Jodtinktur gefärbten 70°/,igen Alkohol. Die Eier konser-
vierten sich sehr gut und an fortgeschrittenen Eiern konnte man auch
sut gewisse Entwicklungserscheinungen beobachten.
Daß das Artemia-Ei zwei Arten von Eihüllen hat, kannte man
schon seit lange, und es war Ostroumow (85), welcher vor kurzem
gezeigt hat, daß bei dem Ausschlüpfen der Nauplien diese zwei
Arten von Eihüllen verschiedene Schicksale erleiden. Ich konnte
diese Hüllen auch an meinen Schnitten, besonders an denen, welche
mit HEIDENHAINs Eisenhämatoxylin tingiert waren, unterscheiden. Die
eine, sehr dünne, das Ei berührende und ihre stellenweise dicht an-
liegende Hülle (Tafel XXIII, Fig. 55 p.k) ist die primäre Hülle. Die
andre ist die tertiäre Eihülle. Sie besteht auch aus den drei Hüllen-
schichten, der einen äußeren, sehr dieken und sich sehr stark färbenden
(Taf. XXIII, Fig. 55 as), der zweiten, welche viel weicher erscheint,
eine Punktstruktur zeigt und sich sehr blaß färbt, in welcher ich
die mittlere Schicht (ms) erkenne und einer dritten, welche der
äußeren sehr ähnlich erscheint, auch sich lebhaft tingiert und als
innere Schicht angesehen werden muß (Taf. XXI, Fig. 55 :s). Die
Dieke dieser Schichten ist folgende: die der äußeren Schicht 0,002 mm,
die der mittleren etwa 0,004 mm, die der inneren etwa 0,0015 mm.
Was die Dicke der primären Eihülle beträgt, so ist die letzte so
fein, daß man sie mit den mir zugänglichen Apparaten nicht messen
konnte. |
So sehen wir, daß bei allen Branchipoden die Eihüllen gleich
gebaut sind. Sie haben nämlich eine primäre Eihülle, welche vom
Ei sogleich nach dem Eindringen in den Eisack abgesondert ist
484 Nicolaus v. Zograf,
und von der tertiären Hülle bedeckt erscheint. Die letzte wird aus
dem von den speziellen Hüllendrüsen abgesonderten Secret gebildet
und besteht aus drei Schichten — einer äußeren, einer mittleren
und einer inneren. Die mittlere Schicht ist bei allen Branchipoden
lockerer als die härtere innere und besonders äußere Schicht. Höh-
lungen, welche zur Aufnahme von Luft dienen, finden sieh in der
äußeren und der mittleren Schicht, nicht aber in der inneren.
Jetzt gehen wir zu den schalentragenden Phyllopoden über.
An erster Stelle begegnen wir hier dem Lepidurus productus,
dessen Hüllenbau und Hüllenbildung von dem des Apus canecri-
formis sich gar nicht unterscheidet.
Hier müssen wir scharf zwei Arten der Eihüllen unterscheiden.
Die eine Art ist bei den sich noch im Innern der Genitalorgane be-
findenden Eiern zu beobachten, die andre sieht man nur an den
abgelegten Eiern und nach einer gewissen Zeit nach der Ablage.
Diese innere Hülle ist vom Ei selbst gebildet und kann nicht anders
als eine primäre Hülle angesehen werden (Taf. XXIII, Fig. 45, 56
und 57 ph).
Hier ist die primäre Hülle so dick und so stark, daß ich sie
lange Zeit mit den äußerst dünnen und feinen primären Hüllen von
Branchipoden zu vergleichen zögerte, doch habe ich viele Beweise
dafür, daß diese Hülle nur nach der Eiablage unter der starken und
dieken sekundären Eihülle gebildet wird, und da kann sie nur von
dem Ei ausgeschieden werden. Sie zeigt einen geschichteten Bau
(Taf. XXIII, Fig. 56) und ersetzt an dem abgelegten Ei die peri-
pherische Zone der sich noch in den Genitalorganen befindenden
Eier (Taf. XXII, Fig. 24, 27, 30, 34, Taf. XXIII, Fig. 35, 36, 44,
47 2.2). Diese Zone ist bei dem aus den Genitalorganen aus-
tretenden Ei (Taf. XXII, Fig. 19 92) noch gut zu unterscheiden,
während man sie bei den ausgeworfenen Eiern gar nicht sieht
(Taf. XXIIL, Fig. 45, 56, 57).
Diese primäre Hülle, deren Dieke etwa 0,0055 mm beträgt, liegt
so dicht dem Eidotter an, daß sie bei der Zusammenziehung des-
selben beim Fixieren sich von den übrigen Teilen der Eihüllen ab-
hebt und dem Dotter folgt (Taf. XXII, Fig. 45).
Da bei den Apodiden die peripherische Zone an Nahrungsauf-
nahme keinen Anteil nimmt, wie wir es bei den Branchipoden ge-
sehen haben, da aber diese Zone manchmal sehr diek, ungefähr
0,016 mm dick erscheint und vom Dotter durch die früher beschrie-
bene Scheidegrenze (Taf. XXII, Fig. 30 gr.st) abgegrenzt ist, sowie
Phyllopodenstudien. 485
einen vom Dotter ganz verschiedenen Bau (Taf. XXII, Fig. 30,
Taf. XXIII, Fig. 44 9.2 und di oder d.k) zeigt, so komme ich zu der
Anschauung, daß bei den Apodiden diese peripherische Zone sich
in die primäre Hülle umwandelt und zwar erst einige Zeit nach der
Eiablage.
Solche Dicke und Festigkeit der dem Dotter dicht anliegenden
primären Eihülle wird durch die Lebensweise der Apodideneier er-
klärt, welche viele Not dulden müssen, bis sie zur Entwicklung der
Nauplien günstige Verhältnisse finden. Ich nenne die übrigen Hüllen
des Eies der Apodiden »sekundäre«, nicht aber »tertiäre«, wie ich
die äußere Eihülle von den Branchipoden genannt habe.
Ich habe schon früher geschrieben, daß ich »primäre« Hüllen
solche nenne, welche vom Dotter selbst gebildet werden, »sekun-
däre« die, welche noch im Innern der Genitalorgane, aber nicht
vom Ei selbständig gebildet werden, unter »tertiären« aber verstehe
ich Eihüllen, welche außerhalb der Genitalorgane von besonderen
Organen gebildet werden. Es ist selbstverständlich, daß ich hier
unter den Genitalorganen nur die Eierstöcke und die Oviducte ver-
stehe, nicht aber mit ihnen verbundene accessorische Apparate, wie
Eisäcke und Hüllendrüsen.
Die sekundären Hüllen des Eies bei Lepidurus und Apus bilden
sich in den Follikelpedunkeln (Taf. XXH, Fig. 20 pd) und in den
Eileitern.
Die Pedunkeln sind mit einförmig gebauten, ziemlich hohen
und dünnen Zellen bekleidet (Taf. XXII, Fig. 27 »d.x, Fig. 34 ».e,
Taf. XXIII, Fig. 37 und 38 p.ep). Ich traf zufällig solche Eier,
welche mit einem Teile sich noch im Follikel befanden, wo man auf
ihnen gar keine Spuren von Hüllen beobachten konnte, während die
aus dem Follikel ausgetretenen Teile schon von der von den Pedunkel-
epithelzellen ausgeschiedenen Hülle bedeckt waren.
Die Pedunkelzellen sind etwa 0,028 mm hoch und 0,012 mm
dick. Sie haben abgerundete Gipfel, wenn sie ins Pedunkellumen
frei hineinragen, ziemlich große Kerne, tingieren sich sehr lebhaft.
mit allen Tinktionsmitteln und zeigen einen gut ausgesprochenen
Charakter von Drüsenzellen. Sie färben sich am lebhaftesten, wenn
sie der Eioberfläche anliegen und auf dasselbe die Schale secernieren
(Taf. XXII, Fig. 27 und 34). Dann wird der Gipfel der Zellen flach
und die Zellen selbst, von der Eimasse gedrückt, werden niedrig und
breit, wie man es auf unsrer Fig. 34 der Taf. XXII gut sieht.
Ich traf ein pathologisch geformtes Exemplar von Lepidurus
486 . Nicolaus v. Zograf,
productus, welches, obgleich aur in Spiritus fixiert und konserviert,
mir die Überzeugung gegeben hat, daß es die Pedunkelepithelzellen
sind, welche die sekundäre Eihülle ausscheiden.
Ich traf nämlich einige sehr ausgedehnte Pedunkel, welche keine
Eier enthielten, deren Epithelzellen aber ihre Ausscheidungsarbeit
eifrig leisteten. Die Pedunkel waren hier mit einem Netze von
feinsten Fäden ausgefüllt (Taf. XXIII, Fig. 35 pd.z.ex), und diese
Fäden hatten ihren Anfang an den Pedunkelepithelzellen. Dieselben
waren weit voneinander getrennt (Taf. XXI, Fig. 37 ».ep), und nur
eine feine Conjunctivgewebeschicht (ejt.pd) hinderte sie, sich ganz
voneinander zu trennen.
Einige Zellen waren besonders instruktiv, weil man an ihnen
ein Käppchen aus feinsten Netzmaschen sehen konnte, welche sich
in einen aus feinsten Fäden gebildeten Schopf verlängerten (Taf. XXIII,
Fig. 37 pd.x.ex). Diese Schöpfe, wie andre ähnliche von den Zellen
secernierte Gebilde, steigen bis zur das Pedunkellumen ausfüllenden
Netzmasse und nehmen Anteil an ihrer Bildung.
An andern Stellen wird diese Masse als eine brüchige, feste
Schale ausgeschieden (Taf. XXIII, Fig. 38 pd.z.ex, untere Seite der
Abbildung), und man sieht unter ihr die sie bildenden Zellen.
Es bleibt also kein Zweifel, daß die sekundären Hüllen des Eies
beim Lepidurus productus von den Epithelzellen des Peduneulus ge-
bildet werden.
Die Hüllenmasse wird von den Pedunkelepithelzellen auch in
andern Formen ausgeschieden. Wir finden stellenweise dunkle
Kugeln und Klümpchen (Taf. XXI, Fig. 31 und 34 pd.z.ex), welche
manchmal sehr groß erscheinen. So z. B. mißt die Kugel, welche
auf der Fig. 31 der Taf. XXII abgebildet ist, in der Länge etwa 0,02,
in der Breite etwa 0,015 mm. Diese Ausscheidungsprodukte sind
blasig und körnig, aber eine Wabenstruktur, wie es NOWIKOFF für
Limnadia lenticularıs (88) beschreibt, konnte ich in dem Klumpen
nicht entdecken. Auch konnte ich zwischen den Epithelzellen der
Pedunkel und der Oviducte keine unausgebildeten Genitalzellen
finden, wie sie NOWIKOFF für Limnadia beschreibt, glaube auch,
daß dieser Forscher sich hier irrt, indem er Epithelzellen für Genital-
zellen ansieht. |
Die sekundäre Eihülle des Lepidurus ist im Anfang der Ab-
sonderung noch sehr schwach und fein, kaum zu unterscheiden
(Taf. XXIL, Fig. 34 s.h). Später wird sie besser zu sehen (Taf. XXII,
Fig. 27 und 30 s.h), und bei den in den Eileiter herausgetretenen
Phyllopodenstudien. 487
Eiern ist dieselbe schon ganz gut ausgebildet (Taf. XXIII, Fig. 35
und 36 s.h).
Die Eihülle wird im Inneren der Genitalorgane als eine sehr
feste, oft sehr brüchige Eihülle ausgesondert, welche noch keine
Spuren des Baues erkennen läßt. In solcher Form sieht man z. B.
die Eihülle des auf der Fig. 19 der Taf. XXII abgebildeten Eies,
sowie die rechte Eihülle der Abbildung 35 der Taf. XXIH. Nur
selten bemerkt man schon im Inneren der Genitalorgane die Eihülle
an ihrer inneren, dem Ei zugewendeten Seite in kleine Aussackungen
und Aushöhlungen zerfallen, welche an ihrem inneren, das Ei
berührenden Ende durch eine äußerst feine Membran verbunden er-
scheinen (Taf. XXIII, Fig. 56). Weit öfter aber bekommt man den
fertigen Bau der Eihülle nach dem Austritte des Eies aus dem Ei-
leiter in den Eisack zu sehen, welcher bei den Apodiden, wie be-
kannt, durch das Zusammenschließen der zwei tellerförmig gebauten
Anhänge des elften Beinpaares (Taf. XXIII, Fig. 51 ex.II) ge-
bildet wird.
Hier trifft das Ei Wasser, und seine Hüllen fangen an aufzu-
quellen. In den Hüllen erscheinen zuerst unregelmäßig (Taf. XXIII,
Fig. 51 sh) angeordnete, dann aber zu regelmäßigen Alveolen sich
bildende Höhlungen. Vielleicht bilden sich manchmal auch im Ei-
leiter fertige Hüllen durch das Eintreten von Wasser in die Ei-
leiterhöhle, was bei den ziemlich weiten Genitalöffnungen möglich
erscheint.
Bei den ausgebildeten Eiern des Lepidurus productus besteht
die sekundäre Eihülle auch aus drei Schichten, die aber nicht mit
den bei den Branchipoden beschriebenen Schichten zu vergleichen
sind. Es sind nämlich die feinste innere Schicht (Fig. 45 und 56
der Tafel XXIII zs), welche die radiär verlaufenden Septen, die
die Alveolen bilden, verbindet, eine sehr dicke, aus einer Reihe
sroßer Alveolen bestehende mittlere Schicht und eine ziemlich starke
äußere Schicht (ms und as). Es.gibt keinen Bauunterschied zwischen
diesen Schichten und deswegen können sie mit den Schichten bei
Branchipoden nicht verglichen werden.
Die Dieke der äußeren Schicht beträgt etwa 0,0028 mm, die der
mittleren etwa 0,025 mm, die der inneren ungefähr 0,0003 mm.
Die mittlere Schicht zeigt außer einer Reihe großer manchmal
regelmäßig ausgebildeter Alveolen (Taf. XXIII, Fig. 45, rechte Seite
der Abbildung) noch eine obere und eine untere Reihe kleinster Aus-
höhlungen. Zahlreiche große Alveolen, wie sie SPANGENBERG (26)
Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVL. Bd. 39 -
488 Nicolaus v. Zograf,
zeichnet, konnte ich an central ausgeführten Schnitten nicht beobachten,
wohl aber an excentrisch gelegten.
Wie wir sehen, ist der Bau der Eihüllen bei Zepidurus dem von
einigen Branchipoden, z. B. von COhirocephalus diaphanus sehr ähn-
lich. Hier und dort sehen wir eine feste äußere Schicht, welcher
eine Alveolarschicht anliegt, deren untere Grenzen durch eine innere
Schicht verbunden sind. Auch die Anordnung der Alveolen ist ver-
hältnismäßig ähnlich, indem man bei Lepidurus, wie bei Chiro-
cephalus diaphanus außer den großen Alveolen auch kleinere, bei
Chirocephalus diaphanus meistenteils unter den großen Alveolen
liegende Höhlungen, bei Lepidurus productus sowohl über, als unter
den letzten beobachtet. Selbst die Größe der großen Alveolen kommt
sich nah; die regelmäßigen Alveolen bei Zepidurus productus messen
etwa 0,017 mm in die Länge und 0,012 mm in die Breite, während
die des Chirocephalus diaphanus 0,014 und 0,012 zeigen. Nur die
primäre Hülle ist bei dem Lepidurus produetus ganz anders gebaut,
was mit den eigentümlichen Lebensbedingungen des Tieres zu-
sammenhängt.
Die Hüllen der beiden Tiere haben aber ganz verschiedene Ent-
stehung. Während die von Lepidurus productus im Inneren der
Genitalorgane gebildet sind und aus den Epitbelzellen der Peduneuli
der Eifollikel stammen, werden die des Churocephalus diaphanus von
besonderem von den Drüsenzellen gelieferten Secrete, welches in
den Eisack ergossen wird, gebildet. Die beiden verschiedenen Arten
der Hüllenentstehung führen zu demselben Resultate, und hier sehen
wir noch einmal, wie die Natur auf verschiedenen Wegen zu einem
und demselben Ziele kommt, wie wir dem so scharf z. B. in der Ent-
wicklungsgeschichte der Augen der Wirbeltiere und der Cephalopoden
begegnen. |
Der Bau der Eihüllen von Apus caneriformis ist dem von Lepi-
durus productus sehr ähnlich. Hier sehen wir auch eine primäre und
eine sekundäre Hülle. Die erste ist aber, im Vergleiche mit der von
Lepidurus productus, sehr fein (Taf. XXIII, Fig. 56 und 57 s.h). Die
innere Schicht der sekundären Hülle ist stärker als bei diesem
Tiere und geht unmerkbar in die innersten Teile der von den Alveolen
ausgefüllten mittleren Schicht über, welche von einer sehr feinen
äußeren Schicht bedeckt ist. Es scheint, daß Apus caneriformis
eine Art ist, welche mildere Gegenden Europas bewohnt, als Lepz-
durus produchıs. In Rußland z. B. treffen wir, bei gut bestimm-
ten Exemplaren, meistenteils Zepidurus productus. Der Apus caneri-
Phyllopodenstudien. 489
formis ist im Gouvernement von Woronesch, Kiew, in Transkaukasien
gefunden. Die nördlichsten europäischen Apodiden sind wieder die
Lepidurus, nämlich Lepedurus glacialis, welchen man in Skandina-
vien und auch auf Island, Spitzbergen und Grönland begegnet hat.
Das ist vielleicht die Ursache, warum die Eihüllen von Apus canerı-
formis bei einem sehr ähnlichen Bau viel feiner als die groben
Hüllen der Eier von Lepidurus productus sind. Diese sind auch,
wie es schon F. BRAUER (23) gezeigt hat, größer als die von Apus
cancriformis und so schwer, daß sie lange Zeit unter Wasser bleiben
ohne anzufangen zu schwimmen.
Die Eihüllen der echten zweischaligen Phyllopoden sind viel ein-
facher gebildet als die der übrigen Arten.
Bei Limneltis brachyurus sehen wir an den eben abgelegten und
an den Eierträgern der neunten und zehnten Füßchenpaare an-
seklebten Eiern (GRUBE, 7) eine sehr harte, stark lichtbrechende
Schale (Taf. XXIII, Fig. 53 sh), welche sehr das Anfertigen der
Schnitte hindert und beim Schneiden sich wie durch eine Spring-
feder öffnet.
Es ist mir nicht gelungen über die Entstehung dieser Hülle klare
Beobachtungen zu machen. Ich habe aber an den sich im äußer-
sten Abschnitte des Eileiters befindenden Eiern Beobachtungen ge-
macht, wonach ihre Eihülle ohne Zweifel vom Eileiterepithel ausge-
schieden wird (Taf. XXIII, Fig. 46 sh.). Die Eileiterwände sind in
dieser Region aus einer Menge Drüsenzellen gebildet (Taf. XXIL,
Fig. 46 di.od).
Aber die Eihülle ist bei dem Austreten des Eies aus dem Eileiter
viel dünner, als bei den schon an die Eiträger angeklebten, und an
den frisch angeklebten, wo man noch gut die peripherische Zone
. beobachtet (Taf. XXIII, Fig. 40 und 53 2.2), dünner als bei den
schon seit einiger Zeit abgelegten Eiern. Bei diesen sieht man keine
peripherische Zone des Eies, und ich meine, daß diese Zone in die
innerste, primäre Hülle verwandelt ist. Bei Estheria tetracera aus
Mandschurien, bei der die Eihüllen so hart sind, daß sie keine guten
Schnitte anzufertigen erlauben, sah ich an Schnittpartikeln sehr klar,
daß es hier eine sehr dieke, primäre Hülle gibt, welche unter einer
ebenso dicken sekundären Hülle liest und von dieser sehr leicht ab-
getrennt werden kann.
Wie wird aber die beim Ablegen des Eies so dünne sekundäre
Eihülle dieker, wie bekommt sie ihr lichtbrechendes Ansehen und
32*
490 I Nicolaus v. Zograf,
die kleinen zierlichen Erhöhungen, welche ihrer Oberfläche ein wellen-
förmiges Ansehen liefern ?
Schon GRUBE (7) hat hierüber Angaben gemacht. Er meint, daß
die griffelförmigen Auswüchse, welche die Gipfel der Eierträger be-
decken, ein besonderes Secret bereiten, welches die Eier bedeckt,
sie zusammenklebt und später sie an die Oberfläche der Körper-
schale befestigt.
Die Griffel der Eierträger haben wirklich an ihren Spitzen
Öffnungen, welche in lange Drüsengänge führen. Diese kommen
von den nicht nur in den Griffeln, sondern durch den ganzen
Eierträger verlaufenden Drüsenzellen, die das oben genannte Secret
liefern. |
Die Eier von Limnetis sind wie mit einem Gespinste um-
seben. Dieses Gespinst ist manchmal in einer so großen Menge vor-
handen, daß es sich zu einer gemeinsamen Masse verklebt, wonach
einige Verfasser, z. B. Li&vin (5), eine allen Eiern gemeinsame Schale
beschreiben. Dasselbe ist auch für Estheria gesagt.
Dieses Secret wird wahrscheinlich über das Ei ausgegossen, bildet
seine äußerste Hülle, welche also als tertiäre Hülle erscheint und
bildet bei einigen zweischaligen Phyllopoden, wie z. B. bei den
von G. O. Sars (86) erforschten australischen Kulimadıa stanleyana,
Estheria packardi und Limnetis maclayana, einen zierlichen Eihüllen-
schmuck.
Die Eihüllen der zweischaligen Phyllopoden entbehren, wie wir
sehen, gänzlich der Luft führenden Alveolen oder andrer Höhlungen.
In dieser Hinsicht entfernen sie sich von den übrigen Vertretern
dieser Gruppe. Wie ist das zu erklären?
Ich kenne nicht die Lebensweise von Estheria, Leptestheria und
Limnadia, habe aber Beobachtungen an Limnetis gemacht, welche
mir zum Teil diese Besonderheit gut erklären.
Schon alte Forscher, wie JOLY, LIEVIn, GRUBE, haben beobachtet,
daß die Eier dieser zweischaligen Phyllopoden an die inneren Wände
der Schalen des Körpers angeklebt und so vom Weibchen getragen
werden. GRUBE (7) beschreibt selbst sehr gründlich die Arbeit der
Eiträger bei diesem Ankleben.
Was wird aber mit den angeklebten Eiern nach dem Tode des
Tieres? Sie bleiben ebenso angeklebt wie bei dem lebenden. Das
tote Tier trocknet ganz aus. Es wird so leicht, daß es vom Winde
durch die Luft getragen und bei Regen in den einen oder andern
Wasserbehälter gelangt. Hier schwimmt es, dank der Dünne und
Phyliopodenstudien. 491
der Leichtigkeit der Schale, auf der Wasseroberfläche bis die Pfütze
austrocknet, wo es dann vielleicht wieder weiter geführt wird.
Ich habe einmal in einem kleinen Zuber, in den während des
Regens das Wasser von dem Dache meines Landhauses hineinfließt,
ein vom Wind gebrachtes schwimmendes totes Tierchen von Limnetis
brachyurus gefunden. En wor
Danach braucht die Limnetis zum Schwimmen auf der Wasser
‚oberfläche keine Eihüllenalveolen oder andre Schalenaushöhlungen,
ihre den Körper bedeckenden Schalen leisten hier dieselbe Arbeit.
Die Eihüllen der Phyllopoden spielen, wie wir sehen, eine sehr
wichtige Rolle im Leben dieser Tiere und erklären zum Teil deren
weite Verbreitung. |
Sie sind dazu bestimmt, nicht nur die Embryonen vor Hitze und
Kälte zu schützen, sondern auch um deren Verschleppung durch den
Wind zu fördern.
Wir haben gesehen, daß die Limnetisschalen durch den Wind
fortgetragen werden, dasselbe kann auch mit den Eiern von Dranchr-
pus, Apus usw. geschehen.
Diese Eier, welche leichter als viele Staubteile erscheinen,
können Meilen weit getragen und so ganz unerwartet in der einen
oder an der andern Gegend gefunden werden. Die französischen
Zoologen konnten aus dem über das Mittelmeer gebrachten Staub
Rotatorien züchten, und beim günstigen Zufalle kann dasselbe Schick-
sal auch ein Phyllopodenei erleiden. Wie weit der Wind den Staub
bringt, kennen wir durch die Beobachtungen der Brüsseler Meteoro-
logen, welche in Brüssel bei einem starken Winde Staub mit winzigen
Turmalinkristallen beobachteten, die nur für einzelne Gegenden der
Sahara charakteristisch sind. |
So erklärt es sich, daß man denselben Phyllopodenspecies in so
entfernten Gegenden wie im Kapland und Transkaukasien (Leptestheria
siligua) oder in der Mandschurei und bei Charkow (Estheria tetracera),
in Ungarn und an den Oka-Ufern (Chirocephalus carnuntanıus) be-
gegnet. ;
Faunistische Forschungen über Phyllopoden sind noch sehr lücken-
haft und, so zu sagen, sprungweise und zufällig. Einige Forscher
haben ihnen ihre Aufmerksamkeit geschenkt, so G. O. Sars, dem die
Jana-Expedition viel Untersuchungsmaterial gebracht hatte. Meistens
ist aber diese interessante Tiergruppe, deren Untersuchung zur Ent-
scheidung nach der Frage der Weite dieses Kosmopolitismus von
großer Wichtigkeit ist, vernachlässigt. Ich glaube aber, daß man
492 Nicolaus v. Zograf,
dauernd angesiedelte Species der Phyllopoden nur in den Gegenden
findet, wo es kein vollständiges Austrocknen der Gewässer gibt, wo
folglich ihre Eier oder Körperschalen durch den Wind nicht zerstreut
werden können.
Die Frage über die Eihüllen bei den Crustaceen ist eine alte
und vielmals diskutierte Frage.
Es war RATHke (2), welcher diese Frage zum ersten Mal gründlich
und wissenschaftlich bei dem Flußkrebse durchforschte, indem er
bei diesem Krustentiere drei Eihäute beschrieb. Die eine nannte
er Dotterhaut, sie entspricht unsrer primären Hülle, die andre
Lederhaut, welche vielleicht das Chorion darstellt, und endlich die
äußere Haut, welche als ein Ausscheidungsprodukt der speziellen
Drüsen erscheint, denn, durch sie ist »das Ei an die verkümmerten
Beine des Schwanzes der Mutter angeheftet«1. Diese zwei Hüllen, das
heißt, die Dotterhaut und die Lederhaut, konstatiert auch beim Hummer
ErDL (4).
Lievın () beschreibt bei Leimnetis brachyurus, welche er als eine
von ihm neu entdeckte Species und Genus Hedessa Sieboldii nennt,
keine wahre Schale, hält aber das durch Alkohol zu einer gemein-
samen Masse geronnene Fadengespinst als einen für alle Eier der
einen Seite des Tierkörpers gemeinsamen Eisack.
P.J. van BEneDen (6) bestätigt die Angaben von RATHKE auch
für die parasitischen Copepoden (Nicothoe), von denen er eine Dotter-
haut (Membrane vitelline) und eine äußere Haut (Membrane exterieure)
beschreibt. | | |
GRUBE (7) untersucht sehr gründlich die Funktionen der Eierträger,
d. i. der speziellen Auswüchse des neunten und zehnten Fußpaares.
Er vermutet, daß diese Organe »vielleicht zur Bereitung der Flüssig-
keit dienen, welche die äußere nachher so stark einschrumpfende
Hülle der Eier bildet«2. Er verbessert die Angaben von Lıkvın und
JoLY über die Existenz eines gemeinsamen Eisackes, macht aber
selbst einen Fehler, indem er sagt, daß die äußere Hülle »bald einen,
bald mehrere Dotter« umschließe 3. :
Meissner (8) findet zwei Eihüllen auch bei den Amphipoden
und bald nach ihm zeigt CLaus (10), daß bei Cyclops die Eihülle
nicht als ein Ausscheidungsprodukt des Oviductes, sondern als
Dottermembran anzusehen ist. Im Jahre 1864 schreibt BucHhHoLz über
178.0.
2 8. 56.
3 Erklärung der Fig. 18.
Phyllopodenstudien. | 493
Branchipus Grubei, daß die reifen Eier, »ehe sie in den Uterus
gelangen, sich in dem Eileiter anhäufen« und »zu dieser Zeit nur
eine einfache, sehr zarte Hülle« haben. »Erst in dem Uterus selber,
in welchem sie etwa 2 Tage zu verweilen pflegen, erhalten sie eine
zweifache Schale.< Diese äußere Schale ist gelb gefärbt und zeigt
eine sehr regelmäßige Zeichnung (11).
Die Beschreibung von BucHHOoLz ist ganz klar und führt uns in
die neuen Beschreibungen der Crustaceeneihüllen ein.
In demselben Jahre erschien auch die berühmte Schrift von
Fritz MÜLLER (12), welche ein neues Licht auf die Frage über die
Eihüllen der Crustaceen wirft und welcher wir viele interessante
Forschungen darüber verdanken. Frırz MÜLLER richtet die Auf-
merksamkeit seiner Leser auf eine früher unbeschriebene Tatsache,
auf das Abwerfen der Körperhäute im Eie. Nach seinen Be-
schreibungen werfen einige Crustaceen die vom Embryo gebildete Haut
noch im Eie ab und diese Haut nennt er »Larvenhaut«. Wir haben
ein ebensolches Hautabwerfen im Eie bei Sirepiocephalus auritus
gesehen. Dieser wichtige Gedanke hatte einen großen Einfluß auf
die mit der Schrift von Frrrz MÜLLER gleichzeitigen Arbeiten. So
fand G. O Sars zweifache Hüllen sogleich bei vielen Crustaceen
Norwegens?, A. DoHrn verglich, zwar nicht richtig, mit der Larven-
haut die innere Hülle der Isopodeneier (13). CLAPAREDE findet bei
den Acariden das Deutovum und bemerkt, daß dessen Membran mit
der Larvenhaut der Crustaceen zu vergleichen sei (14).
In den Jahren 1869 und 1870 erscheinen wichtige Arbeiten von
E. van BEnEDEn (15, 16 und 17) und von E. van BENEDEN und
Bessers (18), welche die Frage über die Eibildung bei den Copepoden,
Schizopoden, Cirripedien, Isopoden und Amphipoden diskutieren,
und seit der Zeit ist diese Frage wirklich wissenschaftlich gestellt
worden.
Diese Verfasser kommen nämlich zum Schlusse, daß bei den
Copepoden, sowohl parasitischen, als auch freilebenden, die Eihülle
als ein Ausscheidungsprodukt des Eileiters, also als ein Chorion
gedeutet werden muß, welches noch von einem Exochorion bedeckt
ist (bei den parasitischen Copepoden). Das Exochorion ist mit dem
Secret, welches die die Eier enthaltenden Eisäcke bildet, identisch,
und so macht van BENEDEN-Vater keinen Fehler, wenn er der
1 Uterus von BUCHHOLZ und andern Verfassern ist Eisack in unserm Sinne.
2 G. OÖ. Sars, Histoire naturelle des Crustaces d’eau douce de Norvege.
Christiania 1867.
494 | Nicolaus v. Zograf,
Nieothoe zwei Eihüllen zuschreibt (6). Damit entsteht eine Meinungs-
verschiedenheit zwischen CrAus (10) und E. van BENEDEN, welche
später von vielen Forschern verfolgt wird. VAw BENEDEN beschäftigt
sich eingehend mit der vom Blastoderm gebildeten Haut, welche er
»Blastodermeuticula« (Cuticule blastodermique) nennt und auch bei
den Copepoden findet (17). | B |
Bei Cirrhipedien (17) beschreibt E. van BENEDEN eine Dotterhaut,
unter welcher er in späteren Stadien auch eine Blastodermeutieula
findet und schreibt, daß der Embryo bald die Dotterhaut zerreißt
und abwirft und in der blastodermischen Form geboren wird (»näit
sous la forme blastodermique« 1.
Bei den Schizopoden (Mysis) beschreibt E. van BENEDEN ein
Ohorion (16), unter welchem keine Blastodermeuticula, sondern direkt
eine Larvenhaut oder »Naupliuscutieula« (euticule nauplienne2) sich
bildet; ebenso von den Isopoden ein Chorion, unter welchem später
noch eine Hülle gebildet ist. Diese Hülle ist aber nicht der Tätig-
keit des noch ungeteilten Dotters zuzuschreiben, wie es A. DoHRN (15)
und G. O. Sars? wollen, sondern sie ist auch nichts andres, als die
Blastodermeuticula (im Sinne van BENEDENS).
Auch bei den Amphipoden finden E. van BENEDEN und BESSELS
(18) nur eine Hülle, das Chorion und nennen die innere Membran,
die Dotterhaut von MEIssNER (8), eine »Blastodermeuticula«.
Hier sehen wir aber eine Vermischung in der Deutung der
Membranen, und E. vav BENEDEN gibt der so wichtigen »Blastoderm-
cuticula«, welcher man jetzt keine so wichtige Rolle zuschreibt, und
der Larvenhaut zu große Bedeutung.
Spätere Verfasser haben diese unklare Deütung aufgeklärt und
verbessert. Wenn ich hier bei den Arbeiten von E. van BENEDEN
etwas länger verweilte, so geschah das, weil diese Schriften zu
ihrer Zeit einen sehr großen Einfluß auf den Lauf der Embryologie
äußerten. |
Nach dieser Periode verlasse ich den historischen, chronologi-
schen Gang dieser Literaturübersicht und werde die Ansichten der
Verfasser bei den einzelnen Crustaceengruppen behandeln. Ich
erinnere nur noch daran, daß E. van BENEDEN die »Blastoderm-
cuticula« auch bei den Laemodipoden (Caprella), Decapoden (Urangon),
1 S. 105 (S. 9 des Separatabdruckes).
2 S. 242 (S. 13 des Separatabdruckes).
3 L.-c.
Phyllopodenstudien. 495
Phyllocariden (Nebalia, welche er noch zu den , stellt)
findet (15 und 171).
Wenn wir jetzt uns zur Literatur über den Bau und die Ent-
stehung der Eihüllen bei den Phyllopoden wenden, so finden wir hier
nicht vieles. VON SIEBOLD (21) beschreibt sehr vollständig die äußere
Form und die Entstehung der Schale des Dranchipus Grubei. Er
. ist der erste, welcher völlig die Rolle der Hüllendrüsen erkennt,
obgleich schon BucHHoLz über ihre Tätigkeit richtige Nachrichten
gegeben hat (1]). ’
SPANGENBERG (26) beschreibt bei Branchipus stagnalis drei Häute,
»nämlich 1) eine feine durchsichtige Haut, welche das Ei sehr locker
umhüllt und bei der Ablage meist abgestreift wird, 2) die eigentliche
schützende Eikapsel, eine sehr starke, aus zwei Lagen bestehende
Haut von gelbbrauner Farbe und äußerst regelmäßiger Form, 3) das '
im Eileiter gebildete Chorion« ?.
Die erste Haut entspricht der das Ei umgebenden Schleimdecke,
welche wir bei Dranchipodopsis gesehen haben (Taf. XXIV, Fig. 63sl.h),
die zweite unsrer tertiären Hülle, die dritte unsrer primären Ei-
hülle. |
Was die Bildung dieser Haut aus zwei Lagen betrifft, so
haben wir auch bei Chirocephalus Josephinae gesehen, daß bei ge-
wisser Behandlung diese Eihülle in zwei Lagen zerlegt sein kann
(Taf. XXI, Fig. 10 und 15). Auch den punktierten Bau der Sehale
sieht SPANGENBERG und unterscheidet ihn von dem Ausdrucke »un-
gemein kleiner Spitzchen«, welche nach BucHHorLz die Schalen-
oberfläche von Dranchipus Gruber bedecken. Aber SPANGENBERG
hat Unrecht, wenn er diese Pünktchen mit den »bei Apus in der
Haut befindlichen Maschenräumen« vergleicht. Mit den letzten sind
die großen blasenartigen Aushöhlungen der Eihülle zu vergleichen,
während die Pünktchen eine besondere Bildung darstellen, welche,
wie es OSTROUMOW für die Artemien-Eischalen gezeigt hat, eine
große Rolle für das Eindringen des Wassers ins Innere des Eies
spielen (85).
Bei Apus zeichnet SPANGENBERG den Querschnitt der Schale,
welche nach ihm aus einer Anzahl von Maschenräumen besteht. Auf
der Fig. 25 seiner Taf. III zählen wir vier bis fünf solcher Reihen
115,8. 62 (S. 11 des Separatabdruckes), 17, S. 231 (S. 11 des Separat-
abdruckes).
2 26, S. 54—56.
496 Nicolaus v. Zograf,
und unter dieser Haut unterscheiden wir die von uns beschriebene
primäre Hülle, welche er als Chorion bezeichnet.
Bei Artemia findet SPANGENBERG wieder zwei Schalenlagen und
seine Beschreibungen der Eihüllen dieses Tieres, bei welcher er in
Spiritus aufbewahrte Exemplare benutzte, steht hinter der viel früher
gemachten Beschreibung von JoLy (3) zurück. Diese schöne Arbeit,
welche man ganz vergessen hat, enthält sehr genaue Beschreibungen
und Abbildungen der Entwicklung von Artemia, und die Abbildungen
von Nauplius, Metanauplius und weitere Stadien der Metamorphosen
von Artemia sind so gut abgebildet, daß sie noch heute ganz brauch-
bar sind.
SPANGENBERG hat die Bildung des Chorions bei Branchipus,
Apus und Artemia nicht gesehen und kennt diese Hülle als Chorion
‘ohne allen Zweifel unter dem Drucke der damals so hochgeschätzten
Meinungen von E. vAn BENEDEN und FRITZ MÜLLER.
NITscHe (25) widmet sehr wenig Raum der Frage nach dem Bau
und der Entstehung der Eihüllen bei branchipus Grubei. Er kon-
statiert »die völlige Richtigkeit der Beschreibung der Eihüllen, wie
sie von BUCHHOLZ gegeben wurde«! und begnüst sich mit der An-
gabe über die Punktierung der Dotterhaut, welche »wohl von feinen
Porenkanälen« herrührt, sowie über einige unwichtige Details des
Hautbaues.
Nach diesen für die Phyllopoden klassischen Arbeiten erwähnen
den Bau der Eischale meistenteils die Systematiker. So beschreibt
RICHTERS den eigentümlichen Eihüllenbau ven Dranchipus australis
(27), SARs zeichnet in manchen seiner Abhandlungen die Eischalen-
incrustationen bei vielen Phyllopoden, z. B. bei den Phyllopoden
Australiens und Neuseelands (86); selbst CLaus in seinen berühmten
Phyllopoden-Abhandlungen (20 und 40) beschäftigt sich gar nicht mit
dieser Frage, obgleich er viel Raum der Entstehung und Entwicklung
der Hüllendrüsen widmet (40). Nur auf einer Seite finden wir bei
ihm die Äußerung, daß der lange, vorn blasenförmige Endabschnitt
des Oviduets eine gerinnbare Substanz ausscheidet, »welche die ein-
tretenden Eier umlagert und um dieselben vielleicht eine Hülle bildet« 2.
Das beobachtete CLaus bei Dranchipus torticornis.
Nur August BRAUER (59), welcher so viel in der Frage über
die Erscheinungen der Eireifung bei Branchipus Gruber beigetragen
Phyllopodenstudien. 497
hat, widmet einige Zeilen der Frage über die Entstehung der Eihüllen
dieses Tieres.
Er beschreibt bei Branchipus Grubei eine Dotterhaut, welche
ganz dem von mir als primäre Hülle beschriebenen Häutchen entspricht.
Die Dotterhaut wird stark gefaltet, und dieser Faltung, aber nicht _
in solcher Schärfe, begegnen wir auch bei Cheirocephalus Josephinae
(Taf. XXI, Fig. 14); diese Fältchen entsprechen den Zacken, welche
sich zwischen der Dotterhaut und der Schale befinden. BRAUER ver-
mutet selbst, daß auf diese Weise »vielleicht zwischen. Schale und
Haut eine Art Luftkammer dadurch hergestellt wird«1. Die Eischale
oder nach unsrer Nomenclatur tertiäre Eihülle erscheint zuerst völlig
homogen. »Zur Zeit der Entodermbildung aber treten Erhebungen
und Vertiefungen auf.«< Die Zacken erscheinen als »in gebogenen
Linien verlaufende, miteinander sich vereinigende oder auch frei
endende rippenartige Vorsprünge«. An diesen Stellen ist die Schale
von einem Kanalsystem durchbrochen, »welches vielleicht den Zweck
hat, zwischen dem Keim und der Außenwelt eine Verbindung herzu-
stellen«. BRAUER erklärt diese Struktur durch die Erhärtung und
die hierbei erfolgende Contraction der Schale ganz so »wie die in
der kalten Nacht sich bildenden und kreuz und quer verlaufenden
sogenannten Hartborsten einer Eisfläche«.
| Er vergißt aber andre Ursachen, so z. B. die Imbibition des
Wassers durch die Eihülle, welche, wie wir bei Lepidurus produetus
gesehen haben, eine wichtige Rolle in dem Erscheinen der Alveolar-
struktur der sekundären Eihülle bei diesem Krustentiere spielt.
Die letzte Arbeit über den Bau der Fortpflanzungsorgane und
über die Entstehung der Eischalen bei den Phyllopoden ist die von
NOWwIKOFF (88).
Der Verfasser unterscheidet in den Ovarialwänden zwei Arten
von Epithelzellen — Keimzellen und Secretzellen. Leider aber ver-
folgt er nicht die Umwandlung der Keimzellen in die Eier, und diese
Keimzellen sind so den Secretzellen bei andern Phyllopoden ähnlich,
daß man vielleicht noch warten muß, diesen Zellen diese Bedeu-
tung beizulegen, um so mehr, da man bei dem kurzen Leben der
ausgebildeten, geschlechtsreifen Phyllopoden über keine in futuro zu
Genitalzellen werdenden Keimzellen sprechen kann.
Die fertigen Eier treten in die Follikelpeduneuli oder Ovarial-
ästchen, wie sie NOWIKKOFF bezeichnet, ein, »wo eine dünne Schicht
von Ovarialsecret als Schale auf die Eioberfläche abgelagert wird «2.
DS 288860
498 | Nicolaus v. Zograf,
Die weitere Bildung der Eischale schreitet in dem Centralkanale fort,
»indem sich weitere Secrettröpfehen an die Anlage der Eischale an-
setzen«. | |
»Endlich wird das beschalte Ei durch den Oviduct ausgestoßen,
um in den Brutraum über dem Rücken des Tieres einzutreten. Diese
Eier sind von einer dieken (bis 25 «) Schale umgeben, deren Ober-
fläche halbkugelförmige Erhebungen zeigt.«
Die Schale zeigt regelmäßige Wabenstruktur.
Hier endigen die Untersuchungen über den Bau und die Ent-
stehung der Eihüllen der Phyllopoden. Bis jetzt waren sie ausführ-
lich bei Dranchipus grubei von BRAUER (97) und Limnadia lenticularis
(85) von NOWIKOFF gemacht. Was aber die früheren Beobachtungen
betrifft, so ließen sie noch vieles unerklärt.
Branchipus gruber ist aber eine Branchipodenart, welche ein
eigentümliches Leben führt, indem seine Eier nicht, wie die der
andern Branchipoden, auf der Wasseroberfläche schwimmen, sondern
zugrunde sinken; auch Zimnadia hat eigentümlich gebaute Eier und
erscheint als ein nicht so verbreitetes Tier, wie z. B. Apus caneriformis
oder Lepidurus productus. Also, meine ich, erscheint dieser Teil
meiner Phyllopoden-Untersuchungen für die Wissenschaft nicht unnütz.
Jetzt gehe ich über zur Literatur der Schalenentstehung und des
Schalenbaues bei den übrigen Crustaceengruppen.
Bei den Cladoceren beschäftigte man sich fast gar nicht mit dem
Schalenbau, da hier wohl das Ephippium der Wintereier und die zu
dünne Schale der Sommereier diese Frage nicht stellen ließen. Doch
finden wir einige Andeutungen über diese Eihüllen bei einigen Ver-
fassern. Ich habe dieselben hei WEISMANN (30), GROBBEN (31) und
LEBEDINSKY (56) gefunden. ,
Weısmann (30) schreibt allen Daphnoideneiern »eine Dotterhaut,
d.h. eine eutieulare Erhärtung der äußersten Schicht des Eies, ein
Umwandlungsprodukt des Protoplasma« zu!. Diese Dotterhaut ist
strukturlos und sehr zart bei allen Sommereiern, so wie bei den-
jenigen Wintereiern, welche ins Ephippium eingeschlossen sind, aber
bei den Daphniden, »deren Wintereier ins Wasser abgelegt werden,
ist die Dotterhaut derber, entweder nur einfach verdickt, oder aber
doppelschichtig und häufig noch mit einer accessorischen Hülle um-
geben«. Hier sehen wir also eine primäre Hülle und auch eine
diese umgebende sekundäre.
1 30, 8. 174.
Phyllopodenstudien. 499
GROBBEN (31) sieht bei Moina rectirostris nur ein von dem in
den Brutraum gelangten Eie abgeschiedenes dünnes, glänzendes,
strukturloses Häutchen, das Dotterhäutchen.
LEBEDINSKY (56) findet bei Daphnia similis zwei kulaue: » die
äußere ist ein Chorion, die innere eine Dotterhaut«!.
Bei den freilebenden Copepoden kennen wir schon seit CLAus’
ersten Arbeiten (10) eine Eihülle, welche CLaus als Dottermembran
deutet.
Von den späteren Forschern ist es GROBBEN (35), welcher bei
dem Cetochllus septentirionalis die Entstehung dieser Hülle beobachtet,
und ihre Ausscheidung von der Eioberfläche bewiesen hat. Spätere
Beobachter kümmerten sich nicht um die Frage nach der Entstehung
der Eihüllen bei den freilebenden Copepoden, doch finden wir bei
einigen Verfassern, z. B. bei HÄcKER, welcher Cyclops und Cantho-
camptus erforscht hat (62) oder bei MaLaqumn, dessen Arbeiten über
Monstrilliden den höchst interessanten evolutiven Parasitismus bei den
Crustaceen kennen gelehrt haben (84), an den Abbildungen eine feine
Eihülle, in welcher man sehr gut die Dotterhaut von CrAus und
GROBBEN erkennt.
Etwas anders stand die Sache bei den parasitischen Copepoden.
Hier haben E. van BENEDEN (17), und derselbe zusammen mit BEssELs
(18), zwei Eihüllen gefunden, nämlich Chorion und Exochorion.
Einer der früheren Forscher, KERSCHNER (92), fand bei den Doro-
pygen eine Eihülle, über deren Entstehung er aber sich nicht äußert,
dieselbe gleicht seinen Beschreibungen nach mehr der Dottermembran.
Der andre Notodelphyidenforscher GIESBRECHT (37) bestätigt, daß
die Eimembran schon in den Eisäcken, also nur von den Eiern
selbst gebildet wird, während List (51) die Meinung äußert, daß
die Eimembranen von Gastrodelphyiden von den Eileiterdrüsen aus-
geschieden werden. PEDASCHENKO (68) findet bei Lernaea keine von
E. van BENEDEN beschriebenen Eihüllen und SCHIMKEWITSCH (46, 80)
erwähnt deren gar nicht, zeichnet aber auf seinen Abbildungen eine
Hülle, die sehr der kennen ähnlich ist, wie diese von CLAUS
und en abgebildet ist.
Die Eischale der Ostracoden, Crustaceen, welche eine der der
Phyllopoden sehr ähnliche bebänäwäike zeigen, ist wie bei diesen ge-
baut. Nach den Zeichnungen von WOLTERECcK (82) sind die Schalen
der Cypriden »sehr widerstandskräftig und stehen denjenigen der
1 56, 8. 150.
500 Nicolaus v. Zograf,
Daphnidendauereier darin nicht nach. _ Auch gegen völlige Aus-
trocknung bieten sie genügenden Schutz, wie durch einen Versuch
bewiesen wurde<!.
Die Cyprideneier werden von WOLTERECK als eine feste, Kalk
enthaltende Schale tragende Eier beschrieben. Sie sollen aus »zwei
Schichten mit dazwischen liegenden Hohlräumen« bestehen. »Diese
Maschen oder Lamellen sind bei verschiedenen Arten verschieden
entwickelt. Erst wenn das Ei abgelegt ist, treten die beiden Schich-
ten auseinander, indem die Schale gleichsam ‚aufquillt‘ und die
Hohlräume sich mit Wasser füllen.«
Über die Entstehung der Eischalen spricht aber WOoLTEREcK
nicht. Wir finden darüber auch keine Angaben, weder bei G. W.
MÜLLER (72) noch bei CLaus (49 und 61). Nur schreibt Craus (49),
daß der Oviduct der Öypriden »mittels seines Drüsenepithels ähnlich
wie die Ovarialröhre der Insekten die Schalenhaut der aufgenomme-
nen Eier absondert<2.
Das Aufquellen der abgelegten Ostracodeneier, welches WOLTER-
ECK schildert, ist derselben Erscheinung bei Lepidurus productus sehr
ähnlich und hat dieselbe Ursache, da die Ostracoden auch temporär
austrocknende Gewässer bewohnen. Wir können aber nicht sagen, ob
es hier eine Dottermembran gibt.
Über die Cirripedien finde ich Angaben bei E. van BENEDEN (17),
P. Hoek (29), Nussgaum (43) und GRroonm (73). Alle diese Autoren
sehen die Eihülle der Cirripedien als eine Dottermembran, d.h. eine
primäre Hülle in unserm Sinne des Wortes an. GROooM (73) schreibt
selbst, daß diese Hülle nur nach dem Auswerfen der Richtungskörper
erscheint, also in keiner Weise anders, als vom Ei selbst gebildet
sein kann.
Bei den Phyllocariden findet CLAus (44) eine Eihülle, welche bei
dem in den Brutraum eintretenden Eie »eine einfache ist und daher
auch lediglich aus dem Dotter ausgeschieden sein kann«3. Der
spätere Forscher der Entwicklung von Nebalia BUTSCHINSKY (76) sagt
gar nichts über die Eihüllen, zeichnet aber auf seinen schematischen
Figuren drei sehr eigentümliche Zellen, in welchen man vielleicht
Reste von Chorion, von Nährzellen oder von ganz andern Gebilden
vermuten kann. |
Die rätselhafte Gruppe der Ascothoraeiden war in dieser Richtung
1 82, 8. 600.
2 49, S. 60.
3 44, 5. 114.
Phyllopodenstudien. 501
gar nicht erforscht und nur bei Knıpowitsch (63) finden wir eine
Erwähnung, daß die Eier von Laura gerardiae von einer ziemlich
festen Hülle bedeckt seien.
Bei den Malacostraken sind die Deutungen der Eihüllen ver-
schieden.
Bei den Schizopoden beschreibt BurscHIinskyY, welcher Paropo-
dopsis cornuta ausführlich untersucht hat, gar keine Eihüllen (48),
während JosEF NUSBAUM bei Mysis eine sehr feine Eihaut schildert (42).
Am andern Orte (41) bemerkt derselbe Verfasser an der Außenfläche
des Dotters eine sehr dünne Schicht des homogenen Protoplasma,
dentet sie aber nicht als eine künftige primäre Hülle, sondern als
eine Anlage für das künftige Blastoderm.
Bessere Tatsachen haben wir für die andern Malacostraken, be-
sonders für Macruren und Arthrostraken, von denen ziemlich viele als
Untersuchungsobjekte gedient haben.
Wir haben gesehen, daß es schon RATHEE (2) und ERDL (4) waren,
welche die Eihüllen beim Flußkrebse und dem Hummer um 1829 und
1843 beschrieben haben. Es dauerte aber noch lange, bis A. DoHRN (15)
im Jahre 1867 dieses Thema wieder aufgenommen hatte.
Er beschrieb bei vielen Crustaceen, besonders aber bei Asel-
lus aquaticus, Seyllarus, Palinurus und Portunus außer der äußeren
Hülle eine wahre Dottermembran, wie SArs! bei den Isopoden.
E. van BENEDEN hatte, glaube ich, unrecht, diese Membran mit
seiner »Blastodermeutieula« oder der Larvenhaut zu vergleichen. Die
erste von ihnen ist von späteren Forschern nicht nachgewiesen, was
aber die Larvenhaut beträgt, so differiert dieselbe so sehr von der
Dottermembran, daß sie mit der letzten nicht zu verwechseln ist,
und daß sie von Sars wirklich schon im Jahre 1867 gesehen war.
E. van BENEDEN sieht seine »Blastodermeuticula« bei vielen Crusta-
ceen, auch bei den höheren Malacostraken, wie bei Orangon (16) 2,
doch gelingt es den späteren Forschern nicht sie immer zu sehen.
Es scheint, daß diese Hülle von dem berühmten Forscher mit der
wahren primären Hülle oder der Dottermembran vielmals ver-
wechselt ist.
Bis zum Jahre 1885 habe ich keine Angaben über die Eihüllen
und deren Entstehung bei höheren Malacostraken gefunden. In
diesem Jahre erscheint die Untersuchung IsHIkAwAs (39). Der ja-
panische Forscher beschreibt bei einem macruren Krebse, der Atyephira
Bike,
2 16, S. 242, Separatabdruck 8. 13.
502 Nicolaus v. Zograf,
compressa de Haan, eine wahre Dottermembran, welche von dem peri-
pherischen Protoplasma des Eies — unsrer peripherischen Schicht —
gebildet wird und welche von ihm mit einem indifferenten Namen
»indifferent name«! primäre Eimembram »primary egg-membrane«
— unsre primäre Eihülle — benannt wird. Im Oviduet wird durch
die epithelialen Zellen, welche nach den Zeichnungen von IsHIKAwA?
sehr an die Zellen der Follikelpedunkeln des Lepidurus productus
erinnern, eine zweite Membran ausgeschieden, welche IsHIKAwA
auch ganz indifferent eine sekundäre Membran »secondary egg-
membran« ? — unsre sekundäre Eihülle — nennt.
Weitere Forscher, welche die Entstehung und den Bau der Ei-
hüllen bei den Malacostraken untersuchten, gaben fast dieselben Tat-
sachen wie IsHIKAwWA, doch deuten sie dieselben nicht immer so, wie
es IsHIkAwA will.
So beschreibt CAno (47) bei Homola zwei Eihüllen; er nennt
die erste Ohorion, während er die äußere von den im Receptaculum
seminis sich befindenden Zellen, welche er Cementdrüsen »glan-
dole di cimento«* nennt, bilden läßt. Die letzte Beobachtung scheint
ganz richtig zu sein, während man an der ersten zweifeln kann, so
wie an der Richtigkeit der Äußerung, daß zum Schlusse sich eine
Blastodermhaut bilde — »in ultimo si forma l’involuero interno
blastodermico«5. Hier fühlt man einen gewissen Einfluß der Autori-
täten.
Bumpus (52) bestätigt die Angaben von IsuıkawA auch für den
Hummer. Hier haben die Eier eine primäre Hülle, welehe von dem
Secrete der Oviduetzellen mit einer sekundären Hülle bedeckt wird,
die so dicht an die primäre angelegt wird, daß sie beide zusammen
eine Kapsel — »capsule«® bilden. PAUL MAYER soll ebensolche Bil-
dung bei Eupagurus gesehen haben, aber leider konnte ich den Band
der Jenaer Zeitschrift, n dem diese Arbeit gedruckt ist, wegen seines
Fehlens in Moskau nicht benutzen. Dieselben Verhältnisse sah
Bumpus bei Libissia, dem Crangon soll aber die Dotterhaut fehlen.
HERRICK beschreibt bei demselben amerikanischen Hummer in
einer Schrift zwei (54), in der andern drei Eihäute (67). Er deutet
sie aber ganz anders, als Bumpus. Er nennt die äußerste Membran
eine Anheftungshaut, membrane of attachement”?; sie wird von den
Cementdrüsen, welche mit denen von CAno beschriebenen identisch
1 39, S. 403. 2 39, Fig. 15. 3 39, 8. 403. 4 47, 8. 525.
5 47, S. 526. 6 52, 8. 228. 7 54, S. 134—155.
Phyllopodenstudien. 503
sind, ausgeschieden. Diese Tatsache war von LEREBOUILLET im Jahre
1860 und Braun im Jahre 1875 bestätigt!. Die innere Eihülle wird
als Chorion gedeutet, und was die innerste betrifft, so sieht sie HER-
RICK als eine dem Embryo, und nicht dem Eie angehörende Membran
an. Diese Membran wird bei dem langen Leben des Embryos durch
ihn absorbiert und ist bei dem Ausschlüpfen des Embryos nicht mehr
zu sehen. HERRICK benennt diese Membran nicht als Larvenhaut oder
als primäre, sekundäre oder einen gewissen Namen tragende Hülle,
gibt ihr aber dieselbe Deutung, welche E. van BENEDEN vielen Ei-
membranen der Crustaceen gegeben hat; man muß in ihr die »Larven-
haut« der älteren Autoren sehen.
WELDoN (65) erwähnt nur eine einzige delikate, transparente
Hüllmembran bei Orangon, BUTscHInskY (69) verwechselt bei Gebia
die Nomenclatur, indem er die transparente, elastische und dicke
Haut, welche sich in einen Stiel fortsetzt, durch den die Eier an die
abdominalen Extremitäten geheftet sind, Chorion nennt; solche Hülle
ist ohne Zweifel von den Cementdrüsen gebildet, kann also nicht
als Chorion, welches von den Follikelzellen abgesondert wird, an-
sesehen werden. Bei /phinoe findet BurscHinskyY, daß unter den
ÖOvariumzellen es nicht nur Ei- und Nährzellen gibt, sondern daß
einige von den Ovariumzellen auch an der Bildung des Chorion An-
teil nehmen.
Also auch bei den Decapoden werden die Eihüllen auf zwei
Weisen gedeutet, indem die einen Verfasser, wie IsmIkAwA und
Bumpus, die. primäre Hülle als eine Dottermembran ansehen, die
andern, wie HERRICK und BUTSCHINSKY, sie als Chorion auffassen.
Am meisten Material für die Eihüllenfrage lieferten die Arthro-
straceen. Das findet Erklärung in dem Umstande, daß die ersten
Forscher, welche diese Frage untersuchten, viel Aufmerksamkeit die-
sen Gruppen schenkten. So untersuchte MEIssnER (8) Isopoden,
A. DoHrN (15) widmete ihnen viele Seiten, E. van BENEDEN (15)
. schrieb seine erste Hüllenuntersuchung über Asellus aquaticus, E.
VAN BENEDEN und Bessers (18) untersuchten meistenteils Amphi-
poden.
Wir kennen schon die Ansichten dieser Verfasser. In demselben
Jahre wie die bekannte Arbeit von E. van BENEDEN und Be&ssEts,
erschien eine Arbeit, in welcher FrAısse (19) über die Eihaut des
1 Diese Arbeiten waren mir leider, wie die von PAuL MAYER unzu-
gänglich.
Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. 3
504 | Nicolaus v. Zograf,
Entoniscus Cavoliniw die Meinung äußert, daß sie als Secretions-
produkt der Kittdrüsen, welche aber nicht genau beschrieben wer-
den, entsteht. Fünfzehn Jahre später erscheint eine Arbeit von
Craus, den Tanaiden gewidmet (33), in welcher der Wiener Forscher
bei Apseudes Latreillü Edw. zwei Eihüllen findet, von denen die
eine aus der Epithelialbekleidung des Eies im Eierstocke entsteht,
also als Chorion im Sinne E. van BENEDENs angesehen werden soll,
der aber »eine zarte, aus dem Dotter ausgeschiedene Dottermembran
anliegt<!. In demselben Jahre beschreibt NegEsky (36) eine feine
Dottermembran bei den sich im Ovarium befindenden Eiern von
Örchestia und Corophrum, aber eine zweite, sekundäre Membran hat
dieser Forscher nicht beschrieben, obgleich man bei den Amphipoden
der Adria dieselben »Zellplatten, welche sich zwischen die einzelnen
Eier einschieben und sie zum Teil voneinander separieren« ?, wie sie
bei Asellus aquaticus von E. VAN BENEDEN beschrieben sind, be-
obachtet. Es ist wahrscheinlich, daß wir auch hier ein Chorion
haben.
Warz (38) findet bei Phryxus abdominalis und weiter auch bei
Bopyrus squilarum eine gut ausgebildete Dotterhaut, welche »un-
zweifelhaft als ein Produkt des Protoplasmas des Eies anzusehen «3 ist.
Frau RosSIJSKAIA-KOSCHEWNIKOWA und Frau KATHERINE WAGNER
(45, 57 und 78), welche sich mit der Embryologie der pontischen
Amphipoden beschäftigten, halten die einzige, das Ei von Orchestia
und Caprella bedeckende Membran für ein Chorion (45); allein sie
erwähnen sie entweder gar nicht, obgleich sie in den Abbildungen
gezeichnet ist (78) oder geben ihr gar keinen Namen, wie bei Sunam-
phitöe valida (45), oder sagen endlich, wie es Frau ROosSIJsKAIA-
KOSCHEWNIKOWA macht, daß es zwei Membranen an dem Eie von
Gammarus pulex gibt, eine Dottermembran und eine Embryomem-
bran. Man sieht hier keine begründete Meinung, und es scheint
sicher, daß diesen Verfassern die embryologische Terminologie nicht
ganz klar war, da die Frau RossiJssKAIA-KOSCHEWNIKOWA die Dotter-
membran Chorion nennt, indem sie schreibt*: »la membrane vitelline
(chorion) du @. pulex est parfaitement homogene, de m&me que pour
tous les autres amphipodes, de sorte que le ‚micropyle du chorion‘,
mentionne par moi chez l’Orchestia et la Sunamphitoe, ne peut Etre
autre chose que la coupe d’un pli de la membrane vitelline contracte
par l’effet de la preparation .. .<
1 33, 8. 60 (198). 2736, 8. 29139): 3 38, 8. 45 (169). 4 78, 8.4,
Phyllopodenstudien. | 505
MacMurricH,- welcher im Jahre 1892 bei dem Isopoden Jaera
nur ein Hüllenchorion fand (64), beschreibt 1894 bei demselben Tiere
zwei Hüllen (70), wie es schon vor zwanzig Jahren für Oniseus murarius
BOBRETZKY (22) gezeigt hatte.
Dieser gründliche Verfasser gibt einen Beweis, daß wir es bei
Jaera wirklich mit einem Chorion und einer primären Hülle, der
Dotterhaut, zu tun haben, indem: er solche Eier gefunden hat, wo die
Riehtungskörperchen zwischen den zwei Hüllen liegen, was beweist,
daß die innere, primäre Hülle vom Eie selbst und nach dem Abstoßen
der Richtungskörperchen abgeschieden wird.
In einer kritisch-historischen Übersicht sagt mern daß
den Crustaceen ein Chorion immer zukommt, daß es nur Ausnahmen
sind, wenn, wie bei Moina und Cetochilus die Eier sich mit einer
Dotterhant Einen,
In gewissem Sinne hat er Recht, nur muß er die Hüllen nicht
als Dotterhaut und Chorion bezeichnen, sondern sie, wie es ISHIKAWA
macht, als primäre und sekundäre Hüllen deuten oder, wie ich es
vorschlage, als primäre, vom Ei abgesonderte, sekundäre — in den
Genitalorganen entstandene, und tertiäre — von speziellen Organen
ausgeschiedene Hüllen benennen.
Spätere Verfasser, wie GARBOWSKY (77), ROULE (79) oder Miss
LANGENBECK (81) bringen keine neuen Tatsachen zur Entscheidung
der Frage über die Eihüllen der Crustaceen.
Wenn wir jetzt fragen, wie es zur Zeit mit der Frage über den
Bau und die Entstehung der Eihüllen bei Crustaceen steht, so kommen
wir zu folgenden Schlüssen. Wir sehen bei vielen Crustaceen drei
Arten von Hüllen der Eier — eine primäre Hülle, eine sekundäre
und eine tertiäre.
Die primäre Hülle findet sich unter den Phyllopoden bei Chiro-
cephalus, Streptocephalus, Artemia, Apus, Lepidurus, Limnetis, Esthe-
ra, Leptestheria;, unter den Cladoceren bei Moina, Daphnia similis
und andern Daphnoiden. Unter den freilebenden Copepoden be-
gegnen wir der primären Eihülle bei Cetochilus und Cyelops und bei
den Notodelphyiden nach GIESBRECHT, während List bei den Gastro-
delphyiden eine sekundäre Hülle erwähnt, PEDASCHENKOo ihre Exi-
stenz, sowie die andrer Hüllen leugnet, und SCHIMKEWITSCH sie
aur zeiehnet, aber nicht beschreibt. Danach sehen wir, daß hier die
Frage noch unentschieden bleibt, wenn schon ihre Existenz von so
einem tüchtigen Forscher wie GIESBRECHT bestätigt wird. Bei den
Ostracoden war die Frage über die Existenz der primären Hülle noch
39*
506 | Nicolaus v. Zograf,
gar nicht aufgeworfen. Bei den Cirrhipedien beschreiben alle Beob-
achter eine primäre Hülle.
Danach ist bei dem größten Teile der Einsom oki in der
Regel eine primäre Eihülle vorhanden.
Bei den höheren Crustaceen steht die Frage unentschiedener.
Auch hier treffen wir viele Forscher, welche die primäre Hülle der
Eier anerkennen, und zwar sind es Forscher der neueren Zeit, wie
IstikAwA, Bumpus, MAcMurricH, während andre ihre Existenz
leugnen.
Vermutlich wird man bei gründlicheren Untersuebungen auch
bei diesen Krebstieren diese Hülle finden, wie sie von Macruren,
Brachyuren und Arthrostraceen beschrieben ist:
Ich meine, daß diese primäre Eihülle bei allen Crustaceen sich
finden wird, und daß wir es hier nicht mit den speziellen Stimula-
tionen des Protoplasmas — »stimulation of the protoplasma« (70),
wie es MacMurricH will, zu tun haben, obgleich HERBST gezeigt
hat, daß, wie es MAcMurrich beschreibt!, einige chemische Reize,
wie die von Benzol, Toluol oder Xylol eine Art Dottermembran an
der Außenfläche der Zelle bilden. Ich bin weit entfernt, die Tätig-
keit innerer chemischer Reize zu leugnen, doch glaube ich, daß
wir hier ‘die Frage nicht so scharf zu stellen haben, wie es Mac
MurricH will, und daß bei weiteren, gründlichen Untersuchungen
wir die primäre Eihülle, die Dottermembran, bei noch sehr vielen
Crustaceen finden : und ihr Vorieandensen: all die Regel ansehen
werden.
Was die andern Eihüllen betrifft, so finden wir nur wenige
Crustaceen ohne sekundäre und tertiäre Eihüllen. Es sind solche
Formen, deren Eier ganz frei im Planeton schwimmen, wie bei
einzelnen Copepoden, oder die in Säcken mitgeschleppt werden, wie
bei andern Copepodenformen, oder in Bruträume gelegt werden, wie
bei den Cladoceren, den Cirripedien, mit einem Worte, solche For-
men, deren Eier einen guten Schutz haben oder die frei in unge-
heuren Massen von Wasser schwimmen. {
Ganz anders steht die Sache bei andern Crustaceen-Formen.
Hier sehen wir meistenteils äußere Eihüllen. Wenn wir dann, z. B.
bei einigen Isopoden oder Amphipoden, Eier mit einer dünnen Ei-
hülle untersuchen, so finden wir meistens auch eine zweite dünne
Hülle. Wir können aber auch die Abwesenheit der äußeren oder
170, 8. 70.
Phyllopodenstudien. 507
‘der inneren Hülle verstehen, da bei diesen Tieren die Eier in die
'Bruttaschen gelangen, wo sie gut geschützt sind und wo die sich
entwickelnden Embryonen bis zur definitiven Bildung bleiben. Hier
-sind die doppelten Hüllen selbst nachteilig, und wenn solche er-
scheinen, so sind es Resultate von Erbeinflüssen, da die Arthrostra-
ceen aller Wahrscheinlichkeit nach von stomatopodenartigen Vor-
fahren abstammen.
Die äußeren Hüllen zeigen ungleiche Zustände. Sie erscheinen
entweder, wie bei den die Eier unter dem Schwanze tragenden
Decapoden als sehr feste Häute, selbst Kapseln, welche das Ei
‚mehr vor mechanischen als Schädigungen andrer Art schützen, oder
es sind spezielle Einrichtungen zum Ertragen der Kälte, Hitze, der
Austroeknung oder des Verweilen in aufschmelzenden Gewässern.
Hier begegnen wir einem fast identischen Bau bei Tieren, deren
Schalen vom Oviductepithel (Ostracoden), vom Epithel der Follikel-
pedunkel (Apodiden) oder von speziellen Eihüllendrüsen (Cherocepha-
lus diaphanus) gebildet werden. Da haben wir ein gutes Beispiel des
Parallelismus zwischen Bauarten von verschiedener Entstehung.
4. Hermaphroditismus beim Männchen von Lepidurus productus.
Ich hatte zweimal’ Gelegenheit gehabt, die Männchen von Lepr-
durus productus zu untersuchen. Das erste Mal habe ich ein Männchen
in einer großen Zahl von weiblichen Exemplaren, einigen hunderten,
gefunden. Die Tiere waren im April 1876 in den Rinnen und Pfützen
der Gemüsegärten von Butyrki, einer Vorstadt Moskaus, gefangen,
wo sie so zahlreich waren, daß von ihnen selbst die Rinnen, welche
von den Rädern der Wagen auf den ungepflasterten Wegen stammten,
gefüllt waren. Seitdem verschwanden die Tiere aus dieser Gegend
vollständig, da die Gemüsegärten Häusern und Straßen Platz gemacht
haben.
Die Tiere hatten seit 25 Jahren in Spiritus gelegen, waren
schlecht konserviert und gelangten erst im Jahre 1901 in meine Hände.
Das Männchen zeigte gut geformte acinöse Hoden mit Sperma gefüllt
und stellte nichts Hervorragendes vor.
Das andre Exemplar war mir Mitte Mai 1906 vom Studenten
Bo@DAn LipinskY geliefert, welcher drei Exemplare Lepidurus pro-
ductus bei Nemtschinowka, einer Eisenbahnstation der Moskau-Brester
Eisenbahn, etwa zwölf Kilometer von Moskau entfernt, gefangen hatte.
Die Tiere schwammen in einer fast vollständig ausgetrockneten Pfütze,
die schon nach zwei Tagen ganz ausgetrocknet war. ne
508 | Nicolaus v. Zograf,
Ich hatte die Tiere nicht näher angesehen und opferte sie für
die Herstellung von Schnittserien. Ich warf die Exemplare in die
Gemische von FLEMMING, TELLYESNITZKY und ZENKER und zerlegte
das erste Exemplar in Querschnitte, das zweite in frontale Längs-
schnitte, das dritte in sagittale Längsschnitte. Die Schnitte waren
dick, zwischen 10 und 15 «; die Serien waren vollständig, fast ohne
Verlust eines einzigen Schnittes angefertigt.
Beim Betrachten der Schnitte im Mikroskop erwies sich das
in ZENKERS Flüssigkeit fixierte Exemplar als ein Männchen, das
letzte beim näheren Studieren als ein Hermaphrodit.
Die Hoden sind seit KozuBowsKY (9), welcher zuerst die Männ-
chen von Apodiden gesehen hat, ihrer äußeren Form nach gut be-
kannt; ich habe außer den Angaben von BERNARD (53, 98, 75) keine
neueren Beschreibungen von ihnen gefunden.
Sie bestehen aus einem Kanal, dem an der dorsalen und lateralen,
selten auch an der ventralen und dorsalen Wand viele Ästehen an-
sitzen. Die letzten zerteilen sich in zahlreiche, ziemlich weite
Endzweige acinösen Charakters. Die regelmäßig kugeligen oder
länglich-ovalen Endzweige sind ziemlich groß, sie messen nämlich
im Durchmesser zwischen 0,13 und 0,21 mm und ihre Wände zeigen
eine Dicke von etwa 0,01 mm.
Die Ductus ejaculatorü sind sehr dick, wenn sie von dem sie
füllenden Sperma blasenartig angeschwellt sind. Sie messen dann
im Durchschnitt ungefähr 0,4 mm, während ihr nicht angeschwellter,
von den sphincterartig wirkenden Muskeln geschlossener Endabschnitt
zehnmal so eng erscheint, mit 0,04 mm breitem Durchmesser.
Den Eindruck, welchen ein Schnitt durch die Hoden bei nicht
starken Vergrößerungen (etwa 100 mal) macht, kann man an unsrer
Figur 42 der Tafel XXIII wahrnehmen. Bei beiden von mir unter-
suchten Exemplaren waren die Hodenwände mit einem Epithel,
welches schon ganz von Spermien gefüllt erschien, bekleidet (Taf. XXII,
Fig. 42, 45, 49 Tw). An manchen Stellen traten von der Wand
ins Innere des Hodens einzelne, etwa 0,002 mm messende Grup-
pen von Spermien, welche sehr eng zusammenhingen. Ich meine,
daß es Spermatocyten sind, welche die Spermien bilden (Tai. XXIII,
Fig. 49 spe). Solche Spermiengruppen wurden in einzelnen Stellen
der Hoden, besonders in den kleineren, engeren Acini ziemlich
oft gefunden, während man sie im centralen Kanale des Hodens
(Taf. XXIII, Fig. 42 e.ac.test) fast niemals findet. Wenn es wirklich
Spermatocyten sind, so ist ihr Fehlen im Centralteile des Hodens,
Phyllopodenstudien. 509
welcher als Sammelbassin des reifen Spermas anzusehen ist, ganz
verständlich.
Die Spermien selbst erscheinen als winzige kreisrunde, scheiben-
artige Körperchen (Taf. XXIII, Fig. 49 sp). Ich gebe keine nähere
Beschreibung dieser Elemente, da meine Schnitte zu dick waren
und ich sie im nicht konservierten, frischen Zustande nicht gesehen
habe. Ihre Größe schwankt zwischen 0,0002 und 0,0004 mm und
in ihrem Innern unterscheidet man selbst bei mittelgroßen Vergröße-
rungen einen sehr kleinen, sich sehr lebhaft färbenden Kern. Solche
Kerne erkennt man selbst an den bei der Vergrößerung von 260 mal
aufgenommenen Photographien, welche zur Herstellung der Abbil-
dungen 43 und 49 der Tafel XXIII dienten.
- Ich kann nichts zu dem, was F. BRAUER über die Verschieden-
heiten im äußeren Bau zwischen den Männchen und Weibchen von
Lepidurus productus schreibt (23), hinzufügen, und bestätige seine
Angaben, daß bei Zepidurus die Männchen nicht kleiner, sondern
größer als die Weibchen sind, und daß dieser Unterschied auch ande-
ren Phyllopoden eigen ist. So sind bei ZLeptestheria siligqua die Männ-
chen fast zweimal so groß wie die Weibchen, auch bei Cherocephalus
Josephinae, carnuntanus, diaphanus, bei Streptocephalus auritus und
Branchipodopsis affıinıs sind die Männchen größer und kräftiger ge-
baut als die Weibchen, und dieses Verhalten scheint sich bei den
Phyllopoden als die Regel zu erweisen.
Auch sind die Männchen der Phyllopoden, welche ich im Leben
untersuchen konnte, viel lebhafter als die Weibchen, was man auch
nach den von F. BRAUER publizierten Angaben über die Männchen
von Leptdurus productus erwarten konnte.
Leider kann ich gar nichts über die Lebensweise und den
äußeren Bau der mir vom Studenten BoGpAan LirinskY gebrachten
Männchen von Lepidurus sagen. Ich wiederhole, daß das Exemplar
ohne näheres Betrachten fixiert, konserviert, eingeschmolzen, tingiert
war, und nur das Studium der Schnitte mich lehrte, daß ich es hier
mit einem Männchen zu tun hatte.
Wenn man sich erinnert, daß v. SteBoLD, F. BRAUER und andre
Forscher tausende von Exemplaren von Apus durchgesehen haben,
ohne Männchen zu finden, daß Kozupowsky (9), welcher das Glück
hatte, die Männchen von Apus caneriformis im Juli zu finden, unter
den 160 Exemplaren nur 16 Männchen traf, so versteht man wohl,
warum ich die Tiere ohne nähere Betrachtung in Schnitte zerlegt
habe. — Ich hatte dabei einen wichtigen Umstand nicht ins Auge
510 Nicolaus v. Zograf,
gefaßt. Das Frühjahr, sowie der Sommer des Jahres 1906 war in
Centralrußland so ungemein heiß, daß alle phänologischen Erschei-
nungen um drei bis vier Wochen früher beobachtet wurden, als es
gewöhnlich der Fall ist. — Da die Männchen von Apus und Lepi-
durus nach den Angaben von KozuBowskY und BRAUER in einer
späteren Zeit vorkommen, so wären die Verhältnisse der Wasser-
pfützen im Mai 1906 in der Umgegend von Moskau vielleicht als
solche aus der Mitte Juni anzusehen gewesen, und so konnte man
auch bei den Apodiden Männchen zu finden erwarten.
Schon bei kleineren Vergrößerungen, wie z. B. von 30mal,
konnte ich in den Hoden des zweiten Tieres, sowohl in den Acini,
als auch im Centralkanale sparsam zerstreute, mit BOEHMERs Häma-
toxylin sich sehr lebhaft färbende Zellengruppen (Taf. XXIII, Fig. 42
und 49 fl.test) beobachten.
Diese Zellengruppen, von denen ich in den beiden Hoden 29
zählen konnte, waren sehr groß, ihre Durchmesser schwankten zwischen
0,09 und 0,04 mm und näherten sich sehr den Größen der Eifollikel
bei den Weibchen, deren Follikeldurchmesser zwischen 0,127 und
0,18 mm schwankt.
Die Zellengruppen bestanden immer aus vier Zellen, was man an
einigen Schnitten sehr gut wahrnehmen konnte (Taf. XXIII, Fig. 43).
Eine der Zellen zeigte den scharf ausgesprochenen Charakter einer
Eizelle, die drei übrigen den der Nährzellen.
Der Kern der ersten Zelle (Taf. XXIII, Fig. 45 0.x) enthielt zwei
größere Kernkörperchen, was man bei den Eizellen von Lepedurus
productus am häufigsten beobachtet; auch waren in seiner Flüssig-
keit kleinere Chromatinpartikel zerstreut. Selbst die Größe des Kern-
durchschnittes (0,00165 mm gegen 0,0016 der Fig. 20, Taf. XXII und
0,0019 der Fig. 52, Taf. XXIII) ist fast dieselbe, wie bei den wahren
Eizellen des Eierstockes.
Dasselbe können wir auch über die Nährzellen sagen. Man ver-
gleiche nur unter sich die Figuren 54 und 45 der Tafel XXIII.
Wir haben hier also wahre weibliche Geschlechtsprodukte in
den Hoden des Lepidurus productus. Aber die Geschlechtsprodukte
kommen nicht zur Funktion. Sie erfahren keine geschlechtliche
Reife. |
Sowohl die Kerne der Eizellen (Taf. XXII, Fig. 45), als auch die
der Nährzellen (Taf. XXIII, Fig. 42, 49, nx), erleiden einige Prozesse,
welche als Degenerationserscheinungen gedeutet werden können.
Ihr Inhalt wird nämlich blasig, also werden sie von Flüssigkeit
Phyllopodenstudien. 511
gefüllt, die Chromatinpartikel werden weniger scharf konturiert, als
‚ob sie zu zerfließen anfingen, die an den noch nicht degenerierenden
Follikeln stark ausgesprochenen Kernmembranen (Taf. XXI, Fig. 43)
verschwinden.
Diese blasenartige oder vacuolenartige Degenerierung findet nicht
nur in den Kernen statt, man beobachtet sie auch in dem Protoplasma,
zuerst in der unmittelbaren Nachbarschaft der Kerne, später auch an
andern Orten der, Zelle.
Es ist wohl sicher, daß diese Follikel vollständig degenerieren;
doch hatte ich keine Gelegenheit noch andre hermaphroditische Männ-
chen von Lepidurus zu untersuchen.
Wir kennen viele Beispiele vom Hermaphroditismus bei den
Crustaceen. So wissen wir seit lange, daß die Cirripedien herma-
phroditisch sind. Später machten BuLLAR und PAuL MAYER, sowie
auch LEICHMAnN Angaben über den Hermaphroditismus bei den
Isopoden, besonders den parasitischen!. Bei den Cirripedien sind
es aber Individuen, die als Weibchen mit den Formen des getrenn-
ten Geschlechts, welche als Hermaphroditen erscheinen, dasselbe
kann man auch von den Isopoden sagen. Hier sind also auch die
weiblich gestalteten Exemplare hermaphroditisch.
Aber auch bei männlich gestalteten Crustaceen findet Hermaphro-
‘ ditismus statt. Es sind nämlich Orchestia zwischen den Amphipoden
(36), Gebia zwischen den Decapoden (55), und nun treffen wir den
Lepidurus als Repräsentanten der Phyllopoden.
Schon vor Jahren schrieb Kurz?, daß man bei den Daphniden,
wenn man auf natürlichem Wege oder künstlich die von ihnen be-
völkerten Wasserbehälter austrockret, Männchen findet, von denen
einige Spuren von Hermaphroditismus zeigen.
BERNARD (53, 58 und 75) hat eingehende Untersuchungen dem
Hermaphroditismus bei Apodiden gewidmet. Er fand aber herma-
phroditische Weibchen bei Lepidurus glacialiıs, sowie bei andern
Apodiden. Seine Beschreibungen aber erweckten bei einigen Zoo-
logen, hauptsächlich englischen, z. B. bei BEnHAMm (74) Zweifel, und
da die Zeichnungen von BERNARD vieles zu wünschen lassen, so
bleiben diese Zweifel noch bis zu unsrer Zeit. Meiner Meinung nach
hat er vollkommen mit Recht in vielen Fällen, wenn auch nicht in
allen, in seinen Präparaten Spermien gesehen. Ich glaube, daß wir
{ Wir finden bei BERNARD (75) die vollständige Literatur dieser Frage.
2 Kurz, Über androgyne Mißbildung bei Cladoceren. Sitzungsbericht der
Wiener Akademie. LXIX. 1. Abth. 1874.
512 Nicolaus v. Zograf,
baldigst Beweise für Hermaphroditismus bei Weibchen der Apodiden
bekommen werden, obgleich ich selbst, trotz aller Bemühungen, zwi-
schen den mir zur Untersuchung dienenden zahlreichen Tieren keinen
hermaphroditischen Weibchen begegnet bin.
Danach bestehen bei den Crustaceen, außer dem einseitigen
pathologischen Hermaphroditismus, wie ihn LAVALETTE ST. GEORGES!
beschrieben hat, folgende Formen des wahren Hermaphroditismus,
d. h. solehen, wo der Hermaphroditismus als normale Erscheinung
existiert, oder wo zwischen den Geschlechtselementen eines Ge-
schlechts andre Geschlechtselemente vorkommen:
1. Crustaceen mit hermaphroditischen Weibchen (Cirripedien,
einige Isopoden).
2. Crustaceen mit hermaphroditischen Männchen — ÖOrckestia,
Gebia.
3. Crustaceen mit hermaphroditischen Männchen und Weibchen —
Apodidae.
Wenn wir bei den ersten einen physiologischen Hermaphroditis-
mus finden, insofern als die Geschlechtsdrüsen vollständig funktionieren,
bleibt es fraglich, ob hermaphroditische Männchen als physiologische
Hermaphroditen angesehen werden können. Bei den Amphipoden
gelangen nach NEBESKY (36) die weiblichen Elemente nicht zur Reife,
für Gebia finde ich bei IsmIkAwA (95) keine Angaben über die Reife
der weiblichen Produkte, was aber meinen Fall von Hermaphroditis-
mus des Männchens von Zepidurus productus betrifft, so bleibt auch
hier die volle Reife der weiblichen Geschlechtsprodukte aus.
Wir können also sagen, daß Hermaphroditismus der Männchen
bei den Crustaceen potentiell erscheint, während er bei den Weibchen
nach dem, was wir für Cirripedien, Isopoden und, nach den Angaben
von BERNARD, auch für Apodiden kennen, ein wahrer, physiologisch
funktionierender ist.
Was ist denn die Ursache solches potentiellen Hermaphro-
ditismus? Ich glaube sagen zu können, daß es eine mütterliche
Erbschaft ist, wobei die Männchen von Lepedurus, einer Gattung, in
der die Weibehen so ungemein zahlreich gegenüber den Männchen
erscheinen, von denselben auch die Fähigkeit zur Eibildung geerbt
haben. Ferner glaube ich, daß die mütterlichen Geschlechtsorgane,
als Organe einer weniger differenzierten und mehr produzierenden
Stase, leichter als die männlichen zu vererben sind.
! LA VALETTE SAINT GEORGES, Innere Zwitterbildung beim Flußkrebs.
Arch. für mikrosk. Anatomie. Bd. XXXIX. 189.
Phyllopodenstudien. 5183
Von Bedeutung ist es, daß, wie es Kurz! zeigt und wie es für
einige Tiergruppen, wie z. B. die Rotatorien, seit lange bekannt ist,
sich sowohl Männchen als auch männliche Hermaphroditen bei mangel-
haften Lebensbedingungen bilden. Das gilt auch vielleicht für die
Crustaceen. Mein Fall von ZLepidurus-Männchen war in solchen Be-
dingungen gefunden.
Wie wir sehen, liegt hier ein weites Feld zu experimentellen
Untersuchungen, welche, an den leichter sich dem Experimente unter-
werfenden Formen, z. B. den Cladoceren, gemacht werden können und
die uns vielleicht die Ursache eines solchen Hermaphroditismus der
Männchen erklären werden.
Mytniki bei Rusa (Gouvern. Moskau), den 6. August (23. Juli) 1906.
Literaturverzeichnis,
1. BENEDICT PREVoST, M&moire sur le Chirocephale. Anhang zu LouIs JURINE,
Histoire des Monocles qui se trouvent aux environs de Geneve. Geneve
et Paris 1820.
2. H. RATHKE, Untersuchungen über die Bildung und Entwicklung des Fluß-
krebses. Leipzig 1829.
N. JoLy, Histoire d’un petit Crustace (Artemia salina) ete. Montpellier 1840.
4. M. ErDL, Sur le developpement de l’euf du Homard. Comptes rendus de
l’Academie des sciences. Vol. XVII. Paris 1843.
Dr. LıEvin, Die Branchiopoden der Danziger Gegend. Danzig 1848.
P. J. van BENEDENn, Memoire sur le developpement et l’organisation des
Nieothoes. M&m. de l’Acad. royale de Belgique. Vol. XXIV. 1849.
7. A. E. GruUBE, Bemerkungen über die Phyllopoden, nebst einer Übersicht
ihrer Gattungen und Arten. Archiv f. Naturgesch. XIX. Jahrg. 1853.
8. G. MEISSNER, Beobachtungen über das Eindringen der Samenelemente in
den Dotter. Diese Zeitschr. Bd. VI. 1855.
9. A. KozuBowskY, Über den männlichen Apus cancriformis. Archiv f. Natur-
geschichte. Bd. XXIII. 1857.
10. €. CrAus, Zur Anatomie und Entwicklungsgeschichte der Copepoden. Archiv
f. Naturgeschichte. Bd. XXIV. 1858.
li. R. BuchHoLz, Branchipus Grubii Dybowsky. Schriften der Königlichen
physikal.-ökonomischen Gesellschaft zu Königsberg. V. Jahrg. 1864.
12. Fritz MÜLLER, Für DArwın. 1864.
13. A.DoHrn, Die embryonale Entwicklung von Asellus aquaticus. Diese Zeit-
schrift. Bd. XVII. 1866.
14. E. CLAPAREDE, Studien an Acariden. Diese Zeitschr. Bd. XIX. 1867.
®
n
UT. ce. =
514
15.
16.
17.
18.
19.
20.
28.
29.
30.
31.
32.
33.
34.
35.
. Nicolaus v. Zograf,
E. VAN BENEDEN, Observations sur le d&veloppement de l’Asellus aquaticus.
Bulletin de l’Acad. Royale de Belgique. 2me serie. Tom. XXVIII.
1869.
—— Developpement des Mysis. Ibid.
—— Developpement de l’euf et de l’embryon des Saceulines. Developpe-
ment des genres Anchorella, Lernaeopoda, Brachiella et Hessia. Bull.
de l’Ac. Roy. de Belgique. 2me serie. Tome XXIX. 1870.
—— et E. BESSELS, M&moire sur la formation du blastoderme chez les
Amphipodes, les Lerndeens et les Copepodes. M&moires couronn6es et
des savants etrangers presentees a l’Academie Royale de Belgique.
T. XXXIV. 18%.
P. FrAISSE, Entoniscus Cavolinii n. sp. nebst Bemerkungen über die Um-
wandlung und Systematik der Bopyriden. Würzburg 1870.
C. Craus, Zur Kenntnis des Baues und der Entwicklung von Branchipus
stagnalis und Apus cancriformis. . Abh. d. Königl. Gesellsch. d. Wiss.
zu Göttingen. Bd. XXVII. 1873.
C. v. SızBoLp, Über Parthenogenesis der Artemia salina. Sitzungsber. der
königl. Akademie der Wissensch. zu München. 1873.
N. BOBRETZKY, Zur Embryologie des Oniscus murarius. Diese Zeitschr.
Bd. XXIV. 1874.
F. BRAUER, Vorläufige Mittheilungen über die Entwicklung und Lebens-
weise des Lepidurus productus Bosc. Sitzungsber. der kaiserl. Akad.
der Wissensch. zu Wien. Erste Abtheilung. Bd. LXIX. 1874.
H. Lupwig, Über Eibildung im Thierreich. Arbeiten aus dem zool. Institut
zu Würzburg. 1874.
H. NitschE, Über die Geschlechtsorgane von Brandhipat Grubii (von
ar Diese Zeitschr. Bd. XXV. Supplement. 1875.
F. SPANGENBERG, Zur Kenntnis von Branchipus stagnalis. Ibid.
F. RiCHTERS, Branchipus australis n. sp. Journal des Museum Godefroy.
Heft XII. Hamburg 1876.
A. WEISMANN, Zur Naturgeschichte der Daphaiden I. Über die Bildung
von Wintereiern bei Leptodora hyalina. Diese Zeitschr. Bd. XXVII.
1876.
P. P. C. Hoek, Zur Entwicklungsgeschichte der Entomostraken. Nieder-
Jändisches Archiv für Zoologie. Bd. IV. 1877—78.
A. WEISMANN, Beiträge zur Naturgeschichte der Daphniden. HU. Die Eibil-
dung bei den Daphniden. Diese Zeitschr. Bd. XXVII. 1877.
C©. GROBBEN, Die Entwicklungsgeschichte der Moina rectirostris. Arb. aus
dem zool. Institute der Universität Wien u. der zool. Station in Triest.
Bd. II. 1879.
L. KERSCHNER, Über zwei neue Notodelphyiden nebst Bemerkungen über
einige Organisationsverhältnisse dieser Familie. Denkschr. d. Kais.
Akad. d. Wissensch. zu Wien. Math.-naturw. Klasse. Bd. XLI. Wien
1879.
C. Craus, Über Apseudes Latreilii Edw. und die Tanaiden. Arb. a. d. zool,
Inst. d. Univ. Wien. Bd. VII. 1886.
—— Über Lernaeasceus nematoxys Cls. und die Philichthyden. Ibid:
C©. GROBBEN, Die Entwicklungsgeschichte von Cetochilus septentrionalis.
Arb. a..d. zool. Inst. d. Univ. Wien. Bd. 111.21881.
36.
37.
38.
39,
40.
41.
42.
43.
44.
45.
46.
47.
49.
50.
51.
52.
83.
54.
Phyllopodenstudien. 515
O0. NEBESKI, Beiträge zur Kenntnis der Amphipoden der Adria. Arb. a. d.
zool. Inst. d. Univ. Wien. Bd. III. 1881.
W. GIESBRECHT, Beiträge sur Kenntnis einiger Notodelphyiden. Mitth. der
Zool. Station zu Neapel. Bd. III. 1882.
R. Waz, Über die Familie der Bopyriden, mit besonderer Berücksichtigung
der Fauna der Adria. Arb. a. d. zool. Inst. d. Univ. Wien. Bd. IV. 1882.
IsHIKAwA, On the development of a Freshwater Maerurous Crustacean,
Atyephira compressa de Haan. Quarterly Journal of miecroscopical
Seiences. Vol. XXV. 1885.
C. CrAus, Untersuchungen über die Organisation und die Entwicklung von
Branchipus und Artemia. Arb. a. d. zool. Inst. d. Univ. Wien. Bd. VI.
1886.
J. NusBAUMm, Zur Embryologie der Schizopoden (Mysis chamaeleo). Biolog.
Centralblatt. Bd. VI. 1887.
—— Zur Embryologie des Mysis chamaeleo. Nachrichten der Gesellsch. der
Naturforscher in Odessa, russisch. — 0. Hycöaymp, Kr 3möpionoriu
Mysis chameleo. 3anucku Hopopocciuckaro (ÖmMecTBa ECTeCTBOUCHLITATE
zeu, Tomp XII. 1887.
M. Nussbaum, On the first Changes in the Fecundated Ovum of Lepas.
Annals and Magazine of Natural History. Sixt series. Vol.I. 1888.
C. Craus, Über den Organismns der Nebaliden und die systematische Stel-
lung der Leptostraken. Arb. a. d. zool. Inst. d. Univ. Wien. Bd. VII.
1889.
M. Rossıskava, Etudes sur le developpement des Amphipodes. Bulletin
de la Societ& Imperiale des Naturalistes de Moscou. Annde 1889.
W. SCHIMKEWITSCH, Untersuchungen über die Fauna des weißen Meeres.
H. Enteropis dubius. Arbeiten der Gesellsch. der Naturforscher zu
St. Petersburg. Sektion für Zoologie und Physiologie. Bd. XX.. 1889.
Russisch. — B. Ilumkeruus. Haörmaenia Harp »aynuon Bf.naro mopa.
UI. Enteropis dubius.
G. CAno, Morfologia dell’ apparechio sessuale femminile, glandole del ce-
mento e fecondazione nei Crostacei Decapodi. Mitth. aus der Zool.
Station zu Neapel. Bd. IX. 1889—1891.
P. BurscHinsky, Zur Entwicklungsgeschichte von Parapodopsis cornuta
Czern. Nachr. der Gesellsch. der Naturforsch. in Odessa. Russisch. —
II. Byuusckif, Ks ucropiun pasguria MmusuAp. Hcropia passuria Parapo-
dopsis cornuta Üzern. 3amucku HOBOPocciuckaro ÜÖMEeCTBA ECTECTBOUCHBI-
rarezet. Tome XV. 1890.
C. CLAus, Über die Organisation der Cypriden. Anzeiger der Kaiserl. Akad.
der Wissensch. zu Wien. Math.-naturw. Klasse. XXVI. Jahrg. 1890..
J. H. List, Über die weiblichen Geschlechtsorgane und die Eibildung bei
parasitischen Copepoden (Gastrodelphyiden). Biologisches Centralblatt.
Bd. IX. 18%.
—— Das Genus Gastrodelphys. Diese Zeitschr. Bd. XLIX. 18%.
H. C. Bumpus, The Embryology of the American Lobster. Journal of
Morphology. Vol. V. 1891. |
H. BERNARD, Hermaphroditismus bei Phyllopoden. Jenaische Zeitschr. für
Naturwissensch. Bd. XXV. Neue Folge. Bd. XVIII. Jena 1891.
F. H. HrRRIcK, The Development of American Lobster. Zoolog. Anzeiger.
Jahrg. XIV. 1891.
516
55.
66.
67.
68.
69.
70.
Nicolaus v. Zograf,
IsHIKAWA, On the Formation of Eggs in the testis of Gebia major. Zool.
Anzeiger. Jahrg. XIV. 1891.
J. LEBEDINSKY, Die Entwicklung der Daphnia aus dem Sommerei. Ibid.
Jahre, XIV: 1891.
CATHERINE WAGNER, Developpement de la Melita palmata. Bull. de la Soe.
Impe£r. des Natur. de Moscou. Nouv. serie. Vol. V. 1891.
H. M. BERNARD, The Apodidae. A morphological Study. London 1892.
A. BRAUER, Über das Ei von Branchipus Grubii v. Dyb. von der Bildung
bis zur Ablage. Abhandl. der Königl. Akad. der Wissensch. zu Berlin.
1892.
C. CLAus, Neue Beobachtungen über die Organisation und Entwicklung von
Cyclops. Arb. a. d. zool. Inst. d. Univ. Wien. Bd. X. 1892.
—— Beiträge zur Kenntnis der Süßwasserostracoden. Ibid. Bd. X. 1892.
V. HÄckEr, Die Eibildung bei Cyelops und Canthocamptus. Zool. Jahr-
bücher. Abth. für Anatomie und Ontogenie der Thiere. Bd. V. 1892.
N. KnıpowItscH, Materialien zur Kenntnis der Gruppe der Ascothoraeida.
Russisch. — H. Kuunosuyr. Marepiaısı BB nosHauiw rpynısı Ascothora-
cida. St. Petersburg 189.
MACcMuRRicH, The formation of the germ-layers in the Isopod Crustacea.
Zool. Anzeiger. Jahrg. XV. 189.
W. F. R. Werpon, The formation of the germ-layers in Crangon vulgaris.
Quarterly Journal of microscopieal Sciences. Vol. XXXIII. 1892.
V. HÄckeEr, Über die Entwicklung des Wintereies von Moina paradoxa.
Berichte der Naturforschenden Gesellschaft zu Freiburg i.B. Bd. VlI.
1893. (Diese Arbeit ist mir durch andre Verfasser bekannt, war mir
aber unzugänglich.)
F. H. HERRICK, Cement-Glands and Origin of Egg-membranes in the Lobster.
Ann. and Mag. of Nat. Hist. Sixt series. Vol. XII. 183.
D. PEDASCHENKO, Eisegmentation und Bildung der Keimblätter bei Lernaea
branchialis. Naturwiss. Rundschau. Russisch. 1893. — A. Hexamenxo,
ÜerMmeHTazid Auma uU 06pa30BaHie 3apoAbIIIEBEIXB N.IACTOBE y Lernaea bran-
chialis. B&cruuxs ecrecrzosuania. 1893.
P. BUTSCHINSKY, Untersuchungen über die Entwicklung der Malacostraken.
Russisch. Nachr. d. Ges. d. Naturforsch. in Odessa. — II. Byuusckii,
Haönmrenia Hans passuriemp Malacostraca. 3amucku Hosopocciickaro
Oömecrpa ecrectpouchsIrarerteut. Tomp XIX. 1894.
J. P. MACMURRICH, Embryology of the Isopod Crustacea. Journal of Morpho-
logy. Vol. XI. 189.
J. E.S. MooRE, Some points in the Origine of the Reproductive Elements
in Apus and Branchipus. Quart. Journ. of mier. se. Vol. XXXV. 1894.
G. W. MÜLLER, ÖOstracoden. Fauna und Flora des Golfes von Neapel.
21. Monographie. Berlin 189.
P. T. Groom, On the Early Development of Cirripedia. Philosophical Trans-
actions of the Royal Society of London. Vol. CLXXXV. 189.
W. BLAXxLAND BENHAM, The Male of Apus cancriformis. Ann. and Mag.
of Nat. Hist. Sixt series. Vol. XVII. 1896.
H. M. BERNARD, Hermaphroditismus among the Apodidae. Ibid. Vol. XVII.
1896.
76.
1.
78.
2:
80.
8.
82.
83.
=
85.
86.
87.
88.
89.
Phyllopodenstudien. 517
P. Burscuinsky, Die Furchung des Eies und die Blastodermbildung der
Nebalia. Zool. Anz. Jahrg. XX. 1897.
P. GARBOWSKY, Hyperienartige Amphipoden des Mittelmeeres. I. Teil. Die
Seiniden. Berichte der Kommission für Erforschung des östlichen
Mittelmeeres. Fünfte Reihe. XX. Zoologische Ergebnisse. IX. Denk-
schriften der Kaiserl. Akademie der Wissenschaften zu Wien. Math.-
naturw. Klasse. Bd. LXIII. 1896.
M. RossuskA1A-KoSCHEYNIKOWA, Etude sur le döveloppement embryonnaire
du Gammarus pulex. Bull. d. la Soc. d. Natur de Moscou. 1896.
L. RouvsLE, Etudes sur le döveloppement des Crustacdes. Annales des
Sciences naturelles. Zoologie. VIlIe Serie. Tome Iet II. 1896—97.
W. SCHIMKEWITSCH, Studien über parasitische Copepoden. Diese Zeitschr.
Bd. LXI. 1896.
C. LANGENBECK, Formation of the Germ Layers in the Amphipod Micro-
deutopus gryllotalpa Costa. Journal of Morphology. Vol. XIV. 189%.
R. WOLTERECK, Zur Bildung und Entwicklung des Ostracoden-Eies. Diese
Zeitschr. Bd. LXIV. 189.
M. SAMTER, Studien zur Entwicklungsgeschichte der Leptodora hyalina
Lillj. Diese Zeitschr. Bd. LXVIII. 1900.
A. MArLaAgQumn, Le parasitisme @volutif des Monstrillides. Archives de zoo-
logie experimentale et generale. Serie III. Tome IX. 1901.
A. OsTROUMoWw, Über die Bedeutung des osmotischen Druckes im Prozesse des
Eiverlassens von Nauplien der Artemia salina. Russisch. Arbeiten der
Gesellschaft der Naturforscher zu Kasan. — A. OcrpoymogtT, OÖ suauenHiu
OCMOTUYCCKATO MaBAeHid BB Npouecch BeraynzeHia Nauplius — 08% u3%E
uxpsı Apremiu. Tpyası Kasauckaro OdmecrBa ecrectpoucnpirarereu. Kasaus
1901. a
G. O0. Sars, Descriptions of some Australian Phyllopoda. Archiv for Mathe-
matik og Naturvidenskab. Bd. XVII. 1902.
C. ARTOM, Osservazioni generali sull’ Artemia salina Leach delle Saline di
Cagliari. Zool. Anzeiger. Jahrg. XXIX. 1905.
M. NOWIKOFF, Untersuchungen über den Bau der Limnadia lenticularis.
Diese Zeitschrift. Bd. LXXVIII. 1905.
WOLFGANG OSTWALD, Experimentelle Untersuchungen über den Saisonpoly-
morphismus bei Daphniden. Arch. f. Entwieklungsmech. der Organis-
men. Bd. XVII. 1904.
90. V. HÄckeEr, Die Entwicklung der Wintereier der Daphniden. Zool. Abhandl.
AUGUST WEISMANN zu seinem 60. Geburtstage 17. Januar 1894 gewid-
met. Berichte der Naturforsch. Gesellsch. zu Freiburgi.B. Bd. VIII. 1894.
518
Nicolaus v. Zograf,
Erklärung der Abbildungen,
Buchstabenerklärung:
ac.test, Acini des Testiculus;
as, äußere Schicht der Eihülle;
ble, Blastocöl;
biz, Blastulazellen;
c.ac.tes', centraler Teil des Testieulus;
cjt.pd, Bindegewebemembran des Fol-
likelpeduneulus;
dk, Dotterkörnchen ;
drg, Eihüllendrüsen;
drk, Drüsenzellenkerne;
dr.od, Oviductdrüsenzellen ;
dt, Dotter;
d.v, Dottervacuolen;
dxg, Drüsenzellengänge;
dxh, Eihüllendrüsenzellen ;
ehp, Partikeln des Eihüllensecretes;
ei, Ei;
eik, Eikern;
ep.od, Epithel des Oviductus;
ep.ov, Epithel des Ovarium;
es, Eisack (Eitasche);
esw, Eisackwand;
eswe, Eisackwandepithel;
ex, Extremität;
ex.1l, Wand der Extremität des elften
Paares;
fl, Follikel;
fl.ep, Follikelepithel;
fl.test, Follikel im Testiculus;
gr.st, Grenzstreifen zwischen der peri-
pherischen Zone des Eies und dem
int, Darm;
ts, innere Schicht der Eihülle;
kh, Kernhülle;
kl, Keimlager;
ks, Kernspindel;
kw, Körperwand;
m.ex, Extremitätenmuskeln ;
m.l und !m, Längsmuskeln;
ms, mittlere Schicht der Eihülle;
n%, Nährzellen;
nx', eingeschluckte Nährzellen;
nr, Nährzellenreste;
o, indifferente Zellen des Eierstockes;
od, Eileiter;
od’, Aussackungen des Eileiters;
o.k, Eileiterpolster;
ov, Ovarium;
oz, Eizelle;
pd, Follikelpedunculus;
pd.x, Zellen des Follikelpedunculus;
pd.x.ex, Exeret der Zellen des Follikel-
pedunculus;
p-h, primäre Eihülle;
p%, peripherische Zone des Eies;
qm, Quermuskeln;
s.h, sekundäre Eihülle;
sl.h, Schleimhülle;;
sm, Sarcolemm;
sp, Spermien;
spec, Spermatocyte;
ss, Stäbehensaum des Darmepithels;
Dotter; test, Testiculus;
hp, Poren der Eihülle; T.w, Wand des Testiculus;
hx, Herz; xl, Zellenreihen des Eierstockes.
Tafel XXI
Fig. 1. Querschnitt durch das hinterste Ende des Eierstockes von Ohiro-
cephalus Josephinae Gr. Vergr. etwa 260/1. FrLemm. Flüss., Safranin.
Fig. 2. Querschnitt des Eierstockes von Chirocephalus Josephinae, unge-
fähr 1,5 mm vor dem hintersten Ende. Vergr. und Behandlung wie Fig. 1.
Fig. 3. Querschnitt des mittleren Teiles des Eierstockes von Chirocephalus
Josephinae. Vergr. und Behandl. wie Fig. 1 und 2.
Fig. 4. Querschnitt des Eierstockes von Chirocephalus Josephinae, unge-
fähr 0,75 mm vor dem hintersten Ende. Vergr. und Behandl. wie Fig. 1.
Phyllopodenstudien. | 91:9
Fig. 5. Querschnitt durch Ohirocephalus Josephinae im Niveau der Ein-
mündung der Eileiter in den Eisack. FLEMM. Gem., Safranin. Vergr. 30/1.
Fig. 6. Querschnitt des vordersten Teiles des Eierstockes von Chirocepha-
lus Josephinae. Vergr. und Behandl. wie Fig. 1.
Fig. 7. Querschnitt des Eierstockes von Ohirocephalus Josephinae, ungefähr
0,3 mm vor dem hintersten Ende. Vergr. und Behandl. wie Fig. 1.
Fig. 8. Teil eines Schnittes durch das Ei von Chirocephalus Josephinae.
ZENKERS Gemisch, BÖHMERS Hämatoxylin. Vergr. etwa 350/1.
Fig. 9. Querschnitt des Eierstockes von Chirocephalus Josephinae im vor-
deren Dritteil. FLemm. Gem., Safranin. Vergr. etwa 260/1.
Fig. 10. Schnitt durch ein Ei von Chirocephalus Josephinae im Morula-
stadium. ApArays Sublimat, EHRLICH-BIONDI-HEIDENHAINS Dreifarbengemisch.
Vergr. 260/1.
Fig. 11. Vier Zellen der Eihüllendrüse von Ohirocephalus Josephinae:-
ZENKERS Gemisch, BÖHMERS Hämatoxylin. Vergr. etwa 260/1.
Fig. 12. Teil eines Schnittes durch den Eierstock von Chirocephalus Jose-
phinae. GıLsons Sublimat, BÖHMERs Hämatoxylin. Vergr. etwa 260/1.
Fig. 13. Querschnitt des Eierstockes von Chirocephalus Josephinae mit
einem pathologisch deformierten Ei. FLEMM. Gem., Safranin. Vergr. etwa 260/1.
Fig. 14. Schnitt durch ein in den Eisack eingetretenes, aber von den Ei-
hüllen noch unvollständig bekleidetes Ei von Chirocephalus Josephinae. FLEMMINGS
Gemisch, Safranin. Vergr. etwa 260/1.
Fig. 15. Schnitt durch ein Ei von Chirocephalus Josephinae im Blastula-
stadium. ZENKERS Gemisch, HEIDENHAINs Eisenhämatoxylin. Vergr. etwa 260/1.
Fig. 16. Schnitt durch ein Ei von Chirocephalus Josephinae im Blastula-
stadium. Osmiumsäure mit Holzessig reduziert. Vergr. etwa 260/1.
Tafel XXTII.
Fig. 17. Querschnitt des Eierstockes von Chirocephalus Josephinae im vor-
deren Dritteil. FLEMMInGs Gemisch, Safranin. Vergr. etwa 260/1.
Fig. 18. Teil eines Längsschnittes durch den Eierstock von Chirocephalus
Josephinae. ZENKERS Gemisch, BÖHMERs Hämatoxylin. Vergr. etwa 260/1.
Fig. 19. Schnitt durch ein aus dem Eileiter in den Brutraum austretendes
Ei von Lepidurus produetus. TELLYESNITZKYS Gemisch, BÖHMERs Hämatoxylin.
Vergr. etwa 260/1.
Fig. 20. Längsschnitt des Eifollikels von Lepidurus produetus. FLEMM.
Gemisch, Safranin. Vergr. etwa 260/1.
Fig. 21. Schnitt durch zwei Eifollikel von Lepedurus productus. TELLYES-
NITZKYs Gemisch, BÖHMERs Hämatoxylin. Vergr. etwa 260/1.
Fig. 22. Teil eines Schnittes durch den Eierstock von Ohirocephalus Jose-
phinae. GiLsons Sublimat, BÖHMERs Hämatoxylin. Vergr. etwa 260/1.
Fig. 23. Längsschnitt durch einen fortgeschrittenen Eifollikel von Lepidurus
productus. TELLYESNITZKYS Gemisch, BöÖHMERs Hämatoxylin. Vergr. etwa 206/1.
Fig. 24. Querschnitt durch ein aus dem Follikel ausgetretenes Ei von
Lepidurus productus. Alkohol, EHRLICH-BIONDI-HEIDENHAINS Dreifarbengemisch.
Vergr. etwa 260/1.
Fig. 25. Teil eines Querschnittes durch den Eierstock von Ohrrocephalus
Josephinae. GıILsoNs Sublimat, BÖHMERsS Hämatoxylin. Vergr. etwa 260/1.
Fig. 26. Längsschnitt durch einen etwas mehr als den auf der Fig. 25
Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. i 34
520 Nicolaus v. Zograf,
abgebildeten entwickelten Eifollikel von Lepidurus productus. Alkohol, BÖHMERS
Hämatoxylin. Vergr. etwa 260/1.
Fig. 27. Teil eines Schnittes durch das im Follikelpeduneulus befind-
liche Ei von Lepidurus productus. Alkohol, BÖHMERsS Hämatoxylin. Vergr.
etwa 260/1.
Fig. 28. Schnitt durch den Eierstock von Chzrocephalus Josephinae. GILSONS
Sublimat, BÖHMERs Hämatoxylin. Vergr. etwa 260/1.
Fig. 29. Schnitt durch ein reifendes Ei von Chirocephalus Josephinae.
ZENKERsS Gemisch, BÖHMERs Hämatoxylin. Vergr. etwa 260/1.
Fig. 30. Teil eines Schnittes durch zwei in den Oviduct eingetretene Eier
von Lepidurus productus. Alkohol, BÖHMERs Hämatoxylin. Vergr. etwa 260/1.
Fig. 31. Schnitt durch einen Secretklumpen im Eileiter von Lepedurus pro-
ductus. Alkohol, BöÖHMmErs Hämatoxylin. Vergr. etwa 260/1.
Fig. 32. Schnitt durch einen Eifollikel von Leprdurus produetus. Alkohol,
Böunmers Hämatoxylin. Vergr. etwa 260/1.
Fig. 33. Längsschnitt durch ein zum Austreten aus dem Follikel Pzes
Ei von Lepidurus productus. TELLYESNITZKYS Gemisch, BÖHMERS Hämatoxylin.
Vergr. etwa 260/1.
Fig. 34. Schnitt durch verschiedene Follikelpeduneuli und ein im Follikel-
pedunculus sich befindendes Ei von Leprdurus productus. 'TELLYESNITZKYS Ge-
misch, BÖHMERs Hämatoxylin. Vergr. etwa 260/1.
Tafel XXIII.
Fig. 35. Schnitt durch zwei sich im distalen Ende des Oviduets befin-
dende Eier von Lepidurus productus. Alkohol, BÖHMERs Hämatoxylin. Vergr.
etwa 260/1.
Fig. 36. Schnitt durch ein zum Austreten aus dem Eileiter fertiges Ei von
Lepidurus productus. Alkohol, BÖHMERs Hämatoxylin. Vergr. etwa 260/1.
Fig. 37. Teil eines Schnittes durch einen aufgetriebenen, kein Ei enthal-
tenden, aber das Eihüllensecret secernierenden Follikelpedunculus von Lepedurus
productus. TELLYESNITZKYsS Gemisch, BÖHMERS Hämatoxylin. Vergr. etwa 350/1.
Fig. 38. Längsschnitt durch einen aufgetriebenen, kein Ei enthaltenden,
aber das Eihüllensecret ausscheidenden Follikelpeduneulus von Zepedurus produc-
tus. TELLYESNITZKYS Gemisch, BÖHMERs Hämatoxylin. Vergr. etwa 260/1.
Fig. 39. Längsschnitt durch ein sich in dem Eisack befindendes Ei von
Ohirocephalus diaphanus im Blastulastadium. Alkohol, BÖHMERs Hämatoxylin.
Vergr. etwa 260/1.
Fig. 40. Schnitt durch ein reifes Ei von Limnetis brachyurus. APATHYS
Sublimat, EHRLICH-BIONDI-HEIDENHAINs Dreifarbengemisch. Vergr. etwa 260/1.
Fig. 41. Längsschnitt durch einen Eifollikel von Limnetis brachyurus. APA-
rHYs Sublimat, Boraxkarmin. Vergr. etwa 260/1. -
Fig. 42. Längsschnitt durch den Hoden von Lepedurus productus. ZENKERS
Gemisch, BÖHMERs Hämatoxylin. Vergr. etwa 100/1.
Fig. 45. Schnitt durch einen Eifollikel aus dem Hoden von Lepidurus pro-
ductus. ZENKERS Gemisch, BÖHMERs Hämatoxylin. Vergr. etwa 260/1.
Fig. 44. Schnitt durch ein zum Austreten aus dem Eifollikel fertiges Ei
von Lepidurus productus. Alkohol, EHRLICH-BIONDI-HEIDENHAINS Dreifarben-
mischung. Vergr. etwa 260/1.
Fig. 45. Schnitt durch ein sich im Brutraume schon ziemlich lange be-
Phyllopodenstudien. | 521
findendes Ei von Lepidurus productus. Alkohol, BÖHMERsS Hämatoxylin. Vergr.
etwa 260/1. \
Fig. 46. Querschnitt durch ein sich in der Nachbarschaft der Einmündung
des Eierstockes befindendes Ei von Limnetis brachyurus. FLEMMINGsS Gemisch,
Safranin. Vergr. etwa 260/1.
Fig. 47. Querschnitt durch ein aus dem Follikelpedunculus eben ausge-
tretenes Ei von Lepidurus produetus. Alkohol, BÖHMERs Hämatoxylin. Vergr.
etwa 260/1.
Fig. 48. Längsschnitt durch einen Eifollikel von Zstheria tetracera. Alko-
hol, BöHnmers Hämatoxylin. Vergr. etwa 260/1.
Fig. 49. Schnitt durch den Hoden von Lepedurus productus mit einem
degenerierenden Eifollikel. ZENKERS Gemisch, BöHMmers Hämatoxylin. Vergr.
etwa 260/1.
Fig. 50. Teil eines Schnittes durch die Eihüllendrüse von Streptocephalus
auritus. Essigsäuresublimat, Bönmers Hämatoxylin. Vergr. etwa 260/1.
Fig. 51. Schnitt durch ein eben in den Brutraum eingetretenes Ei von
Lepidurus productus. Alkohol, BÖHMERs Hämatoxylin. Vergr. etwa 260/1.
Fig. 52. Schnitt durch eine Eizelle von Lepidurus productus. Alkohol,
BÖHMERs Hämatoxylin. Vergr. etwa 260/1.
Fig. 53. Schnitt durch ein abgelegtes Ei von Limnetis brachyurus. APATHYS
Sublimat, EHRLICH-BIONDI-HEIDENHAINS Dreifarbengemisch. Vergr. etwa 260/1.
Fig. 54. Schnitt durch eine Nährzelle von Lepidurus productus. Alkohol,
BÖHMERs Hämatoxylin. Vergr. etwa 260/1.
Fig. 55. Schnitt durch ein abgelegtes Ei von Artemia salina. Osmium mit
Holzessig reduziert, Dahlia-Violett. Vergr. etwa 260/1.
Fig. 56. Teil eines Schnittes durch das Ei von Leprdurus productus. Alko-
hol, BöHMErRs Hämatoxylin. Vergr. etwa 350/1. |
Fig. 57. Teil eines Schnittes durch die Eihülle von Apus caneriformis
Alkohol, Hämatoxylin. Vergr. etwa 350/1.
Tafel XXIV.
Fig. 58. Querschnitt durch ein Ei von Streptocephalus aurıtus, welches
einen fertigen Nauplius enthält. ApArHys Sublimat, Hämatoxylin. Vergr.
etwa 260/1.
Fig. 59. Querschnitt durch den Eisack von Streptocephalus aurıtus mit
zwei eben eingetretenen Eiern. ZENKERS Gemisch, Boraxkarmin. Vergr. etwa
.260/1.
Fig. 60. Querschnitt durch einen noch leeren Eisack von Streptocephalus
auritus. ZENKERS Gemisch, BöHMERs Hämatoxylin. Vergr. etwa 260/1.
Fig. 61. Schnitt durch ein sich im Blastulastadium befindendes Ei von
Branchipodopsis affınıs, bei welchem die sekundäre Eihülle nicht ausgebildet,
sondern in Form von feinsten Kügelchen ausgeschieden war. Alkohol, BÖHMERS
Hämatoxylin. Vergr. etwa 260/1.
Fig. 62. Längsschnitt durch den Eierstock von Strepiocephalus auritus.
Essigsäuresublimat, BÖHMERs Hämatoxylin. Vergr. etwa 260/1.
Fig. 63. Schnitt durch ein Ei von Branchipodopsis affınis, welches von
den ausgebildeten Eihüllen bedeckt ist. Alkohol, BöHMERs Hämatoxylin. Vergr.
etwa 260/1.
Fig. 64. Querschnitt des Ovarium von Chirocephalus carnuntanus Br.
Alkohol, BÖHMERs Hämatoxylin. Vergr. etwa 260/1.
34*
522 | Nicolaus v. Zograf, Phyllopodenstudien.
Fig. 65. Schnitt durch den Eierstock und den Eileiter von Lömmetis
brachyurus. APATHYs Sublimat, Boraxkarmin. Vergr. etwa 260/1.
Fig. 66. Querschnitt durch Dranchipodopsis affınis im Niveau der Aus-
mündungen der Eileiter in den Eisack. Alkohol, BÖHMErRs Hämatoxylin. Vergr.
etwa 30/1.
Fig. 67. Längsschnitt durch den Eierstock von Streptocephalus auritus.
Essigsäuresublimat, BÖHMERs Hämatoxylin. Vergr. etwa 260/1.
Fig. 68. Querschnitt durch den Eierstock von Chirocephalus carmumtanus.
Alkohol, BöHMERs Hämatoxylin. Vergr. etwa 260/1.
Fig. 69. Zwei zerzupfte Zellen aus dem Eierstock von Sireptocephalus
auritus. ZENKER£E Gemisch, BÖHMERsS Hämatoxylin. Vergr. etwa 260/1.
Fig. 70. Teil eines Längsschnittes durch das Ovarium von Streptocephalus
auriüus. Essigsäuresublimat, BÖHMERs Hämatoxylin. Vergr. etwa 260/1.
Fig. 71. Querschnitt durch den Eierstock von Daphnia magna. APATHYS
Sublimat, Hämatein. Vergr. etwa 260/1.
Fig. 72. Schnitt zweier Zellen aus der Eihüllendrüse von Streptocephalus
auritus. Essigsäuresublimat. Boraxkarmin. Vergr. etwa 350/1.
Fig. 75. Schnitt durch ein jüngeres, aber sich schon im Eisacke längere
Zeit befindendes Ei von St£reptocephalus auritus. APATHYs Sublimat, Hämatein.
Vergr. etwa 260/1.
Fig. 74. Längsschnitt durch den Eierstock von Branchipodopsis affınıs.
Alkohol, BÖHMERs Hämatoxylin. Vergr. etwa 100/1.
Be
#9
Zeitschrift |
für
WISSENSCHAFTLICHE ZOOLOGIE
begründet
Carl Theodor v. Siebold und Albert v. Kölliker
herausgegeben von
Ernst Ehlers
Professor a. d. Universität zu Göttingen
Sechsundachtzigster Band 8
Viertes Heft
Mit 8 Tafeln und 21 Figuren im Text
LEIPZIG |
Verlag von Wilhelm Engelmann
IM
j
.
„rt v «
ee -
Be,
a
- Bi, ie. >
Ausgegeben den 28. Mai 1907
Inhalt
Seite
Paul Fechner, Beiträge zur Kenntnis der Kiemenspaltenbildung der As-
cidien. (Mit Taf. XXV, XXVI und 2 Fig. im Text). rss 523
Walter Richter, Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren.
(Mit Taf. XXVII-XXIX und 13 Fig.- Im Text.) Sea SE 597
E. Ballowitz, Die Form und Struktur der Schuppentierspermien. (Mit
Tat. ARX). 2.0 un. 619
Clara Hamburger, Das Männchen von Lacinularia socialis Ehrbg. (Mit
Taf. XXXI u 3 Eig. m Text... . ;. „200 2 Zr 625
Hermann Jost, Beiträge zur Kenntnis des Entwieklune ER der Larve
von Hypoderma bovis de Geer. (Mit Taf. XXXII u. 3 Fig. im Text.) 644
Mitteilung.
Beiträge für die Zeitschrift bitten wir an Herrn Prof. Ehlers
in Göttingen einzusenden. Im Interesse einer raschen und sicheren
Veröffentlichung liegt es, daß die Manuskripte völlig druckfertig
eingeliefert werden, da mit nachträglichen Einschiebungen und aus-
gedehnten Abänderungen während der Korrektur Zeitverlust und
sonstige Unzuträglichkeiten verbunden sind. Bei der Disponierung der
Zeichnungen ist darauf zu achten, daß der Raum des in der Zeitschrift
üblichen Tafelformates nicht überschritten wird. Für Textfiguren
bestimmte Zeichnungen sind auf besonderen Blättern beizulegen.
Die Verlagsbuchhandlung Der Herausgeber
Wilhelm Engelmann. Ernst Ehlers.
Die Herren Mitarbeiter der »Zeitschrift für wissenschaftliche
Zoologie« erhalten von ihren Abhandlungen und Aufsätzen 40 Sonder-
abdrucke unberechnet. Weitere Exemplare werden auf Wunsch
gegen Erstattung der Herstellungskosten geliefert unter der Voraus-
setzung, daß sie nicht für den Handel bestimmt sind.
”
Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig
Soeben ist erschienen:
Das
Kausalitätsprinzip der Biologie
von:
Dr. med. Friedr. Strecker
Privatdozent in der Anatomie und Biologie
und
I. Assistent am Kgl. anatomischen Institut der Universität Breslau
e VIII. u. 153 S. 8. Geheftet M. 3.— ER
Beiträge zur Kenntnis der Kiemenspaltenbildung
der Ascidien,
Von
Paul Fechner
aus Bremen.
Mit Tafel XXV, XXXVI und 2 Figuren im Text.
Noch vor etwa 10 Jahren war man in bezug auf die Entstehung
des Peribranchialraumes der Ascidien geteilter Ansicht. Während die
einen Forscher annahmen, daß lediglich das Enntoderm sich an der
Bildung des Peribranchialraumes beteilige, behaupteten andre, die Peri-
branchialräume würden vom Ectoderm ausgekleidet. Nachdem nun
diese Frage zugunsten der letzteren Ansicht als geklärt gilt, stellt sich
eine ähnliche Meinungsdifferenz betreffs der Entstehung der Kiemen-
spalten heraus, weshalb ich auf Anregung des Herrn Prof. Dr. SEELIGER
diese Frage einer eingehenden Untersuchung unterzog in der Hoffnung,
sie ihrer definitiven Lösung entgegenzuführen.
Als Untersuchungsmaterial dienten Ecteinascidia turbinata Herd-
mann, Polyeyclus renieri Lam., Pyrosoma atlanticum Peron und Stye-
lopsis grossularıa P. J. van Beneden, welche mir sämtlich in reichlicher
Menge und wohl konservierten Exemplaren zur Verfügung standen.
Das Material von Zcteinascidia stammt von der Insel Menorca, aus
dem Hafen von Mahon, das von Polycyclus und Pyrosoma aus Rovigno
bzw. Villa Franca; ersteres wurde von Herrn Prof. Dr. WILL gesammelt,
während ich das der beiden letzteren Tiere der Liebenswürdigkeit des
Herrn Prof. Dr. SEELIGER verdanke. Die Exemplare von Styelopsis
grossularıa wurden in der Ostsee, einige Seemeilen vor ee
gefischt und von mir selbst konserviert.
Als Fixierungsflüssigkeiten sind Sublimat, er Pikrinsäure,
Pikrinschwefelsäure, schwache Chromsäure und Osmiumsäure ver-
wendet worden.
Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd.
[JP)
[or
524 Paul Fechner,
Nachdem der Kiemenkorb der Ascidien das nach SEELIGER (BRoNNs
Klassen und Ordnungen III. Bd. Suppl. Tunicata) allen Ascidienlarven
zukommende Stadium mit zwei Kiemenspalten jederseits durchlaufen,
weicht die weitere Entwicklung des Kiemenkorbes, wie ich, mit Rück-
sicht auf die nachfolgenden Befunde, SEELIGER durchaus bestätigen
kann, nach zwei verschiedenen Richtungen auseinander. Der erste
Entwicklungsmodus ist dadurch charakterisiert, daß die neu auftreten-
den Kiemenspalten (Spiracula) durchaus selbständig und unabhängig
von den bereits vorhandenen entstehen. Beim zweiten Entwicklungs-
modus dagegen werden nur sehr wenige selbständige Perforationen an-
gelegt, und diese selbst bilden den Ausgang für alle neuen Spalten, die
teils durch Teilung, teils durch Abschnürung von den zuerst angelegten
entstehen.
Über die Entstehung der Kiemenspalten nach dem ersten Typus
liegt nur eine sehr geringe Literatur vor. Im wesentlichen beruht sogar
unsre gesamte Kenntnis von demselben auf den Arbeiten SEELIGERs (16),
nach welchen bei den Larven sämtlicher Synascidien (Botryllus und
Thylacium ausgenommen), sowie bei allen Ascidienknospen die Kiemen-
spalten als selbständige, voneinander unabhängige Perforationen auf-
treten. Selbst die Knospen solcher Ascidienformen sind hiervon nach
SEELIGER nicht ausgenommen, deren Larven hinsichtlich der Kiemen-
spaltenbildung dem zweiten Modus folgen.
Damas (Contribution & l’etude des Tuniciers. Archives de Bio-
logie XX. 1904) kann hier insofern angezogen werden, als er — wenig-
stens für die dritte Kiemenspalte bei Molgula, sowie für die ersten
15 Kiemenspalten bei Styelopsis — eine selbständige Entstehung dartut,
dann aber annimmt, daß alle weiteren Kiemenspalten und Kiemen-
spaltenreihen durch Teilung aus diesen ersten, die er als Protostigmata
bezeichnet, entstehen. |
Gegenüber dieser positiven Angabe nimmt JULIN (9) in einer um-
fangreichen, 1904 erschienenen Arbeit über die Phylogenie der Tunicaten
einen völlig negierenden Standpunkt ein. Er leugnet das Vorkommen
der selbständigen Entstehung überhaupt. »Or, mes recherches actuelles, «
so lauten seine eigensten Worte, »demontrent que ce second mode de
formation des stigmates branchiaux n’existe pas.« Dieser Widerspruch
Jurins wird noch dadurch in ein besonders grelles Licht gerückt, daß
die Untersuchungen des belgischen Forschers außer auf den Gattungen
Perophora und Distaplia vor allem auch auf Clavellina, also auf dem-
selben Objekt basieren, an dem SEELIGER seine Beobachtungen an-
gestellt hat. Nicht selbständig, wie letzterer es will, sollen die Kiemen-
Beiträge zur Kenntnis der Kiemenspaltenbildung der Ascidien. 525
spalten der ÜOlavellina entstehen, sondern sämtlich sich entwicklungs-
geschichtlich ableiten lassen von den zwei primären Spaltenpaaren, die
er als wahre »fentes branchiales« (= primäre Protostigmata von SELYS
und Damas) bezeichnet. Zwar kann JULIN einen Zusammenhang der
neuen Spaltenlumina mit den alten nicht erweisen, doch soll nach ihm
das Epithel, das die neuen Spalten umgrenzt, von dem Epithel der bereits
bestehenden, ın letzter Instanz also von dem der beiden primären
Spaltenpaare sich ableiten. Dementsprechend läßt er dann alle in einer
Reihe liegenden Spaltanlagen durch einen Querstreifen verdickten
Kiemendarmepithels miteinander verbunden sein.
Wenn nun auch SEELIGER in Veranlassung dieses Widerspruchs
bei Bearbeitung des Bandes »Tunicata« in Bronns Klassen und Ord-
nungen des Tierreichs die Verhältnisse bei Clavellina aufs neue einer
eingehenden Untersuchung unterzogen und die Darstellung JuLıns in
bezug auf die erörterten Punkte als irrig erwiesen hat, so zeigen doch
diese Kontroversen nichtsdestoweniger, wie sehr neue Untersuchungen
über die Kiemenspaltenbildung der Ascidien im gegenwärtigen Augen-
blick am Platze sind.
Beim zweiten Typus der Kiemenspaltenbildung, bei dem die de-
finitiven Spiracula sich sämtlich von wenigen primären Spalten her-
_ leiten, aus denen sie durch Teilung und Spaltung entstehen, tritt nach
einem meist schnell vorübergehenden Stadium mit zwei Spaltpaaren
ein solches mit drei Paaren von Spalten auf, die in der neueren Literatur
als primäre Protostigmata bezeichnet werden und sich zu sehr langen,
‘fast die ganze Breite des Kiemendarmes einnehmenden Querschlitzen
ausdehnen. Aus der Teilung jeder der primären Protostigmata entstehen
dann im ganzen sechs Querschlitze, die sekundären Protostigmata
(= Primärstismata van BENEDENs). Indem sodann die sekundären
Protostigmata sich wiederholt senkrecht zu ihrer Längserstreckung
teilen, entstehen die sechs ersten Querspaltstreifen, deren jede 12 bis
18 Spiracula aufweist.
1. Ecteinascidia turbinata Herdmann.
Ich beginne meine Schilderung mit Ecteinascidia turbinata, einer
Mittelmeerform, die als Beweis für die Existenz des ersten Kiemen-
spaltenbildungstypus von besonderem Werte sein dürfte. Während
selbst bei Clavellina, bei der SEELIGER das Vorkommen dieses Modus
dargetan, die selbständige Entstehung der Kiemenspalten zwar die
vorherrschende, doch nicht die alleinige Form der Kiemenspaltenbil-
dung darstellt, indem bei der Bildung neuer Spaltreihen die Teilung
35*
526 Paul Fechner,
bestehender Spalten ebenfalls vorkommt, so wird sich aus der Schilde-
rung der entsprechenden Verhältnisse bei Hcteinascidia ergeben, daß hier
der erste Bildungstypus, d.h. die selbständige Entstehung sämtlicher
Kiemenspalten ganz rein durchgeführt ist.
Ich beginne meine Darstellung mit einer etwa 21/, mm langen,
in Fig. 1 abgebildeten Knospe, deren Ingestions- (”) und Egestions-
öffnung (e) beide noch nicht zum Durchbruch gekommen sind, so daß
also die Knospe in bezug auf Atmung und Nahrungsaufnahme noch
vom Muttertier abhängig ist. In der angezogenen Figur sieht man die
Kiemenspalten in zwei Gruppen auf den Kiemendarm verteilt. Die
größere Gruppe nimmt den mittleren Teil des Kiemensackes ein und
wird von im ganzen neun Reihen gebildet, die, annähernd parallel ver-
laufend, den Darm dorsoventral umgürten. Im ganzen sind die Kiemen-
spalten der mittleren Reihe am größten, um sowohl gegen das Vorder-
wie auch das Hinterende an Größe abzunehmen. Jedenfalls weisen die
beiderseitigen Endreihen die kleinsten und mithin auch die jüngsten
Kiemenspalten auf. Die höchste Zahl der in einer Querreihe aufgefun-
denen Kiemenspalten beträgt acht (Reihe 7), andre Reihen weisen
sieben, sechs, fünf Kiemenspalten auf und in der obersten sind sogar
nur vier angelegt. Die Verschiedenheit der Zahl dürfte sich teils durch
das Alter der Reihen, teils dadurch erklären, daß innerhalb der einzelnen
Reihen Unregelmäßigkeiten in bezug auf die Zeit des Auftretens der
einzelnen Kiemenspalten bestehen. So finden wir z.B. in manchen
Reihen (3, #, 6) zwischen einzelnen Kiemenspalten Zwischenräume,
die doppelt so groß als diejenigen zwischen den benachbarten sind,
so daß man wohl mit Rücksicht auf die spätere gleichmäßige An-
ordnung anzunehmen berechtigt ist, daß hier die Kiemenspaltenbildung
nur verzögert ist. Auch innerhalb der einzelnen Reihen weisen die
Größenverhältnisse allerlei Verschiedenheiten auf. Während sie in
Reihe 7 alle von ziemlich gleicher Größe sind, finden wir manche andre
Reihen, innerhalb welcher neben oder zwischen größeren sich kleinere
finden, die sich oft erst als die erste erkennbare Anlage einer Kiemen-
spalte dokumentieren, was allerdings bei dem geringen Maßstab der
Figur nur unvollkommen zum Ausdruck kommen kann.
Die Anordnung der Spalten auf dem betreffenden Stadium von
Ecteinascidia wird nun dadurch zu einer besonders bemerkenswerten,
daß außer der eben beschriebenen größeren Gruppe, durch einen weiten,
spaltenlosen Raum von ihr getrennt, noch eine einzelne Reihe von
im ganzen fünf Spalten am hintersten Ende des Kiemensackes vorkommt,
die an Größe etwa den größten der Mittelgruppe gleichen und daher
- a En 2 Em E32 un u u
Beiträge zur Kenntnis der Kiemenspaltenbildung der Ascidien. Dam
mit diesen wohl gleichalterig sein dürften. Die weite Entfernung beider
auch künftig sich ganz verschieden verhaltenden Gruppen beweist jeden-
falls ihre völlige genetische Unabhängigkeit voneinander.
So finden wir also bei Eeteinascidia auf diesem Stadium eine Anord-
nung der Kiemenspalten, wie sie eigenartiger nicht gedacht werden
kann und bisher noch bei keiner andern Ascidie beobachtet wurde.
Da in meinem Material jüngere Knospen fehlten, so lassen sich aus
der vorliegenden Figur natürlich nur ungefähre Schlüsse auf die Reihen-
folge im Auftreten der Spalten und Reihen ziehen. Sicher dürfte wohl
sein, 1) daß die einfache Reihe der hinteren Gruppe gleichalterig mit
einer oder einigen mittleren Reihen der vorderen Gruppe ist, 2) daß die
Vermehrung der Reihen nur am vorderen und hinteren Ende der vor-
deren Gruppe stattgefunden hat, 3) daß auch innerhalb der einzelnen
Reihen die Spalten durchaus nicht gleichalterig sind, sondern neben und
zwischen älteren (z. B. Reihe 3, 2, 8) neue auftreten können, 4) daß
das Neuauftreten von Spalten innerhalb einer Reihe ohne erkennbare
Regelmäßigkeit vor sich geht: weder das dorsale noch das ventrale Ende
der Reihe ist bevorzugt, sondern die neuen Spalten treten meistens
intercalar auf, ebenfalls ohne Spur irgendwelcher Regelmäßigkeit.
Sehr interessant für die Beurteilung der. hier zunächst ins Auge
gefaßten Vermehrung der Spaltreihen ist nun der Vergleich des eben
behandelten Stadiums mit den Oberflächenbildern eines älteren von
im ganzen 25 Spaltreihen (Fig. 5 a—c), die den Kiemendarm vollständig
bedecken, so daß nunmehr die Zwischenräume zwischen den beiden
Regionen des vorigen Stadiums in Wegfall kommen (Fig. 5 c), und auch
die Kiemenspalten nach vorn sich bis in die vorderste Region des Peri-
branchialraumes erstrecken. Trotzdem aber beide Kiemenspalten-
resionen unmittelbar aneinander grenzen, hat die Abgrenzung und
Unterscheidung beider keineswegs an Schärfe verloren.
Die hinterste Region (Fig.5c) besteht nach wie vor ım wesentlichen
aus einer Reihe von Spalten (25 in Fig. 5 c), die nur dorsalwärts sich auf
eine kurze Strecke zweireihig gruppieren. Die Zahl der Kiemenspalten
hat sich innerhalb dieser Region von 5 auf 13 vermehrt, und außerdem
haben die einzelnen Spalten, mit Ausnahme einzelner erst in Anlage
begriffener (ks,, kss), mit dem Größenwachstum des Gesamttieres an
Größe zugenommen und kommen in dieser Beziehung nach wie vor den
mittleren Kiemenspalten der vorderen Region gleich (13, 14 in Fig. 5 b),
sind aber um ein Vielfaches größer als die hintersten Kiemenspalten
J
(24 in Fig.5 c) letzterer Region, wodurch eben die scharfe Abgrenzung
beider Regionen ermöglicht wird.
aM 1
>
8 0 „
a“ „2 W
MM m
aARdD Fe
UV WV 8
a
3
& s “
£ is
ER & Ga
WG»
I 4
Er
€
12
db TE, Na 13
ww
E u
Pe ui n
en al, 14
er
2
3 22
S 23
€
3 > 24
Ar
fx = R
5
vu. | 25
g
Textfig. I.
Oberflächenbilder eines Kiemendarmes einer etwa
5 mm langen Knospe von im ganzen 25 Spalt-
reihen, dieden Kiemendarm vollständig bedecken.
Fig. Ia vier Kiemenspaltenreihen der obersten,
Fig. Ib vier der mittleren, Fig. Ic der untersten
Region. Oc. 2, Obj. 4.
Paul Fechner,
Die Vermehrung der Kiemen-
spaltenreihen auf der Oberfläche des
Kiemendarmes fällt also ausschließ-
lich auf Rechnung der an Umfang
zunehmenden vorderen Region, in-
nerhalb welcher sich die Reihenzahl
vom vorigen Stadium zum vor-
liegenden von 9 auf 24 erhöht hat.
Da die Spaltengröße der einzel-
nen Reihen in der Mitte dieser Re-
gion am bedeutendsten ist (Fig. 5b),
nach vorn (Fig.5a) und hinten
(Fig.5c) aber allmählich abnimmt,
so ergibt sich auch aus diesem
Stadium, 1)daßan der Vermehrung
der Reihenzahl nur die vordere Re-
sion beteiligt ist, 2) daß die neu
entstehenden Reihen ausschließlich
am vorderen und hinteren Ende
dieser Region auftreten.
Fast noch klarer alsin der eben
geschilderten Figur treten die be-
sprochenen Verhältnisse, im beson-
deren die allmähliche Größenab-
nahme der Kiemenspaltenreihen der
vorderen Regionen, von der Mitte
nach beiden Enden hin an Text-
fig. Ia—c hervor. Dieselbe stellt
gleichfalls Oberflächenbilder des
Kiemendarmes eines gleichaltrigen
Stadiums mit 25 Spaltenreihen dar.
Wegen des Umfanges des Kiemen-
sackes sind, wie bei voriger Figur,
auch hier nur die vordersten vier
(Textfig. Ia), die mittleren drei
(Textfig. [db) und die hintersten.
vier Spaltenreihen (Textfig. Ic)
zur Abbildung gekommen.
Von der hintersten, auch hier
nur aus einer Spaltenreihe bestehen-
Beiträge zur Kenntnis der Kiemenspaltenbildung der Ascidien. 529
den Region (25 in Fig. Ic) waren hier allerdings nur vier Spalten und
eine Spaltenanlage zu übersehen, weil die übrigen durch Faltenbildung
und den Verdauungstractus verdeckt waren, aber diese vier sichtbaren
Spalten genügen doch, um den außerordentlich bedeutenden Größen-
unterschied gegenüber Reihe 24, der jüngsten und drei Spaltanlagen
aufweisenden Reihe der vorderen Region darzutun. Die jüngsten Spalt-
reihen am Vorderende der vorderen Region findet man in Fig. Ta, in
der Reihe ! ebenfalls erst fünf winzige Spaltanlagen aufweist. Von den
ältesten Spaltreihen der vorderen Region sind drei in Fig. Ib abgebildet;
die vollentwickelten Spalten derselben haben fast die gleiche Größe
wie die Spalten der hinteren Region (25 in Fig. Ic). Besonders deutlich
aber erkennt man an Fig. Ib das intercalare Auftreten neuer Spalten
in den Zwischenräumen zwischen alten, bereits recht ansehnlichen.
1597
[597
Textfig. II.
Die hintersten drei Spaltreihen einer Knospe mit im ganzen 24 Spaltreihen.
Schließlich gebe ich in Textfig. II noch eine Abbildung der hintersten
Spaltreihe einer Knospe mit 24 Spaltreihen, besonders um die in voriger
Figur nicht ganz übersehbare hintere Region noch einmal einwandsfrei
zu demonstrieren. Man erkennt, daß diese Region immer einreihig
bleibt und ihre Spalten sich auf diesem Stadium durch ihre Größe ganz
bedeutend von den letzten der vorderen Region (23 in Fig. II) abheben.
Die im vorstehenden geschilderten Verhältnisse des Kiemendarmes
erfahren nun eine um so größere Veränderung, je mehr wir uns dem
definitiven Zustand nähern. Ist die definitive Reihenzahl hergestellt,
so beobachten wir, außer intercalar neu auftretenden Spalten, nur noch
das Größenwachstum der Spalten selbst als einzige Veränderung des
Gesamtbildes. Haben die ältesten Spalten ihre Maximalgröße erlangt,
so verharren sie natürlich in diesem Zustand, die Spalten der jüngeren
Reihen folgen aber allmählich im Wachstum nach, bis im ausgebildeten
Zustand dann die Spalten in sämtlichen Reihen ihre Maximalgröße
530 Be * Paul Fechner,
gewonnen haben. Damit hört dann natürlich ein Unterschied der
Spalthöhe der einzelnen Reihen allmählich ganz auf, und auch der
Unterschied zwischen den früher unterscheidbaren beiden Regionen ist
vollständig geschwunden. So sind auf dem Kiemendarm, von dem
die Fig. 6 einige mittlere Reihen darstellt, alle Reihen von annähernd
gleicher Spalthöhe.
Auch nach Herstellung der definitiven Reihenzahl hat jedoch die
Neubildung von Spalten keineswegs aufgehört. Wie in den Fig. 5,
I und //, treffen wir auch im ausgebildeten Zustand, wie ihn Fig. 6
darstellt, noch immer neu sich bildende Spaltanlagen zwischen den alten
Spalten an. Wie bisher, treten sie auch ferner intercalar auf und fallen
natürlich an diesem alten Stadium um so mehr als Neubildungen auf,
als sie durch ihre Kleinheit um so bedeutender mit den alten Spalten
kontrastieren müssen, je größer diese letzteren inzwischen geworden
sind (ks in Fig. 6).
Was nun endlich die von JuLIn für Clavellina und andre Ascidien
behauptete genetische Beziehung der jungen und alten Spiracula, sowie
auch der neu auftretenden Reihen zu den bisher existierenden anlangt,
so muß ich gestehen, daß ich für Zeteinascidia auch nicht die leiseste
Andeutung einer solchen auffinden konnte. Teilungsstadien von Kie-
menspalten kommen, so viel Präparate ich auch zu dem Behuf durch-
gesehen habe, überhaupt nicht vor, weder zur Vermehrung der Spalten-
zahl, noch zur Bildung neuer Spaltreihen. Aber auch die von JULIN
für Olavellina behaupteten verbindenden Epithelleisten zwischen den
einzelnen Kiemenspalten bzw. ihren Anlagen fehlen gänzlich, und wenn
man in den verschiedenen Oberflächenbildern die zwischen den bereits
bestehenden Kiemenspalten auftretenden Neuanlagen genau unter-
sucht, so kann man nur konstatieren, daß sie durchaus selbständige
Bildungen sind und mit den alten nicht in dem geringsten Zusammen-
hang stehen.
Um zu zeigen, in welcher Weise sich die bei der Bildung der Spalten
innerhalb jeder Anlage abspielenden Zellverlagerungen im Flächenbilde
darstellen, habe ich in Fig. 2 einen Teil der mittleren Region des oben
besprochenen Kiemendarmes von Fig.1 bei stärkerer Vergrößerung dar-
gestellt. Jede Spaltanlage erscheint als ein dunkel gefärbter, rundlicher
Haufen von an sich unregelmäßigen und noch ungeordneten Zellen (Xs),
die erst kurz vor dem Durchbruch einer Spaltöffnung sich im Kreise
anordnen, in dessen Mitte sodann das Lumen auftritt (ks}).
Ähnliche Bilder ergeben auch die jungen Spaltanlagen von aus-
gebildeten Tieren (Fig. 6). Die in dieser mit ks bezeichneten beiden
Beiträge zur Kenntnis der Kiemenspaltenbildung der Ascidien. 531
Neubildungen habe ich in Fig. 7 bei stärkerer Vergrößerung dargestellt.
Man sieht, wie beide, vollständig unabhängig voneinander und von dem
Epithel und Lumen der benachbarten großen Spalten, intercalar zwischen
diesen sich bilden. Während ks noch als unregelmäßiger Zellhaufen
erscheint, beginnen bei ks, die Zellen sich schon im Kreise zu ordnen,
woraus hervorgeht, daß letztere Spaltenanlage älter und entwickelter
ist, als die andre.
- Zu dem gleichen Resultat kommt man, wenn man die Anlagen auf
Schnitten untersucht. Die Bilder von Fig.3 und 4, die etwa 21/, mm
langen Knospen entnommen wurden, zeigen solche Spaltanlagen auf
dem Durchschnitt. In Fig.3, welche die jüngsten Spaltanlagen auf-
weist, treffen wir das Entoderm (en) des Kiemensackes als ein gleich-
mäßig dickes Epithel von niedrigen Cylinder- bzw. kubischen Zellen an.
Die rundlichen, relativ großen Kerne, zwischen denen die Zellgerenzen
nur hier und da sichtbar sind, sind durch Zwischenräume voneinander
getrennt, und nur an den Spaltanlagen selbst liegen sie dicht aneinander-
gedrängt. Von den beiden Spaltanlagen ist die eine (As) am lehrreichsten
für das Verständnis des Entstehungsprozesses.. Wir sehen, wıe an der
betreffenden Stelle das entodermale Kiemendarmepithel (en) eine kurze,
taschenförmige Ausstülpung gegen die innere Wandung des Penbran-
chialraumes getrieben hat; diese letztere, dem Ectoderm (ec) angehörig,
_ wird von einem äußerst niedrigen Plattenepithel gebildet, das nur ın
größeren Zwischenräumen Anschwellungen erkennen läßt, die durch
die Lage der Kerne bedingt werden. Während bei den Ascidien sich
im allgemeinen beide Keimblätter, sowohl das Entoderm des Kiemen-
sackes, wie das Ectoderm der inneren Peribranchialwand, an der Bildung
der Spalten beteiligen, so sehen wir hier die Spaltenanlage ausschließlich
durch die Vorstülpung des Entoderms bedingt, während das Ectoderm
platt über die Kuppe dieser Vorstülpung hinwegzieht. So kann jeden-
falls nach diesem und ähnlichen andern Schnitten dem Ectoderm nur
eine ganz untergeordnete Rolle bei der Bildung einer Kiemenspalte
zukommen.
Die nebenliegende Spalte ks, ist etwas seitlich getroffen, so daß
die Wandung der Vorstülpung angeschnitten, das Lumen selbst aber nicht
sichtbar ist. Dagegen erkennt man, daß das über der Vorstülpung
hinwegziehende Ectoderm, das sehr markant und dunkel gefärbt war,
gerade über der Vorstülpung eine Lücke zeigt. Offenbar handelt es
sich hier um einen Durchbruch der Kiemenspalte in den Peribranchial-
raum.
| Bemerkenswert an diesem Präparat ist, daß sich im Bereich der
532 Paul Fechner,
im Kiemensack auftretenden Spaltanlagen nirgends eine besondere Zell-
verdickung findet. Das Entoderm ist überall von gleichmäßiger Dicke,
und wenn infolgedessen zwischen zwei benachbarten Spaltanlagen, wie
in Fig. 3, das Entoderm ebenso dick ist, wie dasjenige, welches die Vor-
stülpung selbst bildet, so hieße es doch den Tatsachen Zwang antun,
wollte man hieraus einen Zusammenhang der Spaltanlagen durch eine
Zellverdickung herauslesen, wie JULIN das für Olavellina gefunden haben
will. Meiner Überzeugung nach kann der Schnitt nur beweisen, daß
die Spaltanlagen völlig selbständig und unabhängig von-
einander entstehen.
Wenn wir mit der eben besprochenen Figur eine wenig ältere Spalt-
anlage vergleichen, wie sie Fig. 4 darstellt, so erkennen wir hier, wie die
Spalte soeben durchgebrochen ist und infolgedessen nicht nur das Ento-
‘derm (en), sondern auch das Ectoderm mit dem den Spalt selbst aus-
kleidenden Epithel in Zusammenhang stehen. Nach dem vorangegan-
genen Stadium müssen wir das Spaltepithel in der Hauptsache als
Entoderm, aus einer Ausstülpung des Kiemendarmes hervorgegangen,
ansehen; wir sehen aber, daß sich das Entoderm nicht nur morpholo-
gisch, sondern auch histologisch differenziert hat, indem die in das
Spaltepithel übergegangenen Zellen bedeutend an Höhe und Kernsröbe
zugenommen haben, so daß sie sich nunmehr von ihrem Mutterboden,
dem Kiemensack-Entoderm, histologisch so sehr unterscheiden, daß der
Zellcharakter keine Schlüsse in genetischer Beziehung mehr zuläßt.
2. Styelopsis grossularia (P. J. van Beneden).
Styelopsis grossularia ist von P. J. van BENEDEN 1846 entdeckt
worden und seitdem häufig Gegenstand eingehender Untersuchung ge-
wesen. Vor allem führe ich hier die Arbeiten von P. J. van BENEDEN (2),
JULIN (9), De LACAZE-DUTHIERS und DELAGE (11) und RIEDLINGER (14)
an. Wenn somit Styelopsis grossularia auch zu den bestbekannten
Formen der Cynthiiden gerechnet werden muß, so lagen doch über die
Entwicklung der Kiemenspalten zur Zeit, als ich meine nachfolgenden
Beobachtungen zum Abschluß brachte, nur die Angaben von GAR-
STANG (8) und JULIN (9) vor. GARSTANG, der seine Untersuchungen an
Thylacium sylwani anstellte, einer Form, die sich inzwischen als identisch
mit Styelopsis grossularia herausgestellt hat, fand, daß auf jeder Seite
des Pharynx acht Protostigmata entstehen »and, although I have not
actually observed their earliest stages, they give every appearance of
having been formed in regular order from before backwards« Die
Protostigmata zerfallen dann weiter durch einen Teilungsprozeß, der
Beiträge zur Kenntnis der Kiemenspaltenbildung der Ascidien. 539
dorsal beginnt und ventralwärts fortschreitet, in ebenso viele Reihen
von sekundären Stigmata. Auch dieser Prozeß beginnt am Vorderende
und schreitet nach hinten fort. Leider sind die GARsTAnGschen Unter-
suchungen nicht von Abbildungen begleitet, so daß sie uns, da auch
im Text hierauf nicht eingegangen wird, keinerlei Aufschluß über die
Bildungsweise der Kiemenspalten geben.
Eingehender hat Jurın (9) die Kiemenspaltenbildung bei Stye-
lopsis grossularıa untersucht. Der belgische Autor lenkt zuerst die
Aufmerksamkeit darauf, daß Styelopsis sich hinsichtlich der bei ihr
auftretenden Zahl der sekundären Protostigmata von allen bisher be-
kannten Monascidien ganz bedeutend unterscheidet. Während bei
diesen, soweit bekannt, nur sechs sekundäre Protostigmata auf jeder
Seite des Kiemendarmes entstehen, um sich dann sofort insechs Kiemen-
spaltenreihen aufzulösen, sah er bei Siyelopsis zwölf sekundäre Proto-
stismata sich anlegen und hält es sogar für nicht unmöglich, daß die
Zahl derselben im Laufe der Entwicklung noch eine weitere Steigerung
erfährt. Indem er nun die Entstehung der einzelnen sekundären Proto-
stigmata genauer untersucht, glaubt der Verfasser einen prinzipiellen
Unterschied in der Entwicklung zwischen den ersten sechs und den
späteren konstatieren zu können, infolgedessen er sich berechtigt glaubt,
die auf die ersten sechs folgenden Protostigmata als »surnumeraires «
bezeichnen zu dürfen. Hiernach kommt er dann zu dem Gesamtergebnis,
daß bei Styelopsis grossularıa die Bildung der sechs ersten sekundären
Protostigmata sich nach demselben Typus, wie bei den Molguliden,
durch Teilung von drei hufeisenförmigen primären Protostigmata
(fentes branchiales) vollzieht. Im Gegensatz hierzu ist jedes der »proto-
stigmates surnum£raires« das Produkt der Ablösung eines kurzen Di-
vertikels vom unmittelbar vorhergehenden Protostigma. Nachdem sich
die sechste Kiemenspalte gebildet hat, entsteht aas siebente Proto-
stigma durch eine kleine Ausstülpung, die ungefähr in der Mitte
von der quergestreckten Hinterwand auftritt und sich abschnürt.
An der Hinterwand dieser siebenten Spalte wiederholt sich dieser
Vorgang und ebenso immer wieder bei dem zuletzt gebildeten Proto-
stigma, bis die Gesamtzahl dieser jederseits ein Dutzend und mehr
beträgt.
Erst nach dem Abschluß meiner eignen, im Gegensatz zu JULIN
stehenden Ergebnisse erschienen im Jahre 1904 ausführliche Angaben
von Damas (3) über die Entstehung der Kiemenspalten von Styelopsis,
die für mich um so wichtiger sind, als sie sich mit meinen Ergebnissen
völlig decken und daher in Verbindung mit meinen eignen nachfolgenden
534 Paul Fechner,
Angaben die Unrichtigkeit der Ergebnisse JuLins wohl unzweifelhaft
erweisen.
Damas hat seine Untersuchungen vollständig unabhängig von JuLın
angestellt. Wie letzterer findet auch er eine große Anzahl Protostigmata,
jedoch mindestens 15, ohne daß damit wahrscheinlich die Maximalzahl er-
reicht ist, denn obwohl natürlich eine Grenze für das Wachstum der Kieme
und damit die Entstehung neuer Protostigmata besteht, so hält er doch
theoretisch dieses Wachstum für unbestimmt (indefini) und glaubt, daß
es sich bis zum Tode fortsetzt. Auch er findet, daß die Bildung der
neuen Protostigmata von vorn nach hinten fortschreitend vor sich geht,
und daß die neuen Spalten sich hinter den früher entstandenen, in-
zwischen zu langen Querschlitzen ausgewachsenen anlegen. Aber —
. und darin liest der Hauptgegensatz zu JuLIn — die Protostigmata ent-
stehen nicht in genetischer Abhängigkeit voneinander, sondern alle,
vom ersten bis zum letzten nehmen als durchaus selbständige und
voneinander unabhängige Perforationen ihren Ursprung.
Mir standen leider nur wenige Entwicklungsstadien zur Verfügung.
Ich begann meine Studien mit der Untersuchung der Entstehung der
sechsten Spalte, die nach JuLın wahrscheinlich als sekundäres Proto-
stigma entstehen soll: »Bien que je n’aie pas observe directement le
fait, je ne doute pourtant pas que la 3%me fente branchiale, se compor-
tant, a son tour, comme l’ont fait precedemment la le et la 2°me,
ne se recourbe, en arriere, en un fer a cheval (le 3®me) par son extremite
ventrale, pour fournir ensuite, en se divisant au nıveau de sa courbure,
les protostigmates V et VI, que j’ai observes. « |
In Fig. 25 habe ich die linke Kiemendarmseite einer jungen Siye-
lopsis wiedergegeben, bei der gerade die sechste Kiemenspalte (As, in
Fig. 25) — Protostigma — sich angelegt hat. Sie entsteht am hinteren
Ende des Darmes, nicht genau hinter der Mitte der vorhergehenden
Spalte, sondern ist vielmehr zwischen dieser und dem ventralen Ende
derselben, aber durchaus nicht unmittelbar am ventralen Ende gelegen,
wie JULIN will. Trotz Durchsicht mehrerer gleichaltriger Präparate
konnte ich eine Verbindung mit der fünften ‚Spalte nicht feststellen.
Sie entsteht zweifellos, entsprechend den obigen Angaben von Damas,
als selbständige Perforation vollständig unabhängig von der vorher-
gehenden. Schon unmittelbar nach Anlage dieser sechsten Spalte
(Protostigma) fangen ‘die vorderen Protostigmata an, wie es die oben
erwähnten Autoren schon vor mir beobachteten, sich senkrecht zu ihrer
Längsrichtung zu teilen und damit sich allmählich in ebenso viele Quer-
reihen von Kiemenspalten aufzulösen, wie vorher Protostigmata vor-
Beiträge zur Kenntnis der Kiemenspaltenbildung der Ascidien. 535
handen waren. So sieht man in Fig. 25, in der das sechste Protostigma
noch sehr winzig ist, doch schon das erste quergeteilt und in Fig. 26,
einem Stadium mit sieben jederseitigen Querspalten, von denen die
jüngste, die siebente, allerdings in der Zeichnung vom Magen bedeckt
ist, weist außer dem ersten, auch das zweite Protostigma schon Quer-
teilung auf.
Sehr eingehend beschreibt JuLin die Entstehung des siebenten
Protostigmas, das nicht, wie das sechste, vom ventralen Ende, sondern
von der hinteren Wand (nach der Zeichnung in Mitte derselben) des
sechsten Querschlitzes sich abschnüren soll. Hier soll eine nach hinten
gerichtete hohle Ausstülpung gebildet werden, welche zur Anlage der
neuen Spalte Veranlassung gibt. Auifallenderweise wird der Vorgang
nicht von der sechsten Spalte selbst, sondern von der zehnten abgebildet.
In gleicher Weise sollen auch alle weiteren »protostigmates surnume-
raires« ihre Entstehung nehmen.
In Fig. 27 habe ich das untere Ende des Kiemensackes eines Stadiums
abgebildet, auf dem soeben erst die siebente Spalte (ks,) zur Anlage ge-
kommen ist. Die neue Spaltanlage liest allerdings hinter der Mitte der
vorhergehenden, aber nichts deutet an dieser Figur, wie auch an andern
gleichaltrigen Stadien, auf eine Abschnürung von der sechsten Spalte
hin. Wohl zeigt diese letztere einen schräg nach hinten gerichteten
Fortsatz, allein dieser liegt nicht in der Mitte, sondern am dorsalen
Ende, also in größerer Entfernung von der jungen siebenten Spalte,
kann also nichts mit der Entstehung dieser zu schaffen haben.
Außer dem sechsten und siebenten konnte ich auch die Entstehung
des achten Protostigmas verfolgen, von der Fig. 28, die ebenfalls nur
die letzten Spalten des Kiemensacks wiedergibt, einen Fall illustriert.
Auf keinem der untersuchten Präparate konnte ich irgendeinen Zu-
sammenhang von Spalte 8 (ks, in Fig. 28) mit der vorhergehenden
wahrnehmen, so daß auch für die achte Spalte nur die selbständige
Eintstehung als einzige Entstehungsmöglichkeit übrig bleibt.
Somit gelang es mir, wenigstens für die Protostigma 6, 7 und 8
die völlig unabhängige selbständige Entstehung und damit
die Unrichtigkeit der diesbezüglichen Angaben Juris dar-
zutun. Ältere Stadien standen mir leider nicht zur Verfügung.
Erst nachdem meine Untersuchung von Styelopsis abgeschlossen
war, erschien die besprochene Arbeit von Damas, der, wie erwähnt,
zu Ergebnissen kam, die die meinigen vollständig bestätigen und er-
gänzen, so daß für die sämtlichen bei Siyelopsis angelegten Proto-
stigmata ihre selbständige Entstehung zweifellos feststeht.
536 | Paul Fechner,
Die weitere Entwicklung des Kiemenkorbes kann auf Grund der
Arbeiten der zitierten Autoren, unter denen wieder Damas eine hervor-
ragende Rolle einnimmt, als hinreichend geklärt gelten. Die definitiven
Kiemenspalten entstehen durch Querteilung der Protostigmata und
Auflösung derselben in je eine Reihe von Spalten. Damit ist aber nicht
gesagt, daß man aus der Zahl der definitiven Spaltreihen auf die Zahl
der Protostigmata schließen kann, denn nach Damas gehen neue Spalt-
reihen nicht nur aus der Querteilung eines Protostigmas, sondern auch
dadurch hervor, daß sich schon fertige Spaltreihen in der Richtung ihrer
Längserstreckung teilen.
3. Polyeyclus renieri Lam.
Das Auftreten der Kiemenspalten bei Boiryllus ist schon wiederholt
der Gegenstand von Untersuchungen gewesen, doch legten bisher die
Forscher ausschließlich die Oozooide ihren Studien zugrunde. Vor
allem ist hier GARSTANG (8) zu nennen, der die Oozooide von Botryllus
aurolineatus Giard untersuchte. Er fand das jüngste Stadium, das er
beobachtete, mit jederseits einer Knospe versehen und bereits im fest-
sitzenden Zustand. Der Kiemendarm wies vier Paar senkrecht zum
Endostyl stehende Protostigmata auf, die, etwa neunmal so breit als
lang, fast die ganze Breite des Kiemendarmes einnehmen und als selb-
ständige Perforationen entstanden sind. Auf späteren Stadien zerlegen
sich die vorderen Protostigmata in Reihen von definitiven Spiracula,
während am Hinterende des Darmes noch eine fünfte Querspalte sich
bildet. Diese wandelt sich, wie Damas (3) in einer kürzlich erschienenen,
schon mehrfach erwähnten Arbeit feststellte, ebenfalls in eine fünfte
Querreihe um, indem sie sich senkrecht zu ihrem größten Durchmesser
teilt. Auch SEELIGER (22) hat bei einem festsitzenden Oozooid, das nur
eine Knospe an der rechten Seite trug und wahrscheinlich zu Botryllus
violaceus gehörte, fünf schlitzförmige Protostigmata beobachtet, die
aber noch alle ungeteilt waren. Damit stimmt nach SEELIGER (22) voll-
kommen überein die Abbildung, die Pızon (1900) von Botryllus
Schlosseri gegeben hat, während nach diesem Autor das Oozooid von
Botrylloides rubrum jederseits sieben querverlaufende Protostigmata
besitzt.
Wenn somit über die Kiemenspaltenbildung von Botryllus schon
allerlei, wenn auch keineswegs vollständige Kenntnisse vorliegen, so
betreffen diese doch ausschließlich die Oozooide, während die Entstehung
der Spiracula in den Knospungsstadien noch ganz unbearbeitet geblieben
ist. Nur SEELIGER (16) interpretiert eine Abbildung Pızons von Bo-
Beiträge zur Kenntnis der Kiemenspaltenbildung der Ascidien. 537
trylloides rubrum dahin, daß bei dieser Botrylloide nicht nur die Oozooide,
sondern auch die erste Knospengeneration querschlitzförmige Proto-
stigmata zu tragen scheinen. Bei solcher Sachlage glaube ich mit den
nachfolgenden Zeilen, die ausschließlich der Entstehung der Kiemen
in der Knospe gewidmet sind, eine wesentliche Lücke auszufüllen.
Als Material dienten Stöcke von Polycyclus renieri Lam.
Zur Orientierung über die allgemeine Konfiguration der Organe
gebe ich in Fig. 8 das Bild einer jungen, etwa 1/, mm langen Knospe,
deren Ingestions- und Egestionsöffnung noch nicht durchgebrochen sind.
An dem ziemlich geräumigen Kiemendarm (kd), dessen Ventralwand in
ihrer ganzen Länge den Endostyl (es) trägt, fallen vor allem dunkle Strei-
fen (pv) auf, die, quer zur Darmrichtung, den Darm mit Ausnahme des
hinteren Teils in dorsoventraler Richtung durchziehen. Es sind dies
ungefähr zehn wellenbergförmige Erhebungen oder Faltungen des Peri-
branchialepithels, in denen, wie wir weiter unten sehen werden, die
Kiemenspalten durchbrechen. Senkrecht zu ihnen verlaufen von vorn
bis hinten am Kiemendarm drei ähnliche, aber schmälere Streifen, die
drei inneren Längsgefäße (vl). An den Kiemendarm schließt sich der
Oesophagus (oe) und der übrige Teil des Digestionstractus (Magen,
Mitteldarm und Enddarm) an. Gehirn (g) und Flimmergrube (/g) sind
leidlich zu erkennen, desgleichen auffallenderweise die Anlage der Ge-
schlechtsorgane (gl).
Um möglichst klare Bilder der Vorgänge der Kiemenspaltenbildung
bei den Polycyclus-Knospen zu erhalten, präparierte ich aus dem mir
zur Verfügung stehenden Material Knospen verschiedensten Alters
heraus und legte Längs- und Querschnitte durch dieselben. Ich begann
mit der Untersuchung der Längsschnitte und will auch bei der Be-
sprechung meiner Befunde mit diesen anfangen.
In Fig. 9 habe ich einen Frontalschnitt (parallel zum Endostyl)
wiedergegeben, der einer Längsschnittserie durch eine noch jüngere
Knospe, als der in Fig. 8 abgebildeten, entnommen ist; gezeichnet ist
der vordere und mittlere Teil der rechten Kiemendarmseite. Während
das entodermale Kiemendarmepithel (en) einen Streifen gleichförmiger
kubischer Epithelzellen darstellt, erscheint das ectodermale innere Peri-
branchialepithel (ec) in wellenförmige Faltungen gelegt. Man erkennt
leicht, daß diese Erhebungen den dunklen Querstreifen (pv) in Fig. 8
entsprechen, welch letztere sich demnach als Epithelfaltungen bzw.
Verdickungen des inneren Peribranchialepithels darstellen. Untersucht
man nun diese eben erwähnten Faltungen des Ectoderms bei stärkerer
538 Paul Fechner,
Vergrößerung (Fig. 10)!, so sieht man schon hier auf diesem jungen
Entwicklungsstadium, daß mit der Faltung des Peribranchialepithels
auch eine Verdickung desselben Hand in Hand geht, die auf dem Wellen-
berg am bedeutendsten ist, nach dem Wellental zu aber allmählich
abnimmt.
Nichtsdestoweniger stellt aber das peribranchiale Eetoderm nach
wie vor ein einschichtiges Epithel dar. Wie aus der Zeichnung (Fig. 9)
auch hervorgeht, ist diese Faltenbildung des Peribranchialepithels in
der vorderen Kiemendarmregion am kräftigsten ausgeprägt, in der
mittleren Region werden die Falten niedriger, um noch weiter nach
hinten völlig zu verschwinden. Einen Schnitt durch diese hintere
Kiemendarmpartie durch ein sogar noch etwas älteres Stadium stellt
Fig. 11 dar,und man sieht hier in der Tat Ectoderm (ec) und Entoderm
(en) als einschichtiges Epithel völlig glatt nebeneinander herlaufen.
Ohne Zweifel stellen die beschriebenen Faltungen des inneren Peri-
branchialepithels höchst auffallende Bildungen dar, und ich war, ohne
Kenntnis der späteren Stadien, zunächst geneigt, sie mit der Anlage
der von mir als Vorläufer der definitiven Kiemenspalten vermuteten
Protostigmata in Verbindung zu bringen, indem ich erwartete, auf dem
nächsten Stadium diese Protostigmata im Grunde der Faltentäler zum
Durchbruch kommen zu sehen. Allein nichts Derartiges stellte sich
zu meiner großen Überraschung ein: Protostigmata, wie sie doch
im Oozooid nach allen zitierten Autoren angelegt werden, treten in
der Entwicklung der Knospen überhaupt nicht auf, die
Faltungen treten wieder zurück und, wenn sie auch nicht spurlos
verschwinden, so nehmen sie doch einen so andersartigen Charakter
an, daß damit der Begriff einer Faltung ın Wegfall kommt. Wenn
sodann in ihrem Bereich Kiemendurchbrüche stattfinden, so handelt
es sich dann nicht um Protostigmata, sondern um definitive Kiemen-
spalten, und diese brechen auch nicht an Stelle der Faltentäler, sondern
im Gegenteil auf den Erhebungen selbst durch.
Bevor das geschieht, haben die geschilderten Peribranchialfalten
eigentümliche Umwandlungen durchzumachen, die wir bereits in den
Fig. 12—14 angebahnt sehen, welche sämtlich Frontalschnitten durch
verschiedene Regionen einer und derselben Knospe entnommen sind,
die an Alter ungefähr der in Fig. 8 gezeichneten gleichkommt. Fig. 13
1 Nicht uninteressant ist es, daß man auch hier Muskelfasern (mz) zwischen
den beiden die Kiemen bildenden Blättern vorfindet. Die Muskelzellen, aus
Mesenchymelementen entstanden, liegen strangartig aneinander gereiht und
lassen hier und da einen Kern erkennen.
Beiträge zur Kenntnis der Kiemenspaltenbildung der Ascidien. 539
entstammt der mittleren Region des Kiemendarmes. Zwar sehen wir
- auch hier noch das innere Peribranchialepithel sich zu ausgesprochenen
Falten erheben, allein diese Falten sind, gegenüber dem vorigen Stadium,
niedriger geworden, während anderseits die Ectodermzellen selbst höher
geworden sind und zwar am höchsten auf dem Rücken der Falte. Außer-
dem beobachtet man aber auch Differenzierungen im Entoderm des
Kiemendarmes, indem dieses (Fig. 13) den Ectodermfalten entsprechende
Epithelverdickungen aufweist, die ebenso wie jene auf dem Flächenbilde
sich als quere Verdickungsleisten des Kiemendarmes darstellen. Auch
auf etwas späteren Stadien, auf denen der Charakter der Ectodermfalten
bereits eine Abänderung erfahren hat, bleiben diese Entodermleisten
gleichwohl immer deutlich ausgeprägt (Fig. 12, 14, 15) und erfahren
sogar vielfach eine schwache rinnenförmige Krümmung nach außen,
sich auf diese Weise innig der Curvatur der Ectodermfalten anlegend
(Fig. 15). Wie die Ectodermfalten, treten auch die Entodermleisten
zunächst in der vorderen und mittleren Region des Kiemendarmes auf,
so daß man sie an demselben Präparate in der hinteren Region noch
vermißt.
Neben Bildern, wie ich sie an der Hand der Fig. 13 geschildert,
traf ich in der gleichen Region derselben Serie gelegentlich solche, wie
sie Fig. 12 darstellt. Auf Grund dieser, und ohne noch den Zusammen-
hang der Entwicklung zu kennen, neigte ich mich anfangs der Ansicht
zu, daß die beschriebenen Ectodermfalten im Laufe ihrer Weiterent-
wicklung vorübergehend ein mehrschichtiges Stadium durchmachten,
in dem man nicht von einer Falte, sondern vielmehr von einer soliden
mehrschichtigen Epithelleiste sprechen könne. Ein genaues Studium
der Fig. 12 und ähnlicher Schnittbilder lehrt jedoch, daß die anschei-
nende Mehrschichtigkeit der Ectodermleisten nur eine scheinbare ist.
Neben Zellgrenzen, welche polygonale Bezirke umgrenzen, treffen wir
auch radial verlaufende Linien (mittlere Leiste), welche die Leiste von
oben bis unten durchsetzen und nur auftreten können, wenn das Epithel
in Wirklichkeit ein einschichtiges, aus einzelnen Cylinder- oder, richtiger
ausgedrückt, aus Pyramidenzellen bestehendes ist. Ich habe in der
Tat die Überzeugung gewonnen, daß Bilder, wie Fig. 12, nur infolge
schiefer Schnittrichtung zustande kommen können, und daß es sich in
Wirklichkeit immer um Faltungen eines einschichtigen Epithels handelt,
dessen Zellen in den Faltungsbergen stark in die Länge gewachsen sind,
wie das auch in Fig. 13 hervortritt. Nur durch Annahme einer bald
schiefen, bald senkrechten Schnittrichtung ist es erklärlich, daß un-
mittelbar nebeneinander Bilder, wie Fig. 12 und 13, auftreten können.
Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. _ 36
540 Paul Fechner,
Jedenfalls müssen wir als feststehende Tatsachen im Auge behalten,
1) daß die Ectodermfalten vom Stadium der Fig. 10 sich bei der Weiter-
entwicklung abflachen (Fig. 13), indem gleichzeitig die Zellen an den
Faltenbergen gegenüber jenen in den Faltentälern, an Höhe zunehmen,
2) daß vom Stadium der Fig. 10 zu dem der Fig. 13 auch entsprechend
der Lage der Ectodermfalten Verdickungsleisten im Entoderm auf-
treten.
Noch weiter sehen wir beide Prozesse in der folgenden Fig. 14 fort-
geschritten, die mit Fig. 13 derselben Frontalschnittserie, jedoch dem
vordersten, also dem am weitesten entwickelten Teile des Kiemendarmes
entnommen ist. Hier ist nun das eingetreten, worauf die Höhenabnahme
der Falten in Fig. 13 schon hindeutet, nämlich der vollständige Schwund
der Faltungen des Ectoderms. Die bisherigen Ectodermfalten haben
sich zu einfachen Verdickungsleisten des inneren Peribranchialepithels
umgewandelt, die nach wie vor aus einer einfachen Schicht von Eeto-
dermzellen bestehen, die aber nunmehr viel regelmäßiger angeordnet
sind und vor allem auch gegenüber dem in Fig. 13 dargestellten Zustand
bedeutend an Höhe gewonnen haben. Die einzelnen queren Ectoderm-
leisten, die an ihren oberen und unteren Enden nur wenig an Höhe
abnehmen, werden ziemlich unvermittelt durch schmale Streifen außer-
ordentlich niedrigen Epithels verbunden. Auch das Entoderm zeigt die
entsprechenden Verdickungsleisten ebenfalls deutlicher ausgeprägt, als
in Fig. 13; sie korrespondieren genau mit den Ectodermleisten, denen
sie sich überdies noch auf das engste angelegt haben.
Während wir auf dem soeben geschilderten Stadium Verhältnisse,
wie sie Fig. 14 erläutert, nur in der vordersten Region antreffen, finden
wir an wenig älteren Knospen, bei denen jene dunklen Querstreifen
(pv) der Figur auch auf dem hintersten Abschnitt des Kiemendarmes
vorhanden sind, diese Streifen bereits in allen Regionen des Präparates
in Form von Ecetodermleisten im Sinne der Fig. 13. Fig. 15 und 16
stellen Stücke von Frontalschnitten durch eine solche Knospe dar,
und zwar Fig. 15 eine Partie aus dem vorderen, Fig. 16 eine solche aus
dem hinteren Kiemendarmabschnitt. Beide lassen im wesentlichen
dasselbe erkennen, was ich an Fig. 14 bereits erläutert, nur sehen wir
in Fig. 16 den Differenzierungsprozeß naturgemäß weniger weit Vor-
geschritten, als in Fig. 15. Das Entoderm läßt hier von Verdickungen
überhaupt noch nichts erkennen, dagegen sehen wir die den Eetoderm-
leisten gegenüberliegenden Entodermteile schwach rinnenförmig dem
Ectoderm entgegen gewölbt. Auch sind die beiden Zellschichten keines-
wegs so eng aneinander gelagert, wie in Fig. 14, ein Verhalten,
Beiträge zur Kenntnis der Kiemenspaltenbildung der Aseidien. 541
das dagegen im unteren Teile der Fig. 15 (bei a) bereits ange-
bahnt ist.
Was für eine Bedeutung haben nun diese beschriebenen, im Ecto-
derm und Entoderm des Kiemendarmes auftretenden Querleisten?
Schon oben habe ich erwähnt, daß ich, ohne noch die späteren Schick-
sale derselben zu kennen, vermuten mußte, daß sie mit der Anlage der
für das Oozooid von den verschiedenen Autoren nachgewiesenen Proto-
stigmata zu tun hätten, und dab diese letzteren in den zwischen den
Leisten gelegenen verdünnten Epithelpartien zum Durchbruch ge-
langen würden. Es stellte sich jedoch heraus, daß Protostigmata über-
haupt nicht zum Durchbruch kommen, daß vielmehr bei der Knospe
das Stadium offener Protostigmata übersprungen wird und
innerhalb der Querleisten direkt die definitiven Kiemen-
spalten zur Anlage kommen. Es hat demnach die Kiemen-
bildung der Knospe gegenüber der des Oozooids eine Abkür-
zung erfahren, und die Querfalten und späteren Querleisten,
welche zweckmäßig als Protostigmafalten bzw. Protostigma-
leisten bezeichnet werden, stellen die letzten Andeutungen der
verschwundenen Protostigmata dar. Vermutlich kam diese
Abkürzung dadurch zustande, daß die Knospenentwicklung im ganzen
schneller von statten ging, als die Entwicklung aus dem Ei, und daß
infolgedessen der Durchbruch der definitiven Stigmata immer früher
und schließlich bereits zu einer Zeit eintrat, wo die Bildung der Proto-
stigmata eben erst durch den Faltungsprozeß eingeleitet, aber noch
nicht abgeschlossen war.
Wenn wir die Bildung der definitiven Kiemenspalten selbst studieren
wollen, so müssen wir uns Querschnittsbildern zuwenden.
Querschnitte durch die zuletzt betrachteten Stadien zeigen ein ver-
schiedenes Bild, je nachdem sie eine Protostigmaleiste, oder den
Zwischenraum zwischen solchen getroffen haben. Geht der Schnitt
durch einen Zwischenraum, so treffen wir das innere Blatt des Peri-.
branchialraumes als dünnes, flaches Epithel, hat er dagegen die Leiste
selbst getroffen, so finden wir an derselben Stelle ein beträchtlich hohes
Cylinderepithel, das von der Gegend des Endostyls bis nahe zur Dorsal-
falte reicht. Ich habe davon abgesehen, solche Querschnitte abzubilden,
weil die gleich zu besprechende Fig. 17, die bereits dem folgenden Sta-
“ dium angehört, völlig geeignet ist, die geschilderten Verhältnisse zu
illustrieren.
Diese Fig. 17 zeigt insofern einen Fortschritt der Entwicklung, als
hier bereits die definitiven Kiemenspalten durchzubrechen beginnen.
36*
542. Paul Fechner,
\
Im Centrum der Figur treffen wir den Kiemendarm mit der Dorsal-
falte (ds) und dem Endostyl (es), rechts und links davon die beider-
seitigen Peribranchialräume (p). Der Schnitt ist so geführt, daß nur
auf der linken Kiemendarmseite der verdickte Streifen des Ectoderms (ec),
die Protostigmaleiste, getroffen ist, während auf der rechten Seite der
Schnitt durch den Zwischenraum zwischen zwei Leisten gegangen ist,
so daß also an dieser Seite das innere Peribranchialepithel von äußerst
niedriger Beschaffenheit ist. An der linken Seite treffen wir nun inner-
halb der Protostigmaleiste die Anlagen von drei Kiemenspalten, die im
einzelnen an andern, in größerem Maßstab gehaltenen Abbildungen
erläutert werden sollen; wichtig ist mir hier nur, außer der allgemeinen
Übersicht, der Nachweis, daß diese Kiemenspalten auf den Leisten selbst,
nicht zwischen ıhnen durchbrechen. Wie ich im voraus bemerken will,
treten die ersten Kiemenspalten teils an den Längsgefäßen (el der Fig. 8),
teils aber in der Nachbarschaft einerseits des Endostyls, anderseits der
Dorsalfalte auf. Die drei Kiemenspalten der vorliegenden Fig. 17 liegen
je. an der Stelle eines in Anlage begriffenen Längsgefäßes. Die Anlagen
dieser, jederseits drei an Zahl, bestehen aus entsprechend zahlreichen
Falten des Entoderms (zl), die durch ein besonders hohes Oylinderepithel
ausgezeichnet sind. Während das Ectoderm im Bereich der Protostigma-
leisten sonst dem Kiemendarmepithel dicht anliegt, sehen wir es nur
an der Stelle der Gefäßfalten durch einen Zwischenraum vom Entoderm
getrennt, in dem häufig isolierte Zellen, Blutzellen, angetroffen
werden.
Ich hatte nun Gelegenheit, eine Reihe von Knospen vom Alter der
Fig. 17 und auch noch ältere Knospungsstadien auf kontinuierlichen
Serienschnitten zu untersuchen. Alle zeigen Kiemenspalten auf den
verschiedensten Stadien ihrer Entwicklung, und schon eine einzelne
Knospe ähnlicher Altersstufen erlaubt daher, sich ein vollständiges Bild
von dem Zustandekommen einer definitiven Kiemenspalte zu machen.
Am frühesten setzt die Bildung der Kiemenspalten in der mittleren Region
des Kiemendarmes ein, denn hier trifft man in den erwähnten Knospen
die zahlreichsten Spaltanlagen. In Fig. 17 sehen wir dieselben ausschließ-
lich an den inneren Längsgefäßen auftreten; an andern gleichaltrigen
oder wenig älteren Präparaten treten sie aber außer an den Längsgefäben
auch ventral in der Nähe des Endostyls (Fig. 23) und dorsal an der
Dorsalfalte (Fig. 21) auf. Am hinteren Ende des Kiemendarmes jedoch,
an dem auch die Protostigmaleisten zuletzt entstanden, treffen wir
dagegen erst wenige Spaltanlagen an und zwar hier zunächst ausschließ-
lich neben der Dorsalfalte einerseits, anderseits ventral in nächster
Beiträge zur Kenntnis der Kiemenspaltenbildung der Ascidien. 543
Nachbarschaft des Endostyls. Erst allmählich schreitet die Spalt-
bildung von der mittleren nach der hinteren Region zu vor.
Betrachten wir zunächst, wie die Spaltbildung in der Nähe der
Dorsalfalte und des Endostyls vor sich geht, an den Stellen also, wo die
Komplikation durch die Längsgefäßanlagen wegfällt.
Fig. 20 a—c stellen drei aufeinanderfolgende Querschnitte durch
eine junge Spaltanlage dar, die in unmittelbarer Nachbarschaft des
Enndostyls gelegen und dem hinteren Ende des Kiemendarmes entnommen
ist. Die Schnitte a und 5 haben die Spaltanlage selbst getroffen, während
20c das Verhalten des nächsten Schnittes vor und hinter der Spalte
illustriert. Wir sehen an diesem letzteren besonders, wie der ectoder-
male Peribranchialraum (ec) überall, besonders aber an der kritischen
durch +#- bezeichneten Stelle, durch einen deutlichen Zwischenraum vom
Pharyngealepithel getrennt ist. In Fig. 20a ist an eben dieser Stelle,
da wo das innere verdickte Peribranchialepithel, die Protostigma-
leiste (ec), in das äußere peribranchiale Ectoderm (ec},) übergeht, eine
Eetodermfalte entstanden, deren Spaltlumen (ks,) das zurzeit noch nicht
durchgebrochene Lumen einer jungen, in Bildung begriffenen Kiemen-
spalte darstellt. Im Nachbarschnitt 20 5 ist nun an der kritischen (+)
Stelle eine Verwachsung der Spitze dieser Ectodermfalte mit dem
gegenüberliegenden Entoderm des Kiemendarmes eingetreten, und inner:
‚halb dieser Verwachsungsstelle wird nun auf dem nächsten Stadium
die Spalte (ks,) zum Durchbruch kommen. Bevor das aber geschieht,
tritt unmittelbar neben der geschilderten Spaltanlage eine schmale,
spaltförmige Einsenkung (ks,) auf der Protostigmaleiste auf, welche
die Anlage für die nächste Kiemenspalte darstellt. Das Folgestadium
des Prozesses treffen wir in Fig. 23 an, in der wir rechts neben dem
Endostyl (es) die beiden während ihrer Bildung beobachteten Anlagen
bereits durchgebrochen finden (ks,, %ksg). Namentlich die nächst dem
Endostyl gelegene Spalte ks, ist der unmittelbare Folgezustand zu ks}
in Fig. 20a und b. Infolge des Durchbruchs geht nunmehr das Ento-
derm (en) des Kiemensackes ganz kontinuierlich in das äußere Blatt (ec})
des Peribranchialraumes über.
Genau so, wie am Endostyl, spielt sich der Prozeß auch an der
Dorsalfalte ab, wie Fig. 18 in besonders einfacher, klarer Weise zeigt.
Den ersten Anstoß zur Spaltbildung gibt auch hier eine Faltenbildung
im Ectoderm (bei ks,), die gegen das sich völlig passiv verhaltende
Enntoderm (en) vorwächst. So einfach das Bild dieser Faltung hier,
sowie in Fig. 20, sich auch darstellt, so ist ihr Zustandekommen doch
keineswegs so ohne weiteres verständlich. Wenn es sich wirklich um
544 Paul Fechner,
eine gewöhnliche Faltung der Protostigmaleiste handelte, so müßten
auch die Wandungen der Falte dieselbe Dicke haben, wie die Leiste
selbst. Dies ist aber keineswegs der Fall, wie ein Blick auf die Figuren
beweist, und deshalb möchte ich annehmen, daß die Faltung nur Hand
in Hand mit gleichzeitiger Zellumlagerung an der betreffenden Stelle
der Protostigmaleiste vor sich gehen kann. So erkefnen wir in Fig. 18
neben der ersten Spaltanlage bei ks, schon den leichten Beginn einer
zweiten, die im wesentlichen nur erst durch eine leichte Einsenkung
der Oberfläche, sowie durch veränderte Stellung der Zellkerne angedeutet
ist. Beide Spaltanlagen der Fig. 18 sehen wir sodann in Fig. 21 rechts
von ds bereits in vollendetem Durchbruch (ks,, ks,). In Fig. 19 dagegen,
in der man schon drei Spalten in der Anlage erkennt (ks,, ks,, ksz), ist
nur die mittlere durchbrochen, während die erste, noch geschlossen,
so recht deutlich erkennen läßt, wie hier bei Polycyclus das Eetoderm
fast das gesamte Spaltlumen auskleidet, während dem
Entoderm nur eine untergeordnete Rolle zukommt.
Wie schon das Übersichtsbild Fig. 17 erkennen läßt, geht die Spalt-
bildung an den Gefäßfalten in prinzipiell übereinstimmender Weise,
wie an der Dorsalfalte und dem Endostyl, vor sich. Auch hier sind es
Faltungen innerhalb der ectodermalen Protostigmaleisten, die den
Prozeß nicht nur einleiten, sondern überhaupt das wesentliche Bau-
material für das Spaltepithel liefern. Den Anfang des Prozesses erkennen
wir in Fig. 21 bei ksy4; die Falte der. Protostigmaleiste erstreckt sich
tief in die Gefäßleiste hinein, hier einen dreieckigen Raum freilassend,
in dem wir gerade eine Blutzelle antreffen. Das Entoderm der Gefäß-
falte zeigt sich nach der Spitze zu (bei en) verdickt, und unterhalb dieser
treffen wir regelmäßig an der einen Seite ein kleines, vom Entoderm
gebildetes (mit * bezeichnet) Grübchen. Man könnte daran denken,
daß es sich um eine Entodermeinstülpung handle, die, der Ectoderm-
falte entgegenwachsend, in diese durchbreche, um gemeinsam mit ihr
die Kiemenspalte zu bilden. Dem ist jedoch nicht so, indem der Durch-
bruch der Spalte unterhalb des Grübchens an der Seite der Gefäßfalte
erfolgt, wie dieselbe Figur bei ks, (*), sowie Fig. 22 bei * zeigt.
Über den Durchbruch der Spalte selbst ist im ganzen wenig zu
sagen, die Abbildungen (Fig. 21 ks,, Fig. 22) erläutern ihn ohne weiteres.
Die Ectodermausstülpung der Protostigmaleiste wird länger und erfährt
hierbei eine Knickung, so daß sie an ihrer Spitze mit dem Enntoderm
an der Gefäßfalte in Berührung tritt, mit ihm verschmilzt, worauf auch
die Entodermzellen an der Spitze auseinanderweichen, womit die Spalte
hergestellt und die Kommunikation zwischen Pharyngeal- und Peri-
Beiträge zur Kenntnis der Kiemenspaltenbildung der Ascidien. 545
branchialraum eingetreten ist. Stets erweist sich das Spaltlumen der
ersten an der Gefäßfalte auftretenden Kiemenspalte nahezu recht-
winklig geknickt, stets ist ferner die Mündung in den Pharyngealraum
auf einer kleinen papillenförmigen Erhebung gelegen, die von einer
Ringfurche umgeben ist, an deren Zustandekommen wohl auch das
vorhin besprochene Entodermgrübchen beteiligt sein mag. Wesentlich
ist, daß auch diese an den Gefäßfalten auftretenden Kiemenspalten
ebenso, wie diejenigen an der Dorsalfalte und am Endostyl, räumlich
voneinander getrennt und durchaus selbständig und un-
abhängig voneinander entstehen, ferner, daß an der Bildung
der Spalten das Ectoderm fast ausschließlich beteiligt ist,
während dem Entoderm nur ein nahezu verschwindender
Anteil zuerkannt werden kann.
Wie Fig. 17, sowie Fig. 21, 22 gezeigt haben, treten die Kiemen-
spalten an den Gefäßfalten immer zunächst einseitig und in der Einzahl
auf; jedoch ist das ein vorübergehender Zustand, indem im nächsten
Stadium auch an der andern Seite der Gefäßfalte eine zweite Spalte zur
Ausbildung kommt. Angebahnt sehen wir dieselbe in Fig. 24 und er-
kennen, wie von der Knickungsstelle der ersten Spalte, in halber Höhe
des Spaltkanals, ein neues kurzes Spaltlumen sich abzweigt, das mit
dem bereits vorhandenen eine y-förmige Figur bildet. Unser Bild ist
ein unmittelbarer Folgezustand von ks, in Fig. 21 und anderseits das
Vorstadium zu Fig. 23 ks, und ks,, wo wir auch diese zweite Spalte
nunmehr durchgebrochen sehen. Auch diese zweite Spalte ver-
dankt wesentlich dem Ectoderm den Ursprung, sie entsteht
jedoch nicht selbständig, sondern in enger Abhängigkeit
von derjenigen Kiemenspalte, die zuerst an der Gefäßfalte
auftrat. Die enge genetische Beziehung beider Spalten zueinander
prägt sich auch noch im fertigen Zustand dadurch aus, daß, wie Fig. 23
deutlich zeigt, nur die Einmündung in den Kiemendarm eine doppelte
ist, während die nach dem Peribranchialraum zu gelegene Spalthälfte
und Ausmündung für beide Spalten eine gemeinsame bleibt.
Die Ausbildung dieser zweiten Kiemenspalte hat zur Folge, daß
dadurch die Gefäßfalten im Bereich der Spalte zu einem röhrenförmigen
Gefäß abgeschnürt werden, in dessen Lumen häufig Blutzellen ge-
funden werden.
Überblicken wir noch einmal die an Polyeyclus gewonnenen Er-
gebnisse, so ergibt sich:
1) Daß bei dieser Botryllide, im Gegensatz zu den von andern
Autoren am Oozooid gemachten Beobachtungen, bei der Entwicklung
546 Paul Fechner,
der Knospen weder Protostigmata auftreten, noch auch die Querreihen
der definitiven Kiemenspalten durch Teilung der Protostigmata ihre
Entstehung nehmen. Vielmehr erleidet der Prozeß der Kiemenbildung
in der Knospe eine Abkürzung, bei der wir das Stadium der im Oozooid
offenen Protostigmata nur durch die oben beschriebenen Protostigma-
leisten bzw. -Falten angedeutet finden.
2) Die Protostigmaleisten bilden die gemeinsame Grundlage je
einer Reihe von Kiemenspalten, die im übrigen völlig selbständig und
unabhängig voneinander entstehen. So beweist auch die Knospen-
entwicklung von Polycyclus, im Gegensatz zu JULINs Ansichten, das
verbreitete Vorkommen der Spaltbildung nach dem ersten Typus. Die
einzigen Kiemenspalten, welche bei vorliegender Tierform abhängig
von andern entstehen, sind die zweiten Spiracula an den Gefäßfalten,
welche durch Knospung aus den ersten hervorgehen und auch dauernd
zu diesen in einem Abhängigkeitsverhältnis stehen bleiben.
3) Die definitiven Kiemenspalten von Polycyclus kommen der
Hauptsache nach durch Ausstülpung des ectodermalen Peribranchial-
epithels zustande, während das Entoderm nur in sehr geringem Maße
beteiligt ist. Es ist das eine Erscheinung, die bisher unter den Ascidien
nur bei Pyrosoma von JULIN beobachtet wurde. Damit fallen aber
die gesamten Spekulationen JuLıns, der auf Grund dieses Verhaltens
Pyrosoma von den übrigen Ascidien abtrennen möchte, in sich selbst
zusammen.
4. Pyrosoma atlanticum Peron.
Über die Kiemenspaltenentwicklung bei Pyrosoma hat erst kürzlich
JULIN in der schon mehrfach erwähnten Arbeit (Recherches sur la
phylogenese des Tuniciers, diese Zeitschrift, Bd. LXXVI, 8. 597) um-
fangreiche Untersuchungen veröffentlicht.
Bevor überhaupt irgendeine Kiemenspalte durchgebrochen ist,
zeigt sich nach ihm die innere Peribranchialwand, gegenüber der äußeren,
verdickt und weist überdies eine umfängliche ovale Zone auf, welche
infolge Zellproliferation besonders mächtig geworden ist und sich mit
der anliegenden entodermalen Kiemendarmwandung verlötet hat. Auf
dem nächsten Stadium ist in der inzwischen vergrößerten ovalen Zone
eine solche Vereinigung beider Epithelien jederseits nur noch an drei
Stellen vorhanden, die sich auf Flächenbildern durch ein viertes Stadium
als die Anlagen der drei ersten Kiemenspalten ergeben. Jede Kiemen-
spaltenanlage wird von einer transversalen, faltenförmigen Einstülpung
des inneren Peribranchialepithels, also des Ectoderms gebildet. Auf
Beiträge zur Kenntnis der Kiemenspaltenbildung der Ascidien. 547
einem Stadium mit neun Spaltanlagen ist dann bei zwei in der Mitte
gelegenen Kiemenspalten zuerst der Durchbruch erfolgt. Das Entoderm
verhält sich hierbei ganz passiv und kann nach Zeichnung und Text
nur einen ganz minimalen Anteil an der Auskleidung der fertigen Spalten
nehmen, deren vordere und hintere Wandungen nach unserm Autor
vielmehr »derivent manifestement de l’epithelium peribranchial interne «.
Nach diesem Stadium mit neun Spaltanlagen wird noch ein solches
mit 13 Spalten geschildert, die, entsprechend meiner Fig. 40, in der
Mitte breite Querschlitze darstellen, um nach vorn und hinten allmählich
im Durchmesser abzunehmen. Die Stigmata sind bereits sämtlich per-
foriert, mit Ausnahme zweier am Vorderende und eines am hinteren
Ende des Kiemendarmes, die erst ganz junge Anlagen darstellen. Aus
dem Vergleich dieses Stadiums mit den bereits beschriebenen, sowie
mit älteren, die beträchtlich mehr Spalten aufweisen, schließt er, daß
jene vorhin erwähnte und von dem belgischen Forscher so sehr in den
Vordergrund geschobene ovale Zone an ihren Enden beständig weiter-
wächst und hier, ihren ursprünglichen Charakter bewahrend, immerfort
neue Kiemenspalten in derselben Weise entstehen läßt, wie bisher.
Das ist in kurzem das Tatsachenmaterial, das JULIN zu einer Reihe
“ weittragender Folgerungen Veranlassung gegeben. Ich lasse jedoch
diese zunächst beiseite, um zuvor die Tatsachen einer Prüfung zu
unterziehen.
Ein Stadium ohne jede Spur einer Kiemenspaltenanlage stand mir
nicht zur Verfügung, dagegen konnte ich mehrere Präparate unter-
suchen, in denen die erste Kiemenspalte kurz vor dem Durchbruch
stand, bzw. eben durchgebrochen war. Die Fig. 29 und 30 stellen zwei
aufeinander folgende Schnitte durch den rechten Peribranchialraum
eines solchen Stadiums dar. In beiden Bildern weist das Entoderm (en)
des Kiemendarmes in den seitlichen, dem Peribranchialraum benach-
barten Partien recht hohe, stattliche Cylinderzellen auf, die bedeutend
ansehnlicher sind, als irgendeine Stelle des Peribranchialepithels. Der
Peribranchialraum (p) wird von einem dem Ectoderm angehörigen
Epithel gebildet, das an der äußeren Peribranchialwand (ap) flach ist,
während es an der inneren Wand des Peribranchialraumes (ip) eine
annähernd doppelte Höhe erreicht und hier von ausgesprochen kubischen
Zellen gebildet wird. Hierbei ist besonders zu beachten, daß dieses
kubische Epithel nicht etwa nach der Peripherie des Peribranchial-
raumes zu an Höhe abnimmt, so daß etwa eine ovale Zone im Sinne
JuLins entstehen könnte, die nur den mittleren Teil der inneren Peri-
branchialwand einnimmt, sondern im Gegenteil erstreckt sich dieses
548 Taul Fechner,
kubische Epithel in diesen, wie in allen andern durchgesehenen Schnitt-
serien in gleichmäßiger Höhe über die gesamte innere Peribranchial-
wand, ja, es setzt sich sogar noch in gleicher Dicke bis auf die Um-
biegungsstelle zur äußeren Peribranchialwand fort, um erst an den
peripheren Grenzen dieser sich allmählich zum Plattenepithel zu ver-
jüngen.
So existiert also die von JuLIN beschriebene ovale ver-
dickte Zone, die »ebauche de la fente branchiale«, die er zum Aus-
gangspunkt so weittragender Schlußfolgerungen macht, tatsächlich
nicht.
Ebensowenig, wie die ovale Zone selbst, lassen die vorliegenden
Schnitte sowie andre gleichaltrige Präparate ein dichtes Aneinander-
liegen von Kiemendarm und innerer Peribranchialwand erkennen, viel-
mehr gilt für das vorliegende Stadium mit einer Kiemenspalte das,
was JULIN für ein solches mit drei Spaltanlagen schildert, daß nämlich
ein Zusammenhang der beiden in Frage kommenden Blätter nur an der
Spaltanlagestelle selbst existiert, im übrigen sind sie an meinen Prä-
paraten sogar durch einen recht weiten Zwischenraum getrennt. Ganz
dasselbe zeigen die Fig. 31, 32, die zwei aufeinanderfolgende Schnitte
durch die betreffende Stelle der linken Peribranchial- und Pharyngeal-
wand darstellen. Auch hier bemerkt man denselben Zwischenraum
zwischen Ectoderm (ec) und Entoderm (en), während ein Zusammen-
hang beider Blätter nur an der Spaltanlage selbst existiert.
Während nun nach Jurın, sobald überhaupt Kiemenspalten-
anlagen sich bemerkbar machen, diese letzteren gleich in der Dreizahl
auftreten, zeigen meine in Fig. 35 —38 abgebildeten Schnitte, daß hier
nur eine einzige Spaltanlage jederseits vorhanden ist. Sie zeigen
ferner, daß der Durchbruch der Spalte rechtsseitig (Fig. 30) bereits
angebahnt, linksseitig sogar schon vollendet ist (Fig. 32), während nach
JuLIns Schilderung die ersten Durchbrüche erst beobachtet werden,
wenn bereits neun Spaltanlagen jederseits vorhanden sind, und auch
dann sollen sie erst an zweien erfolgt sein.
Meinem Material folgend, ist überhaupt die Reihenfolge im Auf-
treten der Spalten eine ganz andre, denn in der in Fig. 33 abgebildeten
Knospe ist neben der ersten Spalte (ks,) nur noch eine weitere auf-
getreten (ks,), und in einem noch älteren Stadium (Fig. 34) treffen wir
im ganzen vier Spalten an — alles Tatsachen, die beweisen, daß auch
die ersten Spalten nicht gleichzeitig, sondern nacheinander auf-
treten.
Auch in bezug auf die Formverhältnisse der jungen Kiemenspalten
Beiträge zur Kenntnis der Kiemenspaltenbildung der Ascidien. 549
lassen sich meine Befunde in keiner Weise mit denen JuLins in Über-
einstimmung bringen. Nach den Zeichnungen und Angaben des belgi-
schen Forschers haben bereits die jüngsten Spaltanlagen eine ganz be-
deutende Querausdehnung und erstrecken sich fast über die gesamte
Breite des Peribranchialraumes, während sie in meinen Präparaten
(Fig. 33, 34) als kleine ovale Durchbrüche erscheinen, die, wie auch die
in Fig. 29—32 gezeichneten Querschnitte ergeben, nur von ganz geringer
Ausdehnung sind.
Das alles aber sind Widersprüche so mannigfacher Art, daß ich
außerstande bin, sie zum Ausgleich zu bringen, aus denen ich aber
die Berechtigung ableite, auch die JurLinschen Angaben über die Bil-
dungsweise dieser ersten Spalten in Zweifel zu ziehen, deren Anbahnung
der belgische Forscher wohl abbildet und beschreibt, deren tatsäch-
liehen Durchbruch er jedoch keineswegs gesehen — denn, wenn er
erst auf dem Stadium mit neun Spaltanlagen zwei Durchbrüche kon-
statiert, so dürfte die Annahme, daß diese den ersten Spaltanlagen ent-
sprechen, wohl nur auf Vermutung beruhen.
Tatsächlich findet nun aber, wie meine Fig. 29—32 beweisen, dieser
Durchbruch schon statt, bevor überhaupt die nächste Spaltanlage auf-
getreten ist. In Fig. 30 ist das Spaltlumen allerdings noch durch Proto-
plasma verklebt, allein an der linksseitigen Kiemenöffnung (Fig. 32) ist
_ die Spalte bereits passierbar.
In den Fig. 29, 30, von denen Fig. 30 die Mitte der Spaltanlage
trifft, während Fig. 29 letztere nur schneidet, sucht man vergeblich
nach einer irgendwie ins Auge fallenden Beteiligung des Ectoderms,
vielmehr lassen beide Figuren, besonders aber Fig. 29, eine wesentliche
Beteiligung auch seitens des Entoderms erkennen, so daß man wohl
den Tatsachen am besten gerecht werden dürfte, wenn man annımmt,
daß, wenigstens bei Bildung der ersten Spalte, das Entoderm
mindestens in gleichem Maße wie das Ectoderm beteiligt
ist. Schon hier möchte ich kurz anführen, daß, wie sich aus dem Fol-
genden ergeben wird, der Bildungsprozeß der späteren Kiemenspalten
etwas anders zu verlaufen scheint und in der Tat der JuLinschen Schil-
derung entspricht.
Bevor ich jedoch auf die späteren Stadien eingehe, möchte ich
bemerken, daß die Oberflächenbilder der ersten Kiemenspalten darauf
hinweisen, daß diese durchaus als selbständige, voneinander
unabhängige Bildungen auftreten und daß nicht die Spur eines
Zusammenhangs erkennbar ist. Sie treten im Flächenbilde (Fig. 33, 34)
als kleine rundliche oder ovale, bald mit einer Perforation versehene
550 Paul Fechner,
Stellen auf, die durch einen ansehnlichen Zwischenraum voneinander
getrennt sind. Entsprechend diesen Oberflächenbildern muß ich an-
nehmen, daß das zwei- bzw. dreispaltige Stadium sich aus dem ein-
spaltigen ableitet, und daß an den Punkten X und XX in Fig. 30—32,
an denen Entoderm und innere Peribranchialwand sich genähert Babe
die Bildung der neuen Spalten vor sich gehen wird, ohne daß Fe
Abhängigkeit von der alten Spalte erkennbar ist.
In bezug auf die Bildung der späteren Kiemenspalten möchte ich
hervorheben, daß ich für diese die JuLıinsche Schilderung in wesentlichen
Punkten bestätigen kann. In der Tat treten die späteren Kiemenspalten
immer an den vorderen und hinteren Enden des Kiemendarmes auf und
zwar in Form ebenso kleiner ovaler Anlagen (Fig. 39, 40, 41), wie ich
selbst sie für die erste Spalte geschildert habe, die erst nachträglich zu
ihrer definitiven Breite auswachsen. In Fig. 41 sieht man zwei solcher
jungen Spaltanlagen vom Vorderende eines Stadiums mit etwa 16 Kie-
menspalten, die eng aneinander gedrängt liegen und von denen %ks, die
ältere, As, die Jüngere ıst. In den Fig. 35—38 sind Schnitte durch
diese beiden Spalten wiedergegeben. Aus allen vier Schnitten, speziell
an der Spalte ks,, geht mit Deutlichkeit hervor, daß an der Bildung
dieser das Ectoderm im Sinne JuLins tatsächlich einen hervorragenden
Anteil genommen haben muß; ferner geht aber aus den Schnitten durch
die jüngste Anlage ks,, deren Lumen, wie Fig. 37 zeigt, noch nicht
ganz geöffnet, sondern noch durch Protoplasma verklebt ist, auch
hervor, daß das Entoderm doch auch hier nicht ganz unbeteiligt ist;
denn wie sollte man sich die Entodermverdickung (en) auf den seitlichen
Schnitten 35, 36 und 38 anders erklären können, als durch eine Betei-
ligung auch des Entoderms an der Bildung der neuen Kiemenspalten.
Wenn demnach die späteren Kiemenspalten von Pyrosoma unzweifel-
haft in ähnlicher Weise, wie ich es im vorigen Kapitel für Polycyclus
dargetan, im wesentlichen einer Ectodermausstülpung des inneren Peri-
branchialepithels den Ursprung verdanken, so kann dennoch eine, wenn
auch beschränkte, Beteiligung des Entoderms ebensowenig dort, wie
hier, in Abrede Bestell werden.
Schließlich bleibt mir nur noch zu sen, ob denn diese späteren
Kiemenspalten in Abhängigkeit voneinander oder selbständig entstehen.
Anälteren Präparaten sind zwar die jungen Spalten sehr eng aneinander
sedrängt, wie in Fig. 41, aber bei etwas jüngeren kommt es doch des
öftern vor, daß auch die jüngste Spalte von der nächst älteren durch
einen ansehnlichen Zwischenraum getrennt ist (Fig. 39). Offenbar hängt
die mehr oder weniger gedrängte Lage lediglich von der Schnelligkeit ab,
Beiträge zur Kenntnis der Kiemenspaltenbildung der Ascidien. 551
mit der die Spalten sich nacheinander anlegen, so daß bei schneller
Gangart des Prozesses der geringe verfügbare Raum allein die An-
einanderdrängung bedingt. Von einer Ableitung der neueren Spalten
aus einem Knospungsprozeß an den nächst älteren kann aber keines-
falls die Rede sein, denn auch die Schnitte 35—38 geben für eine solche
Annahme nicht die geringsten Anhaltspunkte an die Hand.
Die verdickte innere Peribranchialwand gibt für alle Kiemenspalten
das gemeinsame Baumaterial ab und die einzelnen Spalten werden un-
abhängig voneinander angelegt. Die Spaltbildung beginnt ın der Mitte
und schreitet nach den Enden fort. Indem gleichzeitig die beiden Epi-
thelien, von der Mitte nach dem Vorder- und Hinterende zu, sich aus
dem indifferenten primitiven Zustand zu dem definitiven histologischen
Charakter differenzieren, bleibt an den beiden äußersten Enden für
lange Zeit eine Zone indifferenten bildungsfähigen Epithels bestehen,
das dann das Material für die spätesten Spalten liefert.
Und nun zu den Folgerungen, die JULIN aus seinen Beobachtungen
zieht, die zum Teil so weittragender Natur sind, daß sie, wenn sie richtig
wären, Pyrosoma einen ganz andern Platz im System anweisen würden.
Alle die queren Kiemenspalten derselben Seite des Kiemensackes
sollen sich nach Jurın auf Kosten der »ebauche commune« jener ovalen,
peripher von den Randteilen der inneren Peribranchialwand deutlich
abgegrenzten Zone anlegen, und diese »ebauche commune est l’homo-
logue de la fente branchiale correspondante d’une Salpe et de l’une
des 2 ou 3 fentes branchiales d’un Ascidien«. Ich habe nun aber nach-
gewiesen, daß solche ovale Zone tatsächlich nicht existiert, daß vielmehr
die gesamte innere Peribranchialwand das Zellmaterial für die sämt-
lichen Kiemenspalten einer Seite liefert, ohne irgendwie nach der Peri-
pherie zu scharf umgrenzt zu sein; daher fällt denn auch gleichzeitig der
Jutissche Vergleich mit einem primären Protostigma (fente branchıale)
vollständig ins Wasser und ebenso der durch gesperrten Druck auch
bei JuULIN hervorgehobene Satz: »Pyrosoma est done un Tunicier
pourvu d’une seule paire de fentes branchiales«.
Diese auf der einen irrigen Voraussetzung basierenden Fehlschlüsse
JULINs mußten notgedrungen zu der weiteren Folgerung führen, daß
die Gesamtheit der queren Kiemenspalten von Pyrosoma als eine einzige
Längsreihe von Kiemenspalten aufzufassen sei, die als solche homolog
ist der Summe der definitiven Kiemenspalten, in welche bei den übrigen
Ascidien ein einziges Protostigma zerlegt wird.
»L’ensemble des stigmates branchiaux transverses«, heißt es wört-
lich bei JuLIN, »disposes en une rangee longitudinale unique, que pre-
552 | Paul Fechner,
sente chaque paroi laterale du sac branchial, est ’homologue de l’en-
semble des stigmates qui, chez un Ascidien derivent d’une m&me fente
branchiale obligque ou transversale«. Selbstverständlich ist dieser
Schluß ebenso falsch, wie die Basis, auf der er aufgebaut ist. Da die
ovale Zone, die JuLın als Homologon seiner »fente branchiale« auffaßt,
nicht existiert, können auf Grund meiner Ergebnisse die queren Kiemen-
spalten von Pyrosoma nur den Protostigmata der übrigen Ascidien
homolog sein, deren weitere Teilung in definitive Kiemenspalten bei
Pyrosoma ausnahmsweise unterblieben ist.
Schließlich will ich nicht unterlassen, noch einmal darauf hinzu-
weisen, daß die von JULIN zuerst nachgewiesene Faltenbildung und
hervorragende Beteiligung des Ectoderms bei der Bildung der späteren
Kiemenspalten tatsächlich nicht auf Pyrosoma beschränkt ist, wie der
| belgische Forscher glaubt, sondern, wie ich im vorigen Kapitel nach-
weisen konnte, unter den übrigen Ascidien auch bei Polycyclus vor-
kommt. Damit entfällt denn auch jeder Grund, Pyrosoma den übrigen
Ascidien gegenüberzustellen.
Am Schlusse meiner Ausführungen gestatte ich mir, meinem hoch-
verehrten Lehrer, Herrn Prof. Dr. SEELIGER, für die Anregung zu dieser
Arbeit, für die mir bei meinen Untersuchungen in reichstem Maße er-
wiesene Unterstützung durch Rat, Material und Literatur meinen ehr-
erbietigsten Dank auszusprechen.
Nicht minder bin ich Herrn Prof. Dr. Wırr für das der Arbeit
entgegengebrachte rege Interesse, für Materialüberlassung und tat-
kräftige Unterstützung zu herzlichem Dank verpflichtet.
Rostock, den 1. Juli 1906.
Literaturverzeichnis,
l. v. BENEDEN et CHARLES JULIn, Recherches sur le developpement postem-
bryonnaire d’une Phallusia (Phallusia scabroides nov. sp.). Archives de
Biologie. Vol. V. 1885.
2. v. BENEDEN, P. J., Recherches sur l’embryogenie, l’anatomie et la phy-
siologie des Ascidies simples. Bruxelles 1846.
3. D. Damas, Contribution & l’&tude des Tuniciers. Archives de Biologie 1904.
Tome XX.
4. — Recherches sur le developpement des Molgules.. Archives de Biologie.
Vol. XVIII. pag. 599. 1902.
10.
11.
12.
13.
14.
15.
16.
17:
18.
19.
20.
21.
22.
23.
24.
Beiträge zur Kenntnis der Kiemenspaltenbildung der Ascidien. 553
D. Damas, Etude du sac branchial chez Ciona intestinalis (L.). Archives de
Biologie. 17. 1901.
— et SELYS LONGCHAMPS, DE, Recherches sur le developpement post-embry-
onnaire et l’anatomie definitive de »Molgula ampulloides« Archives de
Biologie Vol. XVII. 1901.
. RICHARD v. DRASCHE, Die Synascidien der Bucht von Rovigno. Wien 1883.
. W. GARSTANG, On the development of the stigmata in Ascidians. From the
Proceedings of the Royal Society. Vol. LI.
. CHARLES JULIN, Recherches sur la phylogenöse des Tuniciers. Diese Zeit-
schrift. Bd. LXXV1. Leipzig 1904.
— Contribution & l’histoire phylogenetique des Tuniciers. Recherches sur
le developpement du pericarde, du coeur, et les transformations de l’epi-
carde chez les Ascidiens simples. Paris 1899.
de LACAZE-DUTHIERS et INES DELAGE, Etudes sur les Ascides des cötes de
France. Memoires de l’Academie des sciences, Paris, Tome XLV. 1892
— 1897.
— Etudes anatomiques et zoologiques sur les Cynthiadees I. La Glande
pylorique; II. Les characteres anatomiques et la classification. Arch. de
Zool. experimentale et generale, 2. serie. Vol. VII, 1889.
FERNAND LAHILLE, Recherches sur les Tuniciers. Dissertation, Toulouse 1890.
REINHOLD RIEDLINGER, Untersuchungen über den Bau von Styelopsis grossu-
laria der Ostsee. Halle 1902.
L. ROULE, Recherches sur les Ascidies simples des cötes de Provence. Mar-
‚seille 1884.
OSWALD SEELIGER, BRONNs Klassen und Ordnungen des Tierreichs, Bd. 3,
Supplement Tunicata, Lieferung 53—58, Leipzig 1905.
— Über die Entstehung des Peribranchialraumes in den Embryonen der
Ascidien. Diese Zeitschr., 1893, LVI. Bd. 3.
— Bronns Klassen und Ordnungen des Tierreichs. III. Band: Tunicata
(Manteltiere). Lieferung 21—25, Leipzig 1900.
— Zur Entwicklungsgeschichte der Pyrosomen. Jenaische Zeitschrift für
Naturwissenschaften. XXIII. Bd. 1889.
— Bronns Klassen und Ordnungen des Tierreichs, III. Band: Tunicata
(Manteltiere). Lieferung 26—30. Leipzig 1901.
— Die Pyrosomen der Plankton-Expedition, Kiel u. Leipzig 1895.
— Bronns Klassen und Ordnungen des Tierreichs, III. Band: Tunicata
(Manteltiere). Lieferung 37—40. Leipzig 1903.
Marc de Serys LonGacHames, Etude de la bronchie chez »Ascidiella sca-
broides«. Archives de Biologie. Vol. XVI. 1900.
ARTHUR WILLEY, On the Protostigmata of Molgula manhattensis (DE Kay).
Journal of microscopical science. Vol. 44. 1901.
554 Paul Fechner,
Erklärung der Abbildungen,
Buchstabenbezeichnung.
ap, äußere Peribranchialwand; 9, Ganglion;
dl, Blutzellen ; gl, Anlage der Geschlechtsorgane ;
ce, Cellulosemantel; i, Ingestionsöffnung;
d, Darm; il, inneres Längsgefäß;
dd, darmumspinnende Drüse; ip, inneres Peribranchialepithel;
ds, Dorsalfalte ; ks, Kiemenspalte, bez. Anlage ders.;
e, Egestionsöffnung;; mg, Magen;
eb, Eläoblast; mz, Muskelzelle, Mesenchymzelle;
ec, Ectoderm; o, Ei;
ed, Enddarm ; », Peribranchialraum ;
en, Entoderm; po, Verdickungen des Peribranchial-
ig, Flimmergrube; epithels.
Tafel XXV und XXVI
Sämtliche Zeichnungen wurden mit dem Zeichenapparate entworfen. Bei
den Untersuchungen wurde ein WINnKkErsches Mikroskop benutzt.
Die Figuren 1—7 beziehen sich auf Ecteinascidia, Fig. 8—24 auf Poly-
cyclus, Fig. 25—28 auf Styelopsis, Fig. 29—41 auf Pyrosoma.
Fig.1. Etwa 21/,;,mm lange Knospe von Ecteinascidia turbinata Herd-
mann, von der linken Seite gesehen. Ocul. 2. Obj. 2.
Fig. 2. Ein Teil der mittleren Region des Kiemendarmes von Fig. 1 bei
stärkerer Vergrößerung. Ocul.2. Obj. 7.
Fig. 3. Junge Spaltanlagen, einer anderen etwa 21/, mm langen Knospe
entnommen, auf dem Längsschnitt; ks,, etwas seitlich getroffen. Ocul. 4. Obj. 8.
Fig. 4. Junge, eben durchgebrochene Spaltanlage einer etwa 21/, mm langen
Knospe. Spaltränder noch durch Protoplasma miteinander verklebt. Ocul. 2.
Obj. 8. |
Fig. 5 a—c. Oberflächenbilder eines Kiemendarmes einer etwa 5mm langen
Knospe von im ganzen 25 Spaltreihen, die den Kiemendarm vollständig bedecken.
a, vier Kiemenspaltenreihen der obersten, 5b, vier der mittleren, c, drei der unter-
sten Region. Ocul.2. Obj. 4.
Fig. 6. Teil des Kiemendarmes einer ausgebildeten Ecieinascidia turbinata
Herdm. mit neuen intercalar auftretenden Kiemenspalten in verschiedenen Größen.
Ocul. 2. Obj. 2. \
Fig. 7. Die beiden Spaltanlagen ks von Fig. 6 bei stärkerer Vergrößerung.
Ocul. 4 Obj. 8.
Fig. 8. Totalbild einer jungen etwa !/, mm langen Knospe von Polyeyclus
Renieri Lam. Ocul.2. Obj. 4.
Fig. 9. Vorderer und mittlerer Teil eines Frontalschnittes durch die rechte
Kiemendarmseite einer jungen etwa 1/,;, mm langen Knospe. Ocul.2. Obj.5.
Fig. 10. Ein Teil der mittleren Region voriger Figur bei stärkerer Vergrö-
Berung. Ocul.2. Obj. 8.
Beiträge zur Kenntnis der Kiemenspaltenbildung der Ascidien. 555
Fig. 11. Hinterer Teil eines Frontalschnittes durch die rechte Kiemen-
darmseite einer etwa 1/, mm langen Knospe. Ocul.2. Obj.7.
Fig. 12. Mittlerer Teil eines Frontalschnittes durch die linke Kiemendarm-
seite einer etwa 1/, mm langen Knospe. Ocul.2. Obj. 8.
Fig. 13/14. Hinterer bez. vorderer Teil eines Frontalschnittes durch die
rechte Seite einer etwa !/, mm langen Knospe. Ocul.2. Obj. 8.
Fig. 15. Vorderer Teil eines Frontalschnittes durch die linke Kiemendarm-
seite einer etwa 1 mm langen Knospe. Ocul.2. Obj. 7.
Fig. 16. Hinterer Teil eines Nachbarschnittes derselben Serie.
Fig. 17. Querschnitt durch eine Polycyclus-Knospe. Links ist die Proto-
stigmaleiste getroffen. Ocul. 3. Obj. 4.
Fig. 18. Dorsalregion eines Querschnittes durch den vorderen Teil der Knospe.
Ocul. 2. Obj. 8.
Fig. 19. Querschnitt derselben Region eines etwas älteren Stadiums.
Ocul. 2. Obj. 8.
Fig. 20 a—c. Drei aufeinanderfolgende Querschnitte durch die erste Kiemen-
spaltenanlage in der Nähe des Endostyls. Ocul. 2. Obj. 8.
Fig. 21. Region, links an die Dorsalfalte anschließend, aus einem Quer-
schnitt durch den mittleren Teil einer Polycyelus-Knospe. Ocul.2. Obj.7.
Fig. 22. Spaltenanlage in der Nähe eines inneren Längsgefäßes der rechten
Kiemendarmseite. Querschnitt. Ocul.2. Obj. 7.
Fig. 23. Region links vom Endostyl eines Querschnittes durch den mitt-
leren Teil einer Polycyclus-Knospe. Ocul.2. Obj.7.
Fig. 24. Das innere Längsgefäß mit den Spaltanlagen auf einem Querschnitt.
Deul. 2. Obj. 7.
Fig. 25. Linke Kiemendarmseite einer jungen Siyelopsis grossularia, bei
der gerade die 6. Kiemenspalte sich angelegt hat. Ocul. 2. Obj. 2.
Fig. 26. Kiemendarm einer jungen Styelopsis mit sieben Protostigmata. Das
siebente ist in der Zeichnung vom Magen bedeckt. Ocul. 0. Obj. 2.
Fig. 27. Unteres Ende des Kiemensackes einer jungen Styelopsis, auf dem
soeben die siebente Spalte zur Anlage gekommen ist. Ocul. 2. Obj. 5.
Fig. 28. Unteres Ende des Kiemensackes eines Stadiums von Siyelopsts,
auf dem nur das 6., 7. u. 8. Protostigma wiedergegeben sind. Ocul. 2. Obj. 5.
Fig. 29/30. Zwei aufeinanderfolgende Querschnitte durch den rechten
Peribranchialraum eines Stadiums von Pyrosoma atlanticum, auf dem die erste
Kiemenspalte kurz vor dem Durchbruch ist. In Fig. 30 sind die Spaltenränder
nur noch durch Protoplasma verklebt. Ocul.2. Obj. 7.
Fig. 31/32. Zwei aufeinanderfolgende Querschnitte durch die linke Peri-
branchial- und Pharyngealwand eines Stadiums, auf dem die erste Kiemenspalte
soeben durchgebrochen ist. Ocul.2. Obj. 7.
Fig. 33. Junge Knospe von Pyrosoma atlanticum Peron mit zwei Kiemen-
spalten. Ocul.2. Obj.5. |
Fig. 34. Etwas älteres Stadium von Pyrosoma atlanticum Peron mit
vier Kiemenspalten. Ocul. 2. Obj. 5.
Fig. 35—38. Vier aufeinanderfolgende Frontalschnitte, parallel zum Endo-
styl, durch die jüngste Spaltanlage des Hinterendes eines Stadiums mit im ganzen
15 Spalten. Ocul.2. Obj. 8.
Fig. 39. Vorderer Teil der linken Kiemendarmseite von Pyrosoma atlan-
Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. 37
556 Paul Fechner, Beitr. zur Kenntn. der Kiemenspaltenbild. der Ascidien.
ticum Peron mit einer jungen selbständig entstandenen Spaltanlage. Ocul. 3.
Obj. 5.
Fig. 40. Kiemendarmwand. eines Stadiums von Pyrosoma mit 16 Spalten,
Ocul. 2. Obj. 4.
Fig. 41. Vorderende des Kiemendarmes eines Stadiums mit 16 Kiemen-
spalten mit zwei jungen Spaltanlagen, die eng aneinander gedrängt liegen und
von denen ks} die ältere, ks, die jüngere ist. Ocul.2. Obj. 4.
Die Entwicklung der Gonophoren einiger
Siphonophoren.
Von
Walter Richter
(Rudolstadt-Thüringen).
Mit Tafel XXVII—XXIX und 13 Figuren im Text.
(Aus dem zoologischen Institut Straßburg.)
Nach der heute noch allgemein geltenden Anschauung verläuft
die Entwicklung der Hydromedusen in der schon von Acassız (1862)
auf Grund seiner Untersuchungen von Syncoryne mirabilis (Coryne
mirabilis Agassız) geschilderten Weise. Acassız fand am Scheitel
der jungen Medusenknospen eine Verdickung des Ectoderms (Glocken-
kern), die sich in das Innere einsenkt und den Entodermschlauch
so einstülpt, daß er die Gestalt eines doppelwandigen Bechers annimmt.
Die beiden Entodermblätter dieses Bechers (primäre Entoderm-
lamelle, WEISMANN) verschmelzen in vier Längsstreifen miteinander
(sekundäre Entodermlamellen, WEISMAnN), so daß zwischen ihnen
vier mit der Leibeshöhle (Magen) kommunicierende Hohlräume ent-
stehen, die sog. Radialkanäle. In der weiteren Entwicklung höhlt sich
der Glockenkern aus, legt sich dem Entoderm dicht an, und bildet die
Auskleidung der so entstandenen Glockenhöhle. Indem sich der Boden
der Höhle zum Manubrium erhebt, und ihre obere Wand nach außen
durchbricht, ist die Grundform einer Meduse erreicht.
Diese Anschauung wurde, wie gesagt, allgemein als richtig an-
erkannt, nur zwei Autoren: ALLmAan (1871) und F. E. ScHuLze (1873)
wichen in ihren Abhandlungen über die Entwicklung der Medusen mehr
oder weniger von Agassız ab, ihre Angaben fanden aber wenig Anklang.
Im Jahre 1878 wies Craus für die Schwimmglocken von Hali-
stemma tergestinum die Existenz der Entodermlamelle nach, und über-
trug damit die Acassızsche Auffassung auch auf die medusoiden
Individuen der Siphonophoren. Eine weitere Bestätigung und einen
37*F
558 i Walter Richter,
vollkommeneren Ausbau erfuhr diese Lehre durch WEISMANN (1883), der
in seiner großzügigen Untersuchung über die Entstehung der Keimzellen
der Hydrozoen seine bekannten weitgehenden Folgerungen über die
Entstehung der Gonophoren aus rückgebildeten Medusen und die
selbständige Wanderung der Keimzellen zog.
Alle diese bisherigen Angaben werden hinfällig durch den von
GoETTE (1904) erbrachten Nachweis, daß in den jüngsten Medusen-
anlagen niemals ein doppelwandiger, einheitlicher Entodermbecher vor-
liegt, sondern stets vier getrennte Entodermschläuche. Diese Schläuche
entstehen aus vier durch Täniolen getrennte Rinnen des Entoderms,
indem die Zipfel dieser Magenrinnen völlig unabhängig vom Glocken-
kern als vier getrennte Schläuche (Radialschläuche) emporwachsen.
Sie können sich einander sehr nähern, so daß es den Anschein erweckt,
als ob sie zusammenstießen, sind aber in Wahrheit stets durch eine
allerdings oft sehr feine Grenzlamelle voneinander geschieden. Der
Glockenkern paßt sich bei seinem meist gleichzeitigen Vordringen ins
Innere der Gestalt der Kanäle an, erscheint also anfangs vierkantig,
da er auch in die zwischen den Kanälen liegenden Spalträume vordringt.
Während der Ausdehnung der Umbrella platten sich die Radial-
schläuche ab, ihre Kanten werden zu soliden, immer breiter werdenden
Platten, die dann sekundär in den Interradien miteinander verschmelzen,
und so erst die sekundäre Entodermlamelle WEISMANNs, von GOETTE
»Umbrellarplatte« genannt, bilden. Die weitere Entwicklung erfolgt,
wie bisher angegeben, durch Erhebung des Manubrium usw.
Diese Feststellung des tatsächlichen Entwicklungsganges der Me-
dusen muß naturgemäß die ganze bisherige Anschauung über die Be-
ziehungen der Hydrozoa untereinander von Grund auf umgestalten,
da durch sie nicht allein die Acassızsche Lehre, sondern auch alle aus
dieser abgeleiteten Folgerungen über die erste Entstehung der Medusen
aus Polypen, und die Beziehungen der Medusen zu den Gonophoren,
hinfällig werden.
Da sich die Untersuchungen GOETTES a nur auf die Hydro-
medusen erstreckten, war es wünschenswert, auch die Siphonophoren
auf diese Befunde hin zu studieren; ich folgte daher gern der Aufforde-
rung meines hochverehrten Lehrers, Herrn Prof. Dr. GOETTE, eine
Bearbeitung der Entwicklung der Gonophoren bei Siphonophoren vor-
zunehmen. Meine ursprüngliche Absicht, eine möglichst große Zahl
von Siphonophoren speziell auf diese Frage hin zu untersuchen, konnte
ich leider für die vorliegende Arbeit nicht durchführen, da sich un-
erwartete technische und systematische Schwierigkeiten einstellten.
Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren. 559
Ich möchte mich daher darauf beschränken, von all den untersuchten
Formen hier nur von Rhizophysa, Physalia und Hippopodius eine mög-
licehst eingehende Beschreibung der Entstehung der Keimzellen und
der Entwicklung der Gonophoren zu geben.
Meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Prof. Dr. GoETTE, bin ich
für seine wertvollen Anregungen und zahlreichen Ratschläge zu großem
Dank verpflichtet, desgleichen danke ich Herrn Privatdocenten Dr. E.
BRESSLAU für die ebenso liebenswürdige wie unermüdliche Unterstützung,
die er mir bei der Anfertigung der Arbeit zuteil werden ließ.
Rhizophysa filiformis Forskal.
Die anatomischen und histiologischen Verhältnisse der Geschlechts-
organe von Rhizophysa machen diese Form ganz besonders zum Stu-
dium der Entwicklung der Gonophoren geeignet. Die verschiedensten
Entwicklungsstadien sowohl männlicher als weiblicher Geschlechtsindi-
viduen sind an einer Kolonie zu finden, und infolge der frühen Bildung
der Grenzlamelle zwischen Ecto- und Entoderm werden außerordentlich
klare Bilder erzielt.
Trotzdem wurde diese Form bisher einer genaueren Untersuchung
kaum unterworfen. Bei den älteren Autoren finden sich nur unklare
_ Angaben, und auch GEGENBAUR (1854) gibt nur eine eingehende Be-
schreibung des Aufbaues und der einzelnen Anhänge des Stammes.
Ausgebildete Geschlechtsorgane hat er nicht gefunden, doch glaubt er
ihre Anlagen in »ein bis vier zwischen je zwei Einzeltieren stehenden
Bläschen« erkannt zu haben. Er beobachtete, daß diese einfachen Aus-
stülpungen der Stammeswand sich in an der Basis eingeschnürte Bläschen
verwandeln, die an der Oberfläche stumpf konische Erhabenheiten
zeigen, so daß das Ganze die Gestalt der mittelalterlichen Morgensterne
annimmt. Indem diese Erhabenheiten weiter auswachsen, zeigt das
ganze Organ in der entwickeltsten Form, in der GEGENBAUR es antraf,
die Gestalt eines Träubchens.
Nachdem KEFERSTEIN und EHLERS (1861) ebenfalls ein Exemplar
ohne Geschlechtsorgane geiunden hatten, glaubt Cru (1882) die auch
von ihm beobachteten Träubchen mit größter Wahrscheinlichkeit als
die späteren Geschlechtsindividuen bezeichnen zu können, da die Seiten-
äste dieser Trauben in ihrem Aufbau völlig den entsprechenden Teilen
von Physalia gleichen. |
Während bis dahin immer nur junge, noch nicht voll ausgebildete
Kolonien untersucht waren, fand Cuun (1897) endlich ausgewachsene
560 Walter Richter,
Exemplare, deren Geschlechtsorgane er ausführlich beschreibt. Bei den
jüngeren Exemplaren alternieren nach ihm die Geschlechtsträubchen
regelmäßig mit den Polypen, während sich bei den älteren gelegentlich
zwei bis sechs und mehr Trauben in den Internodien finden. Die Größe
der Trauben nimmt stets von dem Pneumatophor nach dem unteren
Ende des Stammes zu. Die Knospungszone für die Gonophoren rückt
auffällig weit an dem Luftschirm des Pneumatophors in die Höhe; die
jüngsten Knospen bestehen aus einer einfachen Hervorwölbung des
Ecto- und Entoderms, letzteres von Anfang an mehrschichtig, den
Binnenraum der Knospe fast ganz ausfüllend. »Erst später weitet sich
die anfänglich spaltförmige Knospenleibeshöhle aus, und die ovale
Form annehmenden Genitalanlagen treten als zweischichtige umfäng-
liche Säckchen entgegen. «
An diesen Genitalsäckchen entstehen halbkugelige Knospen, die
dem Ganzen eine maulbeerförmige Gestalt verleihen und aus diesen
die 20—30 Seitenzweige der Genitaltraube. An jedem dieser Zweige
wölbt sich eine relativ große Knospe vor, »welche durch Ausbildung
eines Glockenkerns sich als die Anlage der voraussichtlich weiblichen
Medusenglocke erweist«, die nun, »nach dem für knospende Antho-
medusen bekannten Modus ihre Subumbrella, die Gefäßlamelle mit den
vier in einem Ringkanal einmündenden Radiärgefäßen und das Velum
anlegt«. Der von der Medusenglocke an gerechnete proximale Abschnitt
des Seitenzweiges wird zum späteren Stiel mit den männlichen Gono-
phoren, der distale hingegen zum Genitaltaster. Die männlichen Gono-
phoren entstehen als einfache Erhebungen mit leicht verdicktem Ento-
derm, das aber bald fast den ganzen Binnenraum als mehrschichtige
Lage erfüllt. »Schon aus diesen frühen Stadien ergibt es sich, daß die
an das Ectoderm angrenzenden Entodermzellen als männliche Keim-
zellen aufzufassen sind, welche bei der durch Anlage des Glockenkerns
bedingten Umformung in ein Medusoid, sich allmählich von dem eigent-
lichen Spadix-Epithel sondern und zwischen beide Schichten, nämlich
dem dünnen ectodermalen Überzug des Manubriums und dem Spadix
zu liegen kommen.« Eine Einwanderung in den Glockenkern konnte
er nicht nachweisen. Außer der Kritik dieser Cuunschen Angaben
von K. C. ScHNEIDER (1898), die sich hauptsächlich gegen die Auf-
fassung der Genitaltrauben als verzweigte Blastostyle wendet!,
liegen neuere Untersuchungen über die Geschlechtsorgane von Ahr-
zophysa nicht vor.
1 Vgl. die Anmerkung auf S. 578.
Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren. 561
Eigne Untersuchungen.
Da die Ergebnisse meiner Untersuchungen über die erste Anlage
der Geschlechtsknospen und deren Entwicklung zu Geschlechts-
träubchen mit den Befunden von Chun (bis auf seine Angaben über
die Stellung des weiblichen Gonophors und des Genitaltasters, auf die
ich später zurückkomme) übereinstimmen, so begnüge ich mich da-
mit, auf dessen oben zitierte Angaben darüber hinzuweisen und be-
sinne mit der Entwicklung der an den Seitenästchen der Traube
knospenden Gonophoren.
Weibliche Gonophoren.
Die Anlage der weiblichen Gonophoren geht der Bildung der männ-
lichen voraus. An den Seitenästchen der Genitaltraube, die ein ein-
schichtiges Ectoderm besitzen, während das Innere fast ganz mit dicht-
sedrängten Entodermzellen angefüllt ist, zeigt sich jeweils ungefähr in
der Mitte eine Vorwölbung aus einschichtigem Ecto- und Entoderm.
Diese Knospe, deren Größe ungefähr ein Drittel der Dicke des Seiten-
ästchens erreicht, ist die Anlage des weiblichen Gonophors. Schneidet
man eine solch jüngste Knospe quer, so kann man auf den Schnitten
gut verfolgen, wie das anfänglich kreisrunde Lumen der Knospe in ein
vierzipfeliges übergeht. Ich gebe auf Taf. XXVII, Fig. 1 zwei Schnitte
einer solchen Serie wieder. Der erste Schnitt (a) zeigt den untersten
Teil der jungen weiblichen Knospe; sie ist hier noch nicht völlig aus
dem Seitenast, aus dem sie entspringt, herausgewachsen, daher wird
derselbe im Längsschnitt sichtbar. Im zweiten Schnitt (b) ist das vorher
kreisrunde Lumen (Z) deutlich vierzipfelig, vom Seitenast ist nur noch
das Ectoderm getroffen. Auf den nächsten Schnitten verschwindet das
Lumen völlig, und es zeigt sich nur noch eine gleichmäßige Entoderm-
schicht; vom Glockenkern ist noch nichts zu sehen. Diese Befunde
schließen sich durchaus an die Beobachtungen GoETTEs an, der bei
den Hydromedusen gleichfalls schon in dem unteren Ende der jüngsten
Knospe, dem späteren Stiel des Gonophors, die durch vier getrennte
Verdickungen des Entoderms (Täniolen) hervorgerufenen vier Magen-
rinnen fand. | |
Im nächst älteren Stadium haben die Vorgänge, die zum medusoiden
Bau führen, schon begonnen. Untersuchen wir Längsschnitte einer
solchen Knospe, da Querschnitte in diesem Stadium begreiflicherweise
(vgl. Fig. 2) nur schwer instruktive Bilder ergeben, so finden wir, daß
562 Walter Richter,
die Zipfel der vier Magenrinnen zu vier getrennten Radialschläuchen
emporzuwachsen beginnen, während gleichzeitig, aber völlig unabhängig
davon, die Bildung des Glockenkerns einsetzt. Fig. 2 stellt den mittel-
sten Schnitt einer solchen Längsschnittserie dar. Man erkennt, daß
auf der rechten Seite ein feiner entodermaler Kanal (rad.) sich aus der
Magenhöhle (Z. 4.) erhebt, während auf der linken Seite eine derartige
Ausstülpung nicht sichtbar ist. Wenn auch damit selbstverständlich
nicht ohne weiteres bewiesen wird, daß dieser rechts emporwachsende
Kanal eine direkte Fortsetzung der entsprechenden Magenrinne des
Stieles ist, so zeigt dieser Befund doch immerhin, daß das Entoderm
sich auf keinen Fall becherförmig einsenkt, um die sog. primäre
Entodermlamelle zu bilden, sonst müßte sich ja notwendigerweise auch
auf der andern Seite ein Lumen, d.h. ein Zwischenraum zwischen den
beiden angeblich eingebuchteten Entodermblättern finden.
Nach der bisherigen Anschauung konnte allerdings in derart jungen
Knospen eine solche Entodermlamelle noch gar nicht vorhanden sein,
da ja, wie die Fig. 2 zeigt, der Glockenkern (@Ik.), der diese Lamelle
bilden soll, sich noch gar nicht in das Innere der Leibeshöhle eingesenkt
hat. Er liegt noch ziemlich eben über dem Entoderm und entsteht
nicht durch eine Einstülpung des gesamten Eetoderms, sondern durch
eine rege Teilung einzelner basaler Ectodermzellen, die sich radiär an-
ordnen, und so den Anfang zur Bildung eines Lumens im Inneren an-
deuten, während das eigentliche Eetoderm (ect) ununterbrochen über
die Glockenkernanlage hinwegzieht.
Aber auch in dem nächsten Stadium, in dem sich der Glockenkern
bereits völlig eingesenkt hat, ist von einer primären Entodermlamelle
nichts zu sehen; wiederum zeigt sich in einem Längsschnitt (Fig. 3)
auf der rechten Seite die Lichtung des jetzt bereits hoch emporgewach-
senen Kanals (rad.), während erst auf den nächsten Schnitten der linke
Kanal sichtbar wird und der rechte wieder verschwindet. Beweisen schon
derartige Längsschnitte, daßes sich auch hier nicht um eine primäre Einto-
dermlamelle handeln kann, sondern höchstens um eine sekundäre, so
zeigt ein Querschnitt durch ein gleichaltes Stadium, daß auch eine solche
nicht vorliegt. Ich bilde in Fig. 4 absichtlich einen etwas schräg ge-
troffenen Schnitt ab, da er mir instruktiver erscheint. Der Glockenkern,
der nach der bisherigen Anschauung in den jüngsten Stadien sich unbe-
dingt als ein kreisförmiges Gebilde zeigen müßte, während erst nach der
Verschmelzung der Entodermlamelle die oft angetroffene vierzipfelige
Gestalt als sekundäre Bildung verständlich wäre, tritt hier von Anfang
an vierzipflig auf. Da die Enden dieser Zipfel bis an das Betoderm
Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren.- 563
reichen, so kann eine ununterbrochene Entodermschicht auch hier nicht
vorliegen. Von den Kanälen (rad.) sieht man in der Fig. 4 nur den
unteren und den linken deutlich, während die beiden andern gar nicht
getroffen sind, da der Schnitt hier durch den höher gelegenen Teil der
Knospe ging, wo die Lichtungen noch fehlten. — Die in den Fig. 3, 4
sichtbaren Nesselzellen (n) bilden sich schon frühzeitig im Ectoderm der
Seitenästchen (Fig. 1). Bei der Hervorwölbung der Gonophoren ge-
langen sie auch in diese, wo sie sich besonders in den männlichen
Gonophoren an der Spitze derselben anhäufen.
Dadurch, daß wir in diesen jüngsten Knospen zuerst einen bereits
emporwachsenden Kanal ohne Glockenkern (Fig. 2), dann den einge-
sunkenen Glockenkern mit vier getrennten Radialschläuchen (Fig. 3
und 4), also weder eine primäre, noch sekundäre Entodermlamelle ge-
funden haben, wird wohl hinreichend bewiesen, daß die von GOETTE
angegebene Art der Entwicklung durch vier getrennte Radialschläuche
auch bei Rhizophysa vorliegt. Immerhin könnte noch behauptet werden,
daß zwischen den von mir abgebildeten Knospen ein Stadium existiere,
in dem die primäre wie sekundäre Entodermlamelle nachweisbar sei.
Diesen Einwand muß ich für Rhizophysa bestehen lassen. Da aber,
dieses Zwischenstadium vorausgesetzt, der in der jüngsten Knospe
(Fig. 2) deutlich sichtbare Kanal nicht erklärt werden könnte, da wir
ferner bei der so nah verwandten Physalia sehen werden, daß ein der-
artiges hypothetisches Zwischenstadium nicht existiert, und da endlich
die sog. sekundäre Entodermlamelle erst in den jetzt zu besprechenden
Stadien auftritt, so halte ich die bisherige Auffassung der Entwicklung
für widerlegt, so lange nicht in so jungen Stadien, wie die besprochenen,
eine ununterbrochene Lamelle auf Querschnitten nachgewiesen wird.
Wir haben bisher nur die ganz jungen Knospen untersucht, die be-
sonders für Querschnitte nicht leicht zu orientieren waren, da sowohl
weibliche, wie männliche Gonophoren nicht rechtwinklig aus dem
Seitenast, sondern schräg nach oben gerichtet hervorwachsen. Schon
in den nächstälteren Knospen haben sich die bisherigen ursprünglichen
Verhältnisse völlig geändert. Der Glockenkern, dessen Zellen sich schon
im vorhergehenden Stadium (Fig. 3) radiär geordnet hatten, und so
deutlich den Anfang der späteren Glockenhöhle (@1.A.) zeigten, hat
sich vom Ectoderm zurückgezogen, und die jetzt erst zusammenstoßen-
den Entodermschläuche sind miteinander zur Bildung der Umbrellar-
platte, wie GoETTE die sekundäre Entodermlamelle WEISMANNSs nennt,
verwachsen. Doch kann man auch hier noch auf Querschnitten deutlich
sehen, daß die Kanäle ursprünglich getrennt waren, da bisweilen (in
564 | Walter Richter,
Fig. 5 oben rechts) die Verbindung des Glockenkerns mit dem äußeren
Ectoderm noch durch eine dünne Lamelle aufrecht erhalten ist. In
gleicher Weise spricht hierfür auch die aus der Lage der Kerne gut er-
kennbare radiäre Anordnung der Entodermzellen um das Lumen der
einzelnen Kanäle. Selbst wo diese Anordnung nicht mehr so klar her-
vortritt, wie in den älteren Stadien (Fig. 6), ist doch niemals eine un-
unterbrochene Zweischichtigkeit des Entoderms nachweisbar.
So zeigt also Arhizophysa in zwei in der Entwicklung nur wenig
voneinander getrennten Stadien erstens und zwar gerade in den jüngsten
Knospen, die von GOETTE für die Hydromedusen angegebenen ursprüng-
lichen, getrennten vier Radialschläuche, anderseits erst in den etwas
älteren Knospen die zusammenhängende Entodermschicht, die bisher
als Entodermlamelle für die ursprüngliche Bildung galt.
Bei.der weiteren Entwicklung kommt es zur Bildung des Ringkanals
in der Spitze des Gonophors. Dies geschieht hier nicht dadurch, daß
| die Kanäle nach oben zu sich
de De T. einander nähern und dann ver-
£- a gest N wachsen, sie verlaufen vielmehr
el a. .\ bis an ihr Ende getrennt. All-
5 mählich treten in dem zwischen
den oberen Enden der Kanäle
liegenden Entoderm Spalträume
auf (Fig. 6 **), die nach und nach
mit den Kanälen in Verbindung
treten und so zu einer völligen Ver-
schmelzung führen. Der Glocken-
kern, der seine vierkantige Gestalt
noch ziemlich lange beibehält,
rundet sich allmählich mehr und
mehr ab, während in seinem
| Inneren die Glockenhöhle sich
: immer weiter ausweitet. Zuletzt
ee, bildet der Glockenkern nur mehr
Ausgebildeter Seitenast einer Genitaltraube von =
Rhizophysa. G.T., Genitaltaster. & männliche, ein einschichtiges Epithel } das
Q weibliche Gonophoren. Vergr. ungefähr 15x. Sich dem aen eng anlegt
(Fig. 7 ect). Esist somit der medusoide Bau des weiblichen Gonophors
im wesentlichen erreicht, zu einer Erhebung des Entodermbodens und
zur Bildung des Manubriums kommt es bei den von mir untersuchten
ältesten Formen nicht, auch ein vollständiger Durchbruch des Ecto-
derms an der Spitze, und somit eine Öffnung’ der Glockenkernhöhle
Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren. 965
nach außen, wurde nicht beobachtet; das Ectoderm verdünnt sich dort
zwar außerordentlich, doch bleibt die Höhle immer durch eine starke
Lamelle verschlossen (Fig. 7).
Betreffs der Stellung des weiblichen Gonophors am ausgebildeten
Seitenast kann ich die Angaben Cauns (1897a) nicht bestätigen. Bei
den von mir untersuchten größten Genitaltrauben waren, wie ein Blick
auf Textfig. 1 lehrt, an den Seitenästchen stets drei Regionen zu unter-
scheiden. Das unterste Drittel bildet der lang ausgezogene Stiel, das
zweite Drittel die Ansatzstelle der Gonophoren, weibliche wie männliche,
das letzte Drittel endlich der durch eine Einschnürung deutlich abge-
hobene Genitaltaster. In der Region der Gonophoren steht die weibliche
nicht an der Spitze, sondern an der Basis desoberen Drittels dieser Region,
so daß oberhalb ihrer Ansatzstelle noch zwei bis drei männliche Gono-
phoren entspringen.
Wenn CHun schreibt: »Die Medusenglocke markiert die Grenze
zweier Abschnitte des Seitenzweiges, welche verschiedene Bedeutung
gewinnen, insofern die proximale Hälfte den späteren Stiel mit den
männlichen Gonophoren umfaßt, die distale hingegen zum Genitaltaster
sich umbildet«, und auch eine entsprechende Figur abbildet (Verh.
Deutsch. Zool. Gesellsch. 1897 S. 103), so muß ich, da ein Versehen
bei der Größe der Objekte nicht anzunehmen ist, eine Deutung dieser
so verschiedenen Befunde dahingestellt sein lassen.
Über den Ort der Entstehung der Keimzellen herrscht noch immer
tiefes Dunkel. Selbst bei den ältesten bisher untersuchten weiblichen
Gonophoren konnte nicht eine Andeutung der beginnenden Differen-
zierung beobachtet werden. Es wird daher allgemein angenommen,
daß die Eizellen erst nach der Loslösung der ganzen Genitaltraube oder
einzelner Stiele während ihres freien Lebens zur Reifung kommen; ich
werde bei der Besprechung der weiblichen Gonophoren von Physalia
näher auf die Frage eingehen.
Entwicklung der männlichen Gonophoren.
Die männlichen Gonophoren von Rhizophysa, wie die einiger andrer
Siphonophoren zeigen im ausgebildeten Zustand nur zwei Radialkanäle,
und bieten dadurch ein interessantes Objekt für die Frage, wie sich in
diesem Falle einesteils die Magenrinnen in den Knospen, anderseits der
Glockenkern bei seinem Vordringen ins Entoderm verhalten. Wie wir
bei den weiblichen Gonophoren gesehen haben, setzt die Entwicklung
in den jüngsten Knospen stets mit der Entstehung von vier Magen-
566 Walter Richter,
rinnen ein, die dann zu den Radialkanälen überleiten. Für die nur
zwei Kanäle besitzenden männlichen Gonophoren hätten wir also eine
entsprechende Reduktion der Magenrinnen in den jüngsten Knospen
zu erwarten. Schneidet man eine ganz junge männliche Knospe quer,
so findet man zunächst an der Basis ein vierzipfeliges Lumen, wie in
den weiblichen Gonophoren (Fig. 8a). Verfolgt man die Schnittserie
bis an die Spitze der Knospe, so verschwinden zwei einander gegenüber-
liegende Zipiel (Fig. 8b) und das Lumen des Stieles wird deutlich zwei-
zipflig, d. h. schlitzförmig (Fig. 8 c), bis es dann in den letzten Schnitten
völlig verschwindet und nur noch ein einheitliches Entoderm vorliegt.
Diese Übereinstimmung in der Zahl der Magenrinnen und der aus
ihnen, wie wir sehen werden, hervorgehenden Radialschläuche beweist
zur Genüge, daß das Auftreten und die Zahl der letzteren ausschließlich
von der Bildung der Magenrinnen! abhänst.
Der Übergang der Magenrinnen in die Schläuche, den ich bei den
weiblichen Knospen auf Querschnitten nicht verfolgen konnte, ist hier
gut zu beobachten, wie z. B. Schnitt a der in Fig. 11 abgebildeten Serie
zeigt, der gerade die Ebene getroffen hat, in der sich die Kanäle von
der Magenhöhle der Knospe abzweigen. In den nächsten Schnitten
finden sich dann nur noch die beiden Kanäle, die innerhalb der sehr
starken Entodermschicht zur Knospenspitze hinziehen und sich dabei
immer mehr dem Ectoderm nähern (Fig. 115, rad.). Wenn auf diesen
Schnitten die Kanäle in der Regel nur als einfache Löcher im Entoderm
(ohne deutliche Zellabgrenzung) erscheinen (Fig. 115), so liegt dies
daran, daß die Kanäle infolge der starken Krümmung, in der sie nach
oben ziehen (Fig. 10 rad.), meist nicht genau quer getroffen werden.
Der Glockenkern wird erst auf noch höher durch den Apex der Knospe
geführten Schnitten sichtbar (Fig. 1lc, @l.K.), da er, wie wir sehen
werden, überhaupt nicht tief in das Entoderm vordringt.
Seine Bildung beginnt, wie bei den weiblichen Gonophoren, mit
einer Vermehrung der Ectodermzellen am Scheitel der Knospe, wie dies
Fig. 9, das jüngste beobachtete Stadium, aufs deutlichste erkennen läßt.
Nachdem sich die tiefer liegenden Zellen radiär geordnet haben, dringt
ihre Masse nach innen gegen das centrale Entoderm zwischen den beiden
1 Derartige Magenrinnen, d. h. Einbuchtungen des Entoderms, finden
sich auch in den andern Anhängen des Siphonophorenstockes, besonders in
den Tastern, z. B. bei Physalia, wo ihre Zahl zwischen 3 und 8 variiert. Für
die Gonophoren hat sich im Laufe der Zeit die Vierzahl der Magenrinnen fixiert,
die sich dann sekundär (bei den männlichen Knospen von Rhizophysa) wieder
auf zwei reduzieren.
Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren. 567
Kanälen vor, und höhlt sich sackförmig aus (Fig. 10). Nach der bis-
herigen Anschauung müßte dieser gerade in das Innere vordringende
Glockenkern stets einen kreisförmigen Querschnitt haben, da er ja das
Entoderm becherförmig einstülpen soll. Wir sahen aber bei den weib-
lichen Gonophoren bereits, daß dies nicht der Fall ist, dort erschien er
vielmehr, den vier getrennten Radialschläuchen entsprechend, vier-
zipflig. In einer ganz neuen Gestalt aber erscheint er bei den männlichen
Gonophoren. Da er bloß zwischen zwei Radialschläuchen liegt, nimmt
er in Anpassung an diese im Querdurchschnitt eine ovale Form an. Im
Schnitt ce der Fig. 11, der durch das obere Ende des Gonophors geht,
ist diese Gestalt des Glockenkerns gut erkennbar. Er stößt oben und
unten an das Ectoderm an, ein Zeichen, daß auch hier wieder die Kanäle
getrennt auftreten. Die in diesem Schnitt auftretende seltsame Ver-
zerrung nach der einen Seite (Fig. 11 links unten) ist daraus zu
erklären, daß der Glockenkern niemals genau senkrecht in das Innere
vordringt, sondern immer nach einer Seite hin verschoben, wie dies ja
aus Fig. 10 ersichtlich ist. Diese Asymmetrie ist oft so stark ausgebildet,
daß dadurch die Querschnitte bei der ersten Durchsicht fast unver-
ständliche Bilder geben.
In dem Längsschnitt durch ein solches etwas jüngeres Stadium
(Fig. 10) sieht man, wie schon erwähnt, deutlich den nur auf einer Seite
in weitem Bogen bereits hoch emporgewachsenen Kanal (rad.), während
der Glockenkern noch nicht völlig ins Innere vorgedrungen ist. Ich
habe diese Verhältnisse, die das selbständige Emporwachsen der Kanäle
so schön demonstrieren, schon bei den weiblichen Knospen besonders
hervorgehoben. Ich glaube, daß so klare Befunde, wie sie hier die
männlichen Gonophoren bieten, die Lehre von der Existenz einer
primären doppelwandigen Entodermlamelle bei den Siphono-
phoren endgültig beseitigen müssen. Denn wie sollte sich hier
der Kanal durch Verschmelzung der Lamelle gebildet haben, wo doch
der Glockenkern, der diese Lamelle erst bilden soll, noch nicht einmal
um ein Drittel der ganzen Länge des Kanals vorgedrungen ist.
Die weitere Entwicklung des Gonophors zum medusoiden Bau ge-
schieht hier in sehr einfacher Weise, wie auch bei den andern von mir
untersuchten Siphonophoren gerade von den männlichen Gonophoren
oft die einfachsten Wege zur Erreichung dieses Zieles eingeschlagen
werden, was allerdings nicht ausschließt, daß in andern Fällen diese
Entwicklung bis zur Unkenntlichkeit kompliciert sein kann. Die Ver-
anlassung zu dieser vereinfachten Entwicklung geben die bei Ahizo-
physa sehr früh auftretenden Keimzellen. Sie differenzieren sich nicht
568 Walter Richter,
erst in den Gonophoren, sondern schon in den Seitenästehen, an denen
diese knospen. Schneidet man ein derartiges Ästehen ungefähr in dem
Alter, in dem die weibliche Gonophorenknospe sich gerade anlegt, längs,
so findet man in dem vielschichtigen Entoderm zahlreiche Kernteilungen,
wie sie gerade für die Spermatogenese typisch sind. CHUN scheint diese
Stadien übersehen zu haben, denn er schreibt (1897a, 8. 69): »Sobald
die männlichen Gonophoren sich halbkugelig abrundeten, erfüllt das
Entoderm fast den ganzen Binnenraum als mehrschichtige Lage. Schon
auf diesen frühen Stadien ergibt es sich, daß die an das Ectoderm
angrenzenden Entodermzellen als männliche Keimzellen aufzufassen
sind. «
Aus dem Seitenast wandern die Keimzellen mit den noch indiffe-
renten Entodermzellen nun in Mengen in die jungen Gonophorenknospen
' ein, wo sie sich besonders in dem oberen Teil anhäufen. Infolgedessen
findet der Glockenkern bei seinem Vordringen ins Innere schon eine
vielschichtige solide Lage von Zellen vor, und wird an seiner weiteren
Entwicklung zur typischen Glockenhöhle gehindert. Während sonst
erst die Glockenhöhle durch die einwandernden Keimzellen sekundär
wieder verdrängt wird, bleibt sie hier von Anfang an spaltförmig, so daß
der Glockenkern der Entodermkuppe wie eine Calotte aufsitzt (Fig. 12).
Die bisher abgebildeten Längsschnitte (Fig. 10 u. 12) waren aiie
so getroffen, daß die Schnittrichtung die längere Seite des ovalen Gono-
phors traf, so daß also auch die beiden in dieser Ebene liegenden Kanäle
zugleich, oder kurz hintereinander in der Serie sichtbar wurden. Solche
Schnitte sind jedoch ohne spezielle Orientierung verhältnismäßig selten
zu sehen, viel häufiger wird das Gonophor in einer andern, zu der oben
beschriebenen Richtung mehr oder minder rechtwinkelig stehenden
Ebene getroffen, also etwa parallel der Linie A—B der Fig. 115. Eine
Längsschnittserie durch ein in dieser Richtung getroffenes Gonophor,
das etwas älter ist, wie das der Fig. 12, gebe ich in Textfig. 2 wieder. In
Schnitt a ist der Übergang der Leibeshöhle (Z. Z7.), die nur in ihrem
oberen Ende getroffen ist, in den schon halb quer getroffenen ersten
Kanal (rad.) zu sehen. In dem zweitnächsten Schnitt b kommuniciert
die Leibeshöhle, bis unten sichtbar, mit der des Stammes, der Kanal
ist jetzt ganz quer getroffen und liegt dem Ectoderm dicht an; der
Glockenkern ist auf diesem Schnitt noch nicht sichtbar. Der Schnitt c
geht bereits durch die Mitte des Gonophors, es ist hier natürlich von
den Kanälen nichts zu sehen, wohl aber erkennt man den Zusammen-
hang des Glockenkerns mit dem äußeren Ectoderm. Von dem Glocken-
kern selbst ist in diesen Stadien immer nur die obere Wand, die bei
Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren. 569
normaler Entwicklung das Subumbrellareetoderm (ect') bilden würde,
gut erkennbar, sie liegt in diesem Schnitt dem Ectoderm, in dem Schnitt,
wo der zweite Kanal sichtbar wird (d), dem Entoderm desselben dicht
an. Der Boden des Glockenkerns, der in dem etwas jüngeren Stadium
(Fig. 12) noch nachweisbar war (ekt'), ist hier so dünn geworden, daß
er nicht mehr als gesonderte Schicht nachzuweisen ist. Der zweite
Kanal, der auf Schnitt d zuerst auftrat, erscheint hier und auf den
folgenden Schnitten (e) quer getroffen, genau wie in dem entsprechenden
Schnitt b der erste Kanal, nur daß jetzt die Glockenhöhle und die obere
Wand des Glockenkerns gut erkennkar sind. In diesen, wie in den
Textfig. 2.
Ausgewählte Schnitte einer Längsschnittserie durch ein männliches Gonophor von
Rhizophysa. eci., Eetoderm; ent., Entoderm; L.H., Leibeshöhle; @2.H., Glockenhöhle;
rad., Radialkanal. Verer. ungefähr 154x.
weiteren Schnitten, ist das wohl auf dieser Seite etwas gekrümmte
Gonophor schräg getroffen, man sieht daher den Kanal nicht mehr in
der Mitte, sondern nach rechts verschoben. Auf dem letzten Schnitt /
endlich geht der Kanal in die Leibeshöhle über. — Fig. 13 zeigt einen
Querschnitt durch ein etwas älteres Gonophor, und ist wohl aus den
Längsschnitten (Fig. 12 und Textfig. 6) ohne weiteres verständlich.
Die wesentlichste Erscheinung der nun folgenden Entwicklungs-
vorgänge besteht in einer starken Vermehrung der Keimzellen innerhalb
des Entoderms der Gonophoren, wie ein Blick auf die im gleichen Maß-
stabe gezeichneten Textfig. 3—6 ohne weiteres erkennen läßt. Infolge
dieser Vermehrung der Keimzellen werden die ganzen Gonophoren
570 Walter Richter,
außerordentlich stark in die Länge gestreckt, bis sie etwa das Vier- bis
Fünffache ıhrer ganzen ursprünglichen Höhe erreichen (Fig. 6). Gleich-
zeitig findet dabei eine stetig fortschreitende Verwachsung der Täniolen-
ränder nach unten zu statt, so daß schließlich die Abzweigung der auf
diese Weise sehr stark verlängerten Radialkanäle von der Leibes-
höhle ganz unten am Stiel des Gonophors (Textfig. 5, 6 rad.) erfolgt,
während sie früher (Textfig. 4) etwa in der Mitte des Gonophors
sich befunden hatte. Auf Längsschnitten sind die Radialkanäle in
Textfig. 3. Textfig. 4.
Textfig. 5.
Verschieden alte männliche Gonophorenknospen von Rhizophysa
im gleichen Maßstab gezeichnet. Z.K, Entodermkuppe; G@!l.K.,
Glockenkern; GIH., Glockenhöhle; L.H., Leibeshöhle; n., Nessel-
zellen; rad., Kanal; Sp., Spadix. Vergr. 110x.
diesen Stadien (Textfig. 5, 6) allerdings kaum
nachweisbar, wie leicht begreiflich ist, da in-
folge der gewaltigen Ausdehnung des Gonophors
die drei Schichten des Glockenmantels zu Textfig. 6.
äußerst dünnen Epithelien ausgezogen werden,
die alsdann, dicht aneinander gelagert, als eine einzige Schicht er-
scheinen. Nur auf Querschnitten gelingt es in diesen Stadien bisweilen
noch bei Anwendung starker Vergrößerung die Radialkanäle und die
einzelnen Schichten ihrer Umgebung zu unterscheiden.
Mit diesen Vorgängen, die gleichzeitig das ganze Aussehen der
Knospen von Grund aus verändern, hat die medusoide Ausbildung
des männlichen Gonophors ihren Abschluß erreicht. Da nach dem
sanzen Bau derselben eine Spadixplatte nicht auftreten konnte, so
entsteht hier naturgemäß der sog. Spadix auch nicht durch Ausstülpung
einer solchen Bildung, sondern passiv aus dem die Keimzellen um-
schließenden Entoderm (Textfig. 4, 5 $p.). — Die männlichen Keim-
zellen haben also bei Rhizophysa ihre definitive Lage im Entoderm
Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren. 57 1
bzw. zwischen Entoderm und innerem Blatt des Glockenkerns früh-
zeitig erreicht. Von einer Auswanderung derselben in das Ectoderm
kann hier nicht die Rede sein. Die Bildung eines Ringkanals und
die Öffnung des Glockenkernmantels an der Spitze des Gonophors
wurden nicht beobachtet, es bilden sich vielmehr am Scheitel reichlich
Nesselzellen, so daß der Mantel, der sich fast immer an der Spitze etwas
von der Keimzellenschicht abhebt, hier bedeutend verdickt erscheint
(Textfig. 5).
Physalia physalis Linne.
Die von mir untersuchten Exemplare verdanke ich der Freund-
lichkeit des Assistenten am hiesigen Institut, Herrn Privatdocen-
ten Dr. E. BreEssLAU, der auf einer Reise nach Brasilien an der
Küste von Pernambuco Hunderte von Physalien vom Wind an den
Strand geworfen fand. Die in einer 4%igen Formollösung konser-
vierten Tiere ergaben bei meinen Untersuchungen recht gute Präpa-
rate, so daß ich auch bei den feinsten Schnitten noch tadellose Bilder
erhielt.
Systematische Untersuchungen konnte ich nicht vornehmen, da mir
nur atlantische Formen zur Verfügung standen. Ich muß mich daher
auf CHuun beziehen, der (1897a) schreibt: »Mir liegt ein reichhaltiges
Material (reichhaltiger vielleicht, als je einem Beobachter zur Ver-
füsung stand) von Physalien aus dem Atlantischen, Indischen und
Pacifischen Ocean vor. Da ich zudem an den Kanarischen Inseln Ge-
legenheit fand, mich mit dem wechselnden Habitus der lebenden Ko-
lonien vertraut zu machen und verschiedene Jugendformen zu beob-
achten, so werde ich immer mehr in meiner schon früher geäußerten
Auffassung bestärkt, daß nur zwei große Faunengebiete: das atlantische
und indo-pacifische sich umgrenzen lassen, welche durch je eine charak-
teristische Art ausgezeichnet sind.« Demgemäß unterscheidet CHUN
nur die indo-pacifische »Physalia utriculus« und die atlantische, bisher
meist Physalia Caravella genannte Form, die er Physalia Arethusa
nennt, da dieser Name bereits im Jahre 1756 von PArTRick BROWwNE
eingeführt wurde Wenn CHun damit auch den Grundsätzen der Prio-
rität folgt, so haben doch nach den neuen Nomenclaturregeln erst die
seit Linn&s Systema Naturae, 10. Aufl. (1758) gegebenen Namen An-
spruch auf Gültigkeit. Da Linn& hier die atlantische Physalıa »Holo-
thuria physalis« nennt, so müssen, wie dies auch SCHNEIDER (1898)
schon betont, die atlantischen Formen als »Physalia physalis« be-
zeichnet werden.
Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. 38
72 Walter Richter,
Die erste eingehende Beschreibung der Geschlechtsorgane von
Physalia findet sich bei LEUCKART (1851). Er beobachtete besondere
. rötlich gefärbte Träubchen, die zwischen den einzelnen größeren Saug-
röhren versteckt sind. Vermittels eines Stieles sitzen diese Träubchen
in mehrfacher Anzahl den einzelnen Saugröhren an; der Stiel zeigt
zahlreiche Verästelungen, deren Zweige (vgl. Textfig. 7) in ebenso viele
längliche, blindgeschlossene Schläuche oder Bläschen auslaufen. »Daß
diese Schläuche bloße unentwickelte Saugröhren sind, wird durch die
Anwesenheit von Leberzellenhaufen im Inneren außer Zweifel gesetzt. «
An den verästelten Stielen sitzen zahlreiche, bald kleine, eiförmige oder
kugelrunde, bald große, am äußersten Ende abgeflachte, und selbst
mit einem grubenförmigen Eindruck versehene, glockenartige Bläschen.
Über den feineren Bau dieser Bläschen führten LEUCKARrTs Unter-
suchungen zu keinem Resultat, er kann daher nach Analogie mit ent-
sprechenden Bildungen verwandter Tiere nur behaupten, »daß diese
Bläschen keine Geschlechtsorgane darstellen, sondern mehr oder minder
entwickelte Individuen einer zweiten Generation, die an derselben auf
ungeschlechtlichkem Wege durch Knospenbildung entstehen und zu
einer geschlechtlichen Fortpflanzeng befähigt sind, während die Röhren-
quallen beständig geschlechtslos bleiben «.
Einen Schritt weiter in der Deutung dieser Bildungen geht
Huxrey (1858), der die kleineren Bläschen bestimmt als männliche
Gonophoren erkennt, während er die neben diesen sitzenden medusen-
artigen Knospen für die Anlage der weiblichen Geschlechtstiere hält,
die sich erst nach der Ablösung von der Kolonie weiter entwickeln.
Dieser Vermutung stimmt Crun (1882) bei, da er in den hin und wieder
an reifen Geschlechtstrauben gefundenen Gallertstielen die unteren
stielförmigen Abschnitte bereits abgelöster weiblicher Medusen zu er-
kennen glaubt. Später (1897a) überzeugte er sich an jungen Ge-
schlechtstrauben, daß diese Deutung eine irrtümliche war, und beschreibt
die vermeintlichen Stiele jetzt als eigenartige Polypoide, für die er die
Bezeichnung »Gallertpolypoide« vorschlägt, da diese Bezeichnung an
ihre definitive Gestaltung anknüpft, ohne über die völlig rätselhafte
physiologische Bedeutung etwas zu sagen. Diese Auffassung wird von
SCHNEIDER (1898) sehr heftig zurückgewiesen; er hält die fraglichen
Gebilde für junge Medusenanlagen vor der Einstülpung der Subum-
brella, und glaubt, daß diese, wie die distal gelegenen, vollkommener
ausgestatteten Anlagen nach Loslösung der ganzen Genitaltrauben zur
völligen Entwicklung gelangen.
Eine eingehende Darstellung der Entwicklung der Geschlechts-
Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren. 573
organe findet sich weder bei Cuun, noch bei SCHNEIDER; die von beiden
gegebene Beschreibung des Aufbaues der Geschlechtstrauben und der
Gonophoren werde ich bei der Besprechung meiner Befunde näher
berücksichtigen; es bleiben mir, da WEısmann Physalia nicht unter-
suchte, nur noch die recht interessanten Angaben SEITARO GoTos (1897)
zu erwähnen übrig.
Das jüngste von GoTo beobachtete Entwicklungsstadium der
männlichen Gonophoren ist eine einfache aus Ecto- und Entoderm be-
stehende zitzenförmige Knospe des Stieles. Eine mit der Leibeshöhle
kommunicierende Öffnung des Entoderms ist nicht nachweisbar, und
dieser Mangel nach der Ansicht von GoTo auf die sehr früh beginnende
starke Wucherung der Entodermzellen, die zur Keimbildung führt,
zurückzuführen. Der Glockenkern senkt sich daher bei seinem Vor-
dringen direkt in die solide Masse des Entoderms ein. Er hat meist
eine mehr oder weniger verlängerte, zuweilen aber auch eine abgeflachte
Kegelform und besitzt gewöhnlich eine verschieden stark ausgebildete
geräumige Höhle. Seinen Ursprung verdankt er der Einwanderung
interstitieller Zellen des Ectoderms, die die Stützlamelle zwischen Ecto-
und Entoderm vor sich herstülpen, das eigentliche Ectoderm bleibt
dabei völlig unberührt. Die durch dieses Vordringen bewirkte Ein-
stülpung des Entoderms sieht GoTo nicht als eine bloße mechanische
Wirkung des Glockenkerns an, sondern sucht sie zu erklären durch ein
»vom Mechanischen unabhängiges, dem Entoderm ein-
wohnendes Wachstumsgesetz« »Diese Ansicht«, schreibt GoTo
weiter, »wird dadurch wesentlich gestützt, daß in fast allen Schnitten
des ersten Entwicklungsstadiums des männlichen Gonophors ein Raum,
sei er groß oder klein, schon vorhanden ist, und daß die interstitiellen
Zellen in diesen Raum einzuwandern scheinen. «
Die Entstehung der Radialkanäle in den zwei einander entgegen-
gesetzt liegenden, stark verdickten Quadranten der Entodermlamelle
erfolst nach GoTo durch eine »auf bestimmte Gebiete eingeschränkte
Verwesung der Zellen der Entodermlamelle«, indem jede Zelle zu einem
bläschenartigen Gebilde wird, und die chromatische Kernsubstanz in
der Mitte dieses Bläschens zu einer einzigen Masse verschmilzt. Dann
verschwindet die Kernmembran (?), der Raum vergrößert sich, das
Körperchen löst sich in eine körnige Substanz auf und verschwindet
zuletzt gänzlich. »Obgleich durch die örtliche Verwesung der Zellen
gebildet, besitzen die Radialkanäle in diesem Stadium eine deutliche
dünne Membran, welche entweder von dem umliegenden Protoplasma
ausgeschieden worden ist, oder doch wohl nur eine Verdickung desselben
38*
574 Walter Richter,
darstellt.« Auf einen ähnlichen Verwesungsprozeß führt GoTo auch
teilweise die Entstehung der Subumbrellarhöhle zurück.
Sofort nach der Einsenkung des Glockenkerns beginnt die Einwan-
derung der Keimzellen. GoTo gibt an, sämtliche Stadien der Einwande-
rung in das Ectoderm beobachtet zu haben. Da aber die ganze Arbeit
in äußerst schwerfälligem Deutsch geschrieben ist, so erhält man aus
GorTos Darstellungen von diesen an sich schon so verwickelten Vor-
gängen leider nur ein höchst unklares Bild. Soweit ich GoTo verstanden
habe, wandern die nicht allein in den seitlichen Teilen des Gonophors,
sondern auch in der Entodermkuppe entstehenden Keimzellen aktiv
auf die den Glockenkern abgrenzende Stützlamelle zu, durchbrechen
diese und sammeln sich in der Glockenhöhle an. Nachdem sie die Höhle
fast ganz ausfüllen, erhebt sich von dem in das Gonophor vorgedrungenen
Entoderm der Leibeshöhle der Spadix, der in die Keimzellenschicht
vordringt. Erst in diesem Stadium endigt auch die Einwanderung der
interstitiellen Ectodermzellen des Glockenkerns, die zurückbleibende
Öffnung wird durch das Verwachsen des Randes der Stützlamelle, die
vordem ganz wie ein Velum aussieht, geschlossen. Die weitere Aus-
bildung geschieht durch rege Teilung der Keimzellen und Wachstum
des Gonophors in die Länge. Die Radialkanäle verschwinden völlig,
das Ectoderm der Knospe zeigt an deren Gipfel eine Verdickung mit
scheinbaren Drüsenzellen.
Das jüngste von GoTo beobachtete Stadium der weiblichen Gono-
phoren zeigte schon den völlig ausgehöhlten Glockenkern im Innern
des Gonophors, doch glaubt GoTo, daß dieser auch hier durch Einwande-
rung interstitieller Ectodermzellen entsteht. Desgleichen konnte er in
der Subumbrellahöhle wiederum jene körnige Substanz nachweisen, die
letzten Reste der verwesenden Ectodermzellen. Neu ist jedoch die
Beobachtung, daß nicht alle interstitiellen Ectodermzellen in die Glocken-
höhle einwandern, sondern daß einige von ihnen Protoplasma-Fortsätze
nach der Oberfläche, wie nach der Stützlamelle schicken, und so an der
Bildung des definitiven Ectoderms teilnehmen. GoTo glaubt, daß ein
solcher Umwandlungsprozeß in eingeschränkterem Maße nicht nur auch
in den männlichen Gonophoren, sondern in allen sich entwickelnden
Teilen des Tierstockes stattiindet. |
Die vier Radialkanäle, sowie der Ringkanal waren bereits völlig
ausgebildet, in den älteren Stadien zeigt sich das Manubrium als schwache
Hervorwölbung des an der Basis der Subumbrellarhöhle gelegenen Ecto-
derms, das Velum ist gut ausgebildet und hängt lose von dem Ostium
herab. Ectoderm und Entoderm sind von einer gallertartigen Stützschicht
Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren. 575
von wechselnder Dicke voneinander getrennt, im ersteren zeigen sich
nach innen zu zahlreiche Muskelfibrillen. Das Exumbrellarepithel zeigt
dieselbe Beschaffenheit, wie das Ectoderm des Stieles, bei dem Über-
sang zum Subumbrellarepithel aber ändert es sich auffallend: die Kerne
sind von wechselnder Größe, ihre Färbbarkeit ist ungleichmäßig ge-
worden und das Plasma ist reich an Vacuolen; Muskelfibrillen kommen
hier nicht mehr vor, statt ihrer zahlreiche, stark sich färbende Körner,
deren Bedeutung jedoch nicht aufgeklärt werden konnte. Weibliche
Keimzellen konnten nicht nachgewiesen werden.
Ich werde viele dieser Angaben bestätigen können, leider geht die
mich besonders interessierende Anschauung GoTos über die ersten Ent-
wicklungsvorgänge in den männlichen Gonophorenknospen aus der un-
klaren Darstellung nicht deutlich hervor. Offenbar verbindet GoTo
die alte Agassızsche Lehre von dem Glockenkern und der Entoderm-
lamelle mit dem allerdings völlig unklaren »eignen Wachstumsgesetz
des Entoderms« Auch die Angaben über die Entstehung der Kanäle
erscheinen recht seltsam, wenigstens konnte ich die von GoTo angegebene
Verwesung einzelner Entodermzellen bei den von mir untersuchten
Formen nicht nachweisen. Allerdings sind die Verhältnisse in den
jüngsten männlichen Knospen in der Tat so kompliziert, daß man bei
Anwendung von Längsschnitten allein eine klare Vorstellung der Vor-
‚gänge nicht gewinnen kann.
Eigne Untersuchung.
Betreffs des so reichhaltigen und verwirrenden Aufbaus der ver-
schiedenen Anhangsgruppen von Physalia verweise ich auf die ein-
gehende Beschreibung von SCHNEIDER (1898). Wie dort angegeben,
liegen alle Anhänge in elf Hauptgruppen an der Unterseite der Schwimm-
blase, doch ist ihre Anordnung keine so gesetzmäßige, wie es sich bei
den Knospungsverhältnissen von Rhizophysa zeigte. In ihrem jüngsten
Stadium besteht jede Anhangsgruppe aus einem Polypen, einem Fang-
faden und einer Genitalgruppe (nicht Genitaltraube!). Die Genital-
sruppe spaltet sich dicht unterhalb ihrer Ansatzstelle in fünf Zweige,
die sich (nach SCHNEIDER) wiederum in fünf Unterzweige spaltet,
welche Zweige die eigentlichen Genitaltrauben, die mit denen von
Rhrzophysa zu homologisieren sind, darstellen. Nach meinen Befunden
verhält es sich aber anders, jeder dieser fünf Zweige zeigt vielmehr, wie
auch Caux (1897 a) angibt, eine starke Tendenz zu dichotomer Gabelung,
die sich bei den von mir untersuchten Genitalgruppen siebenmal wieder-
576 Ä Walter Richter,
holte, bis die letzten Endzweige erreicht sind. Nur die ersten Seiten-
ästchen zeigten sich frei von Anhängen, dann aber treten vereinzelt
sitzende männliche Gonophoren auf, bis meist nach der vierten Gabelung
die Crunschen Gallertpolypoide und Genitaltaster sich zeigen. Doch
kommen bei dem ganzen Aufbau dieser polypoiden und medusoiden
Anhänge vielfache Variationen vor, wie auch CHUN und SCHNEIDER
hervorheben. — Die Anordnung der Endzweige jedoch ist fast durchweg
eine feststehende, ich gebe in Textfig. 7 einen Endzweig in der fünften
Gabelung wieder. CHun sagt von diesen Endzweigen, daß sie in zwei
Taster auslaufen, die in ungleicher Höhe stehen. Zwischen ihnen tritt
eine langgestielte Medusenglocke auf, in deren Umkreis sowohl proximal,
wie auch distal dicht gedrängt etwa acht bis zwölf männliche Gono-
phoren sitzen. Diese Endzweige sind ohne weiteres mit den Konsti-
tuenten eines Seitenzweiges von Rhizophysa zu homologisieren, typisch
für Physalia ist allein das am proximalen Ende des Seitenzweiges sitzende
Polypoid, das CHun, wie wir sahen, Gallertpolypoid nennt.
Nach SCHNEIDER, der diese Gallertpolypoide ja als noch nicht
ausgebildete weibliche Gonophoren auffaßt, und die Cuunschen Genital-
taster Blastostyle oder Polypen nennt, sitzen jedem Endast ein end-
ständiger, und ein bis zwei seitenständige Blastostyle an. Jedem
Blastostyl ist proximalwärts am Stiel eine Medusenknospe benachbart,
jedoch ist nur die distal gelegene, selten auch die zweite mit einem
Schwimmsack versehen. Die weiter proximalwärts befindlichen sind
zwar im übrigen von vollständig gleichem Bau, zeigen aber keine distale
ectodermale Einstülpung, dürften sich daher vielleicht überhaupt nicht
weiter entwickeln.
Wie aus der Übersichtsfigur (Textfig. 7) ersichtlich, stimmen die
Angaben CHuns mit meinen Befunden überein. Bei a ist die fünfte
Gabelung eines Hauptzweiges zu sehen. Unterhalb derselben sitzt rechts
ein Gallertpolypoid (Gpl), links ein männliches Gonophor (2). Ver-
folgen wir den linken Seitenweg nach der Gabelung aufwärts, so zeigt
sich zunächst wieder ein männliches Gonophor (x), doch ist von diesem
nur noch der in der Leibeshöhle des Stammes liegende Teil zu sehen,
während an dem direkt darüber liegenden rechten Gonophor auch die
dazugehörige, äußere Hervorwölbung (g') zu erkennen ist. — Das
Nähere über diese Verhältnisse wird bei der Besprechung der männlichen
Gonophoren angeführt werden. — Bei 5b, vollzieht sich die sechste
Gabelung, bis dann bei c,, c, die letzte Gabelung eintritt, die zu den
Endzweigen E.Z,, E.Z,, E.Z, und E.Z, führt.
Jeder dieser Endzweige zerfällt wieder in einen endständigen und
Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren.- 577
einen tiefer stehenden seitenständigen Genitaltaster (@.7.), zwischen
ihnen sitzt das noch eine Strecke mit dem Stamm verwachsene lang-
gestielte weibliche Gonophor (@). Unterhalb des seitenständigen
Tasters sitzt das Gallertpolypoid (Gpl.), doch kann dieses auch weit
von ihm entfernt liegen, wie der Endzweig 1 zeigt. Auch das Gallert-
polypoid ist in seinem unteren Teil mit dem Stamm verwachsen.
Textfig. 7.
Endzweige einer entwickelten Genitaltraube von Physalia von der fünften Gabelung an.
b1,b>, sechste, c, —Ca, siebente Gabelung; E.Z., Endzweig; G.T., Genitaltaster; Gpl., Gallert-
polypoid; ©, weibliches Gonophor; z, älteres, x, jüngeres männliches Gonophor, die Keim-
zellen liegen noch im Stamm; JS, die zu den männlichen Gonophoren gehörigen äußeren
Hervorwölbungen. Verer. 11x.
Derselbe Aufbau wiederholt sich in dem rechten Seitenzweig nach
der fünften Gabelung, nur daß hier bisweilen die Endzweige 5 und 6
kein weibliches Gonophor und keinen seitenständigen Genitaltaster
ausgebildet haben. Es erklärt sich dieser Mangel wohl aus der ungün-
stigen Stellung dieser Zweige. Da in natürlicher Lage alle diese Anhänge
dicht zusammengedrängt sind, mag es gerade den in der Mitte befind-
lichen Endzweigen an Platz zur vollen Ausbildung gefehlt haben.
Die Angabe SCHNEIDERs, daß ein bis zwei seitenständige Blasto-
style (Genitaltaster) dem Endzweig ansitzen, habe ich nicht bestätigen
können, doch lege ich diesen wie andern Differenzen keinen Wert bei,
da ja bekanntlich vielfache Variationen im Aufbau vorkommen, und mir
nur daran gelegen war, in der Abbildung den am häufigsten angetroffenen
578 Walter Richter,
Aufbau eines entwickelten Endzweiges wiederzugeben. Betreffs der
strittigen Frage über die Deutung der Genitaltaster (Cuun) und Blasto-
style (SCHNEIDER) möchte ich mich für Physalia! der bereits von
LEUCKART (1851) ausgesprochenen Ansicht, »daß diese Schläuche nur
unentwickelte Saugröhren (d. h. Polypen) sind« anschließen. Wir
dürfen bei der Beurteilung dieser Verhältnisse nicht außer acht lassen,
daß es sich um noch nicht ausgebildete Gruppen handelt. Wie ja alle
Befunde andeuten, und wie es jetzt auch allgemein angegeben wird,
lösen sich die Genitaltrauben von der Kolonie los, um erst im freien
Leben ihre völlige Entwicklung zu durchlaufen. Da sich nun, auch bei
den ältesten hisher untersuchten Tieren, niemals eine Andeutung von
weiblichen Keimzellen zeigte, so müssen wir den abgelösten Trauben
doch noch eine längere, selbständige Existenz zuschreiben, um jene zur
Reife bringen zu können. Es muß daher auch für ein nahrungsaufneh-
mendes Organ Sorge getragen werden, und ich glaube ziemlich sicher
zu gehen, wenn ich diese Funktion den strittigen Genitaltastern bzw.
Blastostylen zuschreibe. Dafür spricht auch die Beobachtung, daß bei
den ältesten Schläuchen fast regelmäßig an der Spitze eine auffällige
Wucherung der Stützlamelle gegen das Ectoderm sich zeigte, die wohl
‚als Beginn einer Mundbildung angesehen werden kann.
Wir hätten alsdann die interessante Erscheinung, daß die in ihrem
Gesamtaufbau so verwickelten Physalien in ihren losgelösten Geschlechts-
trauben die denkbar ursprünglichsten Verhältnisse zeigen: ein einfacher
als Magenschlauch (Freßpolyp) dienender Schlauch treibt am unteren
Ende männliche und weibliche Gonophorenknospen, während er gleich-
zeitig durch die reichlich in seinem Eetoderm entwickelten Nesselorgane
als Schutzorgan (Genitaltaster, Tentakel usw.) dient.
Betreffs der fraglichen von C#un Gallertpolypoide genannten Ge-
bilde scheint es mir müßig, irgendwelche Deutung zu geben, so lange
nicht Befunde vorliegen, die nach irgendeiner Richtung hin eine Ent-
scheidung erlauben. Wichtig wäre der Nachweis einer tatsächlichen
Glockenkernbildung, ich konnte jedoch bei den von mir auf Schnitt-
serien untersuchten jüngsten und ältesten Stadien keine solche Anlage
nachweisen. SCHNEIDER sagt, daß der Schwimmsack gelegentlich doch
nachweisbar sei, wenigstens in unvollkommenem Zustande, und dann
das Entoderm proximalwärts vor sich herschiebe; da aber nicht angegeben
ist, ob diese Befunde durch Schnittserien gewonnen wurden, oder bloß
1 Ich werde auf die Frage, ob bei den von mir untersuchten Siphono-
phoren Blastostyle überhaupt auftreten, erst bei der Besprechung der Stamm-
knospe von Hippopodius näher eingehen.
Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren. 579
in optischen Schnitten, die allerdings eine solche Bildung vortäuschen
können, kann ich diesen kurzen Angaben keinen entscheidenden Wert
beilesen, und behalte daher vorläufig die indifferente Cuunsche Be-
nennung »Gallertpolypoid « bei.
Die weiblichen Geschlechtsorgane.
Um die jüngsten weiblichen Geschlechtsknospen zu finden, muß
man eine junge Anhangsgruppe aufsuchen, an deren Haupttentakel sich
an der Basis eine vielfach gelappte mit einem breiten Stiel dem Tentakel
ansıtzende Ausbuchtung zeigt. Diese fächerförmig erscheinende Aus-
buchtung ist die Anlage der Geschlechtstraube, hat also zunächst nicht
die entfernteste Ähnlichkeit mit der maulbeerförmigen Anlage der
Genitaltraube von Rhizophysa, wie dies SCHNEIDER (1898) angibt. Jede
dieser Ausbuchtungen zerfällt sehr bald in eine Menge einzelner Ver-
zweigungen, so daß das ganze Gebilde dann ein baumförmiges Ansehen
bekommt. Es ist schwierig, in diesem
dicht gedrängten Wirrwarr der ver-
schiedensten Anlagen sich zurecht zu
finden, erst durch sorgfältiges Ab-
präparieren all der kleinen Zweige nd
ergibt sich ein klares Bild. Wir finden x | \ In
bereits in diesen jüngsten Stadien a mb x = 5 | yaa=t
den typischen Aufbau der ent- | i n So “ AR en
wickelten Geschlechtstrauben ange- Eu ,
legt, wie dies auch CHnun (1897) er- \
wähnt. Untersuchen wir das letzte j
Ende einer solchen Verzweigung, so Textfig. 8.
zeigen sich zwei meist parallel ZU- Jüngstes Stadium eines Endzweiges von
. “= Physalia in der letzten Gabelung. a, Anlage
einander verlaufende Schläuche, der des endständigeu Magenschlauches; db, weib-
eine mit zwei rundlichen Knospen ad, liche Gonophorenknospe; c, Anlage des Gallert-
und b auf der nach innen gerichteten Br Se
Seite, der andre mit einer nach ab-
wärts gerichteten spitzen Knospe c, an der Basis” der Außenseite wie
dies aus der Textfig. 8 ersichtlich ist. Die oberste Knospe a ist die
Anlage des späteren endständigen Magenschlauches, die darunter
stehende Knospe b bildet das weibliche Gonophor, während c zu dem
Gallertpolypoid wird. Indem die Knospe a sich rechtwinklig in der
Richtung des Schlauches nach oben streckt, sich an ihrer Ansatzstelle
einschnürt und unterhalb dieser Einschnürung die männlichen Gono-
580 | Walter Richter,
phoren entstehen, während die weibliche Knospe zwischen den beiden
Magenschläuchen a und d emporwächst, ergibt sich das Bild eines aus-
gewachsenen Endzweiges, wie ich ihn in Textfig. 1 (z. B. E.Z.,, E.Z,)
abgebildet habe.
Untersuchen wir die Knospe 5b, die Anlage des weiblichen Gono-
phors, in dem eben beschriebenen jüngsten Stadium, so stellt sie sich
auf Längsschnitten als eine einfache zweischichtige Ausbuchtung des
stark entwickelten Ecto- und Entoderms dar. Wiederum (wie bei
Rhrzophysa) zeigt sich schon in diesen jungen Knospen auf Quer-
schnitten der Übergang des ursprünglich runden Lumens in ein vier-
kantiges. In dem nächst älteren Stadium beginnt die getrennte Er-
hebung der Radialschläuche, so daß die Liehtungen derselben nach-
einander in den Längsschnitten der Serie sichtbar werden, genau so wie
ich es bei Rhizophysa beschrieben und abgebildet habe (Fig. 2). Mit
‚dem weiteren Emporwachsen der Schläuche erfolgte bei Rhizophysa
auch gleichzeitig die Einsenkung des Glockenkerns, so daß ich ihn hier
schon in sehr jungen Stadien bereits völlig zwischen die Entoderm-
schläuche vorgedrungen fand. Ich mußte daher den allerdings höchst
unwahrscheinlichen Einwand, daß die in diesen so jungen Stadien ge-
trennt erscheinenden Kanäle bereits eine sekundäre Bildung seien,
bestehen lassen (vgl. das bei den weiblichen Gonophoren von Rhizo-
physa Gesagte), für Physalia jedoch kann ich diesen Einwand völlig
widerlegen. In Fig. 14 bilde ich einen Längsschnitt durch ein aller-
dings sehr seltenes Stadium ab. Im Schnitt vorher sind beide Kanäle,
die bereits weit emporgewachsen sind, nur im Anschnitt getroffen, der
hier abgebildete Schnitt geht gerade durch die obere Lichtung des rechten
Kanals. Aufs deutlichste sieht man zwischen den Kanälen die ersten ein-
dringenden Ectodermzellen des Glockenkerns, während die Hauptmasse
desselben noch außen im Ectoderm liegt. In den nächsten Schnitten
erscheint dann die Leibeshöhle, die auf diesem Schnitt noch nicht ge-
troffen ist, und die andern Kanäle im Anschnitt, von dem Glockenkern
ist aber auf keinem der Schnitte im Inneren noch etwas nachweisbar.
Im nächstälteren Stadium ist der Glockenkern bereits mit seiner
Hauptmasse ins Innere vorgedrungen, doch lassen sich auch hier auf
einer Längsschnittserie die vier getrennten Kanäle gut nachweisen. In
Schnitt a der Textfig. 9 zeigt sich der erste Kanal (rad.,) in seiner
Lichtung getroffen, der zweite nur im Anschnitt. Im darauffolgenden
Schnitt b sieht man den zweiten Kanal (rad.,); zwei Schnitte weiter (c)
tritt der dritte Kanal hervor (rad.,), bis endlich in den nächsten Schnitten
wieder auf der rechten Seite der vierte Kanal sichtbar wird.
Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren. 581
Diese bisher besprochenen Verhältnisse stehen wiederum durchaus
im Einklang mit der von GOETTE angegebenen Entwicklungsweise der
Gonophoren bei den Hydrozoen. Zeigt der in Fig. 14 abgebildete
Schnitt, wie die Kanäle als getrennte Schläuche schon weit empor-
gewachsen sind, ohne vom Glockenkern irgendwie beeinflußt zu sein, so
beweisen die Schnitte
der Textfig.9, daß auch
nach dem Vordringen
des Glockenkerns die
Kanäle noch getrennt
vorliegen. Dadurch
aber, daß diese beiden
Stadien in der Ent- Textfig. 9.
wicklung dicht aufein- Längsschnittserie eines jungen weiblichen Gonophors von Physalia.
ander folgen (denn in ect., Ectoderm; ent., Entcderm; G!.K., Glockenkern; L.H., Leibes-
höhle; rad., Radialkanal; S, künstlicher Spaltraum. Vergr. 252 x.
Fig. 14 beginnt eben
das Einwandern des Glockenkerns, in Textfig. 9 ist er erst zur Hälfte
ins Innere vorgedrungen), wird bewiesen, daß ein Stadium, in dem
eine zusammenhängende Entodermlamelle zu sehen wäre, nicht existiert.
Schneidet man eine Knospe in demselben Alter, wie die in Textfig. 9
abgebildete quer, so ergeben sich Bilder, die auf den ersten Blick mit
den bei Rhizophysa Gesagten nicht im Einklang zu stehen scheinen.
Wir fanden dort, daß der Glockenkern bei seinem Vordringen stets die
Gestalt annimmt, die ihm von den bereits emporgewachsenen Kanälen
vorgeschrieben wird. Da wir nun hier, wie bei Rhizophysa, vier getrennte
Radialschläuche haben, so müßte auch der Glockenkern wiederum vier-
zipfelig erscheinen. Dies ist aber nicht der Fall, er erscheint bei Phy-
salıa auf Querschnitten kreisrund (Fig. 15). Dieser Widerspruch ist
jedoch nur ein scheinbarer, während nämlich bei Rhrzophysa die im
Querschnitt spitz-oval erscheinenden Kanäle bloß mit ihren Zipfeln
zusammenstießen, und ihre Wand nur von »einer« Schicht von Ento-
dermzellen gebildet wurde (Fig. 4), zeigen sich bei Physalia die Ento-
dermschläuche als diekwandige, mehrschichtige Gebilde, die mit ihren
Breitseiten dicht aneinander stoßen (Fig. 15). Demzufolge kann auch
der Glockenkern in diesem Falle auf Querschnitten nicht vierzipflig
sein, sondern muß kreisförmig erscheinen.
So hätten wir denn hier tatsächlich einmal den Bahn als allein
sültig angenommenen Befund, daß der Glockenkern, anstatt wie bisher
vier- bzw. zweizipflig zu erscheinen, in völlig kreisrunder Gestalt auf-
tritt, also genau so, wie es nötig wäre, um die Existenz einer primären
582 | Walter Richter,
Entodermlamelle möglich zu machen. Trotzdem kann aber auch hier
nicht im geringsten von einer zusammenhängenden Lamelle die Rede
sein, wie aus dem bisher Ausgeführten zur Genüge hervorgeht. — Einen
ausdrücklichen Beweis für die Getrenntheit der Kanäle lieferten übrigens
auch einige Präparate, bei deren Einbettung infolge zu rascher Über-
führung aus dem Vorharz in Paraffin Schrumpfungen aufgetreten waren.
Auf Querschnitten durch derartig geschrumpfte Objekte zeigten sich
die Radialschläuche sehr häufig, und vollkommen deutlich mehr oder
minder weit voneinander getrennt (Fig. 16), ein Verhalten, das bei einer
zusammenhängenden Entodermlamelle in dieser Regelmäßigkeit vollstän-
dig ausgeschlossen wäre. Auf eine derartige Schrumpfung ist auch
der in Textfig. 9, Schnitt a und 5b sichtbare Spaltraum S zwischen den
Kanälen zurückzuführen.
Die weitere Entwicklung verläuft wie bei Rhizophysa. Die Kanäle
verschmelzen miteinander, während der Glockenkern sich weiter aus-
höhlt und sein dünnes Epithel sich dicht an diese anlegt. In der Gegend
des oberen Teiles der Kanäle entstehen im Entoderm Spalträume, die
mit dem Kanallumen in Verbindung treten und so zur Bildung des
Ringkanals führen.
Damit ist die medusoide Gestalt im wesentlichen erreicht, eine Er-
hebung des Entoderms zum Manubrium fand ich bei all den von mir
untersuchten weiblichen Gonophoren nur einmal deutlich ausgeprägt,
wie der in Fig. 17 abgebildete Längsschnitt durch dieses Gonophor
zeigt. Das Velum hingegen war bei den meisten Gonophoren gut zu
sehen, es bildet sich einfach aus der Decke der Glockenhöhle dadurch,
daß nach dem Einreißen derselben zur Glockenöffnung eine ringförmige
Falte der beiden Ectodermschichten bestehen bleibt. Die von Weıs-
MANN (1883) angegebene, glockenkernähnliche Einsenkung des Ecto-
derms, aus deren Boden das Velum entstehen soll, liegt hier nicht vor.
Dieses Auftreten eines typischen Velum bei Siphonophoren gibt uns
auch einen Hinweis, daß wir die Siphonophoren eher von den Hydro-
medusen abzuleiten haben, als von den eines Velum völlig entbehrenden
Trachomedusen. — Betreffs der Umbildung der Subumbrellar-Ectoderm-
zellen, der Anordnung der Muskelfibrillen und vor allem des auffälligen
Aufbaues des langgestreckten Stieles der weiblichen Gonophoren, ver-
weise ich auf die Angaben GorTos, die ich bestätigen kann, bis auf die
oben angegebene Verwesung der Ectodermzellen der Glockenhöhle und
den ebendort beschriebenen Umwandlungsprozeß gewisser interstitieller
Ectodermzellen. Weibliche Keimzellen wurden auch hier nicht gefunden.
Ich habe bei der Besprechung des Aufbaues der Genitaltrauben schon
Dıe Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren. | 583
darauf hingewiesen, daß wir wohl sicher annehmen dürfen, daß die-
selben erst nach der Loslösung der ganzen Trauben entstehen.
Der Vollständigkeit halber möchte ich jedoch hier noch anführen,
daß Broo&s und ConkLın (1891) bei 40—50 untersuchten Physalien
feststellten, daß dieselben nur männlichen Geschlechts waren, »the
structures described by HAECKEL as the female gonophores of Physalia
are not gonophores, but swimmbells, as is shown by an examination
of living expanded specimens« Nach dieser Auffassung wären uns
also die weiblichen Geschlechtsanlagen von Physalia noch völlig unbe-
kannt, oder, wenn sie schon aufgefunden und beschrieben worden sind,
»it has probably classed as a wholly different genus«. So seltsam diese
Auffassung auch zuerst erscheinen mag, so darf man immerhin nicht
außer acht lassen, daß wir bis jetzt keinerlei Beweise haben, daß die
allgemein als weibliche Gonophoren gedeuteten medusoiden Bildungen
tatsächlich die weiblichen Geschlechtsorgane sind.
‘
Die männlichen Gonophoren.
Die männlichen Gonophoren entstehen zeitlich viel früher, als die
weiblichen, da sie, wie die Textfig. 7 zeigt, nicht nur an den letzten
Enden der Verzweigungen auftreten, sondern bis an die letzte Gabelung
der Geschlechtsgruppe zu verfolgen sind. Anderseits entstehen die zu
der eigentlichen Geschlechtstraube gehörigen männlichen Gonophoren
wiederum später, als die weiblichen (s. Textfig. 8), so daß sie hierin den
entsprechenden Verhältnissen von Rhizophysa gleichen.
In ihren ersten Anlagen zeigen sie sich auf Längsschnitten als
schwache Vorwölbung des Ectoderms. Das Innere der Wölbung scheint
völlig von regellosen Entodermzellen angefüllt zu sein. In dieser Ento-
dermmasse zeigen sich bald die seltsamsten Spalträume (5), meist
zwei, wie ich es in Fig. 18 abgebildet habe, doch sind auch des öftern
drei oder nur einer erkennbar. Da ein Zusammenhang dieser Spalt-
räume mit der Leibeshöhle nur sehr selten nachweisbar ist, ist man
wohl zuerst geneigt, die Annahme GoTos, daß es sich um durch lokale
Verwesung einzelner Entodermzellen entstandene Spalträume handelt,
die sich zu den später sicher nachweisbaren zwei Radialkanälen um-
bilden, anzuerkennen. Da ich aber niemals Spuren solcher aufgelöster
Zellen finden konnte, blieben mir die Vorgänge in den jüngsten Knospen
lange Zeit unklar. Erst als ich die Entwicklung der männlichen Gono-
phoren von Rhizophysa untersucht hatte und mit den hierbei gewon-
nenen Anschauungen die Untersuchungen an Physalia wieder aufnahm,
584 Walter Richter,
zeigte sich bei genauer Durchsicht einer großen Anzahl von Querschnitten,
daß der Beginn der Entwicklung hier genau derselbe ist, wie bei Rhizo-
ohysa.
In allen Gonophoren lassen sich die im Entoderm liegenden ge-
trennten Lichtungen der Kanäle, meist dem Ectoderm genähert, auf
Querschnitten nachweisen, seltener hingegen findet sich der Über-
sang des ursprünglich runden Lumens der Magenhöhle in ein zwei-
zipfeliges, und der Übergang dieser Zipfel in die Kanäle. Ich gebe in
der Textfig. 10 fünf aufeinander folgende Schnitte einer solchen Serie.
Im Schnitt a ist das Ectoderm des Stammes, an dem die Gonophoren
e
Textfig. 10.
Querschnittserie einer jungen männlichen Gonophorenknospe von Physalia. ect., Ecto-
derm; ent., Entoderm; L.H., Leibeshöhle; rad., Radialkanal. Vergr. ungefähr 326x.
knospen, im Anschnitt getroffen (ect.), in der Mitte zeigt sich das Ento-
derm der Gonophorenknospe mit kreisrtundem Lumen (ZL.H.). Im
nächsten Schnitt (b) ist die Knospe rechts völlig aus dem Stamm her-
vorgewachsen, während links noch das Ectoderim desselben angeschnitten
ist, das Lumen des Entoderms aber zeigt sich jetzt deutlich schlitz-
förmig. Im dritten Schnitt erkennt man den Übergang der Leibes-
höhle (Z.H.) in die beiden Kanäle (rad.), bis endlich im Schnitt d diese,
voneinander getrennt, im Entoderm liegen (rad.), von wo aus sie immer
mehr sich dem Ectoderm nähern (e). (Vgl. hierzu auch die Tafelfig. 8
und 11 der entsprechenden Verhältnisse von Rhizophysa.) Während
Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren. 58
bei Rhizophysa in diesen Stadien der Glockenkern immer, wenn auch
nur wenig, bereits in das Entoderm vorgedrungen war, konnte ich bei
Physalia an mehreren Präparaten die Kanäle auf Querschnitten bis
ganz nach oben verfolgen, ohne daß auch nur eine Spur des Glockenkerns
nachweisbar war. Ich habe bereits bei Ahrzophysa auf die Bedeutung
dieser Befunde aufmerksam gemacht und kann wohl jetzt behaupten,
daß diese Vorgänge bei Physalia durchaus einwandsfrei klar liegen, daß
es sich hier, um mit GoTo (1897) zu sprechen, tatsächlich um ein »vom
Mechanischen unabhängiges, im Entoderm einwohnendes Wachstums-
gesetz« handelt.
Bei den Knospen, bei denen eine eigne Leibeshöhle des Gonophors
nicht nachweisbar ist (Fig. 18), lassen sich die Kanäle auf Querschnitten
bis an die Leibeshöhle des Stammes verfolgen, wo sie sich immer mehr
einander nähern; eine Verschmelzung derselben konnte nicht beobachtet
werden, doch ist dies wohl nur auf einen Mangel in der Konservierung
zurückzuführen, da ja das Aneinanderrücken der Kanäle beweist, daß
sich hier sicher dieselben Vorgänge abspielen, wie bei den zuletzt be-
sprochenen Knospen. Den hier auftretenden Mangel einer mit der
Leibeshöhle kommunizierenden Öffnung des Entoderms führt GoTo auf
die sehr früh beginnende starke Wucherung der Entodermzellen, die
zur Keimbildung führt, zurück. Diese Ansicht kann ich nicht bestätigen,
da ich niemals im Entoderm eine einwandfreie Differenzierung zu Keim-
zellen gefunden habe. Wir werden sehen, daß nach meinen Befunden
die Keimzellen gar nicht aus dem Entoderm stammen, sondern ecto-
dermalen Ursprungs sind.
Die Einsenkung des Glockenkerns erfolgt genau in der Weise, wie
ich es für Rhizophysa ausführlich geschildert habe. Nur ist bei den
ganz jungen Knospen dessen ursprüngliche, den beiden Entoderm-
schläuchen angepaßte längliche Gestalt viel klarer zu erkennen (Fig. 19).
Während jedoch bei Rhizophysa die bereits massenhaft angehäuften
Keimzellen dem vordringenden Glockenkern frühzeitig Halt geboten,
erfolgt bei Physalia ein so starkes Herabwachsen desselben, daß sich
in der weiteren Entwicklung des Gonophors höchst seltsame und vor
allem auf Querschnitten anfangs ganz unverständliche Bilder ergeben.
Die hier sich abspielenden und in ihrer Erscheinung gerade bei den halb
entwickelten Geschlechtstrauben schon auf Totalpräparaten so auf-
fälligen Vorgänge (siehe die in der Stammhöhle liegenden dunklen
Körper der Textfig. 7) haben seltsamer Weise die Aufmerksamkeit
der Beobachter nicht auf sich gelenkt, ich finde wenigstens in der Lite-
ratur nur bei CHnun (1897 a) eine Bemerkung, die sich auf diese Vorgänge
586 Walter Richter,
zu beziehen scheint. Er schreibt 8.67: »An den jüngeren Genital-
trauben der pacifischen Physalia (weniger ausgeprägt an jenen
der atlantischen Form [?]) zeigt das entodermale Epithel des Spadix
ein eigentümliches Verhalten, insofern es wie ein Wurzelschopf weit
in die Leibeshöhle des Stammes vorspringt. Offenbar handelt es
sich um Schaffung günstiger Ernährungsbedingungen von seiten
der resorbierenden Entodermzellen für die rasch wuchernden Hoden-
anlagen. An älteren, nahezu reifen Gonophoren treten die Spadix-
zellen allmählich wieder zurück und nehmen die gewöhnliche Anord-
nung an.«
In der Tat handelt es sich hier um ein Vordringen der ursprünglich
in dem äußeren Gonophor gelegenen Zellen in die Leibeshöhle des
Stammes, doch sind nicht allein die entodermalen Epithelzellen des
Spadix daran beteiligt, wie CHuun angibt, sondern auch die ectodermalen
Zellen des Glockenkerns, ja es wird sich zeigen, daß gerade diese der
Anlaß zu dieser seltsamen Einstülpung sind. Um diese Vorgänge im
einzelnen verfolgen zu können, empfiehlt es sich, nicht die in der Nähe
des weiblichen Gonophors liegenden männlichen Geschlechtsknospen
zu untersuchen, sondern die unten an den Anfangsverzweigungen der
Genitaltrauben sitzenden, da hier das Entoderm des Stammes vom
Ectoderm durch die dazwischen liegende, bereits stark entwickelte
Gallertschicht beträchtlich entfernt liegt, und durch diese Trennung
für die zu besprechenden Vorgänge sich klarere Bilder ergeben, als bei
den oberen Gonophoren-Knospen.
Wir hatten gesehen, wie der Glockenkern in einer länglichen Gestalt
in das Innere vordrang; untersuchen wir ein etwas älteres Stadium, so
finden wir hier jene seltsame Einstülpung bereits eingeleitet. Auf
Längsschnitten (Fig. 20) sehen wir, wie der Glockenkern sich nach
unten zu zapfenförmig ausbreitet, und nun bei seinem weiter fort-
schreitenden Wachstum nach innen das zwischen den Kanälen liegende
Entoderm, dem er wie eine Calotte aufsitzt, immer mehr nach unten in
die Leibeshöhle des Stammes zurückdrängt. Schneidet man ein Gono-
phor eines solchen Stadiums quer, so ergeben die Schnitte durch die
nach außen vorspringenden Teile des Gonophers meist dieselben Bilder,
wie in Fig. 19, verfolgt man aber die Schnitte nach dem unteren Teile
der Knospe zu, so zeigt der Stamm, der natürlich im Längsschnitt ge-
troffen wird (Ectoderm, Gallertschicht und Entoderm), in der Mitte
der Leibeshöhle eine längliche Anhäufung von Entodermzellen. Der
in Fig. 21 gegebene Schnitt, der ungefähr durch die Ebene A—B der
Fig. 20 geht, ist etwas schräg getroffen, daher zeigt sich das Entoderm
Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren. 587
nicht in der Mitte der Stammhöhle, sondern an der einen Seite dem
Entoderm des Stammes genähert.
Da mit dem weiteren Wachstum des Glockenkerns nach abwärts
keine Streckung des Gonophors nach entgegengesetzter Richtung, also
in die Länge, erfolgt, wie wir dies bei Rhrzophysa sahen (vgl. die Größen-
verhältnisse der äußeren Gonophoren in Fig. 20 und Fig. 22), so muß
notwendig das ganze Entoderm in die Leibeshöhle zurückgedrängt
werden, wie wir dies auch in Fig. 22 verwirklicht sehen. Infolge-
dessen zeigen die Querschnitte, solange die äußere Hervorwölbung ge-
troffen ist, zwar dasselbe Bild wie bisher, sobald jedoch die Leibeshöhle
des Stammes angeschnitten wird, ändert sich das Bild völlig. Die im
Innern gelegene Zellenmasse (Fig. 23 ectod.) besteht jetzt nicht mehr
aus Entoderm, sondern aus Ectodermzellen, und wird nach außen
von einem hier einschichtigen, in den tiefer gelegenen Schnitten mehr-
schichtigen Entoderm-Epithel (entod.) umgeben. Verfolgt man die
Schnitte weiter nach oben, so zeigt sich an der Grenze zwischen dem
äußeren Gonophor und der inneren Einstülpung der Übergang der kreis-
runden Leibeshöhle des Stammes in die beiden Kanäle.
Schon in diesem Stadium zeigen die auf diese Weise ins Innere
gelangten Ectodermzellen eine starke Vermehrung (ectod.), die sich
auch weiterhin fortsetzt. Wenngleich es mir nicht möglich war, bereits
hier untrügliche Beweise einer Differenzierung dieser Ectodermzellen
zu Keimzellen zu finden, so glaube ich doch mit großer Wahrschein-
lichkeit behaupten zu können, daß mit dem Vordringen des Ecto-
derms in die Leibeshöhle des Stammes die Bildung der männlichen
Keimzellen beginnt. Denn einmal sind bereits im nächsten von mir
beobachteten Stadium diese im Inneren liegenden Ectodermzellen un-
zweifelhaft als Spermazellen erkennbar, anderseits konnte in keinem
Stadium eine Einwanderung aus dem Entoderm nachgewiesen werden.
Das nächste Stadium gebe ich in Textfig. 11 wieder, es ist dies ein
aus mehreren Schnitten kombinierter Längsschnitt durch die Mitte
des Gonophors. Das in der Leibeshöhle des Stammes liegende Ento-
derm (entod.), das im vorhergehenden Stadium noch mehrschichtig war
(Fig. 22), hat sich bedeutend vergrößert, und ist zu einem einschich-
tigen, aber starken Epithel geworden (vgl. hierzu und zu dem folgenden
auch Fig. 24 Taf. XXVIII), das von ihm eingeschlossene Ectoderm
(ectod.) hingegen zeigt die in mehreren Schichten übereinanderliegenden
dicht gedrängten Spermazellen. In dem äußeren Gonophor zeigen sich
die beiden Radialkanäle (rad.), deren Übergang in die Leibeshöhle des
Stammes (Z.H.St.) man hier sehr gut verfolgen kann. Nach innen
Zeitzchrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. _. 39
588 Walter Richter,
zu sind sie von dem Ectoderm des Glockenkerns (ect.”) begrenzt, wie
dies auch ein Querschnitt durch ein solches äußeres Gonophor zeigt
(Textfig. 12). In diesem Stadium der Entwicklung zeigen die Genital-
trauben jenes charakteristische Bild, das ich in der Übersichtsfigur
(Textfig. 7) schematisch wiedergegeben habe. Die in der Leibeshöhle
des Stammes liegenden Keim-
zellen, umgeben von dem star-
ken Epithel, erscheinen als
RAR dunkle, dicht aneinander lie-
N / gende Körper, während außen
ont hier und da das durchsich-
tige, dünne Gonophor (g')
sichtbar ist.
In der zuletzt besproche-
nen Textfig. 11 ist auch schon
der Beginn der weiteren Ent-
wicklung zu erkennen. Es
S handelt sich hier um Vor-
Nr Tod. gänge, die durchaus mit der
\ Spadixbildung eines normal
sich entwickelnden Gonophors
übereinstimmen. Wiesich dort
der Boden des Entoderms
(Spadixplatte) erhebt und
m
A
N
?
\
Bien - © i | Ast zwischen die Keimzellen ein-
entod. > schiebt, so geschieht dies auch
Textfig. 11. hier, d.h. der Boden des in
Aus mehreren Schnitten kombinierter Längsschnitt die Leibeshöhle hineinragen-
durch die Mitte eines männlichen Gonophors von
Physalia. ect., Ectoderm; ect£.', das in dem äußeren den Eintodermsackes (entod..)
Gonophor liegende Eetoderm des Glockenkernes, die hebt sich empor und stülpt
spätere Subumbrella; ent., Entoderm; ectod., die im . ® . .
Inneren liegende Ecetodermschicht, das Keimzellenlager; die auf ihm liegende Keim-
entod., die in der Leibeshöhle des Stammes (L.H.8t.) zellenschicht becherförmig ein
liegende Entodermschicht, der spätere Spadix; ga., Gal- . .
lertschicht; @2.H., Glockenhöhle. Verer. 174 x. (Textfig. 11). Indem dieses
{ nach oben, bzw. nach außen
|
gerichtete Vordringen weiter geht, stülpt sich schließlich das gesamte
Entoderm und mit ihm die von ihm eingeschlossene Keimschicht (ectod.)
wieder in das äußere Gonophor vor, so daß in der Leibeshöhle des
Stammes nichts mehr zurückbleibt. In Fig. 24 bilde ich einen nahezu
medianen Längsschnitt ab, in dem gerade das Entoderm (entod.) in das
Gonophor vordringt; der Vorgang wird nach dem Gesagten und im
Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren. 589
Vergleich mit der Textfig. 11 verständlich sein. Die Liehtungen der
Radialkanäle (rad.) sind nur teilweise sichtbar, so auf der linken Seite
in ihrem Ende, auf der rechten Seite nur oben, als kleiner Abschnitt.
Natürlich wırd durch dieses Eindringen des Entoderms und der
Keimzellen das äußere Gonophor beträchtlich ausgebuchtet, es behält
äußerlich ungefähr dieselbe birnförmige Gestalt der Fig. 24 bei, nur die
äußeren Schichten, der sog. Glockenmantel, er-
fahren eine starke Dehnung, so daß sie auf Quer-
schnitten (Fig. 25) nur als dünne Epithelien auf-
treten. Dieselben Vorgänge sollen auch in der
Textfig. 7 schematisch angedeutet sein, indem
bei dem Gonophor y gerade das Vordringen
beginnt, während bei 2 die Einwanderung voll-
endet ist. Wie die Fig. 25 zeigt, liegen die Keim- Textfig. 12.
zellen (‚Spl.) anfangs nur einschichtig dem noch a nen
sehr stark entwickelten Entoderm, bzw. Spadix Physalia. Die Bezeichnung
an, nur in dem unteren Teil des Gonophors ls N
zeigen sie sich mehrschichtig. Bald ändert sich
jedoch dieses Bild völlig, durch eine außerordentlich starke Teilung der
Keimzellen wird das Gonophor beträchtlich ın die Länge gezogen (Fig. 26),
so daß es jetzt walzenförmig erscheint. Die Spermatoblasten liegen
in einer dicken Schicht dem bedeutend dünner gewordenen Spadix an,
die Schichten der Glockenwand sind nur noch an vereinzelten Stellen
(Fig. 26*) nachweisbar. Eine Öffnung der Glockenhöhle nach außen
wurde auch an den ältesten, von mir untersuchten Formen nicht beob-
achtet, wohl aber verdickt sich das Ectoderm an dem oberen Ende des.
Gonophors regelmäßig. Die von GoTo in dieser Verdickung angegebenen
einzelligen Drüsen konnte ich nicht wahrnehmen.
Hippopodius hippopus Forskal.
Das von mir untersuchte Material war teilweise aus Neapel be-
zogen, teils von mir in Ville-Franche gesammelt. Da die Streitfrage
über die Artberechtigung der beiden Mittelmeerformen: Hippopodius
neapolitanus und Hippopodıus gleba noch immer nicht allgemein
geklärt zu sein scheint, und die Unterscheidung hauptsächlich auf
der variierenden Anordnung der Gonophoren beruht, so erschien es mir
angebracht, die darauf bezüglichen Angaben noch einmal nachzuprüfen.
Von den älteren Autoren wurden teilweise nur Bruchstücke von
Hippopodiiden aufgefunden und beschrieben. So bildet ForskAL (1775)
39*
590 _ Walter Richter,
eine nur unvollständige, von ihm Gleba hippopus genannte Form ab,
während Orro (1823) die Schwimmglocke eines Hippopodius als ein
selbständiges Geschöpf (Gleba excısa) beschreibt. Auch in den ge-
naueren Angaben von QuoyY et GAIMARD (1827), die ihre Form Hippo-
podwus luteus nennen, und DELLE ÜHIAJE (1829), der bald von einem
Hippopodius excısus, bald von einem Arppopodius luteus spricht, werden
Geschlechtsorgane noch nicht erwähnt. Erst von KöLLıker (1853)
erhalten wir eine eingehende Beschreibung über Stellung und Zahl
der Geschlechtsindividuen, und zwar fand er stets je ein männliches
und ein weibliches Gonophor zusammen am Polypenstamm. Er führt
für die von ihm beschriebene Form den neuen Namen Hrppopodius
neapolitanus ein, obwohl sie dem Hippopodıus von QuUoY et GAIMARD
und DELLE CHIAJE sehr nahe steht.
Ein Jahr später erklärt LeuckArT (1854), daß trotz der großen
Verschiedenheit zwischen Aıpp. luteus und den KöLuıkerschen Hipp.
neapolhtanus eine Artunterscheidung nicht möglich sei, da er sich an
zahlreichen Exemplaren überzeugt habe, daß sich die Verschiedenheiten
durch zahlreiche Zwischenformen völlig ausgleichen lassen. Nur betreffs
der Geschlechtsorgane wiederholt er die bereits 1853 gegebene Be-
schreibung, wonach männliche und weibliche Gonophoren an demselben
Stock vereinigt, aber an »verschiedenen« Stellen verteilt sind. Die
männlichen Gonophoren, die in geringerer Zahl vorhanden sind, stehen
unterhalb der weiblichen, sind aber gleich diesen gruppenweise zu drei
bis sechs an der Wurzel der Magensäcke befestigt. Er glaubt die Be-
nennung von QuoY et GAIMARD fallen lassen zu müssen und restituiert
den alten Forskauschen Namen Hippopodius gleba.
Trotzdem durch diese Befunde von LEUCKART alle bisher beschrie-
benen Formen unter dem Namen Hrppopodius gleba zusammengefaßt
werden müssen, dauert die Konfusion in der Benennung noch an. Schon
der nächste Untersucher, P. E. MÜLLER (1871) wendet wieder den Namen
Hippopodius luteus an, obwohl er sich betreffs der Geschlechtsorgane
den Angaben LEUCKARTSs anschließt. WEISMANN (1883) wiederum nennt
die von ihm beschriebene Form Hippopodius neapolitanus, indem er die
Angaben KöLuıkers, daß männliche und weibliche stets zusammen
vorkommen, bestätigt, im Gegensatz zu diesem aber hervorhebt, daß
die Geschlechtstrauben regelmäßig aus einem an der Spitze stehenden
weiblichen und zwei darunter folgenden männlichen Gonophoren be-
stehen. Auf Grund dieser Befunde glaubt er, daß die alte Streitfrage
über die Artberechtigung der beiden Mittelmeerformen wieder in Fluß
gebracht sei, da er die Annahme, daß die Zahl und Stellung der Ge-
Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren, 591
schlechtsorgane bei ein und derselben Art so variierten, gerade bei
Siphonophoren für hinfällig hält.
Wie man schon aus dieser Übersicht ersieht, haben tatsächlich
alle Autoren, die sich mit der Zahl und der Anordnung der Gonophoren
befaßten, verschiedene Angaben gemacht. Untersuchen wir diese Ver-
schiedenheiten genauer, so fallen uns vor allem die von den andern Be-
funden erheblich abweichenden Angaben LEUCKARTs und MÜLLERS auf,
nach denen männliche und weibliche Gonophoren stets an verschiedenen
Stellen des Stammes vorkommen sollen, und zwar die männlichen unter-
halb der weiblichen. Ich glaube jedoch, daß diese Angaben nur auf
einem Irrtum beruhen, da man die kleinen Anlagen der männlichen
Gonophoren leicht übersieht und es dann tatsächlich scheint, als ob im
oberen Teil des Stockes nur weibliche Gonophoren vorhanden wären;
anderseits aber in dem unteren Teil nur männliche Gonophoren an-
getroffen werden können, da hier die weiblichen oft schon zugrunde
gegangen sind.
Die Widersprüche zwischen den Angaben von KÖLLIKER und
WEISMANN hingegen scheinen mir ihre Erklärung darin zu finden, daß,
entgegen der Annahme WEIsMmAnns die Zahl und die Stellung der Ge-
schlechtsorgane bei ein und derselben Art tatsächlich variieren, denn
auch WEISMAnNs Angabe, daß »immer« je ein weibliches mit zwei
männlichen Gonophoren zusammen vorkommen, kann ich, wie wir sehen
werden, in dieser Allgemeinheit nicht bestätigen.
Ich glaube daher, daß es verfehlt ist, auf Grund von doch nur un-
bedeutenden Verschiedenheiten in der Anordnung der Geschlechtsorgane
zwei Arten aufzustellen, und schließe mich den Angaben SCHNEIDERS
(1898) an, der sowohl Hippopodius neapolitanus, wie Hippopodius gleba
unter dem allein den neuen Nomenclaturregeln entsprechenden Namen
»Hippopodius hippopus Forskal« zusammenfaßt.
Über die Entstehung der Keimzellen und die Entwicklung der
Gonophoren liegen genauere Untersuchungen nur von P. E. MÜLLER
(1871) und WEısmann (1883) vor. Die neueren Arbeiten von SCHNEIDER
(1896), Cuun (1897 a und b) und ScHAeppI (1898) berühren diese Fragen
nicht, ich werde auf sie aber bei der Besprechung der Stammknospe
zurückkommen.
Nach den Angaben von P. E. MÜLLER (1871) entstehen die weib-
lichen Keimzellen im Ectoderm des Manubriums, indem das hier ur-
sprünglich homogene Plasma sich allmählich in Zellkörper spaltet, in
denen sich dann je ein Keimbläschen bildet.
Diese Anschauung weist WEISMANN zurück. Nach ihm zeigt sich
592 Walter Richter,
die jüngste Anlage von Geschlechtsknospen »als schwache Ausbuchtung
eines vom Stamm entspringenden doppelwandigen Blindsackes, der
nichts andres ist, als der Stiel der späteren kleinen Gono-
phoren-Traube, d.h. als das Individuum, welches die Geschlechts-
knospen hervorbringt«. Das Ectoderm solcher Knospen ist einschichtig
und nur dünn, das Entoderm zeigt dagegen zwei bis drei Schichten
heller Zellen übereinander, die sich anfänglich alle gleich verhalten;
erst später erfolgt die äußerlich kenntliche Differenzierung in Geschlechts-
und Epithelzellen. — WEISMANnN verweist hierbei auf die Abbildung
einer männlichen Knospe. — ‘Die differenzierten jungen Eizellen
liegen anfänglich in zwei Schichten übereinander, meist nach innen
von Epithelzellen bekleidet, nicht selten aber bilden auch die Eizellen
selbst die Begrenzung der Leibeshöhle. Allmählich ordnen sich die
Eizellen einschichtig an, nach innen nunmehr völlig von einem anfänglich
dünnen Epithel überwachsen; dieses Epithel wird später zu einem dicht
gedrängten Cylinderepithel, nur an der Spitze der Knospe, wo die Ei-
zellen auf beiden Seiten auseinander weichen, tritt dieses Cylinder-
epithel früh auf und bildet so die Entodermkuppe.
3 Gerade über diesem Entodermgewölbe entsteht, nach WEIsMmann,
zuerst völlig solid, dann sich in eine flache, linsenförmige Blase ver-
wandelnd, der ectodermale Glockenkern. Seine weiteren Schicksale —
schreibt WEISMAnn — sind die bekannten: »er veranlaßt die Bildung
der primären (doppelwandigen) Entodermlamelle, aus der
dann später vier Radialkanäle und ein Ringkanal hervor-
gehen« — Eine genauere Beschreibung dieser so wichtigen Vorgänge
findet sich leider nicht. Die Eizellen wandern nun in das innere Blatt
des Glockenkernes ein, indem sie von der Entodermkuppe aus in das
Ectoderm vordringen und dabei dessen Wand so stark vortreiben, daß
die Höhle der Glocke nur als schwacher Spalt erscheint. Wie sie aus
dem Magenentoderm in die Entodermkuppe gelangen, zwischen denen
doch die doppelwandige Lamelle liegt, erfährt man nicht.
. Während dieser Wanderung beginnt die Entodermkuppe zu wachsen
und sich zum Spadix zu erheben. Wenn dieser eine gewisse Höhe er-
reicht hat, lagern sich die Eizellen in einer Schicht um ihn und werden
nun von dem Entoderm bis auf die Außenseite völlig umwachsen, so
daß es den Anschein hat, als ob jetzt die Eizellen im Entoderm lägen.
‘Die fehlende Außenwand aber wird vom Ectoderm-Mantel des Manu-
briums gebildet, die Eizellen liegen daher im Ectoderm.
Innerhalb des Ringkanals bildet sich ein Glockenmund, aus dem
das mit Eizellen beladene Manubrium hervortritt. Die Glocke tritt
Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren. 595
zuerst weit zurück, umwächst aber dann das im Wachstum voraus-
geeilte Manubrium wieder.
Die jüngsten männlichen Knospen ähneln nach WEISMANN durchaus
den jungen weiblichen Knospen und sind nur durch ihre Stellung unter-
halb des weiblichen Gonophors als männliche zu erkennen. Aus dem
mehrschichtigen Entoderm differenzieren sich die Sexualzellen, die
sich dann in der Seitenwand des Gonophors zusammendrängen, während
sich an der Spitze wiederum das epitheliale Gewölbe der Entodermkuppe
ausbildet. Über diesem hat sich bereits der Glockenkern gebildet, der
sehr bald als Hohlknospe die Entodermkuppe gegen die Leibeshöhle
vortreibt. Sobald sich der Hohlraum zur Linsenform ausgeweitet hat,
wandern die männlichen Keimzellen aus der Seitenwand der Geschlechts-
knospe in den Glockenkern aus, und umgeben den sich emporhebenden
Spadix als massiger Hoden. Die Glockenwand verdünnt sich mehr
und mehr, die vier Radialschläuche aber sind deutlich sichtbar, nur
manchmal scheinen sie zu fehlen. Endlich bildet sich ein Glockenmund,
aus dem, nach Durchreißen der dünnen Membran des Manubriums, die
zu reifen Spermatozoen umgewandelten Spermatoblasten austreten.
Eigne Untersuchungen.
Beschreibung der weiblichen Gonophoren.
Nach meinen Untersuchungen kann ich weder die Angaben MÜLLERS
noch die WEısmanns bestätigen. Die Bildung der Eizellen erfolst viel-
mehr unzweifelhaft schon im basalen Teil jener Ausbuchtung des
Stammes, die WEısmAann als doppelwandigen Blindsack und späteren
Stiel der Gonophoren-Traube beschreibt; geht also der Bildung der
weiblichen Gonophoren-Knospen voraus. Diese Ausbuchtung des
Stammes, die CHun (1897 a) Urknospe nennt, der ich aber lieber den
indifferenten Namen »Stammknospe« geben möchte, konnte ich leider
in ihrer ersten Anlage nicht beobachten; in den mir zugänglichen jüngsten
Kolonien zeigte sich dieselbe bereits als größere Ausbuchtung und war
stets schon mit Eizellen gefüllt.
Über die Lage der Stammknospe finden sich in der Literatur ver-
schiedene Angaben, teils wird sie direkt unter der Bildungsstätte der
Schwimmzone, teils in einiger Entfernung davon beschrieben; Weıs-
MANN findet sie an dem Vorderende des Stammes. Da gerade über
die Frage, wo bei Hippopodius das vorderste Ende des Stammes sich
befindet, erst neuerdings verschiedene Ansichten vertreten wurden —
vgl. Caun (1897 b), SCHNEIDER (1896) —, so versuchte ich mir über diese
594 Walter Richter,
Frage Klarheit zu verschaffen, soweit dies an ausgebildeten Kolonien
möglich ist.
Wie bekannt, unterscheidet man bei Hıppopodius zwei verschiedene
Stämme, den Stamm der Schwimmsäule, und den eigentlichen Körper-
stamm, Stamm der Nährzone genannt. An dem beim Schwimmen nach
vorn gerichteten Ende der Kolonie gehen beide Stämme ineinander
über; genaue Angaben, wo dies geschieht, liegen nicht vor, auch die
Abbildungen von CHUN, HAECKEL, CLAUS und SCHAEPPI lassen darüber
ım unklaren. Die Harckersche Abbildung (1888) läßt sich mit meinen
Befunden am allerwenigsten in Einklang bringen, sie wird allenfalls
verständlich, wenn man annimmt, daß HAEcKEL die Stammknospe
für die »Reifungsstätte der Schwimmzone« gehalten hat. Was er dann
als Reifungsstätte der Nährzone bezeichnet, würde den bereits am
Stamme herabgerückten, schon weit entwickelten Gonophoren ent-
sprechen. Die Cuunsche Abbildung (1897 b) ist zur Orientierung aus-
gezeichnet, ich gebe sie daher nebenstehend wieder, nur läßt sie, wie
auch die andern Abbildungen, über die tatsächliche Lage der Knospungs-
stätte der Nährzone, also der Stammknospe, im unklaren.
In der auf Taf. XXVIII, Fig. 27 gegebenen Abbildung ist nur der
obere Teil der Kolonie wiedergegeben und von den Schwimmglocken
jeweils nur die Ansatzstelle gezeichnet, um ein möglichst übersichtliches
Bild zu gewinnen. Eine Orientierung über das Gesamtbild wird durch
einen Vergleich mit ‘der nebenstehenden Textfigur leicht ermöglicht.
Verfolst man den Stamm von der Knospungsstätte der Schwimmzone
(Kn. Schw.Z.) an nach abwärts, so findet sich unterhalb der Ansatz-
stelle der Schwimmglocke 8, eine Trennung. Die meisten Fasern gehen
spiralig gedreht direkt nach unten weiter, und bilden so den Stamm
der Nährzone, andre Fasern biegen nach rechts ab und verlaufen in der
Ansatzstelle der Schwimmglocke S,. Von hier aus geht der Hauptteil
der Fasern über den Nährstamm hinweg zur Ansatzstelle der Schwimm-
glocke S, (sie sind in der Zeichnung nur punktiert angegeben, um die dar-
unter ziehenden direkten Fasern des Nährstammes sichtbar zu machen),
während einige sich bei c wieder abzweigen, unterhalb des Stammes
nach abwärts ziehen und sich direkt oberhalb der Stammknospe (S.Kn.),
in der Zeichnung links bei a mit dem Nährstamm (N. St.) vereinigen.
Wir haben also unterhalb der Ansatzstelle der Glocke S, die tatsächliche
Trennung von Nährstamm und Schwimmstamm. Da der Hauptteil
der Fasern des oberen Schwimmstammes, den ich zum Unterschied von
dem unteren, freien Schwimmstamm (Schw. St.) als Hauptschwimm-
stamm (H.Schw. St.) bezeichne, direkt in den Nährstamm übergeht,
Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren. 595
und die andern Fasern, die sich rechts abgezweigt haben, als selbstän-
diger Schwimmstamm weiter gehen, glaube ich, daß es nur irreführend
ist, von einer Umbiesung des Nährstammes in den Schwimmstamm zu
sprechen. Es handelt sich vielmehr augenscheinlich um eine sekundäre
Abzweigung des freien Schwimmstammes vom eigentlichen Haupt-
stamm. |
cd, 52 53 e.ols
. eo;
Textfig. 13.
Längsschnitt durch die Schwimmsäule von Hipvpopodius. (Aus Caun: Über den Bau und
die morphol. Auffassung der Siphonophoren. In Verh. D. Zool. Ges. 1897, Figur 11.) Die
Bezeichnungen wurden entsprechend der Fig. 27, Taf. XXVIII abgeändert. c.ol., Ölbehälter;
N.St., Nährstamm; Schw.St., Schwimmstamm; St.Kn., Stammknospe; S., Schwimmglocken.
Den von SCHNEIDER (1896) angegebenen »Befund von fundamen-
taler Bedeutung«, nach dem das Vorderende des Stammes nicht am
Vorderende des Tieres liegt, sondern gegen die Nährzone zurückgeschla-
sen, dort, wo die älteste, größte Deckglocke sich befindet, kann ich
somit nicht bestätigen. Nach meiner aus Schnittserien und Total-
präparaten gewonnenen Vorstellung verhält sich der zunächst so kom-
pliziert erscheinende Aufbau einfach so: Das Vorderende des Stammes
596 Walter Richter,
liegt auch hier, wie bei den: Physophoren, an der Knospungsstätte der
Schwimmzone. Von hier aus setzt sich der stark spiralig gedrehte
Hauptschwimmstamm nach unten fort. Erst nachdem an ihm mehrere
(bei den von mir untersuchten Tieren stets vier) Schwimmglocken
entstanden sind, findet eine Trennung statt, der Hauptteil geht direkt
inden Nährstamm über, der andre Teil bildet den freien Teil der Schwimm-
säule. Etwas unterhalb der Verzweigung, also am Beginn des eigent-
lichen Nährstammes, findet sich die Knospungsstätte der Nährzone,
das ist die Stammknospe. Es lassen sich diese Verhältnisse ganz un-
gezwungen mit denen andrer Siphonophoren vergleichen, der einzige
Unterschied liegt eben darin, daß der Schwimmstamm bei seinem
Übergang in den Nährstamm bei Hippopodius noch einen Seitenzweig
bildet, der nun zur freien Schwimmsäule auswachsend sich über den
Nährstamm ausbreitet, und so der eigentlichen Nähr- und Geschlechts-
kolonie einen vortrefflichen Schutz gewährt.
Über den Aufbau der Stammknospe und der sich von ihr abschnü-
renden Gonophoren kann man sich leicht an der Übersichtsfigur (Fig. 27)
orientieren. Bei 5 liegt der basale Teil der Knospe, hier ist der Ent-
stehungsort der Eizellen. Indem diese an Größe zunehmen, rücken
sie immer mehr nach dem oberen Teil, wo sie in Ausbuchtungen der
Knospe eintreten, um dann, sich immer weiter von der Knospe abschnü-
rend und in einer spiralen Drehung über den Stamm erhebend in der
Nähe der Ansatzstelle der Knospe den Stamm wieder zu erreichen und
nun an den gleichfalls spiralig gewundenen Nährstamm herabzurücken.
Zerlest man den basalen Teil der Stammknospe in Schnitte, so
zeigen sich in dem teils einschichtigen, teils mehrschichtigen Ectoderm
verschiedene Arten von Zellen; unter diesen befinden sich einige, die
den jungen Eizellen sehr ähnlich sehen. Öfters zeigte sich hier auch
die Grenze zwischen Ecto- und Entoderm unterbrochen. Es macht
daher wohl zuerst den Eindruck, als ob die Eizellen aus dem Ectoderm
in das Entoderm einwanderten; dies ist aber nicht der Fall, da einmal
nirgends ein solcher tatsächlicher Übergang nachweisbar ist, anderseits
solche ectodermale Eizellen auch in den schon viel älteren ausgebildeten
Gonophoren gefunden werden, und schließlieh auch die tatsächliche
Bildungsstätte unzweifelhaft im Entoderm nachweisbar ist. Ob diese
im Ectoderm liegenden abortiven Eizellen nicht darauf zurückzuführen
sind, daß früher die Keimstätte nicht auf das Entoderm beschränkt
war, konnte ich nicht feststellen, da ich keine jungen Exemplare, bei
denen ich die Entstehung der Stammknospe untersuchen konnte, zur
Verfügung hatte.
Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren. 3m
Das vielschichtige Entoderm begrenzt einen mit der gemeinsamen
Leibeshöhle des Stammes kommunizierenden Hohlraum. In dem apica-
len Teil der Knospe ist es völlig mit schon weit entwickelten Eiern ange-
füllt, die nach unten zu immer mehr an Größe abnehmen, bis im basalen
Teil der Knospe (Fig. 27 b) die eigentliche Bildungsstätte der Eizellen folst.
Es läßt sich hier die Eibildung in ihren einzelnen Stadien auf das schönste
verfolgen. Doch möchte ich, da ich in einer späteren Arbeit eine aus-
führliche Beschreibung der Reifungserscheinungen der Keimzellen von
Siphonophoren zu geben gedenke, hier nur einige besonders interessante
Stadien dieses Prozesses abbilden. In Fig. 28 gebe ich zwei der jüngsten
von mir beobachteten Stadien wieder. Die Zelle A zeigt wohl den
ersten Anfang der Eibildung, der Kern hat an Größe zugenommen,
und fällt mit seinem hellen, ungefärbten Plasma, das im Inneren den
kleinen Nucleolus enthält, als Keimbläschen sofort auf. In der dicht
daneben liegenden Eizelle 5 hat das Keimbläschen fast die ganze Größe
der Zelle erreicht, sein Nucleolus ist bereits in mehrere einzelne Brocken
zerfallen. In den folgenden Stadien sind die Zellgrenzen nicht mehr
sichtbar, die Kerne sind erheblich gewachsen, ihr Plasma ist ganz mit
kleineren Chromatinbrocken angefüllt, die sich zu einem dunklen Körper
in der Mitte des Zellkernes anhäufen (Synapsis) (Fig. 29). Weiterhin
nehmen die Kerne noch immer beträchtlich an Größe zu, während das
Chromatin in zahlreichen Fäden geordnet dieselben ganz erfüllt (Fig. 30).
Allmählich rückt dann das Chromatin zum größten Teil an die Peri-
pherie der Kerne (Fig. 30 b, c), während in der Mitte ein immer größer
werdender Nucleolus entsteht (Fig. 31 a, b). Dabei verleiht das Chro-
matin, das sich am Rande des Kernes als eine fast homogen erscheinende
Schicht anordnet (Fig. 31 c), dem ungefärbten Kernplasma eine mehr
oder weniger lappig-zackige Gestalt. Es ist dies die Gestalt, die für
die in die Gonophoren einwandernden Eizellen charakteristisch ist
(Fig. 32). In diesem Stadium werden auch die Zellgrenzen wieder
sichtbar.
Mit dem weiteren Wachstum des Eies und der Ansammlung von
Dottermasse im Eiplasma beginnt dann ein eigentümlicher Pro-
zeß, der in einem Austritt des an der Peripherie angesammelten
Chromatins aus dem Kern besteht. In Fig. 33 sieht man oben zwei
Chromatinbröckchen noch innerhalb des Kernes, während das andre
Chromatin in Gestalt rundlicher Körperchen der Kerngrenze außen
dicht anliegt. Diese an eine Chromatinreduktion erinnernden Bilder
sind bis in die ältesten Gonophoren zu verfolgen. In Fig. 34 bilde
ich ein solches Ei ab, das bereits von dem Ectoderm des Manubriums
598 Walter Richter,
(man.) follikelförmig umgeben ist. Das Keimbläschen hat sich mehr
und mehr abgerundet, an seiner Peripherie sitzen die größeren
oder kleineren ausgeschiedenen Chromatinkörperchen, während im
Inneren sich ein großer, dunkel gefärbter Nucleolus befindet mit einem
vacuolenartigen hellen Bläschen in der Mitte, das zuweilen an seiner
Peripherie noch ein kleines Bläschen zeigt.
Nach dieser kurzen Übersicht über die bei der Entwicklung der
Eizellen zu beobachtenden Bilder, auf deren Bedeutung ich hier nicht
weiter eingehe, kehre ich zu den Keimzellen in der Stammknospe zurück.
Wir sahen, wie sie immer an Größe zunehmend, bis an das apicale Ende
der Knospe vorrücken, und nun in die Divertikel, die zu den späteren
Gonophoren führen, eintreten. Daß die Eizellen selbst die Veranlassung
zur Ausbuchtung des Ectoderms geben, scheint mir unwahrscheinlich,
da ich den weichen, allen Widerständen nachgebenden Eizellen eine
solche Wirkung nicht zutrauen kann. Ich glaube vielmehr, daß durch
das allgemeine, auch im Eetoderm herrschende, nach einer Richtung
fortschreitende Wachstum der Anlaß zu einer Ausbuchtung bedingt ist.
Aus diesem »einseitig« fortschreitenden Wachstum wird auch die bereits
besprochene Anordnung der Gonophoren und ihre spirale Erhebung über
den Stamm allein verständlich. Daß es sich bei diesen Vorgängen tat-
sächlich um ein selbständiges »allgemeines« von den Keimzellen un-
beeinflußtes Wachstum handelt, wurde mir zur Gewißheit, durch die
Beobachtung, daß die Bildung der Divertikel durchaus nicht zuerst er-
folgt. Bevor diese auftreten, zeigt sich vielmehr eine von den Eiern
völlig unabhängige, starke Wucherung des Ecto- und Entoderms, die
zu einer anfangs stets zweischichtigen Knospe mit ganz engem Lumen
führt (Fig. 35 M. St.,). Erst wenn diese Knospe, die Anlage des späteren
Nährpolypen, eine gewisse Größe erreicht hat (M.st.,), beginnt das
Ectoderm, das sich an dieser Knospe staut, sich auszubuchten (Fig. 35
Gon..). Ist dieses Stadium einmal erreicht, dann ist es erklärlich, ja
notwendig, daß die von unten her unter starkem Druck heraufwandern-
den Eizellen in diese Ausbuchtung eintreten; damit erst beginnt die
Gonophorenbildung. Während sich das erste Divertikel nun in die
Länge ausdehnt, entsteht neben ihm an der 'Stammknospe eine neue
Knospe, und, wie oben, eine neue Ausbuchtung. Durch diese immer
weiter gehenden, stets paarweis auftretenden Anlagen von Nährpolyp
und Gonophor rücken die ersten, bereits weit über die Stammknospe
hervortretenden Gonophoren (Gon.z, @on.,), der Form der Stamm-
knospe folgend, in einer Spirale vor, bis sie den Stamm unterhalb
ihres Entstehungsortes wieder erreicht haben, wo sie mit dem jetzt
Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren. _ 599
nach unten fortschreitenden Wachstum langsam am Stamme herab-
rücken (Fig. 27).
- Aus den oben geschilderten Vorgängen ist wohl ohne weiteres er-
sichtlich, daß die Stammknospe zeitlebens am Stamm erhalten bleibt,
tatsächlich findet man sie auch in den ältesten Kolonien stets neben
den verschiedenen Entwicklungsstadien der Gonophoren. Diese Per-
sistenz der Stammknospe weist Cuun (1892), für die Monophyiden und
Diphyiden nach; betreffs der Calycophoriden hebt er, auf WEISMANN
gestützt, ausdrücklich hervor, daß die von ihm untersuchte Stephano-
phyes superba die einzige Calycophoride mit persistierender Urknospe
sei. Da sich nun WEIsMmAnNs Angabe, daß die Keimdrüse von Hıppo-
podius zum Stiel der späteren Gonophoren-Traube würde, durch meine
Untersuchung als irrig ergeben hat, so muß also auch Aippopodius zu
den Siphonophoren mit bleibender Stammknospe gerechnet werden. Das
von CHun für die Mono- und Diphyiden abgeleitete Knospungsgesetz,
nach dem die Gonophoren sich stets nach links und rechts alternierend
abschnüren, hat für Hippopodius keine Gültigkeit.
Ich bin bisher auf die Frage, wie wir diese Stammknospe und die
ihr entsprechenden Genitaltrauben von Rhizophysa und Physalia auf-
zufassen haben, nicht eingegangen. Über die Deutungen derartiger
Geschlechtsanlagen bei Siphonophoren stehen sich die Ansichten von
CHUN und SCHNEIDER einander schroff gegenüber. CHun (1897 a)
deutet sowohl die Stammknospe (Geschlechtsdrüse WEISMANN,
Urknospe Chun), wie auch die Genitaltrauben als verschiedentlich
rückgebildete bzw. umgebildete Blastostyle, die den »bei Hydroiden
weit verbreiteten und vielfach blindgeschlossenen gleichnamigen Bil-
dungen durchaus homolog sind«. Die von HaAEckEL (1888) als Blasto-
style gedeuteten langen Hohlschläuche an den Genitaltrauben der
Auronekten nennt CHun Genitaltaster, die »durchaus nichts mit den
hier in Rede stehenden Bildungen gemein haben. Niemals knospen
an den Genitaltrauben (soll wohl Genitaltastern heißen) die Gono-
phoren, niemals erhalten sie von seite der letzteren ihre Genitalprodukte
zuerteilt« »Ich glaube wohl nicht im Unrecht zu sein, wenn ich das
Vorkommen von mit Keimzellen erfüllten Blastostylen als einen all-
gemeinen Charakterzug der Calycophoriden und Physonekten hinstelle.
Ob die Blastostyle sich lang ausziehen oder kugelige, knospenförmige
Auftreibungen bilden, ob sie einfache Hohlschläuche repräsentieren oder
sich vielfach verzweigen, ist für ihren morphologischen Charakter ir-
relevant.«
Gegen diese Auffassung wendet sich SCHNEIDER (1898), indem er
600 Walter Richter,
schreibt: »Es sei hier nochmals erwähnt, daß CHun die Stiele der Genital-
polypen, nicht diese selbst, wie es doch richtig ist, für Blastostyle erklärt
und zu dieser merkwürdigen Auffassung durch falsche Beurteilung der
Genitaltrauben der Oalycophoren und Physophoren veranlasst wurde. «
» Unter Blastostyl versteht man einen mehr oder minder reduzierten Po-
lypen, an dem Gonophoren knospen.« »In der Definition ist gar nicht
eingeschlossen, daß der Blastostyl der Bildner der Keimzellen sei.«
»Wenn bei den Calycophoren und Physophoren die Keimstätte als
buckelförmige Vortreibung des Stammes erscheint, so ist deshalb, weil
hier die Keimzellen entstehen, diese Vortreibung noch lange nicht als
reduzierter Polyp aufzufassen. «
Nach SCHNEIDER sind also die Stammknospen als lokalisierte Keim-
stätten, die Genitaltrauben als reich verzweigte Gonophorenstiele an-
zusehen. »Blastostyle sind allein die polypoiden Schläuche, welche
Ansicht auch HAEcKEL teilt. «— Wie SCHNEIDER sich in seiner Deutung
der Blastostyle der Physalien und Rhizophysen auf HAECcKEL (1888)
berufen kann, ist mir unverständlich. Sowohl im Text (S. 323, 346),
als auch auf den Abbildungen (Taf. XXVI) bezeichnet HAEckEL (1888)
die letzten Enden der Zweige (vgl. @.T. Textfig. 7) ausdrücklich als
»Gonopalpon« (Sexualpalpon), während er die unter diesen Tastern be-
findlichen Enden der Zweige »Gonostyle« (Blastostyl) nennt (Taf. XXVI
Fig. 8 gs). Daß HaEcKkEL aber nicht bloß diese letzten Verzweigungen
(also etwa von Cı, Ca, Ca, c, der Textfig. 7 ab), sondern die ganze Genital-
traube (gonodendra HAEcKEL) als verzweigtes Blastostyl auffaßt, geht ja
daraus hervor, daß er S. 312 schreibt: » All Cystonectae possess monoe-
clous corns, monoclinic cormidia, and monostylic gonodendra, male
and female gonophores arısing from the same ‚branched gonostyle‘.«
»The stem of the gonostyle is always richly ramified, and bears on
each branch one or several sexual palpons, a single gsynophore or
female medusome, and a great number of androphores or male medu-
somes. «
Die Ansichten über die Deutung der Blastostyle bei Siphonophoren
sind, wie man sieht, noch keineswegs geklärt. Ich kann auf die Frage
im allgemeinen nicht näher eingehen, da ich noch nicht eine genügend
große Zahl von Siphonophoren untersucht habe. Wenn wir jedoch von
der Bedeutung der Blastostyle bei den Hydropolypen ausgehen, so
müssen wir mit SCHNEIDER ein Blastostyl als einen mehr oder minder
reducierten Polypen, an dem Gonophoren knospen, definieren. Gemäß
dieser Auffassung kann ich mich in der Beurteilung der Verhältnisse
von Hippopodius der Ansicht SCHNEIDERSs anschließen. In der Stamm-
Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren. - 601
knospe erkenne ich die scharf lokalisierte Keimzone. Früher mag diese
Zone allgemein im Stamm verbreitet gewesen sein, so daß die Keimzellen
überall in die frühzeitig am Stamm entstandenen Polypen einwanderten,
sie so im Blastostyle verwandelten und an ihrem Stiel die Bildung der
Gonophoren veranlaßten. Im Laufe der Zeit hat sich die Keimzone
an einer Stelle fixiert, und veranlaßte durch die jetzt hier massenhaft auf-
tretenden Keimzellen eine Ausbuchtung des Stammes (Stammknospe).
Dadurch, daß diese Keimzone sich sehr früh differenzierte, fiel schließ-
lich die Auswanderung der Keimzellen mit der Bildung der Polypen
zusammen, so daß wir noch jetzt die regelmäßige, von mir näher aus-
geführte gleichzeitige Entstehung von je einer Knospe des späteren
Magenschlauches und dem dazugehörigen, weiblichen Gonophor an-
treffen. Ursprünglich haben die Gonophoren an dem Stiel der Polypen
gesessen, daher findet man noch jetzt bei den jüngeren Knospen zu-
weilen die Gonophoren so nah am Stiel, daß es nicht möglich ist, zu
unterscheiden, ob sie am Stamm selbst, oder an dem Polypen sitzen.
Die weiter entwickelten Geschlechtsgruppen sitzen zwar am Stamm,
aber stets dicht an der Wurzel des Polypen.
Bei Rhizophysa und Physalia liegen die Verhältnisse ähnlich. Auch
hier möchte ich die Genitaltrauben als reich verzweigte Keimzone auf-
fassen. Die Keimzellen entstehen im Vergleich mit Hippopodius sehr
spät; bei Rhizophysa in den Seitenästchen der Traube, bei Physalıa erst
in den Gonophoren. Echte Blastostyle aber gibt es hier nicht. Wollen
wir, mit SCHNEIDER, wenn ich ihn recht verstanden habe, die unterhalb
der polypoiden Schläuche befindlichen letzten Enden der Genitaltraube
als Blastostyle bezeichnen (Textfig. 7 c,, c,), dann wäre nicht einzu-
sehen, warum man nicht auch die nächst tiefer liegenden Verzweigungen
mit zu solchen Blastostylen rechnen solite, um so mehr als sie ja alle noch
vereinzelte Gonophoren tragen. Damit wäre aber dann die Cmunsche
Auffassung der stark verzweigten Blastostyle gegeben.
Ich halte es daher für angebracht, den Ausdruck »Blastostyl« für
Rhizophysa und Physalia fallen zu lassen. Die letzten polypoiden End-
zweige (G.T.) bezeichne ich mit den Cuunschen indifferenten Namen
»Genitaltaster«, da wir noch gar nicht wissen, was aus ihnen im Laufe
ihrer freien Entwicklung wird.
Wir hatten gesehen, wie die Gerepharsn als einfache Divertikel
sich jeweils mit der Anlage eines Nährpolypen von der Stammknospe
abschnürten und am Stamm herabrückten. Die anfänglich das Lumen
des Divertikels prall anfüllenden Eizellen legen sich mit dessen Wachs-
tum in die Länge einschichtig an das Ectoderm an, während sie von
602 Walter Richter,
der Leibeshöhle durch ein feines Epithel von Entodermzellen begrenzt
werden. Einzelne Entodermzellen sind aber auch noch ziemlich lange
zwischen den Eizellen nachweisbar. Jetzt beginnt das Entoderm aus-
zuwachsen, drängt die an der Spitze gelegenen Eizellen zurück, und
bildet direkt unter dem Ectoderm eine einzellige solide Schicht (Ento-
dermkuppe — WEISMANN), die aber in der hier auftretenden Gestalt und
entsprechend ihrer weiteren Entwicklung nach dem Vorschlag von
GOETTE besser Spadixplatte genannt wird (Fig. 36 Sp.Pl.).
Durch das Auftreten des Glockenkernes, der angeblichen Einbuch-
tung des Entoderms, Erhebung des Spadix und Wanderung der Eizellen
tritt nunmehr das Gonophor in das medusoide Stadium ein. Über diese
wichtigen Vorgänge liegen als Untersuchungen an weiblichen Gonophoren
nur die von WEISMANN und CHun (1891) vor. CHUN bestätigt die An-
gaben WEISMANNS durchaus, nur hebt er hervor, daß junge Gonophoren-
anlagen selten sind, daß es ihm daher nicht möglich war zu verfolgen,
wie die Wanderung der Eizellen in den Glockenkern vor sich geht. Seine
Hoffnung, diese Lücke durch die Entwicklungsvorgänge der männlichen
Gonophoren ausfüllen zu können, scheint sich nicht erfüllt zu haben,
wenigstens weist er dort nur auf die gegebene ausführliche Beschrei-
bung der weiblichen Gonophoren hin.
Es ist mir nun gelungen, auch für Hippopodius die von GOETTE
für die Hydromedusen angegebene Entstehung der Radialkanäle durch
vier von Anfang an getrennte Radialschläuche nachzuweisen. Aller-
dings waren die genaueren Verhältnisse der weiteren Entwicklung bei
der Größe der Eier und der dadurch bedingten Verzerrung aller Schichten
schwierig festzustellen. Fig. 36 zeigt ein sehr instruktives Bild, das
ich auf meinen Präparaten häufiger beobachtete. Der Glockenkern
(Gl.K.) erscheint als eine nach außen gerichtete Verdickung der basalen
Schicht des Ectoderms, so daß seine Unterseite ganz eben erscheint.
Die Spadixplatte hingegen ist gegen den Rand hin etwas aufwärts ge-
krümmt, und bildet so mit dem Entoderm der Seitenwände des Gono-
phors eine Falte. Diese erste Aufwärtskrümmung des Entoderms bildet
die Wurzel der Radialschläuche, und entsteht also durchaus unab-
hängig vom Glockenkern.
Erst in der Folge dringt der deutlich zweischichtige, mit einem
Lumen in der Mitte versehene Glockenkern gegen die Spadixplatte vor,
wo er sich linsenförmig zwischen dem aufwärts gekrümmten Entoderm
ausbreitet, in dem man gleichzeitig vier getrennte Radialschläuche
erkennen kann. Fig. 37 zeigt einen Längsschnitt einer Serie durch ein
solches Stadium. Links ist ein Kanal getroffen, während rechts nicht
Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren. 603
die Spur davon zu sehen ist. Es geht hier das seitliche Entoderm der
Knospe ununterbrochen, also nicht in eine zweischichtige Entoderm-
lamelle, sondern direkt in die Spadixplatte über. Verfolgt man die
Serie weiter, so verschwindet der Kanal auf der linken Seite, während
jetzt der rechte Kanal sichtbar wird.
In diesem Stadium beginnt die Überwanderung der Eizellen in den
Spadix. Dies geschieht in den Interradien, wo die vorgerückten Eizellen
an die Spadixplatte direkt anstoßen. Das auf der Fig. 37 angeschnittene
Ei a beginnt eben in die Spadixplatte (Sp.Pl.) überzuwandern, wobei
es also eine zweischichtige Entodermlamelle gar nicht zu passieren
braucht.
Die in die Spadixplatte eingedrungenen Eier dringen nun in die
Glockenhöhle ein. Die Frage, ob sie hierbei tatsächlich in die ecto-
dermale untere Wand des -Glockenkernes einwandern, wie es WEISMANN
annimmt, oder nur diese Wand vor sich herschieben und zwischen
Eetoderm und Entoderm liegen bleiben, wie es OHun (1896, S. 623 Anm. 2)
für wahrscheinlich hält, muß ich hier unentschieden lassen. Ich halte
es bei der Größe der Eier und der dadurch bedingten außerordentlichen
Verdünnung der in Frage kommenden Schichten für ausgeschlossen,
eine durchaus einwandfreie Entscheidung zu fällen. So zeigt der in
Fig. 38 abgebildete Schnitt wohl sehr schön auf der rechten Seite die
Stelle eines Interradiums, in dem die Eizellen aus dem Entoderm der
Leibeswand direkt in die Spadixplatte vordringen können, während
auf der linken Seite dieser Weg durch die Leibeshöhle, die in den Kanal
übergeht (die Fortsetzung des Kanals selbst ist nicht sichtbar) unter-
brochen ist, läßt ferner zwei noch in der Spadixplatte liegende Eier, das
rechte nur im Anschnitt und zwei bereits in die Glockenhöhle hervor-
gedrungene gut erkennen, gibt aber über die Art, wie dieselben dahin
gelangt sind, keinen Aufschluß.
Eher könnte wohl der in Fig. 39 abgebildete Schnitt eine Erklärung
der Vorgänge geben. Dieser, wie der vorher besprochene Schnitt
(Fig. 38) sind etwas schräg getroffen, so daß der proximale Teil des
Gonophors geschlossen erscheint. In diesem jüngeren Stadium ist zwar
noch keine Eizelle gegen die Glockenhöhle vorgedrungen, wohl aber hat
die einzige bisher in die Spadixplatte übergewanderte Eizelle (auf diesem
Schnitt nur im Anschnitt zu sehen) eine starke Einbuchtung des Glocken-
kernes hervorgerufen. Es erweckt dies wohl den Anschein, als ob die
nun folgenden Eizellen den Boden des Glockenkerns weiter einbuchten
und dadurch zu einer dünnen Lamelle ausdehnen müßten, doch ist
eine Einwanderung in das Glockenkerngewölbe durch diesen Befund
Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXV]. Bd. 40
604 Walter Richter,
noch nicht völlig widerlegt. Wenn WEISMAnN behauptet, gerade bei
Hippopodvus sich mit aller Bestimmtheit überzeugt zu haben, daß
die Eizellen in das innere Blatt des Glockenkerns auswandern, so ver-
misse ich den Beweis dafür. Die Abbildungen, auf die er verweist,
würden ebenso gut das Gegenteil erläutern können, und im Text gibt
er selbst einige Zeilen später zu, dab einige Eizellen dieWand des Glocken-
kernes stark vor sich hertreiben.
Die anfänglich dicht gedrängt gegen die Glockenhöhle vorgescho-
benen Eier ordnen sich mit dem Wachstum des Gonophors in eine Schicht.
Zu gleicher Zeit wächst der Glockenkern nach abwärts, während das
die Eier im Inneren begrenzende Entoderm sich zu einer soliden Schicht
entwickelt und so zum Spadix wird (Fig. 40). Wenn aber das Gonophor
weiter an Größe zugenommen und die erst eng aneinander gepreßten
Eier anfangen auseinander zu rücken, dringt der Spadix in die Zwischen-
räume zwischen ihnen ein, und umwächst die Eier mehr und mehr.
Dieses Umwachsen der Eizellen vom Entoderm geht so weit, daß sie
zuletzt völlig von ihm eingeschlossen sind; nur die kleine Strecke, wo
das Ei an das Ectoderm anstößt, bleibt frei, es ist dies die Stelle, wo
später das Ei nach außen austritt (Fig. 42). Die in den jüngeren Stadien
(Fig. 40) noch erkennbare Glockenkernschicht (ect.”’) ist hier nicht
mehr zu sehen.
Die Eizellen haben jetzt, fast völlig im Entoderm eingebettet, ihre
bleibende Stelle erreicht, und das Gonophor tritt in das letzte Stadium
seiner Entwicklung ein. Auf Querschnitten läßt sich der medusoide
Bau des Gonophors nur noch bei sehr günstigen Objekten und auch
hier nur schwer nachweisen, da die Glockenwand mit ihren drei Schichten
und den vier Radialkanälen sehr dünn ist (Fig. 41). Zuweilen erkennt
man auf Längsschnitten durch jüngere Stadien (Fig. 40) außer den nicht
unterscheidbaren drei Schichten der Glockenwand (Glw.) die den Eiern
dicht anliegende dritte Ectodermschicht (ect.”'). Nachdem aber an der
Spitze der Glocke der Mund durchgebrochen ist (Fig. 42), zieht sich der
Glockenmantel über das mit Eiern angefüllte Manubrium zurück, faltet
sich kranzförmig um den Stiel des Gonophors und nimmt wieder be-
deutend an Dicke zu. Schon in Fig. 42 kann man an dem oberen Teil
des Glockenmantels die ursprünglichen Schichtungsverhältnisse wieder
deutlich erkennen (ect.', ent., ect. ), noch schöner aber lassen sie sich
nachweisen, wenn der Mantel sich völlig bis an den Stiel des Gonophors
zurückgezogen hat (Fig. 43).
Schneidet man den unteren Teil eines Gonophors in diesem Stadium
quer, so ergibt sich ein Bild, wie ich es in Fig. 44 wiedergebe. Dieser in
Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren. 605
der Richtung A—B der Fig. 43 gefallene Schnitt zeigt deutlich die drei
Schichten der Glockenwand: das Exumbrellarectoderm (ect.’), das Ento-
derm (ent.) mit den vier Kanälen (rad. _,) und das Subumbrellarecto-
derm (ect.”). Es folgt dann der freie Raum (R.) zwischen dem Mantel
und dem Gonophor und die die Eizellen umgebende Schicht (ect.’”),
während in der Mitte gerade die die einzelnen Eier umschließende Ento-
dermschicht des Spadix (Sp.) angeschnitten ist. In den ältesten Gono-
phoren ist die Glockenwand wieder emporgewachsen, hat sich völlig
abgeplattet und umschließt so das Gonophor wieder. Das sich auf
meinen Schnitten öfter zeigende Austreten der Eier oder gar nur der
Kerne allein, kann nur Kunstprodukt sein.
Entwicklung der männlichen Gonophoren.
Die männlichen Gonophoren entstehen am Stiel der weiblichen
Gonophoren derart, daß zuerst »ein« Gonophor als Ausbuchtung der
unteren Wand des weiblichen Gonophors entsteht (Fig. 37 gon.), während
später an der Basis dieses ersten männlichen Gonophors (Fig. 45 Gon.ı)
das zweite Gonophor (Gon.,) entsteht. In einer ausgebildeten Ge-
schlechtsgruppe zeigt sich also ein schon weit entwickeltes weibliches
Gonophor, an dessen Stiel wieder zwei junge männliche. Die Angabe
WEISMAnNs, daß diese Anordnung eine regelmäßige sei, kann ich
jedoch nicht bestätigen. Ich fand vielmehr bisweilen nur ein, bisweilen
aber auch drei männliche Gonophoren an einem Stiel vereinigt, und
ich glaube, daß nach diesen und den Befunden der früheren Autoren
die Annahme, daß bei den Siphonophoren die Zahl und Stellung der
Geschlechtsorgane eine feststehende und für die Art charakteristische
sei, fallen gelassen werden muß.
Die jüngsten Knospen der männlichen Gonophoren sind als Salldhe
von Anfang an durch ihr mehrschichtiges Entoderm leicht zu erkennen.
In den jüngsten Gonophoren füllt das Entoderm das Innere völlig aus
(Fig. 45 Gon.,), erst mit dem weiteren Wachstum bildet sich ein Lumen
in der Mitte (Fig. 37 Gon.), das sich dann bis an die Spitze des Gonophors
ausdehnt. Hier ordnet sich, wie bei den weiblichen Gonophoren, das
Entoderm direkt unter dem Ectoderm zu einer einzelligen, soliden
Schicht, der sog. Spadixplatte (Fig. 45 Sp.Pl.). Die übrigen Entoderm-
zellen häufen sich in der Mitte des Gonophors zusammen. In dieser,
das Gonophor in der Mitte wie ein Gürtel umziehenden, dicken Zone
(Fig. 45 K.Z.) beginnt die Differenzierung der Entodermzellen zu Keim-
zellen. Es lassen sich auch hier wieder an den Kernen ähnliche Vor-
gänge nachweisen, wie sie bei den Eizellen näher besprochen wurden.
40*
606 | Walter Richter,
Die Anlage des Glockenkerns als linsenförmiges Gebilde an der
Spitze des Gonophors, seine Einsenkung ins Innere und die vier ge-
trennten Radialschläuche bilden sich genau, wie bei den weiblichen
Gonophoren. Fig. 46 zeigt einen Schnitt, wo wieder auf der einen Seite
der Kanal (rad.) getroffen, auf der andern Seite das Entoderm inter-
radial ununterbrochen in die Spadixplatte (Sp.Pl.) übergeht. Auf
Querschnitten zeigen sich wiederum die vier durch die Umbrellarplatte
getrennten Radialkanäle. Die Wanderung der Spermatoblasten nach
der Glockenhöhle erfolgt hier direkt, d.h. sie rücken nicht erst in die
Spadixplatte vor, sondern wandern in den Interradien direkt zwischen
die entodermale Spadixplatte und den ectodermalen Boden der Glocken-
höhle. Hier buchten sie den keinen Widerstand leistenden Boden der-
selben ein und verdrängen allmählich die Höhle ganz (Fig. 47). Die
Bildung des Spadix erfolgt wie bei den weiblichen Gonophoren.
Damit erreichen auch die männlichen Gonophoren den medusoiden
Bau, besonders die vier Radialkanäle lassen sich auf Querschnitten
durch das obere Ende älterer Stadien gut nachweisen. In der weiteren
Entwicklung treten dieselben merkwürdigen Vorgänge auf, wie bei den
weiblichen Gonophoren: der Glockenmund bildet sich an der Spitze,
die Glockenwand zieht sich weit über das Manubrium zurück (Fig. 48),
bis sie sich dann wieder über das enorm ausgedehnte Manubrium vor-
stülpt.
Rückblick.
Bei allen von mir untersuchten, männlichen wie weiblichen Gono-
phoren konnte ich die Entstehung der vier, bzw. zwei Radialkanäle aus
den in entsprechender Zahl auftretenden Magenrinnen durch selb-
ständiges Wachstum, ohne Einfluß des Glockenkerns nachweisen.
Die Keimzellen entstehen wie bisher allgemein angenommen im
Entoderm, nur bei Physalia konnte die ectodermale Abstammung der
Spermatoblasten, wenn nicht ganz bestimmt, so doch mit großer Wahr-
scheinlichkeit nachgewiesen werden. Die Differenzierung der Eizellen
erfolgt bei Hippopodius sehr früh, in der Stammknospe. Viel später
entstehen die männlichen Keimzellen; bei Rhizophysa konnten sie ent-
gegen CHUN schon in den Seitenästchen der Geschlechtstrauben nach-
gewiesen werden, während sie sich bei Physalıa und Hippopodius erst
in den Gonophoren selbst differenzieren.
Eine Auswanderung der Keimzellen in das Ectoderm findet bei
keiner Form statt. Die männlichen Keimzellen lagern sich allgemein
zwischen den ectodermalen Glockenkern und den entodermalen Spadix
Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren. 607
des ausgebildeten Gonophors, auch die Eizellen von Hippopodius nehmen
aller Wahrscheinlichkeit nach dieselbe Lage ein. Die Wanderung aus
den Seitenwänden des Gonophors gegen den Glockenkern erfolgt ent-
weder in der Weise, daß die Keimzellen auf den Interradien in die Spadix-
platte vordringen, und von dort aus ihre definitive Stätte erreichen,
oder durch ein direktes Vordringen gegen die Glockenhöhle.
Die Entwicklung der Gonophoren zum medusoiden Bau geht bei
den weiblichen Gonophoren und den männlichen von Hippopodius in
der bekannten Weise vor sich. Die männlichen Gonophoren von Rhizo-
physa hingegen zeigen eine Vereinfachung, indem eine typische Glocken-
höhle nicht zur Ausbildung kommt. Auch die weitere Entwicklung ge-
schieht hier nicht wie üblich, sondern durch ein nach unten gerichtetes
Wachstum mit gleichzeitiger nach abwärts zunehmender Verschmelzung
der Täniolenränder. Ganz eigenartige Verhältnisse finden sich endlich
bei den männlichen Gonophoren von Physalia. Durch das tiefe Vor-
dringen des Glockenkerns gelangen die Keimzellen mit dem sie um-
schließenden Entoderm in die Leibeshöhle des Stammes, von wo aus
sie dann später wieder in die äußeren Gonophoren vordringen.
Betreffs der Entwicklung und des Aufbaues der Geschlechtstrauben
von Rhizophysa und Physalia konnte ich mich den Angaben CHuns
anschließen, nur die weiblichen Gonophoren von Rhizophysa wurden
nicht an der Grenze von Gonophoren und Geschlechtstaster angetroffen,
sondern weiter unterhalb zwischen den männlichen Gonophoren. Der
Auffassung der Geschlechtstrauben als reich verzweigte Blastostyle
kann ich nicht zustimmen, es erscheint mir vielmehr richtiger, sie von
einer Verzweigung der Keimzone herzuleiten. Echte Blastostyle gibt
es bei Rhizophysa und Physalıa nicht.- Für die schlauchförmigen Enden
der Zweige empfiehlt es sich, solange deren Entwicklung noch unbekannt
ist, den indifferenten Namen Genitaltaster beizubehalten.
Auch in der Stammknospe von Arippopodius erkenne ich die scharf
lokalisierte Keimzone. Sie wird niemals zum Stiel der späteren Gono-
phorentraube, sondern bleibt zeitlebens am Stamm erhalten, während
sich die Gonophoren von ihr abschnüren. — Der Aufbau des Stammes
von Hippopodius entspricht dem der Physophoriden. Die auffällige
Bildung des freien Schwimmstammes ist nicht einem dem Wachstum
des Nährstammes entgegengesetzten Wachstum zuzuschreiben, sondern
kann nach den anatomischen Befunden nur als ein Seitenast (Schein-
stamm Chun) des Hauptschwimmstammes gedeutet werden.
Das wichtigste Ergebnis der vorliegenden Arbeit endlich ist der
Nachweis, daß die alte Acassız-WEısmAnnsche Lehre über die Ent-
608 Walter Richter,
stehung der Medusen für die Siphonophoren nicht anerkannt werden
kann, wie dies in gleicher Weise GoETTE für die Hydromedusen nach-
wies. Daß durch diesen Befund auch ein neues Licht auf die Frage der
Abstammung der Siphonophoren von Hydromedusen geworfen wird,
mag hier nur angedeutet sein.
Straßburg i/Els., im Juli 1906.
Nachtrag.
Nachdem diese Untersuchung bereits im Juni 1906 abgeschlossen,
und mein Manuskript schon dem Druck übergeben war, erschien im
ersten Hefte des vorliegenden Bandes eine Arbeit von Dr. med. OTTO
STECHE: »Die Genitalanlagen der Rhizophysalien«, in der die Ent-
stehung der Gonophoren von Rhizophysa und Physalia ebenfalls ein-
gehender geschildert werden. Da sich in den beiden Parallelarbeiten
einige auffallende Verschiedenheiten zeigen, möchte ich die wichtigsten
Punkte hier kurz besprechen.
Leider finde ich in der Arbeit von STECHE keine genaueren syste-
matischen Angaben. Der Verfasser spricht nur von Physalia ohne
irgend eine Speciesangabe, auch bei Rhizophysa ist nicht angegeben,
an welcher der drei genannten Formen die Untersuchungen angestellt
wurden. DBetreffs Rhizophysa glaube ich jedoch annehmen zu können,
daß es sich hauptsächlich um die gewöhnlichste Form, die auch von
mir untersuchte Rhizophysa filiformis handelt, und will deshalb auf
die abweichenden Befunde kurz eingehen.
Über das Auftreten und den Aufbau der Geschlei e von
Rhizophysa stimmen unsre Angaben überein, meine Beobachtungen
über die Entstehung der Geschlechtszellen werden hingegen durch die
Befunde von STECHE ergänzt. Ich hob hervor, daß die Differenzierung
einzelner Entodermzellen zu Geschlechtszellen nicht erst in den Gono-
phoren selbst, wie bisher angegeben, sondern bereits in den Seiten-
ästchen, an denen diese entstehen, vor sich geht. STECHE stellt nun
fest, daß schon viel früher, in den jüngsten Anlagen der Genitaltraube,
gewisse »interstitielle Zellen« im Entoderm nachweisbar sind, die in
Nestern unmittelbar unter der Stützlamelle zusammenliegen, und die,
wie ihr späteres Schicksal ergibt, schon jetzt als »wohl differenzierte
Keimzellen« anzusehen sind.
Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren. 609
Ich konnte diese so frühe Differenzierung nicht feststellen, da lei-
der an dem von mir untersuchten Exemplar der obere Teil des Stam-
mes verletzt war, so daß mir die jüngsten Knospen nicht zur Ver-
fügung standen. Da ich aber in den jungen Seitenästehen regellos
unter den Entodermzellen verteilt zahlreiche Kernteilungen fand, die
den in der Spermatogenese häufig angetroffenen Bildern sehr ähnlich
waren, glaubte ich, daß hier die Differenzierung der Entodermzellen
zu Keimzellen vor sich geht, und konnte dies um so mehr, als ich in
dem jungen Stiel der Genitaltraube nur sehr selten derartige auf-
fallende Kernteilungen beobachtete. Nach aen Befunden von STECHE
ist es jetzt allerdings wahrscheinlich, daß auch bei dem von mir unter-
suchten Exemplar der eigentliche Entstehungsort in der jüngsten
Knospe der Genitalanlage zu suchen ist. — Da ich die von STECHE
beschriebene Differenzierung des Entoderms des Stammes und der
Seitenästchen in zwei Zellarten: eine »einfache Lage dunkler typischer
Entodermzellen« und eine darüber liegende Lage mehrschichtiger
>heller interstitieller Zellen« auf meinen Präparaten nicht feststellen
kann, muß ich diese Verschiedenheit unsrer Befunde in der Anord-
nung der Entoderm- und Keimzellen vorläufig dahingestellt sein lassen.
Richtig ist, daß das Entoderm sowohl des Genitaltasters, wie des
bisher sogenannten weiblichen Gonophors, bei Khrzophysa einschichtig
ist und niemals Keimzellen zeigt.
In der Beschreibung der Vorgänge, die zur Umbildung der an
den Seitenästchen entstehenden männlichen Gonophoren zu medusoi-
den Gebilden führen, läßt die Arbeit von STECHE völlig in Stich.
Trotz des außerordentlich reichen und sicherlich gut konservierten
Materials ist dem Verfasser der tatsächliche Entwicklungsgang, auf
den ja bereits durch die vorläufige Mitteilung von GoETTE (1904) hin-
gewiesen war, entgangen. Er hält vielmehr den bisher hauptsächlich
für die Hydromedusen gültigen Entwicklungsverlauf, nach dem durch
Einsinken eines ectodermalen Glockenkerns das Entoderm becherförmig
eingesenkt wird, und aus dieser so entstandenen primären Entoderm-
lamelle durch stellenweise Verwachsung die Radialkanäle entstehen,
auch bei Rhrzophysa für vorliegend.
Dem entgegen habe ich in meiner Arbeit nachgewiesen, daß eine
solche Entwicklung nicht vorkommt. Der Glockenkern hat mit der
Entstehung der Radialkanäle nichts zu tun. Diese sind vielmehr
zurückzuführen auf gesetzmäßig (meist in der Vierzahl) auftretende
Verdickungen des Entoderms (Täniolen) und den von diesen Täniolen
eingeschlossenen Magenrinnen. Die Zipfel dieser Magenrinnen wachsen
610 Walter Richter,
empor und bilden die von Anfang an voneinander getrennten Radial-
kanäle. Eine primäre Entodermlamelle kann niemals nachgewiesen
werden. |
Betreffs der Wanderung der Keimzellen aus dem Entoderm nach
ihrer Reifungsstätte gibt STECHE für Rhizophysa an, daß die »inter-
stitiellen Zellen in geschlossener Schar in den Glockenkern übertreten«.
Einen Beweis für diese Wanderung ist der Verfasser jedoch schuldig
geblieben, konnte ihn auch nicht erbringen, da er die in Betracht
kommenden Stadien nicht untersuchte. Er sagt selbst, daß dieser
Prozeß sehr rasch verläuft, so daß nach dem Exemplar, das erst
»einen ganz kleinen Glockenkern zeigt, an der nächst älteren Geni-
taltraube schon alle interstitiellen Zellen in das Ectoderm übergetreten
sind«. — Ich habe des Näheren ausgeführt, wie hier die Entwick-
lung zum medusoiden Bau sehr vereinfacht ist, daß der Glockenkern
gar nicht zur vollen Entwicklung kommt, und die Keimzellen ohne
weitere Wanderungen ihre anfängliche Lage im oberen Entoderm der
Gonophoren beibehalten. An und für sich lege ich der Frage, ob die
Keimzellen tatsächlich in dem ectodermalen Überzug des Manubriums
liegen, oder sich nur zwischen das untere Blatt des ectodermalen
Glockenkernes und das entodermale Manubrium lagern, keine allzu
große Bedeutung bei. Gerade bei Rhizophysa erscheint mir aber eine
Auswanderung der in so großen Mengen angehäuften Keimzellen in
die von Anfang an schwach ausgebildete untere Schicht des Glocken-
kernes ausgeschlossen. Die StEcHEschen Angaben und Zeichnungen
können auch keineswegs eine tatsächliche Lage im Ectoderm beweisen.
Sehr interessante Beobachtungen, die endlich eine Aufklärung über
den Ort der Entstehung der bisher noch völlig unbekannten weiblichen
Keimzellen zu geben scheinen, konnte STECHE an älteren Exemplaren
von Rhizophysa und Physalia machen. Die bisher als männliche
Gonophoren angesehenen Bildungen sind nach ihnen nur indifferente
Geschlechtsanlagen, in denen sich erst später, und zwar getrennt an
verschiedenen Exemplaren, männliche und weibliche Keimzellen ent-
wickeln. — Bei den von mir untersuchten ältesten Exemplaren waren
die von STECHE genauer beschriebenen Umbildungen nicht zu beob-
achten. Meine Präparate zeigten vielmehr durchweg eine stark ent-
wickelte Keimzellenschicht, in der immer zahlreiche Kernteilungen zu
beobachten waren. — Die von STECHE angegebene eigentümliche Er-
scheinung der letzten Stadien der männlichen Keimzellen, nach der
sich das Chromatin »halbmondförmig an einer Seite der Kernmembran
anlagert«, konnte ich auf allerdings schon viel jüngeren Stadien der
Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren. 611
Entwicklung ebenfalls feststellen. Da ich jedoch, wie auch STECHE,
nicht ganz sicher war, ob es sich nicht um durch die Konservierung
hervorgerufene künstliche Bilder handelte, beabsichtigte ich, die ja an
sich schon so interessanten Differenzierungs- und Reifeerscheinungen
der Keimzellen der Siphonophoren später an eigens für solche Zwecke
konserviertem Material eingehender zu untersuchen.
Unsre Untersuchungen über die Entwicklung der Gonophoren von
Physalia führten zu durchaus verschiedenen Resultaten. Auch hier
findet STECHE die Entwicklung zum medusoiden Gonophor entsprechend
der bei Rhizophysa, während ich das selbständige Emporwachsen der
Radialkanäle ganz unabhängig vom Glockenkern hier sehr schön nach-
weisen konnte. Von dem von mir weiterhin eingehend beschriebenen
auffälligen Prozeß, infolge dessen durch das frühzeitige und energische
Vordringen des Glockenkernes Ecto- und Entodermzellen in das Innere
des Stieles, an dem die Gonophoren entstehen, vorgeschoben werden,
dort ihre Entwicklung zu Keimzellen durchmachen, um dann wieder
in das äußere Gonophor einzudringen, ist bei den von STECHE unter-
suchten Exemplaren scheinbar nur das Anfangsstadium, wo »das Ento-
derm noch zapfenförmig in den Hohlraum des gemeinsamen Stieles
der Genitaltraube vorspringt«, zu beobachten gewesen. Es zeigt sich
daher in der ganzen weiteren Entwicklung eine durchgängige Ver-
schiedenheit unsrer Befunde. Selbst der Ursprung der Keimzellen,
den ich mit großer Wahrscheinlichkeit ins Ectoderm legen konnte,
wird von STECHE im Enntoderm gefunden.
Ob diese abweichenden Beschreibungen sich dahin erklären lassen,
daß STECHE eine andre Species als die von mir beschriebene atlantische
Physalia physalis untersuchte, oder aber, was ich keineswegs für un-
wahrscheinlich halte, daß hier eine verschiedene Entwicklung der Gono-
phoren vorliegt, können erst weitere Untersuchungen an möglichst
zahlreichen Exemplaren entscheiden. Vorläufig sind betreffs Physalia
die Befunde von STECHE und mir, da ein Versehen in der Beobachtung
doch atısgeschlossen ist, nicht in Einklang zu bringen.
In der Frage der Beurteilung der Genitaltrauben und ihrer Anhänge
ergeben die Erörterungen von STECHE keine neuen Gesichtspunkte.
Auf histologische Fragen endlich bin ich in meiner Arbeit nicht
eingegangen. Es ist daher hier nicht der Ort auf einzelne Punkte, in
denen ich mit STECHE nicht übereinstimme, näher einzugehen. Das-
selbe gilt für die von STECHE beschriebene, »ins Lumen vorspringende
Klappe im Entodermkanal an der Grenze von Stiel und Schirmteil der
Meduse« des sogenannten weiblichen Gonophors von Physalia. — Die
612 Walter Richter,
Frage, welche Bedeutung dem so hoch organisierten sogenannten weib-
lichen &onophor jetzt zuzuschreiben ist, da es als Träger der später
entstehenden Keimzellen nicht mehr angesehen werden kann, vermag
STECHE vorläufig nicht zu beantworten, so daß »an Stelle des alten
Problems nur eine Reihe von neuen Fragen getreten ist«. So zwingen
denn auch diese Ausführungen zu einer weiteren Beschäftigung mit
der so interessanten Gruppe der Rhizophysalien.
Straßburg i/Els., im März 1907.
Literaturverzeichnis,
Es sind hier nur die Bücher angeführt, die in der Arbeit erwähnt wurden;
ein ausführliches Verzeichnis über die Literatur der Siphonophoren findet sich
bei Cuun, 1897 a.
1862. Lovıs Acassız, Contributions to the natural history of the United States
of America. Vol. 4. Boston.
1871. G. J. ALLmay, A monograph of the Gymnoblastic or Tubularian Hydroids.
London.
1891. W. K. Broo&ks and E.G. ConkLIin, On the Structure and Development
of the Gonophores of a certain Siphonophore belonging to the Order
Auronectae, Haeckel. Johns Hopkins University Circulars. Vol. 10.
Baltimore.
1756. PATRICK BROWNE, The civil and natural history of Jamaica. London.
— 2. Auflage 1789.
1882. C. Cuun, Über die cyclische Entwicklung und die Verwandtschaftsverhält-
nisse der Siphonophoren I. Sitzungsber. Akad. Wissensch.. Berlin.
1885. — Über die cyclische Entwicklung der Siphonophoren II. Ibid.
1886. — Über Bau und Entwicklung der Siphonophoren III. Ibid.
1887. — Zur Morphologie der Siphonophoren. 2. Über die postembryonale Ent-
wicklung von Physalia. Zool. Anzeiger. Bd.X.
1888. — Bericht über eine nach den kanarischen ‚Inseln im Winter 1887—88
ausgeführte Reise. Sitzungsber. Akad. Wissensch. Berlin.
1891. — Die kanarischen Siphonophoren in monographischen Darstellungen.
I. Abh. SENCKENBERG. Naturf. Ges. Bd. XV.
1892. — Die kanarischen Siphonophoren in monographischen Darstellungen.
II. Ibid. Bd. XVII.
1896. — Der Polymorphismus der Siphonophoren. Bronns Klassen und
Ordnungen des Tierreiches. II. Bd. 2. Abteil. 11.—14. Lief. Leipzig.
1897a. — Die Siphonophoren der Plankton-Expedition. Ergeb. d. Plankton-
Exped. d. Humboldt-Stiftung. Bd. II.
1897b. — Über den Bau und die morphologische Auffassung der Siphonophoren.
Verh. Deutsch. Zool. Gesellsch.
1898. — Über K. C. ScHNEIDERs System der Siphonophoren. Zool. Anz. Bd. XXI.
Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren. 613
1860. C. Craus, Über Physophora hydrostatica nebst Bemerkungen über andere
Siphonophoren. Diese Zeitschr. Bd. X.
1863. — Neue Beobachtungen über die Struktur und Entwicklung der Siphono-
phoren. Ibid. Bd. XII.
1878. — Über Halistemma tergestinum n. sp. nebst Bemerkungen über den feineren
Bau der Physophoriden. Arb. Zool. Inst. Wien, Bd. I.
1829. DELLE CHIAJE, Memoria sulla Storia nat. di regno de Napoli. Tom. IV.
1829. FR. EscHscHoLTz, System der Akalephen. Eine ausführliche Beschreibung
aller medusenartigen Strahltiere. Berlin.
1775. P. FORSKAL, Descriptiones animalium, quae in itinere orientali observavit.
Hafniae.
1854. G. GEGENBAUR, Beiträge zur näheren Kenntnis der Schwimmpolypen,
Siphonophoren. Diese Zeitschr. Bd. V.
1861. — Neue Beiträge zur näheren Kenntnis der Siphonophoren. Nova acta.
Bd. XXVII. Jena.
1904. A. GoETTE, Über die Entwicklung der Hydromedusen. Zoolog. Anzeiger.
Bar X VIE. Nr. 15.
1897. SEITARO GoTo, Die Entwicklung der Gonophoren bei Physalia maxima.
Abdruck aus dem Journal of the College of Science, Imperial Univer-
sity, Tokyo, Japan. Vol. X.
1888. E. HAEcKEL, System der Siphonophoren auf phylogenetischer Grundlage
entworfen. Jena. Zeitschr. f. Naturwiss. Bd. XXTI.
1851. Ta. H. HvxLey, Über die Sexualorgane der Diphyide und Physophoridae,
Übersetzt von W. PETERS in MÜLLERS Archiv für Anat. u. Physiol.
1858. — The oceanic Hydrozoa, a description of the Calycophoridae und, Physo-
phoridae observed during the voyage of H.M.S. Rattlesnake in the
years 1846—1850. Ray Society. London.
1861. W. KErFERSTEIN, und E. EHuLers, Zoologische Beiträge, gesammelt im
Winter 1859—60 in Neapel und Messina. Leipzig.
1853a. A. KöÖLLIKER, Bericht über einige im Herbst 1852 in Messina angestellte
vergleichend-anatomische Untersuchungen. Diese Zeitschr. Bd. IV.
1853b. — Die Schwimmpolypen oder Siphonophoren von Messina. Leipzig.
1884. A. KoRoTNEFF, Zur Histologie der Siphonophoren. Mitth. Zool. Stat.
Neapel. Bd.V.
1851. R. LeucKkARrT, Über den Bau der Physalien und der Röhrenquallen im
Allgemeinen. Diese Zeitschr. Bd. III.
1853. — Zoologische Untersuchungen. I. Die Siphonophoren. Gießen.
1854. — Zur näheren Kenntnis der Siphonophoren von Nizza. Archiv f. Natur-
gesch. 20. Jahrgang.
1871. P. E. MÜLLER, Jagttagelser over nogle Siphonophorer. Kopenhagen.
1823. A. N. Orro, Beschreibung einiger neuer Mollusken und Zoophyten. Nova
acta Acad. Caes. Leopoldinae Carol. Bd. XI. pars2. Bonn.
1827. Quoy et GAIMARD, Observations Zoologiques. Annales des Sciences Nat.
Tom. X. 2
1898. THEODOR SCHAEPPI, Untersuchungen über das Nervensystem der Sipho-
nophoren. Jena. Zeitschr. Naturw. Bd. XXXII.
1896. K.C. ScnEIDEr, Mitteilungen über Siphonophoren. II. Grundriß der
Organisation der Siphonophoren. Zool. Jahrb. Bd. IX. j
614 | Walter Richter,
1898. K. C. SCHNEIDER, Mitteilungen über Siphonophoren. III. Systematische
und andere Bemerkungen. Zool. Anz. Bd. XXI.
1873. FRANZ EILHARD SCHULZE, Über den Bau von Syncoryne Sarsii. Leipzig.
1851. C. VocT, Über die Siphonophoren. Diese Zeitschr. Bd. III.
1854. — Recherches sur quelques animaux inferieurs de la Mediterranee. I. Les
Siphonophores de la mer de Nice. Mem. Inst. Nation. Genevois. Bd. 1.
1883. A. WEISMANN, Die Entstehung der Sexualzellen bei den Hydromedusen.
Zugleich ein Beitrag zur Kenntnis des Baues und der Lebenserschei-
nungen dieser Gruppe. Jena.
1890. H. E. ZIEGLER, Über den Bau und die Entwicklung der Siphonophoren.
Humboldt, Monatsschrift f. Naturwissensch. 9. Jahrgang.
Erklärung der Abbildungen.
Allgemeine Bezeichnungen.
bist., Blastostyl; Kn.Schw.Z., Knospungsstätte der
c.ol., Ölbehälter; Schwimmzone;
ect., Ectoderm ;
eiz., Eizelle;
ent., Entoderm;
ga., Gallertschicht;
GI.H., Glockenhöhle;
GI.K., Glockenkern;
Glw., Glockenwand;;
Kn.N.Z., Knospungsstätte der Nährzone.
K.Z., Keimzone;
L., Lumen.
L.H., Leibeshöhle (Magen);
Mn., Manubrium;
n., Nesselzellen ;
rad., Radialkanal;
Gon., Gonophor; Sp., Spadix;
G.T., Genitaltaster ; St.Kn., Stammknospe;
ve., Velum.
Tafel XX VII.
Fig. 1—13. ARhizophysa filiformis.
Fig. 14—18. Physalia physalis.
Fig. 1. Rhrzophysa. Zwei Querschnitte einer Serie durch eine ganz junge
weibliche Gonophorenknospe. Im Schnitt a ist das Lumen (Z.) der Knospe noch
völlig kreisrund, in dem höher gelegenen Schnitt 5b deutlich vierzipflig. 252x.
Fig. 2. Längsschnitt einer etwas älteren Gonophorenknospe.. Aus der
Magenhöhle (Z.A.) erhebt sich nur auf der rechten Seite ein Radialschlauch (rad.).
Der Glockenkern (G1.K.) hat sich im Ecetoderm eben angelegt. 252x.
Fig. 3. Längsschnitt durch ein noch älteres Stadium. Der Radialschlauch
(rad.) ist rechts bedeutend emporgewachsen, während er auf der linken Seite nicht
zu sehen ist. Der Glockenkern hat sich ins Innere eingesenkt und zeigt deutlich
die Anlage der Glockenhöhle (G1.H.). 252x.
Fig. 4. Querschnitt eines weiblichen Gonophors von demselben Alter. Der
Schnitt ist etwas schräg getroffen, so daß nur der untere und der linke Kanal (rad.)
zu sehen sind. Der Glockenkern ist deutlich vierzipflig und steht zwischen den
Kanälen mit dem Ectoderm in Verbindung. 252x. |
Fig. 5. Querschnitt eines älteren, weiblichen Gonophors. Der Glockenkern
Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren. 615
(GI.K.) hat sich vom Ectoderm zurückgezogen und die Radialschläuche sind
miteinander zur Bildung der Umbrellarplatte verwachsen. 252x.
Fig. 6. Querschnitt durch ein weibliches Gonophor, etwas älter wie in Fig. 5.
Man erkennt die im Entoderm auftretenden Spalträume**, die zur Bildung des
Ringkanals führen. Der Glockenkern beginnt sich abzurunden. 252x.
Fig. 7. Ältestes von mir untersuchtes weibliches Gonophor, Längsschnitt.
Der medusoide Bau ist im wesentlichen erreicht, die Glockenhöhle (G1.A.) hat
sich bedeutend ausgeweitet, so daß der Glockenkern nur als dünnes Epithel dem
Entoderm dicht anliegt (Subumbrella). 84x.
Fig. 8. Drei aufeinanderfolgende Querschnitte einer Serie durch eine jüngste
männliche Gonophorenknospe. Im Schnitt a zeigt sich das Lumen (Z.) der Knospe
noch vierzipflig, im folgenden Schnitt b ist der linke Zipfel, im Schnitt c auch der
rechte verschwunden, so daß nur ein zweizipfliges, d.h. schlitzförmiges Lumen
bleibt. 232x.
Fig. 9. Längsschnitt durch ein ungefähr gleich altes Stadium. Der Glocken-
kern (G1.K.) entsteht durch eine Vermehrung und radiäre Anordnung der tiefer
liegenden Ectodermzellen am Scheitel der Knospe. 232x.
Fig. 10. Längsschnitt eines älteren, männlichen Gonophors. Der Radial-
kanal (rad.) der linken Seite zieht in starker Krümmung nach oben, während auf
der rechten Seite nur das ununterbrochene Entoderm sichtbar ist. Der Glocken-
kern ist erst zur Hälfte ins Innere vorgedrungen. 232x.
Fig. 11. Einige Querschnitte einer Serie eines etwas älteren Gonophors.
Schnitt a zeigt die Abspaltung der Radialkanäle (rad.) von der Magenhöhle (2.A.),
die eben noch im Anschnitt zu sehen ist. Im Schnitt b sieht man allein die beiden
Radialkanäle innerhalb der starken Entodermschicht. In dem durch das obere
Ende des Gonophors geführten Schnitt c erscheint der Glockenkern (@I.K.) mit
_ der schon weiten Glockenhöhle (@/.H.), oben und unten an das Ectoderm an-
stoßend, und so die beiden Kanäle voneinander trennend. 232x.
Fig. 12. Längsschnitt durch ein etwas älteres Stadium. Der linke Kanal
ist in seiner ganzen Länge sichtbar, der rechte (rad). nur im oberen Ende ange-
schnitten. Der Glockenkern, der oben noch mit dem Ectoderm (ecz.’) in Verbin-
dung steht, hat sich bereits in ein dünnes Epithel ausgezogen, das teils dem Ento-
derm der Radialschläuche anliegt (ec#.”’), teils wie eine Calotte der Entoderm-
kuppe (E.K.) aufsitzt (ect.””’). Die Glockenhöhle zeigt sich nur als schmaler
Spalt. 232x.
Fig. 13. Querschnitt eines noch älteren männlichen Gonophors. Man erkennt
deutlich die beiden Radialkanäle. Der Glockenkern hat sich zu einem ganz feinen
Epithel (ect.”’) ausgezogen. 232 x.
Fig. 14. Physalia. Längsschnitt eines jungen weiblichen Gonophors. Von
den Kanälen ist der linke nur im Anschnitt, der rechte (rad.) gerade in seiner
oberen Lichtung getroffen. Der Glockenkern, dessen Hauptmasse noch außen
im Ectoderm liegt, dringt gerade ins Innere zwischen die Kanäle vor. Die Leibes-
höhle ist auf diesem Schnitt nicht sichtbar. 252x. |
Fig. 15. Querschnitt eines jungen weiblichen Gonophors. Die vier Radial-
kanäle stoßen so dicht aneinander mit ihren Breitseiten, daß der Glockenkern
hier nicht vierzipflich, sondern rund erscheint. 252x.
Fig. 16. Querschnitt durch ein gleich altes, aber beim Einbetten geschrumpf-
616 Walter Richter,
tes Gonophor. Der Schnitt zeigt, daß hier keine zusammenhängende Entoderm-
lamelle vorliegt, sondern vier getrennte Radialschläuche. 252x.
Fig. 17. Ältestes von mir untersuchtes weibliches Gonophor; aus zwei Schnit-
ten kombinierter Längsschnitt. Zwischen Ectoderm und Entoderm hat sich eine
starke Gallertschicht (ga.) entwickelt. Die Glockenhöhle ist gut entwickelt, die
Erhebung eines Spadix (Sp.) wurde jedoch nur an diesem Gonophor beobachtet.
Das Velum (ve.) bildet sich stets als ringförmige Falte der beiden Eetodermschich-
ten. 74x.
Fig. 18. Längsschnitt einer ganz jungen männlichen Gonophorenknospe.
Das Entoderm (eni.) zeigt unregelmäßige Spalträume ($.). Die Gallertschicht (ga.)
zwischen Ecto- und Entoderm ist schon gut ausgebildet. 252x.
Tafel XX VIII.
Fig. 19—26. Physalia physalis.
Fig. 27—34. Hippopodius hippopus.
Fig. 19. Querschnitt eines älteren männlichen Gonophors. Der Glocken-
kern (@GI.K.) zeigt gut die den hier nur in der Zweizahl auftretenden Radialschläu-
chen angepaßte längliche Gestalt. 252x.
Fig. 20. Längsschnitt eines etwas älteren Gonophors, wie das vorhergehende.
Der Glockenkern breitet sich nach unten zu zapfenförmig aus, und drängt bei
seinem Wachstum nach innen das Entoderm (entod.) immer mehr in die Leibes-
höhle des Stammes (L.H.st.) zurück. 252x.
Fig. 21. Querschnitt ungefähr in der Höhe A—B der Fig. 20. Der Stamm,
an dem das Gonophor sitzt, ist in seinen drei Schichten: Ectoderm (ec2.), Gallert-
schicht (ga.) und Entoderm (ent.) längs getroffen. In seiner Leibeshöhle liegt
das nach innen gedrängte Entoderm (entod.) des Gonophors. 252x.
Fig. 22. Aus zwei Schnitten kombinierter Längsschnitt durch ein etwas
älteres Stadium. Der in der äußeren Ausbuchtung des Gonophors liegende Teil
des früheren Glockenkerns zieht sich zu einem dünnen Epithel, der späteren Sub-
umbrella (eci.’’) aus, während die in der Leibeshöhle des Stammes (L.H.$t.) lie-
genden Ectodermzellen (eciod.) sich stark vermehren. 252x.
Fig. 23. Querschnitt durch den in der Leibeshöhle des Stammes liegenden
Teil eines gleich alten männlichen Gonophors, entsprechend der Fig.21 des jün-
geren Gonophors. Entoderm, Gallertschicht und Ectoderm wie in Fig. 21. Die
in der Leibeshöhle des Stammes (L.AH.Sst.) liegende Zellenmasse (eciod.) besteht
hier jedoch aus Ectodermzellen, und wird von einem in diesem Schnitt einschich-
tigen Entodermepithel (entod.) umgeben. 252x.
Fig. 24. Längsschnitt eines beträchtlich älteren männlichen Gonophors.
Das in der Leibeshöhle des Stammes (L.H.St.) liegende Entoderm (entod.) ist
zu einem einschichtigen, aber starken Epithel geworden, dem späteren Spadix.
Die von dem Glockenkern abstammenden und in den Stamm vorgerückten Ecto-
dermzellen (ectod.) haben sich zu in mehreren Schichten übereinander liegenden
Spermazellen differenziert. Der Boden des im Inneren liegenden Entoderms
(vgl. Textfig. 11. entod.) hat sich emporgehoben ($7.) und stülpt so, indem er immer
weiter nach oben bez. nach außen vordringt (in der Fig. dringt er eben in das
äußere Gonophor ein), schließlich das gesamte Entoderm und mit ihm die von
diesem eingeschlossene Keimschicht (ectod.) wieder in die Glockenhöhle (G1.H.)
des äußeren Gonophors vor. 168x.
Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren. 617
Fig. 25. Querschnitt eines etwas älteren Gonophors. Die Keimzellen ($pl.)
liegen nur einschichtig dem stark entwickelten Spadix (Sp.) an. Die drei Schichten
des Glockenmantels: ect., ent., ect”” erscheinen nur als dünne Epithelien, sind aber
hier noch gut erkennbar. 168x.
Fig. 26. Längsschnitt eines fast entwickelten, aber noch nicht reifen männ-
lichen Gonophors. Die Keimzellen (S8pl.) liegen in einer dicken Schicht dem
Spadix (Sp.) an. Die Schichten der Glockenwand sind nur an einer Stelle* nach-
weisbar. 84x.
Fig. 27. Hippopodius. Oberer Teil einer Kolonie von Hippopodius, die
älteren Schwimmglocken sind abpräpariert. 8) S,, junge Ersatzschwimm-
glocken. S;, Sı Ansatzstellen der entfernten Schwimmglocken mit den ent-
sprechenden Ölbehältern (c.ol.). Kn.Schw.Z., Knospungsstätte der Schwimmzone,
das Vorderende des Stammes. Von hier aus setzt sich der stark spiralig
gedrehte Haupt-Schwimmstamm (H.Schw.St.) nach unten fort. Unterhalb
der Ansatzstelle der vierten Schwimmglocke (84) geht der Hauptteil des
Schwimmstammes direkt in den Nährstamm (N.St.) über, ein andrer Teil zweigt
sich ab, und, bildet den freien Teil der Schwimmsäule (Schw.St.), die sich um
den Nährstamm windet. Unterhalb der Übergangsstelle von Hauptschwimm-
stamm zum Nährstamm findet sich die Stammknospe ($t.Kn.), von der sich die
Gonophoren (x) mit den entsprechenden Nährpolypen (M.St.) abschnüren, um
dann, in einer spiralen Drehung über den Stamm sich erhebend, unterhalb der
Stammknospe diesen wieder zu erreichen und an ihm herabzurücken. 22x.
Fig. 23—34. Verschiedene Stadien der Eibildung von Hippopodius.
Tafel XXIX.
Hippopodius hippopus.
Fig. 35. Ein aus drei aufeinanderfolgenden Schnitten rekonstruierter Quer-
schnitt durch die Knospungsstätte der Nährzone (Kn.N.Z. der Fig. 27). Der
Stamm der Kolonie (S£.), sowie die Stammknospe ($1.Kn.) sind quer getroffen.
Die sich von der Stammknospe abschnürenden Gonophoren (Gon.) mit ihren Po-
lypen (Mg.st.) in den verschiedenen Altersstufen sind längs getroffen. Eiz.,
Eizellen. 232x.
Fig. 36. Längsschnitt eines jungen weiblichen Gonophors. Der Glocken-
kern (Gl.K.) zeigt sich als eine nach außen gerichtete Verdickung der basalen
Schicht des Ectoderms. Die Spadixplatte ($p.Pl.) ist gegen den Rand, etwas
aufwärts gekrümmt, diese Krümmung bildet die Wurzel der Radialschläuche. 232 x,
Fig. 37. Längsschnitt durch ein etwas älteres Stadium. Der Glockenkern
hat sich eingesenkt, auf der linken Seite erkennt man deutlich den einen
Kanal (rad.), während rechts das seitliche Entoderm der Knospe ununterbrochen
in die Spadixplatte übergeht. Auf dieser Brücke (Interradium) wandert eben das
hier nur im Anschnitt getroffene Ei a in die Spadixplatte (Sp. Pl.) über. Auf
dem Schnitt ist gleichzeitig eine junge männliche Gonophorenknospe (3 Gon.),
sowie das untere Ende des Nährpolypen, der sogenannte Magenstiel (Mg.St.) längs
getroffen. 232x.
Fig. 38. Längsschnitt eines noch älteren weiblichen Gonophors. Auf der
rechten Seite sieht man wiederum die Stelle eines Interradium, an der die Eier (eiz.)
in die Spadixplatte vordringen können. Zwei Eier, das rechte nur im Anschnitt,
liegen noch in der Spadixplatte (S$p.Pl.), zwei sind bereits in die Glockenhöhle
618 Walter Richter, Die Entw. der Gonophoren einiger Siphonophoren.
(@l.H.) vorgedrungen. Von den Kanälen ist nur rechts einer in seinem oberen
Ende angeschnitten (rad.). Die Leibeshöhle (L.A.) erscheint nur als schmaler
Spalt, da der Schnitt schräg getroffen ist, so daß ihre Verbindung mit der Leibes-
höhle des Stammes nicht sichtbar ist, und das Gonophor unten geschlossen er-
scheint. 232x.
Fig. 39. Längsschnitt eines etwas jüngeren Gonophors, wie das der Fig. 38.
Der Schnitt zeigt die Einbuchtung des Bodens des Glockenkerns durch das ein-
zige bisher in die Spadixplatte (Sp.Pl.) eingewanderte Ei. 252x.
Fig. 40. Längsschnitt eines Gonophors von mittlerem Alter. Die Eizellen (eiz.)
haben sich in eine Schicht geordnet, während gleichzeitig der Glockenkern nach
abwärts gewachsen, und nur noch schwer als feines Epithel (ect.”””) nachweisbar
ist. Das Entoderm hat sich zum soliden Spadix (S$p.) entwickelt. 176x.
Fig. 41. Querschnitt eines etwas älteren weiblichen Gonophors. Die drei
Schichten der Glockenwand (ect’., ent., ect”’.) sind nur als ganz dünne Epithelien
nachweisbar, dagegen sind die Radialkanäle (rad.) gut zu sehen. 252x.
Fig. 42. Oberes Ende eines noch älteren weiblichen Gonophors. Der Spa-
dix (Sp.) beginnt die Eizellen zu umwachsen. Der Glockenmantel ist oben ein-
gerissen, die drei Schichten desselben sind hier gut erkennbar. 232x.
Fig. 43. Ein aus zwei Schnitten kombinierter Längsschnitt eines fast ausge-
wachsenen weiblichen Gonophors. Die Eizellen sind fast ganz vom Entoderm (Sp.)
umgeben. Der Glockenmantel (G/.M.) hat sich völlig über das Gonophor zurück-
gezogen und kranzförmig um den Stiel gefaltet. 84x.
Fig. 44. Querschnitt in der Höhe A—B der Fig. 43. Die drei Schichten
der Glockenwand, sowie die vier Radialkanäle sind aufs deutlichste zu sehen. 84x.
Fig. 45. Längsschnitt durch eine ganz junge männliche Gonophorenknospe
(Gon.2) und ein älteres männliches Gonophor (Gon. 1). In dem jüngeren Gono-
phor füllt das Entoderm das Innere völlig aus, in dem älteren haben sich die
Entodermzellen in der Mitte des Gonophors gürtelförmig an der Seitenwand an-
gehäuft (K.Z.), während sie sich an der Spitze direkt unter dem Ectoderm zu
einer einzelligen Schicht, der Spadixplatte (Sp.Pl.) anordnen. 232x.
Fig. 46. Längsschnitt eines etwas älteren Gonophors. Auf der linken Seite
ist gerade ein Kanal angeschnitten, während rechts die Stelle eines Interradiums
getroffen ist, in dem die Keimzellen zwischen die entodermale Spadixplatte (Sp.P1.)
und den ectodermalen Boden der Glockenhöhle (@1.H.) einwandern. 232x.
Fig. 47. Längsschnitt eines noch älteren männlichen Gonophors. Die
Keimzellen sind fast alle aus den Seitenwänden des Gonophors in die Glocken-
höhle eingewandert. Der Boden der Höhle war in diesen Stadien nicht mehr
nachweisbar. 232x. |
Fig. 48. Längsschnitt des ältesten mir zugänglichen männlichen Gonophors;
aus zwei Schnitten kombiniert. Die Glockenwand hat sich völlig über das prall
mit Spermatoblasten angefüllte Manubrium zurückgezogen. 84x.
Die Form und Struktur der Schuppentierspermien,
Von
E. Ballowitz
in Münster i. W.
Mit Tafel XXX.
Die Spermien der Edentaten waren bis vor kurzem völlig un-
bekannt geblieben. Erst jüngst haben G. Rerzıus! und ich? die
Samenkörper der Gürteltiere (Dasypus vellosus Desm.) beschrieben.
Wie G. RErzıus und ich fanden, weichen Form und Bau der Samen-
körper dieser Edentatengruppe nicht wesentlich von dem Spermien-
typus der meisten, insbesondere der höheren Mammalien ab.
Der Kopf ähnelt in seiner Form derjenigen vieler Mammalien
und zeichnet sich nur durch seine bedeutende Größe und sehr starke
Abplattung aus.
Es bietet nun ein besonderes Interesse, die Samenkörper der
übrigen, in ihrem Bau so differenten Gruppen der Edentatenordnung
kennen zu lernen.
Ich hatte das Glück, die frischen Spermien eines Schuppentieres
(Manis longicaudata Shaw) untersuchen zu können. Das ausgewach-
sene, prächtig erhaltene Tier war von der Westküste Afrikas in ge-
frorenem Zustande importiert worden und mehrere Monate im Gefrier-
raum aufbewahrt gewesen. Ich erhielt es in steinhart gefrorenem
Zustande. Nachdem es vorsichtig aufgetaut war, stellte es sich her-
aus, daß alle Organe ganz vorzüglich frisch erhalten waren, von
Fäulnis war nirgends eine Spur. Jedenfalls war es frisch erlegt in
den Gefrierraum gebracht worden. Es war ein Männchen, dessen
sroße, weißliche Hoden außerhalb der Bauchhöhle lagen. Ohne
1G. Rerzıus, Biologische Untersuchungen. Neue Folge. Bd. XIII. 1906.
2 E. BaLtowItz, Über Syzygie der Spermien bei den Gürteltieren, ein
Beitrag zur Kenntnis der Edentaten-Spermien. Anat. Anz. Bd. XXIX. Nr. 13
u. 14. 1906.
Zeitschrift f. wissensch. Zoologie, LXXXVI. Bd, - 41
620 E. Ballowitz,
Zweifel hatte es sich bei der Tötung in brünstigem Zustande befunden,
denn der Nebenhoden enthielt zahlreiche entwickelte Samenkörper.
Daß diese letzteren bei der nach dem Auftauen sofort in physio-
logischer Kochsalzlösung vorgenommenen Untersuchung keine Be-
wegung mehr zeigten, kann nach der langen Dauer des Gefrorenseins
nicht befremden.
Ich fertigte nun eine Anzahl von Präparaten an, indem ich
Stücke der Nebenhoden in physiologischer Kochsalzlösung zerzupfte
und ausdrückte. Die verdünnte, zerteilte Spermamasse, die auch mit
Zellen durchsetzt war, fixierte ich durch Osmiumsäuredämpfe, färbte
sie mit Gentianaviolett und untersuchte in Wasser oder in zugesetzter
Kaliacetieumlösung. Die Untersuchung wurde mit der Zeı1ssschen
homogenen Immersion Apochromat 1,5 Apert. 1,50 und 2,0 Apert.
1,40, Kompensations-Ocular Nr. 12 ausgeführt. Die Zeichnungen der
Tafel sind in einer Vergrößerung hergestellt, die etwa doppelt so
eroß ist, als die Figuren der Tafeln meiner früheren Arbeit über die
Struktur der Säugetierspermien!.
Schon bei Untersuchung mit schwachen Systemen fällt sofort die
vom Spermientypus der meisten andern Mammalien ganz abweichende
Kopfform auf. Der Kopf ist nämlich langgestreckt, schmal und ceylin-
drisch, vielleicht ganz wenig abgeplattet. Während sein hinteres
Ende quer abgestutzt ist, verschmälert er sich im vorderen Teile,
um mit einer kleinen Spitze aufzuhören. Die vordere Verschmälerung
kann aber auch nur gering sein, so daß das vordere Ende mehr ab-
gerundet erscheint und die Spitze ganz minimal wird oder ganz
schwindet. Das letztere ist der Fall bei den kleineren Köpfen, die
vorn abgerundet ohne Spitze endigen.
Die Länge des Kopfes variiert nämlich und beträgt gewöhnlich
0,0072—0,009 mm; seltener wurde sie etwas größer, bis 0,0108 mm,
gefunden, häufiger dagegen kleiner, 0,0054—0,0063 mm, bisweilen
sogar noch ein wenig kleiner.
Aber auch die Form des Kopfes ist Schwankungen unterworfen.
Fig. 1—5 zeigen die gewöhnlichen Kopfformen, welche bei weitem
vorherrschen. Diese schmalen, länglichen Köpfe sind nicht selten
ein wenig nach der einen Seite umgebogen (Fig. 4 u. 5). In den
Fig. $—11 erscheinen die Köpfe etwas gequollen und in ihrer Struk-
tur schon ein wenig verändert. An den etwas kürzeren Köpfen
! E. BatLowItz, Weitere Beobachtungen über den feineren Bau der 8
Säugethierspermatozoen. Diese Zeitschr. Bd. LII. 1891.
Die Form und Struktur der Schuppentierspermien. 621
Fig. 6 u. 7) ist das vordere Ende, wie oben schon erwähnt, mehr
abgerundet. |
Auffallende Abweichungen von diesen gewöhnlichen Kopfformen
wurden nun von mir des öftern beobachtet, wenn auch im Vergleich
mit der Zahl der andern im allgemeinen recht selten. In den
Fig. 16—18 habe ich solche abweichenden Kopfformen dargestellt.
In Fig. 17 ist der Kopf kurz, breiter als gewöhnlich und fast drei-
eckig. In Fig. 18 erscheint er eigentümlich beilförmig. Das Sper-
mium der Fig. 16 besitzt einen abgeplatteten, kurzen, breiten, vorn
abgerundeten Kopf, welcher an die typische Kopfform der meisten
Säugerspermien erinnert. Sein hinterer Rand ist ausgeschweift und
besitzt eine besonders vorspringende, fast hakenartige Ecke; auch
an den normal geformten, langen Köpfen habe ich einige Male eine
solche vorspringende Ecke gesehen. Die Kopfformen der Fig. 16
und 15 beobachtete ich übrigens nur ein einziges Mal.
Hinsichtlich der Struktur ist zunächst auf die kurze Spitze der
länglichen Köpfe aufmerksam zu machen. Ich sah nämlich, daß sie
an diesen meist als dunkles, kleines, fast punktartiges Stück auftrat,
das sich aber nicht scharf von dem übrigen Hauptteil des Kopfes
abgrenzte (vgl. Fig. 1—3 u. 8—10). Auch gelang es mir nicht, diese
Spitze durch Färbung besonders zu differenzieren. Ich kann daher
nieht mit Bestimmtheit behaupten, daß hier ein wirkliches »Spitzen-
stück«, wie ich es an den Spermienköpfen niederer Vertebraten und
besonders von Wirbellosen beschrieben habe,, vorhanden ist. Viel-
mehr scheint die Anlage eines solchen nur erst angebahnt oder das-
selbe rückgebildet zu sein. Dazu kommt, daß diese punktartige
Spitze den kurzen Köpfen mit abgerundetem Vorderende (Fig. 6 u. 7)
und den unregelmäßigen Köpfen (Fig. 16—18) fehlte.
Das Innere des Kopfes scheint nun eine besondere Struktur zu
besitzen. An den langen schmalen Köpfen machte sich häufig eine
undeutliche wolkige Querbänderung bemerkbar (Fig. 1 u. 2). Nicht
selten sah es aus, als ob sich im Inneren des Kopfes zahlreiche kleine
hellere Vacuolen befänden, die zwischen einem dunkleren Gerüst
lagen, welches letztere auch ein körniges Aussehen annehmen konnte
(Fig. 3). Deutlicher wurde diese Struktur an etwas gequollenen oder
in Zerfall begriffenen Köpfen, wie sie in diesem Sperma des lange
in gefrorenem Zustande aufbewahrten Tieres häufig waren (Fig. 10),
besonders wenn nach Fixierung durch Osmiumsäuredämpfe mit Gen-
tianaviolett tingiert war (Fig. 5, 9 u. 11). Alsdann wurde im Kopfe
ein Gerüstwerk mit hellen Lücken dazwischen sichtbar. In. dem
41*
622 E. Ballowitz,
Gerüst erschienen Körnchen (Fig. 9) und Verdiekungen, welche sich
oft zu Streifen und Bändern zusammenlagerten. Dadurch entstand
eine Quer- und Schrägstreifung, welcher eine spiralige Anordnung
der Masse zugrunde zu liegen schien (Fig. 8, 9 u. 11). Diese Struk-
tur war jedenfalls auch die eigentliche Ursache der zarten Zeich-
nungen, welche für die Fig. 1—3 oben beschrieben wurden.
Während sich das Hauptinteresse bei diesen Schuppentiersper-
mien auf den abweichend geformten Kopf konzentriert, bietet ihre
Geißel weniger Bemerkenswertes.
An ihr konnte ich ein Halsstück (7), Verbindungsstück (V) und
Hauptstück (Hst der Figuren) unterscheiden (vgl. Fig. 1, 2 und 11).
Das Halsstück (H der Figuren) ist sehr deutlich und grenzt den
Hinterrand des Kopfes von dem Vorderrand des Verbindungsstückes
scharf ab. Bei genauer Einstellung sieht man schon am intakten
Spermium im Halsstüick zwei Fäden, welche vom Kopf zur Achse
des Verbindungsstückes hinziehen. Deutlicher werden die Fäden,
wenn der Kopf sich von der Geißel abgelöst hat, wie es des öftern
beobachtet wurde (Fig. 12—15). Alsdann erscheinen auch die Oentral-
körperchen (Endknöpfehen des Achsenfadens, Zk der Figuren), von
denen je eines je einem Faden entspricht und dem freien Ende des
Fadens aufsitzt (Fig. 13 u. 14). Außer diesen beiden Knöpfehen fand
ich häufig zwischen beiden noch ein drittes, welches beide mitein-
ander verband (Fig. 12 u. 15). An den gequollenen Köpfen (Fig. 11)
waren meist die beiden Centralkörperchen am Hinterrande des Kopfes
schon in situ wahrnehmbar (#% der Fig. 11). Sonst erschien der
Hinterrand des Kopfes etwas intensiver gefärbt.
Wie ich schon früher an den Spermien von Rhimolophus und
dem Dachs beobachtete, sah ich auch hier bisweilen dicht hinter den
vorderen Centralkörperchen an dem Halsstück des Achsenfadens zwei
kleinere körnchenartige Pünktchen (Fig. 14).
Von dem Verbindungsstück ist zunächst hervorzuheben, daß die
Länge desselben auffällig variirte; sie schwankte zwischen 0,0117
—0,0162 mm. £
Sodann zeigt das Verbindungsstück das Bild einer dichten Quer-
streifung mit eingekerbten Rändern. Es ist mir nun des öftern ge-
lungen, die Querstreifen optisch miteinander in Verbindung zu bringen,
so daß daraus eine Spiralzeichnung wurde. Es kann daher keinem
Zweifel unterliegen, daß die den Achsenfaden umgebende Hülle aus
einem in engen Windungen den Achsenfaden umgebenden Spiralfaden
und geringer die Windungen miteinander verbindender Zwischen-
Die Form und Struktur der Schuppentierspermien. 6923
. substanz besteht (vgl. Fig. 4, 12 u. 16). Einigemale sah ich an solchen
‚Spermien, welche einige Zeit unter dem Deckglase in Wasser gelegen
-und sich der Glasfläche dieht angelagert hatten, daß die Substanz
der Hülle des Verbindungsstückes sich zu beiden Seiten des Achsen-
fadens abgelöst hatte und in Querstücke zerfallen war; dabei wurde
der das Verbindungsstück durchsetzende Achsenfaden sehr deutlich.
Der letztere konnte auch dadurch sichtbar werden, daß aus der
Hüllsubstanz des Verbindungsstückes ein Abschnitt herausbrach (vgl.
Fig. 8. Bisweilen war auch der Achsenfaden in ganzer oder fast
ganzer Ausdehnung entblößt, wie z. B. in Fig. 10, wo der vordere
Abschnitt des Verbindungsstückes sich abnorm verhält und das ganze
Halsstück einnimmt.
Die hintere Begrenzung des Verbindungsstückes er scheint eine Spur
dunkler. Hier traf ich auch einmalin der Nähe des hinteren Randes des
Verbindungsstückes an dem isolierten Achsenfaden eine kleine, dunkel
sefärbte, körnchenartige Querscheibe, welche mich an einen ähnlichen
Befund bei einigen Reptilien und zwar Laceria, Testudo! erinnerte.
Das Hauptstück, über welches ich wenig auszusagen habe, ist
sehr dünn und etwa 0,045—0,054 mm lang. Ein deutlich abge-
setztes Endstück habe ich nicht gesehen, ich habe aber auch nicht
besonders daraufhin untersucht, so daß möglicherweise ein solches
doch vorhanden ist.
Aus den obigen Befunden ist die sehr beachtenswerte Tatsache
hervorzuheben, daß die Spermien von Manis besonders durch die
abweichende Form und Struktur ihres Kopfes sich wesentlich von
der typischen Spermienform der meisten Mammalien unterscheiden
und Spermienformen der Sauropsiden ähnlich sind. Insbesondere er-
innert die langgestreckte, schmale Kopfform und die innere Zusammen-
setzung des Kopfes an die Samenkörper vieler Reptilien, z. B. der
Saurier und Chelonier und unter den Vögeln an diejenigen der
Gallinacei und Longipennes, wenn auch bei Manis das Spitzenstück
noch nicht ausgebildet und langgestreckt ist, vielmehr höchstens erst
angedeutet erscheint.
Diese Feststellung gewinnt dadurch noch ein besonderes Inter-
esse, als auch sonst in dem gröberen Bau der Manidae von manchen
Autoren auf »Reptilienähnlichkeiten« hingewiesen ist.
1 Vgl. E. BALLOWITZ, Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen.
Teil III. Fische, Amphibien und Reptilien. Archiv f. mikr. Anat. Bd. XXXVI.
Taf. XII, Fig. 89—91.
2 Vgl. Max WEBER, Die Säugetiere. Jena 1904. S. 420.
624 E. Ballowitz, Die Form und Struktur der Schuppentierspermien.
| Nur noch bei einem Säugetier und zwar bei Echidna hystrix ist
kürzlich durch G. Rerzıus! eine Spermienform aufgefunden worden,
welche sich mit der von Manıs longicaudata oben beschriebenen ver-
gleichen ließe. Wie der genannte Autor beschreibt und abbildet, ist
der Kopf hier lang, schmal und ceylindrisch, sich von hinten nach
vorn allmählich verschmälernd. An seinem vorderen Ende sitzt ein
ziemlich langes, schmales, fein zugespitztes Spitzenstück, welches sich
dunkel färbt und gegen den eigentlichen Kopf scharf abgesetzt ist.
Durch den Besitz dieses wohlausgebildeten schmalen Spitzenstückes
gleichen die Samenkörper der Echidna, noch mehr als diejenigen von
Manis, den Spermienformen der Sauropsiden, insbesondere der Rep-
tilien, eine Ähnlichkeit, auf die G. Rerzıus selbst in seiner zitierten
Mitteilung aber nicht hingewiesen hat.
Münster i. W., im Oktober 1906.
Erklärung der Abbildungen.
Tafel XXX.
Die sämtlichen Figuren stammen von Manis longicaudata Shaw und sind
etwa doppelt so groß gezeichnet wie in meiner früheren Abhandlung über die
Spermatozoen der Säugetiere (vgl. E. BALLOwWITZ, Weitere Beobachtungen über
den feineren Bau der Säugetierspermatozoen, diese Zeitschr., Bd. LII, 1891).
Fig. 1,2 und 11 stellen ganze Spermien dar, die übrigen Figuren nur deren
vorderen Teil; an letzteren ist. bei * die Fortsetzung der Geißel zu denken.
K, Kopf; H, Halsstück; V, Verbindungsstück; Ast, Hauptstück der Geißel; #%,
Centralkörper (Endknöpfehen am vorderen Ende des Achsenfadens). In Fig. 8
ist ein kleines Stück der Hülle des Verbindungsstückes herausgebröckelt, so
daß der Achsenfaden an dieser Stelle isoliert ist.
In den Fig. 8—11 sind die Köpfe ein wenig gequollen und im Zerfall be-
griffen. Fig. 10 zeigt den Achsenfaden im größten Teil des Verbindungsstückes
entblößt. i .
In den Fig. 12—15 ist der Kopf von der Geißel abgefallen, so daß die
Centralkörpermasse am vorderen Ende des Halsstückes des Achsenfadens deut-
lich ist. |
Fig. 16—18 zeigen abweichend geformte Spermienköpfe.
1 G. Retzıus, Biologische Untersuchungen. Neue Folge. Bd. XIII. 1906.
S. 75 und Taf. XXIX, Fig. 1 u. 2.
Das Männchen von Lacinularia socialis Ehrbg.
Von
Clara Hamburger
(Heidelberg).
Mit Tafel XXXI und 3 Figuren im Text.
Im Sommer 1904 fand ich im Neckar bei Heidelberg an einer, mir
durch Herrn Prof. SCHUBERG bekannt gewordenen, Stelle reichliches
Material von Lacinularıa socialis; zunächst nur Weibchen. Von Anfang
bis Mitte August traten jedoch auch Männchen in größerer Zahl auf,
so daß es mir möglich war, sie eingehender zu studieren.
Es schien mir dies wünschenswert, weil die feiınere Anatomie der
männlichen Rädertiere nie mit den Mitteln der modernen Technik
untersucht worden ist, und ich beim Studium der Literatur sehr bald
bemerkte, daß auch die gröbere Anatomie, speziell die der Männchen
von Lacinularıa, nur lückenhaft bekannt ist, und die Befunde der frü-
heren Autoren in mancherlei Punkten nicht mit den meinigen über-
einstimmen.
Hunpson hat die Lacinularie-Männchen ım Jahre 1874 entdeckt,
kurz beschrieben und sehr mangelhaft abgebildet; 1885 berichtigte
PLATE einige seiner Angaben und fügte eigne Beobachtungen hinzu,
gab aber keine Abbildungen und ließ viele Fragen offen. Er sagt selbst
im allgemeinen Teile seiner Arbeit: »Über die meisten Männchen wissen
wir freilich noch sehr wenig« und zählt zu diesen mit Recht auch die
von Lacinularia.
Unsre Kenntnis der Spermatozoen der Rotatorien wurde seit den
Arbeiten von Levpie (51 u. 55), und F. Corn (56 u. 63), die beide nur
lebendes Material studierten und im wesentlichen die äußere Bildung
der Spermien berücksichtigten, sehr unerheblich bereichert. Über die
Spermatogenese ist nichts bekannt. Leider blieben auch meine Unter-
suchungen bezüglich der Spermatogenese recht lückenhaft, was zum
626 Clara Hamburger,
Teil an der Schwierigkeit der Materialbeschaffung, zum Teil an der
Kleinheit des Objekts liegt. Ich habe mich trotzdem zur Veröffent-
lichung meiner Studien entschlossen, da ich glaube, daß sie bei der
Untersuchung verwandter Formen mit größeren Zellelementen vielleicht
von Nutzen sein können, und so immerhin zur Förderung unsrer Kennt-
nisse über Bau und Entstehung dieser von den typischen sehr abweichen-
den Spermatozoenformen beitragen können.
Wie bekannt leben die weiblichen Lacinularia sociahs in Gesell-
schaften vereint. Die aus dem Ei schlüpfenden Jungen schwimmen
zunächst frei umher, setzen sich aber sehr bald mit ihrem bewimperten
Hinterende fest, vorzugsweise an im Wasser flottierenden Pflanzen,
und vereinigen sich so zu kugeligen Gesellschaften, die schon mit un-
bewaffnetem Auge leicht sichtbar sind. An ihrem hinteren Ende
scheiden die Weibchen eine farblose Gallerte aus, in die sie sich zurück-
ziehen können, und in die sie auch die unbefruchteten weıblichen und
männlichen Sommereier ablegen.
:>> Von Anfang bis Mitte August, d. h. etwa 8—-10 Tage lang, fand ich
bei Untersuchung dieser Gesellschaften, zwischen den Weibchen herum-
schwimmend, die sehr viel kleineren Männchen, zuerst in geringerer,
dann in größerer Zahl.
.a,'. Da das Wetter in dieser Zeit nicht sehr günstig war und ich des-
halb stets befürchten mußte, am nächsten Tage kein neues Material
mehr zu finden, so konnte ich das Material zu Studien am lebenden
Objekt nicht rationell genug ausnutzen und habe zu viel Zeit auf die
recht mühsame und umständliche Konservierung verwendet. 1905
und 1906 war ich leider außer Stand, nochmals Material zu sammeln,
wie ich gehofft hatte.
Ich untersuchte den Bau der lebenden Männchen, ferner in toto
präprarierte und in Serienschnitte von 2—5 u zerleste Exemplare;
ebenso den Bau der reifen Spermatozoen lebend und konserviert, sowie
ihre Entwicklung an Schnitten durch männliche Eier.
Zur Betäubung der Tiere verwandte ich die RousseLetsche Me- |
thode (99), welche darin besteht, daß man dem die Tiere enthaltenden
Wasser tropfenweise eine Mischung von 3 Teilen 2% Cocain, 1 Teil
90% Alk. und 6 Teilen Wasser so lange zusetzt, bis die Cilien aufhören
zu schlagen. Konserviert wurden die betäubten Tiere in Sublimat-
Alkohol oder meist in Sublimat, welches erst nach kurzem Auswaschen
des Cocains in Wasser geschehen darf, da sonst ein weißer Niederschlag
entsteht. Gefärbt wurde mit Borax-Karmin, nach BLocHMANN, MAL-
Das Männchen’ von Lacinularia socialis Ehrkg. | 627
-LORY und mit HEIDENnHAINschem Eisenhämatoxylin mit und ohne
Nachfärbung.
Eine Abbildung des Männchens gab meines Wissens außer HuDsoNn
(74 u. 86) nur Hrava (04,), der ebenso wie Hupson die äußere Form
‚ganz gut darstellte, aber die innere Organisation, so weit sich dies
beurteilen läßt, nicht genügend berücksichtigte. Da Hravas Abhand-
lung und auch die Erklärungen der Figuren (die Herr K. THox so
freundlich war, mir leihweise zu überlassen) in böhmischer Sprache ab-
rh u
ERWEITERTE
NN TS ea FRUNSF
AN EEE REN
IQ ET A
Ban
Textfig. 1. Textfig. 2.
Fig. 1. Männchen, von der Dorsalseite, etwas schematisiert. A, Augen; C, Cilienbüschel über den
Ausen; Dr!,'eroße Drüsenlappen der Fußdrüsen; Dr?, kolbenförmige Ausstülpung derselben; r.D,
rudimentärer Darm; Exec, Excretionsorgan; Fl, Fliimmerlappen; G, Gehirn; @.Ö, Geschlechtsöffnung;
H, Hoden; K.M, Körnermasse; M, Ringmuskel; m!, Muskel, der vom Vas deferens zum Hoden zieht;
Mr?, Muskelring am Ausgang des Vas deferens; Mr°, Zellring an der Geschlechtsöffnung; Pr, Pro-
istatadrüsen; S, Saugnapf; St.K, stäbchenförmige Körper; T, Tastorgan; v.D, Vas deferens.
Fig. 2. Männchen im Profil etwas schematisiert. Erklärung s. Fig. 1.
gefaßt ist, so ist sie dem Verständnis der Mehrzahl der Zoologen und
leider auch dem meinigen unzugänglich.
Ich gebe zwei etwas schematisierte Abbildungen des Männchens,
eine von der Dorsalseite (Textfig.1) und eine Profilansicht (Textfig.2),
628 Clara Hamburger,
die teils nach Skizzen lebender, teils nach solchen präparierter Exem-
plare angefertigt sind. '
Das Männchen hat eine etwa walzenförmige, hinten zugespitzte
Gestalt. Das vordere Körperende wölbt sich beinahe halbkugelig aus
dem kontinuierlich das Kopfende umziehenden Wimperkranz des
Räderorgans hervor; es trägt an seinem Scheitel über den Augen ein
Cilienbüschel (Textfig. 1 u. 2 C), sowie mehr unregelmäßig angeordnete
Cilien. Da die Scheibe des Räderorgans häufig eingezogen wird, so
finden sich die ıhr anliegenden beiden Augen (Textfig. 1 u. 2 A) bald
ganz vorn, bald mehr im Inneren des Körpers. Die Cilien tragenden
Zellen des Räderorgans (Fig. 1 RZ) sind ansehnlich groß und sym-
metrisch angeordnet. Von den Zellen der Scheibe des Räderorgans
nehmen Muskeln ihren Ursprung, die das Einziehen des Räderorgans,
sowie Kontraktionen des ganzen Körpers bewirken. Da ich ihren
Verlauf leider nicht genau verfolgen konnte, so habe ich sie auf den
Abbildungen nicht näher berücksichtigt. Durch sieben oder acht in
gleichmäßiger Entfernung voneinander angeordnete Ringmuskeln (Text-
fig. 1 u. 2 M) erscheint der Körper äußerlich in acht, bzw. neun Ringe
geteilt.
Die Länge der Tiere schwankte bei den von mir gemessenen zwischen
200 und 350 u; die größte Breite zwischen 90 und 115 «. Die Größe
kommt also etwa der eines Paramaecium caudatum gleich, die BLocH-
MANN (95) zu 120 bis 350 u. angibt.
Bei der äußeren Betrachtung tritt als einzige Körperöffnung die
dorsal gelegene Geschlechtsöffnung hervor (s. Fig. 4 und Textfig. 1
u.2 @.Ö). An der hinteren Körperspitze findet sich ein Saugnapf (S auf .
Fig. 4 u. 5 und Textfig. 1, 2), dessen äußere Wand von Muskelfibrillen
gebildet wird, während er innen von Cilien ausgekleidet ist. In das
proximale Ende des Saugnapfes mündet eine sehr ansehnliche Drüse.
Zwei große Lappen sind rechts und links von dem Ausführgang der
Geschlechtsorgane sichtbar (Textfig. 1 u. 2, Fig. 1 u. 5 Drt); sie füllen
den Raum zwischen diesen und den seitlichen Körperwänden voll-
ständig aus und erstrecken sich vorn bis zum Hoden (7), so daß sie
mehr als 1/, der ganzen Körperlänge einnelimen. Ventral von dem
Vas deferens (Fig. 1V.D) in der Längsachse des Körpers vereinigen sich
diese beiden Drüsenlappen zu einem Endteil. Das ganze Gebilde besitzt
eine schwammartige Struktur und stellt ein Syneytium mit zahlreichen
unregelmäßig eingelagerten Kernen dar. Am Aufbau dieser Drüse
nehmen ferner zwei mehr dorsal gelegene kolbenförmige Gebilde teil,
die eine Reihe sehr regelmäßig angeordneter Kerne enthalten, und sich
Das Männchen von Lacinularia socialis Ehrbg. 629
mit Kernfarbstoffen stark färben (Dr? Fig. 4, 5, Textfig. 1, 2); mit
ihrem schlankeren Ende, welches ein Lumen enthält, münden sie dicht
nebeneinander in den Saugnapf. Ihr Zusammenhang mit den großen
Drüsenlappen ist nur schwer zur Anschauung zu bringen. Nach dem
von mir an verschiedenen Schnittserien Beobachteten erschien es jedoch
ziemlich sicher, daß diese beiden Kolben die eigentlichen Ausführgänge
sind, und wahrscheinlich auch Reservoire des Drüsensecrets darstellen,
welches von den beiden großen Drüsenlappen (Dr!) secerniert wird.
Das Männchen bedient sich des Saugnapfes, um sich bei der Be-
gattung an der Körperwand des Weibchens festzusaugen und das aus
der Drüse in den Saugnapf sich ergießende Secret bewirkt die innigere
Befestigung an dieser oder einer andern Unterlage, auf der das Männ-
chen sich gelegentlich festsetzt. Das ganze Organ entspricht also der
Fußdrüse andrer Rädertiere, obgleich von einem eigentlichen Fuß hier
nicht gesprochen werden kann. Am lebenden Männchen konnte ich
wiederholt einen am hinteren Körperende ansitzenden langen Schleim-
faden beobachten, den das aus der Ruhe aufgeschreckte Tier hinter sich
her zog.
Vorn dicht unter dem Räderorgan sehen wir zunächst das recht
ansehnliche Cerebralganglion (Textfig. 1, 2 G). Es hat, von der
Fläche betrachtet, die Gestalt eines Vierecks, dessen vier Ecken aus-
gezogen sind. Von den zwei vorderen Ecken gehen die zu den Augen
(Textfig. 1 A) führenden Nerven ab, die hinteren Ecken ziehen sich
in lange Nervenfasern aus, die zu zwei Tästorganen führen, welche
zwischen dem zweiten und dritten Muskelring rechts und links aus der
Körperoberfläche hervortreten (Textfig. 1 7). Derartige seitliche Tast-
organe sind auch von andern männlichen Rädertieren bekannt, während
die Weibchen sie meist auf dem Rücken tragen; sie wurden daher von
PLATE auch für die männliche Lacinularia postuliert, aber nicht be-
obachtet; er beschreibt hingegen, wie auch Hupson, ein dorsales Sinnes-
organ, während ich etwas Derartiges nie beobachtet habel.
Fig. 7 zeigt ein solches Tastorgan wie es am lebenden Tier sich
darstellt. Fig. 6 ist nach einem konservierten und gefärbten Exemplar
gezeichnet. Es hat die Gestalt eines mit einem Deckel versehenen
Bechers. Im Grunde dieses Bechers an der Stelle, wo der Nerv eintritt,
liest ein von Protoplasma umgebener Kern. Der Deckel erscheint nach
1 Nach beendeter Niederschrift fand ich auf einem aus altem Material an-
gefertigten Präparate zum erstenmal eine dorsale Ausstülpung des Körpers, welche
wohl ein Tastorgan enthalten mag. Da das Exemplar leider sehr schlecht konser-
viert war, will ich auf diese Beobachtung nicht näher eingehen.
630 | Clara Hamburger,
der Konservierung und Einschluß in Kanadabalsam hyalin (s. Fig. 6),
im Leben zeigt er, sowie der Becher eine streifige Struktur (Fig. 7).
An der Spitze des Deckels findet sich eine Öffnung, aus der die Sinnes-
haare hervortreten. Der zutretende Nerv ist etwa in seiner Mitte mit
einer ganglıösen Anschwellung versehen, die einen Kern enthält (s.
Fig. 6). |
Der histologische Bau des Cerebralganglions stimmt mit dem vieler
niederer Evertebraten überein. Die äußere zellige Umhüllung (@. Z Fig. 1)
unterscheidet sich bei der Färbung nach Matrory von der inneren Punkt-
substanz (P.S) dadurch, daß sie sich blau färbt, während die innere
Partie rot gefärbt erscheint. Die Ganglienzellen enthalten große Kerne
und wenig Plasma. Über die unzweifelhaft vom Ganglion zum Räder-
organ ziehenden Nerven konnte ich nichts Genaues feststellen, dagegen
schien es mir auf einigen Präparaten und bei Beobachtung des lebenden
Männchens sehr wahrscheinlich, daß von dem
Gehirn ventralwärts ein Nervenring entspringt,
der zwei Nerven zum Hoden sendet (Text-
fig. 3). Dieser Ring wäre der Schlundcom-
missur und dem unteren Schlundganglion im
Nervensystem der Anneliden vergleichbar.
Ganglienzellen konnte ich allerdings auf der
Ventralseite nicht nachweisen.
Bei den Weibchen von Callidina und
Textfig. 3. Discopus (ZELINKA, 86 u. 88) und Conochrloides
A; Auge; @, Gehirn; N!,zu den (HLAVA, 06) wurde ein subösophageales Gan-
A er av; zum olion beschrieben, so daß meine Beobachtung
seitlichen Tastorgan führender
Nerv; N°, zum Hoden führender an den Männchen der Zacinularıa nicht: iso-
Nerv; S, Schlundeommissur; U.S,
untere Schlundeommissur. liert dasteht; daß Ganglienzellen fehlen, steht
jedenfalls mit der bei den männlichen Räder-
tieren fast allgemeinen Rückbildung des Darmes in ursächlichem Zu-
sammenhang. |
Das Excretionsorgan der Rädertiere ist schon sehr häufig unter-
sucht worden. Die Frage, ob seine Wimperorgane in offener Kommuni-
kation mit der Leibeshöhle stehen, ist als endgültig gelöst zu betrachten,
indem eine solche nicht besteht, vielmehr ein Plasmapfropf die Flimmer-
organe gegen die Leibeshöhle abschließt. Ein Gleiches konnte auch
ich konstatieren. Das Exeretionsorgan der Lacinularie-Männchen be-
steht aus zwei Längsstämmen, die, wie es scheint, ebenso wie beim
Weibchen, vorn, in der Höhe des Gehirns quer verbunden sind; denn
ich konnte am lebenden Tier, ventral vom Gehirn eine lebhafte Flimme-
Das Männchen von Lacinularia socialis Ehrbg. 631
rung wahrnehmen. Die Seitenstämme (Textfig. 1 u. 2, und Fig. 1 Exec)
ziehen rechts und links vom Hoden zwischen diesem und der Körper-
wand hin und münden hinten getrennt, mit größeren Endzellen
(Fig. 1 E.Z) rechts und links von der Einmündungsstelle des Hodens
in das proximale Ende des Vas deferens.
Am lebenden Tier hatte ich den Eindruck, daß die seitlichen Flim-
merorgane, wie sie in Textfig. 1 F.L dargestellt sind, den Haupt-
kanälen seitlich ansitzen.
An den in toto präparierten und den in Schnittserien zerlegten
‘ Tieren konnte ich allerdings von diesen seitlichen Ausstülpungen der
Kanäle nichts wahrnehmen und nur die Treibwimpern (Fig. 1 7.W)
im Inneren des Hauptkanals sehen. In Fig.1 ist das rechte Gefäß
sut getroffen; man sieht die Kerne, von denen die Treibwimpern
(Fig. 1 7.W) ihren Ursprung nehmen und eine eigentümliche Struktur
der Wand, die meiner Ansicht nach von einer spiralig verlaufenden
muskulösen Wandverdickung herrührt.
Es wäre demnach möglich, daß die Verhältnisse den von HravA (04)
für das Weibchen von Lacinularia beschriebenen entsprechen, daß
nämlich neben den Hauptkanälen noch capillare Röhren einherlaufen,
von denen die seitlichen Flimmerorgane ausgehen, und die mit den
Hauptstämmen nur an deren oberen und zuweilen auch an deren unteren
Enden in Verbindung stehen.
Für die Männchen bedarf diese Angabe indes noch weiterer Be-
stätigung, da HravA hierauf nicht näher eingeht und ich beim lebenden
Tier diese Verhältnisse nicht genügend berücksichtigt habe. Beı der
Kleinheit des Objektes wird es mit Schwierigkeiten verbunden sein,
völlig ins klare zu kommen.
Etwas hinter dem Gehirn erweitern sich die beiden Kanäle zu
großen Zellen, welche nach dem Kopfende und dem Gehirn zu Aus-
läufer senden, vermittels deren sie miteinander und mit der Scheibe
des Räderorgans verbunden sind (s. Fig. 1).
Das ansehnlichste Organ des Männchens ist der Hoden (4 in Fig. 1,
5, Textfig. 1 u. 2), der mit seinem Ausleitungsapparat fast den ganzen
Körper ausfüllt, namentlich so lange er prall mit Spermatozoen gefüllt
ist. Nach der Entleerung fällt er etwas zusammen, worauf die Bänder
sichtpar werden, die ihn an der Körperwand befestigen.
Im Inneren des Hodens findet man die zahlreichen Spermatozoen
in lebhafter Bewegung ‚ihre Gestalt kann zunächst nıcht erkannt werden,
da sie vielfach eingerollt und dicht aneinander gepreßt sind. Sehr
auffallend und an allen studierten Exemplaren bemerkbar ist eine
632 Clara Hamburger,
scheinbare Längsstreifung des hinteren Hodenabschnitts (Textfig. 1 u.
2 St.K), die sich von seiner Ausmündungsöffnung in den Samenleiter
nach vorn strahlig ausbreitet und etwa das hintere Viertel des Hodens
auszeichnet. Nach meinen Erfahrungen rührt sie von lanzettförmigen,
frei im Hoden liegenden Gebilden her, die sich durch Druck leicht aus
dem Männchen herauspressen lassen, doch soll hierüber später genauer
berichtet werden.
Vorn setzt sich an den Hoden eine Zellmasse von grobvacuolärem
Bau an (Fig. 2, Textfig. 1 r.D), die zuerst PLATE als rudimentären
Darm angesprochen hatte, welche Deutung wohl auch die einzig mög-
liche und allgemein anerkannte ist.
Sehr regelmäßig und symmetrisch angeordnete Zellen mit deut-
lichen Kernen (x Fig. 2 u. 5) stellen die Verbindung zwischen diesem
rudimentären Darm und dem vorderen Körperende her und sind viel-
leicht als letzte Reste eines rudimentären Kauapparates aufzufassen.
Auf dem hinteren Abschnitte des Hodens sah ich am lebenden
Männchen die von früheren Autoren erwähnte, schwarze Körnermasse
(Textfig. 1 KX.M), die sehr verschieden gedeutet wurde. Da ich, ebenso
wie PLATE (85, bei Brachionus amphiceros) einen Zusammenhang der
Körnermasse mit dem vorderen Teile des rudimentären Darmes fest-
stellen konnte, stehe ich nicht an, mich der Deutung dieses Autors, der
sie als Reste des Enddarmes anspricht, anzuschließen. Daß ich diese
Körner an konservierten Exemplaren nie fand, mag seinen Grund darin
haben, daß sie in einem der verwendeten Reagentien löslich sind.
An seinem hinteren Ende steht der Hoden durch einen sehr schmalen
und kurzen Kanal (Fig. 1 u. 4 Mr!), dessen Wände muskulös verdickt
sind, mit dem Vas deferens (Fig. 1 V.D) in Verbindung,. welches ein
relativ weites Lumen hat.
Die Wand des Vas deferens wird von Ringmuskelfibrillen gebildet
(Fig. 1), deren Zellen nicht deutlich voneinander gesondert, der Wand
außen anliegen (Fig. 3, 4 M.Z); innen ist die Wand mit langen Cilien
ausgekleidet, welche im Leben lebhaft hin und her schlagen. Rechts
und links von dem kurzen Verbindungskanal zwischen Hoden und
Vas deferens (Fig. 1 u. 4 Mrt), der durch seine stark verdickten Wände
schon im Leben deutlich sichtbar ist, münden die beiden Hauptstämme
des Excretionsorgans mit den schon erwähnten großen Endzellen
(Fig. 1 E.Z) in dasselbe ein. Nur wenig caudalwärts davon sieht man
bei Einstellung auf die dorsale Wand des Samenleiters zwei zwei- bis
mehrzellige Drüsen (Pr Textfig. 1 u. 2, Fig. 1), dicht nebeneinander
einmünden, welche schon bei andern Rädertiermännchen als Prostata-
Das Männchen von Lacinularia socialis Ehrbg. 633
drüsen bezeichnet wurden. Am hinteren Ende des Samenleiters be-
festigt sich rechts und links je ein Muskel (Fig. 1 und Textfig. 1 m!),
der nach vorn zum Hoden zieht, und, wie mir scheint, bei der Austrei-
bung der Spermatozoen eine Rolle spielt. Der gleichen Funktion dient
wohl auch ein muskulöser Ringwulst (Mr? Fig. 1, 3, 4), der unmittelbar
hinter der Ansatzstelle der eben erwähnten Muskeln das Vas deferens
umzieht. Innerhalb des vorderen Teiles des Ringwulstes, der hier
fibrillär differenziert ist (Fr Fig.1,3,4), verengt sich das Vas deferens
nach hinten zu trichterförmig bis zu einer feinen Öffnung, welche hierauf
in einen weiten, kuppelförmigen Raum führt, der von der caudalen
Hälfte des Ringwulstes umschlossen wird. Die Innenwand dieser
kuppelförmigen Erweiterung wird von einer ziemlich starken Cuticula
ausgekleidet. An diese Erweiterung schließt sich endlich der zur äußeren
Geschlechtsöffnung (G.Ö Fig. 1, 3, 4) führende letzte Abschnitt des
‚Ausführganges an, der trichterförmig gestaltet und innen bewimpert
ist (4.@ Fig. 1, 3, 4). Unweit der Ausmündungsstelle ist dieser Ab-
schnitt, der nur als eine Einstülpung der äußeren Körperwand zu be-
trachten ist, noch von einem Zellring (Fig. 3, 4 Mr?) mit deutlich sicht-
baren, sehr regelmäßig angeordneten Kernen umgeben.
Ein ausstülpbarer Penis konnte nicht aufgefunden werden und ich
muß die Existenz eines solchen verneinen, obgleich PLATE (85) ihn
beobachtet haben will. Er hält den auch von mir beobachteten Ring
(Mr! Fig. 1u.4) an der Einmündungsstelle des Hodens in das Vas defe-
rens für den »handschuhfingerförmig umgestülpten und eingezogenen
Penis«, der gewöhnlich eingestülpt getragen werde. Doch gibt PLATE
selbst zu, daß er über den feineren Bau des Begattungsorgans nicht
völlig ins klare kam, weil es ihm nie gelang, dasselbe durch Druck
frei zur Ansicht zu bringen. Auch Hupson (86) spricht von einem aus-
streckbaren Penis; auf seiner Abb. Taf. VIII, Fig.1 ist jedoch nichts
Derartiges zu sehen.
Wie gesagt kann bei Lacinularia von einem Begattungsorgan nicht
gesprochen werden; das was man bisher dafür hielt, ist das Vas deferens.
Die Verhältnisse nähern sich denen, wie sie PLATE (86, S.110) bei Hert-
wigia und einigen andern Formen beschreibt, bei denen das hintere,
retractile Körperende als Penis funktionieren soll; sie sind bei Lac-
nularia etwas anders, weil die Geschlechtsöffnung nicht wie bei Hert-
wigia terminal, sondern dorsal liegt (Textfig. 2 @.Ö).
Der Akt der Begattung geht meiner Ansicht nach folgendermaßen
vor sich: Durch Contraction der beiden oben beschriebenen Muskeln
(Fig. 1 m!) werden die Spermatozoen aus dem Hoden in das Vas
634 Clara Hamburger,
deferens getrieben; durch Contraction zweier weiterer Muskeln (Fig. 1
m?2), welche an dem muskulösen Ringwulst (Mr?) inserieren, sowie
durch die Contractionen des Ringwulstes und des Vas deferens selbst
wird die austreibende Tätigkeit der Cilien im Samenleiter unterstützt,
wodurch die Spermatozoen in den äußeren Geschlechtsgang (A.@
Fig. 1, 3, 4) gelangen und von hier in die Leibeshöhle des Weibchens,
wo man sie oft schon bei jugendlichen, noch nicht geschlechtsreifen
Tieren in größerer Zahl antrifft. Das Eindringen der Spermatozoen
in das Weibchen konnte ich leider nie beobachten, obgleich ich mehrere
Mal sah, wie ein Männchen sich mit seinem Saugnapf an verschiedenen
Körperstellen des Weibchens festsaugte. Mir scheint, daß die männliche
Geschlechtsöffnung sich an irgend einer beliebigen Stelle des Weibchens
andrückt und in der oben beschriebenen Weise die Spermatozoen mit
großer Gewalt herausgepreßt werden. Gar nicht unwahrscheinlich
erscheint es mir, daß die lanzettförmigen, an beiden Enden zugespitzten
Gebilde, welche im hinteren Ende des Hodens liegen (Textfig. 1 u. 2
St.K), und zuerst aus demselben herausgelangen, zum Durchbohren
der Körperwand des Weibchens beitragen, und daß hierin vielleicht
ihre Hauptfunktion besteht.
Diese lanzettförmigen Gebilde sind schon DALRYMPLE (49) als eine
vermeintliche Längsstreifung des Hodens bei Notommata anglıca auf-
gefallen und wurden von ihm als ein Muskelbündel gedeutet. LEYDIG
(55) machte auf diesen Irrtum aufmerksam, erkannte sie bei Notommata
als Samenelemente, konnte jedoch nicht darüber schlüssig werden, ob
sie in den Entwicklungskreis der Spermatozoen gehören, welche den
Hauptinhalt des Hodens bilden oder ob sie eine zweite Form von Sper-
matozoen darstellen, wie solche von Paludına und andern Gastropoden
bekannt sind. Später (83) äußerte er sich jedoch dahin, daß sie End-
stadien im Entwicklungsgang der Spermatozoen seien. ÜoHN wendete
sich 1856 gegen diese Auffassung; er sagt S. 453 bei der Beschreibung
des Männchens von Hydatına senta: »Am hinteren Ende zeist der Hoden
eine dichte parallele Längsstreifung; LEevvıg deutet sie als Spermato-
zoenmassen, ich erkläre sie jedoch durch die eigentümliche Anordnung
der Muskelfasern wie dies auch DALRYMPLE getan. «
Später wurden diese Körper auch von CLaus (76 u. 80) bei Seison
grubei gefunden; er glaubt, daß sie den von Levpre beschriebenen
homolog sind, aber im Samenleiter entstehen, weiß sich jedoch ihre
Funktion nicht zu erklären. 1886 spricht zuerst PLATE die soeben auch
von mir geäußerte Vermutung über die Funktion der fraglichen Gebilde
aus, was mir um so interessanter ist, als ich ohne Kenntnis seiner
Das Männchen von Lacinularia socialis Ehrbg. 635
diesbezüglichen Äußerung auch zu derselben gekommen war. Neuerdings
(88) kam WEBER wieder auf die ganz unhaltbare Ansicht der älteren
Autoren zurück, daß es sich um ein Muskelbündel handle. Die Ansicht
Hravas (042), der auch Längsstreifung abbildet, blieb mir leider unbe-
kannt.
Diese steifen Gebilde sind, wie schon erwähnt, lanzettförmig und
an beiden Enden scharf zugespitzt (Fig. 8, 9, 10). Der eine ihrer beiden
Pole zieht sich in einen Faden aus, der etwa die gleiche Länge hat wie
der Körper selbst, d.h. durchschnittlich 10 «u; er scheint im Leben
beweglich zu sein, da er sowohl an lebenden als auch an konservierten
Exemplaren nicht immer ganz gestreckt, sondern zuweilen etwas ge-
bogen erschien. Die Achse des Körpers durchzieht ein mit Kernfarb-
stoffen färbbarer Faden und an der breitesten Stelle des Körpers findet
sich zuweilen ein mit Eisenhämatoxylin stark färbbares Körnchen
(Fig. 10). Am lebenden Material konnte ich den axialen Faden nicht
wahrnehmen, hingegen die auf Fig. 8 dargestellten, stark lichtbrechen-
den Körnchen, die wohl dem Körnchen in Fig. 10 entsprechen; ferner
trugen die lebenden, bei schwacher Vergrößerung stäbchenförmig er-
scheinenden Gebilde seitlich eine helle Blase, die ich an konservierten
Exemplaren nie fand. Ich vermute jedoch, daß es vielleicht noch nicht
sanz ausgebildete Stadien waren, die ich vor Augen hatte, denen noch
ein Rest der Bildungszelle anhing.
Über den morphologischen Wert dieser Gebilde läßt sich nichts
Sicheres aussagen, da ihre Genese nicht bekannt ist, welche allein Auf-
schlüsse über die Herkunft der einzelnen Bestandteile geben könnte;
doch möchte ich auch schon nach meinen lückenhaften Beobachtungen,
sowie auf Grund einer noch später zu erwähnenden, auffallenden Ähn-
lichkeit dieser Gebilde mit den Spermatozoen andrer Organismen nicht
anstehen, sie als den Spermatozoen homologe, aus Spermatiden hervor-
gegangene Zellen zu betrachten, deren axialer Faden von dem Kern
herzuleiten ist.
Das Vermögen der Rädertiere in ihrem Hoden zweierlei Zellelemente
zu entwickeln, steht nicht vereinzelt da. Von Paludina und andern
Prosobranchiaten waren derartige Verhältnisse schon länger bekannt,
und in neuester Zeit fand Mevazs (02) auch bei Pyygaera, einer Lepidoptere,
verschieden geformte Samenelemente, von denen die einen sich durch
das völlige Fehlen eines Kernes auszeichnen und von ihm daher als
apyrene Spermien bezeichnet werden. Über die Funktion dieser Ele-
mente, sowie über die der sog. oligopyrenen Spermien der Gastropoden
ist man noch völlig im unklaren; alle früher aufgestellten Hypothesen
Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. - 42
636 Clara Hamburger,
erwiesen sich als unhaltbar (s. hierüber KoRscHELT und HEIDER [02
S. 461], Meves [02]. KorscHerr hält es jedenfalls für sicher, daß
diese abweichend geformten Spermatozoen bei der Befruchtung des
Eies keine Verwendung finden.
Daß die bei den Rädertieren vorkommenden, sog. stäbchenförmigen
Körper den oligopyrenen und apyrenen Spermien nahe stehen, scheint
mir sehr wahrscheinlich und das von mir über ihre vermutliche Funk-
tion Geäußerte daher vielleicht von allgemeinerem Interesse.
Die mit Sicherheit als männliche Geschlechtszellen funktionieren-
den Elemente des Hodens wurden zuerst von LEyvDie (51) in der Leibes-
höhle des ZLacinularia-Weibehens, welches damals noch für einen
Zwitter galt, flottierend gefunden und als parasitische Protozoen be-
schrieben. Nachdem ihm die von DALRYMPLE schon 1849 gemachte
Entdeckung der männlichen Rädertiere bekannt wurde, und er selbst
die Männchen von Notommata sieboldi im Jahre 1855 eingehend studiert
hatte, fiel ihm die Ähnlichkeit der vermeintlichen Parasiten mit den
Spermatozoen dieser Form auf, wodurch er selbst von seinem Irrtum
bei Lacinularia zurückkam. Leypıscs schon im Jahre 1851 gegebene
Abbildung und die Huxıeys (53) sind die einzig existierenden der Sper-
matozoen von Lacinularia. Sie gaben beide die äußere Gestalt richtig
wieder; von dem Inhalt hat Huxrey gar nichts, LevDie nichts Sicheres
gesehen; letzterer berichtet nur, daß mehrere Kügelchen im Inneren
des Körpers unterschieden werden können. Von späteren Autoren
wurden die Spermatozoen der Rädertiere entweder gar nicht näher
untersucht oder im besten Falle nur bei so schwachen Vergrößerungen
betrachtet und abgebildet, daß man höchstens notdürftig über die
äußere Gestalt orientiert wird. Die innere Organisation wurde bisher
überhaupt kaum berücksichtigt. Nur Conn (63) und WEBER (88)
geben Abbildungen der Spermatozoen von Conochilus vowox und Hy-
datina senta, in denen ein länglich gestreckter Inhaltskörper zu sehen
ist; im ganzen aber zeigen auch diese beiden Abbildungen nichts
Bemerkenswertes. |
Das einzige, was wir aus den bisherigen, recht ungenügenden Ab-
bildungen und Beschreibungen entnehmen können, ist, daß die äußere
Gestalt der Spermatozoen innerhalb der Gruppe der Rädertiere nicht
immer die gleiche ist; wenn sie auch auf einen gemeinsamen Grund-
typus zurückgeführt werden kann (s. die Abb. von DALRYMPLE [49],
Hvxrev [53], Levyoıe [55], Comm [56 u. 63], Hupson [74, 83], JoLIET
[83], WEBER [88], Marks and Wesch& [03], Montsomery [03]. Nach
dem Gesagten erscheint es nicht wunderbar, daß KoRSCHELT weder
Das Männchen von Lacinularia socialis Ehrbg. 637
in dem allgemeinen Teil seines Lehrbuches (02) noch in seinem Vor-
trage vor der Deutschen Zoologischen Gesellschaft (06) die Spermatozoen
der Rädertiere erwähnte.
Ich beobachtete die Spermatozoen im lebenden Männchen, wo sie
sich lebhaft bewegen, ihre Gestalt aber nicht zu erkennen ist. Um diese
näher zu studieren, preßte ich sie durch sanften Druck auf das Deckglas
aus dem Hoden heraus und sah nun zahlreiche cercarienartig geformte
Gebilde, die sich mit ihrem Ruderschwanze hin und her bewegten.
Bei näherer Betrachtung mit starker Vergrößerung erwies sich dieser
Schwanz als der mit einer undulierenden Membran besetzte Schwanz
des Spermatozoons, dessen feinerer Bau nach Abtöten und Färben des
Präparates noch deutlicher sichtbar wurde.
Auf Fig. 24—27 sind fertig ausgebildete Spermatozoen abgebildet,
wie sie sich nach Abtöten mit Sublimat-Alkohol und Färbung mit
HEIDEnHAINnschem Eisenhämatoxylin darstellen. Der undulierende
Saum zieht sich wellenförmig den Schwanz entlang, das Protoplasma
ist deutlich wabig strukturiert. Der länglichrunde, keulenförmige
Körper mit dem ansehnlichen Schwanz stellt ein Gebilde dar, welches
von den typischen Spermatozoenformen stark abweicht. Das Vor-
handensein von reichlichem Protoplasma, sowie das Fehlen einer Geißel
ist eine bei den Spermatozoen wenig verbreitete Erscheinung.
Der kolbenförmige vordere Abschnitt, den wir der Kürze wegen
als Kopf bezeichnen wollen (ohne ihn dem Kopf andrer Spermatozoen
zu homologisieren), wird von einem eigentümlichen bandartigen Axial-
körper durchzogen, welcher sich bis in den Anfangsteil des Schwanzes
erstreckt und nach hinten spitz ausläuft. Vorn krümmt er sich haken-
förmig um und man kann an diesem vorderen Ende, welches einen
Querschnitt des Bandes zeigt, wahrnehmen, daß er der Quere nach
eingerollt ist und eine halbkreisförmige Rinne darstellt, deren Kon-
kavität gegen die Konkavseite des Achsenkörpers gerichtet ist. Aus
dem hakenförmig nach hinten gebogenen Vorderende dieser Rinne tritt
ein peitschenartig gewundener Faden (Fig. 24—28 F) hervor, der
mannigfache Windungen beschreibt, innerhalb der Rinne setzt sich
der Faden nach hinten fort und ıst hier, besonders auf Querschnitten,
deutlich wahrnehmbar (s. Fig. 29 F). Das hintere Ende des Fadens
war nicht sicher erkennbar.
Der Achsenkörper wird zunächst von einer Schicht helleren Proto-
plasmas umgeben, dessen Waben nach Art eines Alveolarsaumes an-
geordnet sind; nach der Peripherie zu wird das Protoplasma dichter
und feinwabiger (s. bes. Fig. 25). Die Gestalt des Kopfes, sowie die des
; 42*
638 Clara Hamburger,
Schwanzes, der sich in verschiedener Weise einrollt, zeigt einige Varia-
tionen. Das Vorderende des Kopfes zieht sich z. B. zuweilen in eine
Spitze aus, wie es in Fig. 27 dargestellt ist; ob dies eine normale oder
durch die Präparation hervorgerufene Erscheinung ist, kann ich nicht
sagen. Der Schwanz ist von verschiedener Länge, meist jedoch weit
länger als der Kopfabschnitt. Das ganze Spermatozoon hat etwa eine
Länge von 40—60 ut.
Soweit ließ sich die Morphologie mit ziemlicher Bestimmtheit fest-
stellen, dagegen stößt die Homologisierung der verschiedenen Bestand-
teile des so abweichend gebauten Spermatozoons mit denen andrer
Formen auf nicht unerhebliche Schwierigkeiten und es schien mir
hierzu von vornherein wichtig, an der Hand der Entwicklungsgeschichte
Näheres zu ermitteln. Zu diesem Zweck konservierte ich möglichst
zahlreich männliche Eier, da die Männchen, deren Lebensdauer ja nur
nach Tagen zählt, schon mit ganz oder doch nahezu reifen Sperma-
tozoen geboren werden!. Leider erwiesen sich die Zellelemente als
ganz außerordentlich klein und die konservierten Stadien als schon zu
weit vorgeschritten, um ganz sichere Schlüsse zu ziehen; immerhin
ließen sich doch einige wesentliche Punkte ziemlich klar stellen.
Die frühesten von mir gefundenen Stadien der Spermatide zeigten
noch einen völlig regulär ausgebildeten Kern von wabigem Bau, mit
einem Nucleolus und zahlreichen, der Kernoberfläche angelagerten, mit
Zisenhämatoxylin färbbaren Körnchen (Fig. 11). Indem sich diese
Körnchen einander nähern, verschmelzen sie zu einem einheitlichen
Körper, der den Kern einseitig wie ein Mantel umgibt (Fig. 12, 13) und
dessen beide Enden, später, während der Kern seine Gestalt nicht ver-
ändert, anwachsen, so daß sie als Fortsätze frei in das Plasma der Sper-
matide vorspringen. Der fragliche Körper stellt nun eine einseitige
Hülle des Kerns dar, die weit größer ist als dieser selbst. Indem dieser
Körper weiter auswächst, entwickelt er sich zu dem oben beschrieberen
bandartigen Axialkörper (Fig. 25 A.). Die Fig. 14—23 zeigen mehrere
Stadien seines Wachstums, wie sie sich bei verschiedener Schnittführung
1 Die männlichen Eier sind von den weiblichen durch ihre geringere Größe
unterschieden. Größe der männlichen: 70 u breit 110 u lang, Größe der weiblichen
110: 150 u. In der Gallerte einer Kolonie finden sich beide Arten von Eiern
vor; ob ein Tier stets nur männliche oder nur weibliche Eier entwickelt, wie es
CoHn (56) für Conochilus volvox und JOLIET (83) für Melicerta beschreibt, oder beide
Arten (WEBER [88] bei Floscularia campanulata), ließ sich daher nicht nachweisen.
Da alle Weibchen einer Kolonie der gleichen Temperatur ausgesetzt sind, kann für
Lacinularia jedenfalls der Einfluß der Temperatur auf die Geschlechtsbestimmung
nicht so groß sein wie es MAupas (90) für Hydatina senta angibt.
Das Männchen von Lacinularia socialis Ehrbg. | 639
darstellen. Die Schnitte sind 2—3 u dick. Die Breite des Kerns
beträgt in allen Stadien etwa 3 u, seine Länge in Fig. 17, 18, 19 etwa
6 u. Der Achsenkörper hat in Fig. 18 eine Länge von 12 ı erreicht;
man sieht an dieser Figur, welche den ganzen axialen Körper im Profil
zeigt, die vordere Krümmung und die Art, wie der Kern eingelagert ist.
Die Vergrößerung ist etwa doppelt so stark als die Figuren der reifen
Spermatozoen. In Fig. 17 ist die Schnittrichtung die gleiche; der
Schnitt ist jedoch etwas oberflächlicher geführt und trifft nur den Teil
der Hülle, der den Kern umschließt. Die Fig. 20 und 21 stellen ähnliche
Stadien dar, auf Schnitten, welche etwa der Linie a«—b Fig. 18 parallel
gehen; sie bringen daher auch einen Querschnitt der Hülle (®) zur
Wiedergabe und zeigen wie der Kern von ihr umschlossen wird; der
Kern ist nicht ın der Mitte, sondern mehr oberflächlich durchschnitten
und erscheint daher relativ klein. In Fig. 23 ist ein ähnlicher, etwas
schräg geführter Schnitt abgebildet.
Später ist der Kern, von dem sich der Nucleolus am längsten erhält,
nicht mehr wahrnehmbar (Fig. 24) und an seine Stelle tritt der in dem
Achsenkörper verlaufende und aus ihm hervortretende Faden. Die
dazwischen liegenden Stadien habe ich leider nicht gefunden.
Trotz dieser Lücke, und obgleich ich die Genese der einzelnen Be-
standteile der Spermatozoen nicht weiter zurückverfolgen konnte als
ich es im obigen darzustellen versuchte, scheint es mir doch nach den
Erfahrungen früherer Autoren und auch nach den neueren Arbeiten
von Meves (00) und DEPDOLLA (06) wahrscheinlich, daß der dem Kern
der Spermatide anliegende Körper (M Fig. 11 u. f.) einen Nebenkern
(Mitochondrienkörper) darstellt und der ganze von ihm umhüllte Teil
des Fadens, der dann als Achsenfaden aufzufassen wäre, dem Mittel-
stück entspräche. Ob dieser Achsenfaden in seiner Gesamtheit dem
Kern entspricht oder nur sein aus dem Achsenkörper vorn hervor-
tretender Teil den Kern repräsentiert, während der übrige Teil des
Achsenfadens einem von mir übersehenen Centrosoma seinen Ursprung
verdankt, darüber kann ich leider nichts Sicheres aussagen. Die end-
gültige Entscheidung darüber, ob die Spermatozoen der Lacinularia
einen Kern und Achsenfaden oder nur einen fadenförmigen Kern ent-
halten, bleibt daher noch offen. |
Weitere entwicklungsgeschichtliche und vergleichende Unter-
suchungen können hier allein zum Ziel führen, und ich werde auch ver-
suchen die zahlreichen Lücken meiner Beobachtungen auszufüllen,
sobald mir wieder Material zur Verfügung steht. Da die Erlangung
des Materials mit Schwierigkeiten verbunden und vom Zufall abhängig
640 Clara Hamburger,
ist, so wollte ich die schon vor 2 Jahren angestellten Untersuchungen
trotz ihrer Lückenhaftigkeit nicht länger zurückhalten.
In dem Bestreben, für die Gestalt der von mir untersuchten Sper-
matozoen in andern Tierklassen einige Vergleichspunkte zu finden,
orientierte ich mich, so gut es ging, über die diesbezügliche Literatur.
Die Arbeiten von GRAFF (82) und BöHnmıe (90) über rhabdocöle Tur-
bellarien erregten mein größtes Interesse, weil einige der hier abge-
bildeten und beschriebenen Spermatozoenformen unverkennbare An-
klänge an die beiden Arten der Spermien im Hoden der Rädertiere zeigen.
Ich möchte nicht näher auf einen Vergleich eingehen, da es mir voreilig
erscheint, nach meinen noch lückenhaften Untersuchungen und der
immerhin recht unvollständigen Kenntnis der Morphologie und Genese
der Turbellarien-Spermatozoen weitergehende Schlußfolgerungen zu
ziehen. Immerhin ist es von Interesse, daß die Spermatozoen zweier
Tierklassen, deren phylogenetische Beziehungen schon wiederholt Gegen-
stand der Diskussion gewesen sind, schon äußerlich vielerlei Überein-
stimmendes zeigen, und ich bin fest überzeugt, daß ein eingehenderes
Studium dieser Verhältnisse auch für die Rückführung der mannig-
faltigen Spermatozoen-Formen, in diesen beiden Tierklassen auf einen
. gemeinsamen Grundtypus von großem Erfolge sein wird.
Die geschwänzten Spermatozoen der Lacıinularia erinnern lebhaft
an die von GRAFF Taf. I Fig. 6 u. 11 abgebildeten Spermatozoen von
Proporus venenosus und rubropunctatus. Die von CoHN (63) beschrie-
benen und abgebildeten Spermatozoen von Conochilus volvox, sowie
die von MONTGoMERY (03) abgebildeten, mehr bandförmig gestalteten
von Floscularia ähneln denen von Macrorhynchus helgolandicus und
nägeli Graff, während die stäbchenförmigen Körper der Rotatorien,
nach den Abbildungen zu urteilen, eine weitgehende Ähnlichkeit mit sog.
geflügelten Spermatozoen von Allostoma monotrochum (GRAFF, Taf. XIX
Fig. 21) u.a. zeigen.
In allerneuester Zeit wurden von Hasswer (05) bei einer Turbel-
larie (Heterochoerus) zwei verschiedene Arten von Spermatozoen ge-
funden, die sich jedoch nicht in ihrer Gestalt, sondern nur in ihrer Größe
voneinander unterscheiden, so daß hierin wohl kaum eine Analogie mit
dem Verhalten der Rädertiere vorliegt.
Am Schlusse der Arbeit danke ich Herrn Prof. BürschHLi für seine
freundliche, gelegentliche Unterstützung bei der Ausführung dieser
Arbeit.
Heidelberg, November 1906.
95.
RD.
76.
80.
56.
63.
49.
06.
83.
82.
05.
04.
04.
06.
74.
83.
86.
53.
83.
06.
02.
3l.
Das Männchen von Lacinularia socialis Ehrbg. 641
Verzeichnis der zitierten Literatur,
F. BLocHmann, Mikroskopische Tierwelt des Süßwassers. I. Protozoa. Ham-
burg, 2. Aufl. 1895.
L. BöHnmıg, Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. Plagiostomina
und Cylindrostomina v. Graff. Diese Zeitschrift Bd. LI. 1890.
C. CLavs, Über die Organisation und systematische Stellung der Gattung
Seison Gr. Festschr. d. k. k. zool. bot. Ges. in Wien 1876.
— Zur Kenntnis der Organisation von Seison. Zool. Anz. Bd. III. 1880.
F. CoHn, Über die Fortpflanzung der Rädertiere. Diese Zeitschrift Bd. VII.
1856.
— Bemerkungen über Rädertiere. III. Diese Zeitschrift Bd. XII. 1863.
S. DALRYMPLE, Description of an infusory animalcule allied to the genus
Notommata of Ehrbg. hitherto undescribed. Philos. Transact. of the
royal society.
PH. DePrDoLLA, Beiträge zur Kenntn. der Spermatogenese beim Regenwurm.
Diese Zeitschrift Bd. LXXXI. 1906.
R. EcKSTEIN, Die Rotatorien der Umgegend von Gießen. Diese Zeitschrift
Bd. XXXIX. 1883.
v. GRAFF, Monographie der Turbellarien. I. Rhabdocoelida Leipzig 1882.
W. A. HasswELı, Studies on Turbellaria I. u. II. Quarterly Journ. mikr. Se.
Na. V. 49.,.1905.
S. Hrava, Einige Bemerkungen über die Excretionsorgane der Rädertier-
familie Melicertidae und die Aufstellung eines neuen Genus Conochiloides
Zool. Anz. Bd. XXVII.
— Rotatorien Böhmens. Monographie der Familie Melicertidae. (Böhmisch.)
Arch. f. Landesdurchforschung Böhmens. Bd. XIII. 1904. Ref. v.
K. Tuox. Zool. Centralbl. 1905. Nr. 184.
— Beiträge zur Kenntn. der Rädertiere. I. Über die Anatomie von Conochi-
loides natans. Diese Zeitschrift Bd. LXXX. 1906.
C. F. Huwpsos, On some male rotifers. Monthly mikr. Journ. XIII. 1874.
— On Asplanchna ebbersborni n. sp. Journ. of royal mikr. Soc. Ser. II.
Vol. III. 1883.
Hupson and Gosse, The rotifera or Wheel animalcules. London 1886.
Supplement 1889.
T. H. Hvxrey, Lacinularia socialis, a contribution to the anatomy and
Physiology of the Rotifera. Transact. of the mikrosk. Society London
1853.
L. JoLIET, Monograph of the Melicertidae. Arch. de Zool. exp. et gen. Bd. I.
1883.
E. KoRscHELT, Über Morphologie und Genese abweichend gestalteter Sper-
matozoen. Verh. der Deutsch. Zool. Gesellsch. Leipzig 1906.
E. KoRscHELT u. K. HEIDER, Lehrbuch der vergl. Entwicklungsgeschichte
der wirbellosen Tiere. Allgem. Teil. 1. Lief. Jena 1902.
F. LeypıG, Zur Anatomie und Entwicklungsgeschichte der Lacinularia so-
eialis. Diese Zeitschrift Bd. III. 1851.
642 Clara Hamburger,
55. F. Leyvıe, Über den Bau und die systematische Stellung der Rädertiere.
Diese Zeitschr. Bd. VI. 1855
83. — Untersuchungen zur Anatomie und Histologie der Tiere. Bonn 1883.
03. J. K. MArks and W. WESCHE, Further observations on male Rotifers. Journ.
of Queck. Mikr. Club 1903.
91. M. Mavpas, Sur le determinisme de la sexualite chez l’Hydatina senta. C. R.
d. seances de l’Ac. des sc. 1891.
00. F. Meves, Über den von La VALETTE St. GEORGE entdeckten Neben-
kern (Mitochondrienkörper) der Samenzellen. Arch. f. mikr. Anat. u.
Entwicklungsgesch. Bd. LVI. 1900.
02. — Über oligopyrene und apyrene Spermien und über ihre Entstehung nach
Beobachtungen an Paludina und Pygaera. ibid. Bd. LXI. 1902.
03. H. MOoNTGoMERY, On the morphology of the rotatorian family Floscularidae.
Proc. of the acad. of nat. science of Philadelphia. 1903.
85. L. PLArTe, Beiträge zur Naturgeschichte der Rotatorien. Jen. Zeitschr.
Bd. XIX. 1885.
87. — Über einige ectoparasitische Rotatorien des Golfes von Neapel. Mitt. d.
Zool. Stat. zu Neapel. Bd. VII. 1887. i
97. CH. F. RoussELET, On the male of Rhinops vitrea. Journ. of royal mikr.
Society London 1897.
97. — On the male of Proales wernecki. Journ. of Queck. microse. Club. V. 6.
1897.
99. — Note on preserving Rotifers. Proc. IV. Intern. Congr. Zool. Cambridge.
1899.
88. E. F. WEBER, Notes sur quelques Rotatores des environs de Geneve. Arch.
de Biol. 1888.
97. E. F. WEBER, Note sur quelques males de Rotateurs. Rev. suisse de Zool.
"PB. V.1897
86. C. ZELINKA, Über die Symbiose und Anatomie von Rotatorien aus dem Ge-
nus Callidina. Diese Zeitschrift Bd. XLIV. 1886.
88. — Der Raumparasitismus und die Anatomie von Discopus synaptae n. Q.
n. sp. Diese Zeitschrift Bd. XLVII. 1888.
Erklärung der Abbildungen.
Allgemeine Bezeichnungen der Figuren 1—5.
A.G, äußerer Geschlechtsgang.
C, Cilien des Vas deferens.
Dr! in den Saugnapf mündende
Dr? Drüsen.
r.D, rudimentärer Darm.
Exc, Exeretionsorgan.
E.Z, Endzellen des Excretionsorgans.
Fr, fibrilläre Differenzierung des Ring-
wulstes am Ende des Vas deferens.
@.Ö, Geschlechtsöffnung.
G.Z, Ganglienzellen des Gehirns.
H, Hoden.
m! dem Vas deferens ansitzende Mus-
keln.
m? dem Ringwulst Mr2 ansitzende
Muskeln.
Mr: Muskelring am Verbindungskanal
zwischen Hoden und Vas deferens.
Das Männchen von Lacinularia socialis Ehrbg. | 643
Mr? Muskelring am Ausgang des Vas SS, Saugnapf.
deferens. St.K, stäbchenförmige Körper.
Mr3 Zellring an der Geschlechtsöffnung. 7.W, Treibwimpern.
M.Z, Muskelzellen des Vas deferens. V.D, Vas deferens.
Pr, Prostatadrüsen. X, Zellen des rudimentären Kauappa-
P.S, Punktsubstanz des Gehirns. rates.
R.Z, Zellen des Räderorgans.
Tafel XXXTI.
Fig. 1. Frontaler Längsschnitt durch das Männchen. Kombination von
mehreren Schnitten einer Serie. Schnittdicke 3 u. Fix. Sublimat; Färbung nach
MALLORY.
Fig. 2. Mehr ventral geführter Schnitt der gleichen Serie. Vordere Partie
des Körpers zur Demonstration des rudimentären Darmes. Beh. wie vorige.
Fig. 3. Medianschnitt durch die Ausführgänge des Geschlechtsorgans.
Beh. wie vor.
Fig. 4 Medianer Sagittalschnitt durch das hintere Körperende. Ausführ-
gänge d. Geschlechtsorg., Saugnapf und Drüsen. Beh. wie vor.
Fig. 5. Frontaler Längsschnitt. Kombination von zwei Schnitten einer
Serie. Zur Demonstration des Saugnapfs und der Fußdrüse. Fix. Sublimat.
Färb. Eisenhämatox. n. HEIDENHAIN. Schnittdicke 3 u. Vergr. 400x.
Fig. 6. Laterales Tastorgan. Fix. Sublimat. Färb. nach BLOCHMANN.
Fig. 7. Desgl. nach dem Leben gezeichnet.
Fig. 8. Stäbchenförmiger Körper nach dem Leben gezeichnet.
Fig. 9 u. 10. Desgl. nach Fix. mit Sublimat und Färbung mit Eisenhäm.
wie oben. Länge 16—20 u. Br. 2 u. Vergr. 2250 x.
Fig. 11-23. Verschiedene Entwicklungsstadien der Spermatiden. Fix.
Sublimat. Färb. 15 u. 16 MaArrory, die andern Eisenhämatox. Schnittdicke
2—3 u.
Fig. 24-27. Reife Spermatozoen. Fix. u. Färb. wie vor. Vergr. 1500 x.
Fig. 28. Längsschnitt durch den Kopfabschnitt eines Spermatozoons. Beh.
wie vor. Schnittdicke 3 u.
Fig. 29. Querschnitt durch einen Achsenkörper (s. Fig. 25 A). Beh. wie vor.
Beiträge zur Kenntnis des Entwicklungsganges der Larve
von Hypoderma bovis De Geer.
Von
Hermann Jost
(Göttingen).
Mit Tafel XXXII und 3 Figuren im Text.
Einleitung.
Angeregt durch die überraschenden Resultate, welche die Fleisch-
beschau innerhalb der beiden letzten Jahrzehnte in bezug auf die Er-
forschung der Dasselplage des Rindes aufzuweisen hat, und veranlaßt
durch die sich trotzdem noch vielfach widersprechenden Ansichten über
den Entwicklungsgang des hierbei in Frage kommenden Schmarotzers —
der Bremsenfliege — Hypoderma bovis —, habe ich im Königlichen
Veterinär-Institut der Universität Leipzig die verschiedensten Unter-
suchungen über diese Hypoderma-Larve und über die durch die Wande-
rung derselben hervorgerufenen pathologisch-anatomischen Verände-
rungen der einzelnen Gewebsteile des Rindes vorgenommen.
Gerade durch die neuesten Forschungen auf diesem Gebiete ist die
Dasselplage des Rindes, insbesondere das Jugendstadium der sie ver-
ursachenden Larve, zu einer einerseits veterinärmedizinisch-sanitäts-
polizeilichen, anderseits aber auch zoologisch-landwirtschaftlichen
Tagesfrage geworden.
\ Vom veterinärmedizinischen Standpunkte aus betrachtet, erregt
diese Schmarotzerkrankheit insofern ein vermehrtes Interesse, als nach
dem Auffinden der Larven von Hypoderma, bovis in der Schlund- und
Magenwand und im Wirbelkanal des Rindes gewisse Krankheitserschei-
nungen des Schlundes, die Blähsucht und einzelne Lähmungserschei-
nungen der Weidetiere in einen ursächlichen Zusammenhang mit den
durch diesen Parasiten hervorgerufenen krankhaften Veränderungen der
erwähnten Körperteile gebracht werden. — Neben dieser Bedeutung für
die klinische Diagnostik und Therapie werden auch vom patho-
logisch-anatomischen Standpunkte aus derartig krankhafte Umbildungen
Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 645
von Gewebsteilen unter Berücksichtigung ihrer jetzt erst bekannt
gewordenen parasitären Ursache einer ganz andern Beurteilung wie
früher unterworfen werden.
In sanitätspolizeilicher Hinsicht erfordert die Invasion dieses
Schmarotzers eine vermehrte Beachtung dadurch, daß die Aypo-
derma-Larve nunmehr nicht allein zu gewissen Jahreszeiten als ständiger
Gast einzelner Organe von Weideschlachttieren bestimmter Gegenden
erkannt ist und durch ihr oft massenhaftes Auftreten an diesen
Stellen an und für sich schon ekelerregend wirkt, sondern daß sie
auch infolge der durch sie verursachten krankhaften Veränderungen
nicht selten zur Minderwertigkeits- und Untauglichkeitserklärung dieser
Fleischteile Veranlassung gibt.
In landwirtschaftlichen Kreisen hat man von jeher der Erforschung
der Dasselplage des Rindes große Aufmerksamkeit entgegengebracht;
dies erklärt sich durch den jährlichen Schaden dieser Schmarotzerkrank-
heit speziell für die Bevölkerung, welche fast ausschließlich auf die Hal-
tung von Weidevieh angewiesen ist. Da sich der rationelle Viehzüchter
bewußt ist, daß erst dann wirksame Mittel zur Bekämpfung der weiteren
Ausbreitung dieses Parasiten angewandt werden können, wenn der ge-
samte Entwicklungsgang der Larve von Hypoderma bovis hinreichend er-
forscht ist, hat sich nach der Veröffentlichung der neuesten Forschungen
auf diesem Gebiete das Interesse der Landwirte an dem weiteren Erfolg
der diesbezüglichen Untersuchungen noch wesentlich gesteigert. — Der
Schaden, welchen die Dasselkrankheit des Rindes alljährlich der Land-
wirtschaft, der Lederindustrie und dem Fleischergewerbe bringt, äußert
sich in der mannigfachsten Weise. Verletzungen infolge der ungeheuren
Aufregung, in welche die Weiderinder durch die Annäherung der Brem-
senfliege versetzt werden, gleichzeitig dadurch verursachter Rückgang
im Nährzustande und in der Milchergiebigkeit der Tiere, Entwertung
des Fleisches durch die Wanderung der Larven im Tierkörper und in
der Umgebung der Dasselbeulen nebst Wertminderung der Haut infolge
der Durchlöcherung sind, kurz zusammengefaßt, die von Jahr zu Jahr
wiederkehrenden Begleit- und Folgeerscheinungen dieser Schmarotzer-
krankheit. In England soll der jährliche Schaden, welchen die Dassel-
plage anrichtet, etwa 160 Millionen Mark betragen. Für Deutschland
fehlen bislang derartige Erhebungen, obgleich es vom national-ökonomi-
schen Standpunkte aus dringend geboten erscheint, dieser Frage ein-
mal näher zu treten!.
1 Nach den neuesten Schätzungen beläuft sich für das Deutsche Reich
der jährliche Schaden der Dasselplage auf etwa 6 Millionen Mark.
646 Hermann Jost,
Da die exakte Fleischbeschau über das so lange unbekannt gebliebene
erste Stadium der Hypoderma-bovis-Larve wesentliche Aufklärungen
gebracht hat, und in allen größeren Schlachthöfen hinreichendes Unter-
suchungsmaterial zu Gebote steht, wird auch der Zoologe mit erneutem
Eifer dem Entwicklungsgang dieses Parasiten im speziellen weiter nach-
zuforschen suchen.
Obwohl im Laufe der letzten Jahre in veterinärmedizinischen und
entomologischen Schriften Vieles über das Werden und Leben der
Bremsenfliege und ihrer Larve veröffentlicht ist, finden sich doch noch
manche unrichtige Anschauungen und streitige Punkte über die Einzel-
heiten der Wanderung der Larve. Die veralteten Anschauungen zu
widerlegen und die Meinungsverschiedenheiten der neuesten Forschungen
durch weitere Untersuchungen nach Möglichkeit zu klären, möge als
Hauptzweck vorliegender Arbeit betrachtet werden.
Gern nehme ich an dieser Stelle Veranlassung, dem Direktor des
Veterinär-Instituts der Universität Leipzig, Herrn Prof. Dr. A. EBER
für die Anregung und die gütige Förderung dieser Arbeit, dem Direktor
des zoologischen Instituts der Universität Göttingen, Herrn Geheimen
Regierungsrat Prof. Dr. EHLERS, Herrn Generaloberarzt Dr. von Lin-
stow in Göttingen und Herrn Dr. Voss am zoologischen Institut daselbst
für die vielfachen Ratschläge meinen verbindlichsten Dank auszu-
sprechen. |
Eine reichhaltige Literaturangabe über dieses Thema findet sich
in BRAUERs »Monographie der Oestriden« vom Jahre 1863; in derselben
greift der Verfasser zurück bis zu VALLISNIERIS Opera 1710, verzeichnet
alsdann in chronologischer Reihenfolge die Beobachtungen, Beschrei-
bungen und Untersuchungen der bedeutendsten Hypodermenforscher
und beendigt seine verdienstvolle Zusammenstellung mit SCHINERS
»Fauna Austriaca« I. S. 396 vom Jahre 1861. Das am Schlusse meiner
Arbeit angebrachte Verzeichnis der später erschienenen Schriften möge
als ein Versuch betrachtet werden, die BrAuvErsche Literaturangabe
bis zu den neuesten Arbeiten auf diesem Gebiete zu vervollständigen
bzw. fortzusetzen.
A. Theorien über den Entwicklungsgang des Krankheitserregers
— der Hypoderma bovis.
Bis zum Jahre 1863 hielt man fast allgemein an der von altersher,
besonders aber von J. W. MEIGEN 1824 in seiner Arbeit über die »Syste-
matische Beschreibung der bekannten europäischen zweiflügeligen
Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 647
Insekten « aufgestellten Ansicht fest, daß das Weibchen von Hypoderma
bovis in den Monaten Juni bis September — also während der Schwärm-
zeit — mittels seiner Legeröhre die Haut der Weiderinder durchbohre
und alsdann seine Eier in die Subcutis derselben lege. Unter dem
Schutze der Haut sollten aus den Eiern die Larven schlüpfen und sub-
cutan im Verlaufe der nächsten Monate ihre weitere Umwandlung durch-
machen. Nach dieser Auffassung fand somit der gesamte Entwicklungs-
gang der Larve von Hypoderma bovis — im Gegensatze zu der Wanderung
der übrigen Oestridenlarven — in und unter der Haut und nicht in den
tiefer gelegenen Organen der Wohntiere statt.
Trotzdem schon vor der Zeit MrıGEns durch die speziellen For-
schungen VALLISNIERIS 1710, durch die Arbeiten R£Aumurs 1733 und
durch die Beobachtungen GrEvEs 1818 der anatomische Bau der Lege-
röhre des Hypoderma bovis-Weibchens einigermaßen bekannt und
das Verhalten der Bremsenfliege während der Schwärmzeit gewissen-
haft beobachtet und beschrieben worden war, blieb die Theorie MEIGENs
Jahrzehnte hindurch unangefochten bestehen. — Erst CLARK, STRICKER
und BRAUER, besonders letzterer in seiner »Monographie der Oestriden «
vom Jahre 1863, traten, gestützt auf ein eignes, reiches Forschungs-
material, und unter Zuhilfenahme des schon lange vorher durch die
Wissenschaft und die Erfahrung gesammelten Stoffes der Auffassung
MEIGENs entgegen und stellten die neue Lehre auf, die Hypoderma bovis-
Fliege lege ihre Eier nicht in und unter die Haut, sondern an die Haut
oder die Haare der Wohntiere, und erst die ausgeschlüpften jüngsten
Larven bohrten sich zur Weiterentwicklung durch die Haut bis zur
Subeutis ein.
Da die von CLARK, STRICKER und BRAUER gegen die Anschauung
MEIGENs angeführten Gründe nicht überzeugend und erschöpfend genug
waren, um letztere als eine irrtümliche Lehre ein für allemal verdrängen
zu können, bestanden seit dem Jahre 1863 diese beiden Auffassungen
über die Metamorphose der Hypoderma bovis nebeneinander.
Die neuesten Forschungen vom Jahre 1884 bis zu diesen Tagen haben
beide Theorien erschüttert, und wenn auch noch nicht vollständig, so doch
nahezu den Beweis erbracht, daß weder das Aypoderma bovis-Weibchen
noch die jüngste Larve desselben die Haut der Wohntiere durchbohren,
sondern, daß entweder dasEi oder die auf der Haut ausgeschlüpfte Larve
per os in den Tierkörper gelangt, daß letztere denselben alsdann monate-
lang durchwandert und endlich in der Subcutis Halt macht, um von
hier aus, in eine Dasselbeule gebettet, wieder mit der Außenwelt in
Verbindung zu treten.
648 Hermann Jost,
Die Bremsenfliege — Hypoderma bovis — mit besonderer
Berücksichtigung ihrer Legeröhre.
Bevor auf die nähere Widerlegung der älteren Theorien von MEIGEN
und BRAUER und die eingehendere Begründung der neuesten Auffassungen
über den Entwicklungsgang der Larve von Hypoderma bovis eingegangen
werden kann, erscheint es zur Vollständigkeit dieser Arbeit erforderlich,
ganz kurz die Beschreibung der Bremsenfliege zu streifen. Da dieses
Insekt vielfach beschrieben worden ist, beschränke ich mich auf die
zum Verständnis des Entwicklungsganges notwendigen Angaben, um
ausführlicher auf das Organ der Fliege eingehen zu können, welches
für die Widerlegung der alten Anschauungen von der größten Be-
deutung ist. |
Die Rinderbremse, Bremsenfliege, Hautbremse, Biesfliege, Dassel-
fliege — Hypoderma bovis De Geer, Oestrus bovis — gehört zur Familie
der Bies- oder Dasselfliegen — Oestridae —. Von allen Ochsenbremsen
ist sie die verbreitetste in Europa und kommt je nach den Weidever-
hältnissen bald früh, bald spät — bei uns in Deutschland fast regel-
mäßig zwischen Juni und September — zur Entwicklung. Die Länge der
Fliege beträgt 15— 17mm. Sie lebt nur einige Tage und nimmt während
dieser Zeit keine Nahrung auf, sondern ist einzig und allein auf die
Erhaltung ihrer Art bedacht.
Am fünften Ringe des Weibchens befindet sich, einem Fernrohre ähn-
lich (s. Textfig. 1), die aus vier Gliedern
bestehende cylindrische Legeröhre ZL,
welche fälschlich als Bohrer bezeichnet
wird. Dieselbe ist hornig. In der Regel
sind die drei letzten, nach hinten all-
mählich kleiner werdenden Glieder in
das Anfangsglied eingezogen; erst beim
Schwärmen schiebt das Weibchen die
einzelnen Glieder der Legeröhre lebhaft
einundaus. Die Glieder selbst sind nackt,
nur an den Verbindungsringen (Text-
fis. 1a) und an dem vorletzten Gliede
befinden sich Haare und Haardornen
(Textfig. 2 h), welche mit ihren Spitzen
nach hinten gerichtetsind. Das Ende des
letzten Gliedes (Textfig. 2) läuft, bei starker Vergrößerung betrachtet, in
Textfig. 1.!
Nach RE Aaumur (stark vergrößert).
Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis, 649
drei Anhänge (Textfig. 2, c, v) aus. Die beiden seitlichen Anhänge
(Textfig. 2», v) verjüngen sich nach ihrem Ende hin, sind hakenförmig
nach einwärts gebogen und greifen zangenartig gegeneinander. Der
mittlere Anhang (Textfig. 2 c) dagegen ist breit und löffelförmig nach
Textfig. 2.
Nach Joy (stark vergrößert).
- unten abgerundet. Die Oberfläche der Seitenteile, welche zusammen
eine Zange darstellen, ist gleichfalls mit Haardornen (Textfig. 2 h) be-
setzt, deren Spitzen nach dem Ende der Legeröhre zeigen. Die Ränder
sämtlicher Anhänge sind an ihrem hinteren Ende konvex.
1. Widerlegung der älteren Theorien.
Diese genaueren Untersuchungen des anatomischen Baues der
Legeröhre der Bremsenfliege, welche im Jahre 1846 durch N. Jory be-
schrieben sind, und die exakten Beobachtungen beim Schwärmen des
Insektes beweisen, übereinstimmend mit den von CLARK und BRAUER
gegen MEIGEN angeführten Gründen, daß die Auffassung MEIGENs von
dem Legeakt der Hypoderma bovis schon dem damaligen Standpunkte
der Wissenschaft nicht mehr entsprach.
a. Die Theorie MEIGENSs.
Nur bei oberflächlicher Betrachtung und infolge ungenügender
Beobachtungen während der Schwärmzeit dieser Fliege war es möglich,
daß Meıgen die Legeröhre des Weibchens von Hypoderma bovis als
650 Hermann Jost,
einen runden Hohlbohrer betrachtete, dem es wegen seiner Form und
der Fähigkeit, die einzelnen Glieder vor- und zurückzuschieben, mög-
lich sei, die Haut der Weiderinder zu durchbohren, um als-
dann auf dem Grunde des Bohrkanals oder in demselben
reife Eier abzulegen.
Das unter dem Namen »Biesen« bekannte wilde Gebahren der
Weiderinder beim Herannahen des Insekts wurde von den Anhängern der
alten Theorie alsinstinktive Furcht vordem bevorstehenden Schmerz, den
das Hypoderma bovis-Weibchen beim Einstechen in die Haut verursachen
sollte, gedeutet und sprach, wenn auch nur scheinbar, der Erklärung
MEIGEns das Wort. — Diese Deutung des Verhaltens der Weidetiere
erscheint aus den verschiedensten Gründen nicht ganz richtig. Da die
Hypodermenfliegen nicht stechen, aber in der gleichen Weise summen,
wie andre wegen ihres Stiches gefürchtete Insekten, läßt sich die Furcht
der Weidetiere beim Hören dieses Tones viel leichter erklären. Würde
die Fliege stechen, dann müßte die mittels der Legeröhre — eines
derartig ungeeigneten Instruments — ausgeführte Verwundung wäh-
rend der ganzen Dauer des Legeaktes eine außerordentliche Schmerz-
haftigkeit hervorrufen, welche das gequälte Tier zu sofortigen Schmerz-
äußerungen und energischen Gegenmaßnahmen, wie Scheuern, Aus-
schlagen, Wälzen usw., veranlaßten. In bezug hierauf ist aber durch
fortgesetzte, mühevolle Beobachtungen gerade das Gegenteil von dem
vorher Gesagten festgestellt, nämlich daß das Weidetier nur solange
die bekannte Unruhe und Angst zeigt, als das Summen das Herannahen
der Bremsenfliege ankündigt; sobald sich das Insekt auf der Körper-
oberfläche des Rindes niedergelassen hat, äußert das letztere weder
Schmerzempfindung, noch verrät es die geringste Unruhe, — sichere
Zeichen dafür, daß der Legeakt ohne tätlichen Eingriff in die Haut, und
ohne Schmerz zu verursachen, stattfindet. Bislang sind auch trotz der
sorgfältigsten Untersuchungen von keinem Forscher Veränderungen auf
der Haut der Weiderinder, — Anschwellungen, Verwundungen, Blut-
austritte und Schorfbildung — wie man sie häufig nach Insektenstichen
sieht, unmittelbar nach dem Schwärmen der ‚Fliege beobachtet worden.
Der bei obiger Auffassung nach dem Legeakt zurückbleibende
Bohrkanal, dessen Ränder infolge der eigenartigen Beschaffenheit des
Bohrers unrein, d. h. zerfetzt sein müßten, wäre alsdann die geeig-
netste Eingangspforte für Mikroorganismen, die, begünstigt durch den
Schmutz und die Secrete der Haut, eine heftige Eiterung veranlaßten.
Auch die Eier selbst verursachten sehr bald als Fremdkörper in der
Subeutis einen ständigen Reiz, der zur Entzündung des umliegenden
Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 651
Gewebes und allmählich zur bindegewebigen Abkapselung der Eier —
ähnlich der späteren Dasselbeule — führen müßte. Die nach dieser
Richtung hin vorgenommenen Untersuchungen an Weidetieren, welche
von Dasselfliegen heimgesucht waren, haben gleichfalls stets ein nega-
tives Resultat gehabt.
Abgesehen von der Konstruktion der Endteile der Legeröhre,
welche zum Bohren durchaus ungeeignet ist, macht es die dornenbesetzte
Oberfläche einzelner Teile derselben der Bremsenfliege ganz un-
möglich, in die außerordentlich widerstandsfähige und ungewöhnlich
dicke Cutis einzudringen. Wollte man es aber dennoch annehmen, dann
müßte zu dieser Verrichtung — zum Legeakt — in Anbetracht aller der
erwähnten ungünstigen Umstände eine sehr lange Zeit erforderlich sein.
Im Gegensatz hierzu stehen die zuverlässigen Beobachtungen GREVES,
nach welchen das Weibchen das Legegeschäft ohne großen Zeitaufwand
besorgt, jedenfalls nicht solange auf der Oberfläche des Tieres verweilt,
um die Haut durchbohren zu können. GREVvE gibt an, daß die Bremsen-
fliege beim Schwärmen einige Zeit über dem Weidetier schwebt, sich
dann rasch niederläßt und ihre Eier ablegt. Diesen Akt soll sie etwa
12 mal innerhalb einer halben Stunde wiederholen.
Erwähnt sei außerdem, daß die Legeröhre von Hypoderma bovis
in vollständig ausgestrecktem Zustande nur eine Länge von 4-5 mm
hat, die Dicke der Rinderhaut aber etwa 10mm beträgt; ein Eindringen
der Legeröhre bis zur Subeutis ist somit auch aus diesem Grunde gänz-
lich ausgeschlossen. Noch unwahrscheinlicher wird diese Theorie, wenn
man berücksichtigt, daß gerade die Partien der Haut, welche sich das
Weibchen nach MEıGEns Meinung zum Legeakt auswählt, — Rücken,
Lende und Kruppe —, das sog. Kernleder liefern, also am dicksten und
widerstandsfähigsten sind. Abgesehen davon, daß sich an diesen Stellen
das Rind am leichtesten mittels seines Schwanzwedels lästiger Fliegen
erwehren könnte, hat die Beobachtung zuverlässiger Forscher ge-
lehrt, daß sich die Bremsenfliege gar nicht an den von MEIGEN er-
wähnten Körperstellen, an welchen später die Larven in den Dasselbeulen
zum Vorschein kommen, zum Legeakt während des Schwärmens nieder-
läßt, sondern an weit von diesen Stellen entfernt liegenden Körper-
teilen, an den Beinen, Fersen usw., ihre Eier ablegt.
Form und Bau der Anhängsel der Legeröhre von Hypoderma bovis
deuten in Übereinstimmung mit den beim Schwärmen der Fliege ge-
machten Beobachtungen bestimmt darauf hin, daß die Aufgabe der
Enndteile, speziell die der Zangen, lediglich darin besteht, das beim Lege-
akt aus dem Mittelstück — dem Löffel (Textfig. 2 c) — austretende Ei
Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. 43 |
652 Hermann Jost,
so lange festzuhalten, bis der passende Augenblick zum Ablegen desselben
gekommen ist. Zur Bestätigung hierfür sei angeführt, daß BRAUER
bei einem während des Schwärmens eingefangenen Hypoderma bovis-
Weibchen beobachtete, wie es ein aus der Legeröhre bereits ausgetretenes
Ei mit den Zangenästen festhielt.
Wenn trotzalledem die Meıgensche Theorie richtig wäre, dann
müßten jedenfalls in den Monaten direkt nach dem Schwärmen der
Fliege — von Juni bis November — entweder Eier oder ausgeschlüpfte
Larven im jugendlichsten Stadium in großer Zahl in der Subeutis
gefunden werden; um so mehr müßte dies der Fall sein, als MEıGEN die
aktive Wanderungsfähigkeit der jungen Larven nicht kannte, sondern
von denselben im jüngsten Stadium ebenso wie BRAUER einen monate-
langen Ruhezustand unter der Haut — im subcutanen Gewebe —
voraussetzte. Diesbezügliche Befunde sind aber bislang nicht gemacht
worden. Die sehr wenigen Ausnahmefälle von dem Auffinden ganz
vereinzelter junger Larven der Hypoderma bovis in der Subcutis des
Rindes vom Monat November an können nicht als Unterlage hierfür
betrachtet werden. |
Den schlagendsten Beweis gegen MEIGENs Annahme liefert die in
den letzten Jahren gemachte Beobachtung, daß nach dem Schwärmen
der Fliege Monate hindurch die jungen Larven in den verschiedensten
innersten Körperteilen, wohin sie nur per os des Rindes gelangen können,
regelmäßig und zahlreich gefunden werden.
Hätte das Hypoderma bovis-Weibchen die Aufgabe, mittels Ein-
bohrens seine Bier in die Subeutis des Rindes zu betten, dann wäre ihm
zur Erfüllung seiner Mutterpflichten — zur Erhaltung seiner Art — auch
die erforderliche Ausrüstung zuteil geworden; so weist uns aber nicht
nur die beim Schwärmen der Fliege gemachte Beobachtung und der
Bau der Legeröhre, sondern auch die eigenartige Beschaffenheit des
Eies dieses Insektes auf eine ganz andre Deutung des Legeaktes hin.
b. Die Theorie BRAUERS.
Nach BRAUER, JoLy u.a. sind die Eier der Hypoderma bovis von
länglicher, elliptischer und flachgedrückter Form (Textfig. 3). Sie haben
eine Länge von 1,25 mm und sind von einer dicken, widerstandsfähigen
Schale umgeben. Die Farbe der Eier ist weiß, im höchsten Reifestadium
sieht man die im Ei eingebettete Larve durchscheinen. Am hinteren
Eipole befindet sich ein dicker, bräunlicher und klebriger Anhang, der
nach BRAUER in der Mitte eine Längsfurche hat und nach RıLry aus
zwei Lappen — den Haftapparaten — besteht (Textfig. 3 a).
Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 653
Mit Hilfe der beim Schwärmen der Fliege gemachten Beobach-
tungen stützen CLARK und BRAUER auf diesen eigentümlichen Bau der
Eier den ersten und bislang auch unbestrittenen Teil ihrer Theorie,
nach welchem die Bremsenfliege Eier legt und diese Eier
während des Legeaktes an die Haut oder Haare der Weide-
tiere klebt. Auch die späteren Beobachtungen haben dies bestätigt
und des weiteren gelehrt, daß das Weibchen von Hypoderma bovis mit
Vorliebe seine Eier an die Haare der Beine, der Keulen,
der Weichen und der unteren Bauchgegend der Weide-
tiere befestigt. Die Bauart und die Struktur der Eier unter-
stützen diese Beobachtung in vollem Maße. Der am hin-
teren Pole des Eies befindliche Aufsatz (Textfig.3a) tritt,
wie von BRAUER durch das Ausdrücken eines Bierstockes
festgestellt worden ist, beim Eierlegen zuerst aus der
Legeröhre und ist infolge dieses Umstandes, besonders
aber mit Hilfe seiner zweilappigen, klebrigen Beschaffen-
heit ganz dazu geeignet, sich um die Haare zu legen und
daran festzuheften. Die Festigkeit der Eihülle, welche
das Ei gegen von außen einwirkende Schädlichkeiten Textfig. 3.
hinreichend zu schützen vermag, und die Ähnlichkeit a
der Eier von Hypoderma bovis mit den Gastrophrlus-Eiern,
welche man immer an die Haarspitzen geklebt findet, bekräftigen die
Richtigkeit der BrAauzrschen Auslegung. Berücksichtigt man hierbei
noch den Bau der Legeröhre der weiblichen Fliege und die Kürze der
Zeit, welche dieselbe beim Legeakt auf dem Wohntiere verharrt, dann
wird auch der letzte Zweifel an der Richtigkeit dieses ersten Teiles
der BrAuzrschen Theorie schwinden müssen.
Zur Zeit des Schwärmens bzw. beim Legeakt ist die Larve in
der Eihülle bereits vollständig entwickelt. Verschiedene Beobachter
wollen sogar in einigen Fällen gesehen haben, daß die junge Larve
im direkten Anschluß an den Legeakt aus ihrer Hülle schlüpfte,
ja sogar ohne Eihülle geboren wurde. Dies sind jedoch seltene Aus-
nahmen. Zuverlässige Beobachtungen über die Zeit, innerhalb welcher
aus den an die Haardecke der Wohntiere geklebten Eiern die Larven
schlüpfen, fehlen bislang, auch ist es noch keinem Forscher gelungen,
aus den Eiern, mit welchen die verschiedensten Versuche gemacht
worden sind, Larven zu züchten. Während einerseits die Festigkeit und
Stärke der Eihaut mit aller Wahrscheinlichkeit darauf hindeuten, daß
die Bier, bevor die Larven ausschlüpfen, vielleicht längere Zeit äußeren
Einflüssen ausgesetzt sein mögen, die sie ohne diesen Schutz vernichten
43*
654 Hermann Jost,
würden, legt anderseits der bei der Eiablage bereits vollentwickelte
Zustand der Larven die Vermutung nahe, daß die letzteren sich schon
in ganz kurzer Zeit ihrer Eihülle entledigen können. Faßt man beide
Gesichtspunkte zusammen, dann wird man zu der Meinung kommen
müssen, daß im Falle der Einwirkung der erforderlichen günstigen Um-
stände die Larve sehr bald das Ei verläßt, in Ermangelung derselben aber
das Ei durch seine dicke Schale auch geeignet sein wird, ohne Schaden
solange an den Haaren haften zu können, bis sich die für das Ausschlüpfen
der Larve notwendigen Bedingungen einstellen. BRAUER sagt hierüber,
daß mit dem Eierlegen eine Periode des Lebens der Hautbremsen be-
sinnt, welche in völliges Dunkel gehüllt ıst, und hinsichtlich der jungen,
eben ausgeschlüpften Larven bemerkt er, daß es Aufgabe der zukünf-
tigen Untersucher sei, diese auf ihrer ersten Wanderung zu überraschen.
Trotzdem BRAUER in seiner Beschreibung der Oestriden zugesteht,
daß ihm das erste Stadium und seine Dauer von der Larve der Hypo-
derma bovis unbekannt geblieben sei, nimmt er an, daß das Aus-
schlüpfen der Larve aus dem Ei auf der Körperoberfläche
des Wohntieres erfolgt, und daß diese jüngsten Larven als-
dann die Haut durchbohren, um in das subeutane Gewebe,
ja bis in die Hautmuskeln und bis in die Fascien der ober-
flächlichen Rückenmuskeln zu gelangen. Die durchbohrte
Hautstelle soll sich nach seiner Ansicht sehr bald wieder spurlos schließen,
die Larve selbst aber im Unterhautbindegewebe in Ruhe und vorerst
ohne jede Weiterentwicklung die längste Zeit ihres Lebens, etwa 7 bis
8 Monate, verbleiben. Eine Irritation des Gewebes finde, da die Larve
nicht wandere, sondern an der Einbohrstelle liegen bleibe und außerdem
fast nackt sei, also eine glatte Oberfläche habe, nicht statt.
Da BRAVER diese Wahrscheinlichkeitstheorie von dem Entwick-
lungsgang der Larve von Hypoderma bovis vorwiegend mit dem ana-
tomischen Bau der ihm bereits bekannten Larve des ersten Stadiums
von Hypoderma Diana, welche beim Hirsche und Rehe vorkommt,
begründet, muß zum besseren Verständnis der BrAuverschen Schluß-
folgerungen eine kurze Beschreibung der von ihm angezogenen Teile
dieser Larve vorausgeschickt werden. |
BRAUER stützt seine Theorie in erster Linie auf die Beschaffenheit
des Mundapparates der Larve, dem er mit Recht die Fähigkeit zu-
schreibt, Gewebe durchbohren zu können. Die Mundwerkzeuge sitzen
am vordersten Gliede der etwa 14 mm langen Larve. Die ventralwärts
gelegene Öffnung für den Mund ist trichterförmig, oben ragt ein gerader
Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 655
Spieß heraus, der auf einem im Schlunde verborgenen, queren Chitin-
balken ruht. Neben dem Spieß liegt außerhalb zu beiden Seiten je ein
Haken, welcher rechtwinklig gebogen ist, und dessen freie Spitze nach
außen und unten sieht. Diese beiderseitigen Haken können so bewegt
werden, daß sie mit dem Spieß in der Mitte parallel stehen und als eine
Spitze verwendbar sind. BRAUER zieht aus dem Bau dieser Mundteile
den Schluß, daß, sobald die Haken mit dem Spieß parallel nach vorn
gerichtet sind, ein Einstechen möglich sei, und daß, nachdem der Ein-
stich geschehen, durch Abbiegen der Haken vom mittleren Spieß ein
Rückschreiten verhindert und ein Vorschieben der Larve veranlaßt
werde. Weiter müsse hierbei berücksichtigt werden, daß die Larve
in dieser Entwicklungsperiode fadendünn sei, wodurch das Eindringen in
die Haut erleichtert werde. Das Einbohren soll im Spätsommer, jeden-
falls aber noch vor dem Herbsthaarwechsel der Tiere stattfinden.
BrAuvER fand 7—8 Monate nach dem Schwärmen der Fliege Larven
von Hypoderma Diana frei — also nicht eingekapselt — ım Unterhaut-
zellgewebe und Hautmuskel eines Rehes. In der Nähe des Analendes
der Larven zeigte weder die Haut noch die Fascie des Muskels eine
Öffnung. Diesen Befund zieht BRAUER irrtümlich mit zur Begründung
seiner Annahmeheran. Einige eifrige Anhänger seiner Lehre wollen außer-
dem noch beobachtet haben, daß die Aypoderma bovis-Fliege instinktiv
_ dünnhäutige Weidetiere, bei welchen die Bohrtätigkeit für die schwache
Larve viel leichter sei, zur Erhaltung ihrer Art aussuche.
Dies ist der zweite Teil der Lehre BRAUERs, dem sich alle nam-
haften Gelehrten mit nur geringen Meinungsverschiedenheiten (STRICKER,
BoAs usw.) angeschlossen hatten, und der auch nahezu allgemein fast
bis zum Ende des vorigen Jahrhunderts als richtig anerkannt wurde.
So einwandsfrei der erste Teil der Brauzrschen Theorie erscheint,
so viele Gegengründe und Gegenbeweise lassen sich seinen weiteren
Schlußfolgerungen, die er aus dem Entwicklungsgange der Larve von
Hypoderma Diana zieht und auf die ihm gänzlich unbekannte Larve des
ersten Stadiums von Hypoderma bovis überträgt, entgegenstellen. Ganz
abgesehen davon, daß der Lebensgang von Hypoderma Diana auch
noch mancher Klarstellungen bedarf, BRAUER sich also auf zum Teil
unsichere Voraussetzungen stützt, bringt er für seine Mutmaßungen
über den Aufenthalt des jüngsten Stadiums der Larve von Hypoderma
bovis weder durch Versuche noch durch Beobachtungen irgendwelche
überzeugende Beweise.
Vorerst erscheint es nicht nur fraglich, sondern, wie aus dem später
Gesagten hervorgehen wird, sogar höchst unwahrscheinlich, daß die
656 Hermann Jost,
Larven von Aypoderma bovis auf der Körperoberfläche der Wohntiere
aus den Eihüllen schlüpfen. Schon der Umstand, daß es trotz der
häufigen und eifrigsten Bemühungen weder ihm, dem bedeutendsten
Forscher auf diesem Gebiete, noch einem andern bislang gelungen ist,
junge Larven auf der Körperoberfläche von Weidetieren zu entdecken,
obgleich sie sowohl wegen ihrer Größe als auch ihrer großen Zahl, welche
durch die massenhafte Eiablage — angeblich vier bis fünf Eier an einem
Haare — bedingt ist, bei sorgfältiger Untersuchung schon dem bloßen
Auge nicht hätten entgehen können, läßt es als wahrscheinlicher er-
scheinen, daß die Larven nicht auf der Hautfläche der Rinder aus den
Eiern schlüpfen. — Eine gewisse Bestätigung findet diese Annahme
dadurch, daß bisher alle Versuche, die Eier der Bremsenfliege künstlich
— vielleicht würde man besser sagen außerhalb des Körpers der Wohn-
tiere — zur Larvenentwicklung zu bringen, fehlgeschlagen sind. Einige
von mir zur Begründung der neuesten Auffassungen über den Lebens-
gang des ersten Stadiums der Hypoderma bovis-Larve ausgeführte Ver-
suche, die ich später eingehend beschreiben werde, geben einen Anhalt
dafür, daß auf der Haardecke des Rindes manche Bedingungen fehlen,
welche zur Entwicklung der Larve aus dem Ei erforderlich erscheinen.
Weist uns schon die widerstandsfähige Eihülle darauf hin, daß das Eı
hinreichend ausgerüstet ist, um ohne Einbuße abwarten zu können, bis
der Moment kommt, der es in das zu seiner Weiterentwicklung geeig-
nete Medium bringt, so gibt uns einen weiteren diesbezüglichen Finger-
zeig die neuerdings hervortretende Auffassung über die im Inneren
des Wohntieres stattfindende Entwicklung der den Bremsenlarven ver-
wandten Gasirophilus-Larven aus dem Ei. Wir werden vermutlich nicht
die Haut und Haardecke, sondern ganz andre Körperteile der Wirte
als die Stellen zu betrachten haben, welche für die Entwicklung der
Larve aus dem Ei geeignet sind.
Wenn auch zugegeben werden kann, daß die Larven mittels ihrer
Mundwerkzeuge befähigt sind, sich in Gewebe einzubohren, so muß doch
bezweifelt werden, daß diese Fähigkeit der jüngsten Larven so weit geht,
um die außerordentlich widerstandsfähige Cutis der Rinder durch-
dringen zu können, und zwar an den Hautstellen, die am dicksten und
festesten sind. Obgleich man einen ähnlichen Vorgang bei den neu-
geborenen Larven der Gattung Oestromyia, welche die Dasselkrankheit
der Mäuse verursacht, beobachtet hat, so lassen sich aus dieser Beob-
achtung doch nicht ohne weiteres die gleichen Konsequenzen für den
Entwicklungsgang der jungen Larven von Hypoderma bovis ziehen.
Daß die Bremsenfliege, damit die Larve sich leichter einbohren
Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 657
kann, vorwiegend dünnhäutige Tiere zur Eiablage auswählt, ist zwar
eine etwas eigenartige Behauptung, sie wird aber dessenungeachtet von
einigen Anhängern der Brauzrschen Theorie angeführt. Das Resultat
der von mir zur Aufklärung dieser Frage an nahezu 1000 Rinderfellen
in den Häutesalzereien der Schlachthöfe zu Leipzig und Göttingen vor-
genommenen Untersuchungen stimmt mit obiger Mutmaßung nicht
überein. Die Dasselbeulen finden sich nicht nur in gleicher Zahl sowohl
bei dünnhäutigen als auch bei diekhäutigen Tieren, sondern sind wie
immer am zahlreichsten an den dicksten Hautstellen — Rücken- und
Lendengegend — vorhanden. Das häufigste Vorkommen der Dassel-
beulen gerade an diesen Stellen spricht gleichfalls gegen das Einbohren
der jüngsten Larven in die Haut, denn nach den schon früher angeführten
Beobachtungen setzt die Bremsenfliege ihre Eier gar nicht an diesen
Körperteilen, sondern an den weit davon entiernt gelegenen Weichen,
Beinen usw., ab, demzufolge müßten die jungen Larven entweder auf
der Oberfläche bzw. Haardecke des Tierkörpers bis zur Lendenpartie
wandern und dann hier in die Haut eindringen, oder sie wären genötigt,
sich sofort an der Legestelle in die Haut einzubohren und subcutan
den weiten Weg bis zum Rücken zurückzulegen. Das erstere ist kaum
möglich und nie beobachtet worden, das letztere aber, da man weder
direkt noch innerhalb der nächsten Monate nach der Schwärmzeit
Larven oder Larvenspuren in der Subcutis entdeckt hat, höchst unwahr-
scheinlich. Da der Bohrakt mit Rücksicht auf die zarten Mundwerk-
zeuge der jüngsten Larven ganz gewiß längere Zeit in Anspruch nehmen
würde, müßten nach der Schwärmzeit der Bremsenfliege die Larven
auf der Haut oderim Bohrkanal der Haut unbedingt zu finden sein. Der-
artige Wahrnehmungen sind aber noch nicht gemacht worden. Selbst
wenn man während der Schwärmzeit durch Beobachtung den Zeitpunkt
des Ablegens der Eier genau feststellen konnte, so kam doch nach
diesem Akt eine Zeit von etwa 6 Monaten, innerhalb welcher der Parasit
ganz und gar verschwunden war. BRAUER nennt diese Periode das
Stillstandsstadium der Larve. Da derselbe weiter annımmt, dieser
Ruhezustand finde im subeutanen Gewebe der Wohntiere statt, so
müßten doch innerhalb dieser langen Zeit unter allen Umständen
hier Larven vorhanden sein. Dies ist jedoch auch nicht der Fall.
Wenn BRAUER zur weiteren Begründung seiner Auffassung anführt,
die jüngste Larve von Hypoderma bovis sei wahrscheinlich wie die von
Hypoderma Diana nackt und könne infolgedessen leicht und ohne
Irritation des sie umgebenden Gewebes in die Subeutis zur Ruhelage
eindringen, so sind dies gleichfalls Irrtümer, die neben den bereits be-
658 Hermann Jost,
sprochenen durch die Begründung der neuen Theorie in der Weise
berichtigt werden, daß die jüngsten Larven von Hypoderma
bovis nicht die Haut der Wohntiere durchbohren, sondern
durch eine andre Eingangspforte in die innersten Organe
derselben eindringen, daß sieim ersten Stadium nicht ruhen,
sondern zu ihrer Selbsterhaltung wandern müssen, daß sie
im Anschluß an die Schwärmzeit nicht im subcutanen Ge-
webe, sondern an ganz andern inneren Körperstellen zu
finden sind, daß ihre Oberfläche nicht nackt, sondern voll-
ständig bedornt ist, und daß sie auf ihrer Wanderung die
Gewebe in der heftigsten Weise irritieren.
@. Die Modifikationen der Lehre BRAUERS von STRICKER und
Boas.
STRICKER modificiert das Eindringen der jüngsten Larven in die
Haut in der Weise, daß er auf Grund seiner mikroskopischen Unter-
suchungen der Dasselbeulenwandungen annimmt, die Hypodermenbrut
benutze als Weg durch die Haut physiologische Vorgebilde, nämlich
die Haartaschen, die sich mit Hilfe der Hypertrophie ihrer Wände all-
mählich der Entwicklung der Larve anpaßten. BRAUER selbst zieht
diese Modifikation in Zweifel, denn er hält die Haartaschen zum ersten
Sitz der immerhin einige Millimeter großen Hypoderma-Larven für
viel zu klein und meint weiter, daß es wegen der Größe der Larven bei
dem dicht gedrängten Stand der Haartaschen nicht zu vermeiden sei,
wenn die eine oder andre Haartasche zufällig mit in den Bereich des
Bohrkanals gezogen werde. Gelegentlich der Beschreibung der Dassel-
beulen (S. 702) werde ich auf die Darlegungen STRICKERS noch einmal
zurückkommen und mit Hilfe meiner mikroskopischen Befunde deren
Haltlosigkeit näher zu begründen suchen.
Boas stellt sich im allgemeinen gleichfalls auf den Standpunkt
BRAUERSs, weicht jedoch darin ab, daß er nicht unbedingt an dem Still-
standsstadium der jüngsten Larven von Hypoderma bovis in der Sub-
cutis festhält, sondern zugibt, daß ausnahmsweise die Larven sowohl
im subeutanen Gewebe als auch nach tiefer gelegenen Stellen des Wohn-
tierkörpers wandern können. Diese abweichende Meinung von Bo4As
neigt schon ein wenig den neueren Anschauungen über die aktive Wan-
derung dieses Larvenstadiums zu; soweit Boas aber den Auffassungen
BrAuErs über das Eindringen der Parasiten in die Haut huldigt, gelten
zu deren Widerlegung die bereits angeführten Gründe.
Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 659
2. Die neueren Forschungen mit ihren Schlußfolgerungen über die
Wanderung der Larve von Hypoderma bovis im Körper des Rindes.
Die Ergebnisse der exakten Fleischbeschau vom Jahre 1884 bis
jetzt haben die Hypothese BRAUERs mit all’ ihren Modifikationen über
den Entwicklungsgang der Larve von Hypoderma bovis stark ins Wanken
gebracht und zum großen Teil die Aufgabe, welche BRAUER selbst an
die zukünftigen Untersucher stellte, erfüllt; denn durch dieselben wird
das Dunkel, in welches bislang die jugendlichste Form der Hypoderma
bovis-Larve gehüllt war, immer mehr gelichtet und über den Entwicklungs-
gang dieser Larve im ersten Stadium eine Auffassung angebahnt, deren
Richtigkeit durch das von Tag zu Tag zunehmende Beweismaterial
weiter bestätigt wird.
Zur Vervollständigung des Bildes von der Metamorphose der Hypo-
dermen-Larven erinnere ich kurz an folgende Tatsachen. DieHäutung
der Larven vollzieht sich, während sie als Parasiten im Wohntiere
leben, zweimal, und, diesen Häutungen entsprechend, unterscheidet
man dreierlei Larvenformen oder Stadien. An den Verschiedenheiten
in bezug auf Größe, Aufenthaltsort, Bau, Farbe und Körperoberfläche
lassen sich die einzelnen Stadien voneinander unterscheiden. Die Häu-
tung der Hypodermenlarven soll in der Weise vor sich gehen, daß sich
die alte Haut nicht gegen das Hinterende, sondern gegen das Kopfende
hin zusammenschiebt und dann zusammengefaltet abfällt. Das erste
Stadium beginnt mit dem Ausschlüpfen der Larve aus dem Ei und
endist nach etwa 7—8 Monaten mit der ersten Häutung. Das zweite
Stadium hat eine Zeitdauer von etwa 1 Monat. In dem nach der zweiten
Häutung folgenden dritten Stadium erreichen die Larven ihre volle
Größe und nehmen zuletzt eine ganz veränderte Farbe an. In diesem
Stadium verbleibt die Larve etwa 2—3 Monate, alsdann verläßt sie das
Wohntier und verwandelt sich innerhalb der nächsten 2—3 Tage in die
Puppe oder Tonne. Nachdem dieselbe ungefähr 30 Tage in der Erde
zugebracht hat, entwickelt sich aus ihr die bereits beschriebene Bremsen-
fliege.
Durch die mit der Fleischbeschau verbundenen Untersuchungen
der einzelnen Gewebe und Organe des Tierkörpers sind innerhalb der
letzten 20 Jahre in zahlreichen Fällen von HınrıcHhseEn, HoRNE,
CuRrTIcE, JENSEN, RUSER, KOOREVAAR, NEUMANN, SCHNEIDEMÜHL
und KocH je nach dem Zeitpunkte der vorgenommenen Unter-
suchung in und an der Oesophaguswand, am Mageneingang, unter
660 Hermann Jost,
dem Brust- und Bauchfell, in der Milz und der Nierenkapsel, im Fett
zwischen Dura mater und dem Periost des Wirbelkanals der Weide-
rinder junge Larven gefunden worden, die zu weiteren Forschungen,
speziell aber wegen ihrer Ähnlichkeit zu einem Vergleich mit den bereits
bekannten ersten Stadien andrer Hypodermenlarven herausforderten.
Bevor ich auf die Ergebnisse meiner eignen diesbezüglichen Unter-
suchungen näher eingehe, lasse ich vorerst eine kurze Inhaltsangabe der
neueren Veröffentlichungen und der von den angeführten Autoren daraus
gefolgerten Schlüsse über den Entwicklungsgang der Larve vorangehen.
Bereits im Jahre 1884 fand Kreistierarzt HıInRicHsen in Husum im
subperiostalen Fett des Wirbelkanals eines Ochsen einen an dieser
Stelle bislang gänzlich unbekannten Parasiten in Form einer Larve.
Dieselbe lag nach seiner Angabe vollkommen frei im Fettgewebe, und
ihre Umgebung zeigte im Gegensatz zu den späteren Beobachtungen
andrer Forscher keine pathologischen Veränderungen. Eine nähere
mikroskopische Beschreibung dieser Larve gibt HINRICHsEN nicht, er
beschreibt nur seinen makroskopischen Befund, zieht aber schon damals
die bisherige Anschauung über den Lebensgang der Larve von Hypo-
derma bovis in Zweifel. Eine vollständig neue Ansicht über die Ent-
wicklung dieser Larve wurde erst angebahnt, als HinRIcHsen nach
wiederholten Befunden und Untersuchungen trotz manches Wider-
spruches im Jahre 1888 behauptete, daß es sich hier um das bisher
unbekannte erste Stadium der Larve von Hypoderma bovis handle. Er
stützt seine Annahme vorwiegend auf ein angebliches Urteil von BRAUER
und begründet dieselbe außerdem mit Hilfe der Ähnlichkeit dieses
Parasiten mit der Larve von Hypoderma bovis im zweiten Stadium
des weiteren damit, daß die Zahl der im Wirbelkanal zu findenden
Larven mit der Zahl der später auftretenden Dasselbeulen nahezu über-
einstimmt und zuletzt mit dem Zeitpunkte des Auftretens dieses Schma-
rotzers im Fett des Wirbelkanals. HıwricHsen zieht alsdann den wei-
teren Schluß, daß die Eier bzw. die dem Ei entschlüpften Larven durch
die Maulhöhle, den Magen und den Darm ihres Wirtes nach dem Wirbel-
kanal gelangen, um nach 5 bis 6 monatelangem Aufenthalt daselbst
bis unter die Haut zu wandern. Zu dieser Wanderung sollen die seit-
lichen Wirbellöcher als willkommene Durchgangsöffnungen benutzt
werden. |
Eine teilweise Begründung findet diese Auffassung durch seine
Befunde. Offen bleiben die Fragen, ob es die Eier oder die Larven sind,
welche das Wohntier aufnimmt, wo sie sich zuerst im Verdauungskanal
festsetzen, welchen Weg die Larven zu ihrer Wanderung nach dem
Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 661
Wirbelkanal einschlagen und welche Gewebe der Parasit, nachdem er
die Wirbellöcher verlassen hat, durchquert, um zur Subcutis zu ge-
langen. Außerdem hat HiINnRIcHsen nicht zweifellos nachgewiesen,
daß es sich bei seinen Befunden um das erste Larvenstadium von
Hypoderma bovis handelt.
Als zweiter auf dem Gebiete dieser Forschungen erscheint HoRNE-
Christiania, der unabhängig von Hrnrichsens Beobachtungen im Jahre
1894 nicht nur im Wirbelkanal, sondern auch subserös in der Brust-
und Bauchhöhle und in einzelnen darin gelegenen Organen das Vor-
handensein ähnlicher Larven innerhalb kürzerer oder längerer Zeit nach
dem Schwärmen der Bremsenfliege festgestellt hat. Er beschreibt mit
Hilfe mikroskopischer Untersuchungen eingehender als HINRICHSEN
die Larve, welche nach seinen Beobachtungen weitgehende Wande-
rungen im ganzen Tierkörper macht, den Wirbelkanal aber als normalen
Aufenthaltsort wählt. Von hier aus sollen die Schmarotzer durch die
Wirbellöcher zwischen den Dornfortsätzen, den Muskeln und den Apo-
neurosen nach dem Unterhautbindegewebe ihren Weg nehmen. Die
angeblich von ihm in diesen Geweben gefundenen Larvengänge und
die ödematöse Beschaffenheit der Rückenmuskulatur haben HorneE zu
dieser Annahme geführt. Der Hınrıcasenschen Invasionstheorie der
Larve per os kann er nicht beistimmen, sondern er neigt zu der Ansicht,
daß die Larven durch die Haut in den Körper des Wohntieres eindringen
und begründet dies mit dem häufigen Auffinden derselben im Binde-
gewebe, Fettgewebe oder längs der Fascien, die mit der Haut und dem
subeutanen Gewebe in Verbindung stehen.
Die Frage über das Eindringen der Larve in den Tierkörper beant-
wortet HoRNE demnach mit der bekarinten BrAuzzschen Theorie, läßt
dagegen unaufgeklärt, auf welche Weise die Larve zur Schlundwand
und von derselben zum Wirbelkanal gelangt. Die von ihm gegebene
Beschreibung der Larve gibt keine Gewißheit darüber, daß es sich
tatsächlich um das erste Stadium von Hypoderma bovis handelt.
CoOPER-CURTICE, der sich speziell mit der Erforschung der in
Amerika bei Weiderindern vorkommenden Hypoderma lineata beschäf-
tigte, und JENSEN waren diejenigen, welche zuerst auf das Vorkommen
kleinster Larven in der Oesophaguswand von Weidetieren aufmerksam
machten. Der erstere fand im Herbste des Jahres 1890 die Parasiten
zwischen der Schleimhaut und der Muskelhaut des Schlundes, Ende
Februar waren dieselben samt den durch sie verursachten entzündlichen
Veränderungen aus demselben verschwunden und zeigten sich nunmehr
unter der Rückenhaut. — Er folgert aus seinen Beobachtungen, daß
662 | Hermann Jost,
die Eier oder die Larven verschluckt werden, und die von ihrer Eihülle
befreiten Larven alsdann von der Schlundwand aus zur Rückengegend
wandern.
Auch CurTIcE, dessen Angaben sich nicht auf Hypoderma bovis,
sondern auf Hypoderma lineata beziehen, weshalb sie auch nur
unter Vorbehalt hier zu verwerten sind, kommt nicht über die Frage
hinaus, ob und wie das Ei oder die bereits ausgeschlüpfte Larve in
das Innere des Wohntieres gelangt und von ihrem ersten Sitz, der Speise-
röhre, aus unter die Haut der Rücken- und Lendengegend wandert.
Ruser-Kiel hat im Jahre 1895 auf HinRIcHsEns Anregung gleich-
falls diesbezügliche sehr exakte Untersuchungen bei geschlachteten
Weidetieren vorgenommen und dabei im epiduralen Fett des Wirbel-
kanals, welches an diesen Stellen ödematös durchtränkt war, kleine
Larven entdeckt. Auch im Wirbelkanal fand er Larven, welche nach
seiner Ansicht ihre Auswanderung vorbereiteten, denn sie hatten schon
Querstellungen angenommen und waren bereits in die Zwischenwirbel-
löcher vorgedrungen. RUSER nimmt an, daß die Larven von hier aus
mit Hilfe ihrer Bewaffnung und Bewegungsfähigkeit die Wanderung
bis zur Rückenhaut fortsetzen. Seine späteren mit dem Tierarzt KLerP
gemeinsam vorgenommenen Untersuchungen ließen ihn in zahlreichen
Fällen auch Larven in der Schlundwand von Weidevieh entdecken,
die in Übereinstimmung mit den Befunden andrer Beobachter zwischen
Muscularis und Mucosa gelagert waren und das sie umgebende Ge-
webe stark ödematös verändert hatten.
Nach seinen weiteren Wahrnehmungen ist er allmählich zu der
Überzeugung gekommen, daß die Aufnahme der Oestrus-Larven durch
die Maulhöhle erfolgt, daß dieselben nach Durchbohrung des Schlundes
oder, wie er sich ausdrückt, vom »Anfangsverdauungsschlauch« aus
durch das mediastinale Fettgewebe im Verlaufe der Gefäße und Nerven
zur Wirbelsäule und von dort durch das intermuskuläre Bindegewebe
der Rückenmuskeln bis in die Subeutis weiter wandern.
Sehr wertvolle und außerordentlich genaue Angaben macht Koo-
REVAAR-Amsterdam in den Jahren 1896 und 1898 über die Frage, ob
die Parasiten aus dem Wirbelkanal des Rindes unwiderleglich die Larven
von Hypoderma bovis sind. Die von Hınrichsen, Ruser u.a. für die
Identität dieser Larven gebrachten Gründe betrachtet er nicht als beweis-
kräftig genug. Durch die Übertragung von spinalen Larven eines
Rindes unter die Haut einer Ziege, die zur Entwicklung kamen, und
aus deren Puppen er die Hypoderma bovis-Fliege züchtete, gelang es
ihm, den bislang einzigen experimentellen Nachweis dafür zu erbringen,
Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 663
daß der im Rückenmarkfett der Weidetiere gefundene Parasit ein
Larvenstadium von Hypoderma bovis ist. Um die Fähigkeit der Larven
zur aktiven Wanderung zu beweisen, brachte er die im Fett des Wirbel-
kanals gefundenen Schmarotzer unter die Haut von Hunden. Die
nach der Schlachtung derselben vorgenommene Untersuchung ergab,
daß die Parasiten außerordentlich beweglich sind und schon in ganz
kurzer Zeit ihren Weg nach den verschiedensten inneren Körperteilen
nehmen können. KooREVAARs Larvenübertragungen per os haben ein
negatives Ergebnis gehabt. Durch seine zahlreichen Untersuchungen
von Schlunden geschlachteter Weidetiere konnte er feststellen, daß
schon während der Schwärmzeit der Bremsenfliege kleinste Larven in
der Oesophaguswand, zum Teil auch in der Nähe der Rachenhöhle
zu finden sind. — Einige Wochen oder Monate später traf er diese
Lärvchen, zwischen Muscularis und Mucosa gebettet, in der ganzen
Länge des Schlundes vom Pharynx bis zur Cardia an. In einer noch
späteren Zeit wurden sie bereits auf der Außenseite der Muskel-
schicht des Schlundes und im epiduralen Fett des Wirbelkanals wahr-
genommen.
Durch diese Befunde befestigte sich bei KooREVAAR die Meinung,
daß die Aufnahme der Larven durch die Maulhöhle stattfinden muß.
Die Parasiten sollen sich alsdann durch die Pharynxmucosa bohren,
in das submucöse Bindegewebe des Oesophagus gelangen und von hier
aus ihren Weg durch den ganzen Körper bis zur Rückenhaut nehmen.
Bei Kälbern und Jungvieh will KoorEvAAr verhältnismäßig mehr
Larven gefunden haben, als bei älteren Tieren. Eine eingehende Be-
schreibung der sowohl in der Oesophaguswand als auch im Fett des
Wirbelkanals gefundenen Larven hat KooREVAAR nicht gegeben.
NEUMANN-Toulouse hat an ihm zugesandten Präparaten die von
HiInRIicHsEen, RUSER, HoRNE usw. im Wirbelkanal und unter der Haut
von vorwiegend holsteinischen Weidetieren gefundenen Larven mikro-
skopisch genau untersucht und seine Wahrnehmungen im Jahre 1895
in der »Revue veterinaire« veröffentlicht. Die von ihm gegebene Be-
schreibung stimmt bis auf einen Unterschied fast genau mit dem BRAUER-
schen Untersuchungsergebnisse über das erste Larvenstadium von
Hypoderma Diana überein. Die Befunde weichen nur darin voneinander
ab, daß BRAUER am vorderen Rand des zweiten Segmentes der zuletzt
genannten Larve zwei Vorderstigmen festgestellt hat, die NEUMANN an
seinem Präparat nicht wahrnehmen konnte.
NEUMANN kommt nach dem Ergebnis seiner Untersuchung zu der
Meinung, daß es sich bei den in den innersten Körperteilen der Weide-
664 / Hermann Jost,
tiere gefundenen Larven nicht um Hypoderma bovis, sondern um Hypo-
derma lineata handelt. Nach seiner Ansicht nehmen die jüngsten Larven
dieser Fliege ihren Weg durch die Haut zum Wirbelkanal und wandern
von hier aus nach einem gewissen Zeitraum wieder zur Subeutis zurück.
SCHNEIDEMÜHL-Kiel bringt in einer ausführlichen Abhandlung über
die Entwicklungsgeschichte der Bremsenfliege keine Ergebnisse eigner
Forschungen, sondern gibt eine übersichtliche Darstellung der bis zum
Jahre 1897 auf diesem Gebiete gemachten neueren Untersuchungen und
der verschiedensten daraus abgeleiteten Ansichten, aus welchen er dann
seine Schlußfolgerungen mit entsprechender Begründung zieht. Die-
selben drückt er in dem folgenden Satze aus: »Ich bin deshalb jetzt
zu der Ansicht gekommen, daß die Eier bzw. die Larven von den Rindern
teils von der Haut, teils mit dem Futter vom Erdboden aufgenommen
werden, und daß dann die Larven schon von der Rachenhöhle aus in
das submucöse Bindegewebe des Schlundes eindringen, in demselben
bis in die Nähe des Zwerchfells vorwärts kriechen, um von hier aus die
Schlundwand zu durchbohren und alsdann den bereits geschilderten
Entwicklungsgang (Mediastinum, Wirbelkanal, Subeutis) abzuschließen. «
KocH-Silkeborg faßt in seiner hervorragenden Abhandlung vom
Jahre 1903 über die Entwicklung der Larve von Hypoderma bovis und
ihre Wanderung durch den Tierkörper die über dieses Thema in den
Fachschriften bereits vorhandenen Veröffentlichungen zusammen, um
sie an passender Stelle beim Vergleich mit seinen eignen vielseitigen
Beobachtungen entweder zu bestätigen oder zu widerlegen. — Er gibt
eine sehr sorgfältige Beschreibung seiner makroskopischen und mikro-
skopischen Wahrnehmungen über die von ihm je nach den Jahreszeiten
in den verschiedensten Körperteilen — Schlund, Brusthöhle, Magen,
Darmfett, Milz, Bauchhöhle, Fett des Wirbelkanals und Rücken-
muskel — geschlachteter Weidetiere gefundenen Larven; dabei berück-
sichtigt er die durch die Larven während der Dauer ihres ersten Stadiums
— des Wanderstadiums — in den einzelnen Geweben bewirkten patho-
logischen Veränderungen. Seine Beobachtungen bestätigen die Angabe
KoorkEvAars, daß die jüngeren Weidetiere durchschnittlich mit mehr
Parasiten behaftet sind, als die älteren; er erklärt diese Tatsache durch
den ständigen Weidegang des Jungviehes und die vorwiegende Stall-
haltung älterer Zucht- und Milchtiere.
Da direkt nach: der Schwärmzeit der Bremsenfliege die kleinsten
Larven an keiner andern Körperstelle als in der Wand der Speiseröhre
gefunden werden, vermutet KocH, daß die Einwanderung in den Tier-
körper durch den Verdauungskanal und nicht durch die Haut vor sich
Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis, 665
geht. Bezüglich der speziellen Frage, ob die Eier oder die bereits aus-
geschlüpften Larven in die Maulhöhle des Weidetieres aufgenommen
werden, stimmt er RıLeys Ansicht zu, die dahin geht, daß nicht die
Larven, sondern die Eier von der Körperoberfläche abgeleckt werden.
Die im Wirte alsdann ausgeschlüpften Larven sollen in der ersten
Abteilung des Magens die Wände desselben ganz oder teilweise durch-
bohren, um in die Submucosa, dann an die Oberfläche des Oesophagus
und in die Bauchhöhle zu gelangen. Von hier aus sei es für die
Larven nicht schwer, alsbald durch die Nervenöffnungen in den
Wirbelkanal zu wandern. Ganz unzweifelhaft erscheint es ihm, daß
die Parasiten nunmehr von hier aus ihren Weg durch die Wirbellöcher
zurück und zwischen dem intermuskulären Bindegewebe der Rücken-
Fall
muskeln zur Haut nehmen. r>}
Die vorerwähnten Arbeiten können als die bedeutendsten in bezug
auf die neuesten Forschungen über den Entwicklungsgang der Hypo-
derma bovis betrachtet werden. Alle andern innerhalb der letzten Jahre
über dieses Thema erschienenen Abhandlungen sind nicht von solcher
Bedeutung und haben nicht den criginellen Wert, daß ihrer an dieser
Stelle noch besonders Erwähnung getan werden müßte.
Vergleicht man die Folgerungen, welche die einzelnen Forscher
aus dem reichen Material ihrer Beobachtungen und Untersuchungen
gezogen haben, so wird man finden, daß in manchen seither offenen
Fragen eine einheitliche Lösung erzielt ist, daß aber auch noch in vielen
Punkten erhebliche Meinungsverschiedenheiten bestehen.
In bezug auf den wesentlichsten Punkt ist die Aufgabe, deren
Lösung BRAUER der Zukunft überließ, erfüllt, man hat endlich nach
langen, zuverlässigen Beobachtungen die jugendlichsten Larven von
Hypoderma bovis auf ihrer Wanderschaft durch den Tierkörper über-
rascht. — Wenn auch alle neueren Forscher darin einig sind, daß die-
selben nicht auf und unter der Haut, sondern tief im Innern des Wohn-
tieres, in steter Wanderschaft begriffen, ihre erste Entwicklung durch-
machen, so herrscht doch noch mehr oder weniger Unklarheit darüber:
Ob das Ei oder die bereits ausgeschlüpfte Larve vom
Wirte aufgenommen wird, — auf welche Weise dies geschieht,
ob durch Lecken oder mittels des Futters, — ob der neuer-
dings in den Schlachttieren gefundene Schmarotzer nicht
doch die Larve von Hypoderma lineata ist, — welche cha-
rakteristischen Merkmale das erste Larvenstadium von
Hypoderma bovis aufzuweisen hat, — welche Veränderungen
666 Hermann Jost,
mit diesem Parasiten während der Dauer des ersten Sta-
diums vor sich gehen, — wovon er lebt, — wie er atmet, —
an welcher Stelle im Innern des Tierkörpers nach Abstreifung
der Eihülle die Lärvchen sich einbohren, — wo sie durch die
Wand des Verdauungskanals wieder austreten, — ob sie
bestimmte Bahnen zur Weiterwanderung innehalten oder
auf den verschiedensten Wegen zur Endstation — der Sub-
cutisdesRückens — gelangen, und wodurch die pathologisch-
anatomischen Veränderungen der von den Schmarotzern
berührten Gewebe hervorgerufen werden.
B. Eigne Untersuchungen und Beobachtungen.
Die Schlachttiere, welche das erforderliche Material für meine
Untersuchungen lieferten, stammten von Holsteiner Marschgegenden
(Wilster Marsch) und von Oldenburger Weiden des linken und rechten
Weserufers (Butjadingen, Landwüren), an welchen die Zypoderma bovis
heimisch ist und die Weiderinder alljährlich heimsucht. Sie waren von
verschiedenem Alter, der größte Teil derselben zählte 4—5 Lebensjahre,
nur wenige waren jünger, andre dagegen hatten bereits ein Alter von
6 Jahren erreicht. Für meine Untersuchungen war der Umstand be-
sonders günstig, daß die Tiere teils während, teils unmittelbar nach der
Schwärmzeit der Ochsenbremse direkt von der Weide nach dem Unter-
suchungsort kamen und deshalb mutmaßlich an ihrer Haardecke oder
Hautoberfläche entweder noch Eier oder Veränderungen infolge von
Belästigungen vonseiten der Bremsenfliege während des Schwärmens
zeigten.
1. Die Larvenentwicklung aus dem Ei.
Gemeinsam mit einem durchaus zuverlässigen Hilfspersonal habe
ich von Juli an sofort nach Ankunft und der Sicherheit wegen noch
einmal vor der Schlachtung der Tiere eine genaue Durchsuchung nicht
allein aller derjenigen Stellen der Körperoberfläche — Weichen, Bauch,
Beine, Keule — vorgenommen, welche angeblich von der Oestrus-Fliege
mit Vorliebe zur Eiablage ausgesucht werden, sondern auch jener
Partien — Rücken- und Lendengegend —, an welchen im Frühjahr
die Larven nach Bildung der Dasselbeulen wieder mit der Außenwelt
in Verbindung treten. Um nichts zu versäumen, wurden auch noch die
hier weniger in Betracht kommenden andern Körperstellen mit der
gleichen Sorgfalt untersucht.
Trotz aller Bemühungen sowohl mit dem bloßen Auge, als auch mit
Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 667
der Lupe waren weder Eier an den Haaren noch junge Lärvchen auf der
Körperoberfläche oder irgendwelche Veränderungen auf und in der
Haut der Weidetiere wahrzunehmen. Um die Besichtigung noch ge-
nauer vornehmen zu können, ließ ich die Haare an den von der Fliege
‚bevorzugten Körperstellen abscheren und mittels der Lupe nachunter-
suchen, obgleich die Eier infolge ihrer Größe von 1,25 mm und ihrer
Zahl dem bloßen Auge nicht hätten entgehen können. — Die nach
dieser Richtung hin resultatlose Untersuchung einiger hundert Weide-
tiere zu einer so günstigen Zeitperiode bestätigt die Angabe BRAUERSs,
nach welcher es außerordentlich selten gelingt, die Hypodermen-Eier an
dem Haarkleide der Weidetiere zu entdecken. — Auch der weitere Um-
stand, daß es trotz der Belohnung, die ich dem glücklichen Finder
aussetzte, keinem der Kuhknechte in den erwähnten Weidegegenden
während der Schwärmzeit der Fliege gelungen ist, Haare mit angeklebten
Eiern zu finden, bestätigt obige Angabe, ohne daß ich hierdurch die
Beobachtungen einzelner Forscher, welche vier bis sechs Eier an einem
Haare gefunden haben, in Zweifel ziehen möchte. Meinen vergeblichen
Bemühungen könnte vielleicht entgegengehalten werden, daß die von
mir vor der Schlachtung untersuchten Tiere zufällig nicht von der
Fliege befallen worden seien. Dieser Einwand wäre berechtigt, wenn es
sich um die Untersuchung nur ganz vereinzelter Tiere gehandelt hätte,
aber bei der großen Zahl der mir zur Verfügung stehenden Rinder und
- in anbetracht der schon im Monat Juli nach der Schlachtung bei vielen
dieser Weidetiere gemachten Wahrnehmung, daß die Schlundwand mit
Larven durchsetzt war, dürfte die angeführte Entgegnung als hin-
fällig zu betrachten sein. Dieses negative Ergebnis erklärt sich viel
einfacher dadurch, daß wahrscheinlich ein großer Teil der Eier, ob-
gleich dies nicht unbedingt erforderlich ist, sehr bald oder sofort nach
dem Legeakt der Oestrus-Fliege von dem Wohntiere abgeleckt wird,
und auf diese Weise die Brut von der Oberfläche verschwindet. — In
einem auffallenden Gegensatz steht dieses häufig vorkommende erfolg-
lose Suchen nach Hypodermen-Eiern auf der Haardecke des Wirtes zu
den Beobachtungen, die man während der Sommerzeit an den von der
Gastrophilus-Fliege heimgesuchten Weidepferden machen kann. Schon
mit dem unbewaffneten Auge nimmt man ohne Mühe in dieser Zeit
an den Haarspitzen des Halses, der Schulter und der Mähne dieser
Pferde die Eier des zuletzt erwähnten Schmarotzers massenhaft wahr.
Ich bezweckte durch diese Untersuchungen, mich einerseits von der
Richtigkeit des ersten Teils der Braverschen Theorie durch eigne
Beobachtung zu überzeugen, anderseits aber auch im Falle eines posi-
Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. 44.
668 Hermann Jost,
tiven Resultates die bislang allseits mißglückten Versuche wieder auf-
zunehmen, entweder durch die ausschließliche Einwirkung trockener
Wärme oder mit Hilfe von Feuchtigkeit — sterilisiertem Speichel oder
Magensaft — und einer der Körpertemperatur entsprechenden Wärme
künstlich aus den Eiern Larven zu züchten. Da mir trotz aller Be-
mühungen keine Hypodermen-Eier zur Verfügung standen, muß auf die
negativen Ergebnisse der bereits von andrer Seite nach dieser Richtung
hin gemachten Versuche hingewiesen werden. — Anderseits erbringen
meine Untersuchungen der lebenden Weidetiere den Nachweis, daß im
Anschluß an die Schwärmzeit der Oestrus-Fliege weder ausgeschlüpfte
Larven — die infolge ihrer Mindestgröße von 1,50 mm nicht hätten
übersehen werden können — noch Bohrkanäle oder sonstige Verwun-
dungen auf der Hautoberfläche aufzufinden sind.
Das bislang stets vergeblich gewesene Suchen nach jungen Larven
auf der Haar- oder Hautdecke der Weiderinder während und unmittelbar
nach der Schwärmzeit der Fliege beweist zwar für sich allein nichts,
es erregt aber immerhin schon berechtigte Zweifel darüber, daß die
Larven außerhalb des Tierkörpers, speziell auf der Körperoberfläche des
Wohntieres, ihre Eihüllen abstreifen und hier ihre passive Weiterbeförde-
rung abwarten. — Ich führte schon früher an, daß es trotz der verschie-
densten Versuche noch nicht gelungen ist, künstlich aus den Hypodermen-
Eiern Larven zu züchten — ein Ergebnis, welches darauf hindeutet,
daß äußere Einflüsse kaum imstande sein werden, die Larven aus den
Eiern zur Entwicklung zu bringen. Viel erklärlicher erscheint es, daß
sich die Schalen der in die Maulhöhle bzw. in den Verdauungsschlauch
aufgenommenen Eier unter der ständigen Einwirkung der Drüsensecrete
— des Speichels, des Magensaftes — leichter lösen, und die Larven durch
den günstigen Effekt einer stets gleichmäßigen Körpertemperatur
sicherer und rascher zur Entwicklung kommen, als an der Körperober-
fläche, auf welcher alle diese Bedingungen fehlen. — Das Ei ist durch
seine dicke Hülle widerstandsfähig genug, um längere Zeit — sagen wir
bis zum Zeitpunkte des Ableckens — äußeren Einwirkungen trotzen
zu können, die eben ausgeschlüpfte zarte Larve aber wird infolge der
mangelnden Widerstandsfähigkeit ihrer dünnen Cutiecula und wegen
des Fehlens aller zu ihrer Erhaltung notwendigen Lebensbedingungen
sich auf der Hautdecke ihres Wirtes nicht nur nicht weiter entwickeln
können, sondern daselbst bald zugrunde gehen.
Die Larve nährt sich (s. 8. 672), soweit ich dies in Übereinstimmung
mit den Ergebnissen andrer Forscher durch Untersuchungen des Darm-
inhaltes allerjüngster Oesophagus-Larven feststellen konnte, im ersten
Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 669
Stadium von den Säften und entzündlichen Exsudaten der sie umgebenden
lockeren Gewebe, welche deshalb auch mit Vorliebe von ihr durchwandert
werden. Da sie jedenfalls für nur ganz kurze Zeit Dottermassen als em-
bryonale Mitgift mit sich schleppt, ist sie sehr bald auf die zu ihrer
Nahrungsaufnahme geeigneten, aber nur im Inneren des Körpers der
Wohntiere gelegenen Gewebe angewiesen. Der zarte Mundapparat, unter-
stützt durch die außerordentliche Bewegungsfähigkeit der Larve, macht
dieses Schmarotzerleben nur in den weniger widerstandsfähigen Binde-
gewebsmassen, nicht aber auf der Oberfläche der derben Cutis möglich.
Da sich der Atmungsapparat (s. S. 671) dieser Larven erst im dritten
Stadium zur vollen Funktionsfähigkeit entwickelt, so ist das sog. Atmen
derselben im ersten Stadium ganz bestimmt nicht an den Aufenhalt in
der Luft gebunden, sondern kann als intramoleculäre Respiration in den
tiefsten Gewebsschichten vor sich gehen, d. h. die Schmarotzer erhalten
durch die in ihrem Inneren vor sich gehenden Spaltungsprozesse der
aufgenommenen Nahrungsstoffe den zu ihrer Erhaltung erforderlichen
Sauerstoff und scheiden die sich bildende Kohlensäure durch ihre dünne
Cutieula, vielleicht auch durch die schon im ersten Stadium vorhandenen
Tracheen bzw. hinteren Stigmen aus. Die Atmung ist also von der
Nahrungsaufnahme abhängig, diese vollzieht sich aber — wie der stän-
dige Aufenthalt der Larven des ersten Stadiums lehrt — nur in dem
submucösen, subserösen, intermuskulären und subcutanen Gewebe.
Um diese Frage noch weiter zu prüfen und um gleichzeitig fest-
zustellen, an welcher Stelle des Verdauungsschlauches sich die entweder
im Inneren der Wohntiere zur Entwicklung kommenden oder bereits
auf der Oberfläche ausgeschlüpften Larven zur Weiterwanderung ein-
bohren, ist von mir an einer Ziege, einem Kalbe und einer Kuh, die
nie auf die Weide gekommen waren, nachfolgender Versuch ausgeführt
worden. In den Monaten August, September und Oktober habe ich
allerjüngste Larven der Submucosa lebenswarmer Schlunde frisch ge-
schlachteter Weidetiere entnommen und den Versuchstieren sofort in
der Weise in die Maulhöhle gebracht, daß sie die Schmarotzer von der
Hand ebenso ableckten, wie dies angeblich von der Haardecke geschieht.
Ich nahm nunmehr nach dieser Einverleibung per os an, daß — falls die
stets in der Schlundwand geschlachteter Weidetiere zu findenden Larven
von der Haardecke im bereits ausgeschlüpften Zustande abgeleckt
werden —, dann auch die den Versuchstieren künstlich, aber in der
gleichen Weise beigebrachten Larven nach einiger Zeit an ihrem Lieb-
lIinssaufenthaltsort, unter der Schleimhaut der Speiseröhre, vielleicht
auch an einer andern Stelle des Verdauungsapparates lebens- und
44”
670 Hermann Jost,
weiterentwicklungsfähig wieder zu finden seien oder anders gesagt, daß
sie nach dem Ablecken denselben Weg im Wohntiere einschlagen
würden, wie die auf natürliche Weise aufgenommenen Larven. — Meine
Voraussetzung wurde durch die einige Tage nach der Impfung statt-
gehabte Schlachtung der Versuchstiere nicht bestätigt, denn trotz der
genauesten Untersuchung aller inneren Organe, speziell des Oesophagus,
fanden sich weder Larven noch Larvenspuren, obgleich an jedes Tier
18 Stück verabreicht worden waren. Die Schmarotzer mußten zugrunde
gegangen und auf dem Wege der Verdauung abgegangen sein. Da die
Larven mit der größten Sorgfalt — also unter Vermeidung jeglicher Ein-
wirkung, welche ihre Lebensfähigkeit hätte beeinträchtigen können —
der Submucosa des Oesophagus entnommen und ferner von den sie
umgebenden Gewebsanhängseln so befreit waren, daß ihre Bewegungs-
fähigkeit hierdurch nicht gehemmt sein konnte, ist das negative Er-
gebnis dieses Versuches nicht auf Impffehler zurückzuführen, sondern
kann damit begründet werden, daß nicht die ausgeschlüpften Larven,
sondern die Eier von der Körperoberfläche abgeleckt werden, und
daß aus diesen an geeigneter Stelle im Verdauungsschlauche Larven
schlüpfen, welche befähigt sind, sich an dem Ort ihrer Entwicklung
sofort einzubohren. Ob der Impfversuch vielleicht deshalb kein posi-
tives Ergebnis hatte, weil die bei der Impfung verabreichten Larven
schon zu sehr entwickelt waren, mag dahingestellt bleiben.
Ein weiterer Beweis für die vorerwähnte Annahme dürfte die von
mir gemachte Beobachtung sein, daß sich die jüngsten, dem Schlunde
entnommenen Larven, auf die Hautoberfläche von Rindern gebracht,
nicht am Leben erhalten können, sondern schon in ganz kurzer Zeit
absterben. Der Tod läßt sich, ganz abgesehen von dem deutlichen
Hervortreten andrer Kennzeichen, wie Schrumpfung und Festkleben,
sehr leicht und sicher dadurch feststellen, daß man die zu untersuchen-
den Larven auf eine mäßig angewärmte und leicht angefeuchtete Glas-
platte bringt; noch lebende Larven werden sehr bald Bewegungen
machen, die vermutlich durch die Einwirkung der Wärme und Feuchtig-
keit hervorgerufen werden.
Die vom Monat Juli bis zum April an nladhiessn Weidetieren
zu machende Beobachtung, daß Larven des ersten Stadiums bereits ın
der Subeutis sitzen, während andre in großer Zahl in der Schlundwand,
im Wirbelkanal und an andern Körperstellen zu finden sind, läßt zwei
Deutungen zu. Da die Schwärmzeit der Bremsenfliegen 3 Monate lang
dauert, ist es nicht ausgeschlossen, ja vielleicht ein sehr häufig vor-
kommender Fall, daß das Weidetier innerhalb der Schwärmperiode zu
Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 671
verschiedenen Zeiten von Biesfliegen heimgesucht wird; deshalb ist es
auch möglich, daß die früheste Larvenbrut vom Monat Juni schon zu
einer Zeit ihr Wanderziel im Inneren des Wirtes erreicht haben kann,
während welcher eine spät schwärmende Bremsenfliege erst — etwa
anfangs September — ihre Eier an die Haardecke absetzt. Die Larven
dieser verspäteten Eiablage werden dann immer einige Monate in
ihrem Entwicklungsgang zurück sein. Außerdem wırd es selbst in
dem Falle, in welchem das Weidetier von der Fliege innerhalb der
Schwärmzeit nur ein einziges Mal befallen worden ist, ausnahmsweise
vorkommen, daß die Eier dieses einmaligen Legeaktes nicht gleich-
zeitig, sondern zu verschiedenen Zeiten von dem Wirt abgeleckt wer-
den, und dieselben infolgedessen in ganz unbestimmten Intervallen
zur Larvenentwicklung im Wohntiere gelangen.
Die hin und wieder zu findende Erklärung, das auf der Körper-
oberfläche ausgeschlüpfte Lärvchen verursache auf der Haut einen
Juckreiz, der das Wohntier zum sofortigen Ablecken veranlasse, läßt
- sich bei dem Mangel an der hierzu erforderlichen Empfindlichkeit des
Rindes kaum aufrecht erhalten. Viel wahrscheinlicher ist der Nach-
satz der hier folgenden von BARFOD gegebenen Auslegung: » Dadurch
aber, daß die Dasselfliege mit ihrem Summen die durch ihren Stich
gefürchteten aculeaten Hymenopteren! nachahmt, wird das Rind
veranlaßt, die Stelle, an der das Tier ein(?) Ei abgelegt hat,
zu er das Ei ot soın den Schlund und eemiolselt
sich dort schnell zur Larve.«
Die Frage, ob das Ei mittels Ableckens oder durch die Futter-
aufnahme in das Innere des Wohntieres gelangt, ist durch das vorher
Gesagte bereits zum großen Teil beantwortet, die Möglichkeit, daß auch
das Futter als Zwischenträger dienen kann, ist schon deshalb aus-
geschlossen, weil die Hypoderma bovis-Fliege erfahrungsgemäß ihre Eier
nicht an Pflanzen, sondern nur an die Haardecke der Weidetiere absetzt.
Zum Schlusse könnte noch in Erwägung gezogen werden, ob die
Larve, falls sie auf der Körperoberfläche aus dem Ei schlüpft, nicht
vielleicht aktiv von der Legestelle aus bis zur Maulhöhle auf der Haut-
decke wandert, um auf diesem Wege rascher in das Innere des Wirtes
zu gelangen. Auch dieser Modus erscheint aus den bereits früher über
den Aufenthalt und die Existenzfähigkeit der Larven auf der Körper- |
oberfläche erwähnten Gründen ausgeschlossen.
1 Mir scheinen hier weniger die Hymenopteren als die Stechbremsen —
Tabaniden — in Betracht zu kommen.
672 ' Hermann Jost,
Nach allen angeführten Beobachtungen, und gestützt
auf die einzelnen Begründungen, ziehe ich mit RıLEy, Koch,
BAaRrFOD usw. den Schluß, daß nicht die Larven, sondern die
Eier der Hypoderma bovis von der Haardecke abgeleckt
werden, und letztere erst im Innern der Wohntiere zur Lar-
venentwicklung kommen.
2. Die Larve des ersten Stadiums von Hypoderma bovis im
submucösen Gewebe des Schlundes der Weidetiere.
Da von einigen Autoren bei Beschreibung der Dasselplage angegeben
worden ist, daß der Schlund der Weiderinder infolge der in der Sub-
mucosa desselben stattfindenden Wanderung der Hypoderma-Larven
hochgradig irritiert werde und mitunter um das Doppelte seines nor-
malen Umfanges in Form einer Wurst oder in der Dicke eines Armes
anschwelle, untersuchte ich vor der Schlachtung bei allen Weidetieren
den Verlauf des Oesophagus an der linken Halsseite, konnte aber —
trotzdem sich bei einzelnen Tieren nach der Schlachtung eine beträcht-
liche Invasion und eine starke ödematöse Schwellung in der ganzen
Länge des Schlundes zeigte — zu Lebzeiten nie irgendeine auffallende
Veränderung oder Schmerzhaftigkeit der Speiseröhre feststellen. Die
durch den Reiz der eingewanderten Larven veranlaßten starken Ödeme
des Schlundes hatten auch auf die physiologische Tätigkeit desselben —
Abschlucken des Bissens, Wiederkäuen — keinen hemmenden Einfluß.
Ob die infolge der hochgradigen Schwellung der Submucosa hervor-
gerufene Verengung oder Verlegung des Schlundlumens zur Blähsucht
Veranlassung geben kann, war von mir wegen der Kürze der Beob-
achtungszeit an den Weidetieren nicht wahrzunehmen; daß sich aber
derartige nachteilige Begleiterscheinungen einstellen können, ist nicht
nur wahrscheinlich, sondern auch schon von andrer zuverlässiger
Seite beobachtet worden.
Bei den innerhalb der Schwärmperiode der Hautbremsen geschlach-
teten Weidetieren wurde ganz besondere Sorgfalt auf die Untersuchung
der Mucosa und Submucosa der Rachenhöhle verwandt. Wie schon
SCHNEIDEMÜHL in seinem Sammelreferat über die Entwicklungsgeschichte
der Bremsenlarven anführt, eignet sich die Rachenhöhle wegen der in
ihrer Schleimhaut befindlichen Drüsen ganz besonders zum Einbohren,
vorausgesetzt, daß die jüngsten Schmarotzer zum Eindringen in die
Gewebe auf derartige physiologische Vorgebilde angewiesen sind.
Aber nicht der Drüsenreichtum allein macht diesen Vorhof des. Verdau-
ungsschlauches der Larvenwanderung allem Anscheine nach besonders
Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 673
günstig, sondern er bietet auch durch seine Schleimhautfalten geschützte
Ruhepunkte, in denen sich die aufgenommenen Eier unter der Ein-
wirkung von Feuchtigkeit — Speichel und Schleim — und Körper-
wärme zu Larven entwickeln können.
So günstig die Bedingungen in der Rachenhöhle für die ee
entwicklung und Larvenwanderung erscheinen mögen, und außer
SCHNEIDEMÜHL auch andre Autoren zu der Annahme verlockt haben,
daß hier die von der Natur gegebene Stelle sei, an welcher das Ei zur
Larve werde, und die letztere sich unter Benutzung der Schleimdrüsen
einbohre, so wenig wird diese Vermutung durch die tatsächlichen Be-
funde bei geschlachteten Tieren bestätigt.
Weder von andern Beobachtern noch von mir sind beim Beginn
der Schwärmzeit der Hautbremse unter der Schleimhaut der Rachen-
höhle oder im submucösen Gewebe des vordersten Schlundteiles regel-
mäßig die jüngsten Lärvchen gefunden worden, dagegen waren in dem
dem Magen zunächst gelegenen Schlundteile die im Anfangsstadium
ihrer Entwicklung begriffenen Schmarotzer samt ihren Spuren bei sorg-
fältiger Untersuchung fast immer zuerst anzutreffen. Die Rachenhöhle
kann deshalb auch nicht — trotzdem sie hierzu prädisponiert erscheint —
als die Stelle betrachtet werden, an welcher sich die ausgeschlüpite
Larve zur Submucosa durchbohrt. Mit Rücksicht darauf, daß die vor-
erwähnten Befunde an keiner andern Stelle des Weidetieres früher ge-
macht werden, als in der Nähe der Einmündungsstelle des Schlundes
in den Magen, erlangt die Annahme, die Larve dringe von hier
aus durch die innerste Schicht des Verdauungskanals zur Submucosa
durch, eine viel größere Berechtigung. Unterstützt wird diese Meinung
noch dadurch, daß fast gleichzeitig mit dem ersten Auftreten der Larven
im Magenendteile der Speiseröhre auch in den demselben zunächst ge-
legenen Teilen, der ersten Magenabteilung, dem Zwerchfell usw., jüngste
Schmarotzer oder die von denselben verursachten, sulzigen, gelatinösen
Ödeme gefunden werden. HiNkIcHsen, Ruser und Koch sind auf
Grund ihrer Beobachtungen zu den gleichen Schlußfolgerungen ge-
kommen, KOo0REVAAR dagegen, der »trotz eifrigen und gewissenhaften
Suchens« bei stark invasierten Tieren in zwei Sommern die Larven im
Pharynx nicht hat antreffen können, aber einigemal im submueösen
Gewebe der oberen Schlundlage jüngste Larven zur Sommerzeit —
ein näheres Datum gibt er nicht an — gefunden hat, nimmt auf Grund
dieses letzteren Befundes mit SCHNEIDEMÜHL an, daß die jüngsten
Schmarotzer durch die Pharynxmucosa in die Sohnuebea des Oeso-
phagus eindringen.
674 Hermann Jost,
Bevor ich näher darauf eingehe, welchen Weg die dem Ei ent-
schlüpfte Larve von der Submucosa der Speiseröhre aus zu ihrer Weiter-
wanderung fast regelmäßig einschlägt, schicke ich eine eingehende Be-
schreibung meiner mikroskopischen Untersuchungen der hierselbst ge-
fundenen jüngsten Larven und der während der Dauer ihrer Wanderung
in der Speiseröhre gemachten Beobachtungen voraus. Die Beschrei-
bung des Schmarotzers möge gleichzeitig durch einen Vergleich mit den
bereits bekannten andern Hypodermen-Larven des ersten Stadiums den
Nachweis liefern, daß der im Anschluß an die Schwärmzeit der Haut-
bremse sich in der Schlundwand usw. unsrer einheimischen Weidetiere
regelmäßig zu findende Parasit nichts andres sein kann, als das erste
Stadium der Larve von Hypoderma bovıs.
Die von mir vom Monat Juli bis zum April vorwiegend in dem
submucösen Gewebe der Speiseröhre in größerer oder geringerer
Zahl gefundenen Larven (Taf. XXXII, Fig. 1) sind je nach ihrem
Alter 2—16 mm lang und etwa 2mm breit. Ihre Gestalt ist cylin-
drisch, nach dem vorderen Teile hin mehr und dem hinteren End-
gliede (Taf. XXXII, Fig. 1%) hin weniger verjüngt. Das Aussehen
der Larven im jüngsten Zustande ist glasartig durchscheinend bis weiß-
lich; im weiteren Verlaufe ihrer Entwicklung nehmen sie allmählich
eine weißgelbliche Färbung an. Vorn und hinten sind sie durchsichtig
und zeigen bei ganz genauer Besichtigung schon mit dem bloßen Auge
an diesen Endteilen schwarze Pünktchen. Am vorderen Ende ist die
durchscheinende Stelle länger als hinten. Man unterscheidet an den
Larven zehn Querfurchen, wodurch dieselben in elf Glieder geteilt wer-
den. Während die mittleren Glieder oder Ringe fast gleich groß sind,
erscheinen die Enndglieder, insbesondere das vordere, bedeutend kleiner.
Die äußere Haut besteht aus einer chitinösen Cuticula, welche wenig
widerstandsfähig ist.
Am vordersten Gliede bemerkt man bei mikroskopischer Unter-
suchung, ventralwärts gelegen, eine trichterförmige Einziehung, in
welcher sich der dem bloßen Auge als schwarzes Pünktchen erscheinende
chitinöse Mundapparat der Larve befindet (Taf. XXXII, Fig.2). Er
besteht aus einem mittleren, nach vorn gerichteten, stilettähnlichen
Teile (Taf. XXXII, Fig. 3), der sich an seinem Grunde spindelförmig
nach hinten fortsetzt, und zwei zu beiden Seiten dieses Stiletts gelegenen
Haken (Taf. XXXII, Fig. 3 h, h), die nach BRAUER gestreckt und
zurückgezogen werden können. Nach ihrer vorderen Spitze hin zeigen
die Haken an der Außenseite je ein kleines Widerhäkchen (Taf. XXXII,
Fig. 3w), welches der Larve die Fähigkeit verleihen soll, sich zeitweise
Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 675
an einer Stelle mit dem vorderen Teil zu verankern und den hinteren
Körperteil nachzuziehen. Die Haken sind gleichfalls — oft parallel
mit dem Stilett — nach vorn und nach außen gerichtet, ragen meistens
über das letztere hinaus und haben eine Länge von etwa 0,12 —0,13mm.
Am Ende ihrer inneren Schenkel sind sie gegabelt. Von dem Querstück,
auf welchem das Stilett ruht, gehen nach hinten zu beiden Seiten des
Pharynx zwei lange Bogen (Taf. XXXII, Fig. 2/ u. 3f), welche sich
schaufel- oder flügelförmig verbreitern und gegenüber den schwarz-
braunen vorderen Mundteilen hellbraun erscheinen. In der nächsten
Umgebung des Mundapparates sieht man zahlreiche schwarzbraun ge-
färbte Dornen (Taf. XXXII, Fig. 2).
Die gesamte Oberfläche der Larve ist bedornt, und zwarsiehtmanan
jedem Segment etwa acht bis neun Reihen kleiner Dornen (Taf. XXXII,
Fig. 4), die am vorderen Rande jedes Gliedes stark entwickelt sind, nach
der hinteren Partie des Segmentes aber kleiner werden und dann ganz
verschwinden. Am deutlichsten sind diese Gebilde am zweiten vorderen
Gliede wahrzunehmen. Die Spitzen derselben sind nach dem hinteren
Ende der Larve gerichtet. Die Bedornung ist bei den jüngsten Larven
leichter zu erkennen, als bei den älteren. Dies erklärt sich einesteils
dadurch, daß sowohl die einzelnen Dornen als auch die Dornenreihen
bei den weniger entwickelten Larven dichter zusammenstehen, als bei
den bereits herangewachsenen Larven, die infolge der Erweiterung ihres
Umfanges die Dornen auseinandergedrängt haben, andernteils aber
auch dadurch, daß mit dem zunehmenden Alter der Larve der glashelle
Untergrund sich in einen gelblichen umwandelt, von welchem die
braunen Dornen sich weniger deutlich abheben. Die Vermutung Kochs,
daß sich die Dornen mit dem zunehmenden Alter der Larve abnutzen,
läßt sich sehr leicht durch einen Vergleich von mit Kalilauge behandelten
Hautpräparaten jüngerer und älterer Larven widerlegen; dieser Ver-
gleich ergibt, daß die Dornen mit dem Wachstum der Larve in bezug
auf ihre Größe sich nicht verändern, aber aus den erwähnten Gründen
scheinbar kleiner und schwerer zu erkennen sind.
Das letzte Glied der Larve ist muldenförmig eingezogen. In dieser
Einsackung liegen zwei schwarzbraune, unregelmäßig geformte Stigmen-
platten (Taf. XXXTII, Fig. 5). Dieselben stellen fein-poröse Chitinplatten
dar, welche erst in einem späteren Stadium der Larve die Atmung ver-
mitteln, aber zur Ausscheidung gasförmiger Stoffwechselprodukte jetzt
schon geeignet erscheinen. Die Stigmenplatten sind mit zahlreichen
schwarzen Dornen umgeben (Taf. XXXII, Fig. 5 u. 6), welche hier an
ihrer Basis besonders stark entwickelt sind. In jeder Stigmenplatte
676 _ Hermann Jost,
befindet sich ein Luftloch (Taf. XXXII, Fig. 7 1, !), von welchem je ein
Haupttracheenstamm dorsal fast bis zum vorderen Ende der Larve führt.
Diese beiden Hauptstämme (Taf. XXXII, Fig. 7i, t) sind hinten durch
einen starken Querast (Taf. XXXII, Fig.5 5) miteinander verbunden;
sie verästeln sich im ganzen Körper, und ihre kleinsten Verzweigungen
endigen in der Form eines Reisigbesens. Schon bei schwacher Ver-
größerung kann man die Tracheen an ihrer spiraligen Struktur er-
kennen (Taf. XXXII, Fig. 7 t, t), am deutlichsten treten sie an den Prä-
paraten durch Zusatz von Glyzerin oder verdünnter Kalilauge hervor.
Die Tracheen samt ihren Verzweigungen sind schon bei den jüngsten
Larven mit Gas gefüllt.
Die Muskulatur der Haut ist quer gestreift (Taf. XXXII, Fig. 8) und
verteilt sich auf die für die Insekten typischen drei Regionen, die ventrale
mit vorwiegend längslaufenden Muskelbündeln, die dorsale gleichfalls
mit längslaufenden, aber kräftigeren und weniger zahlreichen Bündeln,
und schließlich die laterale, in welchen sich Muskelbündel vielfach
diagonal kreuzen. Am vorderen und hinteren Ende der Larve differen-
ziert sich die Muskulatur, ihrer Funktion entsprechend, in verschie-
dener Weise. Die Muskeln sitzen an Chitinleisten der Cuticula und
sind verhältnismäßig sehr stark entwickelt; hierdurch erklärt sich auch
die außerordentliche Bewegungsfähigkeit der jungen Larven im Gewebe.
Der Verdauungskanal ist von außen durch die Cutieula hindurch
sichtbar, er zeigt sich als eine mit grünlichem Inhalt gefüllte und in der
Mitte stark erweiterte Röhre, die aus dem Schlund, dem Mitteldarm und
dem Enddarm besteht. Der Schlund stellt einen dünnen Schlauch dar,
welcher vom Munde aus zwischen die Flügel des Schlundgerüstes und
die Commissuren des oberen und unteren Schlundganglions tritt und
ventral in scharfem Ansatz — also ohne allmählichen Übergang — in
das vordere Ende des Mitteldarmes mündet. Zu beiden Seiten des
Schlundes liegen die verhältnismäßig sehr großen Speicheldrüsen
(Taf. XXXII, Fig. 9s), die durch ihre Ausführungsgänge mit dem
Schlunde verbunden sind und vermutlich mittels ihrer starken Secretion
einen außerordentlich heftigen Reiz auf die durchwanderten Gewebe
ausüben (s. S. 689). — Der erweiterte Mitteldarm beginnt vorn im dritten
und endet hinten im letzten Segment. Der Darminhalt ist hellgrün-
gelb und durchscheinend. Bei der Untersuchung desselben fanden sich
keine Dotterauflösungszellen; er besteht also nicht aus Dottermassen,
sondern ist eine homogene, dem Blutserum, der Lymphe und dem ent-
zündlichen Exsudat ähnliche Masse, welche die Larve auf ihrer Wan-
derung durch die lockeren Gewebe als Nahrung aufnimmt bzw. ab-
Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 677
scheidet. Der dünnere Enddarm setzt sich gleichfalls scharf an den
Mitteldarm an, legt sich in Form einer Schleife über den hintersten Teil
desselben und endet in einem Analloch zwischen und unterhalb der
beiden hinteren Stigmenplatten. Das Lumen des Enddarmes ist häufig
mit einer grünlichgelben Masse gefüllt. — Der Verdauungskanal mit
den Speicheldrüsen und dem Bauchmark läßt sich nach Färbung mit
Boraxkarmin sehr deutlich darstellen.
Der Bau der soeben beschriebenen Larve zeigt bei einem Vergleich
mit demjenigen der bereits bekannten Larven von Hypoderma Diana
und Hypoderme lineata nur geringfügige Abweichungen, die sich eines-
teils auf die Bedornung, andernteils auf die vordere Stigmenplatte er-
strecken. Im jüngsten Alter der drei Larvenarten ist zwar die Dornen-
bekleidung sämtlicher Glieder übereinstimmend festgestellt, im weiteren
Verlaufe der Entwicklung des ersten Stadiums von Hypoderma Diana
und Aypoderma lineata soll sich die Bedornung bis auf den ersten und
letzten Ring allmählich verlieren, während sie bei der von mir beschrie-
benen Larve während der ganzen Dauer des ersten Stadiums vorhanden
ist. Daß die Dornen, wenn sie nicht nach vorheriger Befreiung von
den Gewebsstoffen des Wohntieres sorgfältig mittels mikroskopischer
Untersuchungen vom embryonalen Alter der Larve an bis zum Ende
des ersten Stadıums derselben verfolgt werden, leicht übersehen werden
können, und sich dann scheinbare Unterschiede zwischen den Larven-
arten ergeben, ist bereits erwähnt worden. Während bei. den jüngsten
Larven von Hypoderma Diana und Hypoderma lineata am vorderen
zweiten Ringe Stigmen gefunden worden sind, konnte ich bei den von
mir untersuchten Larven auch bei Zusatz von Kalilauge und trotz der
Anfertigung von Serienschnitten niemals Spuren davon entdecken.
Sollten weitere Untersuchungen der jüngsten Formen dieser drei Larven-
arten jene vielleicht nur scheinbaren Unterschiede nicht beseitigen, dann
müssen dieselben als Unterscheidungsmerkmale der einzelnen Arten
aufgefaßt werden.
Durch den Vergleich istaber zweifellos festgestellt, daß
dieim submucösen Gewebe des Schlundes der Weiderinder
gefundene Larve eine Hypoderma-Art im ersten Stadium ist.
Da nun die Weiderinder in Deutschland fast ausschließlich
von der Hypoderma bovis-Fliege heimgesucht werden, so
kann dieser Parasit, wie aus den späteren Darlegungen noch
‚bestimmter hervorgehen wird, nur das solange unbekannt
gebliebene erste Larvenstadium von Hypoderma bovis sein.
In meinen früheren Ausführungen ist schon des Näheren besprochen
678 Hermann Jost,
worden, daß das frühzeitige oder spätere Auftreten der Schmarotzer in
den einzelnen Körperstellen hauptsächlich abhängig ist von der Zeit des
Schwärmens der Hautbremse, und daß die Zeit der Invasion außer-
dem noch durch mancherlei Nebenumstände und Zufälle bedingt wird.
Ich habe bei meinen Untersuchungen beispielsweise gefunden, daß die
Parasiten bei den Tieren, welche von Oldenburger Weiden stammten,
durchschnittlich früher zum Vorschein kamen, als bei den Rindern der
Holsteiner Marschgegenden. Während KoorEvAAR und Koch die ersten
Larven schon Ende Juni und anfangs Juli in der Submucosa des Magen-
teiles der Speiseröhre und der diesem Teil zunächst liegenden Umgebung
fanden, ist es mir, da ich meine Untersuchungen in Ermangelung
derartigen Weideviehes nicht früher beginnen konnte, erst im Juli
gelungen, die Schmarotzer in dem submucösen Gewebe der Schlund-
wand zu entdecken. Alle andern Organe der geschlachteten Weidetiere
waren zu dieser Zeit noch vollkommen frei von Larven. Die daselbst
zuerst gefundenen Lärvchen hatten eine Länge von ungefähr 2 mm und
waren schon deshalb — insbesondere aber wegen ihrer durchsichtigen,
glashellen Farbe — sehr schwer von dem sie umgebenden Gewebe zu
unterscheiden. Die Stellen, an welchen sie lagen, oder welche sie
bereits durchwandert hatten, erschienen im Vergleich zu den in der
späteren Wanderperiode auftretenden starken Gewebsveränderungen
nur ganz geringgradig ödematös geschwollen. Am frühesten und auf-
fallendsten traten diese pathologischen Erscheinungen am Zwerchfell-
teile des Schlundes hervor. Schon kurze Zeit nach diesem Befunde
konnte ich auch in dem mittleren und vorderen Teile der Speiseröhre
kleinste Larven antreffen, sie befanden sich ausschließlich im submu-
cösen Gewebe und waren am leichtesten zu finden, wenn man den
Schlund so umstülpte, daß die Schleimhaut nach außen kam. Wurde
die Oesophaguswand nunmehr gespannt, dann sah man die Schmarotzer,
meistens in der Längsrichtung der Speiseröhre gelegen, als helle, an ihren
Enden abgerundete Stäbchen durch die Schleimhaut durchscheinen.
Von Mitte August an waren fast alle Schlunde der geschlachteten Weide-
tiere in ihrer ganzen Länge mehr oder weniger mit Larven behaftet;
in manchen Fällen konnte ich über 30 Stück aus der Submucosa prä-
parieren. Dieses ständige, von den ersten Monaten der Schwärmzeit
der Fliege an zu beobachtende Vorkommen der Parasiten im submucösen
Bindegewebe der Speiseröhre und das zu der gleichen Zeit fast stets ver-
gebliche Suchen derselben in allen andern inneren Organen waren mir
sichere Zeichen dafür, daß hier, speziell in der Nähe des hinteren End-
teiles des Oesophagus, die Invasion am frühesten und regelmäßig statt-
Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 679
findet und nicht etwa zufällig ist. — Im submucösen Gewebe des
Schlundes zeigen sich die Larven nach unsern derzeitigen Kenntnissen
nicht allein am frühesten, sondern sie halten sich in demselben auch
am längsten auf. Ich habe bis zum April Speiseröhren gefunden, welche,
wenn auch gerinsgradig, so doch noch mit Larven behaftet waren.
Zur Zeit ihres Aufenthaltes in diesem Organe sind sie verschieden
groß; während die im Juli und anfangs August daselbst gefundenen
Parasiten durchschnittlich nur 2 mm lang waren, hatten dieselben im
Oktober schon eine Durchschnittsgröße von etwa 8mm und im De-
zember bereits eine solche von etwa 16 mm erreicht. Außer der zu-
nehmenden Größe samt der dadurch sich schärfer abgrenzenden Seg-
mentierung und dem schon erwähnten ganz geringen Farbenwechsel
sind bei den älteren Larven in der Schlundwand auch nach etwa 8 Monate
langer Wanderung keine Veränderungen wahrzunehmen. Des am Ende
dieser Wanderungsperiode weniger deutlichen Hervortretens der Be-
dornung der einzelnen Segmente ist bereits Erwähnung getan.
An dem zahlreichen Untersuchungsmaterial, welches mir zu Gebote
stand, habe ich feststellen können, daß vom Monat Juli bis Oktober
etwa 70%, der geschlachteten Weidetiere mit durchschnittlich 10 Larven,
vom Monat Oktober bis Januar nahezu 98% mit etwa 18 Larven, vom
Januar bis April 50% mit ungefähr 8 Larven in der Schlundwand behaftet
waren. — Auffallend ist die Erscheinung, daß mit dem zunehmenden Alter
der Larven die von denselben durchwanderten Gewebe mehr und mehr
irritiert werden, infolgedessen auch im November, Dezember und Januar
die entzündlichen Veränderungen der Submucosa des Oesophagus in
Form von bernsteingelben, stark serös durchfeuchteten Ödemen oft in
srößter Ausbreitung hervortreten. Die Speiseröhre kann zu dieser Zeit
bei starker Invasion bisweilen um das Dreifache ihres normalen Um-
fanges verdickt sein. — Die am stärksten veränderten Stellen lassen sich
an dem umgestülpten Schlunde schon an ihrer Hervorwölbung und
an ihrer graugrünlich durchschimmernden Farbe erkennen. Beim Ein-
schneiden in dieselben findet man entweder eine oder mehrere Larven
fast regelmäßig in der nächsten Umgebung der Ödeme, in manchen
Fällen auch in dem krankhaften veränderten Gewebe selbst. Die Sub-
mucosa ıst dann derart mit entzündlichen Exsudaten durchtränkt, daß
sie schon bei einem Einschnitt in die Schleimhaut hervorquillt und
sich bei leichtem Druck eine blutserumähnliche Flüssigkeit entleert.
Hin und wieder finden sich in diesem ödematösen Gewebe auch blutige
Streifen. Die stärkste pathologische Gewebsveränderung zeigt sich
erklärlicherweise da, wo entweder mehrere Larven in der Nähe liegen,
680 Hermann Jost,
oder eine Larve Querstellung zur Längsachse der Speiseröhre ein-
genommen hat. — Ob diese mit dem zunehmenden Wachstum des
Schmarotzers stärker hervortretende Irritation eine Folge der ver-
mehrten Tätigkeit der Mundwerkzeuge ist, welche vielleicht durch das
erhöhte Nahrungsbedürfnis der Larve bedingt wird, oder ob mit dem
zunehmenden Wachstum ein verstärkter Reiz durch den Gesamtkörper
der Larve verursacht wird, oder ob eine reichlichere Secretion und Ex-
cretion derselben die Veranlassung gibt, vermag ich vorerst nicht zu
entscheiden, am wahrscheinlichsten erscheint mir neben der bohrenden
Tätigkeit als Hauptursache die Einwirkung der Secrete auf die Gewebe
(s. S. 689). In einem späteren Abschnitte wird versucht werden, die
letztere Annahme näher zu begründen. Eine weitere Erklärung ließe
sich ja auch durch die längere Zeit des Aufenthalts und die zunehmende
Anzahl der sich in der Schlundwand ansammelnden Larven geben, denn
ein monatelanges Hin- und Herwandern zahlreicher Parasiten in der
Submucosa wird naturgemäß eine ausgebreitetere Irritation hervor-
rufen wie ein kurzes Wandern weniger Schmarotzer. — Wenn die
Larven die Oesophaguswand verlassen haben, verschwinden auch all-
mählich die entzündlichen Veränderungen. Die Schleimhaut zeigt dann
niemals und die Muskelhaut, auch wenn auf ihr Larven angetroffen
werden, höchst selten Spuren irgendeiner vorher durch Schmarotzer
verursachten Irritation.
Trotz fortgesetzter Bemühungen an einem überaus zahlreichen
Material habe ich niemals beobachten können, daß die Larven — wie
SCHNEIDEMÜHL angibt — im submucösen Gewebe des Schlundes mehr
oder weniger reihenweise in der Richtung nach dem Magenende der
Speiseröhre hin gelagert sind. Im Gegenteil, solange Larven im Oeso-
phagus anzutreffen sind, liegen sie stets ganz unregelmäßig in der Sub-
mucosa zerstreut, die meisten in der Längsrichtung, einzelne aber auch
in der Querachse der Speiseröhre. Mit besonderem Interesse habe ich
vom Monat Juli bis zum März bei jeder einzelnen Larve der etwa 300
untersuchten Schlunde mittels Lupe die Kopfrichtung festgestellt; ich
bin dabei zu dem Ergebnis gekommen, daß- von Juli bis Dezember
etwa 50% Larven ihr Kopfende nach dem Anfangsteile, und die andern
50% ihr Kopfende nach dem hintern Endteile der Speiseröhre hin ge-
richtet, dagegen von Dezember bis Ende Februar etwa 85% der Larven
ihre Kopfrichtung nach dem Magenendteile hin genommen hatten.
Gelegentlich dieser Untersuchung machte ich die weitere Wahrnehmung,
daß die während der Sommer- und Herbstmonate in der ganzen Länge
der Oesophaguswand zu findenden Larven in den verschiedensten
Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 681
Größen durcheinander gemengt, inden Wintermonaten aber die stärksten
Larven in überwiegender Zahl am Magenende des Schlundes zu finden
sind. Im Januar und Februar fand ich durchschnittlich weniger Larven
in der Schlundkopfgegend des Oesophagus, und wenn vereinzelte an-
getroffen wurden, so waren dieselben meistens schwächer entwickelt.
Mit der Abnahme der Larven im vorderen Schlundteile schwinden auch
die ödematösen Veränderungen daselbst, dieselben treten dagegen um
so heftiger an dem von den Schmarotzern meist stark besetzten Magen-
endteile der Speiseröhre hervor. — Die Wahrnehmung andrer Beobachter,
daß die Brustportion des Schlundes, speziell die Durchbruchsstelle vor
dem Zwerchfelle, stets am stärksten pathologisch verändert ist, und hier
immer die meisten Larven zu finden sind, vermag ich durch eigne Be-
obachtung zu bestätigen, dagegen kann ich in voller Übereinstimmung
mit KocH der Behauptung Rusers nicht zustimmen, daß das Vor-
kommen der Larven und der durch dieselben verursachten Verände-
rungen der Speiseröhre hinter dem Zwerchfell eine Seltenheit sei.
Erst vom September an fand ich auch Larven außerhalb des
Schlundes auf der Muscularis und zwar zu dieser Zeit vorwiegend in
der Nähe der Einmündungsstelle der Speiseröhre in den Magen. Larven-
spuren konnte ich weder in der Muskulatur noch außerhalb derselben
entdecken. Fast zu der gleichen Zeit, in einzelnen Fällen etwas früher,
waren, wenn auch vorerst nur vereinzelt, so doch später zahlreicher,
Larven und Larvenspuren in dem Bindegewebe zwischen dem Milz-
rande und dem Magen, im Zwerchfell, in dem Fettgewebe des Netzes
und seltener in dem Gekrösfett meist subserös anzutreffen. Verhältnis-
mäßig die meisten Larven und die ausgeprägtesten Spuren fanden sich
in sehr vielen Fällen in der Gegend der Zwerchfellpfeiler, im Media-
stinum und der Nierenkapsel und zwar während der ganzen Dauer der
Spätherbst- und Wintermonate.
Ich ziehe aus den seither angeführten Beobachtungen
den Schluß, daß die Larven vom Monat Juli ab in größter
Zahl von dem Anfangsteil des Magens in das submucöse Ge-
webe des Schlundes dringen, in demselben monatelang hin-
und herwandern, alsdann zum Durchgangspunkt zurück-
kehren, um nach Durchbohrung der Muskelschicht des
Schlund-Magenteiles subserös an besonders bevorzugten
Stellen der Brust- und Bauchhöhle einem andern Ziele —
dem Wirbelkanal — zuzustreben. Daß dieser Weg nicht von
allen Larven eingeschlagen wird, sondern ein kleiner Teil
sich andre Bahnen sucht oder Abkürzungen macht, zeigt
682 Hermann Jost,
das gleichzeitig mit dem ersten Auftreten der Larven im
submucösen Gewebe des Schlundes hin und wieder zu beob-
achtende Erscheinen vereinzelter Schmarotzer an den ver-
schiedensten, von den am meisten benutzten Bahnen weit
abgelegenen Stellen der Brust- und Bauchorgane. — Außer
CuURTICE, der Larvengänge durch die Muskelschicht der Speiseröhre
beobachtet hat, und Koch, welcher Larven zwischen der Schleimhaut
und Muskelhaut der ersten Magenabteilung und außerhalb des Schlund-
muskels gelagert fand, ist es noch nicht gelungen, Larven beim Durch-
bohren der Schlundwandung — sowohl der Schleimhaut als auch der
Muskelschicht — anzutreffen. Fasse ich meine eigne Beobachtung
bezüglich des Antreffens von Larven auf der Muskulatur der Schlund-
mündung mit den Wahrnehmungen der beiden vorgenannten Forscher
zusammen, dann komme ich — trotzdem weitere Untersuchungen erst
‘volle Aufklärung bringen werden — vorerst doch zu der bereits erwähnten
Annahme, daß die Larven, um zur Bauchhöhle zu gelangen, die Schlund-
muskulatur an der Einmündungsstelle in den Magen durchbohren.
Im Anschluß hieran möchte ich noch einiger subeutaner Impf-
versuche Erwähnung tun, die ich im Monat August mit jungen Larven,
“welche der Submucosa des Schlundes entnommen waren, an einer Stall-
ziege ausführte. Ich brachte zuerst zwölf Schlundlarven von geschlach-
teten, aber noch lebenswarmen Weidetieren in eine Hauttasche der
linken Halsseite und verschloß die Impfwunde mit drei Heften, am
nächsten Tag überimpfte ich zehn Larven in der gleichen Weise an der
rechten Halsseite direkt vor der Schulter, und einige Tage später wählte
ich für neun Larven die linke Brustseite aus. Ich ließ die Ziege bis zum
April stehen, um zu beobachten, ob die jungen Larven sich weiter ent-
wickelten bzw. wanderten und im Frühjahre Dasselbeulen bildeten.
Bis zu dem angegebenen Zeitpunkte waren an der Körperoberfläche
der Ziege aber nirgends Zeichen einer Dasselbeulenbildung aufgetreten
und stellten sich auch später nicht ein. Wenngleich ein derartiger Ver-
such für sich allein nicht beweiskräftig genug ist, so unterstützt er
doch die bereits früher schon einmal ausgesprochene Meinung, daß
die Mehrzahl der jungen Larven, um sich in weniger günstigen Ge-
weben weiter entwickeln zu können, vorerst eines längeren Aufenthaltes
in den nicht sehr widerstandsfähigen Bindegewebsmassen der inneren
Organe ihres Wirtes — speziell des Schlundes — bedarf. Die bei meinen
Impfversuchen übertragenen jungen Larven der Schlundsubmucosa
werden wahrscheinlich im August noch nicht so weit entwickelt ge-
wesen sein, um diese Gewebe entbehren und in der Subeutis weiter
Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 683
leben zu können. Daß besonders gut entwickelte Larven nach einer
Überimpfung ausnahmsweise auch zu einer früheren Periode subcutan
ihr Fortkommen finden können, mag nicht nur nicht ausgeschlossen,
sondern sogar sehr wahrscheinlich sein. Da nach der Schlachtung
der Ziege an keiner Stelle Larven oder Larvenspuren zu finden waren,
wird die Annahme, daß sie infolge ungenügender Entwicklung zugrunde
gegangen und resorbiert worden sind, noch weiter bestätigt. — Einen
ähnlichen subeutanen Impfversuch wiederholte ich mit zehn Schlund-
larven 4 Monate später im Dezember an einem etwa 5 Wochen alten
Kalbe. Von diesen zehn in das Unterhautbindegewebe der linken und
rechten Brustseite gebrachten Larven kamen ım April drei mit Dassel-
beulenbildung in der Rückengegend zur Entwicklung. Wiewohl
auch dieses positive Impfresultat keinen endgültigen Beweis für meine
vorstehende Annahme — daß die allerjüngsten Larven erst eine gewisse
Stufe der Entwicklung erreicht haben müssen, ehe sie im Unterhaut-
zellgewebe leben können — liefert, so gibt es doch einen beachtenswerten
Anhaltspunkt hierfür; erst die Fortsetzung derartiger Versuche wird
imstande sein, hierüber volle Klarheit zu bringen.
Bei meinen Untersuchungen hatte ich häufig Gelegenheit, zu be-
obachten, daß die Larve am Ende des ersten Stadiums nicht mit
den Mundwerkzeugen sondern mittels des Analteiles das Bohrgeschäft
durch die Cutis verrichtet. So oft ich diese Wahrnehmung machte,
stiegen Zweifel in mir auf, ob der Schmarotzer auf seiner vorherigen
Wanderung durch den Tierkörper zum Durchdringen der lockeren
Gewebe im Gegensatz zu obiger Beobachtung seinen Mundapparat be-
nütze, sich also stets in der Kopfrichtung vorwärts bewege, oder ob er
zu dieser Pionierarbeit nicht auch sein hierzu so sehr geeignetes und
sut ausgerüstetes Analende gebrauche, und infolgedessen nicht der
Kopf sondern die hinteren Stismenplatten die Wanderrichtung be-
zeichnen. Um mich hierüber zu vergewissern, machte ich nachfolgenden
Versuch, der meine Zweifel ein für allemal beseitigte. Ich brachte
möglichst rasch nach der Schlachtung lebenswarme, mit Larven be-
‚haftete Schlunde, deren Schleimhaut nach außen gewendet war, in
eine große Porzellanschale, die mit einer auf 38° C. konstant erwärmten
physiologischen Kochsalzlösung — hergestellt aus filtriertem Regen-
wasser — gefüllt war. Nachdem die Lage einzelner leicht erkennbarer
Larven am Schlunde deutlich gekennzeichnet war, wurden dieselben
sowohl mit.dem bloßen Auge als auch mit der Lupe einige Stunden
unausgesetzt unter Beobachtung gehalten. Diese stete Überwachung
war erforderlich, um einerseits andre Einwirkungen, wie Muskelcon-
Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. i 45
684 Hermann Jost,
tractionen und Schleimhautverschiebung, welche ohne Zutun der Larve
eine Lageveränderung derselben herbeizuführen imstande waren, nicht
zu übersehen, anderseits um mich von der aktiven Tätigkeit der
Larve bei der Weiterbewegung zu überzeugen. Nach einigen Stunden
hatten, wenn auch nicht alle, so doch vereinzelte Larven einen Weg
von einigen Millimetern zurückgelegt. Wie nach dem Aufschneiden der
Schleimhaut durch die Untersuchung der Larven mittels einer guten
Lupe festgestellt werden konnte, waren diese Schmarotzer in der Rich-
tung des Kopfes gewandert, ein Anhaltspunkt dafür, daß die zarten
Mundwerkzeuge zur Durchbohrung des lockeren Gewebes während der
Wanderzeit benutzt werden, die kräftig bedornte hintere Stigmenplatte
aber erst am Ende des ersten Stadiums zur Durchlöcherung der derben
Cutis in Tätigkeit tritt. — Wie gut sich spinale Larven nach Über-
impfung im subcutanen Gewebe zu entwickeln vermögen, und mit
welcher Schnelligkeit sie daselbst wandern, hat KooREVAAR durch
einen Impfversuch an einem Hund sehr schön nachgewiesen.
3. Die Weiterwanderung der Larve des ersten Stadiums im Körper
des Wohntieres mit besonderer Berücksichtigung ihres Aufenthaltes
im Wirbelkanal und in der Subecutis.
Während Koc# u.a. schon in den Monaten Juni—Juli fast mit
dem ersten Auftreten der Larven in der Oesophaguswand — auch solche
in der Bauchhöhle beobachtet haben, konnte ich erst — wie bereits er-
wähnt — von September an daselbst auf der ersten Magenabteilung und
am Milzrande die Schmarotzer entdecken. Nach den allgemein ge-
machten Beobachtungen läßt sich aber mit Bestimmtheit sagen, daß,
solange Larven in der Schlundwand anzutreffen sind, dieselben — wenn-
gleich vereinzelt — auch in der Bauchhöhle zu finden sind. Abgesehen
von einigen andern Stellen der Bauchhöhle — im Gekrösfett des Dünn-
darmes, unter dem Peritoneum der linken Flankengegend und im Netz-
fett — an denen nur hin und wieder verirrte Schmarotzer auftreten,
habe ich bei den meisten Weidetieren während der Herbstmonate die
Larven und ausgebreitetsten Larvengänge in dem Fettgewebe und
Bindegewebe, welches nach der Wirbelsäule zu gelegen ist, insbesondere
an den Zwerchfellpfeilern, dem Milzrande, der Nierenkapsel und dem
Mediastinum gefunden. Wenn an diesen Stellen die Parasiten nicht
mehr anzutreffen waren, dann zeigten sich sicher Larvengänge, deut-
lich erkennbar an .der gelblichen Verfärbung und der serösen oder
gelatinösen Durchfeuchtung des lockeren Bindegewebes, welches die
einzelnen Gewebsmassen und Organe miteinander verbindet.
Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 685
Trotzdem die meisten Weidetiere, wie aus den Larvenfunden in
der Schlundwand und den späteren Dasselbeulen hervorgeht, mit einer
großen Zahl von Schmarotzern — durchschnittlich bis zu 20 und 30 Stück
— behaftet sind, findet man selbst in den von denselben mit Vorliebe
eingeschlagenen Bahnen der Bauchhöhle doch immer nur vereinzelte
Exemplare, deren Gesamtzahl daselbst gegenüber der Larvenanhäufung
in der Submucosa des Schlundes verschwindend klein ist. — Diese
Erscheinung läßt sich einesteils dadurch erklären, daß die Larven nicht
gleichzeitig, sondern zu verschiedenen Zeiten und zwar jedesmal nur
in geringer Zahl von der Schlundwand aus zur Bauchhöhle hin aus-
wandern, andernteils aber auch durch den weiteren Umstand, daß die
größte Zahl der Larven vom Endteile des Schlundes aus den kürzesten
Weg zu ihrem zweiten Sammelpunkt — dem Wirbelkanal — ein-
schlägt, diese kurze Strecke mit Hilfe der großen Bewegungsfähigkeit
aber schnell zurücklegt und infolgedessen auch rasch aus der Bauch-
höhle verschwindet. Hierzu kommt noch, daß sich die Bauchlarven
durch ihre versteckte Lage im Gewebe und infolge der Unzugänglich-
keit einzelner Organe und Fleischteile für die Untersuchung sehr häufig
dem Auge des Forschers entziehen. Außerdem muß berücksichtigt
werden, daß infolge des größeren Umfanges der Brust- und Bauch-
höhle die Larven mehr verteilt sind, sich also nicht auf eine kleine
Fläche wie beim Schlunde konzentrieren. Hierdurch wird das Auf-
' finden derselben wesentlich erschwert.
Sobald die Parasiten die Oesophaguswand verlassen haben, können
sie nach den gemachten Befunden unter Benutzung der bindegewebigen
Umhüllung der Gefäße und Nerven mit Leichtigkeit von dem Media-
stinum, der Wand der ersten Magenabteilung, der Milz und dem Endteile
des Schlundes die Wirbelsäule erreichen. Der direkteste Weg von
den soeben genannten Stellen der Bauchhöhle zum Wirbel-
kanal führt entweder der Nierenkapsel oder den Zwerchfell-
pfeilern entlang; in der Brusthöhle geht derselbe längs der
Außenwand des Schlundes im Verlaufe des Mediastinums
und desZwerchfells. Daß diese Teile, speziell die der Bauch-
böhle, von den Larven zu ihrer Wanderung nach den Wirbel-
löehern am meisten benutzt werden, beweist die Beobach-
tung, nach welcher an keiner andern Stelle so auffallende
Gewebsveränderungen infolge derLarvenbewegungzufinden
sind, wie hier. Diese Wahrnehmungen und die daraus gezogenen
Schlußfolgerungen sind nicht allein von mir, sondern von vielen Beob-
achtern gemacht worden. Am häufigsten waren die Larven an diesen
45*
686 Hermann Jost,
Stellen in den Monaten Dezember und Januar zu treffen, zu derselben
Zeit zeigten sich auch die pathologischen Gewebsveränderungen daselbst
am ausgebreitetsten und ausgeprägtesten. Daß die Parasiten, um in
den Wirbelkanal zu gelangen, ihren Weg, nachdem sie das intermusku-
läre Bindegewebe der unteren Rückenmuskeln (Lendenmuskeln) durch-
wandert haben, durch die Zwischenwirbellöcher nehmen und durch
dieselben wieder zurückwandern, konnte ich verschiedentlich beobachten.
So fand ich im Januar bei drei Weideochsen in den Wirbellöchern zwölf
Larven, welche sich zum Teil begegneten, deren Wanderrichtung also,
nach der Kopfstellung zu urteilen, teils nach dem Inneren des Wirbel-
kanals teils entgegengesetzt — nach außen — ging. BERG hat außer-
dem im intermuskulären Bindegewebe zwischen dem kleinen Lenden-
muskel und Hüftmuskel Larven angetroffen; ich habe daselbst niemals
die Schmarotzer finden können, daß dieselben aber durch dieses Gewebe
wandern, beweisen die von mir oft beobachteten unverkennbaren krank-
haften Veränderungen zwischen den einzelnen Muskellagen. — Auch
der Umstand, daß ım Wirbelkanal vom Dezember bis Fe-
bruar die meisten Larven in der Nähe der Wirbellöcher —
dem Kreuzungspunkte — zu finden sind, weist darauf
hin, diese als die Ein- und Ausgangspforten der Larven-
wanderung zu betrachten.
Daß nicht alle Larven diesen direkten Weg einschlagen, sondern
einzelne an ganz entlegenen Körperstellen angetroffen werden, ist bereits
gesagt worden. Einige von den Schmarotzern werden, wenn sie auf
diesen Irrfahrten nicht die nötigen Lebensbedingungen finden, zugrunde
gehen, andre werden als Nachzügler zu einer außergewöhnlich späten
Jahreszeit auf der Hautoberfläche in den Dasselbeulen zum Vorschein
kommen, und der kleinste Teil wird überhaupt nicht in einem Jahre
zur Entwicklung gelangen, sondern anstatt etwa 10 Monate nahezu
13/4 Jahre im Tierkörper wandern, bis er zur Dasselbeulenbildung Ver-
anlassung gibt. Von dem Zugrundegehen der Larven im Wohntiere
kann man sich durch genaue Untersuchungen geschlachteter Weidetiere
fast stets überzeugen; man findet diese degenerierten Schmarotzer in
geringer Zahl in der Schlundwandung, meist aber subpleural oder sub-
peritoneal in der Bauchhöhle, sie treten infolge ihrer grüngelben Farbe
deutlicher als die lebensfähigen Larven in dem Gewebe hervor. Sie sind
größtenteils verkäst, nur selten lagern sich Kalksalze in der käsigen Masse
ab, aber regelmäßig werden sie von einer schwachen bindegewebigen
Hülle umgeben. So häufig man beobachten kann, daß verirrte Larven
erst spät, aber immer noch innerhalb der normalen Entwicklungszeit
Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 687
von etwa ?/, Jahren an der Oberfläche der Haut in den Dasselbeulen
erscheinen, so selten — die Literatur verzeichnet bislang keinen der-
artigen Fall — hat man die Wahrnehmung gemacht, daß die Schmarotzer
ausnahmsweise fast 13/, Jahre im Wohntiere verweilen, bis sie wieder
mit der Außenwelt in Verbindung treten und zur vollen Entwicklung
kommen. Einen derartigen Fall konnte ich unter einem Milchvieh-
bestand eines Gutsbesitzers in Göttingen beobachten. Eine Kuh, welche
bis zum Herbste des Jahres 1904 in den Elbinger Niederungen Weide-
gang gehabt hatte, wurde im März 1905 an den erwähnten Gutsbesitzer
verkauft und war seit dieser Zeit nicht wieder aus dem Stalle gekommen.
‚Im April 1906 zeigte diese Kuh in der Lendengegend fünf Dasselbeulen,
aus welchen beim Druck die Larven des dritten Stadiums von Hypo-
derma bovis schlüpften. Da im weitesten Umkreis von Göttingen die
Hypoderma bovis-Fliege nicht vorkommt, und die Kuh seit dem Jahre
1904 nicht wieder auf die Weide, seit März 1905 überhaupt nicht mehr
aus dem Stalle gekommen war, muß die Invasion bereits im Jahre 1904
auf den Elbinger Weiden, wo diese Fliege heimisch ist, stattgefunden
haben. Nach Mitteilungen des in seinen Angaben sehr zuverlässigen
Besitzers und des Schweizers haben sich im Frühjahr 1905 — also inner-
halb der normalen Entwicklungszeit — bei der Kuh keine Dasselbeulen
gezeigt.
Daß zwei Invasionen von zwei Sommern bei demselben Rinde vor
kommen können, ist schon leichter zu erklären und auch von KooREVAAR
konstatiert worden, derselbe fand »beinahe ausgewachsene Hypoderma-
Larven in den Dasselbeulen und die jüngsten Larven der neuen Invasion
in der Schlundwand «.
So wenig erforderlich es ist, daß alle Larven der Oesophaguswand,
um zu ihrer Endstation — der Subcutis — zu gelangen, erst die Bauch-
höhle passieren müssen, ebensowenig, ja noch viel weniger ist es Be-
dinsung, daß die bereits in der Bauchhöhle wandernden Schmarotzeı
auf ihrem Weg zum subcutanen Gewebe vorher den Wirbelkanal als
Zwischenstation benutzen. Es sind direkte Larvenwanderungen vom
Schlunde zur Subcutis mit Umgehung der Bauchhöhle, und von der
Bauchhöhle zum Unterhautbindegewebe ohne vorherige Passage durch
den Wirbelkanal beobachtet worden. Derartige Extratouren müssen
jedoch als Ausnahmen bezeichnet werden, ebenso die direkte Ein-
wanderung der Larven in die Bauchhöhle von der Einmündungsstelle
der Speiseröhre in den Magen unter Vermeidung der monatelangen
Wanderung durch das submucöse Gewebe des Oesophagus. Daß der
Aufenthalt der Hypodermenbrut in der Schlundwand und
688 Hermann Jost,
im Wirbelkanal zu bestimmten Perioden der Larvenent-
wicklung aber Regel ist, das beweist die stets innerhalb
gewisser Monate des Jahres daselbst zu beobachtende starke
Ansammlung jener Parasiten.
Die ersten Larven im Wirbelkanal der Weidetiere fand ich im Monat
November, also zu einer Zeit, in der bei den meisten Weiderindern auch
die Schlundwand noch stark mit Schmarotzern durchsetzt war. Am .
häufigsten und zahlreichsten konnte ich sie in den Monaten Januar und
Februar daselbst antreffen, im März dagegen wurden sie schon seltener,
und nach März traten sie an dieser Stelle nur ganz vereinzelt auf, um
in den Monaten Juni, Juli und August aus dem Fett des Wirbelkanals
fast vollständig zu verschwinden. Aus meinen Befunden, auf die
ich noch einmal näher zurückkommen werde, läßt sich in
Übereinstimmung mit den von andrer Seite gemachten
Beobachtungen der Schluß ziehen, daß die Larven fast regel-
mäßıg von Ende Dezember bis Mitte März den Wirbelkanal
passieren. Daß Ausnahmen vorkommen, habe ich bereits angedeutet;
KOOoREVAAR hat beispielsweise im Wirbelkanal schon im August und
HINRICHSEN noch bis Mai und Juni daselbst Schmarotzer angetroffen.
Die Zahl der Weidetiere, bei welchen Larven im Wirbelkanal
zu finden sind, ist bedeutend geringer als die von Rindern, in deren
Schlundwand Schmarotzer beobachtet werden. Das diesbezügliche Er-
gebnis meiner Untersuchungen wird erklärlicherweise von dem Zeit-
punkte beeinflußt, an welchem die Untersuchungen des Wirbelkanals
nach Larven vorgenommen wurden; im Monat Dezember waren bei-
spielsweise etwa 5%, im Januar und Februar nahezu 35% und im
März ungefähr 8%, aller geschlachteten Weidetiere mit spinalen Larven
behaftet. In den Monaten vor- und nachher schwankt die Zahl
zwischen ganz geringen Prozentsätzen. — Fast in dem gleichen Ver-
hältnis nimmt auch die Zahl der im Wirbelkanal der Weiderinder zu
findenden Schmarotzer ab. Im Dezember fand ich daselbst durch-
schnittlich 5—7, im Januar und Februar 12—15 und im März kaum
6—8 Larven. Nur vereinzelt trifft man sie daselbst vor Dezember und
nach März. Diese Zahlenangaben können selbstverständlich nicht als
Norm für alle Gegenden und Verhältnisse betrachtet werden, denn die
diesbezüglichen Ergebnisse sind nicht allein von der Sorgfalt und Zahl
der Untersuchungen, sondern sehr häufig auch von dem glücklichen
Zufall und der günstigen Gelegenheit, besonders aber von dem Weide-
gang der Tiere abhängig. KoorEvaar hat z. B. bei einem jungen Rinde
zwischen Oktober und Januar einmal 57 spinale Larven angetroffen. —
Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 689
Der kleine Prozentsatz. der im Wirbelkanal inficierten Tiere und die
verhältnismäßig geringe Zahl der dort gefundenen Larven sind nur da-
durch zu erklären, daß einesteils die spinalen Larven unter Umständen
sehr schwer zu erkennen, bzw. zu finden sind, und deshalb manches
Exemplar dem Untersucher entgehen wird, daß andernteils aber auch
während der Monate Dezember bis April die Gesamtzahl der im ganzen
Tierkörper enthaltenen Larven sich unter Umständen auf fünf Körper-
stellen — Schlund, Brusthöhle, Bauchhöhle, Wirbelkanal und Subcutis
— verteilt, und hierdurch die Zahl der im epiduralen Fett der Wirbel-
säule anzutreffenden Larven dementsprechend reduziert wird.
Schon mit Rücksicht auf den Weg und den Ort, welchen die Schma-
rotzer zur Ein- und Auswanderung in den Wirbelkanal größtenteils
benutzen, kann es nicht überraschen, daß gerade das epidurale Fett
der Lendenpartie die meisten Larven hat, und daß sich als natürliche
Konsequenz in diesem Fett- und Bindegewebe auch die ausgesprochen-
sten pathologischen Veränderungen zeigen. In der Lendengegend des
Wirkelkanals tritt uns eine ganz ähnliche Erscheinung wie an der Ein-
mündungsstelle des Schlundes in den Magen entgegen, nämlich der
Hauptinvasionsort kennzeichnet sich hier wie dort durch die größere
Zahl der zu findenden Schmarotzer und durch die ausgeprägteren
Gewebsveränderungen. Vorwiegend von der Lendenpartie aus findet
' dann analog der Larvenbewegung in der Schlundwandung die Wande-
rung der Parasiten durch die ganze Länge des Wirbelkanals statt.
Dieses stete Hin- und Herwandern der Larven, sowohl in der Submucosa
der Speiseröhre, als auch unter der Serosa der Brust- und Bauchhöhle
und im subperiostalen Fette des Wirbelkanals, ist eine unbedingte Not-
wendigkeit für die Weiterexistenz der Schmarotzer, denn hierzu treibt
sie nicht nur das Nahrungsbedürfnis, sondern auch die Gefahr der
Kinkapselung, die bei der Ruhelage der Parasiten infolge der Reaktion
des Gewebes unausbleiblich wäre. Auch innerhalb des Wirbelkanals
wandern sie im Bindegewebe und Fettgewebe zwischen Dura mater
und Periost. Ihre Gänge kennzeichnen sich durch die bereits beschrie-
benen charakteristischen Gewebsveränderungen, welche infolge der
intensiveren Grüngelbfärbung hier noch deutlicher hervortreten und
infolgedessen für die Suche nach Larven im Fett des Wirbelkanals
einen wertvollen Anhaltspunkt bieten. Am sichersten sind die Schma-
rotzer im Wirbelkanal zu finden, wenn man die Weidetiere direkt nach
der Schlachtung, solange das epidurale Fett noch nicht geronnen ist,
untersucht, denn sobald dasselbe starr geworden ist, liegen die Larven
so fest eingebettet und lassen sich so schwer von dem sie umgebenden
690 Hermann Jost,
Gewebe unterscheiden, daß es der größten Aufmerksamkeit bedarf,
um zu einem positiven Resultate zu kommen.
Nach Durchsägung der Wirbelsäule in der Längsrichtung und durch
die Mitte des Kanals löst man, um Larven zu finden, von den Wirbel-
löchern und den darin befindlichen Umhüllungen der Nervenstränge
ausgehend, mittels einer Pinzette die Fettschicht vom Periost und der
Dura mater sorgfältig ab; in der Regel findet man dann beim Zer-
zupfen des Fettes in der Nähe einer gelblichgrünen, oft auch schwach
blutdurchtränkten, ödematösen Stelle die durchschnittlich 10—12 mm
langen Schmarotzer. Sie liegen in keiner bestimmten Richtung, ein
Teil derselben, und zwar der größere, lagert parallel zur Längsachse der
Wirbelsäule, das Kopfende entweder caudal oder nach vorn gerichtet,
der andre kleinere Teil zeigt sich in der Querlage zur Längsachse des
Tieres oder in der Schrägstellung. Im Gegensatz zu den glashellen,
durchscheinenden Schlundlarven sind die spinalen Schmarotzer meist
undurchsichtig infolge ihres grünlichgelben Darminhalts, der auch als
gleichfarbenes Excrement in den Larvengängen des Fettes zu finden ist.
Außer der Größenzunahme und dieser für die spinalen Larven charak-
teristischen Verfärbung sind bei mikroskopischer Untersuchung weder
an der äußeren Struktur noch am inneren Bau der Larve Veränderungen
zu bemerken. |
Die Literatur verzeichnet einige Fälle, in denen angeblich 4ypo-
derma bovis-Larven im Rückenmarkstrang von Pferden gefunden wor-
den sind, und zwar seien hier die Schmarotzer durch die Dura mater
bis zu den Nervencentren, ja bis ins Gehirn vorgedrungen und hätten
Lähmungen des Halses und des Kopfes verursacht. — Da der Sitz der
Larven nie genau beschrieben worden ist, und man außerdem in keinem
Falle einwandsfrei nachgewiesen hat, daß diese Schmarotzer tatsächlich
Larven von Hypoderma bovis waren, sind die angeführten Fälle vorerst
als Ausnahmen zu betrachten, ebenso wie die bei einigen Pferden
beobachtete Dasselbeulenbildung in der Sattellage und an andern
Körperstellen.
Desgleichen wird in der Literatur berichtet, daß in vereinzelten
Fällen Aypoderma bovis-Larven subcutan beim Menschen beobachtet
worden seien und zu ausgeprägten Dasselbeulenbildungen Veranlassung
gegeben hätten. Die Beschreibung der meist operativ entfernten Larven
gibt keinen sicheren Anhaltspunkt, ob es sich hier tatsächlich um eine
verirrte Hypoderma bovis-Larve oder um eine besondere Abart —
»Oestrus hominis « — gehandelt hat.
Obgleich schon, wie erwähnt, von KooREVAAR mit Erfolg eine
Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 691
Überimpfung von spinalen Larven in das subcutane Bindegewebe einer
Ziege vorgenommen worden war, und die eingeimpften Schmarotzer sıch
auch so weit entwickelten, daß daraus Puppen und Hypodermenfliegen
gezüchtet werden konnten, unterließ ich es nicht, mit Larven aus dem
Wirbelkanal an einem Kalbe einen ähnlichen subcutanen Impfversuch
zu machen. Von den acht im Januar ins Unterhautbindegewebe ein-
seimpften Parasiten verursachten vier Stück im März bis April Dassel-
beulenbildung. Leider konnte ich die im Mai ausgeschlüpften Hypo-
dermenlarven nicht zur Verpuppung bringen, da sie schon nach einigen
Tagen trotz sorgfältigster Behandlung in der Erd- und Laubschicht
unter der Einwirkung von Pilzen zugrunde gingen.
Nach einer etwa 2-3 Monate langen Wanderung im
Wirbelkanal strebt der größte Teil der Larven von Januar
an bis zum März seinem Endziele — der Subcutis — zu. Der
Weg aus dem Wirbelkanal durch die Wirbellöcher ist denselben insofern
vorgeschrieben, als dies die einzigen Öffnungen der knöchernen Hülle
dieses Kanals sind. Daß man die Parasiten auf ihrer Ein- und Aus-
wanderung durch diese Ausführungsgänge, in der bindegewebigen Um-
hüllung der Gefäße und der Nerven liegend, schon vielfach in den ver-
schiedensten Stellungen überrascht hat, habe ich bereits bei meinen
eignen Befunden erwähnt. Es wäre infolgedessen nur noch die Frage
. aufzuwerfen, welchen Weg schlagen die Larven nunmehr ein, nachdem sie
den Wirbelkanal verlassen haben, und der Verlauf der Blutgefäße und der
Nervennicht mehr als Richtschnur dienenkann? Die Ausmündungsstellen
und die nächste Umgebung der Wirbellöcher in der Lendengegend sind
zinssum, besonders nach der Seite und nach oben hin, mit dicken, festen
Muskelwülsten umlagert. Lockeres Gewebe, welches von der Larve
ohne große Schwierigkeit durchwandert werden kann, findet sich nur
zwischen den einzelnen Muskelgruppen als intermuskuläres Bindegewebe.
Zweifellos wird dieses lockere Gewebe der Rückenmus-
keln zur Weiterwanderung in die Subeutis benutzt. Hierauf
deuten in erster Linie die daselbst gefundenen Larven hin. Koch hat
im intermuskulären Bindegewebe zwischen den Rückenmuskeln und
HoRNE zwischen dem kleinen Lendenmuskel und Hüftmuskel die Schma-
rotzer wahrgenommen. Daß sie dort nicht häufiger entdeckt worden
sind, dürfte durch die Kürze des Weges von der Wirbelsäule zur Sub-
cutis, durch die Schnelligkeit der Larvenwanderung, vor allem aber
durch die aus materiellen Gründen nicht zahlreich und intensiv genug
ausgeführten Untersuchungen dieser wertvollsten Fleischteile seine
692 Hermann Jost,
Erklärung finden. Ich habe trotz eifrigen Suchens, soweit dasselbe ge-
legentlich der Fleischbeschau am tauglichen Tierkörper ohne Schaden für
den Besitzer statthaft war, und trotz aller Bemühungen bei einigen bean-
standeten Tieren, an welchen eine uneingeschränkte Untersuchung dieser
Muskelpartien vorgenommen werden konnte, dieSchmarotzerim Zwischen-
gewebe der Rückenmuskeln niemals finden können, dagegen teilte mir
ein glaubwürdiger Schlachtermeister mit, daß ihm von einem Kunden
einmal ein Roastbeef zurückgebracht worden sei, weil sich Larven zwi-
schen den Muskellagen befunden hätten. So selten diese Befunde aus
den angegebenen Gründen sind, so häufig sind vielerseits und in einigen
Fällen auch von mir die unverkennbaren Veränderungen der Larven-
wanderung im intermuskulären Bindegewebe der Rückenmuskulatur
wahrgenommen worden. Diese Erscheinungen sind daselbst oft so
ausgebreitet, daß man auf eine starke Frequenz dieses Weges zum
subcutanen Gewebe schließen kann. — Derartige Fälle werden auch
von vielen Schlachtern bestätigt; in zwei Fällen, die mir bekannt
sind, wurden Rostbratenstücke von Fleischergeschäftsinhabern wegen
des ekelerregenden Aussehens dieser Teile infolge Larvenirritation zur
Eintschädigung an den Schlachtviehversicherungsverein, der auch
Fleischteile vergütet, zurückgesandt. Ich konnte mich als Sachver-
ständiger dieses Vereins von der ekelerregenden Beschaffenheit des
intermuskulären Bindegewebes, die wegen ihrer charakteristischen Merk-
male zweifellos auf Larveneinwirkung zurückzuführen war, in jedem
Falle persönlich überzeugen.
Daß die Larven auf dem Wege zum Unterhautbindegewebe das
eigentliche Muskelgewebe durchbohren, ist mit Rücksicht auf die sich
dabei entgegenstellende Schwierigkeit und die Wahrnehmung, daß der
Schmarotzer überall auf seiner Wanderung im Tierkörper das lockere,
weniger widerstandsfähige Gewebe bevorzugt, nicht wahrscheinlich, zumal
bislang noch von keiner Seite in der Tiefe des Muskelgewebes Hypo-
dermenlarven oder Gänge einwandsfrei beobachtet worden sind.
Fast unmittelbar nach dem Beginn der ersten Auswanderung der
Schmarotzer aus dem Wirbelkanal — also von Januar an, in ganz ver-
einzelten Fällen schon früher — zeigen sie sich auch schon im Unter-
hautbindegewebe der Rücken- und Lendengegend, um daselbst nur
noch eine kurze Zeit hindurch ihr Wanderleben fortzusetzen. Zumeist
und am frühesten erscheinen sie subcutan in der Lendengegend, in
kleinerer Zahl aber fast ebenso regelmäßig kann man sie zu derselben
Zeit auch in der hinteren Partie der Rückengegend beobachten; an
Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 695
allen andern Stellen des subcutanen Gewebes fehlen sie oder sind nur
höchst selten und ganz vereinzelt anzutreffen. — Da man alljährlich
beim Abhäuten der geschlachteten Weidetiere diese Wahrnehmung
machen kann, und außerdem an diesen Stellen in Schichten, welche
tiefer als das Unterhautbindegewebe liegen, z. B. unter den Fascien
der Muskein, Larven antrifft, wird die vorstehende Auslegung der
Schmarotzerwanderung vom Wirbelkanal zur Subcutis wesentlich unter-
stützt.. Das Unterhautbindegewebe der Lendengegend kann
als letzte Hauptsammelstelle der größten Zahl der im Som-
mer in das Innere des Wohntieres eingedrungenen Parasiten
betrachtet werden,- trotzdem hier die darüber gelegenen Haut-
partien wegen ihrer Dicke und ihrer derberen Struktur der später statt-
findenden Durchlöcherung den größten Widerstand entgegensetzen. —
Nicht zu einem gegebenen Zeitpunkte und nicht insgesamt,
sondern zu verschiedenen Zeiten und verteilt, stellen sich
die Larven in der Regel innerhalb der Monate Januar— April
in der Subcutis ein und beschränken hierselbst ihre Kreuz- und
Querwanderung auf eine Fläche, welche sich in der Länge ungefähr
vom vorletzten Rückenwirbel bis zum letzten Lendenwirbel und in der
Breite etwas über das laterale Ende der Querfortsätze der genannten
Wirbel ausdehnt. Auch in der Zeit, in welcher nur wenige Parasiten
anzutreffen sind, finden sich an keinen andern Stellen im Tierkörper, die
von Larven heimgesucht werden, derartig auffallende und ekelerregende
Veränderungen wie in dem Unterhautgewebe der Lenden- und hinteren
Rückengegend. Die stete Wanderung der Larven auf einem bestimmten
Komplex macht dies schon erklärlich, und daß diese pathologischen Ver-
änderungen der Subceutis mit der Zahl der sich hier ansammelnden
Schmarotzer ausgeprägter werden müssen, bedarf keines besonderen Hin-
weises. Bei starker Larvenansammlung zeigt sich die gesamte Subecutis
der bereits näher bestimmten Lenden- und Rückenpartie als eine schmie-
rige, sulzige Masse, welche mit Blutungen, grünlichgelben Ödemen, mit
Larvenexcrementen und Eitermassen durchsetzt ist, und einen überaus
ekelerregenden Eindruck macht. Die pathologischen Veränderungen
treten nicht nur auf der oberflächlichen Schicht des subceutanen Binde-
gewebes auf, sondern sie erstrecken sich auch bis ins Unterhautfett-
gewebe, ja bis in die Fascien der Rückenmuskulatur. Beim Enthäuten
derartiger Weidetiere entleert sich aus den entzündlichen Ödemen ein
blutserumähnliches Exsudat, unter Umständen sogar eine blutig grünliche
Eitermasse, welche durch Abfließen auch den nach unten gelegenen
Stellen des enthäuteten Tierkörpers ein unappetitliches Aussehen gibt.
.
694 | Hermann Jost,
Einige Stunden nach der Schlachtung sind an dem erkalteten Fleische
die krankhaft veränderten Teile eingetrocknet und verleihen der Ober-
fläche ein blutrünstiges Aussehen.
Beim Beobachten dieser ganz auffallenden Gewebsveränderungen
infolge der Larvenwanderung drängt sich die Frage auf, wodurch werden
die Infiltrationen hervorgerufen? JENsEn-Kopenhagen hat hierüber
Untersuchungen an ödematös veränderten Schlunden und Impfversuche
mit zerstoßenen sterilisierten Larven vorgenommen und ist dabei zu
der Annahme gekommen, daß die pathologischen Prozesse
weder auf die mechanisch-traumatische Larveneinwirkung
noch aufeine Bakterieninfektion zurückzuführen sind, son-
dern daß sie, wie ich bereits bei der Beschreibung der stark
entwickelten Speicheldrüsen angedeutet habe, durch eine
toxische Einwirkung von seiten der Schmarotzer verursacht
werden. — Diese Toxine sollen die Endothelzellen der Capillaren der-
artig irritieren, daß — solange der Reiz dauert — eine starke Lymph-
ausscheidung stattfindet, und — sobald derselbe aufhört — die Lymphe
ebenso rasch wieder resorbiert wird. Diese Annahme gewinnt an Wahr-
scheinlichkeit einesteils durch den negativen Befund der bakteriellen
Untersuchung des infiltrierten Gewebes, andernteils durch die Beob-
achtung, daß die Ödeme mit der Auswanderung der Larve wieder spurlos
verschwinden.
Die Zahl und der Grad der Entwicklung der im subcutanen Gewebe
anzutreffenden Larven ist je nach dem Zeitpunkte, an dem die Unter-
suchung vorgenommen wird, sehr verschieden. Im Januar habeich bei
einzelnen Weidetieren subcutan durchschnittlich 3 bis 4 Schmarotzer
angetroffen, welche sich alle noch im Wanderstadium befanden, im
Februar dagegen konnte ich bei jedem Weidetiere daselbst etwa 8
bis 10 Stück feststellen, die größenteils noch dem ersten Stadium
angehörten, zum Teil aber auch schon die erste Häutung hinter sich
hatten und in einer bindegewebigen Kapsel lagen; im März waren hier
immer noch Larven ersten Stadiums anzutreffen, die meisten der
Schmarotzer hatten jedoch schon das zweite Stadium erreicht, und nur
der kleinere Teil gehörte noch dem ersten Stadium an, die Gesamtzahl
pro Tier in diesem Monat betrug im Mittel 14—16; im April waren im
Unterhautgewebe die drei Stadien vertreten, die meisten Larven befan-
den sich im zweiten, viele schon im dritten, insgesamt belief sich die
Durchschnittszahl in diesem Monat auf 18—20 Stück für jedes Weıde-
tier; im Mai waren in der Subeutis vorwiegend Larven zu konstatieren,
welche sich bereits zweimal gehäutet hatten, eine kleine Zahl hatte die
Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 695
erste Häutung durchgemacht, und nur ganz vereinzelte Larven befanden
sich noch ım Wanderstadium; die Gesamtdurchschnittsziffer der sub-
cutanen Schmarotzer für Mai betrug bei einem Tier 25 Stück. In den
nun folgenden Sommermonaten habe ich keine weiteren Aufzeichnungen
gemacht. Die während dieser Zeit in der Subeutis gefundenen Larven
hatten zum größten Teil das dritte Stadium erreicht, samt den wenigen
Schmarotzern zweiten Stadiums waren sie eingekapselt, kommunicier-
ten durch die Öffnung der Dasselbeule mit der Außenwelt und suchten
ihren Wirt zu verlassen, um sich in der Erde zu verpuppen.
Fast in dem gleichen Verhältnis, in welchem vom Januar
an die Zahl der Parasıten ım Unterhautbindegewebe ZUu-
senommen hatte, nahm sie vom Juni an auch wieder durch
Ausschlüpfen aus den Dasselbeulen ab, bis im August und
September kaum noch subcutane Larven zu finden waren.
Die Gesamtaufenthaltszeit der Schmarotzer in der Subcutis beträgt
etwas über 31/, Monate, wovon etwa 8—10 Tage für die Wanderzeit
daselbstin Anrechnung zu bringen sind. Diese Dauer läßt sich annähernd
dadurch bestimmen, daß, nachdem beim Schlachten der Weidetiere im
Januar die allerersten Larven im Bindegewebe unter der Haut noch
wandernd getroffen werden, etwa 10 Tage später schon bei andern Tieren
die Einkapselung der Schmarotzer wahrzunehmen ist. Daß sie innerhalb
dieser Frist von etwa 8 Tagen in lebendiger Bewegung sind, zeigen die
krankhaften Veränderungen des subeutanen Gewebes zur Genüge.
Es kann nach der bislang gegebenen Darstellung des Entwicklungs-
sanges der Larve nicht auffallen, daß etwa 96% aller Weidetiere, welche
aus Gegenden kommen, in welchen die Hypoderma bovis heimisch ist,
mit subeutanen Larven bzw. Dasselbeulen behaftet sind, während
der Prozentsatz der Schlachttiere, bei welchen spinale Schmarotzer
festgestellt werden konnten, ein verhältnismäßig geringer (35%) und
der mit Oesophaguslarven versehenen Rinder wieder ein verhältnis-
mäßig sehr hoher, ja sogar der höchste (98%) ist. Die Gründe
für diese Erscheinung sind bereits näher erörtert worden, es wäre
nur noch kurz hinzuzufügen, daß die außerordentlich geringe Diffe-
renz zwischen dem Prozentsatz der mit Schlundlarven und der mit
subeutanen Schmarotzern anzutreifenden Weidetiere durch das leichtere
Auffinden und Erkennen derselben an diesen Stellen bedingt wird.
Dieses Moment fehlt zu der Zeit, in welcher die Larven vom Oesophagus
aus mit besonderer Bevorzugung des Wirbelkanals dem Unterhaut-
bindegewebe zustreben. Vergleicht man nun noch die Stückzahl der in
den einzelnen Körperstellen — in der Submucosa des Schlundes, in dem
696 Hermann Jost,
Wirbelkanal und in dem Bindegewebe unter der Haut — zu findenden
Larven, dann ist die Zahl der im Februar und März in der Subeutis
liegenden Schmarotzer nur um wenige Exemplare geringer als die
Summe der Schmarotzer, welche im Oktober, November im Oesophagus
angetroffen wird, aber im Durchschnitt erheblich größer als die Zahl
der spinalen Larven. — Dieser Vergleich gibt genügende Aufklärung
darüber, daß ein großer Teil der Schmarotzer während der Wanderung
vom Schlunde zur Subcutis bei den Untersuchungen nicht gefunden
wird, daß auch diejenigen Parasiten, welche den Wirbelkanal auf dieser
Wanderung nicht aufsuchen, sondern sog. Abwege benutzen, meistens
doch noch zum Unterhautbindegewebe gelangen, daß nur sehr wenige
Larven im Tierkörper während der Wanderzeit zugrunde gehen, und daß
nur in sehr seltenen Ausnahmefällen dieselben zu ihrer Entwicklung
länger als ein Jahr im Wohntier zubringen.
Solange die Larven im subcutanen Gewebe wandern, gehören sie
noch dem ersten Stadium an und zeigen gegenüber den spinalen Schma-
rotzern nur unwesentliche Veränderungen, sie haben teilweise an Größe
zugenommen, so daß sie nunmehr durchschnittlich 16 mm lang sind, die
Segmentierung, die Stigmen und der Mundapparat sind deutlicher sicht-
bar, und die Farbe ist vom Grünlichen wieder ins Weißlichgelbe über-
gegangen.
Häufig hatte ich, wenn die Weidetiere shsehia wurden, Ge-
legenheit, die Larven bei ihrer Bohrtätigkeit durch die Cutis anzutreffen.
Es waren nur Larven ersten Stadiums, welche diese Arbeit
verrichteten, sie hatten sich mit ihrem Analende so fest in das eutane
derbe Gewebe eingebohrt, daß der übrige Körper mit dem Kopfende
wie ein Spieß aus der unteren Hautfläche hervorragte. Bei genauer
Untersuchung der subcutanen Fläche der Haut waren hin und wieder
Stellen zu finden, an denen die Schmarotzer bereits Bohrversuche ge-
macht hatten, ohne die Haut vollständig durchlöchert zu haben. An
diesen angenagten Stellen fanden sich weder Larven noch eingekapselte
Schmarotzer, ein Beweis dafür, daß der Parasit im ersten Stadium
schon während der Wanderzeit derartige Anbohrungen vornimmt.
Sobald die Larve nicht mehr wandert, sondern einige
Zeit an einer Stellein Ruhe bleibt und sich hier zur Körper-
oberfläche desWohntieresdurchbohrt, beginnt dieEinkapse-
lung derselben durch Neubildung von Bindegewebe infolge
des fortgesetzten entzündlichen Reizes auf das umliegende
Gewebe. Die Larve ist nicht immer bei beginnender Einkapselung
mit ihrem Bohrkanal bereits bis zur Oberfläche der Haut durehgedrungen,
Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 697
ich habe bei meinen Untersuchungen ganz frisch eingekapselter Schma-
rotzer in einigen Fällen keine totale Durchlöcherung der Kapseln ge-
funden, meistens war jedoch eine Öffnung nach außen bei vollendeter
Einkapselung vorhanden, auch wenn die Larve die erste Häutung noch
nicht durchgemacht hatte. Wenn die vollständige Durchlöcherung der
Cutis bei der Verkapselung noch nicht stattgefunden hat, dann erfolgt sie
jedenfalls sehr rasch nach derselben. Die jüngste Kapsel mit der Larve
erhebt sich an der subeutanen Fläche der Haut als ein bohnengroßer,
scharf umschriebener, derber, schmutziggrauer Knoten, der sich beim
Einschneiden zuerst dünnwandig, später dickwandiger zeigt und einen
blutigwässerigen, manchmal auch graugelben schmierigen Inhalt ent-
leert. Die Kapsel wird allmählich größer, die Wände werden durch Neu-
bildung von Bindegewebe derber, und der Inhalt wandelt sich in einen
gelben, eitrigen Brei um, in welchem die Larve ruht. Der Bohrkanal
ist, solange die Larve des ersten Stadiums darin arbeitet, rauhwandig.
Sobald die Larven nach der Einkapselung nicht mehr wandern, gehen
die Entzündungserscheinungen in der Subcutis zurück und verschwin-
den nach kurzer Zeit vollständig; nur bei sehr starker Invasion bleibt
unter der Outis eine schwartige Verdickung zurück, welche dem Ab-
häuten größere Schwierigkeiten entgegensetzt, als das normale lockere
subeutane Bindegewebe.
Während odersofortnach derDurchbohrung derHaut und
- der Einkapselung findet das jüngste Larvenstadium seinen
Abschluß, die erste Häutung des Schmarotzers geht vor sich,
und damit beginnt sein zweites Stadium, welches auffallende
Veränderungen in bezug auf Form und Ausrüstung mit sich bringt.
4. Die Larve in den folgenden Stadien und die Puppe.
Von BRAUER ist die Larve des zweiten Stadiums der Aypoderma
bovis bereits beschrieben worden. Auf Grund meiner Untersuchungen
an einer großen Zahl Larven kann ich seinen Angaben in bezug auf die
_ Bedornung nicht zustimmen, es sei denn, daß sich in die BRAuErsche
_ Beschreibung ein Druckfehler eingeschlichen hätte, der dahin zu be-
richtigen wäre, daß in dem Satze »An der Unterseite stehen am Vorder-
und Hinterrand des zweiten und neunten Segmentes Querbinden« an
Stelle des Wortes »und« »bis« gesetzt würde, so daß der Nachsatz
_ lautete, »des zweiten bis neunten Segmentes«. — Da BRAUER nicht aus-
führlich auf die Beschreibung des zweiten Larvenstadiums eingeht, lasse
ich etwas eingehender das Resultat meiner diesbezüglichen Unter-
suchungen folgen.
698 Ä Hermann Jost,
Zur Vermeidung von irrtümlichen Auffassungen schicke ich voraus,
daß bei Bestimmung der Dimensionen dıe Längsrichtung der Larve,
die Länge der Binden, und die Querachse der Larve die Breite
derselben bezeichnet. -
Schon mit dem bloßen Auge kann man wahrnehmen, daß die Larve
zu dieser Zeit der Entwicklung nicht mehr wie im ersten Stadium cy-
lindrisch ist, sondern durch die Verdickung der vorderen Segmente eine
länglich keulenförmige Gestalt angenommen hat. Zeitweise — je nach
den Kontraktionen, durch welche die Larve eine Formveränderung
herbeiführt — zeigt sie sich auch im hintersten Dritteil am breitesten
und verjüngt sich dann nach den Endgliedern hin. Die drei letzten
Glieder sind am beweglichsten, sehr deutlich nimmt man dies wahr,
wenn die lebende Larve in eine konservierende Flüssigkeit gebracht
wird. : Schon zu Lebzeiten, noch stärker nach dem Tode krümmt sie
sich dann stets in der Weise, daß die Bauchfläche konvex und die
Rückenfläche konkav wird. Auf der ventralen Krümmung bemerkt
man schon mit dem unbewaffneten Auge 16 mattgraue Querbinden,
die lateral endigen und auf acht Glieder verteilt sind. Am zweiten vor-
deren Segment beginnt die Reihe der parallel miteinander laufenden
Querstreifen und endigt mit dem neunten Segmente, infolgedessen er-
scheint das hintere Larvenende nicht gestreift, sondern weißlichgelb und
durchscheinend. Die Streifen sind in der Weise geordnet, daß regelmäßig
in jedem Segment auf einen vorderen schmaleren Gürtel ein hinterer
breiterer Gürtel folgt. Die schmalen Querbinden werden nach dem hin-
teren Ende der Larve zu immer schwächer und undeutlicher. Um so
auffallender treten am hintersten Gliede die beiden dunkelbraunen
Stigmenplatten hervor. Von diesen ausgehend, kann man ohne Ver-
größerung auf der Dorsalfläche der Larve, durch die Cuticula durch-
scheinend, den Verlauf der Hauptracheenstämme verfolgen. Ven-
tral bemerkt man in der Medianlinie besonders der hinteren Glieder
schon makroskopisch die blaßgelbe Muskulatur, welche kleine gleich-
schenkelige Dreiecke bildet, deren Basis regelmäßig unter einem breiten
Gürtel liegt. Sehr häufig kann man bei Larven mit durchsichtiger Haut
einen rotbraunen, blutserumähnlichen Darminhalt beobachten. Die
Larve zweiten Stadiums hat eine Länge von etwa 15 mm und eine Breite
von 4-5 mm. Die Farbe derselben ist weiß, die chitinösen Gebilde
sind schwarzbraun.
Die genauere mikroskopische Untersuchung zeigt folgendes Bild:
Auf der Dorsalseite ist das erste Glied der Larve unbedornt, das
zweite, dritte und vierte Glied sind jedoch mit regelmäßig seitlich von
Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 699
der Medianlinie gelagerten, aber verschieden gestalteten Dornengruppen
versehen. Es lassen sich im zweiten und dritten Segment je ein
Paar Dornengruppen des vorderen Segmentrandes und je ein Paar
Dornengruppen. des hinteren Segmentrandes unterscheiden; im vierten
Segment zeist nur der Vorderrand ein Paar entsprechende Dornen-
bündel. Die Gestalt dieser Gruppen stimmt nicht bei allen Larven
überein, durch die Untersuchungen läßt sich nur ganz allgemein fest-
stellen, daß die Dornenbündel der Vorderränder schärfer und mehr
kreisförmig begrenzt sind wie die der Hinterränder, welche parallel zum
Rande liegen und kürzer sind. Die Dornengruppen und Dornen in den
hinteren Segmenten sind immer mehr in der Rückbildung begriffen,
zuweilen sind die Gruppen nur noch durch ganz vereinzelte Dornen ange-
deutet. Die Dornenrichtung der dorsal gelegenen Gruppen am Vorderrand
geht nach hinten und außen. Zwischen diesen hauptsächlich in die Augen
fallenden Dornenanhäufungen befinden sich in dem medianen Raume
in verschiedener Häufigkeit unregelmäßige Formen gruppenweise zer-
streut, die zuweilen noch ein deutliches inneres, d. i. medianes Dornen-
gruppenpaar darstellen. An den Seitenwülsten der Vorderränder des
zweiten und dritten Segmentes endigen in je zwei Dornengruppen die
ventralen Querbinden. Das letzte Glied der Larve ist punktförmig mit
zarten nach vorn gescheitelten Dornen besetzt. Ein Vergleich dieser
feinen Dornen des zweiten Stadiums mit der starken Bewaffnung des
letzten Larvengliedes im ersten Stadium lehrt, daß das Einndglied der
Larve des zweiten Stadiums nicht mehr zur Bohrtätigkeit bestimmt
ist. Zwischen den beiden Stigmen und der Afteröffnung kann man hin
und wieder eine unregelmäßige Querreihe spärlicher Dornen sehen.
Im ersten Gliede der Bauchseite liest sehr ventralwärts der trichter-
förmige Mundeingang, dessen innere und untere Fläche mit dicht-
stehenden, sehr feinen Dornen versehen sind; zuweilen findet man im
ersten Segment noch zwei andre Dornengruppen oder Andeutungen
derselben, von welchen man die am hinteren Rande dieses Gliedes ge-
legene als Rest einer hinteren Dornenbinde betrachten kann. — Vom
zweiten bis einschließlich neunten Ring unterscheidet man regelmäßig
an jedem Gliede eine unpaare, bandartige, mediane Dornengruppe, am
vorderen Segmentrand als vordere Querbinde, und eine unpaare, me-
diane, sehr breite Dornengruppe am Hinterrande als hintere Querbinde.
Die Dornen der vorderen Binden sind mittelstark. Während sie in den
drei ersten Gliedern fast senkrecht stehen, so daß man, von oben be-
trachtet, nur die Spitzen als Punkte sehen kann, sind sie in den andern
Gliedern nach hinten und außen gerichtet und deshalb fast in ihrer ganzen
Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. 46 ö
700 Hermann Jost,
Länge wahrnehmbar. Die Dornen der hinteren Querbinden sind stärker,
in größerer Anzahl angehäuft, und haben ihre Richtung nach vorn und
außen. Wegen der Stärke, der größeren Zahl und der schrägen Richtung
der Dornen sind die hinteren Querbinden auffälliger und außerdem brei-
ter und länger. An den lateralen Enden der Querbinden sieht man vom
zweiten bis fünften oft auch sechsten Segment paarige kleinere Gruppen
von Dornen, von welchen diejenigen des Vorderrandes nach hinten und
außen, diejenigen am Hinterrande aber nach vorn und außen gescheitelt
sind. Während vom dritten Segment an Ausbuchtungen teils am vor-
deren, teils am hinteren Rande der starken Querbinden zu beobachten
sind, teilt sich in der Regel schon vom vierten Gliede an der vordere
Quergürtel in zwei bis drei Dornengruppen, im vierten und achten
Gliede oft in vier Dornenabteilungen. Im neunten Gliede vereinigen
sich diese Gruppen zuweilen wieder zu einer Binde. Die hinteren Quer-
gürtel teilen sich in der Regel nicht, sondern sind in allen Segmenten
scharf abgegrenzt. Im zehnten Gliede fehlt die vordere Querbinde, die
hintere Querbinde ist nur durch feine Bedornung angedeutet, oft
auch vollständig verschwunden. Das elfte Glied ist vorn dornenfrei, in
seinem Hinterteile aber gleichmäßig und fein bedornt. Daß jede Larve
größere oder geringere Abweichungen zeigt, ist bereits angedeutet worden.
Der Mundapparat des zweiten Stadiums bildet eine V-förmige
Grube, deren chitinöse Einfassung sich in den Schaufeln des Schlund-
gerüstes fortsetzt. Über der Mundöffnung lassen sich hin und wieder
schon Andeutungen der Fühler als chitinöse Ringe erkennen. Die
Vorderstigmen fehlen. Die hinteren Stigmenplatten haben eine bohnen-
förmige Gestalt und sind siebartig durchlöchert. — Die Dauer dieses
Stadiums beträgt 1 Monat.
Während dieser Zeit liegt der Schmarotzer in der Dasselbeule, die
sich an der Hautoberfläche immer mehr hervorwölbt und deren Wände
dicker und derber geworden sind. Der Ausführungskanal wird von der
Larve des zweiten Stadiums erweitert und die Wandung desselben
mittels der feinen Bedornung des hintersten Segmentes geglättet.
Das dritte Stadium, welches mit der zweiten Häutung der
Larve in der Dasselbeule seinen Anfang nimmt, ist von BRAUER so
exakt beschrieben worden, daß eine eingehendere neue Beschreibung
nicht erforderlich ist. Es dürfte zur Vollständigkeit dieser Arbeit eine
übersichtliche Wiedergabe der wesentlichsten Punkte dieser BRAUER-
schen Darstellung genügen. — Die Gestalt der Larve ist birnförmig,
oft auch eiförmig. Die Färbung derselben zeigt sich bei Beginn des
Beitr. zur Kenntn. des Entwieklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 701
dritten Stadiums gelbweiß, beim Herannahen der Reife stellenweise
braun und zur Zeit der Reife vollständig schwarzbraun. Am vorderen
Ende bemerkt man dorsal eine Naht, welche hufeisenförmig die vier
ersten Glieder umzieht und die Stelle bezeichnet, an welcher die Nymphe
die Puppenhülle sprengt. BRAUER hat diese Naht deshalb auch Deckel-
naht genannt. Zwischen dem ersten und zweiten Gliede befindet sich
ebenfalls auf der Rückenseite beiderseits ein kleiner dunkler Punkt,
welcher von BRAUER als vorderes Stigma bezeichnet wird. Über der
trichterförmigen Mundgrube liegen in der Medianlinie die rudimentären
Fühler in Form von Chitinringen mit hellem Centrum. Das Schlund-
gerüst ist V-förmig und unter dem Schlunde verbunden. — Die Seiten-
wülste treten stark hervor. — Dorsal zeigen sich vom zweiten bis neunten
Ringe zwei glänzende Wärzchen. Am Vorderrand des zweiten bis fünften
Gliedes stehen kleine Dornen, die nach den hinteren Gliedern zu immer
spärlicher werden. Am Hinterrand des zweiten bis ungefähr achten
Segmentes findet man Reihen kleiner Dornen. Die Zahl derselben
nimmt nach hinten derartig ab, daß sie zuletzt in eine Gruppe zusammen-
schmelzen. Der Vorderrand des zweiten bis fünften oberen und mitt-
leren Seitenwulstes trägt kleine Dornengruppen. — Ventral liegen wie
bei der Larve zweiten Stadiums am Vorder- und Hinterrand des zweiten
bis neunten Ringes mehrere Dornenreihen. Die unteren Seitenwülste
des zweiten bis achten Ringes zeigen gleichfalls Dornengruppen. —
An den hinteren Ringen sieht man ventral zwischen den Dornenreihen.
einen Querwulst, der beiderseits in ein warzenartiges Gebilde endigt.
Die zwei hintersten Ringe sind nackt. Das letzte Segment ist halb-
kugelig, an seinem Ende sitzen die halbmondförmigen Hinterstigmen-
platten. Diese Platten sind porös, der wulstige Rand derselben ist
gefurcht.
Die Larve hat die Eigenschaft, die verschiedensten Formen anzu-
nehmen, und nur hierdurch ist es ihr möglich, sowohl zur Zeit der Reife
aus der engen Öffnung der Dasselbeulen zu schlüpfen, als auch zur
Verpuppung zwischen Spalten zu tieferen Schichten durchzufallen. —
Die Reifezeit der Hypoderma bovis-Larve fällt in die Monate Mai und
Juni. — Die Dauer des dritten Stadiums erstreckt sich auf etwa 21/, Mo-
nate. Die Länge des Parasiten beträgt zu dieser Zeit ungefähr 24 mm,
die Breite durchschnittlich 13 mm.
Die nun folgende Verpuppung der Larve ist vielerseits beschrieben
worden, so daß ich mich auch hier auf die Wiedergabe des Hauptsäch-
lichsten der bereits vorhandenen Darstellungen beschränken darf. —
46*
102 Hermann Jost,
Nachdem die reife Larve mittels energischer Oontractionen die Dassel-
beule verlassen hat, fällt sie zu Boden und verwandelt sich in den ober-
flächlichen Schichten desselben, falls die erforderlichen Bedingungen
vorhanden sind, innerhalb der nächsten 12—36 Stunden zur Puppe
oder Tonne; dabei zieht sich die Larvenhaut zusammen, härtet sich
und wird zur Puppenhülle. Die Puppe ist meist kahnartig; das vordere
Ende schmal und das hintere breit. Die Gestalt ist jedoch je nach dem
Hervortreten der Seitenwülste sehr veränderlich. Die hinteren Stigmen-
platten und die Bedornung sind wie bei der Larve des dritten Stadiums.
Die Farbe der Puppe ist schwarzbraun, und die Länge derselben beträgt
etwa 20 mm. Nach Verlauf von etwa 30 Tagen kommt das vollent-
wickelte Insekt — die Fliege — Imago — dadurch zum Vorschein, daß
"sie beim Auskriechen die Puppenhülle an der durch die Deckelnaht
bezeichneten Stelle sprengt.
5. Das Entstehen der Dasselbeulen.
Sobald die Larve aus dem ersten Stadium ihrer Entwicklung tritt,
streift sie die während der Jugendzeit schwach bedornte Hülle ab und
rüstet sich für das nun kommende zweite Stadium mit der bereits be-
schriebenen gruppenweise dicht bedornten Cuticula aus. Der Reiz der
Secrete, welcher vorwiegend zur Zeit der Wanderschaft ihre Bahnen
kennzeichnete, schwindet mehr und mehr, und an seine Stelle tritt um
so stärker die mechanisch-traumatische Einwirkung auf das den Schma-
rotzer umgebende Gewebe. Die darauffolgende Reaktion desselben
wird einesteils dadurch hervorgerufen, daß der Parasit nicht mehr
wandert, sondern als Fremdkörper ruht und die Stelle, an der er liegt,
ständig irritiert, andernteils aber auch in der Weise veranlaßt, daß
gelegentlich der auf diese Stelle beschränkten schraubenartigen Drehung
der Larve die starke Bedornung derselben einen heftigen Reiz ausübt.
Wie jede fortgesetzte Irritation auf das lebende Gewebe, so ruft auch
diese stete parasitäre Einwirkung vorerst die allgemeinen Erscheinungen
der Entzündung hervor, welche dann nach und nach zur Neubildung
von Bindegewebe führt. — Dieses Entzündungsprodukt umschließt die
Larve immer mehr, so daß sie schon nach kurzer Zeit ringsum in eine
dünnwandige Kapsel — in die sog. Dasselbeule — eingebettet ist. Mit
dieser Einkapselung. ändert sich auch die seitherige Lebensweise des
Schmarotzers, die Nahrung kann nur noch dem Kapselinhalte ent-
nommen werden, und mit der fortschreitenden Entwicklung des At-
mungsapparates wird die direkte Verbindung mit der äußeren Luft zur
Notwendigkeit. Hat die Larve nicht schon rechtzeitig am Ende des
Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 703
ersten Stadiums — wie es fast regelmäßig geschieht — diesem Bedürfnis
nach Luft durch totale Durchlöcherung der Haut Rechnung getragen,
dann fällt ihr die Vollendung dieser Arbeit nunmehr als dringendste
Aufgabe zu. Erleichtert wird dieselbe mit Hilfe des durch die Anhäufung
von Stoffwechselprodukten und die mechanische Einwirkung des Para-
siten entstehenden Ulcerationsprozesses, welcher die Hautschichten
erweicht und gleichzeitig in den hierbei entstehenden Entzündungs-
und Zerfallsprodukten der Larve die für dieses Stadium erforderliche
Nahrung liefert. Bei Parasiten mit durchsichtiger Cuticula, wie sie
häufig direkt nach der ersten Häutung anzutreffen sind, kann man
aus dem blutserumähnlichen Darminhalt auf diese Nahrungsaufnahme
schließen; in einer späteren Zeit dieses Stadiums läßt sich außerdem
beobachten, wie sich mit der Umwandlung des Inhaltes der Dasselbeule
in einen eitrigen gelblichen Brei auch die Inhaltsmasse des Darmes
dementsprechend verändert.
Ist die totale Durchlöcherung der Haut vollendet, dann erwächst
der Larve des zweiten Stadiums die Aufgabe, die innere Wandung des
Ausführungsganges zu glätten, eine Arbeit, die in der Weise geschieht,
daß der Schmarotzer das durch die feine und zahlreiche Bedornung
hierzu sehr geeignete Hinterende nach Bedürfnis ein- und ausschiebt.
Mit der Umfangszunahme der Larve vergrößert sich auch der Sack,
dessen Wandungen infolge der durch den fortgesetzten Reiz hervor-
gerufenen Neubildung von Bindegewebsmassen immer dicker werden
und mit dem Corium verwachsen. Gleichzeitig wölbt sich infolge des
Druckes, den der Schmarotzer durch sein Wachstum ausübt, an dieser
Stelle die Hautoberfläche oft bis zur Größe eines Hühnereies. Die
Stellen werden nicht allein durch diese Protuberanzen am lebenden
Tiere kenntlich, sondern auch infolge des struppigen Aussehens des
Haarkleides über der Dasselbeule. Außerdem bemerkt man, daß die
Haare in der nächsten Umgebung der Beule durch eine schmierige Masse
oder mit trockenen Schorfen verklebt sind. Diese Secrete gelangen
gelegentlich der Larvendrehung in der Dasselbeule und beim Heraus-
schieben des Endgliedes in geringen Mengen aus dem Ausführungsgang
auf die Körperoberfläche des Wohntieres.
Die Lichtweite der Ausmündungsstelle entspricht dem Querdurch-
schnitt des hinteren Larvenendes; die Öffnung liegt niemals auf der
höchsten Stelle der Wölbung der Beule, sondern stets seitlich. Die
Ränder des Loches sind gespannt, glatt und nicht eingezogen. Sobald
der Ausführungsgang durch Eintrocknung der Seerete verstopft ist,
beseitigt die Larve den Pfropf mittels der Bewegungen ihres Endsgliedes.
704 | Hermann Jost,
Das Bedürfnis nach Luft veranlaßt sie hierzu, insbesondere zur Zeit des
dritten Stadiums, in welchem der Atmungsapparat — Vorderstigmen,
Hinterstigmen und Tracheensystem — vollständig entwickelt ist. In
diesem Stadium der Larve hat die Dasselbeule die Form einer Bocks-
beutelflasche, als deren Hals der Ausführungsgang zu betrachten ist, und
deren Grund im subcutanen Gewebe fast parallel zur Hautoberfläche
liegt. Bei einem Längsschnitt durch die Mitte der Beule sieht man auf
dem Grunde die Larve mit dem Kopfende nach innen und mit dem After-
ende nach dem Ausführungsgang zu gelagert. Infolge der durch die der-
ben Wände der Kapsel eingeengten Lage beschränkt sich, abgesehen von
der Drehbewegung der Gesamtlarve, die Bewegungsfähigkeit des Para-
siten hauptsächlich auf die hinteren Glieder, die nach der Ausmündungs-
‘stelle hin gestreckt und dann wieder zurückgezogen werden können.
Sobald der Schmarotzer am Ende seines dritten Stadiums die Beule
verläßt, fällt sie allmählich zusammen und ist nach vollständiger Ent-
leerung der Secrete am lebenden Tiere nicht mehr sichtbar. Nach der
Abhäutung sieht man subcutan an den Stellen, welche mit Dasselbeulen
behaftet waren, sternförmige Narben.
STRICKER brachte im Jahre 1858 durch seine mikroskopischen
Untersuchungen über den histologischen Bau der Dasselbeulenwandung,
speziell des Ausführungsganges, den Nachweis, daß sowohl dieser letztere
als auch die Oavität der Beule mit Pflasterepithel überkleidet ist.
Das Epithel soll unmittelbar in die Epidermis übergehen und das Rete
Malpighii sich als zweite, stärkere Schicht in den Ausführungsgang
hinein fortsetzen. Die letzterwähnte Lage bestehe aus spindelförmigen,
mit länglichen Kernen versehenen Zellen, die meistens kreisförmig um
den Ausführungsgang gelagert seien. In der Beule selbst hat STRICKER
die eben genannten histologischen Gebilde nicht gefunden, sondern hier
als Hauptmasse der Wandung dichtes, durch Blutaustritt unkenntlich
gemachtes Bindegewebe gefunden. — STRICKER schließt aus seinem
Befunde, insbesondere aus der epithelialen Überkleidung der Wand des
Ausführungsganges, die auf der Körperoberfläche des Wohn-
tieres ausgeschlüpfte Larvenbrut benutze zum Eindringen
in die Haut physiologische Hautgebilde — Haartaschen —,
welche sich bei Hypertrophie ihrer Wände, der Entwicklung
der Larve entsprechend, allmählich vergrößern und zur
Dasselbeule werden sollen.
Daß die Larven nicht auf der Körperoberfläche ausschlüpfen und
nicht in die Haut eindringen, ist bereits hinreichend besprochen worden,
Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 705
es dürfte sich nur noch um die Frage handeln, ist die Dasselbeule eın
verbildetes physiologisches Hautgebilde — eine Haartasche oder eine
Talgdrüse — oder ist sie eine pathologische Neubildung?
BRAUER selbst ist kein Anhänger der StRIckerschen Modifikation,
er erklärt sich dessen Untersuchungsbefund in folgender Weise: »Dab,
wie aus STRICKERS Untersuchung ersichtlich, die Schichten des Aus-
führungsganges der Kapsel analog jenen der Haartaschen erscheinen,
könnte vielleicht darin seine Erklärung finden, daß die Larve, von innen
die Hautschichten durchbrechend, weniger einen Substanzverlust be-
wirkt, als vielmehr die durch Reiz entzündeten, gelockerten Gewebsteile
auseinanderdrängt, und dadurch würde durch Zusammenfluß der den
Rand der so entstandenen Öffnung umgebenden Haartaschen, die bei
dergleichen Tieren sehr gedrängt stehen, eine Ähnlichkeit oder Gleich-
heit des histologischen Baues des Ausführungsganges mit demjenigen
einer einzelnen Haartasche nicht unmöglich sein. «
Im Jahre 1860 ist die Wand der Dasselbeulen von Prof. WEDL mikro-
skopisch untersucht worden. Seine Untersuchung ergab, daß die Wan-
dung aus mehreren Schichten besteht. Die innerste stellt nach WEDL
einen schmutziggelben Belag dar, welcher runde, ovale, mit Fettmole-
külen besetzte Kerne enthält, die in Lagen von Bindegewebsbündeln
eingebettet sind; ferner hat er in dieser Schicht noch in zwei bis drei
Spitzen ausgezogene, miteinander zusammenhängende Kerne (Kern-
fasern) wahrgenommen. Nach dieser inneren, in fettiger Metamorphose
begriffenen, embryonalen Bindegewebsschicht sollen Lagen von faserigen
Bindegewebsbündeln folgen, welche nach außen schwielig werden und
durch lockeres Bindegewebe mit der Rinderhaut zusammenhängen.
Die mittlere von diesen Schichten ist nach seinen Untersuchungen sehr
blutreich und trägt Überbleibsel von Blutextravasaten. Den Aus-
führungsgang der Dasselbeule hat WEDL nicht näher untersucht.
Er zieht den Schluß, die Dasselbeule sei eine krankhafte,
durch die Larve verursachte Bindegewebsneubildung.
Die Untersuchungsergebnisse STRICKERS und WEDLs stehen sich
nicht gegenüber, sondern stimmen in bezug auf die Zusammensetzung
der Wand durch neugebildetes Bindegewebe überein, nur in den Schluß-
folgerungen gehen beide Forscher auseinander, indem WEDL — trotzdem
er den Ausführungsgang in bezug auf seine Auskleidung nicht näher
untersucht und infolgedessen den inneren epithelialen Überzug auch
nicht gekannt hat —, die Dasselbeule als ein neuentstandenes, krank-
haftes Gebilde und STRICKER dieselbe als eine erweiterte Haartasche
betrachtet. |
706 Hermann Jost,
Obgleich BRAUER zur Klärung dieser Frage schon vor etwa 40 Jahren
eıngehendere Untersuchungen des Ausführungsganges der Dasselbeule
für erforderlich hielt, sind bislang weitere Veröffentlichungen über diesen
Gegenstand nicht erschienen.
Meine diesbezüglichen mikroskopischen Untersuchungen an zahl-
reichen Serienschnitten, von welchen ich im Anhang (Taf. XXXI,
Fig. 10, 11 u. 12) drei durch mikrophotographische Aufnahmen wieder-
gegeben habe, wurden in nachstehender Weise ausgeführt und haben zu
einem der Wepıschen Auffassung sich nähernden Resultate geführt.
Die Dasselbeulen waren zum Zweck der mikroskopischen Unter-
suchung aus Häuten frisch geschlachteter Weidetiere geschnitten
und samt ihrem Inhalt etwa 14 Tage lang in Mürterscher Flüssigkeit
gehärtet. Die 15 u dicken Serienschnitte wurden zum Hervortreten
der Epithelien teilweise mit Hämatoxylin-Eosin, zum Teil auch zur
Erkennung des Bindegewebes nach van GIEson gefärbt. Die Unter-
suchung hatte folgendes Resultat: Die innerste Schicht des Ausfüh-
rungsganges besteht aus mehrfach geschichteten Plattenepithelien,
welche sich ununterbrochen samt dem Rete Malpighii von der Epidermis
aus in das Innere der Beule fortsetzen (s. Taf. XXXII, Fig. 1Ou. 12) und
sich beim Schneiden mit dem Mikrotommesser lamellenartig abheben
(Taf. XXXII, Fig. 10). Die zweite Schicht des Ausführungsganges wird
aus kleinzelligem, stark entzündetem Bindegewebe gebildet, welches
außerordentlich blutgefäßreich ist, und in welchem sich Spuren von
blutigen Sugillationen nachweisen lassen. Die dritte und äußerste Schicht
des Ganges stellt fertiges Bindegewebe dar.
Die von der Epidermis ausgehenden Epithelien überziehen nicht
die gesamte Höhlenwandung, sondern setzen sich ungefähr bis zu der
Stelle des Ausführungsganges fort, an welcher die Larve ruht. Hier —
etwainder halben Wandhöhe des Sackes — machen sie ganz all-
mählich Granulationsgewebe Platz, welches somit in der unteren
Hälfte — dem Grunde der Beule — die innerste Schicht bildet. Auf
diesem Gewebe befinden sich als Beuleninhalt Zerfallsprodukte, welche
aus Fettzellen, Resten der Larvenhaut, Larvenexcrementen, abgestoße-
nen Epithelien und Eitermassen mit Kokken bestehen. Die letzteren
sind jedenfalls nach Durchbohrung der Haut durch die Larve von der
Körperoberfläche aus in die Beule eingedrungen. An das Granulations-
gewebe schließt sich nach außen als mittlere Schicht embryonales,
zellreiches Bindegewebe, welches von fertigem Bindegewebe, der äußer-
sten Schicht, umgrenzt wird. — Diejenigen jüngsten Dasselbeulen,
Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 707
welche im Anfangsruhestadium der Larve noch keine vollständige
Durchlöcherung der Haut zeigten, waren an keiner Stelle mit Epithe-
lien ausgekleidet, sondern deren innerste Wandschicht bestand durch-
weg aus Granulationsgewebe, welches peripherisch von einer neu-
gebildeten Bindegewebsschicht umgeben war.
STRICKERS Annahme, die Dasselbeule müsse infolge der epithelialen
Auskleidung des Ausführungsganges als ein »physiologisches Vor-
gebilde« angesehen werden, kann nach dem neuesten Stande der For-
schungen über Epithelwucherungen nicht mehr aufrecht erhalten
werden; denn eingehende Beobachtungen und Versuche haben gezeigt,
daß schon nach wenigen Stunden bei frischen Hautdefekten außer
zahlreichen Leucocyten auch Abkömmlinge der obersten Stachellagen
des Epithels in den Schorf dringen, sich zwischen Schorf und Cutis
schieben und so eine provisorische epitheliale Bedeckung der Wunde
hervorbringen. Nach WERNER teilen sich die genannten Zellen zu
diesem Zweck amitotisch und bilden Syneytien mit langgestreckten
stäbehenförmigen Kernen, das Verschieben über die Wunde und in den
Schorf hinein scheint dagegen vorwiegend durch aktive Bewegung von
statten zugehen. Die tieferen Schichten vermehren sich weniger intensiv
als die obersten Stachelzellenlagen und bewegen sich nur teilweise aktiv;
je mehr man in die Tiefe kommt, um so größere Bedeutung gewinnt der
Wachstumsdruck, der ein Fortgleiten der Zellen bewirkt. Die Basal-
zellen beteiligen sich anfangs gar nicht an der Bedeckung des Defektes.
Sie teilen sich ausschließlich mitotisch und geben zunächst nur Zellen
an die höheren Zellschichten ab, erst nachdem der provisorische Ver-
schluß durch die höheren Zellagen bewirkt worden ist, entstehen auch
in der tiefsten Schicht parallel zur Unterlage gerichtete Mitosen, die ein
passives Gleiten auch dieser Zellen nach dem Defekt zu bewirken. Diese
Regenerationserscheinungen des Epithels sind bedingt durch chemo-
taktische Reize, die WERNER mit Roux als Spannungsänderung der
Zelloberfläche definiert wissen will, und durch stereotropische Einflüsse.
Zwischen Bindegewebe und Epithel besteht ein ausgesprochener
Antagonismus, das Epithel vermag durch expansives Wachstum das
Bindegewebe auseinanderzudrängen und in aufgelockerte oder von
Fibrin durchsetzte Bindegewebsbezirke progressiv einzuwachsen. WER-
NER kommt zu dem auch auf den Ausmündungsgang der Dasselbeule
anzuwendenden Ergebnis, »daß das Epithel, ohne zuvor wesentliche
Änderungen durchzumachen, in die Tiefe wuchern kann und in fremdes
Gewebe einzudringen vermag «.
Meine mikroskopischen Untersuchungen und die Experimental-
708 Hermann Jost,
versuche über Epithelwucherungen veranlassen mich zu dem Schluß,
daß die Dasselbeule eine durch den ständigen Reiz der
Larve in der Subcutis verursachte krankhafte Neubildung
von Bindegewebe ist, deren epitheliale Auskleidung des
Ausführungsganges und der angrenzenden Teile als eine
Fortsetzung der Epidermis betrachtet werden muß. |
%
C. Schlußfolgerungen.
Das Ergebnis der vorstehenden Arbeit fasse ich in nachfolgenden
Schlußsätzen zusammen:
1) Das Ei der Hypoderma bovis-Fliege entwickelt sich
nicht auf der Körperoberfläche des Wohntieres zur Larve,
sondern gelangt durch Ablecken in den Verdauungskanal
desselben.
2) Der Magenendteil der Speiseröhre und der Anfangs-
teil der ersten Magenabteilung sind die Stellen im Körper
des Wohntieres, an welchen sich die jüngsten Larven regel-
mäßig und zuerst nach der Schwärmzeit der Bremsenfliege
in größter Zahl zeigen.
3) Der größte Teil der Larven dringt vom Anfangsteil
des Magens in das submucöse Gewebe des Schlundes, wan-
dert hier einige Monate — von Juli bis November zahlreich,
bis Februar nur vereinzelt — und kehrt dann zum Ausgangs-
punkt zurück, um nach Durchbohrung der Muskelschicht
des Schlundmagenteils subserös in der Brust- und Bauch-
höhle dem Wirbelkanal zuzustreben.
4) Der Weg, welcher von den meisten Larven zur Wan-
derung nach dem Wirbelkanal hin eingeschlagen wird, geht
von der Außenwand des Schlundes und der ersten Magen-
abteilung aus subserös dem Mediastinum, den Zwerchtell- 8
pfeilern, der Nierenkapsel und dem intermuskulären Binde-
gewebe der Lendenmuskeln entlang, dann in dem Verlaufe
der Gefäße und Nervenstränge durch die Wirbellöcher.
5) Die Aufenthaltszeit im Wirbelkanal, — welchen die
Larven meist von der Lendengegend aus im epiduralen
Gewebe durchwandern — liegt in der Regel zwischen De-
zember undMärz. Vor und nach dieser Zeit werden sie da-
selbst in geringerer Zahl angetroffen.
6) Nach einem etwa 3 Monate langen Aufenthalt im Wir-
Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 709
belkanal wandert die Larve durch die Wirbellöcher und
durch das intermuskuläre Bindegewebe der Rückenmuskeln
zur Subeutis, welche als die letzte Hauptsammelstelle der
Larven während der Monate Januar bis Juni zu betrachten
ist. Vereinzelte Larven stellen sich schon früher oder auch
später an dieser Stelle ein.
7) Die kleinere Zahl der Larven schlägt zu ihrer Wande-
rung durch den Körper des Wohntieres den vorerwähnten
Weg nicht ein, sondern wählt hierzu mit Umgehung des
Schlundes oder des Wirbelkanals, hin und wieder auch ohne
beide zu berühren, beliebige Körperstellen.
8) Während sich die meisten Larven innerhalb der Nor-
malzeit im Körper des Wohntieres voll entwickeln, kommen
einzelne Larven nicht allein infolge des späten Schwär-
mens der Fliege, sondern auch infolge der ausgedehnteren
Wanderungen im Tierkörper erst spät zur Entwicklung,
andre gehen mangels geeigneter Lebensbedingungen wäh-
rend der Wanderzeit zugrunde, und nur ein kleiner Teil
wird ausnahmsweise erst nach einem 1?/,jährigen Aufenthalt
im Wohntiere zur Reife gelangen.
9) Die im submucösen Gewebe des Schlundes, im epidu-
ralen Fett des Wirbelkanals usw. der Weidetiere zu be-
stimmten Jahreszeiten zu findenden Hypoderma bovis-
Larven befinden sich im ersten Stadium.
10) Das erste Stadium der Larve von Hypoderma bovıs
ist kein Ruhestadium, sondern ein ausgesprochenes Wander-
' stadium.
11) Aufihrer Wanderung reizt dieLarve im jugendlichen
Alter das sie umgebende Gewebe des Wohntieres schwach;
bei fortgeschrittener Entwicklung heftiger. Dieser Reiz ist
vorwiegend auf die spezifische Wirkung der Larvensecrete
zurückzuführen. Verstärkt wird derselbe durch die Be-
dornung der Larve.
12) Die Larve des ersten Stadiums ist nicht nackt, son-
dern jedes Glied der Larve hat etwa acht Dornenreihen.
135) Die Durchbohrung der Haut der Wohntiere von der
Subcutis aus zur Oberfläche geschieht durch die Larve des
ersten Stadiums am Ende ihrer Wanderperiode; hiermit
gleichzeitig erfolgt dieEinkapselung der Larve in der Sub-
eutis und der Beginn des zweiten Stadiums.
710 Hermann Jost,
14) Die Dasselbeulen stehen mit den physiologischen
Gebilden der Haut in keiner Beziehung, sondern sind krank-
hafte Neudildungen von Bindegewebe. Die epitheliale Aus-
kleidung der Wandung des Ausführungsganges ist durch
Einwucherung der Epidermiszellen entstanden.
Nachtrag.
Im Anschluß an vorstehende Arbeit gebe ich zur weiteren Auf-
klärung des Entwicklungsganges der Larve einer andern Hypoderma-Art
— der Hypoderma Diana — noch nachstehenden Befund bekannt.
Beim Abstreifen eines Ende Dezember geschossenen Rehes aus
einem von der Hypoderma Diana heimgesuchten Revier fand ich im
Unterhautgewebe desselben Larven, welche sich bei näherer Unter-
suchung als die von BRAUER beschriebene jugendlichste Form von
Hypoderma Diana charakterisierten. Sie waren noch im Wanderstadium
begriffen, denn es fand sich in der Umgebung derselben weder eine
bindegewebige Kapsel noch eine Öffnung nach der Oberfläche der
Haut. Das die freiliegenden Larven umgebende Unterhautgewebe war
im Gegensatz zu den auffälligen Gewebsveränderungen, welche durch
das erste Stadium von Hypoderma bovis in der Subcutis veranlaßt
werden, nur geringgradig entzündet und ödematös durchtränkt. Da
der Gedanke nahe lag, daß die Larve von Hypoderma Diana im jugend-
lichsten Stadium einen ganz ähnlichen, vielleicht auch den gleichen Weg
durch den Körper ihres Wohntieres — des Rehes — nehmen könne,
wie die Larve von Hypoderma bovis in den inneren Geweben des Rin-
des, untersuchte ich die unter der Subcutis gelegenen Gewebsschichten
und fand dabei sowohl unter den Hautmuskeln als auch in dem öde-
matös veränderten intermuskulären Bindegewebe der Rückenmusku-
latur zwei weitere Larven, die dem gleichen Stadium angehörten. Im
Gegensatz zu BRAUER möchte ich annehmen, daß die Larven von
Hypoderma Diana gleichfalls im Inneren der Wohntiere ihren Ent-
wicklungsgang durchmachen und nicht von außen die Haut durch-
bohren, um sich bis zur Subeutis und den tiefer gelegenen Muskeln
durchzuarbeiten.
Göttingen, im Januar 1907.
Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 711
12.
13.
14.
15.
16.
17:
18.
19.
20.
21.
Literaturverzeichnis.
(Außer den großen systematischen Werken.)
. Arvay, Österreichische Monatsschrift für Tierheilkunde. 1878. S. 66.
. BAILLIET, Bremsenlarven im Gehirn u. Rückenmark der Tiere. Referat
im »Tierarzt« 1901. XXXX. Jahrg. 8.123 aus Bull. de la Soc. c. de
med. veter. seance du 11. avril.
. BARFoD, H., Die Entdeckung der Dasselfliege nach dem Stande neuester
Forschung. Nerthus, Jahrg. IV. 1903. S. 562—566.
. — Noch etwas über die Dasselfliege und ihre Bekämpfung. Nerthus,
Jahrg. VII. Heft 4, S. 64—70.
. Bass, Thierärztliche Rundschau. 1887. S. 78.
. BERG, Maanedskrift for Dyrlaeger. 7. Bd.
. BERETHA, G.P., Nota sopra una larva di Estro bovino nell’ uomo. Atti
acad. Gisenia sc. nat. Catania. 3 ser. T. 14, 1879.
. BLANCHARD, Bull. soc. centr. 1896. pag. 527.
. Boas, Almanach 1902. Tidskrift for Veterinaerer. 19. Bd.
. BRAUER, Fr., Monographie der Östriden Wien 1863.
. — Die Zweiflügler des Kaiserlichen Museums zu Wien. III. Teil. Systemat.
Stud. auf Grundlage der Dipteren-Larven. Denkschrift d. Akad. d. Wissen-
schaften, Wien, 47. Bd. (enthält eine Tabelle der Östriden-Larven im
letzten Stadium).
— Sitzungsbericht der k. k. Akad. Wien, mathemat. naturwissenschaftl.
Klasse Bd. 85. Abt. I, 1882 (enthält auf Taf. I Fig. 3, 4 und 5 Abbildungen
d. Hypoderma-Puppe, zudem Thema :: Überdas Segment me&diaire Latreilles).
— Nachträge in den Verhandlungen der k. k. zoologisch -botanischen
Gesellschaft. Bd. XIV. 1864. Entomologische Beiträge: A I. Über Östri-
denlarven aus einer Feldmaus (Arvicola arvalıs).. S. 891. II. Derma-
tobia-Larve aus Felis concolor. S. 894. Bd. XVI. 1866. Oestromyia
leporina von Pallas.
BuNGE, Über das Sauerstoffbedürfnis des Darmparasiten. Zeitschrift f.
physiolog. Chemie. Bd. XIII. S. 48—59.
— Über das Sauerstoffbedürfnis des Schlammbewohners. Zeitschrift f.
physiolog. Chemie. Bd. XII. S. 565—567.
— Weitere Untersuchungen usw. Zeitschrift f. physiolog. Chemie. Bd. XIV.
S. 318 —324.
— Lehrbuch der physiolog. und patholog. Chemie.
CAPARINI, La Clinica veterinaria 1897. S. 142.
CoorER, The Oxwarble of the United States. Journal of Comparative
Medicine and Veterinary. Archives, 1891, Vol. XII. Nr.6 pag. 265.
DAMMAnNN, Gesundheitspflege der landwirtschaftlichen Haussäugetiere. 1902.
III. Aufl. S. 741.
DEUPSER, Referat über RuseErs Originalartikel im Centralblatt für Bakterio-
logie, Parasitenkunde und Infektionskrankheiten. I. Abt. Bd. XX. 1896.
S. 548.
712 Hermann Jost,
22.
23.
24.
25.
26.
27.
28.
29.
SO.
31.
32.
33.
34.
35.
36.
37.
38.
39.
40.
41.
42.
43.
44,
FRIEDBERGER und FRÖHNER, Lehrbuch der speziellen Pathologie und rap
der Haussäugetiere. 1904. VI. Aufl. S. 565.
GooDALL, The Veterinary Journal 1895.
GUILLEBEAU, A., Über den Parasitismus einiger Östriden. Mitteilungen
der Naturforscher-Gesellschaft Bern 1881, Heft 2.
GUSZMANN, J., Beiträge zur Lehre und Anatomie der traumatischen Epithel-
cysten. Zeitschrift für Heilkunde 1905, Heft 9.
Herr, Die Dasselbeule als Ursache von Satteldruck beim Pferde. Zeit-
schrift f. Veterinärkunde 1901. Jahrg. XTIL. S. 176.
HINRIcHsSEN, Über einen neuen Parasiten im Rückenmarkskanal des Rindes.
Archiv f. wissensch. u. prakt. Tierheilkunde 1888. Bd. XIV. S. 459—460.
— Nachtrag zu dem Artikel: Über einen neuen Parasiten im Rückenmarks-
kanal des Rindes. Archiv für wissenschaftl. und praktische Tierheil-
kunde. 1888. Bd. XIV. S. 459—460.
— Weitere Bemerkungen über das Vorkommen von Oestruslarven im Rücken-
markskanal des Rindes und über die Beurteilung des hier vorhandenen
Fettes in sanitätspolizeilicher Beziehung. Zeitschrift für Fleisch- und
Milchhygiene. 1895. Heft VI. S. 106.
HoRrNE, H., Hypoderma bovis im ersten Stadium und ihre Wanderungen.
Zeitschrift für Fleisch- und Milchhygiene. 1895. Heft VII. S. 126—127.
— Norsk. Tidskrift f. Veterinaerer 1894.
JENSEN, C. O., Om de patologiske Forandringer i Spiser ret som Folge of
Bremselarver. Maanedskriit for Dyrlaeger 1904—5. Bd. XV. p. 169.
JENSEN-BERG, Maanedskrift for Dyrlaeger 1895.
JOSEPH, G., Über Vorkommen und Entwicklung von Biesfliegen im sub-
cutanen Bindegewebe des Menschen. Deutsche Medizinal Zeitung, Berlin
1887, Nr. 5
— Myiasis externa dermatosa.. Hamburg-Leipzig 1887, S. 30—33.
Koc#, Th. O., Om Oksebremsen Hypoderma bovis. Specielt Larvens
Udvikling og Vandring i Kvaegets Legeme. Maandskrift for Dyrlaeger
1903—4. Bd. XV. 8.129.
KOOREVAAR, P., De larvetvostand van Hypoderma bovis. Tijdskrift
der Nederlandsche Dierkundige Vereeniging 1896. Aufl. I. 2de Ber.
— Referat im Centralblatt für Bakteriologie, Parasitenkunde und Infek-
tionskrankheiten 1896. I. Abt. Bd. XX. S. 930.
— Hypoderma bovis und ihre jüngsten Larven. Centralblatt für Bakte-
riologie, Parasitenkunde und Infektionskrankheiten. 1898. I. Abt.
Bd. XXIII. S. 888.
LucET, Recueil de medicine veterinaire 1898, S. 24.
Meenın, J.P., Note relative & deux chevaux, tus par des larves de Mou-
ches. An. Soc. Entomol. France 5. ser. T. 10. (vgl. Bullet. des sciences.
Nr. 10. 1880.)
MÖLLER, A., Biesfliegen in Irland. Deutsche Tierärztl. Wochenschrift
1900. S. 256.
Mvx, The Veterinarian 1896.
NEUMANN, Über wandernde Hypodermenlarven. Referat von T. MEYER.
Zeitschrift f. Fleisch- und Milchhygiene 1896. Heft VII. S. 130—131.
Aus: Revue veterinaire, Mai 1895.
Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 715
45.
46.
47.
48.
49.
50.
51.
52.
58,
54.
55.
56.
57.
58.
59,
60.
61.
62.
63.
64.
69.
66.
67.
68.
69.
NIELS VILLEMOES, Die Ausrottung der Rinderbiesfliege unter Mitwirkung
der Meiereigenossenschaften. Zeitschrift für Milch- und Fleischhygiene
1906. Jahrg. XVI. Heft7. S. 228—230.
ORMEROD, E., Dasselfliegen und Fleisch. Zeitschrift für. Fleisch- und Milch-
hygiene 1891. Jahrg. I. S. 141.
— Monographie über Hypoderma bovis. Revue scientifique.
— The Warble Fly 1894. 8.3.
ÖSTERTAG, R., Handbuch der Fleischbeschau 1899. III. Auflage. S. 405.
Prirer, E., Fliegenlarven als gelegentliche Parasiten des Menschen. Berl.
klinische Wochenschrift 1900. S. 17—20.
Pers-LEUSDEN, Abnorme Epithelisierung und traumatische Epithelcysten.
Deutsche med. Wochenschrift 1905. Heft 9.
PErosıno, F., Rapporto intorno alla notra sopra una larva di oestro bovino
nell’ uomo del prof. BERETTA. Giorn. R. accad. di Medicina, Torino 1880.
PERRONcITO, E., I parasiti dell’ uomo e degli animali utili 1882. S. 472—473,
Bologna, Milano, Napoli.
RAILLIET, A., Bulletin de la societe centrale de medicine veterinaire 1894.
S. 308.
— Traite de zoologie medicale et agricole. 1895. Ed. XII. Paris, S. 767—769.
— Bull. soc. centrale 1901, 1896.
— Dietionnaire pratique et medicine et de chirurgie veterinaire. Bd. XIII.
RıLey, Insect Life. Vol. 4.
RıtzEmaA Bos, Die Lebensweise und Vertilgung der Rinderbiesfliege oder
Hautdasselfliege (Hypoderma bovis). FünLıngs landwirtsch. Zeitg. 1890,
39. Jahrg. Heft 15/16.
RöLt, Lehrbuch der Pathologie und Therapie der Haustiere. 1885. V. Aufl.
Bd.1. 8.151.
RuUsER, Über das Vorkommen von Östruslarven im Rückenmarkskanal
des Rindes. Zeitschrift für Fleisch- und Milchhygiene 1895. Heft VII.
S. 127—129.
— Zur Entwicklungsgeschichte der Östruslarven. Zeitschrift für Fleisch-
und Milchhygiene 1896. Heft VII. 8.127.
SAVARD, E., L’Oestre du boeuf. Bullet. Insectol. Agric. Vol. 7, 1882.
SCHINDELKA, Hautkrankheiten. Handbuch der Tierärztl. Chirurgie und
Geburtshilfe 1903. Bd. VI. S. 242.
SCHNEIDEMÜHL, Neueres zur Entwicklungsgeschichte der Bremsenlarven des
Rindes (Sammelreferat). Deutsche Tierärztl. Wochenschrift, Jahrg. 1897.
S. 269.
— Nachtrag. Centralblatt für Bakteriologie, Parasitenkunde und Infek-
tionskrankheiten 1897. I. Abt. Bd. XXIL S. 760.
SPRING, A., Hypoderma bovis bei einer Frau. Bullet. Acad. med. Belgique
TV. 1864. ‘Nr. 3, p. 172174. |
STONAR, D., Loss of muscular power in the hind extremities of a Heifer
due to the presence of the larvae of the Oestrus bovis in the muscles of
the back and loins. The Veterinerian. Vol.50 (4 ser., vol. 23) 1877,
pag. 825—826.
TARNANI, Über die Biologie der Oestruslarve des Rindes. Referat im »Tierarzt«
v. ANACKER 1905, Nr.4, S. 77 u. Arch. vet. russe durch le Prog. veter. Nr. 10.
tel Hermann Jost,
70. WALKER, R., On a case of parasitic disease produced by the larva of the
Oestrus bovis. Brit. Med. Journal 1870. I. pag. 151.
71. WERNER, R., Experimentelle Epithelstudien. Über Wachstum, Regeneration,
Amitosen und Riesenzellenbildung des Epithels.
72. Zürn, T. A., Die Schmarotzer in und auf dem Körper unserer Haustiere.
1882. II. Aufl., S. 84—85.
73. Ungenannte Verfasser. Die Hornviehfliege. Deutsche landwirtschaftliche
Presse 1877. Jahrg. IV.
74. — De runder Horzel.e. Kenntnis und Kunst (WInkLer) 1867. S. 165—166.
75. — Warbles in cattle. Rural New Jorker Vol. 39, 1880 (Nr. 24) p. 379.
76. — Jahresbericht der zoologischen Sektion des Westfälischen Provinzial-Ver-
eins für Wissenschaft und Kunst. 1896. S. 45.
77. — Der Mensch als Wirt für die Larve der Ochsenbremse. Referat in der
Zeitschrift für Fleisch- und Milchhygiene. 1904. Heft 1. S.27 aus d.
Deutsch. Medic. Zeitung 1904. Nr. 72.
Erläuterungen zu den Abbildungen.
Die Photogramme sind, zum Teil im landwirtschaftlichen Institut der Uni-
versität Göttingen mit dem WInkerschen — zum Teil im Veterinär-Institut der
Universität Leipzig mit dem Zeıssschen mikrophotographischen Apparate auf-
genommen worden.
Tafel XXXII.
Fig. 1. Seitliche Totalansicht der Larve von Hypoderma bovis im ersten
Stadium aus der Schlundwand eines Weidetieres. Frisches Quetschpräparat,
Form der Larve stark in die Breite gedrückt. — h Hinterende mit Bedornung
und der Ausmündung des paarigen Tracheenlängsstammes. Vergrößerung 1:10.
WINKEL.
Fig. 2. Mundapparat mit Schlundgerüst und Bedornung der Larve des
ersten Stadiums. Präparat war der 24stündigen Einwirkung von verdünnter
Kalilauge ausgesetzt. f flügelförmig verbreiterte Fortsätze des Schlundgerüstes.
Vergrößerung 1 :240. Zeıss Apochromat 4 mm.
Fig. 3. Seitenhaken A, h mit Widerhäkchen w und Stilett des Mundapparates
nebst den flügelförmigen Fortsätzen f des Schlundgerüstes der Larve des ersten
Stadiums. Glycerinpräparat. Vergrößerung 1 :550 WINKEL Apochromat 7 mm.
Fig. 4. Reihenweise Bedornung eines Segmentes der Larve im ersten Sta-
dium. ®v vorn. Glycerinpräparat. Vergrößerung 1:240 WINKEL Apochro-
mat 4 mm.
Fig. 5. Totalansicht des hinteren Endes der Larve im ersten Stadium: Stig-
men mit ihrer bedornten Umgebung; a Dornenreihe des zehnten Segmentes;
zwei Haupttracheenstämme mit der hinteren Queranastomose db. Quetschprä-
parat mit Zusatz von Glycerin. Vergrößerung 1 :240 WINKEL Apochromat 4 mm.
Fig. 6. Starke Bedornung in der Umgebung der hinteren Stigmen; a Aus.
Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 715
mündungsstelle eines Haupttracheenstammes der Larve des ersten Stadiums.
Vergrößerung 1:240 WINKEL Apochromat 4 mm.
Fig. 7. Die zwei Haupttracheenstämme Z, 2 mit ihren hinteren Ausmündungs-
stellen /,! der Larve des ersten Stadiums. Frisches Glycerinpräparat. Vergrößerung
1:300 WINKEL Apochromat 2,8 mm.
Fig. 8. Laterale und dorsale Muskulatur des ae vierten und fünften
Segmentes der Larve des ersten Stadiums. Glycerinpräparat. Vergrößerung
1:30 Zeıss Planar 20 mm.
Fig. 9. Speicheldrüsen s und vorderstes Ende des Mitteldarmes der Larve
des ersten Stadiums im Totalpräparat. Färbung mit Boraxkarmin. Vergrößerung
1:60 Zeıss Apochromat 16 mm.
Fig. 10. Ausführungsgang e einer Dasselbeule im Längsschnitt. Fort-
setzung / der Epidermis in die Dasselbeulenwandung. Haartasche mit Talg-
drüse h. l4tägige Härtung des Präparates in MÜLLERscher Flüssigkeit, Färbung
mit Hämatoxylin-Eosin. Vergrößerung 1:10 WINKEL.
Fig. 11. Ausführungsgang einer Dasselbeule im Längsschnitt. e Fort-
setzung der cutanen epithelialen Schicht in die Wandung des Ausführungsganges.
14tägige Härtung des Präparates in MÜLLERscher Flüssigkeit; Färbung mit Häma-
toxylin-Eosin. Vergrößerung 1:60 Zeıss Apochromat 16 mm.
Fig. 12. Geschichtete Plattenepithelien der Cutis sich fortsetzend in den
Ausführungsgang e der Dasselbeule. l4tägige Härtung in MürLterscher Flüssig-
keit; Färbung mit Hämatoxylin-Eosin. Vergrößerung 1:550 Zeıss Apochro-
mat 4 mm.
Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. - 47
Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig.
Zeitschrift £ wiss. Z oologie Bd. LXAKM.
|
|
|
|
|
|
|
|
|
RG r >
J 19.99
!
1
I.
HIER
< n S
rer ae EC
> { Dr &
Se, R29,
N
&
@€$
>
&E
&
S
Ss)
&
\
I
>,
@
ES
m
ns
+
P)
En
—,
&
3
©
®@
Figs0.
- s| b
ı,. Ay As AsAzAg Ag
% /\3 \ | N | | f
No R N She re
x Se—Z \r \
/7 a, N \ IL
—ı (N a \
N \
X ; AD \ \ (Gi
I /OKO
Nr i
ı NT OI_ Ss
> N Pl N AT TEN CHEND Dr
An} NEIN ) /
FE By CA] „ n\) Ds N /
OT PELRTDTERURN RER At
= a Ne! (SL; ) ( I | N IN Ns ION IN | Z_ SU
NN TFA (9) /
(AR Art DEP ENE NER N es /
SUB
e7 ACER | KA SI ICON A \
NS MN INNEN I RN
=2 INT V ) | %
| EN j
OO IO/ N oO“
ve Sl ER, DEN N \ > Ä
( N a 29)
4 EN
\ INA n
= Ne NE Y ] \<x \
Do K) N \O 10,9 I@); \ N
f
iz N Su
2 KUREN / \
N er ee
G / SEEN, N f EN 1
> N j ' EAN AN / J
/ Ip A \ \
/ 1 | I \ FE
I 7 Is I6 {
VerlagvmnWile
u)’
Tas
2%
SO} So) na
te & E
g Re ie)
VEN S DER ‚=
Das ea
- & OR Se FR | =
& EN) z | =
=> v “> .\ % =
Da PN Se 2
63 Fe N s
Re SEN y Ir
Yr AR) RS \ ( )) N E
SS NEL N n
\ IS) Ks io N S = |
; IMST
TER % Neal I ( ) — Sg
“ ( NE Ri
9
MD
Fig.51b
2
AN
a
ee)
N
99
|
Pr wu
SS) = (#3 na @; x
e/E ae’: We
2/92 EB neo 1,
(a era.
WAIHR: = N z oO 5
a
&\ 8 \
ur De \ SS Rt SE 3
N \ IL el (. ) N)
|
|
|
|
RT
rear
Zeitschrift Rmwiss. Zoologie bad. ZAANVZ.
is An As AsAzAg Ag
ia ker eh
ri
Ya WM Br
12 NoE!
2 17
|
Ve
7
29 Yo
or
Is 07 Is 7
N)
[2
VsssslilhelmEngelmanın Dapzıs
Uno
Eith einst Julius Klinknardt
zeinzig
Zeitschrift £ wiss. / oologie Br. LARA. |
6)
BR Ma Een =
x Mad x
9 ER
; EIER
BTL Er)
\ Se
S/ ZEIES - 7
/. er eg x
TB,
ng
aa \
! \\ \
52 ® a \a\ / L— \
in; S (® ®) \ GA
® an be 7, / \ G
IM) ©
BEIN Fe‘ ®
DEE
e. ER -
Ronny] >
NO Es x Fa?
ES je)
ee ee I
| BZ Er >r 3% >;
|
\ 1
SSL DO,
mn ee N a S
| ß | j
j n N 1 a; x
N N ‘ ER,
I I ! i | Wal =
| en
I a RI
Q
ey
|
\
\
}
3 N..@)
\ \ N
N 2 \@ \ ki
\ | |
{ KR
(® 7 Ze
@): we)
b
Be
I LEIDZII.
N
gelmann
Zeitschrüt Riss. Zoologie ba. ZAATZ.
Fig6h,
a
Veran Willelnkngelmann in
Leipzig.
al
Fig.59.
Tarll
e@ u ya
Li .@
Se N
Ss 0 ® EB
(6)
®
A
7 =
@®
ı
Li
L
k
-
_
ie
10°
RS
Zeitschrift f. wiss. Zoologie Bd. IXAXM.
Y@
(® el re.
ei DAT “ 1% > ICh a
ee 9
Wr BC)
© = ©:
et
dr:
3% X:
IR
VerlagvonV
Tar il.
6: ER SI Se) EN ®,
" Ki
6
KR)
u
AR
\ass
Kt
——
ex
wo
Y
\
NP \
\ IN
Ss ,N
@)
Bir
SL
&
ran“
Ger
2%
©
®
eX)
\B
yanınin Leipzig.
Taf IH.
Zeitschril Rwiss. Zoologie Ba INNN.
ee
Fig:8.
Fig66.
Kirg65.
do:
\erlasvonWilhelnkigelnanın Leipaig
Tath Anst Julius Klinknardi Leipeig.
J/St f
f Lurıfr # quriee /
ft wiss. Zoologie Bel. LAN
1A.
Tı a.
elmann
ne
Jeilschrilt wiss. Zoologie Ba. NAD
as ge
fh
1
j
{
Zeitschrift f wiss. Zoologie Da. LXX
ö (AL
Qu
&
a
-
VNARN
g9
Baar
Viefkaus ges.
A
Alten Zul nn = Zu DU on = Dr er —
. Zoologie Bd, ROOT
iS,
Zeitschrift Ki
7.
u ER BE NEE:
ge To na m nn mn a nd un - nn rn En GEB rn TE TTTETEE Be «
ZAVE
AA
wiss. Zoologie Dr
Zeitschrift f.
|
oo
A
e
—
cm
Taf. UN.
u
Iith AnstvE.ARF unkeLeipzig
an.
NZ
& E
ki f N N
& Ä +- 7 =o ER
u
ı 0 > EN o
Ko ‘ N |
\ Co, N) H
I N £
. 200% (® er $ | "U ® =
£ Ah),
a o. Le ER N
Pr
. } a # .
Zeitschrift f wiss. Zoologie Ba. LANZ
sp TE
REN | SR IA
NS
Verlag v Wilhelm Engelmann ir Leipzig
Taf-IU.
ee ee mh hr ee
KAM.
4
r
A
Zeitschrift f. wiss. Zoologie Bd. 1
15.
PETE IT»
ZI
= DD? a
N
Fig 23von H ‚Ludwig
}
:
Taf: Var.
Jith Anst vE.AFunkeleipzig
Ay n -
“ange
|
|
|
|
|
|
N
SQ
ra
Zeitschrift j. wiss. Zoologie Bd. IXNNVL
e2. Fig23vonH Ludwig
Verlagv-Wilhelm’Engelmann inTeipzig.
Taf. Var,
TihAnstwEArnlelapzg
=.
u
I —
u
»-
= 2 -
—
Er =
> EN
N
Taken
S \ rn
DT A BT
ee et) 32
Kae _® IT Des =
UPTLEIEAL LIEST
&
Ah \
ALOE
\ A Mi ACH, >; Er
€
sitschrit Kwiss. Zoologie. BANN.
PA
2
enklam
Rk
enLlam
LilwAnsdy Werner & Herten FrunkturliR-
Verlag von Pühelmil2-):
I
Zeitschrift Lwiss. Zoologie. BA.LAXM.
ent.lam
m
'
is
-I
Dan 27
7)
kan 23
RRONTLLLL
un ware
_Qyr
ws
Ya EN
Jo\eyn |
ent.lam
4
OR
@
Zeitschnift Kwiss. Zoologie. BA.INXMI. a ; TalX.
N Z = BEE ll N) \ = VRR N
es zen esse Set oozn B NE
; SE f h a je } EN 9) 1) £ S Y =
I He), NM YA 7 |
% X 7 N = x
VSEERGTE Verlag von, Wilkalı) Engelmann, Teipzin, Un Anstw Werner £Winter, Franktarbae
Zeitschrift f wiss. Zoologie. BA.LXXAM.
ee DE 6 — u .. m. —
[
. I
||
|
>| > |
a | ai |
=D
no I
NS SZ
| \
S R h z
N 2) n £
{} | N L
| & | N 77 Ds |
2 20) | 9) Sn 4 I If
| 3 on \ » ! H I f
| | ' IR AS | \ \ Mi R
| \ \ , c ni ! ! {
| e% \ \ 64 N 0 ! N f :
SS ' f f'
S , ER S yo N SA S |
(BA: \ I | N
7 ed) N |
II - un. > i
| KON J a } \ f
| / IN N w \ \| —_ r { /
Zeütschrült Kwiss. Zoologte, BA.LXNATT.
TaßM.
NS
ANSbe®
ent, SE
8
AB
Er
=,
=
.
o
o
.
=
=
TA TI ra EN)
Pur ter,,
=
2 —
OSteche a2
Verlag yorıMüRaUm) Engelmann, Lazig)
Ti net. WernerA Winter, FranklareeR
I:
I Ze
er
« s
® *.
. . « ‘
B
».
_ (- le .“
»
* 4% Bi? =. m Fe y PrAITT
. ”
N .
E .
. .
° .
»
u [2 1 “
. . .
” 3 =
> z er '
- ” .
s
5 4 )
. 3
ı
(/]
/ =>
(JH 9
7
|
k . “Ton
a «
, ” .
2 “
a .* S
= Sk ‘ . va
Bw .. Sa “ . < ’
is ‘ P) = % » r
% . si IR, (2 % ER:
. e )
. u ® y N “ ST » \ Ba a
“. RR j2 R | .% } 3
x a ) . .) I ., J DB . |
m. » n . & [7 | nn ’ \ - ’ e I
* 2 \ :
} . ‘ . \ = ’ « a 3 |
e- i « D n 5:
n . i . v 2 £ SIR“ 4
. « = as a! RN
h R £ ö B Pi on
Di . x
} 5 N Ar * * %
zZ ; £ * I
\ S De N >
“ S Q AS en \ „ ve] |
S .
SI . P} I
Pr . er) rt | =) h
, r ;
”. « in h = ;
s 3 x , „ |
Im is Ar Fl un
I} ” ä | A
| \ *
| N n
1 a “ * m” ” Y |
”
| \ 3 I}
[® en 3 A
it z < « 0) 2 \ #'% ;
e ® 9 ‘ % >,
|
> ‘ ‘ \ >; .
ai 5 “ . 8 an | » |
| R > 8 ? 7a /
| = ® “ S
| Drag |
m m. : = |
Zu . !
| Ne 1)
Pt |
I} 1 |
1}
|
|
|
N . = = 7 |
s RE. ar = |
» ad 2 2 £ |
u s i
i , “
a s ® u z u
n 3 + I re lilere D>
y . N BE Pr 2er m > }
i u je Kr Y
| ' I .. RS Z\ «
| = x ’
N “ =c |
“ r g x |
- } . x J
* 5 ü . x I \
>> ”
“ Pr ‘
| * [ 2 S .
D - kr |
”r * , ”
“
[} « \d . |
* " Pr a R
.
» ”
E |
Be”
a > ; > ) |
= Y I 2% |
r °
. in 1 |
‘ .r 3 y |
» al A . \
t ng “ * “
u ” u id . . <
" * En
& na
„ 2 er
» . - |
| = 1 s |
| ® S . S BR BN nn
| : = h FE LE: I _ ae
Bi
PR - "r |
S N |
\
£ u
nee 4 I dAFAESE
u ß "Zeitschrift fmiss. Zoologie Bd. 1ATZ
“fg. 20.
Ovarı E 1ig.30.
a
Fig. 18.
OvanıD. \
Fig.9. £
„ OvanyB: ff
Fiy.10, | \
ATT |
gelmanınBeipaio,
Du.
ui ee en lt ne ar F =
en Ede ee u u u a
Fr rn ee tt eu KT a er rn
Zeitschrift f. wiss. Zoologie Da. XXI.
N 7. Fig. 49
‘ # Syn on .
" e r H * ._5b N
+ . 7 E3
* ’ * * -
e a ” 3 Bi; i
. Fig.60
1 60 „mn. 0007
a. Pıq.tB. b
. Er A
ig er 4 e FA |
U [977
Roy Frg.61.
: h
Frig.50 62
7 P1 8 >”
fü 19.63.
4.
I: -_/
ULQ.SOl.
A
b
DER £
Fig.6%.
A b
en
Tr r 67 .
U1g. 94 2.305
b *
LI, on D
[T(. 08 . = a
/ U 52 23, ad
yvn }
iv } Ftg.63.
Fig 39
c .i -
2 n FAR
63 u
DAN 5, ern} Zar.
53 F'rtg. 26 -
F
F1g.67.
54
(d) ırvl = B =
n IS
. En Fig.68. S 5
3 gi
gr %
. P 20
’ v v
56 5 =“ >
, : -
OvarvH
U.
I
Bw
Tat.
N
mt
nn =
SH S
We
"m
wor
A ee Br ee m — == — == eg x art 2x ee —
mu = ae er ae en u
= — = -
RN |
& |
uw |
>. o n |
z Sach) ön
>" { > | |
[9] 3 g
x % | ) “ alloltlal |
2 & "es Ei, |
vr = er =
ERRN |
3 So. ; |
©," “ |
S, > -
N 5) ? Q |
n ; |
N S |
Rh NS |
„en 3 |
eT N
nt
) |
a |
07
vs
N
\ u.)
Az Wi; e! |
“ 3 |
|
} I .*\ e= ? |
| ) ee |
[1 \g |
fi |
-
u. |
« Sn |
& PER t I Ö
# u . >: nn
« 7 NL ® ” ’
. 2 &
* e ” ka R
a) P 2 N *
’ f am » 2
; |
. : | |
“ . gr I |
&) |
. .. an ‚| |
* h
. .. F N S |
“
“ ä E
. ” a
a u)
Ty S ” N j
Y, 23
X © e a
nn. . |
i ‚Sy m » 1}
%. ;
| 5 Ss R |
* ‘ ”».. > |
»” k B 2 |
S h .
“ z \ |
’ [7 nd .. in N ä ü
RN n " => . N ‘ e Sy] |
: } 2 e n [2 [07 s |
DI; un | ? N » en J e ]
SL Ds nn. . j |
R = “ - B
n «SI ni Se BSN I . . » |
” = =) EN . |
N AN I Fi
> X ER
” > |
N . £ 3
f : a Ye |
u
b
|
|
|
[al
]
5 .
.
> .
3 Se
. |
a = |
N |
an)
N
I |
Pin n a Fr |
{} “ An ik |T
E %)
| > Ru a\ | f
Ce) \ "Bi
A Be | L
> nanen® 1 ai
N I) n H
N "RA | |
5 © fa Bi 1.5
on 1; Hl H
N - sr h. h 3
}
|
ler
j
j
IRRE
Ovaryil.
3)
]
|
f 208
Du hr er ER me
At :
ubngelmanım La
> &
De
_ mn m mm ne nn nn
u
sur
E
P-,
k x
‚Wilheho Engelmanuı inleiszig. 5 „Atk Biss Ih
FF
Zeitschrift f. nn
iss. Zoologie Bd. JAN.
Ur «* be En
RnB u
Hot: |
IE: AP, >
IF. Fig. 3.
“= a
%
6
5 * id |
HN « ): 6)
D) \ «Z,
® SCHERE A
je a |
3 a It 1
Xu
BER Al) >
Kal N
> b .. “
UHNNS ne )
NG \@ k
» LE N
Y 7 P ? [2
ze f
le ’®
x { sh
® _
S) R
x 6 1
N
NE
Fıg.4
Ce
R 7a) BHIBHER
® #
Z . RR, « r N
5 ED Aller a OR
(4 = |
\ weis P ww
ıS wre s ]
| r ra W
jet | v pP}
— ER _4
b AROR
OvarvA
Tr.’ N <=
I1g.6.
- Zr
IV - AR N
Fıd.2 R Fun
I „> \
C a -
>> * \ tm
u \ “ s bu
\s
27 9 ds 5
a RN © «
5 i ® .* “
® 17:
ec = * 2.7.
| »
nn Et x ER
a 2 .-d * % = f Ei SL x
GC nn “
cc 2 en & .-& }
# ‘ "
LAN, eo es Y - NUR
\ » n } N
Ben
Fig: 1.
72 I
® 5 EN
N‘
18 #]
A \v PER,
& Y ) ı FAND
US 7 ‚ Trts 7
PN AI ——ı
£ YL- ir Fig. 19
\ T
\ # ./
7 f}
\ ( )
= > . re)
in }
y E23 u aYy
| Ne
lese x
. I yıorn «
PL: I. I'1g. 10. Fig.13.
k 12 5
Cl [5
» vr.
° % GÜPEEN
“-.% EEE ARE: ] a
N 4 gen ® % kit or IM \
ii .8 | N } I
.. nd ” % fr tt\ „ I SE
I “ [) ‘ s |
Fig.th. N i y i
» Fig. 16. Fig.17
+ : >
Re 1 La
} e A ® . a x 1° x)
7) % TC ‘ 3 ®
.s.* & ® ® , fi
er nn H en
.0% = }
R a
= RL, % ur
% es
ee... % )
D
.s
Fig. 18 Fig. 793
& &
u L) ar
d Rn E24 ur
\ 7 =
. 0 Fig.20
®, h ” » in g
° A ar =>
TE E Ta >
+ KEN
= I%
< > 5% Fig. 92
a ur
b
[04
g
i AM -
a. ESS Rohe
33 A IE =. 1 . Reed mA
. SEEN Fig.2:
ef DIN:
R SÄNEAA N oıN9
| ) = \M N je&
DENE x a
/ G = Fr
| ÖT MN Rz \ / Kg
S 2 \ IR > | di
. - = N x en )
H | I / \ —
\ + J 7 I z @ N N
2 . = .X
ED y \w N Sy 8 en
2 “on 4 N_ tr 4 2
1K
FE
. & 4
8
..®
.
.
y, . 5
T
adı
A =
gr 4 “
a" =
°‘ ‘x
>
‘ * a
’ #
..*
a
>
}
\
3
in >
“N.
Jr
= r.
=
=
Mer v N /
)varvy (
\
I
»
Gg, %
k
> .
3 4 a
» 2 fi
Fig
I£
D
Zeitschrift K wiss. Zoologie Ba. INKL.
OvaryA :
Tig.S.
ZU UT 77
IN REED - ST > DI TE
Zeitschrift T. I01SS. Zoologtt Bd. DAAAM.
>
w
\
wi
N
14
LIT
A = Ar x
%
= > B 6° „ie
x ne. Seresa®
y - . x
h A .
Z ; .. + ..
e > VU S% A 2
, = v . er
ü 5 - ®
.”.
ie gr
>= AR a A »
.e 0; .
3: 7 < k
.', er
_ ’ d zo .
N‘, x 2 A
= I ®r 3 >
ON
> = 5 ar x
’. s \ >
704 { ; % N
; ©
RS _
ae @
. —
, E >
7 ? 7 - s
d
: 2 = = ...
F I. Er %
00 I 8
2 “+
;s
. Ber >
“ P} f} :
= ”
ly7 20
. F1LG.3SI.
Ir = A
> re Z 7
Fe :
PR SE,
2 »
= 5 .
> “
‘
(//)
a
.
“ v RS A |
Zi 5 3 Tg fr |
ER |
00 }
\S Y
» 3
DR N “
00 2 2
mn
-n
20 F Lg. II -
b |
NE 4: ry
Frg.50. ig. D#
UvarvG
Fig. 52.
I;
\ b Ü |
n f : N BER IL. b Fig. 55
00.17 \ : za /
\ =: ; |
G 00 ar = |
> B h
Na
=_...00 zei |
aunmleipzi
Den
Zeitschrüft 1 iss. Zoologie Bd. LANZ.
71.30.
Ovary F
200
1
DX
u
Mm
Zeitschrift £- wiss. Zoologie Bd. LAXNN.
—
Salınq ger. Verlag vor. Wilhelm Engelmann ın Leipzia 1 ‚Zieh Anst w Johannes Amıdz, Jena.
s Es r m EEE TE En ET nn BR ee un
a rn nn Tr ERREGT nme nn ee ee ee A
un — — on nn nn nn nen
S S
Een
a
a ——
nit
Mes
lat: XV.
"Joharuies Arndt, Jena.
Zar te
| BI FL |
ce 3
eg &
FR ES
3
{®
x
£
N
®
®
% 5 E ) «
Ä
SZ-- Sn ul.
Zeitschrift F wiss. Zoologie Bl. L.XKIW.
Ze
Salını gez
Verlag vor Wilhelm Engelmann vn len.
Zieh Arstw Johannes Arnalt, Jerun.
wm ww
— >
ER TEEN
U Er za Dr
TA BENZIN
ERENTO TE ER
dl
d
k
De D
llE D
k
J
IUIER)
7
RE
VIS3. LU
I
NEEREENGEE
AL
am
p
dL
de
u nie une nn nn tn
b -
Be
AN
*
Taf
Be
BE
[APTER
dt, Sera.
An
ES AFTO
U
4 Joh
h.Ansi.ı
4
C
Un
Taf XIX
Zeitschrih Fiss. Zoologie Bil. ANNM.
Fig.8.
Zi Anstw Johannes Arnd, Sera,
ADzg,
Wilhelm Engelmann vr.)
Verlag von.
r
r
d
af’ X
I
nn ent m E23 Be
art
ug
am
nrm
r
AT LLTERE
a rg u St
Sr, en Ei en. en te a Peer 7 we 01 PR Tee nn
ER „i a > > —< a
“
0 IS
S S NS
© D [= ‘
S 2 ip}
l y' N
! / \ \
! \
-
Nr
UC
blm
h
> Zu nn
5
d
>
era EEE, '
en 1
’
Zeitschrift P wiss. Zoologie Ba. LAXM.
rn
mem
Use Zu
bm
mm...
bg
de
Fiq.1.
Jos. Müller de),
Verlag von Wilhelm’ Engelmann vr Keinzig
Lith Anstw. Johannes Arnılt, Jena.
Zograf. DIR
Verlag von W
2 EA
Mr
a
#
ann in Leipzig.
r E
v4
Z Ei .
ograf.
ei
rla
Verlag vo)
IT
Wili
'hel!
m Engel;
man
ni
n
Lei;
Ipzi,
zig.
ee Te
Bd. EXRXKAVT
ve:
Zoolog
Zeitschrift f. wiss.
I
Ss
a
&
=
S
>
RECHE
mann in Leipzig.
Taf. XXL.
Zograf.
8
male
4
H
Verlag von Wi
Zeitschrift f. wiss. Zoologie. Bd. DRARXVL
Fig EN
Taf, XXIII.)
SEE
4 Hr X h
K > Z.eX
Zograf. :
Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig,
LXXXVI.
Da.
ve.
Zeitschrift f. wiss. Zoolog
er
RS
So
S
89
ZI
—
IS
>
ann in Leipzig.
Taf. XXI
w
V.
Fon
325
Bi Et
ß - Re \ an ——n
Zograf. = Engelmann in Leipzig.
AH
re
f)
ee a &
>
ON ten unge ——
ur
Zeitschrift f. wiss. Zoologie Bd. LXAXVI.
Lith.Anst vE.AFunke ‚Leipzig.
AVZ
Taf. XXV
EEE EEE ET EN
TihAnstvEAFınleTepäg.
‚Bxgelmann in Leipzig.
u
Verlag vWilhe
| Zeitschrift f- wiss. Zoologie BA.INXNX
f
Zeitschrift f. wiss. Zoologie Bd. LXXXVI.
=
es >
Z Dan
EZ e\-
E i an
/ e >.
U Yu
a, &
|
es
se
a \e /
nn \ wi KB ;
& aa
N Nele
[> R\ RU
i 27 DATA
ds” ER
Taf: XXVI
DORT
Onsalsdn eure nsa ae=
BROT EEE ET Tnn, .
"Bono nen n 0.0020 2m
ER EEET
“000. Fee en en
ei -—.
-„-.-„......
/
* .unsennett,
Oanasnnern" \
aD EI ZA
RS onternnrr
Minleipzig. LithAnstv.E.A Furkel, ipziq.
Zeitschrift}: WiSS. Zoologie Bd. LXNAVI
___ Taf XXPL
_—
—, ?
ee N
Iilh.Anstv.E.AFımkeLeipzi.
Verlag vWihemEng elmann inTeipzig
u
Zeitschrift f. wiSS. Zoologie Bd.LXXXVW.
„BR, DR
2 do e « { 5
ML
FR
Dt an
B AN r
[723
f
PR
\
ae \
IT LLEIET
@,28\
Le ee Pr en a
er Verlag v Wilhelr
0
4 Bey u ı
in leip zig j : LithAnstvE.AFunkeleipzig
v0,
Verlag v Wilhelm Engelmann in Leipzig
GLH
Gıux. 70.
Zeitschrift J. wiss. Zoologie Ba.LXXKVT.
ee
Verlag v.Wilhelm
Q
STEHEN NR ea
ee FE, / NE ES BSTR
\8 R
i U
EIN,
SERIEN
zu IND, ;
a > N
IS HT an
=
Zeitschrift f. wiss. Zoologie Bd. LXXXVI.
Taf: XXVHI,
Zeitschrift 7. wiss.Zoologie Ba. INXATZ
TinhAnstvEAFunleTepag
Verlagv Wilhelmngelmann inTeipzig,
a ne
Zeitschrift [. wiss. Zoologie Ba. LXXXVL
ür
br? 5 At %
# GEILE 2 RER
oc
BETT
5% EN
i EN)
298,
ER. DS
an
Ku
Sol)
2
> ‚2 le
sl
Lith AnstvR.Afımkeleipzäg
Zeitschrift Swiss. Zoologie Ba INNXUL.
St.Kn.
Verlagv Wilhelm ingelmann inleipzig,
==)
= YMST:
Zeitschrift S. wiss. Zoologie Bd.LXXXVI.
m
J
Lith AnstvE AFunkelleipzic
x
inzig.
le
=
in
D Fazer genmona nn,
EEE RR N ge a win. rVaerÄha me ARTNIRLUN chrernsnmininienere ren X
rlaq v Wilhelm Eng elmann
<=
ve
Zeitschrift fwiss.Zoologte. Bd. LXAXI.
Mr2-£
JH Zn ae
Pr
er
:g
AT.
A
VER X
Os
SQ
16
7
>
2
/0
26
28
N
—#
{ \ nn —— Mr?
73
N
= —__
38
en et
Zeitschrift Kwss.Zoologie. hd ZN ER = ) TOENNM.
ALIEN ENTE
N
&
NT aha
VI RBNGEN 7E!rnann, Teinzig
>
Da. LAXXTV1.
Zeitschrift f. wiss. Zoologie.
Verlag von Wilhelt
Taf. XXX.
—
Ela
Lichtdruck von C.G. Röder G.m.b.H,., Leipzig.
ann in Leipzig.
An >»
LER
riet A
|
|
|
Taf. XXXL.
Lichtdruck von CE. G. Röder G.m.b.H. Leipzig.
Verlag von Wilhelm/Engelmann nein.
Zoologie. Bi. LXNXXTI.
Zeitschrift f- wiss.
re
UELI IL
ER RI IHN N | 9088 01316 6327