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Full text of "Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie"

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Zeitschrift 


für 


WISSENSCHAFTLICHE ZOOLOGIE 


begründet 


Carl Theodor v. Siebold und Albert v. Kölliker 


herausgegeben von 


Ernst Ehlers 


Professor a. d. Universität zu Göttingen 


l 8 en Lu ; 
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Sechsundachtzigster Band 


Mit 32 Tafeln und 121 Figuren im Text 


LEIPZIG 
. Verlag von Wilhelm Engelmann 


1907. 


Inhalt des sechsundachtzigsten Bandes. 


I INNANNNN 


Erstes Heft. 
Ausgegeben den 26. Februar 1907. 


E. Martini, Über Subeutieula und Seitenfelder einiger Newatoden. II. 
Be III m 2, Re. im best.) 0200 ae ee, 
Theodor Viefhaus, Die Entwicklung der Ringelnatter (Tropedonotus natrıix 
Boie) nach Ausbildung der Falterform bis zur Erhebung des Proamnios. 
NEBEN VI u..8 Big. im.'Rest.). Jar une. 2. 
Otto le Roi, Dendrogaster arborescens und Dendrogaster ludwigi, zwei 
entoparasitische Ascothoraciden. (Mit Taf. VII u. VIIL)...... 
Otto Steche, Die Genitalanlagen der Rhizophysalien. (Mit Taf. IX—XI 
u. 3 Fig. im Text.) 


Zweites Heft. 
Ausgegeben den 22. März 1907. 


_Wm. $. Marshall, Contributions towards the Embryology and Anatomy 

of Polistes pallipes. Il. The Early History of the Cellular Elements 

of che Ovary. (With Plate XII—XIV.).. ....... ER. A 

Wm. S. Marshall, The early History of the cellular elements of the Ovary 

of a Phryganid, Platyphylax designatus Walk. (With Plate XV 

nt AN 2 Ne ee Re A RE 

Theodor Saling, Zur Kenntnis der Entwicklung der Keimdrüsen von 
Tenebrio molitor L. (Mit Taf. XVII—XVIII u. 14 Fig. im Text.) 

Adolf Zwack, Das Ephippium von Simocephalus vetulus Schoedler. (Mit 

2 ig. am, Tesan]e, re ee N 


Drittes Heft. 
Ausgegeben den 7. Mai 1907. 


Werner Marchand, Studien über Cephalopoden. I. Der männliche Lei- 
tungsapparat der Dibranchiaten. (Mit 66 Fig. im Text.) ...... 
Joseph Müller, Weitere Beiträge zur Kenntnis der Bipaliiden. (Mit 
PR OR u RR ee u a 
Nicolaus v. Zograf, Phyllopodenstudien. (Mit Taf. XXI—XXIV u. 
2 Brenn Mean) We or ee ee A 


100 


134 


173 


214 


238 


304 


446 


IV 


Viertes Heft. 
Ausgegeben den 28. Mai 1907. 


Paul Fechner, Beiträge zur Kenntnis der Kiemenspaltenbildung der As- 
eidien. (Mit Taf. XXV, XXVI u. 2 Fig. im West 
Walter Richter, Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren. 
(Mit Taf. XXVII—XXIX u. 13 Fig. im ext) 
E. Ballowitz, Die Form und Struktur der Schuppentierspermien. (Mit 
Taf. XXX)... 2022.02 202. oe 
Clara Hamburger, Das Männchen von Lacinularia socialis Ehrbg. (Mit 
Taf. XXXI u. 3-Fig. im Text.). . . . 2 


Hermann Jost, Beiträge zur Kenntnis des Entwicklungsganges der Larve 
von Hypoderma bovis de Geer. (Mit Taf. XXXII u. 3 Fig. im Text.) 


625 


644 


BE iechvift 


WISSENSCHAFTLICHE ZOOLOGIE 


begründet 


Carl Theodor v. Siebold und Albert v. Kölliker 


herausgegeben von 


Ernst Ehlers 


Professor a. d. Universität zu Göttingen 


Dechsundachtzigster Band 


Erstes Heft 


Mit ll Tafeln und 13 Figuren im Text 


LEIPZIG 


‘ Verlag von Wilhelm Zu ung MAR2O 1ebr 
7 | 


Ausgegeben den 26. Februar 1907 


Inhalt 


E. Martini, Über Subeuticula und Seitenfelder einiger Nematoden. II. 
(Mit Taf. T—-III u. 2 Fig. im Text.) ... 2) 222 Des rE 1 
Theodor Viefhaus, Die Entwicklung der Ringelnatter (Tropedonotus natrıx 
Boie) nach Ausbildung der Falterform bis zur es des Proamnios. 


(Mit Taf: IV—Vl u. 8 Fig. im Text.).. . 2 SE 5) 
Otto le Roi, Dendrogaster arborescens und Dendrogaster ludwigi, zwei 
entoparasitische Ascothoraciden. (Mit Taf. VIlu. VOL)..... 100 
Otto Steche, Die Genitalanlagen der Rhizophysalien. (Mit Tat. IX—xI 
u. 3 Fig. im Text) .„ u... 002 2a 134 
Mitteilung. 


Beiträge für die Zeitschrift bitten wir an Herrn Prof. Ehlers 
in Göttingen einzusenden. Im Interesse einer raschen und sicheren 
Veröffentlichung liegt es, daß die Manuskripte völlig druckfertig 
eingeliefert werden, da mit nachträglichen Einschiebungen und aus- 
gedehnten Abänderungen während der Korrektur Zeitverlust und 
sonstige Unzuträglichkeiten verbunden sind. Bei der Disponierung der 
Zeichnungen ist darauf zu achten, daß der Raum des in der Zeitschrift 
üblichen Tafelformates nicht überschritten wird. Für Textfiguren 
bestimmte Zeichnungen sind auf besonderen Blättern beizulegen. 


Die Verlagsbuchhandlung Der Herausgeber 
Wilhelm Engelmann. Ernst Ehlers. 


Die Herren Mitarbeiter der »Zeitschrift für wissenschaftliche 
Zoologie« erhalten von ihren Abhandlungen und Aufsätzen 40 Sonder- 
abdrucke unberechnet. Weitere Exemplare werden auf Wunsch 
gegen Erstattung der Herstellungskosten geliefert unter der Voraus- 
setzung, daß sie nicht für den Handel bestimmt sind. 


Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig 


Festschrift 
für Georg Eduard von Rindfleisch 


Unter Mitwirkung ehemaliger und jetziger Assistenten, Studien- 
genossen, befreundeter Fachkollegen und Verwandter Rindfleischs 


Soeben erschien: 


Herausgegeben von 


Dr. Max Borst 


Professor an der Universität Würzburg 


Mit 21 Tafeln und 38 Abbildungen im Text. Lex. 8 4 60.—. 
Hieraus erschien als Sonderdruck: 
Die Legende von der Altertumssyphilis. 
Von A. von Notthafft, Privatdozent und Spezialarzt in München. gr.8. NA— - 


Über Subeuticula und Seitenfelder einiger Nematoden. 
Von 
E. Martini. 
(Aus dem zoologischen Institut in Rostock.) 


1. 


Mit Tafel I—III und zwei Figuren im Text. 


Pseudalius minor. 


Daß die lange Zeit, die bis zu dieser Fortsetzung meiner Arbeit 
verstrichen ist, nicht auf Materialschwierigkeiten beruht, wird der 
Leser nach dem in der Einleitung Gesagten wohl annehmen. Mit 
solchen habe ich auch tatsächlich nicht zu kämpfen gehabt. Eine 
Phocaena communis, die dem zoologischen Institut auf mein Ersuchen 
in der liebenswürdigsten Weise von der hiesigen Firma Wendt u. Co. 
zur Verfügung gestellt wurde, enthielt besonders in den häutigen Sinus 
des Kopfes große Mengen dieser Nematoden, außerdem in den Bronchien, 
hier neben Pseudalius convolutus;, beide Formen trafen sich auch in 
der Nasenhöhle und der Trachea. In Knötchen der Lunge fand sich 
Pseudalius tumidus nicht selten. Von Pseudalvus inflecus wurden nur 
zwei noch nicht geschlechtsreife Individuen gefunden. Die Embryonen 
von Pseudalius nıinor, die fast jedes @ in größerer Menge aller 
Stadien enthielt, ließen sich bei der Durchlässigkeit ihrer Eihüllen 
mit allen von mir verwerteten Fixierungsflüssigkeiten leicht und, so- 
weit ich bemerkt habe, ohne schädliche Veränderung der Struktur 
fixieren. Angewandt wurden in erster Linie Sublimat, Sublimat- 
 essigsäure, ferner Sublimat- Osmiumsäure, FLemminssche Mischung, 
Pikrinessigsäure, endlich Goldcehlorid. Auch in den in toto mit Su- 
blimat oder Sublimatessigsäure konservierten Weibchen zeigten sich 
die Embryonen bestens erhalten. 

Die Methode, deren ich mich jetzt zur Herstellung von Total- 
präparaten bediene, möchte ich hier kurz erwähnen. Sie ist der bei 


der Anfertigung mancher Blutpräparate zur Anwendung kommenden 
Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. al 


2 E. Martini, 


nachgebildet, vgl. Schaunınn, 19031. Der Uterus mit den zu unter- 
suchenden Stadien bei sehr großen Tieren, bei kleinen Nematoden 
ein oder mehrere ganze Weibchen, werden in einer Spur physio- 
logischer Kochsalzlösung auf einem Deckgläschen möglichst fein 
zerzupft, der Inhalt des Uterus bzw. der QQ wird mit den Nadeln 
recht gleichmäßig über das Gläschen verteilt und dasselbe dann, 
wenn an den Rändern des Präparates sich Eintrocknung eben zu 
zeigen beginnt, mit der Objektseite auf die Fixierungsflüssigkeit - 
fallen gelassen. Es gerinnen dann genug Eiweißbestandteile, um die 
Mehrzahl, besonders der einzeln liegenden Embryonen am Glase zu 
befestigen. Diese Befestigung beweist sich auch bei direktem Über- 
sang in 50°/, Alkohol als dauerhaft. Wie die Fixierung auf dem 
. Sublimat, so werden Färbung usw. auf den betreffenden Flüssigkeiten 
vorgenommen. Erst das in Xylol aufgehellte Objekt kommt auf den 
Objektträger mit ein paar Haaren gestützt auf Balsam. Eine Anzahl 
Objekte geht natürlich verloren, oft erst im Alkohol. Es sind dies 
vornehmlich größere Stücken Leibeswand oder Uterus mit den in 
ihnen noch enthaltenen oder ihnen anhaftenden Objekten. Das ist kein 
Unglück, da, abgesehen von den im Uterus eingeschlossenen Objekten, 
deren Bilder natürlich weniger scharf sind als die der freien, auch 
die umliegenden Objekte meist nicht der Beobachtung günstig sind. 
Denn um diese größeren Teile wird durch Adhäsion Flüssigkeit an- 
gesammelt, und die ausihrreichlicher niedergeschlagenen und gefärbten 
Eiweißteile können recht störend sein, während bei den dünner ver- 
teilten Embryonen derartig gefärbte Niederschläge mir nie störend 
geworden sind. Man entfernt daher gut die größeren Gewebeteile 
zum Teil. Allerdings muß noch ein Verlust erwähnt werden, der 
störender ist. Wie leicht verständlich, reißen sich alle aus der Ei- 
hülle bereits freien Embryonen, die durch den schon kräftigeren 
Chitinpanzer vor raschem Tode mehr oder weniger geschützt sind 
von der losen Anheftung ab und sinken unter. 

Derartig hergestellten Präparaten fehlt natürlich die Rollbarkeit 
der nach dem Boverıschen Verfahren hergestellten. Es ist das für 
das Studium vom 12zelligen Stadium aufwärts bis zur Differenzierung 
der dorsalen Ectodermzellreihen ein bedeutender Übelstand, bei allen 
Objekten, die keine deutliche Placula ausbilden, während bei letzteren 
die gut orientierten Präparate zahlreicher sind, sich auch sehr deut- 
lich von den andern unterscheiden. Für die uns interessierenden 


1 Studien über krankheitserregende Protozoen. II. Plasmodium vivaz. 
Arbeiten k. Gesundheitsamt. Bd. XIX. 


Über Subeutieula und Seitenfelder einiger Nematoden. II. 3 


Stadien spielt dieser Fehler kaum eine Rolle. Sind doch genügend 
Objekte in allen Stadien und in allen Orientierungen vorhanden, 
letztere auch meist leicht kenntlich. 

Man kann nun natürlich auch die Fixierung in derselben Weise 
auf einem Objekträger vornehmen, indem man ihn mit der Ausstrich- 
seite etwa 3 Minuten auf ein Schälchen mit Sublimat usw. hält, 
dann umdreht, vorsichtig untertaucht und auf den Boden des Schäl- 
chens legt. Hat die Fixierungssflüssigkeit lange genug eingewirkt, so 
kann der Objektträger wie ein mit Schnitten beklebter weiter behandelt 
werden. Es ist dabei natürlich zu berücksichtigen, daß man die 
Stütze des Deekglases sehr dünn nehmen muß, wenn man stärkste 
Immersionen verwerten will. Vielfach besorgen allerdings zahl- 
reichere Trümmer des mütterlichen Organismus den Schutz der Em- 
bryonen vor dem Druck des Deckglases in einer allen Anforderungen 
entsprechenden Weise. 

Die Hauptschwierigkeit, die Pseudalius minor im Gegensatz zu 
Cucullanus bietet, ist die weit geringere Differenzierung der Kerne 
und Zellen für die einzelnen Organe. Dieselbe ist besonders an 
Totalpräparaten recht erheblich. Erst dem mit dem Objekt be- 
kannteren Auge gelingt es, die Unterschiede leichter zu erkennen, 
so daß sich ein Bild der Gesammtanordnung der einzelnen Kernarten 
sewinnen läßt. Wenn sich nun auch das, was ich sah, natürlich 
zeichnen und meine Anschauung über diese Vorgänge sich an solchen 
Bildern demonstrieren ließ, so fürchtete ich doch, daß denselben 
beweisende Kraft fehlen würde. Ich war daher sehr erfreut, daß 
die einschlägigen Verhältnisse auf gut orientierten Schnittserien recht 
deutlich hervortraten, so daß ich wohl hoffen darf, durch die Ver- 
wertung beider Arten von Darstellung Überzeugendes zu bieten. 

Auf eine zweite Schwierigkeit stieß ich bei dem Versuch, in den 
Präparaten die Zellgrenzen deutlich zur Anschauung zu bringen. 
Schon durch die geringere Aufblähung der ectodermalen Zellen fehlt 
das charakteristische Relief, das die Cucullanus-Embryonen, besonders 
in jungen Stadien, auszeichnet und ihr Studium wesentlich erleichtert. 

Es ist mir weder mit Alaunkarmin noch mit Hämalaun gelungen, 
die Zellerenzen deutlich zu machen. Präparate mit Chlorgold miß- 
glückten, Präparate nach HEIDENHAIN gaben keine für unsern Zweck 
brauchbaren Resultate, ebensowenig Osmiumsäure in verschiedenen 
Mischungen. Immerhin ließ die Alaunkarminfärbung einiges über 
die Zellgrenzen erkennen. Auch ein mit Osmiumessigsäure fixiertes und 
mit Alaunkarmin nachbehandeltes:Präparat erwies sich als brauchbar 

1* 


4 | E. Martini, 


Zur Schnittfärbung verwendete ich Alaunkarmin, Hämalaun und 
Chlorgold. So schöne Resultate, wie mir letztere Methode in bezug 
‚auf manche histiologische Einzelheiten bei Schnitten durch erwachsene 
Nematoden ergeben hat, so wenig bin ich mit ihren Leistungen bei 
Embryonen zufrieden, besonders die hier häufiger als sonst auftreten- 
den Niederschläge stören ein klares Erkennen der Kerne. Die besten 
Sehnitte waren die mit Hämalaun gefärbten. Nach ihnen sind alle 
Schnittbilder gezeichnet. Sie gaben eine sehr präzise Kernfärbung. 
Bei der sehr geringen Mitfärbung des Plasma waren die Zellgrenzen 
allerdings nur angedeutet, in denjenigen Teilen, wo die einzelnen 
histiologischen Elemente sich dichter drängten, oft überhaupt nicht 
kenntlich. Ich hoffe jedoch, daß der Leser den Verlust, der dadurch 
bedingt ist, nicht allzuhoch anschlagen wird, wenn auch hauptsächlich 
deswegen Stomatodäum und Enddarm aus der Besprechung ausfallen 
müssen. Doch nun genug der Vorbereitungen. 


Vorgeschichte. 


Was ich von den ersten Entwieklungsstadien unsres Objektes 
beobachtet habe, entspricht durchaus dem, was über andre Nema- 
toden bekannt geworden ist. Eine Blastulahöhle habe ich allerdings 
weder auf Totalpräparaten noch auf Schnitten wahrgenommen. Die 
Gesamtform junger, etwa 932zelliger Embryonen erscheint stark 
dorsoventral abgeflacht. Nachdem die ersten Entwicklungsvorgänge 
bis zur Bildung von 16 Blastomeren verlaufen sind, ohne daß sich 
eine Abweichung von entsprechenden Stadien andrer Nematoden 
gezeigt hätte, tritt diese Abflachung auf. Dieselbe ist zwar hoch- 
gradiger als bei Ascaris, wohl infolge des Fehlens einer Furchungs- 
höhle, erreicht aber nie den hohen Grad, wie bei Cucullanus. Vor 
allen Dingen tendiert sie nicht zur Bildung einer echten Plaeula. 
Zwar habe ich auf optischen Sagittalschnitten und an auf dem 
Rücken oder Bauch liegenden Objekten mit etwa 30 Zellen den Ein- 
druck gewonnen, daß sie eine nur zweischichtige Zellplatte dar- 
stellen. Aber das liegt eben nur in dem Fehlen der Furchungshöhle, 
wie der Vergleich mit Bovkrıs Figur gleichaltriger Stadien zeigt. 
Etwas ältere Embryonen (um 50 Zellen) scheinen aber bereits, 
vom Rücken betrachtet, aus drei übereinander liegenden Schichten 
zu bestehen. Ebenso scheinen die MSt-Zellen nicht später eingesenkt 
zu werden, als bei Ascarıs, wenigstens wenn man aus der Gesamt- 
zahl der im Inneren liegenden Zellen Schlüsse ziehen darf. Doch 
erscheinen auch diese Stadien infolge des Fehlens jeglicher Höhle 


Über Subeutieula und Seitenfelder einiger Nematoden. 1. 5 


wesentlich flacher. Bald jedoch reichten auch drei Schichten nicht 
mehr aus, um alle vorkommenden Kerne unterzubringen, ja an einigen 
Stellen finden wir endlich fünf Kerne übereinander, wenn wir lang- 
sam den Embryo, vom Rückeu nach dem Bauch absteigend, durch- 
mustern, und das auf Stadien, auf denen sich noch reichlich Zell- 
inzen finden, auf denen also der Cucullanus-Embryo noch völlig 
zweischichtig et 

Auf manchen derartigen Stadien erkennen wir auf der einen 
Seite Schichten größerer Zellen; besonders eine, die zu oberst ge- 
legene, zeichnet sich durch den Umfang ihrer Elemente aus, während 
die gegenüberliesende aus zahlreichen kleineren Zellen zusammen- 
gesetzt ist. Einen Querschnitt durch ein solches Stadium zeigt Fig. 42, 
das Ausgangsbild unsrer Betrachtung. Wir sehen hier genau wie bei 
Oueullanus die etwa in der Mitte des Durchschnitts gelegene, noch 
nicht rein zweizeilige Mitteldarmanlage mit den unter ihr gelegenen 
beiden Propagationszellen (GA) ventral und seitlich von einer Rinne von 
Zellen umfaßt, die sich im Querschnitt etwa hufeisenförmig ausnimmt. 
Dies hat ja bereits Lısr 1895 bei Pseudalius inflexus erkannt und 
abgebildet, wenn er auch den Schnitt verkehrt herum orientiert. Um 
Mitteldarmanlage und Halbrinne legt sich dann noch ein äußerer voll- 
"ständiger Zellmante. Wenden wir hierauf die bei Cucullanus ge- 
wonnenen Begriffe an, so finden wir auf dem Rücken unter den fünf 
obersten Zellreihen in der mittleren die Dorsalreihe (D), in den rechts 
und links anschließenden die Lateralreihe (Z), in den dann folgenden 
die Ventralreihen (@) wieder. 

Das vorliegende Stadium würde etwa der Fig. 30 in meiner Arbeit 
von 1903 entsprechen und dem Totalpräparat Fig. 271. Es geht dies 
vor allem aus der Stellung der Kerne der beiden Dorsalreihen hervor, 
die hier noch nebeneinander bestehen. Beider Nuclei liegen nämlich 
nicht nur auf diesem Schnitt, sondern auch auf den benachbarten in 
der Medianlinie dicht neben- oder bereits hintereinander. Es findet 
hierin das Überwandern der Kerne seinen Ausdruck, das für Oueul- 
lanus in Fig. 27 dargestellt ist und, wie wir sahen, zur Verschmel- 
zung beider Reihen führt. Was aber beide Bilder völlig unterscheidet, 
ist die große Zahl der Kernteilungsfiguren, die uns zeigt, daß die 
bei Oucullanus so streng zeitlich getrennten Prozesse der Furchung 
und der Bewegung des durch sie gebildeten Materials an den Ort 
seiner späteren Bestimmung hier ineinander greifen. Die Zellver- 


1 Im folgenden werde ich die Figuren meiner Arbeit von 1906 ohne weite- 
res mit der laufenden Nummer zitieren. 


6 E. Martini, 


lageruug beginnt der Furchung gegenüber bereits viel früher und 
wird noch viel länger von ihr begleitet. 
Verfolgen wir nun das Schicksal der einzelnen Zellgruppen weiter. 


Genitalanlage. 


Die Geschlechtsanlage besteht hier, wie bei Cucullanus, nur aus 
zwei Zellen, die sich aber im Gegensatz zu dem dort Konstatierten 
deutlich von den übrigen Zellen des Embryo unterscheiden. Ihre 
Kerne sind schon jetzt die größten des ganzen Embryo, und ihr 
Chromatin ist spärlicher. Es ist in kleinen Brocken angeordnet, die 
sich fast alle an die Kernmembran anlagern. So treten diese Kerne 
auf jedem Schnitt, der durch ihre Gegend geht, als große helle Nu- 
clei so deutlich hervor, daß sie kaum zu übersehen sind. Es ist das 
betreffend die Orientierung eine sehr erwünschte Tatsache. Beide 
Kerne liegen meist nicht genau symmetrisch, sondern es liegt der 
eine meist etwas weiter vorn, besonders auf jüngeren Stadien, als 
der andre, so daß sie auch auf Sagittalschnitten nebeneinander zu 
liegen scheinen, vgl. Fig. 40 von einem nur wenig älteren Stadium. 
Diese Lage behalten die beiden Zellen bei, vgl. die Querschnitte 
Fig. 44, 46, 47a, 49b von successive älteren Stadien, und den Sagit- 
talschnitt Fig. 37. & 

Die Vierzelligkeit der Gruppe habe ich nicht beobachtet. Bis 
zum Beginn des Stadium 31 schien sie mir nur aus den beiden be- 
kannten Elementen gebildet, die späteren Stadien habe ich auf Total- 
präparaten nicht studiert, doch habe ich aus den Schnittserien den 
Eindruck gewonnen, daß sich der Aufbau der Genitalanlage während 
der Embryonalperiode nicht verändern dürfte. 


Mitteldarm. 


Wie bei Cueullanus charakterisiert sich die Anlage des Mittel- 
darmes bei Pseudalius immer durch große, etwas hellere Zellen. Da- 
gegen finden wir von seiten der Kerne nichts, was ein rasches Er- 
kennen ermöglicht. Dieselben sind klein in früher Jugend, kleiner 
als die meisten der nächsten Umgebung, die noch vor der letzten 
Furchung stehen (Fig. 42) und erst nach dieser auf etwa gleiches 
Volum zurückgehen (Fig. 45). Immerhin zeichnen sich die Entoderm- 
kerne meist dadurch aus, daß ihr Chromatin feiner und mehr durch 
den ganzen Kern verteilt ist, als in den meisten übrigen Nuclei. (Es 
tritt das nicht auf allen Figuren mit gleicher Deutlichkeit hervor.) 


1 Vgl. im I. Teil S. 743 Anm. 


Über Subeutieula und Seitenfelder einiger Nematoden. IL 7 


Das Zellmaterial, anfangs nicht überall deutlich zweireihig, gewinnt 
diese Anordnung etwa auf dem Stadium unsrer Fig. 44 und behält 
sie dann dauernd bei. Beide Seiten liegen symmetrisch zueinander, 
rechts und links, wenn auch ihre einzelnen Elemente nicht symme- 
trisch gestellt sind. Es entspricht also auch hier das Verhalten völ- 
lig dem bei Cucullanus. Auch in der alternierenden Stellung der 
Kerne und Zellen spricht sich diese Übereinstimmung aus, man kann 
hier demgsemäß auf der einen Seite wieder den ersten, auf der an- 
dern den letzten Kern sehen, während die Zellen sich etwa symme- 
trisch gegen Vorder- und Enddarm absetzen, so daß von einer ersten 
oder letzten Zelle nicht wohl die Rede sein kann. Diese Anordnung 
erhellt, außer aus den Querschnitten, besonders deutlich aus den 
Frontalschnitten (Fig. 38 u. 39), von denen ersterer einem Stadium 
gleich dem Sagittalschnitt Fig. 40, letzterer einem wohl etwas älte- 
ren Stadium als das Totalpräparat der Fig. 35 entspricht. Letzterer 
zeigt auch deutlich die Zahl der Blastomeren, gleich 16. Diese Zahl 
ist hier, wie bei Cueullanus, typisch. Sie ist leicht auch auf viel 
Jüngeren Stadien festzustellen, sei es durch Beobachtung am Total- 
präparat, sei es im Verfolge der Querschnittserie. Endlich treffen 
wir ja auch dementsprechend im Sagittalschnitt jederseits die Reihe 
der acht Mitteldarmkerne, vgl. Fig. 37 u. 40. 

| Wie nun aus den Frontalschnitten deutlich erhellt, daß der Breite 
nach zwei Reihen solcher Kerne nebeneinander liegen, so aus den 
Sagittalschnitten, daß sich der Höhe nach nur eine Schicht derselben 
findet. Aus dem oben Gesagten ist schon erklärlich, daß die Mittel- 
darmanlage über sich auf jungen Stadien nur eine Schicht Zellen er- 
kennen läßt, vgl. Querschnitte Fig. 42, 43, 44. Es tritt das besonders 
auf dem Sagittaischnitt Fig. 40 hervor, der an der Stelle, wo er am 
meisten medial getroffen ist, nur eine Reihe hier kernloser Zellen 
über dem Mitteldarm aufweist. Während aber, wie der Schnitt Fig. 38 
zeigt, auf solchem Stadium seitwärts vom Entoderm sich zwischen 
dies und die äußere Körperbedeckung noch eine andre Zellschicht 
lagert, fehlt diese auf älteren Stadien an dieser Stelle (vgl. Fig. 39). 
Dort stellen sich dann in der Seitenregion die großen Zellen der 
Leibeswand als direkte Nachbarn des Mitteldarmes dar. Auch Fig. 41 
zeigt das (während die ausgeführten Kerne das Oberflächenbild geben, 
veranschaulichen die punktierten Linien die Zellen des Mitteldarmes 
in ihrem Verhalten zueinander und zur Leibeswand). Wie diese Ver- 
änderung in der Umgebung zustande kommt, davon später. Es sei 
hier nur die Tatsache konstatiert, die völlig mit der bei Cucullanus 


S E. Martini, 


festgestellten übereinstimmt. Vgl. Fig. 38, 41, 39 mit Fig. 3, 27 m, 
- 10ec usw. 

Endlich muß noch eine Erscheinung erwähnt werden. Während 
im Anfang die Zellen der Mitteldarmanlage, wie Quer- und Längs- 
schnitte zeigen, völlig den ihnen zu Gebote stehenden Raum aus- 
füllen, so daß sie überall sich den benachbarten Gewebselementen 
eng anschließen, tritt zwischen ihnen und der Umgebung später ein 
Spalt auf (Fig. 39 und Fig. 48 u. 49). Da bereits in Fig. 47 die Um- 
lagerungsvorgänge in der Körperwand (s. weiter unten) beendet sind, 
ohne daß ich bereits eine Lösung des Darmes von ihr bemerkt hätte, 
so wird nicht sowohl die aus der Umlagerung ihrer Elemente ent- 
springende Verdünnung der Leibeswand, als vielmehr ein später auf- 
tretendes rascheres Dünnerwerden der Darmanlage selbst die Ursache 
sein. So sahen wir ja auch die gleichen Verhältnisse bei Cucullanus 
an. Eine Wiederanlagerung der Darmzellen an die Leibeswand habe 
ich hier jedoch nicht wahrnehmen können. Ließen doch erst die 
ältesten Embryonen, von denen hier weder ein Schnitt- noch ein 
Totalpräparat wiedergegeben ist, gerade eben auf Gesamtbildern ein 
spaltförmiges Lumen erkennen. Im übrigen bleibt die Struktur der 
Zellen und ihrer Kerne dieselbe, die Zellleiber strecken sich nur mehr 
in die Länge und werden weniger hoch und breit. Letzteres zeigen 
besonders die Quer-, ersteres die Längsschnitte. Daß dabei, wie bei 
Oucullanus, die einzelnen Zellen zuletzt eine recht beträchtliche 
Längenausdehnung erreichen, braucht wohl nicht erst bemerkt zu 
werden. | | | 

Freie junge Larven habe ich hier nicht, wie bei COucullanus, 
einer genaueren Prüfung unterzogen, doch sehe ich auch hier keinen 
Grund zu bezweifeln, daß die ursprüngliche Darmanlage, deren Ent- 
wicklung wir soeben verfolgt haben, in die definitive übergeht, zumal 
ich nicht wüßte, welche Elemente sie ersetzen sollten, da, wie dem- 
nächst gezeigt werden soll, die umgebenden Zellen schon weit vor 
dem letztgezeichneten Stadium ihre definitive Verwendung gefunden 
und einen gewissen Grad entsprechender histiologischer Differenzierung 
erreicht haben. 


Stomatodäum und Proctodäum. 


Über den Vorderdarm unsres Objektes weiß ich nur herzlich 
wenig zu sagen. Woher er sein Material nimmt, ist mir völlig un- 
klar geblieben. Schon auf viel jüngeren Stadien, als das jüngste . 
von mir dargestellte, findet sich im Vorderende eine große Menge 


Über Subeuticula und Seitenfelder einiger Nematoden. U. 9 


Zellen, und noch auf Stadien, wie sie Fig. 35 u. 40 zeigen, kann 
ich von den einzelnen Zellen nicht genau sagen, ob sie zum Stomato- 
däum gehören oder nicht, wenn sich auch der Umfang der Anlage 
sanz gut ungefähr abgrenzen läßt. Natürlich war es mir dann erst 
recht nicht möglich, ein System in diesen Zellmengen zu erkennen. 
Es mag dies vielleicht an der Ungunst der Objekte liegen, vornehm- 
lich aber daran, daß ich in der Hoffnung auf ein günstigeres Objekt 
und durch eine andre unten zu berührende Erwägung geleitet, mich 
bei Pseudalius minor nicht näher mit dem Studium dieser schwie- 
rigen Verhältnisse zu befassen gedachte. So habe ich mich darauf 
beschränkt, festzustellen, daß auf Stadien, wo der Embryo dreimal 
gebogen ist, der Querschnitt bereits deutlich den triangulären Grund- 
typus erkennen läßt (vgl. Fig. 49«). Derselbe läßt sich schon im 
zweischenkeligen Stadium nachweisen, wenn der Oesophagus genau 
quer getroffen ist (vgl. Fig. 475). Man versteht ja leicht, daß bei 
der Diehtigkeit der Kernanordnung, durch die sich die einzelnen 
Gruppen fast ineinander schieben, eine geringe Abweichung von der 
Richtung genügen muß, den Schnitt völlig unverständlich zu machen. 
Immerhin tritt die Gesamtform des Organs auf dem Sagittalschnitt 
Fig. 37 recht deutlich hervor. 

Genau so kärglich ist es mit meiner Wissenschaft vom Procto- 
_ däum bestellt. Hier kann ich eigentlich nur sagen, daß sich hinter 
den letzten großen Mitteldarmzellen ein Haufen kleiner Elemente an- 
schließt, der diese Gegend recht undurchsichtig macht. Besonders 
ist diese Masse auch hier ventral ausgeprägt, wo sie sich als eine 
Verdickung des auch bei Pseudalius minor vorhandenen kleinzelligen 
ventralen Mittelstreifens darstellt. In Fig. 37 sehen wir eine Doppel- 
reihe von Kernen schräg von den letzten Mitteldarm-Blastomeren an 
die Ventralseite führen. Diese möchte ich jedoch in Rücksicht auf 
den komplizierten Bau des Enddarmes bei der Oucullanus-Larve nicht 
ohne weiteres für denselben erklären, da auch durch Zufall ganz gut 
Kerne, die den verschiedensten Zwecken zu dienen bestimmt sind, 
sich auf einem Schnitte als zwei Reihen darstellen könnten. Auch 
die übrigen Zellgruppen des Hinterendes habe ich beim vorliegenden 
Objekt nicht wieder aufgesucht. 


Über den gesamten Darmtractus sei noch folgendes bemerkt. 
Der Vorderdarm nimmt bei unserm Objekt von der ganzen Länge 
des Kanals eine beträchtlich größere Strecke ein als bei Oxeullanus. 
Es tritt dies bei Fig. 3 im Vergleich mit Fig. 40 noch wenig hervor. 


10 | E. Martini, 


Schon etwas deutlicher läßt es Fig. 10 in 37 erkennen, und je ältere 
Embryonen ich vorzeigen würde, um so mehr würde dies Verhältnis 
hervortreten. In erwachsenen Embryonen durchzieht der Vorderdarm 
‘etwa die Hälfte des ganzen Tieres, während er bei Cucullanus nur 
etwa in dem vorderen Drittel getroffen wird (vgl. Fig. 50a u. 5). Wie 
wir bereits gesehen haben, ist an diesem Verhältnis zwischen Mittel- 
und Vorderdarm nicht eine Verringerung der Zellenzahl des ersteren 
Schuld. Dieselbe beträgt hier, wie dort, 16. So scheint es mir auch 
nicht wahrscheinlich, daß dem Stomatodäum hier eine beträchtlich 
srößere Zahl Zellen zukommt. Zwar wird man bei einem so kom- 
pliziert gebauten Organ immerhin damit rechnen müssen, daß die 
Zellenzahl eine verschiedene ist bei zwei doch ziemlich weit im 
System auseinander stehenden Arten, wenn auch dies Verhalten noch 
keineswegs erwiesen ist. Mir scheint jedoch die langgestreckte Form 
der ersten Schlundzellkerne, die wir bereits im Stadium HI erkennen 
und die später noch deutlicher wird, gegenüber ihrer fast kugeligen 
Form bei Cucullanus elegans dafür zu sprechen, daß mehr einer 
Streckung aller Bausteine als einer Vermehrung derselben die größere 
Längenausdehnung des Organs zuzuschreiben ist. 

Dies möge bei vorliegender Form über den Darmkanal genügen. 


Eetoderm und Mesoderm. 


Wir gehen jetzt an unsre Hauptaufgabe, an die Betrachtung 
der Schicksale, welche die den Darmkanal umgebende Zellmasse be- 
treffen. Schon die Fig. 42 zeigt uns, daß sich einige dorsale Zellen 
von den übrigen Elementen der äußersten Schicht differenziert haben. 
In erster Linie sind sie größer als die ventralwärts sich anschließen- 
den. Ihre Kerne sind zwar im allgemeinen gleich groß, höchstens 
etwas kleiner und heller als die andern; ihr Chromatin ist feiner 
verteilt als in andern Kernen, wenn auch nicht so fein wie im Mittel- 
darm, dessen Kerne sie ein weniges an Größe übertreffen, während 
sie an Tingierbarkeit etwas hinter ihnen zurückstehen. Wie man 
sich durch Verfolgen der Serie überzeugen kann, bilden diese Zellen 
auf dem Rücken des Embryo Längsreihen (anfangs sechs, später fünf, 
siehe weiter unten). Die Zellen dieser Reihen sind ferner dadurch 
ausgezeichnet, daß sie die sich gerade vollziehende Teilung nicht 
mitmachen. Da so das Volum ihrer Kerne nicht nur nicht vermin- 
dert wird, sondern eher zunimmt, sind sie nach dieser Zeit nächst 
den Geschlechtskernen die größten Nuclei des Embryo. Nucleolen 


Über Subeutieula und Seitenfelder einiger Nematoden. II. 11 


zeigen sie ebensowenig wie irgend ein andrer Kern des Pseudalius- 
Embryo dieser Stadien. 

Unter Beibehalt ihrer übrigen histiologischen Charakteristika 
nehmen nun diese Zellen dauernd an Volum zu. Das betrifft fast 
ausschließlich die tangentiale Ausdehnung und die in der Länge. So 
werden, wenigstens im mittleren, entodermhaltigen Teile des Körpers 
die übrigen Zellen von den Blastomeren dieser Reihen ventralwärts 
immer mehr zusammengedrängt, wie dies die Querschnitte Fig. 42, 
43, 44 zeigen. Endlich gelangen die ursprünglich seitlichsten Reihen 
der großen Zellen in der ventralen Medianlinie zur Berührung. Sie 
haben dann sämtliche andern Zellen, die ursprünglich an der äußeren 
Bedeckung des Embryo teilnahmen, in die medioventrale Region ver- 
dränst und dort in die Tiefe geschoben, so daß jetzt fünf Längs- 
reihen großer Zellen die Körperbedeckung des Wurmes bilden. Es 
soll dies zunächst nur vom mittleren Teile desselben gelten, erst wei- 
ter unten werden wir unsre Befunde auch auf Vorder- und Hinter- 
ende ausdehnen. 

Betrachten wir nun die Anordnung dieser fünf Zellreihen näher, 
so mag zunächst darauf hingewiesen sein, daß sie sich aus den, wie 
erwähnt, sechs ursprünglichen genau in der gleichen Weise bilden, 
wie wir dies oben für Oucullanus elegans erwiesen haben, nämlich 
_ durch Vereinigung der beiden primären symmetrischen medialen 
Reihen zu einer einzigen unpaaren. Es geschieht dies genau wie 
dort, indem die Kerne beider Reihen zunächst nach der Mitte hin 
zusammenrücken, um dann abwechselnd aneinander vorüber an eine 
Stelle zu wandern, die der ursprünglichen etwa symmetrisch gelegen 
ist. Damit werden die Zellen gewissermaßen in die Quere gereckt. 
Dieselben bilden jetzt zusammen eine Reihe von der doppelten Kern- 
zahl, wie sie die einzelnen vorher aufwiesen. Dies Überwandern 
zeigt der Schnitt Fig. 42. Auf ihm und den hier nicht dargestellten 
Nachbarschnitten sehen wir die in Frage kommenden Kerne in der 
Mitte beieinander, fast in einer Längsreihe. Schon auf der nächsten 
Figur (45) sind sie wieder auseinander gerückt, es entspricht also 
Fig. 42 dem Stadium Fig. 1 bei Cucullanus. 

Die Zellrinne, die ventral und seitlich dem Mitteldarm unmittel- 
bar auflag, bestand in Fig. 42 noch aus großen Elementen, die aller- 
dings bereits in Teilung begriffen waren. Diese Teilung ist auch in 
den nächsten Stadien noch deutlich an der verschiedenen Größe der 
Kerne zu erkennen, und wenn wir auch z. B. in Fig. 43 keine ein- 
zige Kernteilungsfigur ünden, so zeigt doch schon der Nachbarschnitt 


12 | E. Martini, 


deren genug. Diese letzte Furchung des hier besprochenen Materials 
können wir bis in Fig. 45 verfolgen, nachher finde ich im Embryo 
keine karyokinetischen Bilder mehr. 

| Während dieser Vermehrung sind nun die seitlichen aufgekrümm- 
ten Ränder der Rinne immer mehr nach oben gerückt und beginnen 
auf die Dorsalseite des Mitteldarmes zu steigen. Bei dem oben be- 
schriebenen Seitwärtsrücken der Kerne in der Dorsalreihe müssen 
dieselben natürlich über die obersten kleinkernigen Zellen hinüber- 
rücken. Schon in Fig. 43 sehen wir sie halb auf dieselben geschoben, 
und in Fig. 44 liegen sie ihnen völlig auf. Es entsteht so eine kurze 
Zeit ein Zustand, auf dem dorsal gerade über dem Entoderm kein 
einziger Zellkern getroffen wird (vgl. Fig. 40), während seitlich und 
dorsolateral über der inneren kleinkernigen Schicht noch eine äußere 
'srobkernige lagert. Bezüglich der Mittelrückengegend wird der Zu- 
stand insofern bald verändert, als sich die dorsalen Ränder der klein- 
‚zelligen Rinne immer mehr einander nähern, während die großen 
Kerne ihre Bewegung ebenfalls fortsetzen. So liegen die Kerne der 
Dorsalreihe in Fig. 45 schon seitlich von den höchsten kleinen Ele- 
menten. Es tritt nun jedoch noch ein Prozeß hinzu, den wir auch 
bei Cucullanus kennen lernten, der Zerfall der Rinne. Zwei Reihen, 
die höchstgelegenen der kleinen Kerne, lösen ihren Zusammenhang 
mit den ventralen und ventrolateralen Verwandten und setzen geson- 
dert den Weg aufwärts und einander entgegen fort. So tritt denn in 
der Lateralregion, gerade da, wo die großen Kerne immer mehr hin- 
drängen, zunächst eine kernlose Lücke auf. Das sehen wir bereits 
in Fig, 46, hier liegen auch schon die Kerne der Dorsalreihen auf 
den unteren Kernen der dorsalen Bänder, und in Fig. 47 endlich sind 
sie völlig an ihnen vorbei in die Seitenregion gelangt, wo jetzt kaum 
noch ein Zusammenhang der dorsalen Bänder mit dem ventralen 
Boden der Rinne zu konstatieren ist. Zugleich bemerken wir, daß 
nicht nur die beiden Dorsalbänder einander näher gekommen, sondern 
auch in jedem derselben, die Kerne der einzelnen Reihen enger 
aneinander gerückt sind und eine Tendenz zeigen, sich der Körper- 
oberfläche zu nähern. Die Auflösung auch des Bodens der Rinne ist 
hier nicht so deutlich zu sehen, wie bei Oucullanus, die Gründe da- 
für werden wir weiter unten sehen. Das hier Besprochene erklärt 
nun auch den Unterschied zwischen den Sagittalschnitten Fig. 40 u. 37, 
Es zeigt auch, wo das Zellmaterial geblieben ist, das auf dem Fron- 
talschnitt Fig. 38 deutlich zwischen Mitteldarm und der äußeren 
Zellschicht eingeschoben ist, in Fig. 39 in derselben Region vermißt 


Über Subeuticula und Seitenfelder einiger Nematoden. I. 13 


wird, so daß hier die großkernigen Elemente direkte Nachbarn der 
Mitteldarmanlage geworden sind. Somit ist auch das Erscheinen der 
kleinzelligen Elemente in Fig. 35 in der Dorsalgegend erklärt, und 
wir können jetzt nacheinander in beiden Gruppen die nähere An- 
ordnung der Elemente prüfen. 


Wie schon erwähnt, ist die allgemeine Anordnung genau dieselbe 
wie bei Cucullanus elegans. Ein Blick auf Fig. 35 @ (vgl. von Oucul- 
lanus die rot eingetragenen Kerne der Fig. 8) zeigt dies. Wir sehen 
hier deutlich die Kerne der drei Reihen in alternierender Stellung, 
auch hier sind die Kerne der Ventral- und Lateralreihen beider Seiten 
symmetrisch, wie der Vergleich mit Fig. 355 zeigt, dagegen müssen 
natürlich die Kerne der Dorsalreihe unsymmetrisch liegen, wie aus 
ihrer Entstehungsgeschichte folgt. Da diese Nuclei in Fig. 39 « ziem- 
lich genau auf den Lücken in der Lateralreihe stehen, werden wir 
sie in Fig. 355 in der Nähe von deren Kernen zu treffen erwarten. 
Darin irren wir uns ja auch nicht, wie Figura zeigt. Es würden also 
auch hier die großen Zellen, flächenhaft ausgebreitet, demselben 
Schema entsprechen wie die von Cucullanus, vgl. Teil I, Textfig. c, 
S. 738. Leider sind die Zellgrenzen gerade zwischen den Dorsal- 
zellen in meinen Präparaten recht undeutlich, und so treten, nur an 
den Kernen konstatiert, die doch nicht immer gerade in der Mitte 
der lateralen Zellgrenze zu liegen brauchen, diese Erscheinungen weit 
weniger deutlich hervor. Immerhin glaube ich wahrgenommen zu 
haben, daß die Zellgrenzen insofern anders verlaufen, denn bei Cueul- 
lanus elegans, als die Mittelreihe gewissermaßen von den einander 
entgegendrängenden Dorsal- und Veutralzellen aufgelöst wird, so daß 
die letzteren in eine breite Berührung miteinander gelangen, während 
bei Oueullanus ihnen dies nie gelingt, vielmehr dauernd die vordere 
Lateralzelle ihren Connex mit der hinteren aufrecht erhält. Da wir 
jedoch nicht nur diese allgemeinen Stellungsgesetze bei Cucullanus 
vorgefunden hatten, sondern für jede einzelne Zelle sich ein bestimm- 
ter typischer Platz feststellen ließ, so habe ich mich nach diesen 
Verhältnissen natürlich auch bei Pseudalius minor umgesehen. Leider 
aber war die dunkle Lateralzelle /, nicht aufzufinden, und da das 
Schwanzende und das Kopfende der Beobachtung durch ihren größeren 
Kernreichtum und die damit verbundene geringere Durchsichtigkeit 
größere Schwierigkeiten boten, suchte ich nach unserm kleinen Kern b. 
Während nun sonst auch hier in der Seitenregion nur große Zellen 
liegen, fiel mir alsbald ein kleiner Kern auf, der dicht hinter dem 


14 | E. Martini, 


dunklen Vorderende zwischen zwei Lateralzellen liest. Von ihm aus 
begann ich nun nach vor- und nach rückwärts zu zählen. Vor ihm 
konnte ich zunächst an dem auf der Seite liegenden Objekt nur einen 
Lateralkern sehen, dann beginnt das dunkle Vorderende, weitere 
Beobachtungen des Details der Seitengegend verhindernd. Dagegen 
läßt ein vom Rücken betrachteter Embryo ganz leicht an der Seite 
des Kopfes noch weitere vier große Kerne bemerken, die in ihrem 
Bau genau mit den übrigen großen Kernen übereinstimmen (Fig. 36). 
Es liegen also im ganzen fünf Lateralkerne vor dem kleinen Nu- 
cleus 5. Gehen wir zurück, so finden wir hinter ihm bis zum Beginn 
des Schwanzendes weitere fünf Kerne in der Seitenreihe. Bezeichnen 
wir den letzten derselben mit /,, so liegt der kleine Kern 5 zwischen 
!, und /,, und der vorderste Kern der Reihe ist ,. Nennen wir nun 
den hinter /, gelegenen ventralen Kern g,, so finden wir über 9, den 
Kern 2, vor 9, noch einen Nucleus g9,. Weitere Ventralkerne konnte 
ich in der sagittalen so wenig als in der dorsalen Ansicht in der 
Seitenregion erkennen. Dagegen findet sich eine Strecke vor 9, 
medioventral jederseits gegen die Mundöffnung verlaufend, noch eine 
Reihe von drei großen Kernen, 9—910. Ganz ähnlich liegt es in der 
Dorsalreihe: Bezeichnen wir den vor A, gelegenen Kern als d, usw., 
so liegt d,, über dem kleinen Kern $ und d,, vor A, und über 7. 
Es ist das der letzte d-Kern links, der in dieser Gegend sich wahr- 
nehmen ließ, sowohl an Embryonen, die auf der Seite lagen, als 
auch an solchen, die ich vom Rücken her betrachten konnte. Dagegen 
zeigten erstere mediodorsal noch eine Reihe von sieben ihrer Größe 
und Struktur nach dieser Kernart zugehöriger Nuclei. Rechts liegen 
natürlich die Verhältnisse in der Lateral- und Ventralreihe genau eben- 
so: bezeichne ich die alternierend vor den linken Dorsalkernen ge- 
legenen Nuclei dieser Reihe rechts von vorn nach hinten mit ds, dıı, 
d, usw., so finde ich über /, d.. 

In dieser Gegend stimmt also alles mit dem Verhalten bei Oxcul- 
lanus genau überein. Im Hinterende ist mir leider eine genaue Ana- 
lyse der einschlägigen Verhältnisse nicht geglückt. Hier finde ich 
zwar noch in Verlängerung der Gastralreihe einen paarigen Kern 9, 
so daß in dieser Reihe die Verhältnisse genau denen bei Oueullanus 
entsprechen würden. Auch die Schwanzzellen glaube ich in Zahl von 
vier wiedererkannt zu haben. Im übrigen glaubte ich in einigen 
Präparaten vier, in andern sechs weitere Kerne als ectodermal an- 
sprechen zu dürfen, doch waren dieselben auch im letzteren Falle 
nicht gut auf die Nuclei d,, d_4, u, 1, 40, A-ı von Cucullanus zu 


Über Subeutieula und Seitenfelder einiger Nematoden. II. 15 


beziehen. Da in der Enddarmgegend noch eine Reihe Kerne zwischen der 
Größe der Eetoderm- und Muskelkerne steht, ist dort die Analyse 
schwierig und unsicher, und ich ziehe es vor mich eines bestimmten 
Urteils über die Kerne dieser Gegend zu enthalten. 

Werfen wir noch einen Bliek auf die Querschnitte. Da Kern- 
teilungen nicht mehr statthaben, rücken die Nuclei der älteren Em- 
bryonen der Länge nach immer mehr auseinander, d. h. die Schnitte 
werden kernärmer. So zeigen z. B. Fig. 44—46 noch je eine ganze 
Gruppe, jederseits einen /- und 9-Kern mit den zugehörigen d-Kernen, 
während dies in Fig. 47—49 nicht mehr der Fall ist. Naturgemäb 
macht daher auch auf Schnitten durch jüngere Stadien eine geringe 
Abweichung in der Richtung mehr aus. So z. B. Fig. 45, wo der 
Schnitt rechts etwas mehr vorn als links getroffen. Die g9-Kerne ent- 
sprechen einander, während jedoch der linke Lateralkern ganz oben 
im Sehnitt liegt, liest der rechte ganz hinten. Dementsprechend fin- 
den wir auch zwei d-Kerne auf gleicher Höhe. Auch Schnitt 48 ist 
etwas schief getroffen; unten links wird schon der Lateralkern sicht- 
bar, zugleich sind zwei Dorsalkerne etwa auf gleicher Höhe getroffen. 
Übrigens ist wohl das häufige Vorkommen des letzteren Verhält- 
nisses nicht allein durch die schiefe Richtung der Schnittführung 
bedingt, vielmehr scheint mir auch sonst eine Tendenz dahin zu gehen, 
daß der Dorsalkern, der eigentlich gerade über dem Lateralkern 
liegen sollte, möglichst weit in das Interstitium rückt, so daß er dem 
nächst höheren geradzahligen mehr gegenübertritt, sehen wir doch 
die Erscheinung auch bei dem genau. quer getroffenen Schnitt Fig. 49, 
der zwei d- und zwei g-Kerne enthält, während der Nachbarschnitt 
nur zwei /-Kerne aufweist. Es ist dies auch leicht zu verstehen, da 
bei der immer zunehmenden Schmalheit der Seitenfelder naturgemäß 
es schwierig wäre, wenn zwei Kerne von der Größe dieser Nuclei in 
benachbarten Reihen aneinander liegen sollten. 

Daß wir in den drei Reihen großer Kerne, die wir in der Late- 
ralregion bis auf das Stadium des Schnittes Fig. 49 verfolgen konn- 
ten, die Seitenfelder vor uns haben, wird wohl niemand bezweifeln, 
wenn auch der Beweis nicht mit derselben Ausführlichkeit erbracht 
ist, wie bei Cucullanus. An Totalpräparaten haben wir ja diesen 
Vorgang leider nicht weit verfolgen können. Es werden nachher 
die Schwierigkeiten zu groß. Das liegt einmal in der Krümmung 
der älteren Würmer, die nicht in einer Ebene geschieht, dann auch 
darin, daß sie dem Beschauer meist nicht ein Seitenfeld oder eine 
Rückenlinie zuwenden, sondern meist eine subventrale oder subdorsale 


16 a | E. Martini, 


Gegend. Dieses Hindernis ließe sich wohl überwinden, zumal die 
Ventralgegend durch die Genitalzellen leicht kenntlich ist. Aber die 
große histiologische Ähnlichkeit zwischen den Kernen der verschie- 
denen Gewebe erschwert ihre Unterscheidung sehr auf einem Stadium, 
wo alle Kerne der Leibeswand radiär abgeplattet sind, so daß wir 
in der Mitte des Objektes stets große, an den Rändern langgestreckte 
Kerne zu sehen glauben, deren Volumverhältnis natürlich kaum fest- 
zustellen ist. Da mir, wie gesagt, auch keine deutlichen Zellgrenzen 
dies Dunkel klären halfen, so muß ich mich auf die kurze Mitteilung 
beschränken, daß ich niemals eine Zellvermehrung auf diesen Sta- 
dien nachweisen konnte. Es ist daher kaum zu bezweifeln, daß die 
drei Zellreihen unverändert in die Seitenlinien der jungen Larven 
übergehen. Auf Schnitten konnten wir diesen Prozeß noch bis zu 
Stadien verfolgen, in denen der Embryo so lang ist, daß er sich 
vierfach zusammenlegen muß. Die Streckung schreitet jedoch noch 
beträchtlich weiter fort. 

Es sei hier noch rasch einer Zelle Erwähnung getan, deren 
inniger Zusammenhang mit den Seitenfeldern bei Cucullanus ihre 
eigne und letzterer Bedeutung zu erklären wohl geeignet ist, die 
Excretionszelle. Ich habe dieselbe auch bei Pseudalius minor wieder- 
gefunden, d. h. ich habe auch hier in der Gegend kurz vor dem Ende 
des Kopfteiles eine große unpaare, medioventrale Zelle mit großem 
Kern gefunden. In Fig. 475 ist sie deutlich abgebildet. Aber einen 
Zusammenhang mit den Seitenfeldern konnte ich nicht erkennen. Es 
wäre natürlich denkbar, daß die Äste, die sie an die Seitenfelder 
abgibt, nicht quer, sondern sehr schräg verlaufen und daher der 
Beobachtung entgingen in einer Körpergegend, die so wie so der 
Beobachtung Schwierigkeit macht. Die Zelle selbst zeigt ein ziem- 
lich homogenes', wenig granuliertes Protoplasma, das überall scharf 
begrenzt ist. Ihr heller Kern gehört zu den größten des gesamten 
Tieres. Dabei zeigt er die feinste Verteilung des Chromatins und 
übertrifft in dieser Hinsicht noch die Kerne des Mitteldarmes. Das 
Chromatin ist ziemlich diffus durch den Kernraum ausgebreitet und 
zeigt nicht jene Anreicherung in der Gegend der Membran, wie wir 
sie bei sonst fast allen Kernen, besonders denen der Keimzellen, 
fanden. Die Kernmembran selbst ist nur schwach wahrnehmbar. 


Wenden wir uns nun dem kleinkernigen Material zu, dessen 
Auflösung in mehrere Bänder wir oben beschrieben haben. Die bei- 
den dorsalen Streifen rücken immer näher zusammen, und ihre Kerne 


Über Subeutieula und Seitenfelder einiger Nematoden. II. +7 


drängen mehr gegen die Oberfläche. Wann die Zellen diese erreicht 
haben, konnte ich bei der schlechten Färbung nicht ermitteln. Da 
ich sie aber, wie bei Cxcullanus, für die Muskelbänder halte, so muß 
ich annehmen, daß sie auf dem Stadium der Fig. 36 schon funktions- 
fähig sind; denn auf diesem Stadium zeigt der Embryo bereits 
Lageveränderungen, die wohl auf Muskelaktion zu beziehen sein 
dürften. Während der junge Embryo so wächst, daß das Schwanz- 
ende sich ventralwärts umschlägt, wie aus der Lage der Geschlechts- 
zellen nahe der Konkavität ersichtlich ist, findet sich auf diesen 
Stadien, wie oben bereits erwähnt, selten die Bauch- und Rücken- 
seite manchmal eine der Seitenlinien, meist eine andre Partie des 
Körpers an der Konkavität. Daß die ursprüngliche Krümmung über 
die Ventralfläche eine Wachstumsfolge ist, möchte ich aus ihrer ab- 
soluten Konstanz bei jüngeren Embryonen schließen. Daß aber dann 
das Wachstum ohne Hinzukommen spontaner Bewegungen aus dieser 
konstanten Ausgangsstellung, wie sie sich noch bei allen Objekten 
findet, die der Fig. 37 entsprechen, auf einem wenig älteren Stadium, 
vgl. Fig. 36, alle möglichen verschiedenen Stellungen hervorgehen 
lassen sollte, erscheint mir nicht glaubhaft. Die dorsolateralen und 
ventrolateralen kleinkernigen Streifen als die Muskelbänder anzusehen, 
bestimmt mich nur ihre Lage. Diese scheint mir jedoch auch alle 
Zweifel auszuschließen. 

Es sei aber hier noch etwas näher auf die Organisation dieser 
Streifen eingegangen. Jeder derselben setzt sich wieder aus zwei 
Längsreihen von Zellen zusammen. Das läßt sich schon an Präpa- 
raten früherer Stadien bemerken, tritt aber von Querschnitt Fig. 46 
an besonders deutlich hervor und zwar findet sich diese Stellung 
der Muskelzellen nicht nur auf den hier zufällig gegebenen Schnit- 
ten, sondern auch auf den Nachbarn. Ob je zwei hintereinander 
oder nebeneinander gelegene kleine Kerne Geschwister sind, habe 
ich nicht festgestellt, obgleich es an den einschlägigen Stadien ge- 
wiß nicht schwer gelänge. Wir sehen übrigens in den Fig. 47, 48, 
daß sich die beiden Kernreihen desselben Bandes später enger zu- 
sammenschieben und daß zwei Kerne dicht nebeneinander liegen 
innerhalb desselben Streifens. Zwischen beiden Streifen bleibt deut- 
lich mediodorsal ein Spatium frei. Alles dies und das Folgende 
$ilt nur für die Dorsalbänder. Das Studium der Ventralbänder habe 
ich unterlassen, abgeschreckt durch die in dem reichlichen sonstigen 
kleinkernigen Material gelegene Schwierigkeit, obwohl sich gerade 


Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. 2 


18 E. Martini, 


hier, wie weiter unten erhellen wird, noch interessantere Befunde 
erwarten ließen. 

Es hat sich somit schon aus den Querschnitten eine Anordnung 
der Muskelzellen in zwei Reihen nebeneinander ergeben und dies 
wird auch durch die übrigen Präparate bestätigt. So tritt es bei 
senauerer Betrachtung der Flächenansicht Fig. 41 deutlich hervor, 
nicht minder aber auf dem Sagittalschnitt Fig. 37. Es bestätigt sich 
somit hier die meromyare Anordnung der Muskulatur, die wir für 
Cucullanus- Embryonen nur wahrscheinlich machen konnten. (Dieselbe 
habe ich jedoch auch an jüngeren Cucullanus- Embryonen wahr- 
senommen. Aufmerksam gemacht durch die Verhältnisse bei Pseu- 
dalius, konnte ich z. B. beim Objekt der Fig. 11 sehen, wie bei 
oberflächlieher Einstellung erst eine und bei wenig tieferer in dem- 
selben Bande eine zweite alternierende Kernreihe sichtbar wurde.) 

Bei dem Objekt der Fig. 37 liegen je zwei Kerne einander 
senähert, und von diesen liegt stets der vordere lateral, der hintere 
medial. Es ist das hier in der Figur nicht weiter zum Ausdruck 
gebracht, wohl aber in den Oberflächenbildern Fig. 35a u. b, wo die 
gleichzeitig im Gesichtsfeide erscheinenden Kerne in gleicher Art 
eingetragen sind, die lateralen mit dem histologischen Detail, die 
medialen nur mit dem Kontur. Es tritt hier sofort insofern noch 
eine Übereinstimmung hervor, daß nämlich bis zu dem dunklen Vorder- 
ende sich jederseits in allen Präparaten fünf Paare finden und hinter 
ihnen je ein einzelner Kern. Derselbe, in Fig. 35 wie die mediale 
Reihe gegeben, gehört dieser, streng genommen, nicht an, er steht 
zwar derselben näher als der lateralen, immerhin aber etwas weiter 
von der Medianebene entfernt, als die letztere. Nach diesen Beob- 
achtungen zu urteilen, scheint also die Muskulatur, wenigstens im 
hinteren Abschnitte des Körpers, ebenso gesetzmäßige Verhältnisse 
aufzuweisen, wie die Kerne der Seitenfelder. Leider ist es mir je- 
doch nicht gelungen, diese interessanten Verhältnisse auch im Vorder- 
ende zu verfolgen. Es sei übrigens noch mitgeteilt, daß die Kerne 
des rechten Dorsalbandes zu denen des linken nicht symmetrisch 
gestellt sind. 

Die ventralen Leisten zeigen ebenfalls meromyare Anordnung, 
wie leicht aus Fig. 35 ersichtlich, wo sie ebenso wie die dorsalen 
eingetragen sind. Auch hier finden sich die Zellen paarweise bei- 
einander, und zwar liegt dann ebenfalls meist der vordere Kern 
des Paares außen. Weiter bin ich in die Struktur dieser Muskel- 
felder nicht eingedrungen. | 


Über Subeutieula und Seitenfelder einiger Nematoden. II. 19 


Über den kleinen Kern zwischen den Zellen /, und /, kann ich, 
wie bei Cucullanus, nicht mehr berichten, als daß er vorhanden 
ist. Was sein definitives Schicksal wird, ist mir nicht bekannt. 

Nicht erörtert wurde die größere Menge der Kerne des Vorder- 
endes, sowie die des medioventralen kleinzelligen Bandes. Es dürften 
diese Elemente großenteils nervösen Charakters sein oder Sinnes- 
organe bzw. deren Stütz- usw. Zellen repräsentieren. 

Zum Schlusse die Übereinstimmungen und Abweichungen zwischen 
Pseudalius und Cucullanus zusammenzufassen, will ich unterlassen, 
um mich nicht zu wiederholen. Doch möchte ich noch mitteilen, 
daß die Entwicklung von Pseudalius convolutus, tumidus und inflexus 
im wesentlichen mit der von Pseudalvus minor übereinzustimmen 
scheint. Die charakteristischen Stadien, wie es Fig. 35 zeigt, sind 
bei den Arten nicht zu unterscheiden, da auch die Kernverhältnisse 
kaum einen Unterschied bieten. 


Nematoxys ornatus. 


Die folgenden Formen mögen im allgemeinen etwas kursorischer 
behandelt werden, soweit nicht einzelne Verhältnisse längeres Ver- 
weilen verlangen. Ich darf daher der Kürze halber im weiteren 
Verlaufe die Bezeichnungen Seitenlinien und Muskelzellen auf Stadien 
gebrauchen, wo diese ihre Wertigkeit nur aus dem Vergleich mit den 
andern Formen erhellt. 

Das Material von Nematoxys ornatus ist leicht erhältlich aus 
jedem Frosch. Nur in der Gefangenschaft durchwinterte Frösche 
hatten keine Darmparasiten. Ob ich die Form, deren Namen der 
Abschnitt trägt, wirklich vor mir hatte, kann ich nicht mit Bestimmt- 
heit sagen. Die wenigen g'g', die ich in der Zeit, in welcher ich 
das Material konservierte, im Darm der Frösche fand, gehörten zu 
derselben, über die Artunterschiede der @Q@ habe ich aus der 
Literatur kein Bild gewinnen können. 

Von Methoden sind keine neuen zur Anwendung gekommen. 
Es erübrigt also, nur noch einiges über die allgemeinen Verhältnisse 
des Wurmes und über die ersten Entwicklungsstadien zu sagen. 

Von den beiden vorhergehenden ist unser jetziges Objekt durch 
seine Größe und seinen Dotterreichtum ausgezeichnet. Es bietet das 
der Beobachtung Vorteile und Nachteile; letztere besonders insofern, 
als der stets mehr oder minder mitgefärbte Dotter die Durchsichtig- 
keit des ohnehin diekeren Objektes beeinträchtigt. Anderseits wird 

Ben 2% 


20 | i E. Martini, 


dies kompensiert dadurch, daß die im Verhältnis zu den großen 
dotterreichen Zellen kleinen Kerne weiter auseinanderrücken. Indem 
so die stärkste gefärbte Substanz auf einen größeren Raum verteilt 
wird, wird wieder an Durchsichtigskeit des ganzen Objektes gewonnen. 
Zugleich gewähren die größeren Abstände der Kerne eine bessere 
Übersicht. Ein beträchtlicher Vorteil ist natürlich an sich die Größe 
der einzelnen Elemente. Das wird noch gehoben dadurch, daß sich 
wenigstens in den meisten Total- und in allen Schnittpräparaten 
die Zellgrenzen deutlich ausprägen. Über die Form und die aus 
ihr resultierenden Schwierigkeiten siehe weiter unten. 


Vorentwicklung. 


Wenn ich auch hier einige Bemerkungen über die ersten Ent- 
 wieklungsstadien vorausschicke, so möchte ich betonen, daß die nun 
folgenden Urteile sich nur auf gelegentliche Wahrnehmungen beim 
Aufsuchen andrer Stadien stützen, daß ich dagegen eine genaue 
Untersuchung der ersten Stufen bei diesem schönen Objekt unter- 
lassen habe. Am zwei, drei und vierzelligen Stadium ist mir nichts 
aufgefallen, doch will mir scheinen, daß man schon jetzt den Kern 
der Propagationszelle erkennen kann an den deutlichen groben 
Chromatinkörnern und dem Fehlen eines Nucleolus. Des weiteren 
scheinen mir insofern Unregelmäßigkeiten aufzutreten, als nach dem 
vierzelligen Stadium nicht notwendig die Blastomeren A und B zu- 
nächst zur Teilung schreiten. Das Achtzellenstadium schien mir dem 
andrer Nematoden zu entsprechen. Im weiteren Verlauf tritt eine, 
wenn auch nicht hochgradige, dorsoventrale Abflachung hervor. 
Eine Blastulahöhle konnte ich auf Schnitten durch einige junge 
Stadien deutlich erkennen, doch scheint sie sehr bald wieder zu 
verschwinden. Trotz der verhältnismäßig geringen dorsoventralen 
Abplattung bildet der Embryo zunächst eine zweischichtige Platte 
und zwar weit länger, als Pseudalius. Immerhin wird das Aussehen - 
der Platte dadurch sehr verschleiert, daß die Entomeren schon 
früh beträchtliches Volum zeigen und besonders durch starke dorso- 
ventrale Ausdehnung eine flache Gestalt des Embryo nicht zu stande 
kommen lassen. Es dauert nun sehr lange, bis diese Zellen auch 
ventral von andern Elementen bedeckt sind, so daß hier medio- 
ventral die Zweischichtigkeit noch bis zur vorletzten Furchung deut- 
lich bleibt, wenn sie auch in der nächsten Umgebung durch das 
Einsinken von Mst-Blastomeren bereits verloren gegangen ist. Die 
Urgeschlechtszellen liegen noch bis in die Zeit der letzten Furehung 


Über Subeutieula und Seitenfelder einiger Nematoden. II. 2m 


frei zutage, während sie vorher, gewissermaßen einen ventralen 
Auswuchs bildend, den Entomeren von unten angelagert waren. 
Dagegen tritt eine andre Differenzierung schon sehr vie! zeitiger 
auf, sehr früh, wohl schon etwa von 32 Zellen an, ist das Hinter- 
ende durch weit größere Zellen vom Vorderende deutlich unterschieden, 
und dieser Zustand bleibt bis zur Bildung der Krümmung erhalten. 
Es erscheint daher stets das Hinterende weit heller als das Vorderende. 

Somit bestehen im äußeren Verhalten recht beträchtliche Ähn- 
lichkeiten mit der Cucullanus- Entwicklung, deren Vorzüge fürs 
Studium unser Objekt mit deutlicher Ausprägung der Genitalzellen 
und relativer Größe aller Elemente verbindet, so daß die vorliegende 
Form zur Beantwortung der in der Nematodenentwicklung noch 
schwebenden Fragen wohl eine der geeignetsten sein dürfte. 

Ein Stadium, in dem die letzte Furchung bereits im Gange ist, 
zeigt Fig. 52 von der Rückseite. Wir sehen hier deutlich die weit 
srößeren Zellen, welche das Hinterende dorsal decken, vorn da- 
gegen überwiegend kleinzelliges Material. Im übrigen diene folgen- 
des zur näheren Bezeichnung des Objektes. Das Präparat enthält 
16 Mitteldarmzellen. Die Urgeschlechtszelle liegt unter dem Darm, 
von kleinzellisem Material bedeckt, neben dem Mitteldarm liegen 
große Zellen, die wir, entsprechend den Verhältnissen bei andern 
Nematoden, als Abkömmlinge der Zelle Ms? auffassen. Eine Analyse 
der Zellen im Vorderende kann ich nicht geben. 

Ein nächst älteres Stadium finden wir in Fig. 53 vom Rücken 
betrachtet, in Fig. 59 im Sagittal-, in Fig. 60 im Querschnitt dargestellt. 
Wir sehen aus dem Querschnitt, daß die großen dotterreichen Zellen der 
Mitteldarmanlage, denen die Geschlechtszellen angelagert sind, auch hier 
zunächst von einer Zellrinne umgeben werden. Um das alles legt sich 
dann dieäußere Zellschicht, die, gemäß dem oben Erörterten, hier ventral, 
nicht als eine Schicht, sondern als Haufen von Zellen erscheint: also im 
sanzen derselbe Querschnitt, wie bei den beiden vorigen Objekten. 


Genitalanlage. 


Von diesem Stadium ab habe ich an der Geschlechtsanlage 
keine Veränderungen bemerkt. Die Struktur der Kerne der beiden 
Propagationszellen ist genau dieselbe, wie bei Pseudalius. Sie sind 
auf jungen Stadien, wie das hier vorliegende, wohl die größten 
Kerne des Tieres, da sie jedoch nicht wesentlich wachsen, werden 
sie bald von den Kernen des Mitteldarmes und der Exceretionszelle 
eingeholt, vgl. Fig. 57 b. | 


22 E. Martini, 


Die Zellen zeichnen sich durch eine etwas dunklere Farbe ihres 
Protoplasma vor den übrigen der Umgebung aus. Sie lassen keine 
scharfe Zellgrenze erkennen. Beide Propagationszellen liegen bei 
diesem Objekt von dem uns in Fig. 56 vorliegenden Stadium an 
genau symmetrisch, während sie bis dahin schräg oder gerade hinter- 
einander lagen, und behalten diese Stellung in allen von mir beob- 
achteten Stadien bei. Dabei ist ihr Abstand voneinander ein recht 
beträchtlicher. Zwischen ihnen beiden findet sich eine große helle 
Zelle mit scharfer Membran und großem Kern, der den der Propa- 
sationszellen an Umfang etwa gleichkommen dürfte. Er enthält 
einen großen Nucleolus. Diese große unpaare mediane Zelle, die 
ich bei andern Nematoden noch nicht entdeckt habe, findet sich 
hier, so weit meine Erfahrung reicht, stets wieder als treue Be- 
sleiterin der Propagationszellen. Ich möchte daher glauben, daß sie 
ihre Bedeutung beim Genitalapparat findet. Länger möchte ich nicht 
bei der Geschlechtsanlage verweilen. Dieselbe hat sich, soweit ich 
beobachtet, bis zum Ausschlüpfen der Larve in keiner Weise verändert. 
Sie wird auch dann nur von zwei symmetrischen Zellen gebildet. 
Der große Kern zwischen den Genitalzelien ist nicht mehr so 
deutlich wie früher. Die kleinen Zellen, wie bei Cucullanus, fand 
ich nicht. 


Mitteldarm. 


Auch die Mitteldarmanlage bietet Abweichungen von dem Ver- 
halten der andern besprochenen Arten. Ihre Lage zu den einzelnen 
Zellgruppen des Leibes ist allerdings genau ebenso, wie bei den 
andern Nematoden und verändert sich mit der Zeit genau so. Da- 
gegen zeigt die Zellenzahl eine Abweichung; in Fig. 59 allerdings 
finde ich 16 Zellen, und so noch in manchem andern Präparate 
dieses Stadiums, z. B. in dem Objekt der Fig. 55. Auf etwas älteren 
Stadien, entsprechend Fig. 56, finden sich dann 18 Zellen. Von 
diesen sind das erste Paar etwas, die beiden letzten beträchtlich 
kleiner als die andern. Das erste Paar Steht dorsal verschoben, 
Paar 2 und 3 folgen etwa symmetrisch. Paar 4 ist auch nach oben 
verschoben, so daß es nicht im Sagittalschnitt als Trapez erscheint, 
sondern als von oben eingeschobener Keil, Zellpaar 5 und 6 (die 
Zellen 9, 10, 11, 12) stehen über der Genitalanlage, dann folgen noch 
drei Paare. Da ich nun statt der letzten beiden Paare in einigen 
Präparaten zwei längsgestellte Spindeln traf, und zwar bei Stadien, 
die, wenig jünger als das der Fig. 56, im übrigen genau die oben 


Über Subeuticula und Seitenfelder einiger Nematoden. Il. 23 


seschilderte Anordnung zeigen, und da bereits beträchtlich jüngere 
Stadien mit 16 En-Zellen dieselbe Anordnung im Mitteldarm zeigen, 
wie die späteren, nur daß sich bei ihnen statt der vier letzten Kerne 
zwei finden, glaube ich annehmen zu dürfen, daß die vier letzten 
Zellen als Schwesterpaare zusammengehören, daß sie also entodermal 
sind. Dabei bleibt fraglich, ob diese Teilung die letzte in der Gruppe 
8/16 Zellen ist, dann würden die vordersten zwei Mitteldarmzellen 
nicht zur En-Gruppe gerechnet werden dürfen, oder ob, was mir 
wahrscheinlicher ist, diese Teilung die erste nach dem 16-zelligen 
Stadium des En ist. Dann würde auch jenes vorderste Zellpaar als 
entodermal aufzufassen sein. Dafür spricht besonders die lange 
Dauer der 16-zelligen Mitteldarmanlage, in der Unterschiede der 
Kerne nicht wahrnehmbar sind. 

Dagegen fällt sehr bald auf, daß die Darmzellen jüngerer Sta- 
dien nicht typisch zweireihig angeordnet sind. Auf Fig. 59 ist dies 
noch nicht erreicht, dagegen in Fig. 96 leidlich deutlich. Es sind 
dort allerdings in den optischen Schnitt alle Kerne im Mitteldarm 
eingetragen, deren Zellen breit getroffen sind, so daß ihre Höhen- 
differenz nicht hervortritt. Dies ist in Fig. 575 der Fall, und da 
sehen wir dann, daß zwar im hinteren Teile eine gewisse Symmetrie 
herrscht, im vorderen aber die Kerne der einen Seite höher stehen 
als die der andern, d. h., daß hier eine Drehung um die Längs- 
achse stattgefunden hat. Dies tritt auch auf den Querschnitten deutlich 
hervor. Schon in Fig. 61 leicht ersichtlich, in Fig. 62 ebenfalls 
merkbar, setzt sich diese Tendenz mit dem Alter mehr und mehr 
durch, so daß schließlich nicht mehr von einer rechten und einer 
linken, sondern nur noch von einer oberen und einer unteren Zell- 
reihe gesprochen werden kann. Das wird auf Totalpräparaten deut- 
lich bei Stadien, die etwa Fig. 63 entsprechen, und hatte mich zuerst 
irregeführt, da ich, bei Cucullanus und Pseudalvus gewohnt, wenn 
nur eine Reihe #»-Zellen sichtbar war, eine Seitenansicht vor mir zu 
haben, jetzt bei demselben Kriterium stets vor die falsche Schmiede 
kam, bis mich die Querschnitte über den wahren Sachverhalt belehrten. 

Die Darmzellen selbst sind anfangs kurz, von sehr bedeutender 
Höhe, dotterreich und plasmaarm, sie erscheinen daher hell und 
gleichmäßig <sranuliert. Der Kern ist mäßig groß mit deutlichem 
Nucleolus, sonst ohne erkennbare differenzierte Chromatinpaitikel. 
Dies ändert sich bald. Um den Kern wird ein Hof dunkleren Proto- 
plasmas sichtbar. Von ihm aus strahlen verästelte sich verjüngende 
Stränge in den Zellleib aus, während der Kern rasch wächst, und 


24 E. Martini, 


besonders der Nucleolus durch seine Größe imponiert. Nach und 
nach nimmt das Plasma auf Kosten des Dotters so sehr überhand, 
daß die ehemals hellen Darmzellen auf Totalpräparaten und Schnitten 
nun dunkel gefärbt erscheinen. Dabei sind noch deutlich die Spuren 
der strangförmigen Verteilung dunklerer Substanz sichtbar. Der Kern 
‚ist sehr groß geworden, er wird von einer deutlichen Membran um- 
seben und enthält einen Nucleolus, dessen Durchmesser etwa die 
Hälfte von dem des Nueleus betragen dürfte. Die Streckung des 
Darmes und seine Loslösung von der Leibeswand entspricht dem bei 
den andern Nematoden beobachteten, wie in Fig. 64 zu sehen. Da- 
bei scheint er mir stets der Rückseite genähert zu liegen, und zwar 
so sehr, daß er den Zusammenhang mit den dorsalen Muskelbändern 
nicht verliert, so hat man auf unserm Querschnitt Fig. 64 fast den 
Eindruck, als sei er an diesen Zellen aufgehängt. Worauf diese 
dorsale Lagerung des Mitteldarmes beruht, wage ich nicht zu ent- 
scheiden. 

Bei der Streckung des Mitteldarmes bleibt die Zellenzahl durch- 
aus konstant — 18, auch noch bei der jungen Larve. Dabei ist noch 
zu bemerken, daß die vordersten Darmzellen kleiner als die übrigen 
vom zweiten Paar an erscheinen, doch sind sie völlig mit diesen in 
eine Reihe getreten. Zwischen dem fünften und sechsten Zellpaar 
findet sich ein größerer kernfreier Raum, es liegen hier die beiden 
Geschlechtszellen, so daß wir diesbezüglich auch die genaueste Über- 
einstimmung mit jungen Stadien’ haben. Das Darmlumen tritt im 
Stadium III spaltförmig auf und zwar als gestreckte Ziekzacklinie, 
später tritt Schlängelung des Lumens ein, wenn auch nicht so hoch- 
gradig, wie bei Rhabdonema. Wir wollen uns daher die Beschrei- 
bung dieses Zustandes bis dahin versparen. 


Stomatodäum und Proctodäum. 


Wir hätten uns jetzt mit End- und Vorderdarm zu beschäftigen, 
doch wollen wir hierzu nur bemerken, daß ersterer als Zellstrang 
vom hinteren Ende des Mitteldarmes in ganz kurzen Bogen an die 
ventrale Mittellinie zieht. Die Zahl der beteilisten Zellen dürfte 
nicht sehr bedeutend von der bei Cucullanus abweichen. 

Von den andern Zellen des Hinterendes habe ich nichts zu be- 
richten, nur konnte ich wahrnehmen, daß sich rechts und links vom 
Enddarm zwischen ıhm und der Leibeswand noch eine kleinzellige 
Gruppe findet. 

Das kurze Stomatodäum setzt sich aus dem lan Schlund- 


Über Subeutieula und Seitenfelder einiger Nematoden. I. 95 


rohr und den deutlich von ihm abgegrenzten Bulbus zusammen. Wie 
dünn der Übergangsteil wird, zeigt Fig. 64. 

Der Bau des Oesophagus ist dreikantig und enthält Kanten- 
und Flächenkerne, letztere teils einzeln, teils paarig. Eine nähere 
Analyse habe ich unterlassen, doch will mir scheinen, daß eine 
Übereinstimmung mit den Verhältnissen bei Cucullanus nicht be- 
steht. 

Auch im Vorderende habe ich das übrige Material nicht studiert 
(bis auf die unten bei »Eetoderm und Mesoderm« zu besprechenden 
Zellen). Die große Masse der hier vorhandenen kleinen Zellen dürfte 
dem Nervensystem und den Sinnesorganen angehören. Ob noch 
sonst Organanlagen sich hier finden, wage ich nieht zu entscheiden; 
über die Exeretionszelle siehe unten. 


Ectoderm und Mesoderm. 


a. Allgemeine Ausbildung der Leibeswand. 


Wir finden auch hier ursprünglich sechs Reihen dorsaler großer 
Zellen (vgl. Fig. 52), von diesen verschmelzen wieder die beiden 
mittleren zu einer unpaaren unter Überwanderung ihrer Kerne auf 
die andre Seite. Ein Stadium aus diesem Vorgang zeigt Fig. 53, 
der Querschnitt Fig. 60, der Sagittalschnitt Fig. 59. Da sich, wie 
Fig. 60 und 53 zeigen, die Kerne der entstehenden Dorsalreihen ge- 
rade etwa in der Mediangegend finden, so sind auf dem Sagittal- 
schnitt auch in fast allen Zellen Kerne getroffen. Zwischen der 
Dorsalreihe und dem Darm dagegen sind keine kleinzelligen Elemente 
zu finden. Nach vollendeter Ausbildung der Medianreihe zeigt uns 
Fig. 56 ein Objekt von der Rückseite. Aus dem Vergleich der auf- 
einander folgenden Dorsalansichten sehen wir zugleich, wie die sechs 
bzw. fünf großen Zellreihen auf der Oberfläche immer mehr Raum 
gewinnen, auf Fig. 56 sind die beiden Ventralreihen vom Rücken 
aus kaum noch sichtbar. Den gleichen Vorgang zeigen uns die Quer- 
schnitte Fig. 60—62. Zum Verständnis der Fig. 60 ist noch darauf 
hinzuweisen, daß, wie aus Fig. 59 erhellt, ein von oben senkrecht 
zur Achse des Darmes durch die Geschlechtsanlage geführter Schnitt 
unter der letzteren zahlreiche Zellen treffen wird, die schon dem 
Hinterende bzw. Vorderende des Wurmes angehören. Günstiger ge- 
troffen ist Fig. 61, etwa dem Sagittalschnitt (optisch) Fig. 575 ent- 
sprechend; ersterer erklärt leicht, wie es kommt, daß auf dem 
Sagittalschnitt oberhalb des Darmes überhaupt keine Kerne getroffen 


26 | E. Martini, 


sind, dieselben liegen nämlich schon auf diesem Stadium in den 
äußersten lateralen Ecken ihrer Zellen. 

Es spielt sich nun nämlich auch hier das Überwandern der Kerne 
in der Dorsalreihe nach der seitlichen Region genau so ab, wie bei 
den andern Formen. Von den von mir untersuchten kann ich neben 
den viel kleineren Cxcullanus-Embryonen besonders diese schöne 
sroße Form zum Studium der einschlägigen Verhältnisse empfehlen. 
Ein Vergleich zwischen Fig. 61 und Fig. 62 zeigt folgendes: der 
Kern d liegt in Fig. 61 bereits in der äußersten Ecke der transver- 
sal stark gestreckten Dorsalzelle neben dem kleinzelligen Material 
der Rinne. Ist letzteres auch noch nicht in die Längsstreifen zer- 
fallen, so sehen wir doch deutlich, daß seine Zellen zum Teil schon 
weiter dorsalwärts verschoben sind als in Fig. 60. Es mag dies 
vielleicht mit der Kernteilung in teilweisem Zusammenhange stehen, 
die sich, wie uns leicht ein Vergleich der Kerngröße und Zellzahl 
der einschlägigen Elemente lehrt, zwischen den beiden den Figuren 
zugrunde liegenden Stadien abgespielt hat. Fig. 62 zeigt uns dann 
die Rinne bereits aufgelöst, die großen Kerne haben ihre Lage nicht 
wesentlich verändert, dagegen sind die kleinen Zellen der dorsalen 
Bänder sich viel näher gekommen und grenzen, sich gegen die Peri- 
pherie emporreckend, deutlicher die Seitenfelder ab. Fig. 62 ent- 
spricht einem Stadium I/II. So sehen wir denn auch bereits in dem 
wohl nur wenig jüngeren Stadium Fig. 57 die kleinen Zellen als 
getrennte Reihen ober- und unterhalb der großkernigen Region auf- 
treten, bereits der Leibeswand sehr genähert, so daß sie in derselben 
mit eingetragen sind. Auch im ventralen Teil der ehemaligen Rinne 
markiert sich, genau wie bei Oucullanus, der Zerfall in drei Streifen, 
indem auch hier die beiden seitlichen stark gegen die Peripherie 
vordrängen. Den vollständigen Zerfall der ehemaligen Rinne sehen 
wir dann in Fig. 63. Dieselbe zeigt, wie es bei der starken Streckung 
des ganzen Tieres nicht wunderbar ist, nur spärliche Kerne, von 
denen der Seitenlinie jederseits nur einen Lateralkern. Im Darm 
finden sich erst auf dem Nachbarschnitt Kerne zugleich mit einem 
Dorsalkern der Seitenfelder. Daß diese Verhältnisse sich auch beim 
alten Embryo nicht ändern, beweist Fig. 64 von einem Stadium IV, wo 
wir in einem Schnitt je einen Lateralkern und in allen Muskelfeldern 
einen Kern finden, während wir im zweiten nur die Dorsal- und Ventral- 
kerne finden. Wir können hier übrigens bereits die Cutieulabildung 
wahrnehmen. Aufden Vergleich von Frontal- und Sagittalschnitten ver- 
schiedenalteriger Stadien zur Erläuterung des verschiedenen Verhaltens 


Über Subeuticula und Seitenfelder einiger Nematoden. II. | 97 


der kleinen und der großen Kerne wurde verzichtet. Als Frontal- 
schnitt ist nur ein optischer Frontalschnitt durch das Objekt der 
Fig. 56 mit roten Linien in diese eingetragen, und wir sehen hier 
den Darm entsprechend dem Alter des Objektes von den Seitenfeldern 
noch durch eine Reihe von Zellen getrennt. 


ß. Zellanordnung im Ectoderm. 


Betrachten wir nun die Anordnung der Zellen im einzelnen, so 
finden wir genau die bekannten Verhältnisse. Die Lateral- und 
Ventralkerne stehen symmetrisch, die der Dorsalreihe anfangs medial, 
nachher alternierend rechts und links. Um den Mund bilden die Zellen 
dz, mediodorsal, /,, rechts, 9, und y,, medioventral, A,, links einen 
Ring. An die Zelle d,, schließen sich weitere sechs d-Zellen mit 
mediodorsalem Kern. Die Abgrenzung dieser Zellen gegen die in 
ihrem Bereiche liegenden Lateralzellen /,,, 9, s habe ich nicht erforscht, 
ebensowenig die Grenzen der letzteren gegen die Ventralzellen mit 
in der Mittellinie gelegenen Kernen 99, 9, 7- Von 9, usw. an finden 
wir typisch folgende Verhältnisse: Die Kerne der Ventral- und 
Lateralreihe alternieren, wie sich auch die Zellen zwischeneinander 
schieben, die Kerne der Dorsalreihe stehen auf der einen Seite über 
den Lateral-, auf der andern über den Ventralkernen, es grenzen 
wieder an eine Lateralzelle drei Dorsal- und zwei Ventralzellen. An 
dı, grenzt /, und A, hinten unten, an diese hinten unten g; bzw. 7, 
an dı, ferner nach hinten zu d,,;, die sonst nur von d,, und den- 
selben A- und /-Zellen begrenzt wird; dı, grenzt wieder an zwei |- 
und A-Zellen /;, und /;; usw. bis zu 4, die an vier d-Zellen grenzt, 
auf sie folgt dann nur noch eine Lateralzelle /_,, der Platz für /, 
scheint frei zu bleiben. Die letzte Ventralzelle in normaler Stellung 
ist 9, 90 die letzte paarige Ventralzelle grenzt nur noch an eine 
Zelle. An d_,, I_4, 96, Yo, 4-1, schließen sich dann noch vier unpaare 
Zellen, den Schwanz bildend. In Merkatorprojektion würde die Ober- 
fläche des Wurmes sich also folgendermaßen ausnehmen (Textfig. :). 
Zwischen /,; und , findet sich, wie bei den andern Nematoden, der 
einzelne kleine Kern b bzw. £, unter ihm demgemäß g;,, über ihm d,.- 

Wir finden also wieder dieselben Zellen bei allen Individuen in 
derselben Anordnung zueinander. Wichtig will mir hier erscheinen, 
noch einen Punkt hervorzuheben, daß nämlich durchaus nicht will- 
kürlich bald rechts oder bald links die Dorsalkerne in den Lücken 
der Lateralreihen stehen, vielmehr liegt immer links der Kern über 
der Lücke, rechts über dem Lateralkern. Es trifit das auch auf 


28 E. Martini, 


Pseudalius minor zu, vgl. die Fig. 35 u. 36, und wir werden dem- 
entsprechend auch die Verhältnisse bei Rhabdonema nigrovenosum 
finden. Auch sonst ist die Anordnung der Kerne bei beiden Formen 
sehr ähnlich, daher kann wohl dies hier genügen. 

Auch den inneren Organen gegenüber zeigt sich eine Konstanz der 
Lage, der Enddarm öffnet sich zwischen g, und y,, die Urgeschlechts- 


- Exkretions - 


O | 


Texthg. i. 


zelle liegt in der Gegend von /; und A;, meist wenig vor dem Kern 
dieser Zellen, die Excretionszelle liegt zwischen den vordersten Teilen 
der Zellen 9, und 77. 

Die Zelle selbst habe ich nicht studiert, doch fällt ihr großer 
Kern leicht auf allen einschlägigen Stadien unter dem hinteren Ab- 
schnitt des Oesophagus auf. Er ist schon auf Stadien kenntlich, auf 


Über Subeutieula und Seitenfelder einiger Nematoden. II. 29 


denen er noch direkt an der Oberfläche liegt. Daher erscheint aus- 
geschlossen, daß die Zelle aus derselben Gegend, wie die Reihen 
sroßer dorsaler Zellen, stammt. Auf späteren Stadien, z. B. Fig. 58, 
ist der Kern einer der größten des Embryo, mit starker Kernmembran 
und dunklem großen Nucleolus.| 

Was nun den Bau der großen Zellreihen betrifft, so ist ihr Plasma 
auf jüngeren Stadien im allgemeinen gleichmäßig und etwa ebenso 
reichlich, wie in andern Zellen. Auf älteren dagegen ist die Zelle 
plasmaarm und nur in der Nähe des Kernes findet sich eine stärkere 
Anhäufung desselben, von der aus Stränge dichteren Plasmas in die 
Zelle ausstrahlen. Dies Verhältnis bleibt erhalten auch auf älteren 
Stadien, auf denen das Seitenfeld, vom Darm abgelöst, weit weniger 
voluminös erscheint, als bei jüngeren Embryonen, vgl. Fig. 64. Mit dem 
zunehmenden Alter werden die Zellgrenzen immer undeutlicher. Da 
sie sich jedoch auch bei recht vorgerückten Individuen stets auf 
dem einen oder andern Schnitt noch erkennen ließen, glaube ich, 
daß man hier von einem wahren Syneytium nicht reden kann. 

Die Kerne aller drei Reihen sind groß, bläschenförmig, bei 
älteren Stadien radiär abgeplattet und auch in der Längsrichtung 
etwas gestreckt. Die Kernmembran ist deutlich, das Chromatin sehr 
fein verteilt, der Peripherie zu etwas verdichtet. In der Mitte des 
Kernes findet sich ein großer Nucleolus. Auf etwas älteren Stadien, 
in Fig. 56 bereits angedeutet, in Fig. 57 deutlich hervortretend, zeigt 
sich zwischen den Kernen der Seitenfelder eine Differenzierung. 
Die Kerne der Dorsal- und Ventrallinien sind einander völlig gleich, 
die der Laterallinien, also die Mittelreihen der Seitenfelder, sind 
erheblich größer, besonders fällt die beträchtliche Größe der Nucleolen 
auf. Diese Kerne sind neben dem Excretionskern die größten des 
Embryo. Die vier Schwanzkerne sind kleiner, selbst als die Dorsal- 
und Ventralkerne, blasser und besonders mit einem weit zarteren 
Nucleolus versehen. Ihre Größe übertrifft dagegen doch recht beträcht- 
lich die der Muskelkerne, immerhin könnte man nach der Struktur 
dieser Elemente Zweifel an der Zugehörigkeit zum Ectoderm haben, 
wenn nicht gerade im Hinterende die Zellgrenzen deutlich hervor- 
treten. | 

Wo stammen nun diese großkernigen Elemente her und wie ver- 
breiten sie sich über den ganzen Körper? Hierüber soll das Folgende 
noch einige. Angaben enthalten. Auf dem hinteren Rückenteil sehen 
wir bei unsrer Form von Anfang an größere Elemente, aber auch 
bei Cucullanus, wo sich dies Merkmal erst spät ausbildet, traten hier 


30 E. Martini, 


die großen Zellen gleich geschlossen auf. Anders liegen die Ver- 
hältnisse im Vorderende. Schon Fig. 66 zeigt, daß hier die Konti- 
nuität der großen Zellen unterbrochen ist zwischen /; und, abgesehen 
von der kleinen Zelle 5b, die auf diesem Stadium auch noch ober- 
flächlich zu liegen scheint. Wie weit nun doch vielleicht die Zellen 
zwischen /; und /; von diesen ihren Nachbarn überlagert sind, kann 
ich nicht entscheiden, da mir gute Chlorgoldpräparate nicht vorlagen. 
Immerhin scheint es mir unwahrscheinlich, daß die vorderen Lateral- 
zellen über die kleinzellige Enklave hinweggewandert sein sollten, 
besonders da die letztere um so deutlicher ist, je jünger das Stadium, 
vgl. Fig. 65, 52. Es scheint also, daß die großzellige Masse nicht 
kontinuierlich auftritt, oder daß wenigstens ein Teil der Zellen ihres 
Gebietes kleinkernig bleibt (oder wird) und in die Tiefe rückt. 

Ein zweiter wichtiger Punkt, der aus Fig. 66 hervorgeht, be- 
sonders deutlich aber in Fig. 55 sich zeigt, ist der, daß die großen 
Zellen ursprünglich der Stelle der späteren Mundöffnung ziemlich 
fern bleiben und dieselbe erst nach und nach durch Ausbreitung der 
einzelnen Elemente in ihr Bereich ziehen, während sie die Stelle des 
späteren Schwanzendes von Anfang an wenigstens vom Rücken her 
decken. Es ist dabei zu bemerken wie sehr bei dieser Form ursprüng- 
lich Kopf und Schwanzende ventral einander genähert liegen (vgl. 
auch Schnitt 59). | 

Drittens machte mich Fig. 55 zuerst darauf aufmerksam, daß 
auch im einzelnen die Anordnung der großen Zellen insofern eine 
andre ist denn später, als die Zellen Z, und /, lateral aus ihrer 
Reihe etwas verschoben sind. Auch dies tritt noch deutlicher auf 
jungen Stadien hervor, vgl. Fig. 5$2—54, wo die Zellen , und /; 
direkt mit 9, in einer Flucht liegen. Allein durch den Vergleich der 
Lagebeziehung dieser Zellen in successive älteren Stadien läßt sich 
zwar ihr späterer Anschluß an eine der beiden Reihen recht wohl 
feststellen. Sehr erleichtert wird dies jedoch bei unsrer Form da- 
durch, daß schon auf so frühen Stadien wie das der Fig. 53 die 
Kerne der Seitenreihen sich von denen der. Ventral- und Dorsalzellen 
deutlich durch ihre Größe unterscheiden. So konnten stets die Zellen 
l, und /, leicht aufgefunden werden. Es erhellt nun, daß durch dies 
Verständnis der Lateralreihe auch das der Ventralreihe erleichtert 
wurde. So konnten fast alle großen Zellen noch auf Stadium Fig. 52 
rekognosziert werden, vgl. die Buchstabenbezeichnung der Figur. 
Ich gebe hier anschließend eine Schilderung ihrer gegenseitigen 
Lage auf diesem jungen Stadium. 


Über Subeuticula und Seitenfelder einiger Nematoden. I. _ 31 


Gehen wir aus von den kleinen Zellen, deren Übergang in die 
bekannten 5b und £ uns die Figurenfolge 52—57 a zeigt. Die etwas ab- 
weichende Lage in bezug auf den Gesammtorganismus findet ihre 
Erklärung in der Lage des letzteren, da natürlich, sobald das Kopf- 
ende etwas mehr gesenkt ist, das Hinterende in der Dorsalansicht 
länger erscheint und umgekehrt. Die Lagebeziehung zu den andern 
Zellen, besonders denen der Rückenlinie, ist jedoch durchaus konstant. 
Auf dem späteren Stadium fanden wir die Zelle d,, über %, hier in 
Fig. 92 liegt eine Dorsalzelle unmittelbar hinter, eine vor dem kleinen 
Zellpaar. Welche von beiden wird nun d,,? Meiner Überzeugung 
nach die hintere und zwar aus folgenden Gründen. Einmal: der 
Kern d,, liegt immer links, vel. S. 27 ff., bei dem alternierenden Über- 
wandern wird er also von rechts gekommen sein. Ursprünglich der 
rechten Seite scheint nun regelmäßig der Kern hinter 5 und £ an- 
zugehören. Fig. 52 zeigt das noch leidlich deutlich; der nächste 
Kern ist wie seine Zelle unzweifelhaft linksseitig. 

Durch diese Erkenntnis und das Auffinden von 5 und % wird 
es uns nun möglich noch auf sehr jungen Stadien eine Reihe von 
Zellen wiederzuerkennen. Wir wollen hier zunächst ihre Anordnung 
auf einem Stadium besprechen, wo die beiden Dorsalreihen zu ver- 
schmelzen beginnen. In diesen Reihen finden wir hinter 5 und £ 
entsprechend der Lage des Embryo und der starken ventralen An- 
näherung des späteren Schwanz- an das Kopfende nur wenige Zellen, 
etwas mehr in Fig. 55 und bei Rhabdonema Fig. 691. Die Bezeichnung 
dieser Zellen bietet nicht die mindeste Schwierigkeit. Anders die 
Lateralreihen. 

Bei Rhabdonema allerdings stehen ihre Zellen bereits in einer 
Reihe und nur wenig erinnert die Form der Zellen /, und A, daran, 
daß sie sich wohl von der Seite her eingekeilt haben. Bei Cucullanus 
Fig. 515 ist das noch sehr deutlich und bei Nematoxys endlich lie- 
gen sie in Fig. 52 und 53 überhaupt nicht in der Flucht der übrigen 
_ Lateralreihe. Dieser Unterschied läßt sich vielleicht aus der Ge- 
samtgestalt erklären. Es dürfte der in dieser Zeit wesentlich schlan- 
kere Rhabdonema-Embryo den Zellen früher die Möglichkeit bieten 


1 Da es sich hier nur um die episodenhafte Darstellung von Vorgängen 
handelt, die den von uns in der Hauptsache betrachteten Entwicklungsstadien 
voraufgehen, mag entschuldigt werden, daß ich hier mehr als bisher die ver- 
schiedenen Formen nebeneinander bespreche. Ich werde auch des weiteren 
Rhabdonema nigrovenosum heranziehen und gebe in Fig. 50 und 51 noch einige 
Bilder von Oucullanus, die ich ebenfalls zu vergleichen bitte. 


32 E. Martini, 


hintereinander zu treten. Dasselbe werden wir auch bei den Ven- 
tralreihen finden, die bei Rhabdonema bereits völlig ihre definitive 
Anordnung besitzen. — Daß es sich bei diesen anders gestellten 
Zellen des Nematoxys-Embryo tatsächlich um 4, und /, handelt, wurde 
oben bereits besprochen, doch auch die Beobachtungen an Cxculla- 
nwus werden hierfür zur Stütze. Doch wollen wir die Dorsal- und 
Lateralreihen dieser Form erst weiter unten mitbesprechen. 

Über die vor den Kernen b und £ gelegenen Teile der Dorsal- 
und Lateralreihen habe ich nur an FAhabdonema und Nematoxys 
Sicheres ermitteln können. In der Lateralreihe zeigt Fig. 66 bei 
ersterer Form vor 5 und £ die Kerne 4% und A,, davor Z, und A,, 
dann folgt eine kleinkernige Gruppe, und von ihr beiderseits lateral- 
wärts divergierend die Zellreihen %_,, und Ag_40. Diese letztere 
Divergenz tritt bei Nematoxys Fig. 53 noch deutlicher hervor. Hier 
konnte ich auch sämtliche Zellen in derselben Lage in Fig. 52 wieder- 
finden. Bei Rhabdonema gelang dies vorwärts nur bis %, da die 
dunkle Färbung des Vorderendes weiterhin ein Erkennen mir un- 
möglich machte. Dagegen glaube ich gerade bei Rhabdonema, wenn 
auch auf dem etwas älteren Stadium Fig. 66, alle vorderen d-Kerne 
erkannt zu haben, immerhin nur sehr mühsam, so daß ich der Figur 
eine große Beweiskraft nicht beimessen kann. Die drei Zellen di, 43 
treten hier allerdings als auffällige Gruppe sehr deutlich hervor und 
zeigen sich in Fig. 65 mit d,, zusammen als direkte Fortsetzung der 
beiden Dorsalreihen, mit ihren Spitzen schon alternierend ineinander 
sreifend. Ebenso auffallend bilden die Zellen d,,_ı3 bei Nematoxys 
Fig. 92 und 95 eine besondere Gruppe, die noch die zweireihige 
Anordnung wahrt. Der Kern d,, liegt median in der bereits unpaaren 
Zelle, wie bei Rhabdonema auf dem Stadium der Fig. 66, und bei 
beiden Formen bleibt diese Anordnung dauernd. Ob die Zelle 4, 
auch bei Nematoxys ursprünglich der rechten Seite angehörte oder 
gleich medial auftrat, habe ich nicht untersucht. 

Über die ursprüngliche Lage der weiter vorn gelegenen d-Zellen 
habe ich bei Rhabdonema nichts mehr ermittelt. Sie liegen in Fig. 66 
bereits alle unpaar medial. Auf dem jüngeren Stadium Fig. 65 
liegen ebenfalls zwei Zellen medial, da ich jedoch ihre seitliche Ab- 
grenzung nicht genau feststellen konnte, besonders bei der vorderen 
nicht entscheiden konnte ob rechts und links von ihr noch groß- 
kernige Elemente lagen, so muß die Frage offen bleiben, welcher 
Zelle in der definitiven Anordnung sie entspricht. Daß diese beiden 
Zellen d,; und d,s Sind, scheint mir die Sachlage bei Nematoxys 


Über Subeutieula und Seitenfelder einiger Nematoden. II. 33 


wahrscheinlich zu machen. Bei dieser Form ist die zwischen /, und 
is gelegene Zelle wohl sicher als d,, anzusehen, da sich zwischen 
sie und d,, keine andre Zelle mehr einschieben kann. Über die 
d-Reihen weiteres zu sagen oder zu vermuten halte ich nicht für 
zweckmäßig. 

Die Ventralreihen zeigen bei dem jüngsten uns von Rhabdonema 
vorliegenden Stadium keine Besonderheiten, sondern gestreckten Ver- 
lauf. Anders bei Nematoxys. Hier treffen wir in direkter Fortsetzung 
der Reihe /,, /, einen Kern und Zelle, die ihrem histologischen Ver- 
halten nach der Ventralreihe zugehören. Der nächst vordere Kern 
‘in der gleichen Flucht gehört seinem Umfange nach offenbar schon 
zu der kleinzellisen Gruppe zwischen /, und /,, die übrigen Ventral- 
zellen liegen etwas tiefer in einer Reihe. Wie ich sie auf die späte- 
ren beziehe, zeigen die Buchstabenbezeichnungen. 

An dem leider so kleinen Cxeullanus-Embryo wollte es mir nicht 
recht gelingen, diese Verhältnisse deutlich zur Anschauung zu bekommen. 

Ich verweise daher betreffend dieses Detail auf die Figuren und 
möchte nur erwähnen, daß auch auf diesen jungen Stadien die Zell- 
anordnung, so weit sie studiert wurde, noch typisch ist. Hinter 5 
und £, die sich als deutlich tiefer gelegene Kerne leicht kenntlich 
machen, folgt jederseits eine Viererreihe alternierend georäneter 
Zellen, dann jederseits ein Paar, das weniger deutlich in der Reihe 
steht, dann weitere in deutlicher Reihenordnung. In Fig. 515 haben 
wir im ganzen im hinteren Teil der Dorsalreihen 14 Zellen, von 
denen das letzte Paar ein wenig kleiner ist als die vorhergehenden, 
es dürften das bereits die ersten beiden Schwanzzellen sein. Ähn- 
liche Elemente schließen sich auf der Unterseite in einfacher Quer- 
reihe an (y,, 83, 84, 902). Dann folgt bereits die Mitteldarmanlage. 

Seitlich von den ersten vier Dorsalkernen hinter b und £ treffen 
wir jederseits die Lateralzellen 4_;, A1_;, an Z; anschließend 4; und 
l,, dann kleinere Kerne, vor ihnen %_,.. Letztere Zellen von 4% an 
sind auf jüngeren Stadien nicht immer mit der wünschenswerten 
Sicherheit zu erkennen. Seitlich zwischen /, und , findet sich jeder- 
seits eine g-Zelle, aus der Ventralreihe ein wenig medianwärts ver- 
schoben, vor ihr stets, auch auf den jüngsten einschlägigen Stadien 
noch deutlich kenntlich drei Ventralzellen, hinter ihr meist fünf. Nur 
in Fig. 515 finden sich hier sechs in dem sich von unten her noch 
ein Element zwischen die beiden ursprünglich letzten einschiebt. 

Ganz diese Ordnung liest noch in Fig. 5la vor, einem Stadium, 


in dem die letzte (unvollständige) Hauptfurchung (vgl. 1. e. S. 9 X 
Zeitschrift £. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd 2 3 


34 E. Martini, 


und S. 42) gerade lebhaft wird. Das etwas jüngere Stadium Fig. 50 
zeigt die Verhältnisse vor dem Beginn dieser Furchung (die Teilung 
der Entodermzellen von 8 zu 16 ist im Beginn). Sie zeigt im Bereiche 
der hinteren Dorsalzellen keine Abweichungen von den vorigen Figu- 
ren, und wenn wir annehmen, daß /, noch mehr als später in dem 
Verbande der Ventralzellen liegt, auch keine im Bereiche der hinte- 
ren Lateral- und aller Ventralzellen. Die vorderen Dorsal- und 
Lateralzellen zu identifizieren ist mir nicht gelungen. Doch zweifle 
ich nach dem, was ich hier sah, nicht, daß auch dies sich bei ein- 
gehendem Studium leicht erreichen ließe. Worauf es mir hier an- 
kommt, ist das folgende. 

Das Objekt ist, was die Zellenzahl betrifft, dem der Fig. 251. ce. 
nur dadurch voraus, daß die dort fast beendete IX. Hauptfurchung 
hier völlig abgeschlossen ist und sich im Entoderm bereits die ersten 
Spindeln der letzten Teilung zeigen. Also vor der letzten ganzen 
(IX.) Hauptfurchung typische Zellanordnung aller Elemente (vgl. 
Fig. 23 u. 24 1. c.), nach derselben wenigstens in der hinteren Rücken- 
gegend wieder typische Anordnung, die dann durch keine Furchung 
mehr gestört wird. Noch interessanter als die Seitenreihen ist die 
dorsale. Hier finden wir während der ganzen IX. Hauptfurchung 
und auch später keine Zellteilung mehr. Die letzte war also die in 
Fig. 22/23 1. ec. analysierte, und es sind dieselben Zellen wie in 
letzterer Figur, die auch später diese Gegend einnehmen, und die 
durch ihren histologischen Charakter, ihre gegenseitige Lage und die 
vor ihnen auftretende Einsenkung primär eetodermaler Elemente sich 
so deutlich charakterisieren, daß man sie leicht in den auf 5 und £ 
folgenden Zellen der Dorsalreihen wieder erkennt. Von diesen wür- 
den also die vordersten der Fig. 50 gleich den Zellen y/!’x und 
cII'x der Fig. 23. (l. c.) zu setzen sein. Übertragen wir das auf 
spätere Stadien, so können wir setzen: cII!x —= dio, YIlxz —= d,, 
cI1l’y = d; usw. bis yIl’y = d;. Weiter zurück möchte ich diese 
Reihe nicht verfolgen. Wenn mir auch die Bilder späterer Stadien 
dafür zu sprechen scheinen, daß die c/2’ und y /2'-Zellen sich eben- 
falls den Dorsalreihen einordnen, in entsprechender Folge, so kann 
ich das doch nicht beweisen. Demnach dürften die vorderen d-Zellen 
im wesentlichen der Gruppe «II, die Lateral- und Ventralzellen 57 
und %#IJ angehören. Es erscheint ohne weiteres möglich, hier bei 
günstigeren Objekten, z. B. Nematoxys, noch genauere und prinzi- 
piell recht wichtige ‚Resultate zu finden. 


Über Subeuticula und Seitenfelder einiger Nematoden. II. 3 


y. Zellanordnung im Mesoderm. 


Zum Schlusse kommen wir zur Muskulatur. Wir hatten die 
anfangs (Fig. 60) noch großkernige, dann kleinkernige (Fig. 61) 
Rinne sich in die einzelnen Bänder auflösen sehen, konnten dann 
beobachten, wie sich die Elemente der dorsalen und der ventro- 
lateralen Bänder radiär streekten und den Anschluß an die sich 
bildende Cuticula gewannen. Gleichzeitig sehen wir auch hier wieder 
die aktive Beweglichkeit eintreten. Dies und die Lage der Streifen 
spricht überzeugend für ihre Bedeutung als Muskulatur. Auch hier er- 
kennen wir deutlich, wie bei Pseudahius, daß der Aufbau jedes Muskel- 
bandes aus zwei Reihen, im wesentlichen alternierend gestellter, lang- 
sestreckter Zellen besteht. Dies zeigt Fig. 7a, wo die weiter auswärts 
gelegene Reihe mit ausgeführten Kernen, die mediale mit dem Kontur 
der Kerne angegeben ist. Dies zeigt auch deutlich Fig. 58, in der 
wir das rechte dorsale Muskelband vor uns haben. Auch aus Quer- 
schnitten ist das Verhalten deutlich zu ersehen, besonders auf denen 
jüngerer Stadien, vgl. Fig. 61, wo überhaupt durch die Größe der 
Zellen alles leichter sichtbar ist. 

Doch auch in diesem System ist die Anordnung der Zellen eine 
genau präzisierte, und so unvollständig auch meine Analyse sein 
mag, die den ventralen Zellen gegenüber bisher versagt hat und auch 
in den Rückenbändern noch nicht alles zu klären vermochte, so scheint 
mir doch das, was an Resultaten gewonnen wurde, interessant genug, 
um hier mitgeteilt zu werden (vgl. Fig. 57 und 58). Wie bereits 
gesagt, stehen die Kerne alternierend. Der letzte liegt zwar nicht 
genau im Verlauf einer Reihe, sondern etwa zwischen beiden, scheint 
jedoch, soweit sich die Zellgrenzen erkennen ließen, der äußeren 
Reihe anzugehören. Der zweite Kern liest deutlich in der inneren, der 
dritte in der äußeren und so fort auf beiden Seiten. Dabei stehen 
sich rechts immer zwei Kerne näher als jeder mit dem andern Nach- 
barn, so daß lange und kurze Intervalle wechseln, und zwar ist immer 
der weiter vorn liegende äußere Kern dem hinter ihm folgenden 
genähert. Diese Annäherung ist links undeutlich, oft umgekehrt. 
Zugleich stehen rechts fast alle Kerne etwas weiter vorn, als links, 
immerhin jedoch noch so weit symmetrisch, daß man die zusammen- 
gehörigen Vierergruppen, gebildet aus je einem Kern jeder Reihe, 
wohl erkennen kann. Da nun die Distanz der beiden linken Kerne 
eine größere ist, als die der rechtsseitigen, ergibt sich folgende 
Figur (vgl. Textfig. 2%, und k, auf S. 36) für jede einzelne Gruppe. Diese 

3% 


36 E. Martini, 


Figuren können mehr oder weniger deutlich und mehr oder weniger 
spitz sein. 

Betrachten wir nun die Kernstellung im einzelnen. Die letzten 
Kerne liegen etwas hinter dem Dorsalkern d,, der rechte wenig vor 
dem linken. Die zweite Gruppe findet sich in der Gegend von ds 
und ;, sie beginnt beim Kern der ersteren Zelle mit dem inneren linken 
Nucleus, dann folgt der innere rechte, dann fast mit ihm gleich 
weit vorn der äußere linke und endlich der äußere rechte. 

Die dritte Gruppe, Kern , und , jederseits, liegt im Bereich von 
ds_,. In ersterer Zelle beginnt sie mit dem inneren linken Nucleus, 
dann treffen wir erst viel weiter vorn den inneren rechten und dicht 
bei ihm erst den äußeren linken, dann den äußeren rechten. 

Noch größer, als in dieser Gruppe, wird der Abstand in der 
nächsten, so daß ihr innerer linker Kern dem äußeren der vorigen 


kı hy 


Textfig. %. 


sehr viel näher liegt, als einer dieser Kerne seinem linken äußeren 
Gruppengenossen. Diese dritte Gruppe, jederseits Nucleus 6 und 7, 
erstreckt sich über die Zellen d, ,. In ersterer beginnt sie mit dem 
inneren linken Kern, dann kommt eine lange kernfreie Strecke, es folgt 
der innere rechte und vor ihm, fast auf gleicher Höhe, der äußere 
linke und rechte. 

Dichter zusammengedrängt erscheint wieder die nächste Gruppe. 
Sie liegt etwa bei d;, beginnt mit dem linken inneren, dann folgt der 
rechte innere und fast nebeneinanderder rechte und linke äußere 
Nucleus. 

Gruppe 6 (Nucleus 10 und 11) findet sich etwa bei d,,, beginnt 
mit dem inneren linken, an den sich etwa in gleichen Abständen der 
innere rechte, der äußere linke und der äußere rechte anschließen. 
Diese Gruppe läßt sich noch leicht erkennen, die nächst vordere gehört 


Über Subeuticula und Seitenfelder einiger Nematoden. I. 37 


schon dem durch seinen reichen Zellinhalt schwerer durchsichtigen 
Vorderende an. 

Sie ist die siebente (Kern 12 und 13), liegt in der Gegend von 
dia, beginnt mit dem inneren linken Nucleus, ihm fast gegenüber 
findet sich der innere rechte, dann folgt eine kleine Lücke und dann, 
sich wieder fast gegenüberstehend, erst der linke äußere, dann der 
rechte äußere. Wir sehen hier also die Unterschiede von links und 
rechts verschwinden. Die Kerne stehen von nun an fast symmetrisch. 

Von den schwer zu ermittelnden Gruppen glaube ich hier noch 
drei wahrgenommen zu haben: die achte in der Höhe von di; in 
der üblichen Reihenfolge der Elemente innerer linker, innerer rechter 
Nucleus fast gegenüber, äußerer linker, äußerer rechter, ebenfalls 
fast gegenüber. 

Mit meist derselben Kernfolge, in Fig. 58 etwas abweichend, treffen 
wir dann etwa bei d,, und ,; die neunte Gruppe (Kern 16 und 17), dabei 
sind aber die Kerne einander bereits viel näher gerückt als in andern 
Gruppen, so daß die Kerne fast in einer Querreihe stehen. 

Die vordersten Kerne zeigen dies noch deutlicher, die Unter- 
schiede vom linken und rechten sind nicht mehr wahrnehmbar, die 
Distanz der inneren von den äußeren Kernen ist nur angedeutet. 

Ob alle diese 19 Kerne tatsächlich Muskelkernen angehören, 
kann ich nicht mit Bestimmtheit behaupten, ich muß darüber noch 
an Schnittserien nähere Untersuchungen anstellen. 

Was nun den Bau der hier besprochenen Zellen betrifft, so sind 
es langgestreckte, verhältnismäßig schmale Elemente, die sich auf 
älteren Stadien oft sehr deutlich gegeneinander und gegen die Um- 
gebung abgrenzen. Contractile Elemente habe ich in diesen Zellen 
zwar nicht wahrgenommen, ich habe jedoch auch einerseits nur an 
Balsampräparaten untersucht, anderseits spezifische Muskeltinktionen 
nicht verwendet. Die Kerne dieser Zellen sind in jüngeren Stadien, 
bis Stadium II, rund, kugelis, blasser, als die der Seitenlinien, haben 
feinkörnig verteiltes Chromatin und einen kleinen, aber deutlichen 
Nucleolus.. In der Umgebung der Kerne findet sich stets eine An- 
häufung etwas dichteren Plasmas. Der Kern selbst füllt an seiner 
Stelle ungefähr die ganze Breite der Zelle aus, von da an wird 
dieselbe nach vorn und hinten schmaler. Da nun die nächste Zelle 
derselben Reihe nicht schon in der Höhe des Kernes der vorher- 
sehenden beginnt, so ist jede Reihe aus dickeren Stücken und 
dünneren aufgebaut, von denen sich erstere stets in die durch letztere 
gebildeten Buchten der Nachbarreihen einfügen. 


38 E. Martini, 


Rhabditis nigrovenosa. 


Von diesem unserm letzten Objekt ist das Material hier außer 
im Winter stets leicht aus Rana fusca erhältlich. 

Die Totalpräparate, mit Sublimat fixiert und mit Hämalaun 
gefärbt, waren recht brauchbar. Auf Schnitten zeigten die mit 
Pikrinessigsäure fixierten Objekte die Zellgrenzen deutlich. Oft aber 
waren die Kerne nicht so schön erhalten, daß ihre Differenzen mit 
wünschenswerter Deutlichkeit hervortraten. Dies war dagegen bei 
Sublimat-Material der Fall, doch fehlten hier die Zellgrenzen im 
Bilde oft völlig. Im übrigen traten nach der letzteren Behandlung 
‚auch die Furchungshöhle usw. deutlicher hervor. 

Das Objekt zeichnet sich unvorteilhaft durch die schwer durch- 
lässige' Eihülle aus. Dieselbe stört ein rasches Eindringen der 
fixierenden Flüssigkeit, setzt der Entwässerung recht beträchtlichen 
Widerstand entgegen und stört oft durch ihre Dicke und Falten- 
bildung die Klarheit des Bildes. 

So mag es wohl sein, daß NEuHAus’ Methode mit Essigsäure- 
karmin und Glycerin Vorzüge vor der Einschließung in Balsam hat, 
mit deren Resultaten ich nicht immer zufrieden war. 

Das Objekt, etwas kleiner als das vorige, zeigt in der Größe 
der einzelnen Zellarten geringere Unterschiede, besonders aber in der 
Beschaffenheit ihres Plasmas auf älteren Stadien ziemliche Über- 
einstimmung. Es traten daher die charakteristischen Entwicklungs- 
momente dieser Periode lange nicht so deutlich hervor wie bei 
Cucullanus, ‘doch wird man sie, sobald man nach ihnen sucht, auf 
Totalpräparaten bald auffinden. Sie sind dort fast ebenso deutlich 
wie bei der vorigen Form. Auf Schnitten dagegen traten sie recht 
wenig hervor, fast noch weniger als bei Pseudakus minor. Auffallend 
sind endlich noch die großen Spaltbildungen zwischen den Keimblättern. 


Vorgeschichte. 


Was die Vorgeschichte betrifft, habe ich eigne Untersuchungen 
nicht vorgenommen. Ich gebe das Folgende der Vollständigkeit 
halber nach der ZIEGLERSchen Arbeit. 

Die Furehung verläuft genau wie bei den übrigen Nematoden 
(ZIEGLER bezieht sich hier besonders auf die Beobachtungen, die 
SPEMANN in Bovkrıs Institut an Strongylus paradoxus gemacht hat). 
Es findet bis zu dem »Stadium von 30 Zellen (16 Eetoderm-, 4 Ento- 


Über Subeutieula und Seitenfelder einiger Nematoden. II. 39 


dermzellen, 4 Mesodermzellen, 4 sekundäre Eetodermzellen, ferner 
die Zelle G und die Zelle D) keinerlei Einstülpung oder Umwachsung 
statt«. Erst nach der nächsten Teilung der Eetodermzellen vollzieht 
sich die Gastrulation, also wenn 32 Abkömmlinge der primären 
Somazelle vorhanden sind. Es sinken dann nämlich die vier Ento- 
dermzellen in die Tiefe, während dieses Vorgangs teilen sich die 
Mesodermzellen und rücken dann medianwärts zusammen. Nach der 
nächsten Teilung der S,-, C- und D-Zellen tritt dann (Stadium von 
64 Zellen im primären Ectoderm) die Einsenkung der hinteren 
Mesodermelemente ein (unsrer »» und u-Zellen). Nach wiederum der 
nächsten Teilung (es entstehen 128 Zellen im primären Ectoderm) 
sinken dann auch vermutlich alle übrigen Mesomeren (unsre si- und 
or-Zellen) in die Tiefe (von den vordersten Gliedern dieser Gruppe 
konnte es allerdings nicht mit Sicherheit ermittelt werden). Um 
dieselbe Zeit, d.h. nach der VII. Teilung der primären Eetoderm- 
zellen (= unsrer VIII. Hauptfurchung) wird auch die Genitalanlage 
eingesenkt, die hier bereits zweizellig ist. Der Vorderdarm ist durch 
eine Einstülpung im vorderen Teil des Embryo entstanden nach der 
VIH. Hauptfurchung, also gleichzeitig etwa mit dem Verschwinden 
der Stomatodäoblasten und der Urgeschlechtszellen. 

Schnitte durch Stadien vor diesem Vorgang zeigen uns NEUHAUS’ 
Figuren 1—4. Sie erläutern uns die derzeitigen Verhältnisse des 
Keimes sehr geschickt. Ist dann endlich auch die Genitalanlage ein- 
sesenkt, dann besteht der Embryo außen aus den Abkömmlingen 
der ersten, dritten und vierten Ursomazelle. In seinem Inneren findet 
sich die Anlage des Darmes, neben der rechts und links die Des- 
cendenz der Zelle MSt liegt. Unter dem Mitteldarm liegt symmetrisch 
das Genitalzellenpaar. Der Darm selbst läßt bereits deutlich Mittel- 
und Vorderdarm unterscheiden. 

Diese Organe sind nun nicht fest verpackt wie bei den bisher 
besprochenen Formen, sondern es findet sich um den Darm, besonders 
auf seiner Rückseite, ein spalttörmiger Raum, offenbar Reste der 
primären Leibeshöhle. 


Die Genitalanlage. 


In betreff der Genitalanlage habe ich ebenfalls dem von ZIEGLER 
und NEUHAUS Ermittelten nichts Wesentliches hinzuzufügen. Die 
folgenden Sätze dienen also nur der Vollständigkeit. Von früher 
Zeit her sind die Geschlechtszellen durch ihr dunkleres Plasma 
kenntlich. Bei ihrer Größe fällt dies noch besonders auf. Der Kern 


40 E. Martini, 


ist anfangs der größte des ganzen Embryo. Vor den benachbarten 
ebenfalls großen Entodermkernen zeichnen sich die Genitalkerne 
besonders dadurch aus, daß ihr Chromatin mehr in groben Brocken 
angeordnet und nicht so fein verteilt ist wie in jenen. Später aller- 
dings wird die Chromatinverteilung eine diffusere, und es würden so 
dieselben Verhältnisse erreicht werden wie im Entoderm, wenn sich 
an dessen Nuclei nicht derselbe Prozeß abspielte. So bleibt ein 
wenn auch nur geringer Unterschied. Der von Anfang an deutliche 
Nucleolus wird später außerordentlich groß und dunkel. Dagegen 
bleibt das Plasmä der Zellen völlig homogen. Wie NeunAus angibt 
finden wir von dem Stadium an, wo das Hinterende des. Embryo das 
Kopfende erreicht hat, vier Zellen, die unter sich, soweit ich erkennen 
konnte, völlig übereinstimmen. Wie die Genitalzellen ursprünglich 
unter der Mitte des Mitteldarmes (unter der sechsten und siebenten 
Zelle jeder Entodermreihe bzw. der ursprünglich fünften und sechsten) 
liegen, so behält die Anlage des Geschlechtsapparates diese Lage im 
wesentlichen bei noch beim fast reifen Embryo, obgleich sie dann 
bereits aus zehn oder mehr Zellen aufgebaut ist. Diese Zellen grenzen 
sich geradlinig voneinander ab, wenigstens sind häufig geradlinige 
Spalten zwischen ihnen sichtbar, die auf Schrumpfung zurückzuführen 
sein dürften. Die Gesamtanlage bleibt ventral, doch scheint sie mir 
nicht genau medial zu liegen sondern nach einer Seite ein wenig 
verschoben zu sein. Immerhin bezeichnet sie mit ihrer dunklen 
Zellmasse so deutlich die Bauchgegend, daß wir darin eine wesent- 
liche Unterstützung bei der Orientierung von Totalpräparaten und 
Schnitten sehen können. Kleine Zellen fand ich ebenfalls auf 
älteren Stadien um die großen dunkeln Genitalzellen herum, ob sie 
aber Abkömmlinge dieser letzteren sind wage ich nicht zu entscheiden. 
Über die weitere Entwicklung des Genitalapparates brauche ich 
wohl nichts zu sagen. Sie liegt außerhalb des Rahmens unsrer Arbeit, 
ist außerdem bei NEUHAUS genau behandelt. | 


Mitteldarm. 


Wir gehen jetzt zu den andern Organanlagen über, deren An- 
ordnung wir bereits oben besprachen. Dieselbe wird deutlich illu- 
striert durch die Fig. 6a—7 von NeuHAus. Da wir jedoch jetzt bei 
dem Stadium angelangt sind, bei dem unsre eignen Studien anheben, 
seien hier auch die eignen Figuren angezogen. Es zeigt sich nun 
sofort die große Übereinstimmung zwischen meiner Fig. 72 und Nev- 
HAUS’ Fig. 60a. Abgesehen davon, daß das Objekt der letzteren nicht 


Über Subeuticula und Seitenfelder einiger Nematodem, II. - 41 


genau frontal getroffen sein dürfte, da die gelb gezeichneten 
Zellen rechts andern Charakter zeigen als links, und daß die Längs- 
achsen leider Schnitte miteinander einen kleinen Winkel bilden, so 
daß mein Schnitt hinten etwas tiefer geführt ist als der von NEU- 
Haus, findet sich noch eine geringe Abweichung im Alter des Ob- 
jektes. Mein Objekt ist nämlich etwas jünger. Das zeigt sich in 
folgendem. 

Vor den typischen Mitteldarmzellen zeichnet NEUHAUS zwei 
Zellen ein, von denen er die eine mit der Farbe des Entoderms, die 
andre mit einer Mischfarbe gibt, offenbar um zu bezeichnen, daß 
er über die Zugehörigkeit der Zellen zu entscheiden nicht gewillt 
ist. Die Kerne dieser beiden Zellen sind kleiner als die übrigen 
des Mitteldarmes und ohne deutlichen Nucieolus.. An derselben 
Stelle finde ich nun auf etwas älteren Stadien als dem meiner Fig. 72 
zugrunde liegenden stets zwei Paare von Zellen, von denen das eine 
dorsal und hinten dem andern auflagert. Diese vier Zellen sind in Fig. 72 
noch nicht vorhanden, während die übrigen Zellen des Mitteldarmes 
sich an derselben Stelle wie später wiederfinden, sondern an ihrer 
Stelle treffen wir zwei Spindeln. Da nun die erwähnten vier Zellen 
durch geringere Größe und kleinere Kerne vor den übrigen Entoderm- 
zellen ausgezeichnet sind, glaube ich die beiden dorsaler gelegenen 
von ihnen in den beiden eben besprochenen Zellen aus dem Frontal- 
schnitt 6@ bei NEuHAUs wiedererkennen zu dürfen. Daraus folgt 
dann die größere Jugend des mir vorliegenden Objektes ohne 
weiteres. 

Hinter den eben besprochenen zwei (bzw. vier) Zellen schließen 
sich zunächst zwölf weitere an. Alle sind etwa gleich groß mit gleich 
eroßen Nuclei, dann folgen noch vier Zellen, die auf jüngeren Stadien 
mehr als auf älteren sich von den vor ihnen gelegenen durch kleinere 
Kerne auszeichnen. Alle diese Kerne, besonders die mittleren, ent- 
sprechen der Beschreibung von NEeuHAus, nach der der »Kern der 
ruhenden Entodermzelle eine gleichmäßig feine Verteilung des Chro- 
matins aufweist und einen starken Nucleolus« besitzt. Letzterer 
bleibt immerhin kleiner als der der Genitalzellen. Daß der Kern 
blaß ist, kann ich jedoch nicht anerkennen; ich finde allerdings haupt- 
sächlich auf älteren Stadien nur einen höchst geringen Unterschied 
zwischen ihm und einem Genitalnucleus. Dagegen ist das Plasma 
der Mitteldarmzellen allerdings, besonders gegenüber den Genitalzellen, 
»durch geringe Färbbarkeit ausgezeichnet«. 

Betreffend die Zellanordnung im Mitteldarm kann ich, wie Fig. 72 


42 | E. Martini, 


und 74 zeigen, NkurmAus recht geben, wenn er dieselbe für junge 
Embryonen folgendermaßen beschreibt. Die Entodermzellen ordnen 
sich >in vier allerdings unregelmäßigen Reihen an, deren einzelne 
Glieder teilweise miteinander alternieren, man findet nämlich auf 
Querschnitten sowohl drei als auch vier und fünf Entodermzellen 
vor. Unterbrochen wird diese Anlage nur am Beginn des hinteren 
Körperdrittels an der Stelle, wo die Geschlechtszellen in die Gastrula 
eingesenkt sind. Dieselben verdrängen hier die ventralen Zell- 
gelben In der hinter dieser Stelle gelegenen Region sind, 
wie Totalpräparate zeigen, nur zwei Zellreihen am Aufbau des Ur- 
darmes beteiligt«. Immerhin muß ich betonen, daß sich die Vier- 
reihigkeit, wie Fig. 74 zeigt, höchstens zwei Zellen weit nach hinten 
erstreckt. Wir denken jedoch die Zellanordnung präziser so darzu- 
stellen: Hinter der den Übergang vom Vorder- zum Mitteldarm ver- 
mittelnden Vierergruppe (vgl. das oben S. 41 Gesagte und Querschnitt 
Fig. 76) schließt sich der übrige Mitteldarm in Gestalt von zwei 
Zellreihen an, die symmetrisch liegen. Diese Doppelreihe trifft jedoch 
nicht gerade auf den Vorderdarm, sondern biegt sich etwas ventral- 
wärts aus unter die erwähnte Vierergruppe. Wird nun dieser zwei- 
reihige Zellbogen in der Querrichtung des Tieres geschnitten, so 
versteht sich, daß auf manchen, vielleicht den meisten Schnitten, 
mehr als zwei Entodermkerne getroffen werden (vgl. Fig. 74). Natür- 
lich ist darum die Darmanlage noch nicht mehr als zweireihig. 

Auf diesen jungen Stadien erscheint der Mitteldarm noch >»in 
der Längsrichtung zusammengestaucht«. Seine Zellen zeigen beson- 
ders im hinteren Teil im Vergleich zu ihrer Länge eine sehr be- 
deutende Breite und Höhe (Fig. 74). NeuHAus hat sehr recht, wenn 
er betont, daß ein Urdarmlumen, wie es GokrTE beschreibt, sich nicht 
findet, dagegen trifft man einen deutlichen Raum seit ihrem Ent- 
stehen zwischen den bereits mehrfach erwähnten vier ersten Mittel- 
darmzellen. | 

Betreffend die Bedeutung dieser vier Zellen, dürfte ein Vergleich 
‚mit Nematoxys von Vorteil sein. Wir finden sie an der Stelle von 
dessen zwei ersten Mitteldarmzellen, und wenn wir annehmen, daß 
sie aus den diesen zwei homologen Elementen durch die in Fig. 72 
dargestellte Teilung hervorgehen, so findet sich zwischen den übrigen 
Zellen beider Arten nach Zahl und Stellung zueinander und zu den 
Nachbarorganen völlige Übereinstimmung. 

Auf dem vorliegenden Stadium mag noch auf den Raum hin- 
gewiesen sein, der sich stets deutlich zwischen Mitteldarm und Leibes- 


Über Subeutieula und Seitenfelder einiger Nematoden. I. 45 


wand findet, sowohl auf queren als auf sagittalen und frontalen 
Schnitten (vgl. Fig. 7”2—75 und bei NeuHaus 6a!, 7, 13—15, 23). 

Aus der eben beschriebenen Anlage geht nun der definitive 
Mitteldarm durch Streeckung hervor. Etwas ältere Stadien als das 
der Fig. 73 — doch auch noch nicht so alte, zeigen das folgende 
deutlich —, lassen die Anordnung der einzelnen Zellen klarer er- 
kennen. Die vordere ventrale Ausbiegung der Doppelreihe ver- 
schwindet, und letztere schließt sich direkt an die vordere Vierer- 
Sruppe von Zellen mit kleineren Kernen an. Die Elemente der beiden 
symmetrischen Reihen zeigen nur eine Andeutung von alternierender 
Stellung, vielmehr stehen sich die zusammengehörigen Nuclei ungefähr 
gerade gegenüber. Erst auf älteren Stadien tritt das Alternieren mehr 
hervor. Die Darmanlage wird durch die Streckung freier von den 
Urgeschlechtszellen, und so treffen wir jetzt über diesen stets in 
jeder Reihe die vierte und fünfte Zelle (in der Gesamtheit also die 
siebente bis zehnte, beide Male abgesehen von der vorderen Vierer- 
gruppe). Diese Zellen sind denn auch stets dementsprechend dorso- 
ventral niedriger, später auch deutlich länger als die übrigen (vgl. 
ir. 69). 

Auch für die spätesten intrauterinen Stadien hat NEUHAUS recht, 
wenn er sagt: »Mit zunehmender Größe des Körpers findet nicht 
etwa eine entsprechende Vermehrung der Entodermzellen statt, son- 
_ dern dieselben rücken weiter auseinander, so daß zwei Reihen alter- 
nierend aufeinander folgender Zellen entstehen. Die Zellen springen 
bogenförmig gegen das Lumen vor, so dab das erst kurz vor dem 
Freiwerden der Rhabditis in die Erscheinung tretende Darmlumen 
einen geschlängelten Verlauf zeigt.< Hierzu möchte ich bemerken, 
daß das Lumen denn doch beträchtlich früher entsteht als NEuHAUs 
angibt. Schon auf dem Stadium, wo der Wurm beginnt den dritten 
Schenkel zu bilden, ist es als feiner Spalt zwischen beiden Entoderm- 
reihen sichtbar (vgl. Fig. 78). Ferner zeigt die Schlängelung einen 
sehr verschiedenen Charakter. Im ersten Falle entspricht sie völlig 
der bei Cucullanus beschriebenen gestreckten Ziekzacklinie, wobei auf 

1 In bezug auf Fig. 6b bei NeunAus ist zu sagen, daß die vor den Uır- 
geschiechtszellen bis zum Oesophagus gelegenen Elemente nur zum Teil vom 
dorsalen Schnitt in diesen herabragende Mitteldarmzellen sein dürften, zum 
andern Teil dagegen dem kleinzelligen ventralen Material zuzurechnen sind. Da- 
gegen dürften die letzten in der Verlängerung des Mitteldarmes dunkelblau ein- 
getragenen Blastomeren besser hellblau sein. Wenigstens ist es mir nie gelungen 


dorsal von den Mitteldarmzellen zwischen ihnen und den Eetodermzellen auf 
diesem Stadium andre Elemente aufzufinden. 


44 E. Martini, 


jeden Zellkern ein Winkel kommt, etwa Fig. 69. Im zweiten Fall 
zeigt sich bedeutendere Schlängelung mit steileren Kurven, von denen 
manchmal bereits zwei auf eine Zelle kommen (Fig. 70). Im dritten 
Falle gewinnen wir den Eindruck, als ob die einzelnen Zellen mit 
oft verzweigten Zotten, von denen an jeder Zelle zwei große auffallen, 
in das Lumen vorsprängen. Wie jedoch der Schnitt Fig. 81 zeigt, 
handelt es sich in der Tat nicht um Zotten, sondern das noch immer 
in der transversalen Dimension viel ausgedehntere (bandförmige) 
Darmlumen schneidet aus den Zellen leistenartige Vorsprünge aus, 
die in der Seitenansicht das Bild von Zotten vortäuschen. Es läßt 
sich die starke Schlängelung des Lumens auch auf Querschnitten 
deutlich erkennen, vgl. Fig. 79c. Mag auch der Contractionszustand 
des Wurmes von Bedeutung bei dieser Erscheinung sein, so spricht 
doch der Umstand, daß die kürzeren jungen Embryonen stets den 
geringsten Grad von Schlängelung zeigen, während man sie in den 
langen fast erwachsenen und erwachsenen Embryonen stets kräftig 
ausgebildet trifft, dafür, daß hier eine physiologische Einrichtung sich 
mit dem Heranreifen des jungen Organismus mehr und mehr vervoll- 
kommnet. 

Der Kern der Mitteldarmzellen liegt auf diesem Stadium meist 
an der Basis der stärksten vorspringenden Leiste. Was seine feinere 
Struktur betrifft, so ist zu bemerken, daß er mit dem Heranreifen 
der Larve dunkler wird. Er ist auf Stadien wie Fig. 77 durch seine 
Färbung kaum von den Geschlechtskernen zu unterscheiden. Sein 
Nucleolus hat sich bedeutend vergrößert, wie ein Vergleich etwa von 
Fig. 80 und Fig. 74 oder 77 leicht erkennen läßt. Auch hierin be- 
steht größte Ähnlichkeit mit den Genitalnuclei. Endlich hat sich 
auch das Plasma beider Zellarten in gleicher Richtung insofern ver- 
ändert, als auch das der Mitteldarmzellen viel dunkler geworden ist. 
Immerhin erreicht es die Tinktionsfähigkeit der Geschlechtsanlage 
nicht annähernd, und der Unterschied junger und alter Stadien ist 
bei weitem nicht so groß wie bei Nematoxys ornatus. 

Noch ein andrer Punkt unterscheidet das Plasma der Darmzellen 
von dem der Geschlechtsanlage. Während dieses sich wie auch beim 
erwachsenen Tiere der andern Generation stets völlig gleichmäßig 
färbt, läßt sich bei jenem eine gewisse Struktur erkennen. Wie 
bei allen Nematoden liegt der Kern der Mitteldarmzelle an der Wand 
nach der symmetrischen Zellreihe zu, etwa in ihrer Mitte. Von hier 
aus strahlen wie bei Nematoxys Stränge dunkleren Plasmas in die 
Zelle aus. Dieser Umstand ist insofern besonders günstig, als so auf 


Über Subeutieula und Seitenfelder einiger Nematoden. II. 45 


Schnitten die Stelle dunkelsten Plasmas den Ort bezeichnet, wo man 
das Darmlumen zu suchen hat, und dieses sich in der dunkeln Um- 
sebung besonders gut abhebt. | 

Endlich ist noch eine Differenzierung zu erwähnen. An völlig 
erwachsenen Embryonen bemerkt man an der Innenseite der Darm- 
zellen gegen das Lumen zu eine deutliche cuticulaartige Differen- 
zierung, die auf dem Querschnitt als Ring das Lumen umgibt. Ob 
es sich hier um eine Cuticula, Stäbehensaum oder etwas andres 
handelt, konnte ich bei der Kleinheit der Verhältnisse nicht ermitteln. 

Endlich müssen wir noch, wie es unsre Gewohnheit ist, die 
Beziehungen des Mitteldarmes zur Leibeswand usw. erwähnen. Daß 
die Lage der einzelnen Zellen gegenüber der Genitalanlage noch die- 
selbe ist wie auf ganz jungen Stadien, lehrt Fig. 69. Im übrigen 
finden wir die entsprechenden Verhältnisse wie bei den übrigen 
Formen. Auf jungen Stadien liegt im Frontalschnitt, zwischen Mittel- 
darm und der großkernigen äußersten Zellenschicht jederseits noch 
eine kontinuierliche Reihe Zellen, sie fehlt hier auf älteren Stadien. 
Umgekehrt zeigt Fig. 74 für jüngere Stadien keine kleinen Kerne 
über dem Mitteldarm. Sie finden sich in etwas älteren Embryonen. 
Die Entstehung dieser Verhältnisse wird wie sonst im letzten Ab- 
schnitte ihre Erledigung finden. 


°Stomatodäum und Proctodäum. 


Daß ich auch bei dieser Art Vorder- und Enddarm nicht bespreche 
erklärt sich aus der besonderen Schwierigkeit der Beobachtung an 
diesen Körpergegenden. Ich teile hier nur kurz mit, daß ich mich 
an einigen Embryonen überzeugt habe, daß auch bei ihnen im Vorder- 
darm die Kerne stets typisch dieselben sind. 

Da mir jedoch eine Übereinstimmung mit den bei Cueullanus 
erhobenen Befunden nicht ins Auge sprang, würde bei eingehenderer 
Besprechung ein Vergleich beider Arten wünschenswert gewesen sein, 
was wiederum eine genaue Untersuchung des Nematodenoesophagus 
überhaupt vernotwendist hätte. An diese möchte ich aber meine Zeit 
nicht wenden, da bereits andre Forscher uns eine eingehende Be- 
sprechung: dieses Organs verheißen haben. 


Ectoderm und Mesoderm. 
Die Bildung der Leibeswand spielt sich wie bei den andern 
Nematoden ab. Fig. 65 zeigt die sechs Dorsalreihen, immerhin in 
schon recht geschwollenem Zustand an einem Totalpräparat. Die Bildung 


46 E. Martini, 


der unpaaren Mittelreihe, die genau wie bei Oxcullanus und Nema- 
toxys verläuft, zeigen Fig. 66 und 67, und zwar Fig. 66 ein Stadium, 
in dem alle Kerne mediodorsal liegen. Wir erkennen, daß dieser 
Vorgang hinten eher sich vollzieht als vorn. So würden wir auch 
an einem wenig älteren Stadium hinten die Kerne fast an ihren Platz 
gelangt sehen, dagegen vor der kleinen Zelle 5 und £ noch in der 
Rückenmitte. Erst Fig. 67 zeigt auch die drei nächstvorderen 
Nuclei an ihren definitiven Ort verschoben. Wir sehen hier auch 
noch die andern vier Reihen, wenigstens teilweise und erkennen, 
wie die ursprünglich seitlich gelegenen mehr und mehr nach ab- 
wärts rücken. Bei wenig älteren Embryonen ist dann die Ventral- 
reihe vom Rücken aus nicht mehr sichtbar. 

Interessant ist es auf diesen Figuren die Verhältnisse im vorderen 
Körperteil zu verfolgen. Wenn auch nicht so deutlich wie bei 
Nematoxys so sehen wir doch auch hier besonders vorn die großen 
Zellen nicht in geschlossenen Reihen auftreten, sondern erst nach und 
nach, andre Elemente in die Tiefe drängend, sich zu einheitlicher 
Schicht zusammenfügen. Sind dann endlich auch die ventralen Zellen 
beider Seiten zur Berührung gelangt, so ist dieser Vorgang abgeschlossen, 
und ein wenig älteres Stadium zeigt uns in der Seitenansicht bereits 
die gewohnten Verhältnisse und: beiderseits schon die kleinzelligen 
Reihen (Fig. 68). 

Betrachten wir die Schnitte, so illustrieren auch diese den ganzen 
Vorgang mit größter Deutlichkeit. In Fig. 75 ist die Verschmelzung 
der Mittelreihen bereits vollendet, dagegen die ventrale kleinzellige 
Rinne noch deutlich erhalten. Über ihren obersten Elementen treffen 
wir die Kerne der Dorsalreihe. Etwas jüngere Verhältnisse zeigt 
uns in dieser Beziehung noch Fig. 72, in der der Dorsalkern fast in 
der Mitte seines Feldes liegt, also sich gerade auf der Überwanderung 
befindet. Die Zellen der Ventralreihen liegen noch weit auseinander, 
das kleinzellige Material der Bauchseite daher noch frei zutage. 
Die Figurenfolge 75—78 zeigt nun einerseits deutlich die Annäherung 
der Ventralzellen aneinander und ihren eidlichen Zusammenschluß, 
anderseits die Ablösung der dorsalen kleinzelligen Streifen von der 
ventralen Rinne und das Überwandern der großen Dorsalkerne in die 
Seitenfelder. Da dieser Vorgang schon dreimal mehr oder weniger 
ausführlich besprochen wurde, verzichten wir hier wohl auf eine 
genaue Erörterung und beschränken uns auf eine kurze Figuren- 
erklärung, der wir einige kurze Anmerkungen zu der NEuHAUSschen 
Arbeit anschließen werden. 


Über Subeutieula und Seitenfelder einiger Nematoden. II. _ 47 


Fig. 75 und 76 sind Schnitte durch die Gegend vor den Geschlechts- 
zellen und zwar Fig. 76 durch die vorderste (Vierer-) Gruppe des 
Mitteldarmes. Die andern Querschnitte sind durch die Genitalregion 
geführt. Auch die Frontal- und Sagittalschnitte zeigen uns die 
gewohnten Bilder. Schnitt 72 von einem jungen Embryo läßt jeder- 
seits vom Darm noch die Reihe der kleinen Zellen erkennen, den 
seitlichen Teil der kleinzelligen Rinne. Später sind diese Zellen nach 
oben gestiegen. So fehlen sie dann auf Schnitt 73 zwischen Mittel- 
darm und Leibeswand. Die Figur stellt einen Schnitt durch den 
vorderen Teil eines Stadium II dar, der frontal von oberhalb der 
Mundöffnung etwas schräg nach hinten unten geführt ist. Er ver- 
läuft dementsprechend vorn mehr dorsal durch den Darm (durch das 
obere Zellpaar der Vierergruppe), in der Mitte mehr ventral. 

Genau dem Gesagten entsprechend zeigt Fig. 74 als Sagittal- 
schnitt durch ein junges Stadium überhaupt keine Kerne über den 
Mitteldarmzellen, wie das unserm Befund an den andern Arten ja 
auch durchaus entspricht. Entsprechende Schnitte durch ältere Stadien 
würden über dem Mitteldarm die kleinen Zellen der Muskelbänder 
aufweisen. 

Gehen wir nun zu NEUHAUS. Wir haben zunächst die Quer- 
schnitte Fig. 55, Se und 8 zu besprechen als Schnitte durch den 
entodermhaltigen, mittleren Körperteil. Bei Fig. 5 als einem sehr 
jungen Stadium haben wir noch sechs Reihen großer dorsaler Zellen, 
wie dies besonders in de deutlich hervortritt. Schon die Gesamtform 
des Schnittes zeigt, daß er nicht genau quer geraten ist. Das beweist 
in Fig. 55 auch die Entomerenzahl im Vergleich mit Fig. 7. Es ist 
daher nicht wunderbar daß in Fig. 55 die großen Eetodermzellen 
in der Zahl von acht getroffen sind. In Fig. 8 sehen wir wieder deut- 
lich, daß die dorsalen Zellen größer sind. Auch dies zeigt als 
junges Stadium noch die paarige Dorsalreihe und die unaufgelöste 
kleinzellige Rinne. Über Fig. 6a im Vergleich mit unsrer Fig. 72 
brauche ich wohl nichts mehr zu sagen. Daß unten schon klein- 
zelliges Material getroffen ist, dürfte an der Schnittrichtung liegen. 
Übrigens sind auch die Kerne der ventralen Rinne ihrer Größe nach 
vor ihrer letzten Teilung, wie ja auch teilweise in unsrer Fig. 72. 
Dagegen habe ich gegen die Farbengebung in Fig. 65 doch grobe 
Bedenken. Nach der Beschreibung, die wir oben von der Mitteldarm- 
anlage gegeben haben, ist es ausgeschlossen, daß die hellblau dar- 
gestellten Zellen entodermal sind. Sie gehören größtenteils der Rinne 
an, wären also zum Teil dunkelblau, größtenteils sogar gelb zu geben. 


48 Ä E. Martini, 


Fig. 7 zeigt ein sehr junges Stadium, jünger als unsre Fig. 7A. Dem- 
entsprechend sind die Dorsalreihen noch nicht ausgewandert und man 
sieht deutlich, daß die Differenzierung der großen Zellreihen hinten 
zuerst am stärksten ist. Die dunkelblaue Einzeichnung der Elemente 
unter dem Mitteldarm entspricht unsrer Auffassung nicht. Die 
Fig. 13, 14 und 15 sind optische Schnitte. 14 und 15 machen uns 
auch keine Schwierigkeit. Wir sehen hier deutlich die Muskelkerne 
dorsal vom Darm gelegen, wenn auch nicht alle eingezeichnet sind. 
In Fig. 14 sehen wir weniger Muskelkerne, wohl weil bei dem 
jüngeren Stadium die Kerne eben noch nicht so weit medianwärts 
verschoben sind, um in einem Sagittalschnitt durch das Entoderm alle 
sichtbar zu werden. Fig. 15 dagegen macht mir Schwierigkeit; denn 
wenn auch die stark zweireihige Anordnung der Mitteldarmzellen, bei 
einem so jugendlichen Stadium für einen beträchtlichen Einschlag 
frontaler Richtung spricht, so genügt das doch nicht um das Bild zu 
erklären. 

Die Auffassung aller dieser Figuren ist jedoch eine völlig von 
der unsrigen abweichende. Die großen Eetodermkerne sind offenbar 
übersehen, die kleinen Kerne aber als solche gedeutet worden. Daher 
überrascht uns denn nachher auch mit einem Male die Muskulatur, 
ohne daß wir recht wissen, wo sie eigentlich herkommt, wenigstens 
im mittleren Körperteil, dem offenbar keiner der den Fig. 18 bis 245 
zugrunde liegenden Schnitte angehört. So sind auch in Fig. 27 die 
schmalen langgestreckten Kerne nicht als lnae gedeutet, 
sondern als degenerierende Eetodermkerne. 


Zellanordnung im Ectoderm. 


Nach diesem Exkurs wenden wir uns wieder der näheren Zell- 
anordnung zu und beginnen mit den Längslinien Fig. 68. Die Ver- 
hältnisse liegen hier fast genau wie bei den andern bisher beschriebenen 
Formen. Wir finden drei Kernreihen. In den beiden lateralen und 
ventralen liegen die Kerne symmetrisch, in der Dorsalreihe alter- 
nierend. Dadurch haben wir wieder eine Seite auf der die Kerne 
der Dorsalreihe über denen der Ventralreihe und eine wo sie über 
denen der Lateralreihe stehen (also Schema a und 5 wie bei Cucullanus). 
Ersteres ist stets auf der linken, letzteres auf der rechten Seite der 
Fall. Allerdings sind diese Verhältnisse auch hier wieder nicht so 
deutlich, da die Dorsalkerne nicht in der Mitte der seitlichen Zell- 
grenze liegen. Bezeichnen wir nun wieder die vorderste Lateral- 
zelle als Z;,, So treffen wir zwischen /,; und , einen kleinen Kern, 


Über Subeutieula und Seitenfelder einiger Nematoden. II. 49 


hinter /, findet sich dann eine Lücke, wo wir wie bei Nematoxys 
die Zelle Z, der Cueullanus-Larve vermissen. Endlich findet sich 
dicht vor dem Schwanzende noch eine paarige Lateralzelle. In den 
Ventralreihen liegen jederseits die Kerne 910-3 medioventral ziemlich 
dicht hintereinander. Dann folgen die Zellen g,_, jede hinter der 
sleichzifferigen Lateralzelle gelegen, nur natürlich g, nicht, da wir 
vermissen. Auch in der Dorsalreihe finden wir Abweichung von Oueul- 
lanus und Übereinstimmung mit Pseudalius und Nematoxys. Es liegen 
nämlich nur die ersten sieben Kerne mediodorsal, Kern 20 bis 14. 
Der erste im Seitenfelde gelegene Dorsalkern ist also d,; und zwar liegt 
er rechts wie alle d-Kerne mit ungeradem Index, während die Kerne mit 
geradem Index sich über den Ventralkernen, also links finden!. Über 
dem kleinen Kern £ liegt also d,,, wie bei allen andern Formen. Die 
sieben vordersten Kerne liegen nun auch auf ihrer Strecke nicht gleich- 
mäßig verteilt, sondern der erste liegt unmittelbar an der Mundöffnung 
bei jungen Stadien. Es folgen dann nach einer kurzen Lücke dicht ge- 
drängt die nächsten vier, so daß es oft selbst mit starken Vergröße- 
rungen schwer ist sie alle zu erkennen. Dann treffen wir eine auffallende 
Lücke und nun folgen noch zwei mediodorsale Kerne, die zwar auch 
einander nahe stehen, jedoch ohne irgend wie den Eindruck bedrängen- 
den Raummangels zu machen. Dieselbe Kernanordnung kann man 
ja auch bei Nematoxys und Cucullanus (Fig. 13) finden und hier 
wie dort bleibt sie durch alle Stadien erhalten. Hinter der 22. Dorsal- 
zelle d_, und den Zellen g,, Y0, 1 und A_, bilden wieder vier unpaare 
Zellen den Abschluß. 

Auch die Beziehungen der inneren Organe zum Eetoderm sind 
insofern dieselben, als sich die Afteröffnung zwischen g, und yı findet. 
Die heranwachsende Geschlechtsanlage breitet sich natürlich später 
zwischen mehrere Eetodermzellen aus. 

Die Kerne der Seitenfelder gehören auch hier zu den größten 
des Embryo, trotz der Mitteldarm- und Geschlechtskerne. Dabei sind 


1 Dies Gesetz, daß die Dorsalkerne mit geradem Index links, die mit un- 
gseradem rechts stehen, habe ich fast überall bestätigt gefunden. Dagegen war 
die Stellung der letzteren über den Lateralkernen und die der ersteren über 
deren Zwischenräumen oft undeutlich, schien sogar manchmal bei Nematoxys 
dem umgekehrten Verhalten Platz zu machen (vgl. Fig. 57a). Doch muß ich 
bemerken, daß bei der Undeutlichkeit der Zellgrenzen wohl ein Fehler unter- 
gelaufen sein kann, daß die Zellgrenzen möglicherweise weit schräger nach vorn 
unten verlaufen. Immerhin erscheint mir auch die Lage der Dorsal- zu den 
Lateral- und Ventralkernen, wie sie oben angegeben wurde, die normale zu 
sein. Über die vorkommenden Varietäten siehe unten. 

Zeitschrift f, wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd, 4 


50 E. Martini, 


aber wieder wie bei Nematoxys die Kerne der Lateralreihe beträcht- 
lich größer als die der Dorsal- und Ventralreihen, die untereinander 
gleich sind. In den Kernen finden sich sehr große Nucleoli. Das 
Chromatin ist fein verteilt. In den Zelien findet sich das Plasma in 
der Nähe der Kerne verdichtet, genau wie bei Cucullanus. 


Was nun die Muskulatur betrifft, so sehen wir mit der Streckung 
der einzelnen Elemente ein Aufstreben peripheriewärts Hand in Hand 
gehen (vgl. die Schnitte). Es bilden sich dieselben vier Bänder aus 
wie bei allen bisher beschriebenen Nematoden und in denselben 
können wir genau wie bei Pseudalius und Nematoxys die meromyare 
Anordnung deutlich erkennen. Dieselbe stimmt sogar in allen Einzel- 
heiten mit der jener beiden Formen überein, wie sie bei Nematoxys 
eingehend geschildert wurde. 

Die Kerne sind kleiner als die der großen Zellen, mit deutlichem 
Nucleolus versehen und meist auf späteren Stadien entsprechend der 
Längsachse des Tieres gestreckt. 

Auf den Schnittbildern können wir, da ich auch hier keine voll- 
ständige Serie gebe, uns nur davon überzeugen, daß die Zellanordnung 
in ihren Grundzügen dieselbe bleibt wie auf jingeren Stadien. Wirfinden 
nur dieselben Abweichungen wie bei den übrigen Formen, die deut- 
lichere Isolierung der einzelnen Organe und die durch die Streckung 
bedingte relative Kernarmut der Schnitte. So zeigen uns die Schnitte 
Fig. 79 auf dem ersten Schnitt zwei Dorsalkerne und einen an- 
geschnittenen Lateralkern, auf dem zweiten den Hauptteil des letzt- 
genannten Nucleus und erst auf dem dritten den gegenüberliegenden 
Lateralkern und zwei Ventralkerne sowie wieder einen Dorsalkern. 
Auch treffen wir nicht in jedem Muskelfeld auf jedem Schnitt einen 
Kern und gar im Mitteldarm nur einen einzigen Nucleus auf der 
ganzen Strecke. Unter dem Mitteldarm finden wir hier den Anfang 
der Genitalanlage. 


Fassen wir die Tatsachen, die jetzt ermittelt sind, noch einmal 

zusammen und zwar 
1) das von andern und uns über die Furchung Ermittelte. 

a) Die Furchung stimmt bei allen bisher daraufhin untersuchten 
Nematoden bis ins Detail überein. 

b) Unter den Blastomeren lassen sich schon sehr früh organ- 
bildende Bezirke oder Zellen erkennen und zwar bereits vom acht- 
zelligen Stadium an. 


Über Subeutieula und Seitenfelder einiger Nematoden. II. _ 51 


ec) Die Furchung führt zur Bildung eines Zellmaterials von etwa 
450—500 Elementen. Es folgt dann eine Pause, in der Zellteilungen 
kaum wahrgenommen werden. 

d) Durch Umlagerung (Gastrulation der Autoren), die während 
oder erst nach der Furchung sich vollziehen kann, wird dies Material 
so angeordnet, daß die Darmanlage von der äußersten Zellschicht 
noch durch eine dorsal offene ebenfalls einschichtige Zellrinne ge- 
trennt wird. 

2) Über die Organogenese konnten wir das Folgende ermitteln. 

a) Es geht das definitive Epithel der .Körperoberfläche nur aus 
sechs Längsreihen von Zellen hervor, die im mittleren und hinteren 
Teil des Dorsum gelegen sind. Eine Zellvermehrung findet dabei 
nicht statt. 

bj Die Zellkörper und Kerne dieser Zellen rücken in die Längs- 
linien, besonders in die Seitenfelder. 

c) Außer den ventralen und vordersten Zellen der ursprünglichen 
äußeren Körperbedeckung werden bei der Ausbildung des definitiven 
Epithels noch einzelne Zellen in die Tiefe verschoben, die dem Be- 
reiche der epithelbildenden Zellen angehören. 

d) Aus den beiden seitlichen Teilen der Rinne differenzieren sich 
die vier Muskelbänder, dabei steigen die dorsalen unter den Epithel- 
_ kernen hindurch auf den Darm. Die Anordnung der Muskulatur der 
jungen Larve ist meromyar. 

3) Es zeigt sich eine hochgradig determinierte Entwicklung. 

a) Es entsteht eine Larve, die in allen bisher untersuchten Organen 
die Zellen in für alle Individuen genau gleicher Zahl und Anord- 
nung zeigt. 

b) Diese Anordnung stimmt in einigen Organen auch bei ver- 
schiedenen Arten annähernd überein. 


Rostock, im Juli 1906. 


Literaturverzeichnis 


gebe ich hier nicht (vgl. das des I. Teiles, Bd. LXXXI), ein ausführlicheres wird 
am Schlusse des embryologischen Teiles folgen. 


4* 


52 E. Martini, 


Erklärung der Abbildungen, 
Betreffend die Zeichenerklärung siehe den ersten Teil der Arbeit Bd. LXXXI. 


Tafel I. 
Pseudalius minor. Vergr. 880/1. 
Fig. 35 u. 36 Sublimat, Alaunkarmin.. Fig. 37—49 Sublimat,_Hämalaun. 


Fig. 35. Die Kerne der Leibeswand im mittleren Teile eines jungen Em- 
bıyo. a, von links spiegelbildlich, 5, von rechts. Die medialen Kerne jedes 
Muskelbandes und die Kerne der ventralen Mittellinie sind nur mit dem Kontur 
gegeben. Eingetragen sind ferner die Dorsal- und Ventralkerne des Vorder- 
endes in a; in a und 5 die Ectodermkerne des Hinterendes, in « (auspunktiert) 
die Zellen und Kerne der linken Mitteldarmreihe und die linke Urgeschlechtszelle. 

Fig. 36. Kerne der Leibeswand im mittleren’und hinteren Körperteil vom 
Rücken. Von den Eetodermkernen sind die der Dorsalreihen voll eingezeichnet, 
in denen der Lateralreihen ist nur das gröbere Chromatin eingezeichnet, von 
den Ventralkernen ist nur der Kontur gegeben. 

Fig. 37. Sagittalschnitt durch ein der Fig. 35 entsprechendes Stadium. 

Fig. 38. Frontalschnitt durch ein ganz junges Stadium. 

Fig. 39. Frontalschnitt durch den mittleren Körperteil eines etwa Fig. 35 
entsprechenden Embryo. 

Fig. 40. Sagittalschnitt durch einen Embryo, der mit Fig. 38 im Alter 
übereinstimmt. 

Fig. 41. Frontalschnitt (Tangentialschnitt) durch die Stelle stärkster Krüm- 
mung eines im Alter Fig. 36 entsprechenden Embryo. 

Fig. 42. Querschnitt durch ein jiingeres Stadium als das der Fig. 38. Die 
punktierten Kerne liegen in andrer optischer Ebene. 

Fig. 43. Querschnitt durch ein mit Fig. 33 gleichalteriges Stadium, die 
punktiert gegebenen Kerne liegen in andrer optischer Ebene als die ausgeführten. 

Fig. 44. Querschnitt durch die Gegend der Urgeschlechtszellen eines wenig 
älteren Stadiums. 

Fig. 45. Querschnitt durch einen Embryo vor Vereinigung der Ventral- 
reihen. 

Fig. 46. Querschnitt durch ein wenig älteres Stadium (etwas jünger als 
das der Fig. 35). 

Fig. 47. Querschnitte durch einen etwas älteren Embryo als der Fig. 35 
Stadium ID). «a, Schnitt durch die Urgeschlechtszellen; 5, Schnitt durch die 
Excretionszelle. Ä 

Fig. 48. Querschnitt durch ein Stadium II. 

Fig. 49. Querschnitt durch ein Stadium IV. «a, sämtliche in einen Schnitt 
fallende Bilder; 5, Schnitt durch die Urgeschlechtszellen. 


Cueullanus elegans, Fig. 50 u. 51. Vergr. 1100/1. 


Fig. 50. Embryo von der Rückseite nach der IX. Hauptfurchung vor Be- 

sinn der X. Essigsäure, Alaunkarmin. | 
Fig. 5la. Embryo während der X. Hauptfurchung (Beginn). Ebenso. 
Fig. 51bd. Embryo gegen Ende der X. Hauptfurchung. Ebenso, 


n. 


Über Subeutieula und Seitenfelder einiger Nematoden. IL. 53 


Tafel IL 
Nematoxys ornatus, Fig. 52—64. Vergr. 420/1. 
Sublimat, Hämalaun. 
Fig. 52—58 Totalpräparate. 

Fig. 52, Embryo im ersten Beginn der Verschmelzung der Dorsalreihen. 
Spiegelbild der Dorsalansicht, rot Kerne der Unterseite, die zu den Dorsalreihen 
gehören. 

Fig. 53. Die gleiche Ansicht eines wenig älteren Stadium. 

Fig. 54. Spiegelbild der Rückseite eines Embryo bei fast vollzogener Ver- 
einigung der Dorsalreihen. 

Fig. 55. Ein gleiches Stadium von der rechten Seite. 

Fig. 56. Embryo bei fast beendeter Umwachsung des kleinzelligen Mate- 
rials durch die großen Zellen. Dorsalansicht spiegelbildlich. Ein Frontalschnitt 
ist rot eingetragen. 

Fig. 57@. Die Kerne der Leibeswand eines Embryo nach Vollendung der 
Umwachsung. Die Kerne der rechten Seite sind rot eingetragen. Die Muskel- 
kerne des Vorderendes und des rechten subventralen Streifens sind nicht ge- 
zeichnet, ebensowenig die Kerne des Ectoderms auf der rechten Seite des 
Schwanzes. Fig. 575. Optischer Medianschnitt durch dasselbe Objekt. Im Vorder- 
ende sind die Organe nur angedeutet. 

Fig. 55. Embryo des Stadium Il. Kerne der rechten Seite der Leibeswand. 
Die Kerne des ventralen Muskelfeldes sind nicht eingetragen.: Im dorsalen sind 
die Muskelkerne der medialen Zellreihe nur mit der Kontur wiedergegeben. 


Fig. 59—64 Schnitte. 

Fig. 59. Medianschnitt durch ein etwa mit Fig. 53 gleichalteriges Stadium. 
Alle Kerne des Mitteldarmes sind in den Schnitt projiziert. Die Kerne der 
inneren Organe im Vorderende halb schematisch. 

Fig. 60. Frontalschnitt durch die Gegend der Urgeschlechtszellen bei 
einem etwa gleichalterigen Embryo. Unten ist eine ventrale Region des Vorder- 
endes mit getroffen. 

Fig. 61. Querschnitt durch ein etwa Fig. 56 entsprechendes Stadium. 
Gegend der Urgeschlechtszellen. 

Fig. 62. Querschnitt durch ein fast mit Fig. 58 gleichalteriges Stadium. 

Fig. 63. Querschnitt durch einen Embryo, der sich zum drittenmal einzu- 
krümmen beginnt. 

Fig. 64. Querschnitt durch ein Stadium IV. Alle vier Durchschnitte. 
Reihenfolge von vorn nach hinten wie die Größe. 

Fig. 82 siehe unter Tafel II. 


Tafel III. 


Rhabdonema nigrovenosum. Vergr. 680/1. 
Sublimat, Hämalaun. 


Fig. 65— 71 Totalpräparate. 
Fig. 69. Embryo vor Beginn der Verschmelzung der Dorsalreihen vom 
Rücken. 
Fig. 66. Gleiche Ansicht eines Embryo während dieses Vorganges. 
Fig. 67. Spiegelbild der Dorsalansicht eines Embryo nach fast beendigtem 
Vorgang der Umwachsung. 


54 E. Martini, Über Subeuticula und Seitenfelder einiger Nematoden. II. 


Fig. 68. Etwas älterer Embryo von der rechten Seite. Kerne der Leibes- 
wand (die der linken Seite rot). Von den Muskelkernen sind nur die des rechten 
dorsalen Bandes hinter dem Vorderende eingetragen. Im Vorderende sind die 
Ectodermkerne der linken Seite weggelassen. Die Muskelkerne der medialen 
Zellreihe sind nur mit der Kontur gezeichnet. 

Fig. 69. Sämtliche Kerne des Mitteldarmes bei einem Embryo, der bereits 
frei im Uterus war. Seitenansicht. 

Fig. 70, 71. Das Darmlumen zweier ausgewachsener Embryonen von der 
Seite. 

Fig. 72—81 Schnitte. 

Fig. 72. Frontalschnitt durch den Mitteldarm eines Embryo, der mit dem 
Objekt der Fig. 66 etwa gleichaltrig war. 

Fig. 73. Gleicher Schnitt, besonders durch das Hinterende eines etwa mit 
Fig. 68 gleichalterigen Embryo. 

Fig. 74. Fast medianer Schnitt. Embryo etwas älter als der der Fig. 72. 

Fig. 75. Querschnitt eines etwa gleichalterigen Embryo. 

Fig. 76. Querschnitt durch das Vorderende des Mitteldarmes bei einem 
etwas älteren Objekt. | 

Fig. 77. Querschnitt eines Embryo, der etwas älter als der der Fig. 68. 

Fig. 78. Querschnitt eines Stadium II/III. 

Fig. 79, 80. Drei aufeinander folgende Querschnitte fast erwachsener Em- 
bryonen. | 
Fig. 831. Frontalschnitt durch den Mitteldarm eines erwachsenen Embryo. 

Fig. 82. Des Raumes halber auf Tafel II untergebracht. Reife Embryonen 
in gleicher Vergrößerung. a. Oucullanus elegans, b, ec, Pseudalius minor, d, Nema- 
toxys ormatus, e, Rhabdonema nigrovenosum. 


Die Entwicklung der Ringelnatter (Tropidonotus natrix 
Boie) nach Ausbildung der Falterform bis zur Erhebung 
des Proamnios. 

Von 
Theodor Viefhaus. 


(Aus dem anat. und zool. Institut der Königl. Univ. Münster i. W.) 


Mit Tafel IV—VI und 3 Figuren im Text. 


A. Technische Behandlung des Materials und Untersuchungsmethode. 


Die vorliegende Abhandlung wurde auf Veranlassung des Herın 
Prof. Dr. BaLLowırz ausgearbeitet als Fortführung seiner Unter- 
suchungen über die Gastrulation bei der Ringelnatter!. Es stand mir 
dazu durch die Güte des Herrn Prof. Dr. BALLowITz ein sehr voll- 
ständiges und reichhaltiges Embryonenmaterial zur Verfügung, wel- 
ches von ihm selbst in Greifswald gesammelt und präpariert worden 
war. Über die Methode der Fixierung und Konservierung des Ma- 
terials macht er in seiner zitierten Abhandlung im wesentlichen folgende 
Mitteilungen. | 

Die Nattern wurden lebend und frisch gefangen in sein Greifs- 
walder Laboratorium gebracht und gleich nach Empfang mit Chloro- 
form abgetötet. Dann wurden sofort die Eier herausgeschnitten und 
teils in Eisessigsublimatlösung, teils in ZEnkerscher Flüssigkeit fixiert. 
Nach etwa 12—24 Stunden wurden von ihm die erweichten Eischalen 
entfernt, die Keimscheiben freipräpariert und vom Ei abgelöst. Darauf 
kamen die Keimhäute zum Härten in Alkohol von allmählich an- 
steigender Konzentration. Um die äußerst zarten und leicht ein- 
reibenden Embryonen ungefährdet nach Münster transportieren zu 
können, wurden sie einzeln in Celloidin eingebettet und die einzelnen 


1 E. BALLOWITZ, Die Gastrulation bei der Ringelnatter (Troprdonotus natriz 
Boie) bis zum Auftreten der Falterform der Embryonalanlage. Diese Zeitschr. 
Bd. LXX. 1901. 


56 | Theodor Viefhaus, 


Celloidinblöcke sorgfältig mit Watte in weithalsigen Flaschen in 
80 %/,igem Alkohol verpackt. 

In diesem Zustande erhielt ich das Material zur weiteren Prä- 
paration. 

Alle Untersuchungen und Präparationen wurden im zoologischen 
Institut der Kgl. Universität zu Münster vorgenommen unter der Lei- 
tung und mit Unterstützung des Herrn Prof. Dr. BALLOWITZ. 

Zunächst mußten die Embryonen von dem Celloidin befreit werden. 
Zu diesem Zwecke wurden sie in eine Flüssigkeit gebracht, die aus 
gleichen Teilen Äther und absolutem Alkohol bestand. Nachdem der 
Atheralkohol einigemal erneuert worden war und mehrere Tage ein- 
gewirkt hatte, kam das Material in Jodalkohol, um es von den Sublimat- 
niederschlägen zu befreien. 

Es sei an dieser Stelle von vornherein bemerkt, daß nach ihrer 
Befreiung aus der Celloidineinbettung die Embryonen mit der größten 
Behutsamkeit behandelt werden mußten. So wurde jedesmal, wenn 
die Behandlung des Materials mit einer neuen Flüssigkeit nötig war, 
die alte Flüssigkeit mittels einer kleinen Glasspritze abgesogen und 
dann die neue Flüssigkeit vorsichtig aufgegossen. Auch wurden die 
Schalen mit den Embryonen möglichst vor Bewegung und Ersehütte- 
rung bewahrt, um zu verhüten, daß die empfindlichen Keimscheiben 
durch Reibung und gegenseitigen Druck Schaden nahmen. Selbst- 
verständlich war das Material auf mehrere größere Schalen verteilt, 
so daß die Keimscheiben niemals übereinander lagen. Wenn trotz 
aller dieser Vorsichtsmaßregeln noch hier und da infolge der nicht 
ganz zu umgehenden Erschütterung der Schalen und besonders infolge 
der bei den späteren Untersuchungen notwendigen Berührung der 
Embryonen mit Spatel und Pinsel geringe Beschädigungen und Risse 
vorkamen, so erklärt sich das durch die außerordentlichen Zartheit 
und Empfindlichkeit der Keimhäute dieser Stadien. 

Nachdem das Material mehrere Tage in Jodalkohol gelegen hatte, 
wurden die dieser Abhandlung zugrunde liegenden Embryonen heraus- 
gesucht, in besondere Schalen gebracht und dort in 70-80 %/,igem 
Alkohol aufbewahrt. Diese Durchsuchung des sehr reichhaltigen Ma- 
terials — es bestand aus mehreren Hundert Embryonen — wurde 
wiederholt sowohl makroskopisch als auch mit der Lupe vorgenommen, 
damit ich nur ja keines von diesen seltenen Stadien übersah. So 
kamen als Material zu der vorliegenden Abhandlung etwa 30 Stadien 
zusammen, von denen allerdings noch einzelne etwas beschädigte. oder 
wenig instruktive Exemplare ausschieden. 


Die Entwicklung der Ringelnatter (Tropidonotus natrix Boie). 57 
In Anbetracht der kurzen Dauer dieser Stadien — es sind ja 
. Übergangsstadien von der Falterform zu den Stadien mit ausgebildeter 
Medullarfurche — und ihrer dadurch bedingten Seltenheit kann dieses 
Material von 28 Keimhäuten als sehr reichhaltig bezeichnet werden. 

Zunächst untersuchte ich nun die einzelnen Embryonen in un- 
. gefärbtem Zustande auf dunkler Unterlage in Alkohol mit der Leıtz- 
schen Präparierlupe, Vergr. 20, und zwar bei günstigem Tageslicht, 
da dasselbe im Gegensatz zu dem grellen Auerlicht die zarte Plastik 
der Embryonen am schönsten hervortreten läßt. Dabei zeichnete ich 
von den am meisten instruktiven Formen 22 Flächenbilder, darunter 
vier Unterseitenbilder (vgl. die Tafeln). Darauf färbte ich die Em- 
bryonen einzeln mit alkoholischem Boraxkarmin behandelte sie mit 
schwachem Salzsäurealkohol und untersuchte sie nochmals genau mit 
der Lupe. Beidiesem Studium der gefärbten Embryonen zeigten sich 
manche Einzelheiten deutlicher als an den ungefärbten Stadien, wäh- 
rend andre wiederum mehr zurücktraten. In einem ausführlichen 
Protokoll wurden alle durch diese Untersuchung der Flächenbilder 
gewonnenen Resultate genau fixiert. 

Die als Flächenbilder gezeichneten Stadien bettete ich alsdann in 
Paraffin von 52° Schmelzpunkt ein und zerlegte sie mit dem SCHANZE- 
schen Mikrotom in Serien. Die einzelnen Serienschnitte wurden mit 
Eiweißglyzerinlösung aufgeklebt und in Balsam eingeschlossen. Ich 
verfuhr dabei genau nach den ausführlichen Anweisungen, wie sie 
BALLowITz in seiner Monographie der Kreuzotter als für embryo- 
logische Untersuchungen am zuverlässigsten gibt!. Die Sehnittdicke 
betrug überall 15 «u. Die Serien wurden mit schwacher und stär- 
kerer Vergrößerung mikroskopisch untersucht und die instruktivsten 
Sehnitte mit dem Zeıssschen Zeichenapparat genau nach dem Objekt 
bei etwa hundertfacher Vergrößerung gezeichnet und in den Umrissen 
als verkleinerte Textfiguren beigegeben. Die übrigen Embryonen, 
welche Dubletten der gezeichneten darstellen, verarbeitete ich zu 
-Flächenpräparaten und schloß sie in Kanadabalsam ein. Die Unter- 
suchung derselben bei durchfallendem Lichte ergänzte die Befunde 
bei der Untersuchung der ungefärbten Stadien in auffallendem Lichte. 


B. Untersuchung der Embryonen im Flächen- und Schnittbilde. 


Bei dem Bestreben, die Embryonen nach ihrem Alter und ihrer 
dadurch bedingten Ausbildungsstufe zu ordnen und in Gruppen 


i E. BALLOWITZ, Die Entwicklungsgeschichte der Kreuzotter (Pelias berus 
Merr.). Jena 1903, Teil I, S. 21 und 22. 


58 Theodor Viefhaus, 


 sammenzufassen, treten mancherlei Schwierigkeiten zutage. Zunächst 
ist dabei mit sehr häufigen und in der mannigfachsten Weise auf- 
tretenden individuellen Variationen zu rechnen. Um einige Beispiele 
anzuführen, sei nur auf die Breite der Urmundeinsenkung, die Länge 
der Primitivrinne, die Tiefe und Breite der Rückenfurche und die 
Gestaltung des vorderen Embryonalrandes hingewiesen, wo überall . 
solche individuellen Variationen schon bei oberflächlicher Betrachtung 
der Flächenbilder in die Augen springen. Dazu kommt noch, daß 
manche Stadien in ihren einzelnen Teilen auf einer ganz verschieden 
weit vorgeschrittenen Entwicklungsstufe stehen. In dieser Beziehung 
findet sich besonders zwischen dem vorderen und dem hinteren Teile 
der Embryonalanlage nicht selten ein merklicher Unterschied. Manch- 
mal zeigt sich die vordere Region des Embryos weiter ausgebildet, 
während seine hintere Partie noch zurückgeblieben ist, und in andern 
Fällen tritt das Umgekehrte in die Erscheinung. So wären z. B. die 
Embryonen der Fig. 4 und besonders der Fig. 3 nach dem ganzen 
Gepräge ihrer Urmundgegend wohl noch zu den eigentlichen Falter- 
stadien zu rechnen, wogegen ihre Rückenfurche und die vordere Partie 
ohne Zweifel schon eine weiter vorgeschrittene Entwicklung zeigen. 
Ebenso weist der Embryo der Fig. 10 in seinem vorderen Teile und 
der Rückenfurche große Ähnlichkeit mit der Fig. 4 auf; aber die 
vorgeschrittene Ausbildung seiner Primitivrinne und seines Primitiv- 
höckers, verbunden mit dem Schwunde der ehemaligen Prostomgegend 
und der Verschmälerung der ganzen Anlage, verschaffen ihm erst den 
etwa sechsten Platz hinter dem Embryo der Fig. 4. 

Auf diese Weise war eine Einteilung des Materials auf Grund 
der Ausgestaltung der Primitivregion oder der Rückenfurche nicht 
angängig. Abgesehen von den individuellen Variationserscheinungen 
entwickelt sich die Primitivrinne von ihren ersten Anfängen auf dem 
Embryo der Fig. 2 bis zu ihrer typischen Ausbilduug bei den letzten 
untersuchten Embryonen ganz successive weiter, ohne ein charakte- 
ristisches Orientierungsstadium zu bieten. Und die Umwandlung der 
Rückenfurche in die Medullarfurche geht so allmählich vor sich, daß 
auch hier sich ein bestimmtes Grenzstadium nicht ausfindig machen 
ließ. So wurde dann schließlich auf Grund der Ausbildung der Ge- 
hirnhöckerplatte und besonders ihres vorderen Randes eine Einteilung 
des Materials in die beiden folgenden Gruppen gewählt. 


Die Entwicklung der Ringelnatter (Tropidonotus natrix Boie). 59 


1. Die unmittelbar an die Ballowitzsche Falterform sich anschließenden 
Stadien vor dem Auftreten der präcerebralen Furche und der Einsenkung 
der Gehirnhöckerplatte, 


Die ersten der dieser Abhandlung zugrunde liegenden Stadien 
zeigen mehr oder weniger noch Merkmale der von BALLOWITZ ge- 
kennzeichneten Falterform!. Diese Gruppe umfaßt elf Embryonen, 
von denen die am meisten charakteristischen in den Fig. 1—8 zur 
Darstellung gebracht sind. 

Sie erscheinen meistens vorn breiter als hinten, oft allerdings 
nur sehr wenig. Die Fig. 5 und 7 geben zwei Embryonen wieder, 
welche vorn und hinten annähernd gleich breit sind. In der Mitte 
erscheinen diese beiden Stadien merklich eingeengt. 

Ich werde nun zunächst die vordere Region, auf die es bei diesen 
Stadien nicht so sehr ankommt, im Flächen- und Schnittbilde be- 
schreiben. In dieser vorderen Partie stimmen die Embryonen dieser 
‚Gruppe im wesentlichen überein. Daran soll sich weiter unten die 
Besprechung der ungleich wichtigeren hinteren Region anschließen, 
ebenfalls zuerst im Flächen- und dann im Schnittbilde. 


1. Vordere Hälfte der Embryonen im Flächen- und Schnittbilde. 


Die lateralen Mesodermplatten treten überall breit in die Er- 
Scheinung und zeigen noch mehr oder weniger die charakteristische 
Flügelform schön ausgeprägt. Seitlich gehen sie nicht mehr so ganz 
allmählich und ohne eine deutlichere Grenzlinie zu besitzen in die 
dunkle Keimhaut über. Sie sind jetzt schon ziemlich scharf ab- 
gesetzt, so daß die Embryonalanlage sich ringsherum deutlich von 
der Keimhaut abhebt. Der mediale vordere Rand dieser Mesoderm- 
Hügel tritt nicht mehr so wulstig wie auf den vorhergehenden Stadien 
hervor. Trotzdem ist derselbe aber deutlich gegen des mesoblastfreie 
Mittelfeld vor dem Embryo jederseits durch eine flache Schattenfurche 
abgegrenzt. Bei dem Embryo der Fig. 1 sind die medialen Ränder 
etwas zackig, gebuchtet, unregelmäßig; bei allen andern sind sie 
glatt gebogen. 

Überhaupt sind bei diesen ersten Stadien die Unregelmäßigkeiten 
mehr seschwunden, und die Erhabenheiten haben sich im großen und 
ganzen nivelliert, wenigstens auf der Oberseite, während auf der 


11.e.8S. 718. und Taf. XXXII. 


60 Theodor Viefhaus, 


Unterseite der durch Zusammenfließen der Seitenhöcker! entstandene 
Primitivhöcker und der Chordastrang immer mächtiger hervortreten. 
Hand in Hand mit der Nivellierung der Oberseite hat sich eine voll- 
kommenere Symmetrie der entsprechenden Teile ausgebildet. 

Die vorderen Enden der Seitenflügel laufen in eine plumpe Zacke 
aus, deren Spitzen weit nach vorn ausgezogen sind, sich dann beider- 
seits medianwärts umbiegen, sich meistens vereinigen und vor der 
Keimanlage einen mehr oder weniger hohen Bogen bilden (vgl. 
Fig. 1—5). Dieser Bogen umschließt ein größeres, gleichmäßig ebenes» 
mesoblastfreies Feld, welches die dunkle Unterlage durchscheinen 
läßt. Davon macht der Embryo der Fig. 7 eine Ausnahme, indem 
an seinem vorderen Ende die Fortsätze nicht deutlich in die Er- 
scheinung treten. Vielmehr zeigt sich hier der Vorderrand — auch 
an den Seitenflügeln — glatt abgerundet und stark konvex gebogen. 

In der Region vor dem Bogen liegen an der Unterseite der Keim- 
haut meist noch unregelmäßig angeordnete Entodermzellmassen und 
Stränge, die auch auf der Oberseite durchscheinend sichtbar sind. 
Sie haben aber im Vergleich mit den früheren Falterformen beträcht- 
lich abgenommen und werden an den folgenden Stadien noch spär- 
licher. 

Zwischen den beiden Seitenflügeln tritt vorn auf der Oberseite 
überall ein keilförmiges, wenig gewölbtes, mit der Spitze nach hinten 
gerichtetes Mittelfeld in die Erscheinung. Meistens ragt es mit seinem 
vorderen, abgerundeten Rande über die vordere Grenze der Seiten- 
flügel nach vorn vor. 

Die nach hinten schmal und lang auslaufende Spitze des Mittel- 
feldes verliert sich in der Rückenfurche. Letztere tritt bei den Sta- 
dien der Taf. IV mit Ausnahme der Fig. 4 als dunkle, breite, dabei 
flache Einsenkung in die Erscheinung, die sich nach vorn in die 
beiden ebenfalls flachen medialen Begrenzungsfurchen der Seitenflügel 
fortsetzt. 

Die Untersuchung der Querschnitte durch diese vordere Em- 
bryonalpartie führte zu nachstehenden Befunden. Das keilförmige 
Mittelfeld des Flächenbildes ist mesoblastfrei. Die Mesodermplatten 
in den Seitenflügeln besitzen überall einen keilförmigen Querschnitt. 
Im vorderen Teile des Embryos liegen sie regelmäßig dem Ectoblast 
dicht an und sind mit ihm an ihren äußersten lateralen Enden voll- 


! In betreff der gewählten Nomenklatur sei auf die zitierten Abhandlungen 
von BALLOWITZ verwiesen, insbesondere auch auf seine Monographie über die 
Entwicklung der Kreuzotter, an welche ich mich hier anschließe. 


Die Entwicklung der Ringelnatter (Tropidonotus natrix Boie).. 61 


ständig verklebt. Sie sind hier auf den vordersten Schnitten auch 
nicht massiv, sondern weisen fast immer eine oder mehrere inter- 
celluläre Vacuolen auf. Weiter nach hinten hin erscheinen die Meso- 
blastkeile kompakt und sind mit ihren Spitzen weiter zur Medianlinie 
vorgedrungen. Auch legen sie sich jetzt regelmäßig dem Entoderm 
dicht an, um nach einigen Schnitten mit der axialen Entodermver- 
diekung zu verschmelzen. 

Diese Anschwellung der mittleren Entodermpartie ist in allen 
Serien auch in den vordersten Schnitten vorhanden und oft sehr stark 
entwickelt. In den vordersten Schnitten ist die Verdickung am flach- 
sten, indem dort das Entoderm erst ganz allmählich zur Mittellinie 
hin anschwillt. In den’ folgenden Schnitten nimmt die Anschwellung 
an Dicke zu, wird dabei nach und nach schmäler und wölbt sich 
zunächst stärker nach oben vor, wodurch sie sich fest an das dicke 
Eetoderm andrängt und den Raum zwischen den Mesoblastblättern 
ausfüllt, diese selbst trennend. Die nach hinten folgenden Schnitte 
zeigen dasselbe Bild. Nur wölbt sich die axiale Entodermverdiekung 
jetzt auch nach unten etwas vor und wird so allmählich zu einem 
ovalen Wulst, der sofort als Chordaanlage kenntlich wird. Sie 
drängt nun das mediale Eetoderm noch stärker nach oben empor, 
wodurch das weißliche Mittelfeld der Flächenansicht etwas gewölbt 
_ hervortritt. 

In den nächsten Schnitten sind dann auch schon, wie oben er- 
wähnt, die medialen Spitzen der Mesoblastblätter jederseits mit der 
als Chordaanlage charakterisierten Entodermverdickung in Zusammen- 
hang getreten, so daß ein Trennungsspalt dazwischen nicht mehr 
festgestellt werden kann. Gleichwohl ist die Chordaanlage auch jetzt 
noch leicht zu unterscheiden, da sie einerseits sich nach oben und 
unten stärker vorwulstet als die Mesoblastblätter, anderseits ihr Ge- 
webe dichter angeordnet ist und ähnlich wie das Eetoderm aus 
hohen Cylinderzellen besteht. Dazu kommt in den nächsten Schnitten 
noch folgendes. 

Bis jetzt setzte sich das Entoderm von seiner chordalen Ver- 
diekung aus lateralwärts als einschichtiges, dünnes Blatt kontinuierlich 
fort. Auf dem folgenden Schnitte nun hat sich die axiale, als Chorda- 
anlage charakterisierte Verdiekung des Entoderms von dem lateralen 
Entoderm abgelöst. Es ist hier bei stärkerer Vergrößerung beider- 
seits ein deutlicher, sehr feiner Spalt zwischen dem Chordaentoderm 
und dem lateralen Entoderm festzustellen. Auf diese Weise ist die 
Chordaanlage auf sieben Schnitten vollständig von dem lateralen 


62 Theodor Viefhaus, 


Entoderm isoliert, und letzteres stellt jetzt zwei seitliche Blätter dar, 
welche in der Mitte keinerlei Zusammenhang mehr haben und nur 
bis an die Chorda heranreichen, ohne sich vorläufig unter dieselbe 
zu erstrecken. Letzteres geschieht erst in dem folgenden Schnitte, 
wo sich die beiden Entodermblätter allmählich von der Seite her 
unter die Chorda zur Medianlinie hin gegeneinander schieben. Nach 
sechs Schnitten ist bei dem Embryo der Fig. 2 dieser Prozeß beendet; 
die beiderseitigen Entodermblätter haben sich unter der Chorda vereinigt, 
so daß jetzt die ganze Anlage von der einschichtigen, aus Platten- 
zellen bestehenden Entodermschicht unterwachsen ist. 

Weiter nach hinten unter der Rückenfurche wird die Chorda- 
anlage, die sich vorher stärker entwickelt zeigte als die Mesoderm- 
blätter, ziemlich platt, während jetzt die Mesodermblätter zu mächtigen 
Wülsten angeschwollen sind, die noch in Zusammenhang mit der 
Chorda stehen. Die platte Chordaanlage’ verbindet also hier in dem 
Schnittbilde als schmale Leiste die beiderseits sehr mächtigen und eine 
starke Wölbung der Seitenflügel hervorrufenden Mesoblastwülste. 


2. Hintere Hälfte der Embryonen im Flächen- und Schnittbilde. 


Die hintere Partie ist bei diesen Embryonen die wichtigere, in- 
dem sich hier die Primitivorgane aus dem Primitivblastem zu ent- 
wickeln beginnen. Beim Studium der Primitivregion konnte ich 
einige sehr interessante Bildungen feststellen, welche ich nachstehend 
sowohl im Flächen- als auch im Schnittbilde ausführlicher besprechen 
werde. 

In ihrer hinteren Region werden die Stadien allmählich schmäler, 
indem die an den Falterformen meist so sehr seitwärts und nach 
hinten ausgezogenen Fortsätze der hinteren Enden der Seitenflügel 
sich verkleinern und die äußeren Partien des Hinterendes sich mehr 
medianwärts zu der Urmundeinsenkung hin konzentrieren. Dabei 
entstehen neben der Urmundeinsenkung bald mehr oder weniger nach 
unten gewölbte Seitenhöcker, die den Seitenflügeln mit nur einigen 
Ausnahmen nach hinten einen abgerundeten Abschluß geben. 

Eine Blastoporusöffnung konnte auf der Unterseite bei keinem 
Embryo mehr festgestellt werden. Der Urmund bzw. ein KuPrrErscher 
Kanal perforiert also nicht mehr auf der Unterseite, so daß bei diesen 


! Einen entsprechenden Vorgang haben schon STRAHL und HOFFMANN 
(vgl. das Literaturverzeichnis am Schlusse dieser Arbeit) auch bei einem etwas 
älteren Embryo von Lacerta agilis übereinstimmend beobachtet. Vgl. auch die 
Monographie der Kreuzotter von BALLOWITZ. 


Die Entwicklung der Riugelnatter (Tropidonotus natrix Boie). 63 


Stadien keinerlei Kommunikation zwischen Subgerminalhöhle und 
Keimoberfläche besteht. Doch ist die Stelle des ursprünglichen Ur- 
mundes noch sofort erkennbar an der tiefen, meistens gerade nach 
unten gehenden, schmalen Einsenkung, die im Oberflächenbilde dunkel 
und gut begrenzt erscheint. Auf den Embryonen der Fig. 3 und 4 
tritt die Urmundeinsenkung sehr breit in die Erscheinung und geht 
noch schräg etwas nach vorn unter die minimal emporgehobene 
Vorderlippee Die Urmundeinsenkung wird vorn und seitlich durch 
die Vorderlippe scharf U-förmig begrenzt und eingeengt. Die Vorder- 
lippe selbst hat sich mit ihren lateralen Enden nach hinten um- 
gebogen und ist oft mit den Enden der Seitenflügel weit nach hinten 
ausgezogen. Bei den Embryonen der Fig. 3 und 4 treten diese Vor- 
derlippenfortsätze neben der Urmundeinsenkung deutlich lippenartig 
hervor und sind von den mehr lateralwärts gelegenen Partien der 
Seitenflügelenden durch sanfte Schattenbögen abgesetzt. 

Bei den übrigen Embryonen konnten solche Seitenlippenwülste 
im Flächenbilde nicht beobachtet werden. Vielmehr sind dort die 
ganzen hinteren Partien der Seitenflügel einheitlich hügelartig empor- 
sewölbt, so daß hier überall zwei ziemlich flache rundliche Seiten- 
höcker in die Erscheinung treten, welche medianwärts bis an die 
Urmundeinsenkung ohne Vermittelung von Seitenlippen oder Epithel- 
‚ wülsten heranreichen (vgl. Fig. 1, 2, 6, 7 auf Taf. IV). 

Die Urmundeinsenkung liegt immer symmetrisch in der Median- 
linie mit nach hinten gerichteter Konkavität. Sie setzt sich nach 
hinten hin, etwas an Breite zunehmend, mit einer ziemlich langen 
Rinne fort, welche aber bald an Tiefe verliert. Diese Rinne führt, 
von hinten her nach vorn hin allmählich tiefer und schmäler wer- 
dend, gewissermaßen zu der tiefsten, direkt unter dem hinteren Rande 
der Vorderlippe befindlichen Stelle hinunter. 

Eine ähnliche Rinne hat BALLowIrz an entsprechenden Ent- 
wicklungsstadien der Kreuzotter gefunden und sie als »Metastomrinne« 
gekennzeichnet!. Wenn ich diese Bezeichnung auf die entsprechenden 
Bildungen bei der Ringelnatter übertrage, so muß ich dabei hervor- 
heben, daß in bezug auf dieses Blastoporusstadinm zwischen den 
beiden Ophidiern manche Verschiedenheiten zutage treten, auf die 
ich in dem letzten Kapitel noch näher einzugehen habe. 

Diese Metastomrinne schließt sich auch bei der Ringelnatter an 
das ursprüngliche Prostom an. Der Verschluß des Kurrrerschen 


1]. c. S. 124ff. 


64 | Theodor Viefhaus, 


Kanals hat sich ja schon bei den früheren Falterstadien vollzogen. 
Auch seine obere Öffnung hat sich dort geschlossen. Die dabei mit- 
wirkenden Faktoren, insbesondere das in manchen Fällen konstatierte 
Auftreten und Abstoßen eines Epithelpfropfes am Hinterrande der 
Vorderlippe beschreibt BALLOwWITz in seiner schon mehrfach zitierten 
Abhandlung über die Gastrulation bei der Ringelnatter!. Infolge 
dieser Prozesse ist bei den letzten von BALLOWITZ untersuchten und 
beschriebenen Stadien die früher tiefe Prostomöffnung ziemlich flach 
geworden und nur als sanfte, hinter der ebenfalls etwas abgeflachten 
Vorderlippe gelegene Einsenkungsstelle bestehen geblieben. 

Auf den vorliegenden, sich an die Falterformen anschließenden 
Stadien tritt diese Urmundeinsenkung nun wieder etwas tiefer in die 
Erscheinung, hauptsächlich wohl infolge des schon erwähnten Sich- 
emporwölbens der Seitenhöcker und Seitenlippen. Dabei wachsen 
die Seitenlippen mehr und mehr medianwärts vor, wodurch die Me- 
tastomrinne langsam etwas eingeengt wird. Dieses direkt medianwärts 
gerichtete Vorwachsen der Seitenlippen geschieht aber zunächst nur 
bis zu einem gewissen Grade und bei weitem nicht so energisch, wie 
das auf entsprechenden Stadien der Kreuzotter der Fall ist. 

Die Seitenhöcker werden bei dem Embryo der Fig. 1 durch eine 
allerdings flache und schmale, aber noch nicht durchtrennte Leiste 
verbunden, welche die ursprüngliche Vorderlippe des früheren Ur- 
mundes darstellt. Bei den folgenden Stadien ist sie überall von einer 
engen und mehr oder weniger tiefen Furche durchschnitten, die an- 
fangs ausnahmslos extramedian angeordnet ist. Letzteres hat seinen 
Grund darin, daß zunächst die Rückenfurche nach hinten hin zwei, 
sich allmählich verschmälernde flache Ausläufer aussendet, welche 
zwischen sich in der Medianlinie einen weißlichen Längswulst, einen 
Vorderlippenwulst, einschließen. Einer dieser beiden Zipfel der 
Rückenfurche, und zwar merkwürdigerweise stets der linke, durch- 
trennt sehr bald die Vorderlippe, so daß jetzt die breite Rückenfurche 
durch diese schmale, immer nach links extramediane Furche mit der 
Metastomrinne verbunden ist. Eine gleiche Furche hat BALLOWITZ 
auch bei der Kreuzotter gefunden und als »Verbindungsfurche« be- 
zeichnet?. Bei der Ringelnatter bleibt diese Verbindungsfurche über- 
all sehr kurz und geht nach hinten bei dem nun folgenden Ver- 
wachsungsprozeß bald in die Primitivrinne über. 

Die Fig. 2 bringt die Oberflächenansicht eines Stadiums, bei 


1]. c. 8. 722 ff. 2]. c. 8.137. 


Die Entwieklung der Ringelnatter (Tropidonotus natrix Boie). 65 


welchem die Bildung der Verbindungsfurche soeben erfolgt ist. Der 
Hinterrand der Vorderlippe ist nicht mehr glatt und abgerundet, son- 
dern hat sich in die Verbindungsfurche hinein nach vorn ausgezogen". 
Letzteres ist in Fig. 5 und 6 noch viel mehr der Fall. Fast überall 
erscheint die Verbindungsfurche ferner kurz nach ihrer Bildung stärker 
oder schwächer gekrümmt, und zwar mit der Konkavität nach rechts 
gerichtet, hier den Vorderlippenwulst begrenzend. Am stärksten tritt 
ihre Krümmung in der Fig. 3 in die Erscheinung. Dort ist die Ver- 
bindungsfurche auch ganz flach und etwas breiter. Letzteres gilt auch 
für die Verbindungsfurche der Fig. 4; nur verläuft sie bei diesem 
Stadium ziemlich gerade und fast genau in der Mittellinie. In den 
beiden letzteren Figuren erscheint der Hinterrand der Vorderlippe 
noch glatt und abgerundet und durch die schräg nach vorn gehende 
Urmundeinsenkung etwas nach oben emporgehoben, so daß hier im 
Oberflächenbilde helle Lichter stehen, die noch mehr durch einen 
zarten Schattenbogen hervortreten, der sie nach vorn umgibt. 

Die Primitivrnne bildet sich bei der Ringeinatter zuerst an 
dem hinteren Ende der Verbindungsfurche, dort wo sich der Hinter- 
rand der Vorderlippe winklig in die Verbindungsfurche nach vorn 
hineinzieht. Diese weiter oben schon beschriebene Einknickungsstelle 
über und vor der Urmundeinsenkung vertieft sich bald noch etwas 
und wird dadurch, daß die Epithelwülste der lateralen Vorderlippen- 
 reste und der Seitenlippen medianwärts vorwachsen und schließlich 
in der Mittellinie unter Bildung einer schmalen Rinne zusammenstoßen, 
zur typischen Primitivrinne. Das ist in Fig. 2 bereits eingetreten. 
Indem dieser Prozeß, das Zusammenfließen der seitlichen Epithelwülste 
in der Medianlinie, von vorn nach hinten hin successive über die 
sanze Metastomrinne fortschreitet, die dabei ausgefüllt wird, Fig. d 
und 6, nimmt die Primitivrinne bald bedeutend an Länge zu. Hinten 
differenzieren sich die Epithelwülste beständig weiter und dringen 
dann stetig gegeneinander zur Mittellinie hin vor. Auf diese Weise 
schreitet das Wachstum der erst so kurzen Primitivrinne nach hinten 
hin fort, manchmal bis zu der stattlichen Länge, wie sie uns in den 
Fig. 7 und 8 entgegentritt. Dementsprechend wird die Metastom- 
rinne successive von vorn nach hinten hin verkürzt, so daß sie 
schließlich nur noch eine wenig nach vorn vorspringende Einkerbung 
des hinteren Randes der Embryonalanlage darstellt. 


ı Diese Stelle, also die hintere Fortsetzung der Verbindungsfurche zwischen 
Verbindungsfurche und Metastomrinne, ist schon echte Primitivrinne, wie die 
weiter unten zu besprechenden Sehnittbefünde unzweifelhaft dartun. 

Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. 5 


66 Theodor Viefhaus, 


Der Vorderlippenwulst wird schon vorher mehr und mehr an den 
rechten Seitenhöcker gedrängt (Fig. 5 und 6), so daß hier an der 
rechten Seite der trennende hintere Ausläufer der Rückenfurche ganz 
verschwindet, wie es auf dem Embryo der Fig. 7 bereits eingetreten 
ist. Zugleich hat die Verbindungsfurche ihre Bedeutung verloren: 
Auf dem Embryo der Fig. 6 stellt sie noch die Verbindung zwischen 
Rückenfurche und Primitivrinne dar, auf dem Embryo der Fig. 7 ist 
sie schon nicht mehr vorhanden. 

Hand in Hand damit geht die Geradestreckung der Primitivrinne 
und ihre Verschiebung zur Medianlinie des Embryos hin. Die Fig. 8 
auf Taf. V führt uns das vorläufige Endresultat aller dieser Vorgänge 
vor Augen. Wir sehen dort die sehr lange, schnurgerade Primitiv- 
rinne genau in der Medianlinie verlaufen. Sie verbindet die breite 
und flache Rückenfurche mit der Einkerbung am hinteren Rande des 
Embryos, die den letzten Rest der anfangs beträchtlich langen und 
breiten Metastomrinne darstellt. 

Bei den ersten Stadien, wie sie die Fig. I—6 wiedergeben, tritt 
in der Metastomrinne ein meistens ziemlich schwacher, weißlicher 
Streifen in die Erscheinung. Derselbe liegt im allgemeinen in der 
Medianlinie. Sowohl vorn wie seitlich ist er durch deutliche, dunkle 
Furchen von den benachbarten Partien der Seitenhöcker abgesetzt. 
In der Fig. 1 ist dieser Streifen ganz schmal und nach vorn spitz 
ausgezogen, entsprechend der engen Öffnung der Rinne, in der er 
liegt. Dabei ist er ziemlich flach. Hinter der Embryonalanlage 
verbreitert er sich auffallend zu einem großen, weißlichen, unregel- 
mäßigen und nicht scharf begrenzten Felde. Letzteres besitzt aber 
wohl keine besondere Bedeutung und konnte auch auf den Schnitten 
nicht konstatiert werden. Bei den “übrigen Embryonen fehlt es auch 
im Flächenbilde. Direkt hinter dem Embryo gehen von diesem Felde 
beiderseits ebenfalls sehr flache und nicht scharf begrenzte Quer- 
streifen aus, die ziemlich senkrecht zur Medianlinie der Keimanlage 
verlaufen. Bei dem Embryo der Fig. 2 tritt der Streifen in der Me- 
tastomrinne nur schwach hervor, so daß er sich nach hinten hin bald 
verliert. Dagegen zeigt ihn die Fig. 3 und noch mehr die Fig. 4 
als förmlichen medianen Wulst von beträchtlicher Länge ausgebildet. 
Die ersten Anfänge dieses Wulstes waren schon auf einigen von 
BArLowırz abgebildeten Falterstadien zu konstatieren!. Abgesehen 
von dem Embryo der Fig. 1, wo der Streifen überhaupt eine andre 


1]l.c. Vg. Taf. XXXIII, Fig. 39—41. 


Die Entwicklung der Ringelnatter (Tropidonotus natrix Boie). 67 


Beschaffenheit besitzt, wie die Querschnitte lehrter (vgl. weiter unten), 
hebt sich der Längsstreifen überall mit seinem vorderen Ende am 
meisten plastisch empor und wird nach hinten niedriger. Nicht selten 
ragt er hinten etwas aus der Metastomrinne heraus, wo er dann ganz 
allmählich vollständig schwindet (vgl. Fig. 3 und 4). 

Um nun auf die Bedeutung dieses Streifenwulstes in der Me- 
tastomrinne zu kommen, so lehrt schon die Untersuchung der Flächen- 
ansicht, daß er mit dem von BartLowItz an den vorhergehenden 
Falterformen beim Verschluß des ursprünglichen Prostoms gefundenen 
Epithelpfropf nichts zu tun hat. Dieser Epithelpfropf löst sich zwar 
bald von der Vorderlippe, wird nach hinten hin abgestoßen und bleibt 
auch noch eine Zeitlang an der Oberfläche der Embryonalanlage 
liegen!; aber da er aus in Degeneration begriffenen Zellen besteht, 
die schon bald »detritusartig erschienen!«, so ist es ausgeschlossen, 
daß Reste davon noch so lange und als solehe förmlich plastisch erschei- 
nenden Wülste von der Ausdehnung, wie sie in den Fig. 2, 3 und 4 
auftreten, bestehen geblieben sind. BALLowırz selbst hat bei Unter- 
suchung des Epithelpfropfes diesen Eindruck auch schon gehabt, 
wenn er von ihm schreibt: »Nach der Abstoßung löst sich die Zell- 
masse nun jedenfalls bald auf!«, und dann an etwas späteren Stadien 
nur noch verschwindende Reste des Pfropfes konstatieren kann. 

Nun liegt es nahe, bei diesem Streifenwulst an die von BALLOWITz 
bei entsprechenden Stadien der Kreuzotter aufgefundene »Metastom- 
leiste« zu denken?. Ich trug aber anfangs Bedenken, den Streifen- 
wulst bei der Ringelnatter mit der Metastomleiste der Otter ohne 
weiteres voll und ganz zu identifizieren: im Grunde ist aber ihre 
Entstehung auf die gleichen mechanischen Faktoren zurückzu- 
führen. Die Hauptunterschiede bestehen, um es an dieser Stelle nur 
kurz zu erwähnen, darin, daß bei der Kreuzotter die Metastomleiste 
ganz fest in der Rinne eingeklemmt liegt, indem die Seitenlippen 
und Seitenhöcker neben ihr intensiv zur Medianlinie hin drängen 
und zwar hauptsächlich mit ihren hinteren Partien. Diese median- 
wärts gerichtete Kompression geschieht dort oft so energisch, daß 
die Leiste dadurch deutlich eingeschnürt und sogar manchmal etwas 
von der Seite her überwachsen wird. Das ist bei der Ringelnatter 
anders. Scharf sich absetzende Epithelwülste, als welche bei der 
Kreuzotter zum Teil die Seitenlippen des Metastoms auftreten und die 
dazwischenliegende Zellenmasse durch ihr Vorwachsen zusammen- 


1 BALLOWITZ, Ringelnatter, 1. c. S. 727. 
2 BALLowıtrz, Kreuzotter. 1. ce. 8. 727. 


OU 


68 "Theodor Viefhaus, 


pressen, sind bei der Ringelnatter nicht vorhanden. Bei der letzteren 
liegt die Leiste frei in der weiten Metastomrinne, so daß meistens 
zwischen ihr und den Seitenlippen ein breiter Raum besteht, wie 
ein Blick auf die Fig. 2, 3 und 4 auf Taf. IV sofort bestätigt. Aber 
auch hier haben bei Entstehung der Metastomleiste Kompressionen 
mitgewirkt, wie die weiter unten zu besprechenden Schnittbefunde 
durch diese Region dartun. 

Solche Kompressionen sind an den hinteren Enden dieser Stadien 
gar nichts Seltenes, und ihre Wirkungen treten sehr häufig schon 
bei Untersuchung des Oberflächenbildes ganz deutlich in die Er- 
scheinung. So ist die charakteristische, äußerst plastisch hervor- 
tretende, radiäre Streifung an den hinteren Enden der Keimanlagen, 
die sich außer bei den Embryonen der Fig. 3 und 4 noch bei zwei 
weiteren ähnlichen Stadien in fast derselben Schönheit beobachten 
ließ, nichts andres als das Produkt mannigfacher, medianwärts ge- 
richteter Kompressionen und Verschiebungen von Zellkomplexen in 
den betreffenden Partien. 

Diese sofort auffallende Streifung geht von den nach hinten 
vorgewachsenen Seitenlippen des Metastoms aus, die selbst sich 
beiderseits als Streifenwülste direkt nach hinten und lateralwärts 
hinziehen. Ein solcher als Verlängerung der Seitenlippen gekenn- 
zeichneter Streifen ist beiderseits schön gebogen überall vorhanden, 
und zwar ist derselbe stets etwas plastischer angelegt und deutlicher 
zu verfolgen als die andern Streifen. Ebenfalls senkt sich überall 
der Hinterrand dieses Streifens etwas stärker in die Tiefe, wodurch 
jederseits. eine in die Urmundeinsenkung führende Furche entstanden 
ist (vgl. besonders Fig. 3 und 4). Diese plastischen Streifenmassen 
scheinem nach ihrem Aussehen die Tendenz zu haben, nach vorn 
in das Metastom und das Gewebe der sich bildenden Seitenhöcker 
hinein zu fließen. So entstehen auch die Kompressionen in dem 
vorderen Teile der Metastomrinne, welche das Herauspressen der 
Metastomleiste daselbst mitbewirken. Freilich die äußersten Streifen- 
partien seitlich und hinten würden bei den erwähnten Vorgängen 
wohl nicht mehr in die Seitenhöcker gelangen können, da die Voll- 
endung derselben vorher abgeschlossen ist. Die am meisten seit- 
wärts und nach hinten gelagerten Streifenpartien flachen sich all- 
mählich ab und trennen sich anscheinend bisweilen von den übrigen. 
In der Fig. 3 sind solche abgeschnürte Streifenstücke seitlich sicht- _ 
bar und in der Fig. 4 sind die hintersten Streifen ganz flach und 
undeutlich. Überhaupt sind die Enden der einzelnen Streifenwülste 


Die Entwicklung der Ringelnatter (Tropidonotus natrix Boie). 69 


nicht scharf abgesetzt oder emporgewulstet, sondern sie heben sich 
erst allmählich aus dem Gewebe der Keimhaut hervor. 

Die Gestalt des ganzen Streifungsfeldes ist individuell verschieden. 
Zunächst wird das Feld durch die mediane Metastomrinne in zwei 
Hälften zerlegt, die im großen und ganzen symmetrisch zueinander 
angeordnet liegen. Bei dem Stadium der Fig. 3 waren keine ganz 
durchgehend ausgebildete Streifen vorhanden, sondern es war nur 
der Rand des Feldes tief und unregelmäßig zackig und eingekerbt, 
so daß ein hahnenkammartiges Gebilde zustande kam. Abweichend 
davon zeigt die folgende Figur auffallend schöne, plastisch hervor- 
tretende, lange Streifen, die radiär von der Vorderlippe ausstrahlen 
und sie mit einem Strahlenkranze umgeben. Die einzelnen weißen 
Streifen sind durch lange dunkle Furchen getrennt, die sich fächer- 
artig anordnen. Die Fächerform des Streifungsfeldes wurde in der 
Schönheit und Größe der Fig. 4 nur an diesem einen Präparat beob- 
achtet, wo das Streifungsfeld dem ganzen übrigen Teil der Em- 
bryonalanlage an Ausdehnung fast gleichkommt. Überall sind die 
Streifungen nur im Oberflächenbilde zu konstatieren; auf der Unter- 
seite konnte nirgends die leiseste Spur davon entdeckt werden. Auch 
das Studium der Schnitte bestätigte, daß diese Streifungen nur in 
der oberen Lage des Blastems angelegt sind. 
| Eine ähnliche, und wohl auf dieselben Ursachen zurückzuführende 

Bildung konnte bei dem Embryo der Fig. 7 festgestellt werden. 
Dort finden wir an Stelle des plastischen Streifenfeldes zarte, schleier- 
ähnliche Bildungen, die weit nach vorn und seitlich divergieren. An 
der linken Seite sind auch noch zarte Streifungen angedeutet. 

In der Fig. 5 zeigt der Embryo hinten weit auslaufende Spitzen, die 
ebenfalls zu den charakteristischen, bei dem Hervorwulsten der hinteren 
Embryonalpartien auftretenden und mitwirkenden Bildungen gehören. 

Überhaupt habe ich nur bei den beiden in den Fig. 2 und 6 
dargestellten Stadien solche Bildungen vermißt, sonst waren wenigstens 
schwache Reste davon vorhanden. Damit zusammenhängend sei 
noch hervorgehoben, daß alle Embryonen, die am Hinterende Strei- 
fungs- oder Schleiererscheinungen besaßen, auffallend kräftig und 
vollendet ausgebildet waren. Sie zeigten überall schöne, volle Linien 
und abgerundete Formen. Gewissermaßen von Kraft strotzend hoben 
sie sich sehr plastisch von der Keimhaut ab und überragten auch 
oft an Größe und Breite die andern. Dieser Befund stützt auch 
meine schon oben geäußerte Vermutung, daß die charakteristischen 
Bildungen am hinteren Ende der Anlage dem Embryo sehr reichlich 


70 Theodor Viefhaus, 


und schnell Bildungsmaterial zuführen. Im Vergleich damit heben 
sich die Embryonen, welche diese Bildungen vermissen lassen, nur 
sehr wenig über die Keimhaut empor und sind sehr zart und platt, 
als ob sie nur in verlangsamtem Wachstum begriffen wären. Auch 
in bezug auf ihre Längen- und Breitenverhältnisse stehen sie oft 
zurück. Alle diese Befunde bestätigt schon ein oberflächlicher Blick 
auf die Figuren der Taf. IV. 

Die Unterseiten der bis jetzt besprochenen Stadien der Fig. 1—8 
bieten ein im wesentlichen übereinstimmendes Bild. Ich habe deshalb 
nur die Unterseite zweier Embryonen im Flächenbilde wiedergegeben. 

Die Fig. 2a auf Taf. IV stellt die Ansicht der Unterfläche der 
Fig. 2 dar. Vorn sehen wir deutlich die drei Abteilungen der Em- 
bryonalanlage. Die hohen Mesoblastflügel endigen vorn mit einer 
plumpen Spitze und besitzen medianwärts einen im Gegensatz zum 
Oberflächenbilde schärfer abgesetzten, etwas gewulsteten Rand. Zwi- 
schen sich schließen die medialen Ränder der Mesoblastflügel, wie 
auf der Oberseite, ein längliches, keilförmiges, weißliches Feld, das 
in der Mitte mfolge der chordalen Entodermverdickung etwas her- 
vorgewölbt ist. Nach hinten verschmälert sich dieses Mittelfeld und 
ragt mit der lang ausgezogenen Spitze in eine flache, breite Furche 
hinein. Letztere liest in der Medianlinie unter der Rückenfurche 
der Oberseite und geht bis zum hinteren Rande der Anlage 
durch. Hier hinten treten den medianwärts vorwachsenden Seiten- 
lippen entsprechend zwei merklich hervorgewulstete, rundliche Seiten- 
höcker auf. Zwischen denselben setzt der Chordawulst an, der als 
ein weißer Längsstreifen in der Medianlinie eine Strecke weit nach 
vorn zieht. Er setzt sich aber noch richt kontinuierlich in die 
Chordaanlage des Mittelfeldes fort, sondern ist vorher ungefähr in 
der Mitte der Embryonalanlage stark abgeflacht. Vorn werden an 
der Unterseite dieser Stadien meist unregelmäßige, aufgelagerte 
Entodermzellmassen angetroffen, aber in viel spärlicherem Maße 
als bei den vorhergehenden Falterformen. 

Diese Gestaltung der Unterseite mit zwei durch eine mediale 
Furche getrennten Seitenhöckern fand sich bei den in den Fig. 1, 2, 
3 und 5 wiedergegebenen Embryonen. Bei dem Embryo der Fig. 5 
war die mediane Furche nur ganz flach und kaum mehr bis zum 
Hinterrande des Embryos zu verfolgen, so daß sie nur bei günstiger 
Beleuchtung auf dem schon ganz einheitlich hervorgewulsteten Höcker 
noch eben wahrgenommen werden konnte. 

Die Stadien der Fig. 4, 6, 7 und 8 zeigten im wesentlichen ein 


Die Entwicklung der Ringelnatter (Tropidonotus natrix Boie). 71 


Unterflächenbild, wie es die Fig. 8a illustriert, welche die zu 
Fig. 8 gehörende Unteransicht bringt. Hinten tritt der beträchtlich 
emporgewulstete Caudalhöcker in die Erscheinung, der hier eine 
ellipsoide Form besitzt und mit seiner längsten Achse quer zur 
Medianlinie liegt. Bei den andern Embryonen dieser Entwicklungs- 
stufe fand sich ein mehr oder weniger kreisrunder und etwas größerer 
Caudalhöcker vor. Von letzterem ragt die Chordaanlage kontinuierlich 
als ein ziemlich schmaler, scharf begrenzter, weißer Streifen geradlinig 
nach vorn, wo sie sich zu einem keulenförmigen Wulst verbreitert 
und das Mittelfeld fast völlig einnimmt. Der hintere Chordastreifen 
liegt in einer medianen, ziemlich tiefen Rinne, deren Tiefe durch das 
Hervorwulsten der neben ihr liegenden Partien hervorgerufen wird. 
Wie die Querschnitte durch diese Gegend bestätigen werden, sind 
die Seitenwülste durch die hier sehr dieken Mesoblastplatten ver- 
ursacht. 

Die Mitte des Embryos wird von einer flachen Einsattelung 
quer durchzogen, die auch den Chordastreifen merklich abflacht. 
Davor treten lateral wieder zwei Seitenwülste hervor, für die das 
von den hinteren Seitenwülsten Gesagte ebenfalls gilt. Nur werden 
sie durch die zwischen ihnen liegende breite Chordaanlage weiter 
auseinander gedrängt, so daß die Embryonalanlage dadurch vorn 
beträchtlich breiter erscheint. 

Den Vorderrand der Unterseite dieses Embryos bilden die drei, 
eben in die Erscheinung tretenden Gehirnwülste, welche von diesem 
Stadium an nach unten vorzuwachsen beginnen. Hier treten sie 
allerdings erst als schwache Anfänge auf; aber schon bei Unter- 
suchung der Oberseite konnte auf ihr Vorhandensein — besonders 
des mittleren — mit Bestimmtheit geschlossen werden. 

Einige unregelmäßige Entodermzellstränge waren auch bei diesem 
Embryo auf der Unterseite vorn vor der Keimanlage aufgelagert. 

Die Untersuchung der Schnittserien durch die hinteren, bei 
diesen Stadien wichtigeren Partien ergab durchweg übereinstimmende 
Befunde. Wir sehen in den vorderen Schnitten die dieke Eetoderm- 
platte mit deutlichen, hohen Cylinderzellen vom Mesoderm und der 
Chordaanlage abgesetzt. In der Mitte ist die Eetodermplatte durch 
die Rückenfurche nach unten gesenkt. Die Chorda darunter besitzt 
einen mehr oder weniger rechteckigen Querschnitt. An dieselbe 
stoßen seitlich die dicken Mesoblastlagen, doch ist auch hier das Ge- 
webe der Chorda abgesetzt. Die Randzellen der medialen Mesoblast- 
massen sind nämlich dicht zusammengelagert und ihre Kerne charakte- 


12 | Theodor Viefhaus, 


ristisch an den Rand gerückt, so daß die medialen Mesoblastränder 
intensiver gefärbt hervortreten. Dasselbe ist mit den Ober- und Seiten- 
rändern der Chorda der Fall. Das einschichtige Entoderm ist vom 
Mesoblast ganz abgespalten, an die Chordaanlage aber noch angelötet. 

Die nach hinten folgenden Schnitte durch die Verbindungsfurche 
und die Primitivrinne zeigen bei allen Stadien im wesentlichen das- 
selbe Bild. Natürlich ist bei den Schnitten durch die Vorderlippe 
des Embryos der Fig. 1, wo eine Verbindungsfurche noch fehlt, das 
Eetoderm nicht eingesenkt. Die Schnitte durch die übrigen Stadien 
zeigen eine schmale, extramediane Einkerbung als Querschnitt der 
Verbindungsfurche bzw. der Primitivrinne mit dem Vorderlippenhöcker 
daneben. 

In den Schnitten durch die vorderste Hälfte der Primitivrinne 
des Embryos der Fig. 8 wird die Chorda schon als massiger Strang 
unterscheidbar, der nach oben in den Eetoderm hineingewulstet ist 
und ihm noch fest anliegt. Sie ist keineswegs irgendwo durch einen 
deutlichen Spalt von ihrem Nachbargewebe getrennt. Seitlich von 
dem Chordastrang haben sich die drei Keimblätter vollständig von- 
einander abgespalten. Demnach tritt hier unter dem vordersten Teile 
der Primitivrinne schon kein Blastem mehr in die Erscheinung; es 
ist in die sich differenzierenden Primitivorgane aufgegangen. Auf 
dem zweiten Schnitt hinter dem soeben besprochenen ist von diesen 
Differenzierungsvorgängen nichts mehr zu bemerken. Es zeigt sich 
hier undifferenziertes Blastemgewebe, dessen oberste Lage eine Epithel- 
streifung aufweist. Diese senkrechte, hohe Epithelstreifung ist von 
dem darunter liegenden Gewebe aber nicht abgesetzt, sondern sie 
seht kontinuierlich darin über. Auch der Entoblast hängt in der 
Mitte mit diesem Blastemgewebe zusammen. 

Dieses ganze Gewebe, welches ein Hauptmerkmal der Primitiv- 
rinne darstellt, hat BALLoWITZ in seiner Entwicklungsgeschichte der 
Kreuzotter 1 als »Primitivblastem« charakterisiert. Es schwillt am 
Hinterende der Anlage zum Primitivhöcker an, der sich oft als mäch- 
tiger, förmlich halbkugeliger Wulst nach unten vorwölbt. 

Die Querschnitte durch die Metastomrinne des Embryos der Fig. 1 
zeigen in der Mitte überall indifferentes Eetoblastemgewebe, mit wel- 
chem der einschichtige Entoblast nur in wenigen Schnitten in der 
Mitte zusammenhängt, und zwar bloß auf einer ganz kurzen Strecke. 
Der erste Schnitt, der die Rinne von vorn her traf, hat den Hinter- 


1]. ec. S. 147. 


Die Entwicklung der Ringelnatter (Tropidonotus natrix Boie). 13 


rand der Vorderlippe noch eben gestreif. Demgemäß sieht man hier, 
wie sich die Vorderlippe kontinuierlich in die Chorda umbiegt und 
das Epithel der Oberfläche in das Chordaepithel übergeht. Bei 
diesem Embryo wurden in der Metastomrinne Detritusmassen an- 
getroffen. Letztere treten in dem ersten Schnitt als einzelne Brocken 
in die Erscheinung. Es konnten hier auch noch Kernreste beob- 
achtet werden. Auf dem dritten Schnitt dahinter ist die Detritus- 
masse zusammenhängend und zu einem förmlichen Wulst geworden, 
der mit seiner homogen erscheinenden, schwach färbbaren Masse die 
Rinne bis oben hin ausfüllt. Es ist hier der weißliche Wulst des 
Oberflächenbildes getroffen. Auf seinem Querschnitte konnten Kern- 
reste nicht mehr gefunden werden. In den Schnitten weiter nach 
hinten geht die kompakte homogene Struktur der Detritusmasse wieder 
verloren, so daß hier nur einzelne Detritusbrocken getroffen werden. 
Vielleicht stellt diese Detritusmasse zum Teil noch Reste des BALLOo- 
wırzschen Epithelpfropfes dar. Bemerkt sei noch, daß der Boden 
der Rinne in den ersten Schnitten nicht glatt ist, sondern oft zahl- 
_ reiche kleine Spalten und Grübchen zeigt. Die dort liegenden Zellen 
lassen bei stärkerer Vergrößerung auch deutliche Spuren des Ver- 
falles erkennen. 

Die Textfig. 1 bringt drei Schnitte durch die Metastomrinne 
des Embryos der Fig. 2. Dort ist die Metastomleiste auf neun Schnitten 


Textfig. 1. 


deutlich sichtbar; sie besteht aber nicht aus Detritusmassen, sondern 
aus echten Gewebszellen, die zwar eine lockere Struktur zeigen, 
aber nur auf der Oberfläche Spuren? von Zerfall aufweisen. Die 
Leiste besitzt einen dreieckigen Querschnitt, ist zum Teil mit ihrer 
unteren Kante an das Blastemgewebe angelötet und füllt die Rinne 


74 Theodor Viefhaus, 


fast ganz aus. Auf fünf Schnitten war die Leiste allerdings rings- 
herum vom Gewebe abgesetzt (Textfig. 15). Auf und neben ihr 
konnten noch Detritusreste beobachtet werden, die mit kleinen Dotter- 
stückchen und sonstigen winzigen Fremdkörperchen vermischt waren, 
wie sich solche in der Vertiefung der Rinne naturgemäß leicht an- 
sammeln können. Das Eetoderm setzt sich in die Seitenwandungen 
der Rinne bis unter die Leiste fort. Letztere selbst zeigt aber keine 
Cylinderzellen, sondern nur Zellen des indifferenten Blastems. Dieser 
Umstand in Verbindung mit der Tatsache, daß die Leiste mit ihrer 
unteren schmalen Kante am Boden der Rinne angelötet ist und oben 
breiter auseinander gequollen erscheint, führt zu dem Schluß, daß 
die Metastomleiste infolge starker Kompressionen und Stauchungen 
aus dem Blastem herausgepreßt wurde. Der Grund der Rinne, wo 
keine Oylinderzellen vorhanden sind, also nur Blastemgewebe sich 
befindet, mag dafür besonders günstig beschaffen sein. Auf ein sol- 
ches Drängen der Zellen der hinteren Region zur Mittellinie hin, wo 
sich die Bildung der Chordalorgane, der Primitivrinne und des Pri- 
mitivhöckers einleitet, wurde schon bei Besprechung der radiären 
Streifung hingewiesen. 

Die Querschnitte durch das Streifungsfeld eines der Fig. 4 ähn- 
lichen Stadiums zeigen an der Oberfläche wellige Erhebungen und 
Senkungen, je nachdem die Streifenwülste oder die dazwischen liegen- 
den Furchen getroffen sind. An den Furchen sind die Cylinderzellen 
etwas diehter zusammengedrängt. | 


Il. Die Stadien mit beginnender Einsenkung des mit drei Höckern 
deutlich abgesetzten vorderen Randes der Gehirnplatte. 


In dieser Gruppe sollen die in den Fig. 9—18 abgebildeten Sta- 
dien zusammengefaßt werden. Außerdem gehörten dazu noch sieben 
Embryonen, deren Wiedergabe sich erübrigte, da sie keine wesent- 
lichen Unterschiede von den gezeichneten aufwiesen. Im ganzen 
umfaßt also diese Gruppe 17 Embryonen, von denen elf zu Serien 
geschnitten, die übrigen als Flächenpräparäte verarbeitet wurden. 

Von den im vorigen Kapitel besprochenen unterscheiden sich 
diese Stadien schon durch ihre Gestalt. Bei ziemlich gleich bleiben- 
der Länge beginnen sie merklich schmäler zu werden. Von der 
immer noch ziemlich breiten Gehirnhöckerplatte aus verjüngen sich 
die Embryonen nach hinten hin ganz allmählich. Iin den Fig. 12, 
15 und 18 tritt die Gehirnhöckerplatte als annähernd kreisförmige 
Scheibe in die Erscheinung. Die engste Stelle weisen die Embryonen 


Die Entwicklung der Ringelnatter (Tropidonotus natrix Boie): 75 


direkt vor dem Primitivhöcker auf. Mit letzterem schließen sie wie- 
der etwas breiter ab. | 

Zunächst sollen nun die Oberflächenbilder zusammen behandelt 
werden. Darauf werde ich kurz auf die wichtigsten Erscheinungen 
an der Unterseite der Embryonen hinweisen und dann die Ergebnisse 
der Serienuntersuchung eingehend besprechen. 

Die Oberseite dieser Stadien zeigt etwas mehr Plastik als in 
der vorigen Gruppe. In den meisten Fällen heben sich die Vorder- 
ränder merklich wulstartig empor, und zwar sind entsprechend 
der hier noch deutlich vorhandenen Dreiteilung der Medullarplatte 
auch drei voneinander abgesetzte Randwülste zu unterscheiden. Der 
mittlere von ihnen ist am mächtigsten ausgebildet. Der Embryo der 
Fig. 14 zeigte als einziger diese Dreiteilung nicht. Die beiden seitlichen 
Vorderrandwülste gehen lateralwärts in die Außenränder der Medullar- 
platte über. Sie sind ebenfalls deutlich emporgewulstet, so daß sich die 
Embryonalanlage in ihrer ganzen vorderen Hälfte meistens beträchtlich 
über die Keimhaut emporhebt und ringsherum tiefere Schatten wirft. 

Von den lateralen Vorderrandwülsten ragen optisch abgesetzte 
Bogenansätze vor, die ihre Spitzen medianwärts richten. Zu einem 
geschlossenen Bogen treten sie aber im Oberflächenbilde nur noch 
selten zusammen, so z. B. in den Fig. 17 und 18. Diese Bögen 
stellen Fortsätze der lateralen Mesodermplatten dar und begrenzen 
das Proamnionfeld. 

Auf den Stadien der Fig. 13 ff. haben sich in diesem Felde vor 
dem Embryo die ersten Anfänge der Proamniosfalte entwickelt. Vor 
der Gehirnhöckerplatte tritt eine schmale, tief dunkle und allseitig 
scharf begrenze Querfurche in die Erscheinung, die sich in ihrer 
Form der Gestaltung des Vorderrandes der Platte jeweilig angepaßt 
hat. Sie ist also meistens dreiteilig gebogen; in der Fig. 14 er- 
scheint sie sichelförmig. In dieser präcerebralen Furche biegen sich 
die Gehirnhöcker mit ihrem vorderen Rande in die Tiefe gegen den 
Dotter hin um. Direkt vor der Furche erhebt sich ein entsprechend 
seformter, etwas breiterer, weißer Querstreifen als erste, überall 
noch niedrige Anlage der Proamniosfalte. (Siehe die Fig. 13, 14, 15 
und 18.) 

Die Gehirnhöckerplatte senkt sich von den vorderen und seit- 
lichen Randwülsten aus zur Mitte hin merklich ein, so dab hier 
eine dellenartige Vertiefung entsteht. Die Delle erscheint zunächst flach 
und breit von annähernd symmetrisch herzförmiger Gestalt (Fig. 9 
und 12). In ihrer Medianlinie ist das schmale Mittelfeld mit nach 


76 Theodor Viefhaus. 


hinten lang ausgezogener Spitze sichtbar. Bald wird die Delle in 
der Mitte etwas tiefer. Sie beschränkt sich mehr auf die mediane 
Partie der Platte (Fig. 10, 15, 14 und 16). 

Diese mediane Einsenkung steht nach hinten hin stets mit einer 
langen Furche in Verbindung, welche ebenfalls in der Medianlinie 
verläuft. Auf den ersten in den Fig. 9—12 abgebildeten Stadien 
erscheint die Furche noch ziemlich breit; sie liegt auch noch flach, 
da sich neben ihr die lateralen Partien noch nicht emporgewulstet 
haben. Nur in der Fig. 9 läßt ein dunkler Längsstreifen auf ihre 
hier bedeutendere Tiefe schließen. Die Furche ist die erste Anlage 
der Medullarfurche, welche aus der Rückenfurche durch allmähliche 
Verschmälerung und Vertiefung entsteht. Dieser Prozeß der Umbildung 
der Rücken- zur Medullarfurche schreitet so allmählich fort, daß 
zwischen beiden eine bestimmte Grenze an der Oberseite nicht fest- 
gesetzt werden kann. 

Auf den Stadien der Fig. 15ff. hat sich die Medullarfurche weiter 
verengt und vertieft, und zwar zunächst in ihrem hinteren Abschnitte. 
Hier haben sich längs der Furche ansehnliche Medullarwülste erhoben, 
welche ihre weitere Einengung und Vertiefung bewirken. Mit ihrem 
medialen Rande fallen die Medullarwülste ziemlich plötzlich in die 
Tiefe der Furche; lateralwärts flachen sie sich mehr allmählich ab. 
Manchmal sind die Medullarwülste seitlich von mehr oder minder 
tiefen Längsschatten begleitet, ein Zeichen, daß sie sich auf den 
betreffenden Stadien beträchtlich emporgewulstet haben. Letzteres 
wird uns besonders in der Fig. 15 mit großer Deutlichkeit vor Augen 
geführt. An dem vorderen Teile der Furche weichen die Medullar- 
wülste weiter voneinander ab und ziehen sich zu den lateralen 
Rändern der Gehirnhöckerplatte hinüber, wie es besonders in der 
Fig. 15 und auch 13 und 17 sichtbar wird. Dadurch wird bei diesen 
Embryonen die Medullarfurche vorn breiter und flacher. Auf den 
andern Stadien verläuft sie bis zu der Einsenkungsdelle der Gehirn- 
höckerplatte in annähernd gleicher Weite. Die sich nach hinten bald 
verflachenden und verlaufenden Enden der Medullarfurche fassen ein 
kleines dreieckiges Feld zwischen sich, den vorderen Teil der Neuro- 
primitivplatte. | 

Der Primitivhöcker mit der Primitivrinne darauf ist der wichtigste 
Teil dieser Embryonalanlagen und beansprucht das meiste Interesse. 
Dabei machen sich gerade bezüglich der Ausbildung der Primitiv- 
region im Flächenbilde die mannigfachsten individuellen Variationen 
bemerkbar. Man möge die zehn Figuren vergleichen, um die große 


Die Entwicklung der Ringelnatter (Tropidonotus natrix Boie). . ER 


Verschiedenheit in der Ausbildung dieser Partie zu erkennen. Was 
zunächst die Gestalt des Primitivhöckers anbetrifft, so dokumentiert 
sich dieselbe auf der Oberseite nicht als eigentlicher Höcker, sondern 
als eine bisweilen längliche oder auch fast kreisrunde Platte, die nur 
in ihrer mittleren Partie hier und da sehr wenig emporgewölbt ist. 
Häufig erscheint ihre Begrenzung auch sehr unregelmäßig. Die 
Hauptmasse des Primitivhöckers wulstet sich auf der Unterseite als 
meistens annähernd halbkugeliger Knopf vor. 

Sehr häufig haben sich auf der Oberfläche seitlich an der Neuro- 
primitivplatte auch noch Überreste der radiären Streifung erhalten, 
welche dem lateralen Rande der Primitivplatte ein unregelmäßig 
kammartiges Aussehen verleihen. 

Bei den Embryonen der Fig. 11, 12, 13 und 15 zeigte sich die 
Primitivplatte deutlich von der Keimhaut abgesetzt. Besonders ist 
das lateralwärts der Fall, wo im Flächenbilde auch dunkle Schatten 
auftreten. Die Querschnitte durch diese Gegend werden uns zeigen, 
daß hier manchmal tiefere Furchen bestehen, die sich schräg in der 
Richtung zur Mitte des Primitivhöckers einsenken (vgl. auch die 
Textfig. 2a und 3c). 

Auf der Höhe der Primitivplatte, in ihrer Mittellinie, liegt die 
Primitivrinne. In den Fig. 9 und 10 ist sie ziemlich kurz und geht 
nach vorn so allmählich in die Medullarfurche über, daß eine genaue 
Grenze im Flächenbilde zwischen beiden nicht mit Bestimmtheit fest- 
gestellt werden kann. Diese im Vergleich zu den vorhergehenden 
Stadien so auffallende Kürze der Primitivrinne muß dadurch erklärt 
werden, daß die Rücken- bzw. Medullarfurche nach hinten hin weiter 
fortschreitet, indem von hinten nach vorn aus dem indifferenzierten 
Blastem der Primitivregion sich immer neue Embryonalsubstanz heraus- 
differenziert. Dabei wird die in den Fig. 7 und 8 besonders lange 
und weit nach vorn reichende Primitivrinne successive aufgebraucht, 
- bis auf ihren hinteren, vorläufig noch sehr deutlichen Teil, welcher 
als kurze, enge, meist mediane und gerade Rinne bestehen bleibt. 

Nach hinten verbreitert sich die Primitivrinne der Fig. 9 und 10 
sehr schnell zu der schon im vorigen Kapitel besprochenen Einkerbung 
des hinteren Embryonalrandes, die von der Metastomrinne herrührt. 
In diesem Rest der Metastomrinne beginnt ein dreieckiger, weißer 
Wulst aus der Tiefe hervorzutreten, der sich allmählich bis zum 
Niveau der Primitivplatte erhebt. Anfangs ist er an seiner Oberfläche 
noch überall durch schmale Furchen von den Seitenlippen der Meta- 
stomrinne getrennt. Später schwinden hinten diese Trennungsfurchen. 


18 Theodor Viefhaus, 


Bei dem Embryo der Fig. 11 haben sich diese Vorgänge einge- 
leitet. Dort ist hinten der interlabiale Wulst von den Seitenlippen 
kaum abzugrenzen. Die ursprünglich schon engen Trennungsfurchen 
sind jetzt ganz linienhaft geworden. Sie stellen den letzten Rest 
der früheren Metastomrinne dar und stoßen an dem Hinterende der 


da 


a 


ITG GGG Nm 


N a IE — 


; ee 


Textfig 3. 


Primitivrinne zusammen. So entsteht auf der Oberfläche das charak- 
teristische Bild der kurzen, an ihrem hinteren Ende sich gabelnden 
Primitivrinne, deren Gabeläste den dreieckigen interlabialen Höcker 
umschließen, ein Bild, welches diese Stadien noch deutlich zeigen, 
welches aber, wie wir weiter unten sehen werden, sehr bald an 
Deutlichkeit verlieren und selbst ganz schwinden kann. 

In der Fig. 12 sind auch im Flächenbilde neben der Primitivrinne 


Die Entwicklung der Ringelnatter (Tropidonotus natrix Boie).- 79 


die Epithelwülste sichtbar, die früheren Seitenlippen der Metastomrinne, 
durch deren Vordringen zur Mittellinie hin und durch ihre dort er- 
folgende Verschmelzung die linienhafte Primitivrinne entstanden 
ist. Diese labialen Epithelwülste reichen über das Hinterende der 
Primitivrinne hinaus. Sie differenzieren sich hier beständig aus dem 
Primitivepithel heraus, wachsen mehr und mehr medianwärts gegen- 
einander vor, stoßen unter Rinnenbildung zusammen und regenerieren 
hier hinten so stets die Primitivrinne, die dadurch nach hinten hin 
an Länge zunimmt. Die Stelle dieser beständigen Regeneration der 
Primitivrinne liegt jedesmal da, wo sie in die Gabelung eintritt. 
Die Gabeläste grenzen demnach die Epithelwülste der Seitenlippen 
von dem interlabialen Wulst ab, der stets aus Ectoblastem bzw. 
Blastem besteht, wie uns die betreffenden Querschnitte noch zeigen 
werden. 

Bei der Kreuzotter hat BarrLowırz gleiche Befunde gemacht!. 
Er kennzeichnet dort die Gabelfurchen, die noch nicht Primitivrinne 
sind, als »Grenzfurchen« und den interlabialen Wulst als Zwischen- 
höcker, welche Bezeichnungen im folgenden auch für die Ringelnatter 
übernommen werden sollen. 

In den Fig. 11 und 12 führt die Primitivrinne ebenfalls kontinuier- 
lich in die Medullarfurche über, in den Fig. 15 und 14 erscheint sie 
von der letzteren abgesetzt. Auf dem Embryo der Fig. 14 trat die 
Primitivrinne übrigens so schwach in die Erscheinung, daß sie nur 
bei günstigster Beleuchtung und bestimmter Schrägstellung des Prä- 
parates sichtbar wurde. 

Ein merkwürdiger Befund wurde hinsichtlich der Primitivrinne 
an dem Embryo der Fig. 15 gemacht, wo sie im Flächenbilde voll- 
ständig vermißt wird. Der Primitivhöcker an der Unterseite ist wie 
gewöhnlich vorhanden. Wir sehen in der Figur die Verbreiterung 
und Verflachung des Hinterendes der Medullarfurche und dahinter, 
mitten auf dem Primitivhöcker, die beiden Grenzfurchen. Letztere 
sind hier sogar sehr deutlich ausgebildet und vereinigen sich vorn 
ganz in der gewöhnlichen Weise. Diese winzige Stelle ist die ganze 
Primitivrinne dieses Stadiums, von der also hier nur das hinterste 
Ende zu konstatieren ist. Die Grenzfurchen umschließen einen 
Zwischenhöcker, der bei diesem Embryo sich sehr auffallend von der 
mehr gelblich getärbten Umgebung abhebt. 

Bei dem Embryo der Fig. 18 fehlen im Flächenbilde außer der 


1 ].e. 


1610 | Theodor Viefhaus, 


Primitivrinne auch die Grenzfurchen. Auch zeigt hier die Primitiv- 
platte eine etwas abweichende Gestalt, indem ihr Hinterrand etwas 
nach vorn eingebogen ist. 

In den Fig. 16 und 17 erscheint die Primitivrinne als gerade 
aber durchaus nicht so sehr enge Fortsetzung der Medullarfurche. 
In der Fig. 16 gehen beide Rinnen ebenfalls wieder so allmählich 
ineinander über, daß sich im Flächenbilde eine Grenze zwischen 
beiden nicht erkennen läßt. An ihrem hinteren Ende setzt sich die 
Primitivrinne hier in zwei etwas breite, kurze Gabeläste fort. 

Abweichend von diesem Stadium war an dem Embryo der Fig. 17 
die Übergangsstelle zwischen Medullarfurche und Primitivrinne leicht 
festzustellen, indem bei scharfer Einstellung das Hinterende der Me- 
dullarfurche eine kurze Gabelung aufweist. Aus dieser Gabelung ragt 
etwas nach links extramedian die gerade, ziemlich lange Primitiv- 
rinne nach hinten, wo sie ihrerseits ohne die geringste Spur einer 
Gabelung abschließt. 

Die Unterseiten der Embryonen boten in allen wesentlichen 
Punkten annähernd dasselbe Bild. In den Fig. 12a und 14a habe 
ich zwei besonders charakteristische Unterseiten abgebildet, die 
zu den Oberflächenbildern 12 bzw. 14 gehören. Wir sehen in den 
beiden Figuren, daß sich der Vorderrand der Gehirnhöckerplatte 
nach unten gesenkt und schon beträchtlich vorgewulstet hat. In 
der Fig. 12a tritt er dem Oberflächenbilde entsprechend dreiteilig, in 
der Fig. 14 als einfacher sichelförmiger Bogenwulst in die Erscheinung. 
Diese Gehirnwülste beginnen jetzt, sich etwas nach hinten über eine 
Einsenkung überzubiegen, die der flachen Delle der Oberseite entspricht. 
In der Fig. 12a erscheint die Einsenkung als großes, annähernd herz- 
förmiges Feld, in der Fig. 14a ist sie halbmondförmig und führt nischen- 
artig etwas unter den Gehirnwulst nach vorn. Diese Nische muß als 
erste Anlage der Kopfdarmhöhle angesprochen werden. 

Von dieser Einsenkung aus durchzieht, wie auf der Oberseite 
die Medullarfurche, so auch hier eine flache Furche die Embryonal- 
anlage bis an den Primitivhöcker. Letzterer ist überall mächtig ent- 
wickelt und zeigt sich bald vollkommen halbkugelig, bald als ovaler 
Querwulst (Fig. 14a). Von dem Primitivhöcker aus ragt der Chorda- 
wulst in der Medianlinie der Furche kontinuierlich nach vorn, manch- 
mal als scharf abgesetzter, schnurgerader Streifen, meistens aber 
weniger scharf begrenzt. 

Entodermzellmassen sind bei dieser Gruppe nur noch spärlich 
der Unterseite aufgelagert. Sie erscheinen als unregelmäßige Zell- 


Die Entwicklung der Ringelnatter (Tropidonotus natrix Boie). 81 


massen, die schon bei Betrachtung der Oberseite durchscheinend 
sichtbar waren. 

Die Erklärung dieser Befunde im Flächenbilde bringt das Studium 
der Serien, dessen Resultate nachstehend folgen sollen. Dabei glaubte 
ich mich auf die eingehende und ganz durchgeführte Beschreibung 
der zu den Fig. 10, 12, 13, 14, 15 und 17 gehörenden Querschnitts- 
serien beschränken zu können. Aus den übrigen Serien werde ich 
hauptsächlich nur die Schnitte durch die wichtigere Primitivregion 
eingehender berücksichtigen und im übrigen nur auf eventuelle Ab- 
weichungen von den ausführlicher beschriebenen Serien hinweisen. 

Die Untersuchung der Querschnittsserie des Embryos der Fig. 10 
ergab folgende Befunde. 

Die Schnitte! unmittelbar vor dem Embryo zeigen in der Mitte 
zwei annähernd gleich entwickelte, dicht aneinander liegende, dünne, 
ebene Schichten, das Eetoderm und Entoderm. Ganz lateralwärts 
treten auch schon die vacuolisierten Mesoblastblätter auf. Der erste 
Schnitt, der den Vorderrand des Embryos trifft, ist dadurch charakte- 
risiert, daß sich die beiden Schichten in der Mitte verdieken und 
nach unten einbiegen, und zwar ist bei den ersten drei Schnitten 
das Entoderm am stärksten verdickt. Auf dem vierten Schnitt sind 
beide Schichten wieder in gleicher Stärke entwickelt, und auf den 
folgenden schwillt das Ectoderm bedeutend stärker an. Sieben 
Schnitte hindurch kann man deutlich die drei Wülste des Vorder- 
randes unterscheiden. Auf dem dann folgenden Schnitt wird das 
Eetoderm schon als dieke, überall gleich starke Platte sichtbar, in 
der Mitte durch die jetzt auftretende chordale Entodermverdickung 
minimal nach oben gedrückt. Die seitlichen Mesoblastblätter, jetzt 
einen massiven Querschnitt aufweisend, rücken mehr und mehr an 
die chordale Entodermverdiekung heran, erreichen sie nach weiteren 
sechs Schnitten und legen sich fest daran an. Doch ist die Chorda- 
anlage auf den nächsten sieben Schnitten durch ihre dichtere Struk- 
tur und ihre infolgedessen intensivere Färbung noch deutlich vom 
Mesoderm abzugrenzen. Aber in den folgenden Schnitten gehen 
Chordaanlage und Mesoblast völlig ineinander über. Es hängen hier 
also in der Mitte Entoderm, Chorda und Mesoderm ohne Grenze zu- 
sammen. Das Eetoderm zeigt auf diesen Schnitten deutliche, hohe 
Cylinderzellstreifung. Dieses Bild erhält sich auf 21 Schnitten, welche 


1 Die Schnitte werden bei der Besprechung in der Richtung von vorn 
nach hinten gezählt. 


Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Ba. 6 


82 Theodor Viefhaus, 


teils durch die Gegend unmittelbar vor der Medullarfurche, teils schon 
durch ihr vorderes Ende gehen. 

Die folgenden Schnitte trafen die Medullarfurche und zeigen 
demgemäß in der Mitte eine merkliche Einsenkung, welche infolge 
des mächtigen Anschwellens der lateralen Mesodermblätter und des 
Emporwölbens der Medullarwülste noch vertieft wird. Dabei bleibt 
die Chorda, welche die Mesodermblätter verbindet, vorerst noch 
schmal. Nach sechs Schnitten jedoch beginnt sie sich von dem 
Mesoblast abzuspalten und einen mehr rundlichen Querschnitt an- 
zunehmen. Neun Schnitte weiter hat sie sich auch vom Entoderm 
losgelöst, welches sich dann als kontinuierliche Schicht unter der 
ganzen Anlage hinzieht. Sie ist einschichtig und besteht aus Platten- 
. zellen. Die Chorda erhält sich auf acht Schnitten isoliert. Auf 
den dann folgenden Schnitten tritt sie mit dem Mesoderm und fast 
gleichzeitig auch mit dem Entoderm in Verbindung. Einen Schnitt 
weiter hängt sie auch mit dem Ectoderm zusammen. Es ist dieses 
der Schnitt durch die Stelle, wo sich die Chorda aus dem Primitiv- 
blastem beständig differenziert. 

In den nächsten Schnitten verschmelzen die drei Keimblätter 
auch weiter lateralwärts miteinander zum Primitivblastem des 
Primitivhöckers. Seine obere Schicht weist deutliche, hohe Cylinder- 
zellen auf, die kontinuierlich in die tieferen Lagen übergehen. Das 
Primitivblastem wulstet sich nach unten als ein großer halbkugeliger 
Höcker vor; auf der Oberseite hebt es sich plattenförmig als » Primitiv- 
platte« von der Keimhaut ab. | | 

Die Primitivrinne ist vor dem Zwischenhöcker auf sieben Schnitten 
als enge, etwas tiefere Einkerbung sichtbar; in den mittleren Schnitten 
erreicht sie ihre größte Tiefe. 

Dann schließen sich fünf Schnitte an, auf welchen die vordere 
Spitze des Zwischenhöckers als ein die Rinne fast ganz ausfüllender 
Wulst sichtbar wird. Letzterer geht aus dem Blastem hervor, mit 
welchem er auch auf allen Schnitten in kontinuierlichem Zusammen- 
hang bleibt. Schon auf dem sechsten Schnitt hinter der vordersten 
Spitze des Zwischenhöckers erscheint die Oberfläche des Primitiv- 
höckers völlig glatt und eben. In den hintersten Schnitten verliert 
er allmählich an Ausdehnung und das Entoderm löst sich bald von 
ihm ab. Ä 


Auf den Schnitten durch den Primitivhöcker des Embryos der 8 


Fig. 11 erscheint die Rinne spaltförmig und besonders hinten tief 
einschneidend. In ihrer Tiefe liegen wieder ganz minimale Detritus- 


y 


Die Entwicklung der Ringelnatter (Tropidonotus natrix Boie). 83 


bröckehen, die von herausgepreßten Eetoblastemzellen herrühren. 
Im vorderen Teil der Rinne fehlen sie. Sie führen zu dem Schluß, 
daß infolge des Vorwachsens der Seitenlippen zur Mittellinie an 
dieser Stelle noch leichte Kompressionen stattfinden. An der rechten 
Seite ist der die Primitivrinne lippenartig begrenzende Epithelwulst 
getroffen. Er besteht aus hohen Cylinderzellen und setzt sich durch 
eine flache Furche vom lateralen Epithel ab. Außerdem sind seine 
Zellen dichtgedrängt, und deshalb erscheint sein Gewebe intensiver 
gefärbt als das mehr laterale Epithel. Dasselbe ist auf der andern 
Seite der Rinne der Fall, wo der Epithelwulst nicht durch eine 
Furche von den lateralen Partien abgesetzt ist. Durch seine inten- 
sivere Färbung wird er aber auch hier auf dem Querschnitt unter- 
scheidbar. 

Diese tiefe Primitivrinne erhält sich sieben Schnitte hindurch. 
Auf den nächsten wird sie breiter, entsprechend der klaffenden 
Gabelungsstelle des Oberflächenbildes. Nach zwei weiteren Schnitten 
wurde in der Tiefe der Rinne schon die Spitze des Zwischenhöckers 
getroffen. Sie liest etwas extramedian und steht fast überall in 
festem Zusammenhang mit dem Blastemgewebe. Auf den vier fol- 
senden Schnitten nimmt der Zwischenhöcker schnell an Masse zu, 
so daß er die Rinne beinahe bis oben hin ausfüllt. Dabei bleiben 
die beiden Grenzfurchen ziemlich tief erhalten. Nach weiteren 
‚drei Schnitten hat der Zwischenhöcker vollständig das Niveau der 
lateralen Partien erreicht. Von den Grenzfurchen ist dann keine 
Spur mehr sichtbar. 

Der ganze Primitivhöcker besteht aus indifferentem Blastem. 
Nur lateral ist das Eetoderm abgespalten. Das Entoderm beginnt 
erst in den hintersten Schnitten sich von der Seite her abzulösen. 

Schließlich bestätigen die Schnitte durch den Primitivhöcker 
noch, daß sich derselbe auf der Oberseite merklich plattenartig über 
die Keimhaut erhebt, was auch bei Untersuchung der Oberflächen- 
ansicht festgestellt wurde. 

Auf den Schnitten vor dem Primitivhöcker spaltet sich zunächst 
das Eetoderm und dann auch das Entoderm in der Mitte ab. Zu- 
gleich beginnt sich die Chorda mehr und mehr abzutrennen, so daß 
sie auf dem zwölften Schnitt vor dem Primitivhöcker einen runden, 
von den Nachbargeweben allseitig isolierten Querschnitt aufweist. 

An den. Schnitten durch die vordere Partie des Embryos der 
Fig. 12 ist die ansehnliche Verdiekung und Emporwulstung des mitt- 
leren Vorderrandwulstes auffällig, während die seitlichen noch ziemlich 

| er 


84 | Theodor Viefhaus, 


flach liegen. Der ganze mittlere Teil des Schnittes ist mesoblastfrei. 
Erst weit seitlich treten vacuolisierte Mesoblastmassen auf, die dem 
Eetoderm dicht anliegen. Das Entoderm ist in der Mitte ebenfalls 
verdickt, wodurch das darüber befindliche Eetoderm etwas nach oben 
gebuchtet wird. In den folgenden Schnitten werden die Mesoblast- 
massen immer mehr zur Mitte vorgeschoben, wobei ihre langen 
Spitzen massiv geworden sind. Sie weichen auch bald vom Eeto- 
derm ab, um sich an das Entoderm bzw. seine mediane Verdickung 
anzulehnen. Letztere konzentriert sich mehr zur Mittellinie und tritt 
sehr bald als Chordaanlage in die Erscheinung. Der mittlere Ecto- 
dermhöcker hat sich nach den Seiten hin allmählich unter Abflachung 
ausgebreitet. Zugleich sind die lateralen Randwülste mehr empor- 
gewachsen, so dab eine sehr breite, dieke, überall gleich starke 
Ectodermplatte entstanden ist, deren Oberfläche fast völlig eben liegt, 
und die sich beinahe senkrecht von der Keimhaut absetzt. 

Die dellenförmige Einsenkung der Unterseite (vgl. Fig. 12a auf 
Taf. V) dokumentiert sich auf den Schnitten sehr deutlich, indem 
die ganze mittlere Partie bedeutend nach oben gebogen ist, wogegen 
die äußeren seitlichen Ränder sich nach unten wulsten. Hervor- 
gerufen werden diese lateralen Randwülste — und dadurch weichen 
sie von den vorderen Randwülsten ab — durch die an dieser Stelle 
sehr dicken Mesoblastblätter. 

Die dann folgenden Schnitte gehen durch die Medullarfurche. 
Die Eetodermpiatte hat sich jetzt in der Mitte sanft eingesenkt und 
wird allmählich dünner, so daß sie sich später nur noch wenig über 
die Keimhaut erhebt. Die Chorda steht sowohl mit dem Entoderm 
als auch mit den lateralen Mesoblastblättern in Zusammenhang. 

Weiter nach hinten setzt sich die Chorda ringsherum von den 
Nachbargeweben ab, bis nach sechs Schnitten die Stelle getroffen 
wird, wo sich die Primitivorgane aus dem Primitivblastem heraus- 
differenzieren. Die Chorda ist jetzt nur vom Entoderm abgesetzt, 
während sie mit dem Meso- und Ectoderm vollständig in Zusammen- 
hang steht. Doch kann man die Chorda infolge der Struktur ihres 
Gewebes deutlich unterscheiden. Zahlreiche Mitosen sorgen für reich- 
liche Zuführung von neuem Zellmaterial. 

Die nächsten Schnitte gehen durch die Primitivrinne, und zwar 
ist sie auf neun Schnitten sichtbar, von denen der mittelste in der 
Textfig. 24 wiedergegeben wird. Dieser Schnitt hat die tiefste Stelle. 
der Primitivrinne getroffen, die demnach bei diesem Embryo sehr 
flach ist. In der Rinne haben sich an dieser Stelle einige bei der 


Die Entwicklung der Ringelnatter (Tropidonotus natrix Boie). 85 


Behandlung abgebröckelte Dotterstückchen und sonstige kleine Kör- 
perchen angesammelt, die mit vom Embryo abgestoßenem Zellen- 
detritus nichts zu tun haben. 

In der Wandung der Primitivrinne konnte überall die hohe, senk- 
rechte Epithelstreifung beobachtet werden, die kontinuierlich in das 
Blastem übergeht. Die Cylinderzellen sind dicht zusammengedrängt; 
daher erscheint die Epithelschicht intensiver gefärbt. Labiale Epithel- 
wülste neben der Primitivrinne treten nur sehr minimal hervor. 

Die Primitivplatte hebt sich unter Bildung deutlicher Seitenfurchen 
von der Keimhaut ab. 

Die Gabelung der Primitivrinne konnte auf acht Schnitten ver- 
folgt werden (Metastomrinne). Die Textfig. 25 bringt den zweiten 
Schnitt durch den Zwischenhöcker zur Darstellung. Wir sehen den 
letzteren sich sanft erheben und durch flache Grenzfurchen ein- 
geschlossen. Detritus war hier nicht mehr zu konstatieren. 

Auf den hintersten Schritten endlich sind Grenzfurchen und 
Zwischenhöcker ganz geschwunden, so daß die Oberfläche des Blastems 
(Eetoblastem) völlig eben liegt. 

Die ersten Schnitte der Serie des Embryos 13 trafen die Pro- 
amniosfalte. Sie weisen nur eine dünnere Ecto- und Entodermschicht 
auf. Der mittlere Höcker der Gehirnplatte ist auf drei Schnitten allein 
‚getroffen. Weiterhin werden auch die seitlichen Vorderrandwülste 
sichtbar, in denen die vacuolisierten dieken Mesoblastblätter in die 
Erscheinung treten, während die Mitte des Schnittes sich frei vom 
Mesoblast hält. Nach weiteren vier Schnitten zeigt sich die halb- 
mondförmige Einsenkung der Unterseite, und nach abermals vier 
Schnitten beginnt die chordale Entodermverdickung aufzutreten. Da- 
bei wachsen die lateralen Mesodermblätter mit jetzt massiven Spitzen 
an das Chordaentoderm heran. Zugleich hat sich, wie bei dem Embryo 
der Fig. 12, eine dicke, breite Eetodermplatte mit ebener Oberfläche 
gebildet. Dieses Bild erhält sich auf sechs Schnitten. Dann folgen 
etwa sieben Schnitte durch die dellenförmige Abflachung der Ober- 
seite. Auf den nächsten Schnitten sind die Mesoblastblätter mit dem 
Chordaentoderm verschmolzen, wobei das ganze Eetoderm sowie das 
laterale Entoderm abgespalten bleibt. Nach 23 Schnitten wird die 
Chorda platter und trennt sich zunächst von den dicken Mesoblast- 
Hügeln, etwas später auch von dem Entoderm. 17 Schnitte später 
wird die eigentliche schmale Medullarfurche getroffen. Die Chorda 
hat allmählich einen mehr rundlichen Querschnitt angenommen und 
ist auf keinem Schnitt vollständig vom Ento- und Mesoderm 


86 Theodor Viefhaus, 


abzutrennen. Die Randpartien der Chorda, sowie die medialen und 
oberen Ränder der Mesoblastflügel treten wieder dichter gedrängt 
und intensiver gefärbt hervor. In den letzten drei Schnitten vor dem 
Primitivhöcker hängt die Chorda mit allen drei Keimblättern zu- 
sammen; doch kann sie noch leicht abgegrenzt werden, während sie 
sich weiter nach hinten in dem Primitivblastem verliert. 

Die Primitivrinne ist auf zehn Schnitten zu verfolgen. Der 
Schnitt «a der Textfig. 3 geht durch ihre tiefste Stelle etwas hinter 
der Mitte. Sie senkt sich nicht tief in das Blastem ein. Von 
diesem Schnitt an zeigt sich das einschichtige Entoderm vollständig 
von dem Primitivblastem (Eetoblastem) abgespalten. Epithelwülste 
treten neben der Rinne nicht besonders hervor, doch ist auf dem 
sanzen Höcker eine dieke Epithelschicht von dem Blastem zu unter- 
scheiden, die aus hohen und dichter zusammengedrängten Cylinder- 
zellen besteht. Die Primitivplatte erhebt sich merklich über die 
Keimhaut, was bei dem Schnitt der Textfig. 35, dem zweiten durch 
die Grenzfurchen, besonders deutlich wird. Dieser Schnitt hat auch 
die Spitze des Zwischenhöckers getroffen, der hier vorn an der linken 
Wand der Rinne mit dem Eetoblastem zusammenhängt, während er 
an der andern Seite durch einen Spalt davon getrennt ist. Nach 
weiteren drei Schnitten ist dieser enge Spalt geschwunden, wie die 
Textfig. 3c zeigt. Auf diesem Schnitt hat der Zwischenhöcker das 
Niveau des lateralen Epithels erreicht, die Grenzfurchen liegen flach. 
Bemerkenswert sind an diesen letzten Schnitten noch die tiefen seitlichen 
Furchen, mit denen sich die Primitivplatte von der Keimhautabsetzt. 

In den ersten Schnitten durch das mesoblastfreie Proamniosfeld 
vor dem Embryo der Fig. 14 sieht man in der Mitte das lang- 
. gestreckte Eeto- und Entoderm als zwei annähernd gleich starke, 
fast ganz gerade Schichten, die erst ganz allmählich lateralwärts von 
den mit großen Vacuolen durchsetzten Mesoblastblättern auseinander 
sedrängt werden. | 

Die folgenden vier Schnitte gehören der queren Einsenkungs- 
furche unmittelbar vor dem Vorderrande . des Embryos an. Sie 
charakterisieren sich dadurch, daß die beiden Keimschichten in der 
Mitte merklich nach unten gebogen sind, wobei sie die gleiche Stärke 
bewahrt haben. 

Der nächste Schnitt traf als erster den äußersten Vorderrand 
des eigentlichen Embryos. Das Eetoderm zeigt eine mediale Ver- _ 
diekung nach oben, die auf den nächsten Schnitten seitwärts an 
Ausdehnung gewinnt. 


Die Entwicklung der Ringelnatter (Tropidonotus natrix Boie). 87 


Zwei Schnitte weiter verdiekt sich auch das Entoderm beträcht- 
lieh nach unten, entsprechend dem gegen den Dotter vorgewulsteten 
Vorderrande, auf den schon bei Besprechung des Unterseitenbildes 
hingewiesen wurde. Die Entodermverdiekung nimmt auf fünf Schnitten 
beträchtlich zu, um auf dem dann folgenden ganz unvermittelt zu 
schwinden. Dieser Schnitt ist der erste durch die Nische der Unter- 
seite (vgl. Fig. 14a auf Taf. VD). Das Entoderm zeigt sich hier 
wieder als gleichmäßig einzellige Schicht, die in der Mitte nach 
oben an die dieke Ectodermplatte herangebogen ist. Dieses ild 
ändert sich auf den nächsten vier Schnitten nur insofern, als die 
lateralen Mesoblastblätter mehr und mehr medianwärts vorwachsen 

Weiterhin beginnt die chordale Entodermverdiekung aufzutreten 
die nach zehn Schnitten ihr Maximum erreicht. Zugleich haben sich 
dann die Mesoblastblätter mit ihren medialen Rändern an die chor- 
dale Entodermverdiekung angelegt, so daß jetzt in der Mitte Ento- 
derm, Chordaanlage und Mesoblast ohne Grenzen ineinander über- 
sehen. Nur ganz seitlich erscheint das Entoderm vom Mesoderm 
abgelöst. Das Eetoderm zeigt sich im Gegensatz zu den früheren 
Schnitten in der Mitte muldenartig eingesenkt. Dieses Bild erhält 
sich durch etwa 16 Schnitte hindurch, die der Einsenkung der Ge- 
hirnhöckerplatte angehören. 

Die sich nun anschließenden Schnitte durch die Medullarfurche 
weisen eine schmälere Einbuchtung der Eetodermplatte auf. Das 
Entoderm beginnt sich von der Seite her mehr und mehr abzulösen, 
nach acht Schnitten hängt es nur noch in der Mitte mit der Chorda 
zusammen. Die lateralen Mesodermblätter schwellen auf diesen 
Schnitten beträchtlich an. Die Chorda verbindet sie vorerst noch als 
eine schmale Leiste. Nach weiteren drei Schnitten sind auch Chorda 
und Mesoblast vollständig voneinander getrennt. Nachdem sich im 
Verlaufe der nächsten vier Schnitte auch das Entoderm von der Chorda 
gelöst hat, kommt ein Schnittbild mit rings isoliertem, länglichem 
Chordaquerschnitt zustande, ein Bild, das sich auf neun Schnitten 
erhält. Weiterhin ist die Chorda wieder mit dem Entoderm und nach 
weiteren neun Schnitten mit dem Mesoderm verwachsen. Dabei wird 
die Chorda zu einem dieken, rundlichen Wulst, der sich einen Schnitt 
später wieder vom Nachbargewebe loszulösen beginnt. Vollständig 
abgespalten erscheint er nur auf zwei Schnitten, sonst hängt er mehr 
oder weniger mit den Mesodermblättern und dem Entoderm zu- 
sammen. 

Diese Schnitte trafen noch alle die Medullarfurche; die folgenden 


88 Theodor Viefhaus, 


gchen durch ihr verbreitertes hinteres Ende, welches nur sehr schwer 
als ganz flache Einsenkung zu konstatieren ist. Entoderm, Chorda 
und Mesoderm gehen ineinander über, so daß nach weiteren vier 
Schnitten nur zwei getrennte Schichten bestehen: oben das dicke, 
mit Epithelstreifung versehene Eetoderm und darunter eine Ento- 
blastemschicht. Letztere tritt einen Schnitt später in der Mitte mit 
dem Ectoderm in Verbindung. Es ist dieses der erste Schnitt, der 
den Primitivhöcker vorn streift. 

Die folgenden sieben Schnitte lassen deutlich die Einkerbung 
der Primitivrinne erkennen, welche auf diesem Embryo sehr flach ist. 
Der ganze, ziemlich stark nach unten gewölbte Primitivhöcker be- 
steht aus BPemitiehlastenn, dessen obere Lage eine Deu 
Epithelstreifung aufweist. 

In den hintersten Schnitten nimmt das Primitivblastem allmäh- 
lich ab; das einschichtige Entoderm trennt sich von ihm. 

Auf den vordersten Schnitten durch den Embryo der Fig. 15 
fällt die mediale Ectodermverdickung auf, die sich als mächtiger 
Wulst nach oben erhebt. In den folgenden Schnitten erscheint sie 
oben immer breiter seitwärts übergewachsen und zugleich in der Mitte 
von unten her ausgehöhlt. In die dadurch entstandene tiefe Ein- 
buchtung des Eetoderms erstreckt sich die ansehnliche mediane 
Entodermverdickung. Weiterhin schreitet die Eetodermverdiekung 
mehr lateralwärts fort, so daß nach elf Schnitten das Eetoderm eine 
dieke, ziemlich ebene Platte bildet. 

Die Entodermverdiekung ist schon einige Schnitte vorher ge- 
schwunden. In den folgenden Schnitten tritt sie wieder auf, jetzt 
als charakteristische Chordaanlage, an welche die Mesoblastblätter 
mehr und mehr heranrücken. Nach weiteren zehn Schnitten haben 
letztere jene erreicht und sind damit verschmolzen. Dieses Bild er- 
hält sich acht Schnitte hindurch. Auf dem nächsten ist das Ento- 
derm von der Chordaanlage abgespalten. Letztere bleibt aber mit 
den Mesoblastwülsten zunächst noch in Verbindung. Erst auf dem 
achtzehnten Schnitte weiter nach hinten ist sie auf der linken Seite 
und in dem nächsten Schnitte auch auf der andern Seite vom Meso- 
blast abgelöst. Sie zeigt dann auf 16 Schnitten einen mehr oder 
weniger länglich-rechteckigen Querschnitt. 

Weiterhin wird die Chorda allmählich dieker und nimmt einen 
sechseckigen Querschnitt an; sie bleibt dabei auf den folgenden zwölf 
Schnitten vollständig isoliert, um einen Schnitt weiter mit dem Ecto- 
derm und Entoderm und auf dem nächsten Schnitte auch mit dem 


Die Entwicklung der Ringelnatter (Tropidonotus natrix Boie). 89 


Mesoderm in Verbindung zu treten. Der letztere Schnitt geht durch 
die Stelle unmittelbar vor dem Primitivhöcker, wo sich die Chorda 
aus dem Primitivblastem herausdifferenziert. Dieser Schnitt traf die 
Oberfläche des Embryos in dem hintersten Ende der Medullarfurche, 
kurz vor ihrer Verbreiterung. 

Die Grenzfurchen, die nach sieben Schnitten getroffen werden, 
sind nur als minimale Einsenkungen sichtbar, obwohl sie sich im 
Oberflächenbilde scharf markierten und der Zwischenhöcker zwischen 
ihnen leuchtend weiß hervortrat. Mit Sicherheit lassen sich die 
Grenzfurchen auf sechs ‚Schnitten feststellen. 

Auf den dann folgenden letzten Schnitten durch den Embryo ist 
die Oberfläche des Höckers völlig eben. Das Primitivblastem ver- 
liert nach und nach an Masse. 

Die Primitivrinne des Embryos der Fig. 16 auf Taf. VI verur- 
sacht auf zehn Schnitten einen ziemlich breiten und tiefen Einschnitt, 
in welchem von außen eingeschwemmte Dotterstückchen liegen (kein 
Zelldetritus). Man sieht den mächtig nach unten gewulsteten Höcker 
aus Primitivblastem, dessen obere Schicht wie gewöhnlich die hohe, 
senkrechte Epithelstreifung zeigt. Die Chorda ist bei diesem Embryo 
auf keinem Sehnitte ganz ringsherum isoliert. Auffällig erscheint die 
lockere Struktur des inneren Gewebes der Chorda und .der Mesoblast- 
 flügel. Im übrigen unterscheiden sich die Schnitte durch die Medullar- 
furche und die Gehirnhöckerplatte dieses Embryos nicht wesentlich 
von den entsprechenden Schnitten durch den Embryo der Fig. 13. 

Der erste Schnitt, der den Embryo der Fig. 17 vorn traf, ist 
dadurch charakterisiert, daß sich die beiden Schichten in der Mitte 
etwas nach unten gebogen zeigen und das Eetoderm anfängt, sich zu 
verdicken. Die Eetodermverdickung tritt bei diesem Embryo ganz 
extramedian und unregelmäßig auf. Auf dem vierten Schnitte beginnt 
das Entoderm ebenfalls in der Mitte anzuschwellen. Auf den folgen- 
den Schnitten nehmen sowohl die chordale Entodermverdickung als 
auch die Ectodermverdiekung an Ausdehnung zu. Letztere breitet 
sich mehr lateralwärts aus. 

Auf den folgenden Schnitten durch die vordere breitere Hälfte 
der Medullarfurche stehen in der Mitte Mesoblast, Chorda und Ento- 
blast in Zusammenhang und zwar durch 14 Schnitte hindurch. 

Einen Schnitt weiter löst sich zunächst das Entoderm von der 
Chorda ab, und auf dem nächsten Sehnitte ist letztere ringsherum 
vom Nachbargewebe getrennt. Sie zeigt einen länglichen Querschnitt. 
In der Mitte weist sie lockeres, fast ganz homogenes, wenig gefärbtes 


90 43 Theodor Viefhaus. 


Gewebe auf. Letzteres tritt in den beiden Mesoblastblättern in noch 
auffälligerer Weise in die Erscheinung. Dieses Bild erhält sieh ohne 
wesentliche Abweichungen in etwa 20 Schnitten durch die hintere 
engere Partie der Medullarfurche. Nur nimmt die Chorda zuletzt 
einen mehr rundlichen und größeren Querschnitt an. 

In den folgenden Schnitten steht die Chorda streekenweise mit 
dem Nachbargewebe wieder in Zusammenhang. Es ist dort die 
Stelle unmittelbar vor dem Primitivhöcker getroffen, wo die Medullar- 
furche sich infolge des Auseinanderweichens der Medullarwülste ver- 
breitert hat. 

Die Primitivrinne dieses Embryos ist mäßig tief und kann im 
ganzen auf 19 Schnitten mit Sicherheit konstatiert werden. Nach 
hinten hin wird sie allmählich flacher und breiter. Hier unter ihrem 
flachen Hinterende besitzt der Primitivhöcker die stärkste Ausbildung. 
In den Schnitten hinter der Primitivrinne, zwölf an der Zahl, ist der 
Entoblast auf seiner ganzen Ausdehnung vom Primitivblastem gelöst. 

Bei dem Embryo der Fig. 18 auf Taf. VI weisen die 24 Quer- 
schnitte durch den Primitivhöcker ein ziemlich schmales Blastem- 
gewebe auf. Eine Primitivrinne fehlt darauf gänzlich. Auf dem 
achten Schnitte vor dem Primitivhöcker ist das Eetoderm überall als 
dicke Platte abgespalten. Alsbald wird die flache Einsenkung der 
Medullarrinne sichtbar. Sechs Schnitte weiter nach vorn ist die 
Chorda von den Mesoblastblättern völlig abgetrennt; sie hängt nur 
noch locker mit dem Entoderm zusammen, von welchem sie sich erst 
nach zwölf Schnitten absetzt. Dabei zeigt die Chorda überall einen 
platten, gestreckten Querschnitt. 

In den Schnitten dureh den vorderen Teil dieses Embryos wieder- 
holen sich die schon oben besprochenen Erscheinungen. 


Ü. Zusammenfassung. der Ergebnisse und Vergleich mit den Be- 
funden bei andern Reptilien. 


Der Kuprrersche Kanal und damit das ursprüngliche Prostom 
schließt sich bei der Ringelnatter sehr früh, wenn die Embryonen 
sich noch im Stadium der Falterform befinden. Der Verschluß er- 
folgt so vollständig, daß in der Regel weder in den Schnitten noch 
im Flächenbilde eine Spur des Prostoms oder des KuprFeErschen 
Kanals erkennbar ist. Auf der Oberseite läßt sich die Stelle des 
ursprünglichen Urmundes anfangs noch daran feststellen, daß die 
Vorderlippe als ganz schmale und schwache Leiste unterscheidbar 


Die Entwieklung der Ringelnatter (Tropidonotus natrix Boie). 91 


bleibt. Dieses Stadium, auf welchem sich das ursprünglich tiefe 
Prostom zu einer sanften Einsenkung abgeflacht hat, besitzt aber 
jedenfalls nur eine kurze Dauer. Bald entsteht an dieser Urmund- 
stelle wieder eine tiefere Einsenkung, indem sich die Seitenlippen 
bzw. Seitenhöcker merklich emporwulsten und zugleich bis zu einem 
bestimmten Grade medianwärts vorwachsen. Die so entstehende Rinne 
ist wesentlich schmäler als das ursprüngliche Prostom und fällt hinter 
dem Hinterrande der Vorderlippe in die Tiefe, ohne, und das ist zu 
betonen, jemals auf der Unterseite zu perforieren. Nur bei zwei Em- 
bryonen, Fig. 3 und 4, verlief die Rinne etwas schräg nach vorn 
unter die Vorderlippe, letztere etwas emporhebend. Auch hier kann 
von einem Kanal keine Rede sein, es ist nur eine breite Tasche oder 
ganz flache Nische entstanden. Nach hinten rücken die Seitenlippen 
weit auseinander. Dadurch entsteht zwischen ihnen eine breite Rinne, 
die sich von hinten nach vorn verengt und vertieft. Diese Metastom- 
rinne führt zur tiefsten Stelle unter den hinteren Vorderlippenrand 
hinab. 

In der Medianlinie der Metastomrinne erhebt sich bei allen diesen 
Embryonen eine mehr oder minder plastisch hervortretende, oft ziem- 
lich lange Metastomleiste, die aus Eetoblastemgewebe besteht. Von 
der Vorderlippe ist die Leiste durch die Metastomeinsenkung getrennt. 
Auch befinden sich zwischen den Seitenlippen und der Metastom- 
leiste meistens breitere Furchen. Daß bei diesen Bildungen im ein- 
zelnen Abweichungen vorkommen, haben die obigen Ausführungen 
sezeigt und lehrt ein Blick auf die Tafelfiguren. 

Während heute die embryonale Entwicklung der Reptilien auch 
bezüglich der frühen Stadien bei verschiedenen Vertretern dieser 
Klasse eingehend untersucht ist (vgl. unten die Literaturangabe), sind 
bei diesen Untersuchungen merkwürdigerweise die obigem Metastom- 
stadium entsprechenden Stadien direkt nach erfolgter Perforation des 
Urdarmes, wo die Bildung der Primitivrinne sich einleitet, wenig be- 
kannt geworden. Es hat das wohl seinen Grund darin, daß diese 
Übergangsstadien, wie schon früher erwähnt wurde, nur von kurzer 
Dauer sind und deshalb sehr selten und schwer beschafft werden 
können. Die schon mehrfach zitierte Entwicklungsgeschichte der 
Kreuzotter von BaLLowırz ist das einzige Werk, in welchem auf 
diese Stadien näher eingegangen wird. 

Vergleicht man das Metastom der Ringelnatter mit den Befunden, 
welche BarLowıitz bei entsprechenden Stadien der Kreuzotter fest- 
stellt, so ergeben sich einige Unterschiede. 


92 Fl Theodor Viefhaus, 


Bei der Kreuzotter hat sich der Kuprrersche Kanal oft noch 
nieht geschlossen, er wird zwar immer kürzer und schmäler, aber 
»schließlich kann aus ihm hinter der Vorderlippe ein einfacher, kurzer, 
lochartig direkt von oben nach unten führender Gang hervorgehen, 
welcher im vordersten Teil der Metastomrinne gelegen ist und die 
Kommunikation des Subgerminalraumes mit der Keimoberfläche auf- 
recht erhält«<!. Somit besteht also bei der Kreuzotter noch nach 
Ausbildung des typischen Metastomstadiums auf der Unterseite eine 
Perforationsöffnung des Urdarmes, ein eigentliches »Metastom«, aller- 
dings nicht bei allen Embryonen. 

Die Ausprägung dieser Verhältnisse wurde bei der Ringelnatter 
vermißt. Ebenfalls. war eine »sekundäre Metastomrinne« 2 nicht zu 
beobachten. Ferner sind: bei der Ringelnatter, wie bereits bei Be- 
sprechung der betreffenden Serien erwähnt wurde, die Epithelwülste 
im Flächenbilde nicht merklich abgesetzt; jedenfalls aber »springen 
sie nieht lippenartig aus der Fläche vor« !, wie es bei der Kreuz- 
otter der Fall ist. Meistens sind die Epithelwülste nur auf den 
Querschnitten nachzuweisen. Sie bestehen aus hohem Cylinderepithel, 
das sich auch in die Seitenwandung der Rinne nach unten umbiegt. 
Die Zellen sind an dieser Stelle dicht gedrängt, und dadurch er- 
scheinen die Seitenlippen auf dem Querschnitt intensiver gefärbt, so 
daß sie sich auf diese Weise von dem Ectoblastem etwas abheben. 

Die ganze Metastomrinne ist bei der Ringelnatter breit, bei der 
Kreuzotter dagegen auffallend eng, so eng, daß die Metastomleiste 
fest darin eingeklemmt und oft förmlich zusammengepreßt wird. Die 
Enge der Metastomrinne ist dadurch bedingt, daß die Seitenlippen 
und die lateralwärts davon liegenden Eetoblastemwülste das Bestreben 
zeigen, energisch zur Medianlinie zu wachsen. Dabei scheint die 
srößte Energie von den hintersten Enden der Seitenflügel entwickelt 
zu werden, denn das hintere Ende der Metastomrinne zeigt sich 
überall am stärksten und am ersten eingeengt. Dadurch wird hier 
die Metastomleiste, wenn sie lang genug ist. und über das hintere 
Ende der eigentlichen Embryonalanlage hinausragt, merklich ein- 
geschnürt, bisweilen sogar von der Seite her etwas überwachsen. Ist 
die Metastomleiste kürzer, dann wachsen die Enden der Seitenflügel 
hinten bis auf eine ganz schmale Spaltrinne zur Medianlinie vor, 
während die vorderen Partien der Seitenhöcker durch die Metastom- 
rinne noch auseinander gehalten werden, hier eine kurze Leiste, 


! BALLowıtz, Kreuzotter. ]. ce. S. 124. ? Daselbst S. 123. 


Die Entwicklung der Ringelnatter (Tropidonotus natrix Boie). 93 


einen »Metastompfropf«, allseitig fest umschließend. Einen solehen 
Metastompfropf konnte ich bei der Ringelnatter auf keinem einzigen 
Stadium feststellen, stets fand sich hier eine lange, meistens hinten 
aus der Metastomrinne herausragende Leiste. Der Umstand, daß die 
breitere Leiste überall frei in der Rinne liegt und von den Seiten- 
lippen meist durch einen ziemlich weiten Raum getrennt bleibt, läßt 
erkennen, dal hier ein so intensives medianwärts gerichtetes Vor- 
drängen der Seitenhöcker — wenigstens ihrer oberen Schichten — 
nicht, oder doch nur bis zu einem gewissen Grade in Tätigkeit ge- 
treten ist. 

Radiäre Streifungen, die an dem hinteren Embryonalende der 
Ringelnatter auf den Metastomstadien häufig sind und die Metastom- 
rinne bisweilen mit einem zierlichen Strahlenkranze umgeben (Fig. 3 
und 4 auf Taf. IV), fehlen bei der Kreuzotter vollständig. Über Be- 
schaffenheit dieser Streifungen siehe oben S. Off. und 76. Hier sei 
nur noch hervorgehoben, daß das Vorrücken dieser Streifenwülste 
zur Mitte und nach vorn hin infolge eines in die Metastomeinsenkung 
weisenden Druckes hier im vorderen Teile der Metastomrinne stärkere 
Kompressionen hervorrufen muß. Daher erscheint auf den Stadien 
mit den charakteristischen Streifungen die Metastomleiste — besonders 
‚ihre vordere Partie — mehr emporgepreßt. Weiter nach hinten, wo 
die Kompressionen naturgemäß nicht so stark sind, bleibt auch die 
Leiste niedriger. Wenn diese Streifenwülste ihre Hauptaufgabe erfüllt 
haben, die wohl darin besteht, schnell und reichlich Bildungsmaterjal 
zur ersten Anlage der Primitivorgane besonders durch Ansammlung 
von Primitivblastem herbeizuführen, so tritt naturgemäß ein Nach- 
lassen der Kompressionen ein, und die Metastomleiste scheint dann 
— zum Teil wenigstens — nach und nach wieder in das Blastem 
zurückzusinken. 

Diese charakteristische Streifung, die BALLowITz schon bei den 
früheren Falterstadien der Ringelnatter! zuerst in ihren Anfängen 
beobachtet hat, ist meines Wissens bei andern Reptilien noch nicht 
festgestellt worden. 

Wırr! bildet einige den Metastomstadien der Ringelnatter ent- 
sprechende Stadien des Gecko ab, bei welchen der ganze Blastoporus 
eine der Metastomrinne der Ringelnatter sehr ähnliche Gestaltung 
aufweist. Wırı faßt diese Rinne als noch nicht ganz vollendete 
Primitivrinne auf, deren Boden von einem »Entodermpfropf« gebildet 


23]... 


94 Theodor Viefhaus, 


wird. Er bemerkt dann weiterhin, daß auch bei Cistudo lutaria 
»der Entodermpfropf wie beim Gecko und den Amphibien den größten 
Teil des Blastoporus verstopft<« 1. 

Vorher hat WıLr ebenfalls schon festgestellt, daß sich auch beim 
Gecko der Urmund und der Küprrersche Kanal nach erfolgter Per- 
foration bald wieder schließt. 

Auch von der Ringelnatter berichtet WıLL, daß sich der Ur- 
mund früh schließt; nähere Mitteilungen hat dieser Autor darüber 

aber nicht gemacht. 

Bei ZLacerta ist das nach den Untersuchungen von STRAHL? 
nicht der Fall, sondern bei diesem Reptil geht der Kuprrersche 
Kanal direkt in den Canalis neurentericus über, ohne sich vorher 
sanz geschlossen zu haben. 

Für Hatteria gilt nach SCHAUINSLAND? dasselbe. 

Nach Verschluß der Metastomrinne verschmälern sich die Em- 
bryonen der Ringelnatter, wie ich fand, sehr bald und nehmen jetzt 
im allgemeinen plastischere Formen an, indem sich an ihrem Vorder- 
rande die Gehirnhöcker vorwulsten und an ihrem Hinterende ein 
ansehnlicher Primitivhöcker zur Ausbildung kommt. Der Primitiv- 
höcker tritt auf der Unterseite meist halbkugelig hervor, auf der Ober- 
seite liegt er flach oder doch nur wenig gewölbt und ist somit mehr 
als Primitivplatte ausgeprägt. Auf ihm verläuft die schmale Primi- 
tivrinne; sie steht anfangs mit der Rückenfurche in Kommunikation, 
später ist sie isoliert. Hinten zeigt die Primitivrinne regelmäßig 
eine charakteristische Gabelung, die Grenzfurchen, welche zwischen 
sich einen dreieckigen, interlabialen Zwischenhöcker fassen. 

Vorn differenzieren sich aus dem Primitivblastem die Primitiv- 
organe, wobei sich das Blastem hinten beständig regeneriert. Bei 
der Kreuzotter findet derselbe Prozeß statt: »Von diesem Primitiv- 
blastem wachsen nun beständig die Primitivorgane und zwar das 
später zum Medullarepithel werdende Ectoderm, Chorda und seitliche 
Mesoblastplatten nach vorn bzw. lateralwärts vor. Untersucht man 
in den Querschnittserien der Stadien vor Ausbildung der Medullar- 
rinne die vordere Grenze des Primitivblastems, so findet man hier 
regelmäßig die oberflächliche epitheliale Schicht des Primitivblastems 
in direktem, breitem Zusammenhang mit der Chorda und den seit- 
lichen Mesoblastplatten. An dieser Stelle differenzieren sich diese 


1 ].c. Zoolog. Jahrbücher, Bd. IV. S. 543. 
2. 3€; 


Die Entwicklung der Ringelnatter (Tropidonotus natrix Boie). 05 


Organe aus dem Primitivblastem heraus, vor dieser Stelle sind sie 
voneinander getrennt!.« | 

Auch die andern Verhältnisse in bezug auf die Primitivrinne 
und den Primitivhöcker sind bei der Kreuzotter im wesentlichen 
sanz dieselben. Allerdings fehlt auf der Oberseite des Primitiv- 
höckers, wie ja auch schon bei den vorhergehenden Metastomstadien, 
jegliche Spur der charakteristischen Streifung, die bei der Ringel- 
natter auch nach Ausbildung der Primitivrinne meist erhalten bleibt. 
Doch tritt diese Radiärstreifung jetzt nicht mehr in der früheren 
Ausdehnung auf, sie ist fast durchweg nur auf die äußeren Rand- 
partien des Höckers beschränkt, wo sie oft noch sehr deutlich beob- 
achtet werden kann, ein Zeichen, daß immer noch Kompressionen 
zur Primitivrinne hin und Zellstauchungen stattfinden. 

Auf der Oberseite setzen sich die lateralen Ränder der Primitivplatte 
häufig sehr scharf von der Keimhaut ab, so daß hier im Oberflächen- 
bilde tiefe Schatten liegen. In diesen Fällen sind auf den Quer- 
schnitten oft tiefe Seitenfurchen sichtbar, in denen sich der laterale 
Rand der Primitivhöckerplatte schräg nach unten zur Mitte des Höckers 
einsenkt, wie es die Textfig. 2a, 35 und besonders 3c illustrieren. 

Bezüglich der Proamniosfalte und der Gehirnhöckerplatte, sowie 
der Medullarrinne, welche sich auf diesen Stadien zu bilden beginnen, 
treten von den Befunden, welche BarLowırz bei entsprechenden 
Stadien der Kreuzotter macht, keine wesentlichen Unterschiede zutage. 

Beim Gecko sind die Stadien mit der ersten Anlage der Primitiv- 
rinne noch ziemlich breit, wie aus den Abbildungen WırLıs hervor- 
geht. Die Primitivrinne liest auf einem deutlichen Primitivstreifen 
und erscheint als eine etwas extramediane, manchmal auch gebogene 
Spaltrinne, die eine Gabelung nicht besitzt. Dagegen hebt WırL 
ausdrücklich hervor, daß sich die Rückenfurche vor der Spitze des 
Primitivstreifens in zwei etwas asymmetrische Schenkel gabelt?. 
Eine Kommunikation zwischen Rücken- bzw. Medullarfurche und 
Primitivrinne besteht anscheinend beim Gecko nicht. Ebenfalls werden 
auch stets radiäre Streifungen des Hinterendes vermißt. 

Bei Zacerta agilis tritt nach Kuprrer? die Proamniosfalte sehr 
früh auf. Bereits auf den Stadien, wo sich das Prostom zu ver- 
engen beginnt, biegt sich der Vorderrand der Gehirnhöckerplatte 
unterhalb der Proamniosfalte in die Tiefe gegen den Dotter. 


1 BALLoWwITz, Kreuzotter, 1. e. S. 147. 
2 L. Wırr, 1. ce. Zoolog. Jahrbücher Bd. VI. 1895. S. 154. 
a 


96 Theodor Viefhaus, 


STRAHL! bringt etwas spätere Stadien von Lucerta agilis zur 
Darstellung, auf denen sich vorn die niedrige Amniosfalte gebildet 
hat, an welche die Medullarwülste heranreichen. An ihrem hinteren 
Ende besitzt die enge Medullarrinne eine scharfe Gabelung, welche 
»die aus zwei Flügeln bestehende Eingangsöffnung des Kanals« dar- 
stellt. Auf der Unterseite tritt die Mündungsöffnung dieses neuren- 
terischen Kanals als »tiefe Nische« deutlich in die Erscheinung. 

Mit bezug auf den Primitivhöcker bemerkt STRAHL: »Man kann 
den Primitivstreifen als indifferentes Material ansehen, aus dessen 
Zellen heraus sich beliebige Teile des späteren Embryonalkörpers 
entwickeln können ?.< 

Bei der Blindschleiche fand BALLowırz? ebenfalls die Proamnios- 
falte früher als bei Tropidonotus entwickelt. Sie tritt schon auf, 
wenn der Blastoporus noch offen ist. Letzterer zeigt auf der Ober- 
seite dieser Stadien eine punktförmige, einem Nadelstich ähnliche 
Öffnung. An zwei Embryonen stellte BALLOWITZ zwei symmetrisch 
geschwungene, von dieser Öffnung nach hinten divergierende Haken- 
schenkel fest, die ein keilförmiges Feld zwischen sich schlossen. 
Auf zwei andern Embryonen ging von dem punktförmigen Urmund 
nur ein einziger kurzer, linearer Spalt aus. Letzterer lag in der 
Medianlinie und besaß eine beträchtlichere Tiefe als die Haken- 
schenkel. Auf der Unterseite dieser Stadien war die Perforations- 
öffnung des Urdarmes noch sichtbar. Die drei Abteilungen im vor- 
deren Teile der Embryonalanlage werden bei der Blindschleiche 
vermißt. Auch von der Radiärstreifung ist keine Spur vorhanden. 

Nach Mırsurur1? wird bei entsprechenden Stadien von Chelonia, 
Trionyx und Clemmys, die schon eine enge Medullarrinne sowie die 
Proamniosfalte ausgebildet haben, der Primitivhöcker, welcher die 
Gestalt eines dicken Knopfes zeigt, noch schräg von dem Kanal 
durehbohrt. Die obere Öffnung desselben erscheint meist U-förmig 
gekrümmt. Die nach hinten gerichteten Schenkel fassen den Dotter- 
pfropf (»Yolk-plug«) zwischen sich. Letzterer wird einerseits 
durch die gegeneinander wachsenden hinteren Enden der Medullar- 
wülste etwas nach hinten abgedrängt, anderseits wandert er auch 


! STRAHL, Beiträge zur Entwicklung von Lacerta agelks. Archiv f. Anat. 
u. Phys., Anat. Abt. 1882. 

2]. c. Arch. f. Anat. u. Phys., Anat. Abt. 1882. S. 258. 

3 BaALLowıtz, Die Gastrulation bei der Blindschleiche (Angwzs a 
teil 1.0]. €: 

ne 


Die Entwicklung der Ringelnatter (Tropidonotus natrix Boie). 97 


selbständig nach hinten. Dabei hinterläßt er eine anfangs kurze, 
später mit dem weiteren Abweichen des Dotterpfropfes länger wer- 
dende, mediane Vertiefung, die »Primitive-groove<«. Dieselbe ver- 
bindet also die Medullarrinne mit der U-förmigen, den Dotterpfropf 
umschließenden Einsenkung. Der Dotterpfropf verliert späterhin 
‚seine Bedeutung. Er wird nicht vom hinteren Körperende auf- 
genommen, sondern kommt als belangloses Stück dahinter zu liegen. 

Bei Triony& fehlt eine derartige Primitive-groove. 

Diese Befunde Mrrsururıs bei Chelonia konnte SCHAUINSLAND! 
bei Hatteria im wesentlichen bestätigen. 


Zum Schlusse habe ich eine Pflicht der Dankbarkeit zu erfüllen. 
Es sei mir an dieser Stelle gestattet, meinem hochverehrten Lehrer, 
Herrn Prof. Dr. BALLoOwITZ, für seinen freundlichen Rat und seine 
stets bereitwillige Hilfe bei Fertigstellung der vorliegenden Arbeit 
meinen aufrichtigsten Dank auszusprechen. 


Münster i. W., im Juli 1906. 


Verzeichnis der benutzten Literatur, 


H. STRAHL, Über den Canalis myeloentericus der Eidechse. Marburger Sitzungs- 
ber. 1880. 

—— Beiträge zur Entwicklung von Lacerta agilis. Archiv f. Anatomie und 
Physiologie, Anat. Abt. 1882. 

C. KUPFFER, Die Gastrulation an den meroblastischen Eiern der Wirbeltiere 
und die Bedeutung des Primitivstreifs. Arch. f. Anat. u. Phys., Anat. 
Abt. 1882. 

C. K. Horrmann, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Reptilien. Diese Zeit- 
schrift, Bd. XL. 1884. 

—— Weitere Untersuchungen zur Entwicklungsgeschichte der Reptilien. 
Morphol. Jahrbuch. Bd. XI. 1886. 

U. GERHARDT, Die Keimblattbildung bei Tropidonotus natrix. Mit einem Vor- 
wort von OscAR HERTwIG. Anat. Anz. Bd. XX. Nr. 10/11. 26. Nov. 
1901. 

L. Wırt, Zur Entwicklungsgeschichte des Geckos. Biolog. Centralbl. Bd. X. 
1890—91. 

—— Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Reptilien. 1. Die Anlage der 
Keimblätter beim Gecko (Platydactylus facetanus Schreib.). Zoolog. 
Jahrb., Abt. f. Anat. u. Ontog. Bd. VI, 1893. 

—- Über die Verhältnisse des Urdarms und des Canalis neurenterieus bei 
der Ringelnatter (Tropidonotus natrix). Biolog. Centralbl., Bd. XIX, 1899, 


Pe: 
Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. 7 


98 | Theodor Viefhaus, 


MEHNERT, Gastrulation und Keimblattbildung der Emys lutaria taurica. Mor- 
pholog. Arbeiten von SCHWALBE. Bd. I. 1892. 

K. MıTsuKkurı, On the Processus of Gastrulation in Cheionia. Journal of the 
College of Seience, Imperial University Japan. Vol. VI. 1832. 

—— On the Fate of the Blastopore, the Relations of the Primitive Streak 
and the Formation of the Posterior End of the Embryo in Chelonia, 
together with Remarks on the Nature of Meroblastie Ova in Verte- 
brates. Journal of the College of Seience, Imperial University, Tokyo, 
Japan. Vol. X. 1896. 

SCHAUINSLAND, Zur Entwicklung von Hatteria. Sitzungsber. d. Akad. d. Wis- 
sensch., Berlin, Math. phys. Klasse 1898. 

—— Beiträge zur Biologie und Entwicklung der Hatteria nebst Bemerkungen 
über die Entwicklung der Sauropsiden. Anat. Anz., Bd. XV. Nr. 17/18 
1899. 

E. BALLowITz, Die Gastrulation bei der Ringelnatter (Tropidonotus natrix 
Boie) bis zum Auftreten der Falterform der Embryonalanlage. Diese 
Zeitschr. Bd. LXX. Nr. 4. 1901. 

——  Urmundbilder im Prostomstadium des Blastoporus bei der Ringelnatter. 
‘Arch. f. Anat. u. Physiol., Anat. Abt., 1902. 

—— Die Entwicklungsgeschichte der Kreuzotter (Pelias berus Merr.). Teil I, 
Jena 1903. 

—— Die Gastrulation bei der Blindschleiche (Anguis fragilis L.). Teil I. Die 
Gastrulationserscheinungen im Flächenbild. Diese Zeitschr. Bd. LXXXII. 
Siehe auch Morpholog. Arbeiten aus dem anatomischen und zootomi- 
schen Institut der Königlichen Universität Münster. Hft. I. 1905. 


Erklärung der Abbildungen. 


Vorbemerkung. 


Die Flächenbilder wurden nach ungefärbten Präparaten der Ringelnatter 
angefertigt. Nur der Embryo der Fig. 4 war vor der Herstellung des Flächen- 
bildes mit Boraxkarmin gefärbt. Die Embryonen lagen in Alkohol auf dunkler 
Unterlage und wurden bei Lupenvergrößerung in auffallendem Lichte gezeichnet. 
Dabei mußten sie mit einem feinen Pinsel in verschiedene bestimmte Schräg- 
stellungen gebracht werden, um alle Einzelheiten und die oft sehr zarte Plastik 
festhalten zu können. »Da nur vom Ei abgelöste Keimhäute zum Abzeichnen 
benutzt wurden, so kombinieren sich in den Zeichnungen die durch das Ober- 
flächenrelief gegebenen Schattierungen etwas mit dem bei der Transparenz des 
Objektes durch die Dickendifferenzen bedingten Bilde des Embryos. Das gilt 
auch besonders für die dieken, der Unterseite der Keimhaut angelagerten Ento- 
dermzellstränge, welche als weißliche, durchschimmernde Massen in den Bildern 
der Keimoberfläche mit angegeben wurden!.« 

In allen Flächenbildern sind die Embryonen auf den Tafeln vertikal, das 
Hinterende nach unten gerichtet, dargestellt. 

Die Vergrößerung der Figuren ist ungefähr eine 20fache; die Fig. 1 ist 
etwas kleiner geraten. 


1 BALLOWITZ, Ringelnatter, 1. c., 8. 730. 


Die Entwicklung der Ringelnatter (Tropidonotus natrix Boie). 99 


Die Fig. 1, 3, 4 und 7 der Taf. IV wurden von Zeichnern, alle übrigen von 
mir gezeichnet und von Herrn Prof. Dr. BALLOWITZ revidiert. 


Tafel IV. 


Fig. 1. Unmittelbar an die Falterform anschließendes Stadium. Vorderlippe 
noch ungeteilt. 

Fig. 2. Die Vorderlippe ist von einer engen, extramedianen Verbindungs- 
furche durchtrennt, an die sich eine kurze Primitivrinne und dann eine breite 
Metastomrinne anschließt. 

Fig. 2a. Unterseite zu 2. Am Hinterende zwei getrennte Höcker, zwischen 
denen die Chorda ansetzt. Vorn sind Entodermzellmassen aufgelagert. 

Fig. 3 und 4. Plastische Radiärstreifungen am Hinterende mit weißem 
Längswulst in der Metastomrinne. Die Enden der Vorderlippe gehen in die 
Streifung über. 

Fig. 5 und 6. Die Radiärstreifung fehlt. Flache, breite Rückenfurche. 

Fig. 7. Vorderlippe nicht mehr zu erkennen. Es besteht eine lange etwas 
extramediane Primitivrinne. 


Tafel V. 


Fig. 8. Letzter ee der ersten Gruppe. Lange, schnurgerade Primitiv- 
rinne. 

Fig. 8a. Unterseite zu Fig. 8. Unpaarer, querovaler Primitivhöcker. 

Fig. 9—12. Die Primitivrinne in Kommunikation mit der schmalen Medullar- 
furche. In den Fig. 9 und 10 ist eine Grenze zwischen Medullarfurche und 
Primitivrinne nicht festzustellen. In Fig. 12 ist die Primitivrinne linear. An 
ihrem hinteren Ende die charakteristische Gabelung, die Grenzfurchen, welche 
den keilförmigen Zwischenhöcker umfaßt. 

Fig. 12a. Unterseite zu Fig. 12. Der Primitivhöcker halbkugelie vorgewölbt. 
Vorn die Gehirnhöcker sehr deutlich ausgeprägt. 

Fig. 15. Neben dem hinteren Teile der Medullarrinne erheben sich deutliche 
Medullarwülste.e Der Vorderrand der Gehirnhöckerplatte senkt sich in einer 
Querfurche in die Tiefe. Davor die Proamnionfalte. 


Tafel VI. 


Fig. 14. Die Primitivrinne ist flach und schwer zu sehen. Vorn eine 
sichelförmige Proamnionfalte. 

Fig. 14a. Unterseite zu Fig. 14. Primitivhöcker queroval. Kopfdarm- 
nische angelegt. 

Fig. 15. Die Primitivrinne fehlt bis auf die Gabelung. Die Medullarfurche 
ist eng und tiefer, begleitet von deutlichen Medullarwülsten. Vorn eine niedrige 
Proamnionfalte. 

Fig. 16. Die Primitivrinne schließt sich unmittelbar an das Hinterende 
der Medullarfurche an. 

Fig. 17. Die Medullarfurche endigt mit einer kurzen Gabelung, aus welcher 
eine gerade Primitivrinne nach hinten ragt, die ohne Gabelung bleibt. 

Fig. 18. Die Primitivrinne wird vermißt. :Ganze Anlage sehr flach. 


=] 


Dendrogaster arborescens und Dendrogaster ludwigi, 
zwei entoparasitische Ascothoraciden. 
Von 
Otto le Roi. 


(Aus dem zoologischen und vergleichend-anatomischen Institut in Bonn.) 


Mit Tafel VII und VII. 


Nach der von KnıpowItschH (1892) vertretenen Auffassung zer- 
fallen die Cirripedien in zwei Hauptgruppen, deren eine die Ascothora- 
ciden bilden, während der andeın alle übrigen Rankenfüßler in einer 

nach WELTNER (1897) bereits 52 Gattungen mit etwa 330 ae 
aufweisenden Anzahl angehören. 

Die Gruppe der Ascothoraciden wurde 1880 von DE LAcAzE- 
DuTHIers (1880) aufgestellt und enthielt bisher nur vier Genera mit 
je einer Art, nämlich Zaura gerardiae de Lacaze-Duthiers (1880, 1883), 
Petrarca bathyactidis Fowler (1890), Synagoga mira Norman (1887) 
und Dendrogaster astericola Knipowitsch (1891, 1892). 

Bei seinen Untersuchungen an Echinodermen entdeckte Herr Geh.R. 
Prof. Dr. Lupwıs im Laufe der Zeit eine Reihe von entoparasitischen 
Organismen, welche den Ascothoraciden nahezustehen scheinen. Ich 
fühle mich gedrungen, Herrn Geh. R. Prof. Dr. Lupwige für seine große 
Liebenswürdigkeit, mit der er mir dieses interessante und wertvolle 
Material zur Bearbeitung überlassen hat, herzlichst zu danken. 

Als erste Frucht meiner Untersuchungen der fraglichen Parasiten 
gebe ich nachfolgend die ausführlichere Beschreibung zweier der 
Gattung Dendrogaster angehörenden neuen Arten, welche ich im ver- 
gangenen Jahre in einer vorläufigen Mitteilung! benannt habe. | 

Herrn Prof. Dr. W. Voigt, der mir bei dieser Arbeit in freund- 
lichster Weise mit Rat und Tat zur Seite stand, statte ich hiermit 
meinen lebhaften Dank ab. 


! Siehe Literaturverzeichnis am Schlusse der Abhandlung. 


Dendrogaster arborescens und Dendrogaster ludwigi usw. 101 


I. Dendrogaster arborescens le Roi. 


1. Allgemeines und äußere Beschreibung. 


Zur Untersuchung lag mir nur ein Exemplar dieser Art vor, 
welches als Entoparasit in der Leibeshöhle eines von der deutschen 
»Valdivia«-Expedition vor Kapstadt, unter 33° 41’ südl. Breite, 18° 
östl. Länge in einer Tiefe von 178 m gesammelten Dipsacaster 
sladeni Alcock gefunden wurde. Das Aussehen des Seesternes ließ 
in keiner Weise auf die Anwesenheit eines Schmarotzers in seinem 
Innern schließen. 

Die nach einer Photographie hergestellte Fig. 1, Taf. VII liefert 
ein anschauliches Bild von der äußeren Gestalt des freigelegten Para- 
siten und von seiner Lagerung in dem Wirtstiere.. An dem dorso- 
ventral abgeplatteten und im allgemeinen symmetrisch gebauten Tiere 
ließen sich unschwer zwei Hauptteile unterscheiden, ein stumpf 
endendes kegelförmiges Mittelstück, sowie zwei an dessen Basis 
jederseits abzweigende reichverästelte Anhänge. Das kegelförmige 
Mittelstück krümmte sich in seinem vorderen Drittel leicht nach auf- 
wärts und besaß an der Abflachung seines Vorderendes eine infolge 
der Krümmung des Teiles schräg nach oben gerichtete Spalte. Die 
Basalteile der beiden Anhänge, die ich als »Hauptarme« bezeichne, 
gabelten sich nach kurzem Verlaufe in je zwei Äste, einen oberen 
und unteren »Nebenarm«, welche nach ihren Spitzen zu allmählich 
an Stärke abnahmen. Mehrfach zeigten sie an den Stellen, an denen 
größere Seitenäste abgingen, mehr oder weniger starke Einschnü- 
rungen. Nach rechts und links sandten sie zahlreiche Seitenver- 
zweigungen von wechselnder Länge aus, die ihrerseits wiederum 
durchweg verschieden lange, öfters nochmals gefiederte lappenartige 
Fortsätze trugen. Die Seitenäste waren meist um so kleiner, je 
näher sie der Spitze der Nebenarme lagen. In der Regel entsprangen 
sie von gegenüberliegenden Stellen der Nebenarme, die eine durch- 
laufende Hauptachse darstellten, nicht selten aber ließen sie jede 
Regelmäßigkeit in der Anordnung vermissen. Alle, auch die äußersten 
Verästelungen, zeigten eine dorsoventrale Abflachung und waren in 
einer Ebene angelegt, wenn sie auch durch Kontraktionen des Tieres 
nach verschiedenen Richtungen abstanden. 

Der Parasit besaß eine weißlichgelbe Farbe, dürfte aber im 
Leben, wie dies von andern Ascothoraeiden bekannt ist, durch Pig- 


102 | Otto le Roi, 


ment lebhafter gefärbt sein. Spuren von Pigmentzellen waren bei 
der histologischen Untersuchung der Gewebe nicht aufzufinden und 
sind wohl durch das Konservierungsmittel, den Alkohol, ausgezogen 
worden. 

Allenthalben in den Verzweigungen schimmerten zahlreiche, 
dunkler gelbgefärbte Eier durch die Mantelwände hindurch. 

Die Länge des Mittelstücks betrug 9,5 mm. Die äußersten Enden 
der beiden oberen Nebenarme waren 50 mm voneinander entfernt, 
die Enden der unteren Nebenarme 56 mm. Da die Arme mannigfache 
Krümmungen und Verkürzungen aufwiesen, ließen sich keine ge- 
naueren Messungen vornehmen, sondern es war nur festzustellen, daß 
sie nahezu die gleiche Länge besaßen. 

Wie Fig. 1, Taf. VII zeigt, lag das mit seinem verjüngten Ende 
dem Rande des Seesternes zugewendete Mittelstück in einem Inter- 
radius des Dipsacaster, während sich die beiden oberen Nebenäste 
eine Strecke weit in die benachbarten Arme des Seesterns hinein- 
zogen. Die unteren Nebenäste ragten in die Leibeshöhle der Scheibe 
hinein und legten sich zum Teil dem Darm des Wirtes an. Trotz 
der verhältnismäßig ansehnlichen Größe des Schmarotzers erwiesen 
sich die in dem betreffenden Interradius befindlichen Ovarien des 
Seesterns, denen der Parasit aufgelagert war, als normal und nicht 
verkümmert. Die Verzweigungen des Cirripeds waren vielfach um 
vorspringende Skeletteile des Dipsacaster geschlungen. Bei dem 
Herauspräparieren des Exemplars, das ohne besondere Schwierig- 
keiten von statten ging, zeigte es sich, daß keinerlei innigere Ver- 
bindungen zwischen Parasit und Wirt bestanden. 

Auf der Oberfläche des Mittelstücks fand sich bei genauerer 
Betrachtung ein unregelmäßiges Maschenwerk von feinen Furchen. 
Von gleicher Beschaffenheit war die Oberfläche der kurzen Haupt- 
arme. Auf den Nebenarmen ließen sich nur hier und da feine 
parallele Furchen erkennen. 

Bei der Untersuchung des einzigen mir zur Verfügung stehenden 
Tieres verfuhr ich in der Weise, daß ich unmittelbar am Mittelstücke 
behutsam die Hauptarme abtrenntee Das Mittelstück, sowie Teile 
der Arme zerlegte ich nun in geeigneter Weise in Schnitte und ge- 
wann aus diesen Schnittserien durch Flächenrekonstruktion ein Bild 
vom inneren Bau des Schmarotzers. Da mir, wie gesagt, nur ein 
Exemplar des Parasiten vorlag, konnte ich nicht alle Einzelheiten 
eines Baues mit hinreichender Sicherheit ermitteln, vermochte aber 
dennoch seine Organisation in den wesentlichsten Punkten festzustellen. 


Dendrogaster arborescens und Dendrogaster ludwigi usw. 103 


Auch eine Reihe histologischer Details ließen sich an dem in Alkohol 
ziemlich gut konservierten Krebse erkennen. 

Von Färbemitteln lieferte Hämatoxylin nach DELAFIELD in Ver- 
bindung mit Orange G oder Eosin die besten Ergebnisse. 

Bei der Rekonstruktion des Schmarotzers erkannte ich, daß er 
dem von Knıpowırsc# (1891, 1892) ausführlich beschriebenen Dendro- 
gaster astericola aus dem Weißen Meere nahesteht, der als Ento- 
parasit in Echinaster sanguinolentus und Solaster endeca lebt. Ein 
Vergleich dieser Art mit D. arborescens zeigt, daß beiden Tieren der 
Grundplan des äußeren Baues gemeinsam ist. Kxırowırsch (1892) 
unterscheidet bei D. asterzicola gleichfalls einen mittleren und zwei 
seitliche Teile. Die Seitenteile weisen, wie diejenigen von D. arbores- 
cens, wieder eine Gliederung auf in je einen Hauptarm, der sich in 
zwei Teile gabeltl. Während aber diese Gabelung bei D. arborescens 
sehr scharf ausgeprägt ist, tritt sie bei D. astericola weniger in Er- 
scheinung. Die Seitenteile der letzteren Art besitzen nur eine wenig 
tief einschneidende Gliederung in Lappen und zwar zerfallen die 
beiden oberen Seitenteile in je drei Lappen, die beiden unteren in 
je zwei Lappen. Bei D. arborescens ist im Gegensatz hierzu die 
Gliederung bedeutend weiter fortgeschritten, wie ein Blick auf Fig. 1 
und 2, Taf. VII lehrt. An Stelle der wenigen Hauptlappen der Seiten- 
teile von D. astericola findet sich bei D. arborescens — wie oben ge- 
schildert — eine große Zahl von kleinen, oft nochmals gefiederten 
Ästehen, die von den ungeteilt verlaufenden Nebenarmen als Achsen 
ausgehen. Hierdurch gewinnt die neue Art ein durchaus verschie- 
denes, charakteristisches Aussehen, das ich durch den ihr verliehenen 
Namen »arborescens« zum Ausdruck zu bringen versuchte. 

Einen weiteren Unterschied der hier beschriebenen Art von D. 
astericola bildet ihre Größe. Dem größten Längsdurchmesser von 
10 mm und der größten Breite von 10—11 mm bei dem umfang- 
reichsten geschlechtsreifen der fünf von KxIpowIrtsch untersuchten 
Exemplare von D. astericola stehen bei D. arborescens als größte 
Länge 41 mm, als größte Breite 56 mm gegenüber. Die Maße von 
D. arborescens übertreffen also ganz bedeutend diejenigen von D. 
astericola. 


2. Innerer Bau des Tieres. 
In seinem inneren Bau kommt D. arborescens in vielen Punkten 
_ D. astericola nahe. Dennoch sehe ich mich veranlaßt, seine anatomi- 
schen und histologischen Verhältnisse eingehend zu schildern, da die 


104 Otto le Roi. 


ausführliche Arbeit von KnıpowrtscH (189) über D. astericola in 
russischer Sprache geschrieben und infolgedessen der Mehrzahl der 
Zoologen unverständlich ist. 

Dasjenige, was man bei der äußeren Betrachtung des Parasiten 
sieht, ist nur sein Mantel, welcher durch Zusammenwachsen und be- 
deutende Ausdehnung der weichgebliebenen Schalenklappen, die das 
Tier in seinem cyprisartigen Jugendstadium besitzt, entstanden ist. 
Der eigentliche Körper des Krebses liegt erst im Inneren des Mantels 
und zwar nimmt er nur etwa das vordere Drittel des Mittelstücks 
ein (Taf. VII, Fig. 3). Auf einem großen Teile seiner Rücken- und 
Seitenflächen geht er in die Mantelwände über, in welche außerdem 
vorzugsweise Verästelungen des Magens und der größte Teil der 
Geschlechtsorgane eintreten. 

Nach diesen kurzen orientierenden Bemerkungen gehe ich zur 
senaueren Beschreibung des Tieres über. 


A. Körpergestalt. 


Der eigentliche Körper des Krebses, der nur einen im Verhältnis 
recht kleinen Teil der gesamten Masse des Parasiten ausmacht, be- 
findet sich also in der Mantelhöhle des vorderen Drittels des Mittel- 
stücks (Taf. VII, Fig. 3). Von den drei Körperabschnitten Kopf, Thorax 
und Abdomen ist nur der Kopfteil mit einiger Sicherheit abzugrenzen, 
wenn auch er ohne abzusetzen mit dem Thorax verwachsen ist. Thorax 
und Abdomen gehen ineinander über und besitzen zwar Einsen- 
kungen, aber keine deutliche Gliederung, so daß sich die Zahl ihrer 
Segmente nicht feststellen ließ, wenigstens nicht aus den mir vor- 
liegenden Schnittserien. Kxıpowitsch (1892) vermochte bei D. aster:.- 
cola gleichfalls keine deutliche Gliederung wahrzunehmen, nimmt 
aber unter Berücksichtigung der Verhältnisse bei den jungen Tieren 
wohl mit Recht an, daß der Thorax aus sechs und das Abdomen aus 
vier Segmenten zusammengesetzt ist. Der hintere, kleinere Teil des 
Körpers, der wahrscheinlich das Abdomen darstellt, ist umgeschlagen 
und zieht sich parallel dem größeren übrigen Teile nach oben und 
vorn bis annähernd an die Basis des Kopfkegels, wo er abgerundet 
endet. Nur dieser letztere, sowie ein kleiner Endabschnitt des Ab- 
domens liegen völlig frei in der Mantelhöhle. Der übrige Teil des 
Körpers geht auf seiner Dorsalseite und großen Strecken der Seiten- 
flächen in die Mantelwand über. Nach dem Ende des Abdomens zu 
verschmälert er sich ziemlich rasch und ist in seiner ganzen Aus- 
dehnung ein wenig seitlich zusammengedrückt. Füße oder Fußrudi- 


Dendrogaster arborescens und Dendrogaster ludwigi usw, 105 


mente fehlen gänzlich, wenigstens bei dem entwickelten weiblichen 
Individuum, das hier besprochen wird. Die Länge des Körpers von 
der Spitze des Kopfes bis zum Ende des Abdomens beträgt 6,2 mm. 


B. Antennen. 


Auf den Seiten des Kopfabschnittes etwa an der Stelle, wo der- 
selbe in den Thorax übergeht, entspringt ein Paar kräftiger vier- 
sliedriger Antennen von 0,72 mm Länge (Taf. VII, Fig. 4). Die 
Höhe der einzelnen Glieder übertrifft ihre Breite um das 11/,- bis 
2fache. Das erste oder Basalglied besitzt die größte Höhe und Breite. 
Wenig kleiner ist das folgende Glied, während das dritte Glied nur 
die halbe Höhe des Basalgliedes aufweist. Das letzte Glied erreicht 
nur etwa ein Drittel der Höhe des ersten Gliedes. Die Antennen- 
glieder nehmen demnach von der Basis bis zum Ende nach und nach 
an Höhe ab, während wie bei den Antennen von D. astericola das 
dritte Glied die größte Länge besitzt. 

Das letzte Antennenglied von D. arborescens trägt auf seiner 
Oberseite einen schwach sichelförmig gekrümmten Haken, der seine 
Spitze nach hinten wendet und dessen Größe nahezu gleich der 
halben Höhe des Gliedes ist. Vorn an der Basis dieses Hakens 
erheben sich zwei kleine spitze Borsten, die nach vorn und schräg 
nach oben gerichtet sind. Etwas unterhalb des Hakens trägt das 
Glied an seiner Vorderseite einen dünnen, ziemlich großen Anhang, 
der in halber Höhe zwei kleine, gerade nach vorn gewendete Borsten 
aufweist. Von D. astericola beschreibt KnirowırscH (1892) gleich- 
falls den Haken, sowie ein darunter entspringendes Anhängsel, hebt 
aber hervor, daß sich bei den erwachsenen Tieren an den letzten 
Antennengliedern keine Borsten vorfinden, im Gegensatz zu denjenigen 
der Larven, bei welchen außer den soeben beschriebenen noch einige 
weitere vorhanden sind. Da nun derartige Gebilde, wie diese kleinen 
Stacheln auf Schnitten nur schwierig nachzuweisen und zu verfolgen 
sind, liegt die Annahme nahe, daß auch die Antennen des ausge- 
bildeten D. astericola mit Borsten versehen sind. 

Alle Glieder sowie auch der sichelförmige Haken besitzen eine 
starke Chitinbekleidung. Die Börstehen und das Anhängsel des 
Terminalgliedes sind nur von einer dünnen Chitinschicht überzogen. 

Die Glieder sind mit einer starken Muskulatur ausgerüstet, deren 
Bau ich im wesentlichen auf den Schnittserien verfolgen konnte. 
Das Endglied ist mit zwei Muskelfasern versehen, die sich mit einem 
Ende vorn an der Basis des sichelförmigen Hakens befestigen, nahe 


106 Otto le Roi, 


nebeneinander verlaufen und eng zusammen in der Mitte des Hinter- 
randes des gleichen Gliedes sich ansetzen. Diese zwei Muskelfasern 
bewirken vermutlich eine Bewegung des Hakens nach vorn und 
abwärts. Nach dem Vorgange KxıpowriscHhs (1892) bezeichne ich 
dieselben als Flexoren (Aufbieger, Beuger), hingegen diejenigen Mus- 
keln, welche die Antennenglieder aufwärts bewegen, als Extensoren 
(Zusammenbieger, Strecker). Der Anhang des Terminalgliedes ent- 
behrt der Muskulatur. Das dritte Glied besitzt zwei Muskeln. Be- 
trachten wir den Verlauf derselben an der linken Antenne, so ergibt 
sich, daß sich ein als Beuger aufzufassender Muskel unten an der 
linken Außenseite des Hinterrandes des vierten Gliedes ansetzt, sich 
in der linken Gliedhälfte in senkrechter Richtung fächerförmig auf- 
fasert und mit den Enden dieser Fasern an den linken Hinterrand 
des dritten Gliedes befestigt. Der zweite Muskel besitzt den gleichen 
Bau, liegt aber in der rechten Hälfte des Gliedes und durchkreuzt 
in seiner Richtung den erstbeschriebenen. Er funktioniert als Zu- 
sammenbieger. Die beiden Muskeln des dritten Gliedes stellen, wie 
die enstprechenden von D. astericola, die am meisten entwickelten 
der ganzen Antenne dar. An der Außenseite des Hinterrandes des 
dritten Gliedes befestigen sich drei Muskeln. Der untere derselben, 
ein Flexor, zieht sich von der Mitte des Hinterrandes des dritten 
Gliedes schräg nach hinten und setzt sich am Unterrande des zweiten 
Gliedes an. Der zweite ist gleichfalls ein Beuger. Er beginnt etwas 
oberhalb des letztgenannten, geht schräg nach abwärts durch das 
zweite Glied hindurch und befestigt sich am Unterrande des ersten 
Gliedes. In gleicher Höhe mit diesem Muskel setzt sich der dritte 
am Hinterrande des dritten Gliedes an, erstreckt sich etwas nach 
abwärts durch das zweite und erste Glied und verläuft weiter in 
den Körper des Krebses. Vermutlich funktioniert er als Extensor. 
Außer diesen Muskeln befindet sich im oberen hinteren Teil des dritten 
Antennengliedes noch ein Paar Muskeln, über deren Verlauf und 
Funktion die Präparate nicht hinreichenden Aufschluß gaben. Die 
Bewegung des zweiten Gliedes geschieht durch einen Aufbieger, 
welcher am unteren Teile des Hinterrandes des zweiten Gliedes be- 
sinnt und sich mit seinem andern Ende neben dem Befestigungs- 
punkt des zweiten Beugers des dritten Gliedes, also am unteren 
Rande des Basalgliedes ansetzt. Außerdem sind noch zwei Zusammen- 
bieger vorhanden, welche sich zu beiden Seiten am oberen Drittel 
des Hinterrandes des zweiten Gliedes befestigen, in spitzem Winkel 
zusammenlaufen und mit der Muskulatur des Mantels in Verbindung 


Dendrogaster arboreseens und Dendrogaster ludwigi usw. 107 


stehen. Das Basalglied entbehrt der eignen Muskulatur, ist also 
unbeweglich. 

Aus diesen Beschreibungen geht hervor, daß die gesamte 
Antennenmuskulatur nur aus Flexoren und Extensoren besteht. Be- 
rücksichtigt man in Verbindung hiermit den Umstand, daß von der 
Basis nach der Spitze zu jedes Glied das folgende etwas von den 
Seiten umgreift, so ergibt sich, daß bei D. arborescens nur eine Be- 
wegung der Antennen auf- und abwärts stattfinden kann, eine Eigen- 
tümlichkeit, welche von KnıpowrrscH (1892) auch bei D. astericola 
nachgewiesen ist. | 

Alle Muskeln der Antennen zeigen eine sehr deutliche Quer- 
streifung. Die zugehörenden Kerne liegen ihnen auf, sind von läng- 
liceh-ovaler Gestalt und messen 0,0112 mm. Sie werden wie alle 
Zellkerne von D. arborescens von zahlreichen kleinen Körnchen an- 
gefüllt. Die Matrix des Chitinbelags sowie das den übrigen Teil der 
Antennen einnehmende Bindegewebe haben den gleichen Bau wie im 
Körper des Tieres und werden auf S. 124 geschildert. 


C. Mundwerkzeuge. 


Am Kopfabschnitte lassen sich wie bei D. asterscola an Mund- 
werkzeugen eine röhrenförmige Oberlippe und zwei Paar von dieser 
- umschlossene spitz zulaufende Maxillen unterscheiden (Taf. VII, Fig. 5). 
In ihrer Gesamtheit bilden dieselben den Mundkegel, dessen Höhe an 
seiner Basis die Breite um das 1!/,fache übertrifft. Querschnitte 
durch den Mundkegel sind in Fig. 6, Taf. VII, dargestellt. 

Die Oberlippe ist nur in ihrem vorderen Teile röhrenförmig ver- 
wachsen. Weiter nach hinten weichen ihre beiden, vorn verwachse- 
nen Seitenlappen auseinander, ziehen sich an der Seite des Kopfes 
etwas nach aufwärts und gehen an der Basis der Antennen in den 
Körper über. Den von ihr umschlossenen Hohlraum bezeichne ich als 
_»Vorraum« (H in Fig. 5 u. 6, au. b, Taf. VII). KnıpowrrschH (189) 
hat dafür den Namen »Mundhöhle« angewendet, der leicht zu Iır- 
tümern Anlaß geben kann, da doch der Hohlraum noch vor der 
eigentlichen Mundöffnung gelegen ist. Der Vorraum steht sowohl 
mit der Mantelhöhle als auch mit dem Oesophagus in Verbindung 
(Taf. VII, Fig. 5). Der röhrenförmige Teil der Oberlippe besteht nur 
aus einer dünnen Chitinschicht und läßt keine Matrixzellen erkennen 
(Taf. VII, Fig. 60). Nach der Basis zu wird das Chitin dieker und 
es zeigen sich deutlich die nahezu kubischen Zellen der Matrix, deren 
Zellgrenzen nur unklar hervortreten. Der Basalteil der Oberlippe um- 


108 a Otto le Roi, 


gibt den Oesophagus mit seiner Muskulatur (Taf. VII, Fig. 6c u. d) 
sowie Bindegewebe von gleichem Bau, wie dasjenige des übrigen 
Körpers, welches auf S8.'124 beschrieben wird. Auf dem Querschnitte 
bietet die Oberlippe das Bild eines Dreiecks, dessen eine Ecke nach 
oben gewendet ist (Taf. VII, Fig. 6c u. d). Die beiden andern Ecken 
weisen etwa von der Stelle an, wo die ersten Maxillen beginnen, 
sehr starke Chitinverdiekungen auf. Diese bilden, indem sie sich 
dort, wo die Seiten des eigentlichen Tierkörpers in den Mantel über- 
sehen, in den Körper einsenken, zusammengedrückte Chitinröhren, 
die als Ansatzpunkte für einen Teil der Oesophagus-Muskulatur und 
den Musculus adductor scutorum dienen. Die »Chitinröhren« ver- 
laufen ganz allmählich nach oben und der Mitte zu und enden nahe 
beieinander am Rande des am weitesten vorgeschobenen Teils des 
Magens, der unterhalb des den Endteil des Oesophagus einschließen- 
den Zapfens (Taf. VII, Fig. 5 B) gelegen ist. 

Die zweiten Maxillen werden, wie erwähnt, in ihrem Endteile 
“von der Oberlippe rings umgeben und ragen nur mit ihren äußersten 
Spitzen daraus hervor (Taf. VII, Fig. 5, 6a u. 5, Mx,). Durch das 
Zurücktreten der Seitenlappen der Oberlippe liegen sie im folgenden 
Abschnitte unbedeckt (Taf. VII, Fig. 6cu.d) und sind nach ihrer 
Basis zu fast völlig frei. Augenscheinlich sind sie ursprünglich 
getrennt angelegt, aber in entwickeltem Zustande auf den größten 
Teil ihrer Länge hin miteinander verwachsen. Nur ihre Endspitzen 
erscheinen unverschmolzen (Taf. VII, Fig. 6«). Als deutliches Zeichen 
der Verwachsung befindet sich an der Ventralseite der zweiten 
Maxillen in der Mittellinie bis auf etwa die halbe Länge hin eine 
schmale, ziemlich tiefe Furche, welche mit einer starken Chitinlage 
bedeckt ist (fr in Fig. 6 bu. e und 7, Taf. VII). Diese Chitin- 
hülle weist eine Anzahl kleine Falten auf, die sich parallel der 
Längsachse der Maxillen erstrecken (4 in Fig. 7, Taf. VI). 
Auf etwa drei Viertel ihrer Länge sind die verschmolzenen zweiten 
Maxillen mit der Oberlippe verwachsen und gehen wie diese ohne 
erkennbare Grenze in den eigentlichen Krebskörper über. Fig. 6a —d 
auf Taf. VII gibt ihre Gestalt auf Querschnitten wieder. 

Die ersten Maxillen ziehen sich in Gestalt zweier Längsfalten zu 
beiden Seiten der Basalteile der verschmolzenen zweiten Maxillen 
unter langsamer Verschmälerung schräg nach oben und vorn und 
ragen mit ihren kurzen freien Spitzen in den Grund des Vorraums 
hinein (Mx, in Fig. 5 u. 65, Taf. VO). Sie sind also fast ihrer 
ganzen Ausdehnung nach mit den zweiten Maxillen verwachsen, 


Dendrogaster arborescens und Dendrogaster ludwigi usw. 109 


Von den Seitenlappen der Oberlippe werden sie fast völlig bedeckt 
und liegen nur an ihrer Basis frei (Taf. VII, Fig. 5, 65—d). Ihre 
Länge beträgt 0,25 mm. 

Etwa dort, wo der Vorraum in den Oesophagus übergeht, weist 
das zweite Maxillenpaar eine ringförmig die Maxillen umgebende 
Zone mit sehr dünnem Chitinbelag, ein Gelenkhäutchen, auf, so daß 
sich an ihm ein Basal- und ein Terminalteil unterscheiden läßt. Die 
Spitzen des Terminalteils sowie die Furche, welche die Verwachsungs- 
stelle andeutet, sind von einer besonders dieken Chitinschicht bedeckt. 
Ein gleiches gilt für die Mittellinie des Baäsalteils, die als Ansatz- 
stelle von Muskeln dient. Die Chitinbekleidung der ersten Maxillen 
ist nur schwach entwickelt. 

Die Bewegung der Maxillen wird durch mehrere Muskeln voll- 
zogen, deren Zahl und Verlauf auf Grund von Rekonstruktionen im 
wesentlichen folgender it. Ein Paar Muskeln setzt sich gleich 
oberhalb der Articulationsstelle am Unterrand des Terminalteils der 
zweiten Maxillen an zwei nach innen vorspringenden Chitinverdickungen 
an, zieht sich auf beiden Seiten der Mittelfurche parallel mit dieser 
nach hinten und befestigt sich mit den andern Enden am unteren 
Rande des Basalteils, etwa in gleicher Höhe mit dem Ende der 
Mittelfurche. Ein zweites Muskelpaar setzt sich nahe dem ersten 
an den erwähnten Chitinverdiekungen an, verläuft aber mehr dem 
rechten und linken Seitenrande parallel und endet in gleicher Höhe 
wie das erste an den unteren Seitenrändern des Basalteils. Außer- 
dem findet sich in der Mittellinie der zweiten Maxillen noch ein 
Muskel, welcher sich dicht neben dem der andern Körperseite am 
oberen Chitinrande des Terminalteils am Grunde des Vorraums 
befestigt, nach unten und hinten zieht und sich nahe dem Ende des 
oben genannten verdickten Chitinbelags auf der Mittellinie der Unter- 
seite des Basalteils ansetzt. Diese Muskeln dienen anscheinend dazu, 
den Terminalteil der zweiten Maxillen in dem Gelenke aufwärts zu 
biegen, während die beiden ersten Muskelpaare wohl den entgegen- 
gesetzten Zweck verfolgen und den Teil nach abwärts biegen. Eine 
Bewegung der zweiten Maxillen nach den Seiten findet demnach nicht 
statt und ist auch bereits aus dem Grunde unmöglich, weil sie auf den 
Seiten fest von dem röhrenförmigen Teile der Oberlippe eingeschlossen 
werden, wogegen sie nach oben im Vorraum Spielraum zur Bewegung 
finden. Auch eine gegeneinander gerichtete Tätigkeit der beiden 
zweiten Maxillen ist ausgeschlossen, da sie auf den größten Teil 
ihrer Länge hin fest verwachsen sind. Die freigebliebenen Kiefer- 


110 Otto le Roi, 


spitzen scheinen ebenfalls nicht frei beweglich, denn sie entbehren 
sowohl der Muskulatur als auch einer Artieulation. 

Quer durch das zweite Maxillenpaar verläuft ein Muskel, der in 
die ersten Maxillen Fortsätze entsendet, welche weiterhin nicht mit 
Sicherheit in den Maxillen zu verfolgen waren. 

Außer den genannten Muskeln setzt sich noch jederseits an der 
Basis der ersten Maxille ein Muskel an, der sich nach hinten in den 
Körper erstreckt und in der Nähe des Ausführungsganges der Ex- 
cretionsorgane hinzieht. 

Alle Maxillenmuskeln weisen deutliche Querstreifung auf. Ihre 
Kerne gleichen denen der Antennenmuskulatur. 

Die Zwischenräume zwischen den Muskeln sind von Bindegewebe 
erfüllt, dessen Bau mit demjenigen des übrigen Körpers übereinstimmt. 
Über den auf Querschnitten sternartigen Chitinfalten, welche vom 
Grunde der Verwachsungsfurche sich in die zweiten Maxillen hinein- 
ziehen, zeigt das Bindegewebe mehr faserigen Bau (Taf. VI, Fig. 7 bf). 


D. Oesophagus. 


Wie aus Fig. 5 Taf. VII ersichtlich, erstreckt sich der Oesophagus 
von dem Vorraum an parallel der oberen äußeren Mantelwand bis 
etwa in die Gegend der Enden der Chitinröhren, biegt sich dann 
nahezu rechtwinklig aufwärts und mündet an der Spitze eines Zap- 
fens in den Magen. Im ersten Abschnitt ist der Oesophagus dorso- 
ventral zusammengedrückt und hat von oben betrachtet eine spindel- 
förmige Gestalt, indem er sich in der Mitte stark erweitert (Taf. VII, 
Fig. 8, 9). Der zweite von dem Zapfen umschlossene Teil weist auf 
dem Querschnitt ein dreispaltiges Lumen auf (Taf. VII, Fig. 10), das 
nahe vor der Einmündung in den Magen in eine enge Längsspalte 
übergeht. 

Im Inneren ist der Oesophagus von einer dünnen Chitinschicht 
überzogen, welche von nahezu kubischen, undeutlich gegeneinander 
abgegrenzten Epithelzellen mit rundlichen, 0,0054—0,0072 mm großen 
Kernen abgesondert worden ist (Taf. VII, Fig. 8, 9). An der Über- 
gangsstelle der Speiseröhre in den Zapfen nehmen die Epithelzellen an 
Höhe zu und ihre länglichen Kerne messen etwa 0,009 mm (Taf. VII, 
Fig. 10). Im Endabschnitte stellen sie schmale, hohe Cylinderzellen 
vor, deren langovale Kerne bis 0,014 mm lang sind. 

Im Anschlusse hieran sei gleich bemerkt, daß der übrige Teil 
des Zapfens fast nur noch aus Epithelzellen besteht, welche durch- 
aus mit den zuletzt beschriebenen Cylinderzellen übereinstimmen und 


Dendrogaster arborescens und Dendrogaster ludwigi usw. 217 


senkrecht auf der den Zapfen bekleidenden dünnen Chitinschicht 
stehen. Allem Anscheine nach stellt der Zapfen eine Ausstülpung 
des Oesophagus in den Magen vor. 

Den ersten Abschnitt des Oesophagus umgeben zwei verschieden- 
artige Gruppen von deutlich quergestreiften Muskeln. Unmittelbar 
um das Epithel legt sich eine starke Schicht von Ringmuskulatur, 
die den sich an den Vorraum anschließenden Teil der Speiseröhre 
ausschließlich begleitet (Taf. VII, Fig. 8. Im weiteren Verlauf tritt 
hierzu eine Anzahl ungleichmäßig entwickelter Muskeln, die von 
dem Chitingerüst des Körpers und Mundkegels ausgehen, radiär nach 
dem Oesophagus hin zieher, sich häufig teilen, dann die Ringmuskel- 
schicht durchbrechen und sich mit ihren aufgefaserten Enden an die 
das Lumen der Speiseröhre begrenzende Chitinlage befestigen (Taf. VII, 
Fig. 9). Besonders kräftig ausgebildete Muskelbündel inserieren sich 
an die beiden Chitinröhren. 

Wie bei D. astericola so fehlt auch hier eine Längsmuskulatur. 
Nach dem Endabschnitte des Oesophagus zu verschwinden die 
Radiärmuskeln wieder und die Ringmuskeln nehmen an Stärke ab. 
Am Grunde des Zapfens hören auch sie auf, so daß dieser gänzlich 
der Muskulatur entbehrt (Taf. VII, Fig. 10). 


E. Magen. 

Der Magen gliedert sich in einen Hauptmagen und zwei jeder- 
seits von diesem abzweigende Nebenäste oder Hepatopancreasanhänge, 
welche Bezeichnung von GROBBEN (CLAUS-GROBBEN, 1905) auch bei 
den Ascothoraeiden in Anwendung gebracht worden ist (Taf. VII, 
Fig. 3. Der Hauptmagen beginnt an der Mündung des Oesophagus, 
verläuft in sich durchweg gleichbleibender Höhe parallel der Körper- 
oberfläche des eigentlichen Krebses, biegt sich mit dem Tierkörper 
nach unten und zieht sich, nach und nach niedriger werdend, in dem 
nach vorn umgeschlagenen Abdomen bis nahe zu dessen Ende, wo 
er blind aufhört. Ein After fehlt also wie bei D. astericola und 
Petrarca bathyactidis (FowLer, 1890). Die Höhe des Magens über- 
trifft seine Breite um wenigstens das Doppelte, im vorderen Teile 
streekenweise gar um das Sechsfache. Während somit der Haupt- 
magen auf den größten Teil seiner Ausdehnung hin stark seitlich 
komprimiert erscheint, ist er in seinem letzten Abschnitte dorsoventral 
zusammengedrückt und seine Höhe beträgt hier etwa die Hälfte 
seiner Breite. 

Die Nebenäste zweigen sich rechts und links vom Hauptmagen 


1 Otto le Roi, 


kurz vor der Stelle ab, an welcher sich dieser nach unten biegt, und 
treten sehr bald aus dem eigentlichen Tierkörper in die Mantelwände 
des Mittelstücks über. Ihr erstes Drittel zieht sich in den Seiten- 
wänden des Mittelstücks ein wenig oberhalb der Mitte hin (Taf. VIII, 
Fig. 21 Ma), während sie in ihrem übrigen Teile etwa in der Mitte 
lagern (Taf. VIII, Fig. 22 Ma). Aus den Seitenwänden des Mittel- 
stücks gehen sie in die oberen Mantelwände der Hauptarme über und 
verbleiben in diesen oberen Wänden auch in ihrem ferneren Verlauf. 
In der Regel kommt jedem Arm und jeder Nebenverästelung des 
Parasiten nur ein Magenast zu, so daß der Bau und die Verzweigungen 
der Manteläste genau den Magenauswüchsen entsprechen. 

Allem Anscheine nach hat sich das Wachstum der Mantelwände 
nach demjenigen der Magenäste gerichtet und auf diese Weise ist 
die Eigentümlichkeit zustande gekommen, daß die äußere Gestalt 
des Parasiten bereits ein getreues Bild vom Verlaufe der Auswüchse 
seines Magens darbietet. Bei D. astericola ist das Wachstum des 
Mantels nichts so genau demjenigen der Magenverzweigungen gefolgt 
und die infolgedessen wenig gegliederten größeren Mantellappen weisen 
demnach auch auf senkrecht zu ihrer Längsachse geführten Schnitten 
eine größere Anzahl von Magenquerschnitten auf (KnıpowırscH, 1892, 
Taf. I, Fig. 19 V). Knıpowiırsch hat für D. asiericola ferner nach- 
gewiesen, daß die Magenäste aus der oberen Mantelwand auch in 
die untere herabsteigen und sich hierin weiter erstrecken (KnIPo- 
wırscH, 1892, Taf. I, Fig. 19, 21 V). Bei D. arborescens ist dies 
nicht der Fall. 

Auf Querschnitten durch die Äste der mir vorliegenden Art 
findet man das Lumen der Magenverzweigungen sehr verschieden 
gestaltet, meist aber dorsoventral abgeplattet. 

Der Hauptmagen wird von einer Zellschicht ausgekleidet, die 
aus sehr verschieden geformten Zellen besteht (Taf. VII, Fig. 11). 
Viele derselben sind niedrig und lang gestreckt, während andre 
schmal sind und unregelmäßig in das Lumen des Magens hinein- 
ragen. Ihre Kerne besitzen meist eine rundliche Gestalt und messen 
0,0056 mm. Das Epithel der Magenverzweigungen stimmt durchaus 
mit demjenigen des Hauptmagens überein und berechtigt nicht dazu, 
die Auswüchse als Darm zu bezeichnen. 

Im Magen und seinen Ausläufern befinden sich an vielen Stellen 
strukturlose, unregelmäßig zusammengeballte Massen sowie Ansamm- 
lungen von kleinen, durch Hämatoxylin stark gefärbten, lichtbrechen- 
den runden Körnehen, deren Durchmesser etwa 0,0018 mm beträgt. 


Dendrogaster arborescens und Dendrogaster ludwigi usw. 113 


Diese Gebilde sind auch in zahlreichen Zellen des Magenepithels 
wahrzunehmen (Taf. VII, Fig. 11). 


F, Exeretionsorgane. 


Im eigentlichen Tierkörper sowie in den angrenzenden Teilen 
der Seitenwände des Mittelstücks befinden sich rechts und links eine 
Anzahl drüsiger Zellen. Soweit sich aus den Schnitten entnehmen 
ließ, stehen dieselben jederseits untereinander in Zusammenhang und 
bilden ein paariges Organ, das im wesentlichen etwa in halber Höhe 
des Tierkörpers gelegen ist. An der Stelle, wo der eigentliche Krebs 
in die Mantelwände übergeht, treten die drüsigen Zellgruppen in die 
letzteren ein und erstrecken sich darin bis zum Beginn der Ovarien. 
Nach dem Mundkegel zu zieht sich beiderseits ein enger Kanal (ex 
in Fig. ?, Taf. VII), der an der Basis der verwachsenen zweiten 
Maxillen in die auf Seite 11 beschriebene Furche der Ventralseite 
und zwar die am Grunde derselben befindlichen, mit Chitin aus- 
sekleideten Falten einmündet. Dieser kurze Kanal, der offenbar 
einen Ausführungsgang vorstellt, läßt sich streckenweise nur undeut- 
lich verfolgen und wird von einem niederen Epithel umgeben, das 
nach dem Lumen hin einen dünnen Chitinüberzug aufweist. Den 

größten Teil des Organs macht eine anscheinend nur einen einzigen 
- Strang bildende Zellmasse aus, die vielfach hin und her gewunden 
ist und in welche zahlreiche Drüsen von allen Seiten einmünden. 
Auf Querschnitten sieht man in der Regel fünf und mehr Schnitte 
durch den Zellstrang, dessen histologischer Bau nicht deutlich zu er- 
kennen war. Man bemerkt rundliche Gebilde von etwa 0,07 mm 
Durchmesser mit radiär vom Mittelpunkte ausstrahlenden Streifen. 
Die von den Streifen begrenzten unklar sichtbaren Abschnitte stellen 
jedoch nicht etwa Zellen vor, denn die eingelagerten Kerne liegen 
quer zur Richtung dieser Streifen und gehen durch mehrere der Ab- 
teilungen hindurch. Ein Lumen im Centrum der Stränge suchte ich 
vergeblich. Besonders trug der Umstand dazu bei, das Bild unklar 
zu sestalten, daß allenthalben in dem Organ eine feinkörnige Masse, 
wohl ein Seeret, angesammelt lag. Die einmündenden Drüsen traten 
zahlreicher nach dem Ende der Zellstränge auf. 

Aus der Lage der Ausführungsöffnungen an der Basis der zweiten 
Maxillen ließe sich mit einiger Berechtigung die Deutung der Organe 
als Exeretionsapparate ableiten, da diese bei den meisten Cirripedien 
an der gleichen Stelle ausmünden, auch bei Laura gerardiae de Lacaze- 
Duthiers. Dieselben besitzen jedoch einen abweichenden Bau. Knıro- 

Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. 8 


114 Otto le Roi, 


wırscH (1892) erwähnt von D. astericola mit einigen Worten zwei 
im vorderen Teile des Krebskörpers gelegene, nur streckenweise 
sichtbare Kanäle und Gruppen von körnigen Zellen, die möglicher- 
weise den Ausführungsgängen und drüsigen Teilen der eben be- 
sprochenen Organe von D. arborescens entsprechen. KNIPOWITSCH 
konnte über ihre Bedeutung zu keinem Urteile gelangen und sah 
auch nicht die Mündungsstellen und deren Lage. 

Der Erhaltungszustand meines einzigen Exemplars von D. arbo- 
rescens gewährte nicht die Möglichkeit, Bau und Verlauf der Organe 
und ihre Funktion genauer zu ermitteln. Es wird hierzu reichlicheres 
Material erforderlich sein. 


G. Nervensystem. 


Das Centralnervensystem befindet sich etwa an der Übergangs- 
stelle des Kopfteils in den Thorax und besteht aus einem Paar Ober- 
schlundganglien, einem durch zwei Commissuren hiermit in Ver- 
bindung stehenden unpaaren Unterschlundganglion, sowie einer sich 
unmittelbar an dieses anschließenden Bauchkette (Taf. VI, Fig. 5N). 

Die beiden großen Supraoesophagealganglien sind von länglich- 
eiförmiger Gestalt, stehen mit ihrer Längsachse ein wenig schräg 
zur Richtung der größten Breite des Oesophagus und neigen sich 
mit ihren oberen Enden gegeneinander, ohne sich aber zu berühren. 
Sie nehmen fast die ganze Höhe des über der Speiseröhre gelegenen 
Kopfteils ein. Diese zwei Ganglien sind durch schmale nach dem 
Oesophagus zu konvex gebogene Commissuren mit dem Suboeso- 
phagealganglion verbunden, das auf dem Querschnitt von annähernd 
runder Gestalt ist. Bei D. astericola wird dasselbe nach KnıpowITscH 
(1892) von dem Bauchmark durch eine Aushöhlung getrennt, in der 
der mittlere Teil des Musculus adductor scutorum gelegen ist. Zu- 
gleich mit diesem Mittelteil des Schalenmuskels fehlt bei D.arborescens 
auch die Furche, und das Unterschlundganglion geht ohne bemerkbare 
Grenze in die Bauchkette über, die sich nach hinten leicht nach ab- 
wärts in den Körper hineinzieht. Sie stellt einen anfänglich runden 
Strang vor (Taf. VIII, Fig. 12), welcher weiterhin dorsoventral zu- 
sammengedrückt wird und an seinem Ende von einer Breite ist, die um 
das Doppelte die Höhe übertrifft, da hier zwei starke Nerven nach beiden 
Seiten austreten. Der Erhaltungsgrad des Tieres ließ es nicht zu, 
festzustellen, durch Verschmelzung wievieler Ganglien die Bauchkette 
entstanden ist, und gewährte auch nicht die Möglichkeit einer Unter- 
suchung der vom Centralnervensystem abtretenden Nerven. Dagegen 


Dendrogaster arborescens und Dendrogaster ludwigi usw. 115 


gestattete er wenigstens die allgemeinen Züge des histologischen 
Baues der Nervencentren zu erkennen. 

Die bei einem Teile der Cirripedien nachgewiesenen vier histo- 
logisch verschiedenen Elemente finden sich auch bei D. arborescens 
vor, nämlich Ganglienzellen, Primitivtuben, Punktsubstanz und 
die vielfach als Neuroglia bezeichnete Hülle der Nervencentren. 
Letztere überzient als eine verschieden dicke faserige Schicht mit 
vereinzelten langgestreckten Kernen das gesamte Nervensystem. Die 
stärkste Entwicklung zeigt es auf dem Suboesophagealganglion und 
der Bauchkette (Taf. VIII, Fig. 12 ng). 

Unter den Ganglienzellen lassen sich zwei verschiedene Arten 
erkennen. Der weitaus größere Teil ist klein und enthält 0,0056 bis 
0,0058 mm große, dicht mit stark gefärbten Körnchen erfüllte Kerne 
(g in Fig. 12, Taf. VII). In mäßiger Zahl finden sich bedeutend 
größere Zellen vor, deren Kerne verhältnismäßig sehr groß, bis 
0,017 mm sind, dagegen eine viel geringere Menge von Körnchen 
aufweisen, welche ihrerseits auch an Größe denen der kleinen 
Ganglienzellkerne etwas nachstehen ("x in Fig. 12, Taf. VIII). 

In diesen Riesenzellen ist stets deutlich ein Nucleolus sichtbar, 
der in den kleineren Ganglienzellkernen nicht zu bemerken ist. 
GRUVEL (1893) wies für die Thoracica zwei verschiedene Arten von 
- Ganglienzellen nach, deren Beschreibung mit der obigen übeinstimmt. 
BEernpr (1905) entdeckte diese beiden Zellarten bei Alcippe lampas 
Hancock, also bei den Abdominalia. 

Bei der Beschreibung des Nervensystems von D. astericola er- 
wähnt Knıpowıtsc# (1892), er habe »weben den gewöhnlichen Nerven- 
zellen verhältnismäßig sehr große« beobachtet. Es handelt sich hier 
jedenfalls um die Riesenganglienzellen, die »cellules geantes« von 
GRUVEL. 

Am Sehlundring zeigen die Ganglien im allgemeinen eine peri- 
phere Anordnung. In sehr geringer Zahl liegen sie an der dem 
- Oesophagus zugewendeten Seite der Oberschlundganglien. An der 
Bauchkette lagern sie im Anfang peripher, durchsetzen dieselbe 
weiterhin auch in einer senkrechten, in der Mitte gelegenen Schicht 
(Taf. VII, Fig. 12), nehmen aber dann in der Peripherie ab und 
verschwinden hier. Nach hinten zu findet sich wieder eine periphere 
Ganglienschicht, die das Bauchmark abschließt. 

Die Riesenganglienzellen treten sehr vereinzelt in den Supra- 
oesophagealganglien auf, zahlreicher im Unterschlundganglion und der 
Bauchkette, und zwar überwiegend ventral gelagert. | 

8*+ 


116 TER Otto le Roi, 


Im letzten Abschnitt des Bauchmarks zweigt beiderseits ein 
dicker Nerv ab, dessen weiterer Verlauf im Körper nicht zu ver- 
folgen war. 

Sinnesorgane waren bei D. arborescens nicht wahrzunehmen. 
Ich vermute mit KnıpowırscHh (1892), daß den Borsten und An- 
hängen der Terminalglieder der Antennen eine Tastfunktion zukommt. 


H. Weibliche Genitalorgane. 


Die Geschlechtsorgane werden von je einem Paare von Ovarien 
und Oviducten gebildet, welche weder untereinander noch gegen- 
seitig in Verbindung stehen. 

Die Ovarien beginnen nicht im eigentlichen Körper des Krebses, 
sondern nahe seinem Hinterrande dorsal und seitlich von ihm 
in den Falten der Mantelwände (Taf. VII, Fig. 3 Ov). Sie ziehen 
sich als Zellstränge von charakteristischem Bau zunächst in der 
oberen Hälfte der Seitenwände des Mantels nach hinten, steigen 
bald zur Mitte hinab und bleiben in dieser Lage bis zum Übergang 
in die Hauptarme. Hier sowie in ihrem weiteren Verlauf befinden 
sie sich in den oberen Mantelwänden. Auf ihre ganze Ausdehnung 
hin liegen sie dorsal über den Magenästen, von denen sie durch eine 
mehr oder minder dicke Schicht von Bindegewebe getrennt werden. 
Sie begleiten dieselben bis in die äußersten Verzweigungen der 
Arme hinein. Stellenweise umgreifen die Ovarien auch die Veräste- 
lungen des Magens von den Seiten (Taf. VIII, Fig. 22 O»). 

Jedes Ovarium wird anscheinend von einem einzigen Ovarial- 
schlauch gebildet, der vielfach hin und her gewunden ist, so daß 
auf Querschnitten meistens eine ganze Anzahl dieht aufeinander- 
gelegener Schlingen getroffen werden, wodurch oft ein kompliziertes 
Bild zustande kommt (Taf. VIH, Fig. 22 Ov). 

Bei der Durchsicht der Schnittserien durch das Mittelstück er- 
wies es sich, daß beiderseits das Ovar auf eine Strecke unterbrochen 
ist und somit aus zwei Teilen besteht. Möglicherweise ist dies nur 
eine individuelle Eigentümlichkeit des untersuchten Exemplars. Beide 
Abschnitte der Ovarien stehen in offener Kommunikation mit der 
Mantelhöhle. Die proximalen Teile der Eierstücke erstrecken sich 
zwar nicht selbst unmittelbar bis zur Mantelhöhle, sondern es führen 
von dieser aus mehrere, wenigstens drei, Kanäle von gewundenem 
Verlauf zu ihnen. Auf beiden Seiten vermittelt je einer dieser 
Kanäle die Verbindung der vorderen Ovarialabschnitte mit ihren 
distalen Teilen. Fig. 21, Taf. VIII zeigt in X diese Kanäle quer 


Dendrogaster arborescens und Dendrogaster ludwigi usw. all 


getroffen. Die hinteren, den weitaus größten Teil der Ovarien aus- 
machenden Abschnitte stehen durch eine Anzahl weiterer Kanäle und 
Falten mit der Mantelhöhle in Zusammenhang (Taf. VIII, Fig. 22 X). 
Diese Verbindungen finden sich nur im zweiten Drittel des Mittel- 
stücks vor und werden nach der Basis desselben zu vermißt. Wohl 
aber ziehen sich die Fortsetzungen der Kanäle als verschiedenlumige 
Röhren, die mannigfach verschlungene Windungen ausführen, rechts 
und links in die Hauptarme hinein, gabeln sich hier entsprechend 
der Teilung der Hauptarme in je zwei Nebenarme und enden dort 
am Grunde der letzteren, wo die im Inneren durch Teilung der Organe 
bereits vorbereitete Gabelung der Hauptarme auch äußerlich sichtbar 
wird. An ihren Enden verbinden sie sich mit den Ovarien. 

Bevor ich dazu übergehe, eine Deutung dieser Hohlräume zu 
versuchen, die von 2. astervcola nicht beschrieben sind und auch bei 
den übrigen Ascothoraciden keine Parallele besitzen, halte ich es für 
angezeigt, ihren histologischen Bau, sowie den der Ovarien zu 
schildern, da er geeignet ist, einige Anhaltspunkte zur Erklärung zu 
liefern. 

Die Ovarien bestehen, wie schon erwähnt, aus Schläuchen, 
welche auf dem hier in Frage kommenden Teile ihres Verlaufes aus 
durchweg; noch undifferenzierten Zellen gebildet sind, die man als 
 Keimzellen betrachten muß (Taf. VIII, Fig. 152). Sie sind von 
nahezu kubischer Gestalt, weisen oft undeutliche Zellgrenzen auf und 
messen etwa 0,014 mm. Ihre rundlichen Kerne von 0,0056 mm 
Durchmesser liegen in der Mitte der Zellen, die von einer deutlich 
sichtbaren Basalmembran gegen das umgebende Bindegewebe ab- 
sesrenzt werden (lr in Fig. 15, Taf. VII). 

Die Zellen, welche die Hohlräume auskleiden, bilden ein Cylinder- 
epithel von wechselnder Höhe. An vielen Stellen erreichen die Zellen 
bei geringer Breite eine beträchtliche Länge, die zwischen 0,025 und 
0,12 mm wechselt, und machen durchaus den Eindruck von Drüsen- 
zellen (Taf. VIII, Fig. 19 9%). Ihre rundlichen, 0,008 mm großen 
Kerne liegen der Zellbasis sehr genähert. Auch bei diesen Zellen 
ist eine Basalmembran klar zu erkennen, und zwar geht dieselbe 
ohne sichtbare Grenze in diejenige der Ovarien über. 

Diese soeben beschriebenen drüsenartigen Cylinderzellen be- 
grenzen nicht nur die direkt zu den Ovarien führenden Teile der 
Hohlräume, sondern auch zahlreiche weitere Falten, welche sich von 
der Mantelhöhle aus in das Bindegewebe des Mantels hineinbuchten 

(Taf. VIII, Fig. 22 px). Ich vermochte festzustellen, daß dieses Epithel 


118 | Otto le Roi, 


auf beiden Seiten des Mittelstücks in ununterbrochenem Zusammen- 
hange steht. Wenn auch die beiderseitigen Epithelien nicht mit- 
einander verbunden sind, so haben sie doch streckenweise eine 
solche Ausdehnung erreicht, daß von ihnen das chitinbekleidete, wohl 
unterscheidbare Epithel der Mantelhöhle (Taf. VIII, Fig. 22 ep) auf 
einen recht kleinen Teil der Innenfläche des Mantels zurückgedrängt 
worden ist, und zwar auf den in der Mitte der dorsalen Hälfte des 
Mittelstücks gelegenen Abschnitt. Auf die ventrale Hälfte, genauer 
noch das unterste, ventrale Drittel des Mittelstücks setzt sich das 
drüsige Epithel nicht fort und auch die fraglichen Kanäle finden sich 
demnach nicht hier vor. 

Verfolgt man den Verlauf der Ovarien und der Hohlräume, so 
sewinnt man den Eindruck, als ob an solchen Stellen, an denen die 
beiden Organe einander nahe gekommen sind, ein beiderseitiges 
Gegeneinanderwachsen und Verschmelzen stattgefunden habe Zu 
dieser Ansicht gelangt man vornehmlich bei der Verfolgung der- 
jenigen Teile der Ovarien und Hohlräume, welche nach der Basis 
des Mittelstücks zu liegen und aus je einem vielfach hin- und her- 
sewundenen Schlauch bzw. Kanal bestehen (Taf. VII, Fig. 22 Ov 
und Ä). An einer Reihe von Stellen scheint hier eine Verschmel- 
zung eingetreten zu sein, so daß also ein- und derselbe Ovarial- 
schlauch zahlreiche Übergänge in ein und denselben Kanal aufweist. 
Es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß die in Rede stehenden 
Organe dem Genitalapparat zugerechnet werden müssen, und sie 
dürften wohl, wie es für die Ovarien der ÖOrustaceen nachgewiesen 
ist, ihren Ursprung ebenfalls aus dem Mesoderm ableiten. Es spricht 
hierfür der Umstand, daß die proximalen und distalen Abschnitte der 
Övarien durch die Kanäle verbunden werden, sowie daß an eine 
Schlinge des rechts gelegenen Teils des Organs ein vom übrigen 
Eierstock durchaus isolierter Ovarialschlauch von geringer Größe an- 
gegliedert ist. Vorzugsweise die beiden letzten Tatsachen weisen 
darauf hin, daß Ovarien und Kanäle aus ursprünglich gleichartigen 
Zellen hervorgegangen sind. Die Annahme, die Hohlräume und mit 
ihnen also auch die Ovarien seien als Einfaltungen der Mantelhöhle 
anzusehen, ist unschwer zu widerlegen. Wie KnirowirscHh (1892) 
nachgewiesen hat, ist der Mantel, der die Vertreter der Gattung 
Dendrogaster im erwachsenen Zustand umgibt, durch Verwachsung 
aus den weich gebliebenen Schalen hervorgegangen, welche den 
cyprisförmigen Jugendstadien eigentümlich sind. Diese Schalen, also 
auch der daraus hervorgegangene Mantel, stellen eine Hautduplicatur 


Dendrogaster arboreseens und Dendrogaster ludwigi usw. 119 


des eigentlichen Tierkörpers vor. Demnach ist der Mantel nicht nur 
auf der Außenseite, sondern auch der Innenseite von einem  ecto- 
dermalen Epithel überzogen. Faßt man nun die Genitalorgane als 
Einstülpungen des ectodermalen Mantelhöhlenepithels auf, so gelangt 
man zu der Notwendigkeit, auch den Geschlechtsapparat als ein 
Gebilde des Ectoderms ansehen zu müssen, und dem stehen die 
Beobachtungen entgegen, daß bei den bisher daraufhin untersuchten 
Crustaceen die Genitalien ausschließlich ihren Ursprung aus dem 
Mesoderm nehmen. Es liegt aber keine Veranlassung vor, anzu- 
nehmen, daß die Entwicklung der in dieser Hinsicht noch uner- 
forschten Ascothoraciden sich in einer Form abspielen sollte, welche 
von der typischen Crustaceenentwicklung so wesentlich abweichen 
würde. 

Wirft man die Frage nach der Funktion der fraglichen Hohl- 
räume auf, so liegt der Gedanke nahe, daß sie dazu dienen, die be- 
fruchteten Eier, vielleicht unter Abscheidung eines Secrets, in die 
Mantelhöhle zu befördern. In der letzteren traf ich nämlich zahl- 
reiche befruchtete Eier an. 

Der histologische Bau der Epithelzellen der Hohlräume weist eine 
große Ähnlichkeit mit demjenigen des Atriums der Thoraeica auf, 
.z. B. dem durch Gruver (1895) von Lepas anatifera L. beschriebenen. 
Dieses Atrium (Nussbaum, 1890, GRUVEL, 1895) bildet aber bei den 
Thoraeica die Verbindung der Oviducte mit der Außenwelt und liegt 
somit an der Basis des ersten Fußpaares, also an einer durchaus 
andern Stelle, wie das besprochene Organ von D. arborescens. Es 
sondert bei den erwähnten Cirripedien den Eiersack ab, in welchen 
die reifen Ovarialeier hineinwandern. Der Eiersack gelangt alsdann 
in die Mantelhöhle, in der sich die Eier, welche von durch die Hülle 
eingedrungenen Spermatozoen befruchtet sind, weiter entwickeln. 
Daß dem Organ bei D. arborescens eine ähnliche Tätigkeit, d. h. die 
Ausscheidung eines Eiersacks zukommt, scheint nicht der Fall zu 
sein, da die befruchteten, sich entwickelnden Eier bei dieser Art 
ohne gemeinsame oder Einzelhülle in der Mantelhöhle zerstreut 
liegen. Es würde dies Verhalten unter den Cirripedien vereinzelt 
dastehen, da die Entwicklung der Eier aller in dieser Hinsicht unter- 
suchten Arten in schützenden Eiersäcken vor sich geht. 

Die Befruchtung der reifen Ovarialeier vollzieht sich bei den 
Thoraecica gleichfalls in den Eiersäcken. Bei D. arborescens spielt 
sich dieser Vorgang anscheinend bereits in den Ovarien selbst ab, 
da ich in denselben allenthalben, bis in die proximalsten und distal- 


120 Otto le Roi, 


sten Teile hinein Spermatozoen in mehr oder minder großer Menge 
antraf (Taf. VIII, Fig. 15 sn). Das Sperma ist offenbar von dem 
später erwähnten Männchen ausgestoßen worden, das ich an der 
Basis des Mittelstücks in der Mantelhöhle des Weibchens entdeckte, 
und aus der Mantelhöhle durch die drüsigen Kanäle in die Ovarien 
gelangt. Auch die Kanäle bargen stellenweise eine bedeutende An- 
zahl Samenkörper. 

Da mir noch einige weitere unbeschriebene Arten aus der Gruppe 
der Ascothoracıda aus Echinodermen von der amerikanischen » Alba- 
troß«-Expedition vorliegen, hoffe ich bei der Untersuchung dieser 
Formen weitere Aufschlüsse über die fraglichen Hohlräume zu er- 
halten. KnırpowırscnH (1892) schildert die Ovarien von D. astericola 
ebenfalls als Zellstränge, tut jedoch eines Organs, das den »Hohl- 
räumen« des D. arborescens entspräche, keine Erwähnung. 

Im Anschluß an die vorstehend beschriebenen Genitalien gehe 
ich nun zur Besprechung eines Paares von Organen über, welche nach 
der Lage ihrer Ausführungsöffnungen nahe der Basis des Kopfkegels 
als Oviducte bezeichnet werden können. Beide stimmen durchaus 
überein, liegen auf beiden Seiten des Mittelstücks und stehen nicht 
untereinander in Verbindung. Jedes weist zwei deutlich unterscheid- 
bare Abschnitte auf, einen engen kurzen Ausführungsgang (Taf. VII, 
Fig. 3 Od,) und einen weit größeren sackförmigen Teil (Taf. VII, 
Fig. 3 Od,). Letzterer liegt in den Seitenwänden des Mittelstücks 
ein wenig unterhalb der Mitte, und erstreckt sich parallel der Ventral- 
seite des Mittelstücks nach vorn bis etwa an die Stelle, wo der 
eigentliche Krebskörper in den Mantel übergeht. Hier verengt er 
sich in den Ausführungsgang, der sich im Krebskörper selbst bis an 
die Basis des Kopfteiles zieht und nach außen mündet. Die Breite 
des sackförmigen Abschnittes bleibt auf seine ganze Ausdehnung hin 
nahezu die gleiche, während seine Höhe am beträchtlichsten in der 
Mitte der Länge ist und nach vorn und hinten gleichmäßig abnimmt. 
Auf Querschnitten zeigt sich die Gestalt seines Lumens recht wech- 
selnd. Meist ist es länglichoval oder hat die Form eines Dreiecks, 
dessen eine Ecke stark nach unten ausgezogen ist. Das Lumen des 
Ausführungsganges ist stark dorsoventral zuSan en und er- 
scheint queroval (Taf. VIIT, Fig. 13). 

Das Epithel beider Teile ist sehr verschiedenartig gebaut. In 
dem sackförmigen Abschnitte besteht es aus hohen, drüsenähnlichen 
Cylinderzellen, deren freies Ende, dem meistens der einen sichtbaren 
Nucleolus enthaltende längliche Kern genähert liegt, unregelmäßig in 


Dendrogaster arborescens und Dendrogaster ludwigi usw. 12% 


das Lumen der Oviduete hineinragt (Taf. VIII, Fig. 14). Die Höhe 
der Zellen nimmt in dem am weitesten in das Mittelstück hinein 
gelegenen Teile ab. Vielfach sieht man Gruppen von benachbarten 
Epithelzellen zottenartig angeordnet. Durchaus abweichend ist das 
Epithel des Ausführungsganges gestaltet. Hier finden sich kubische 
Zellen mit verhältnismäßig großen, rundlichen Kernen und recht 
deutlich erkennbarem Nucleolus (Taf. VII, Fig. 15) vor. Sie sind 
von einer dünnen Basalmembran umgeben, der bei jedem der beiden 
Organe ein Längsmuskel angelagert ist (m in Fig. 13, Taf. VIII). Die 
sackförmige Abteilung weist eine Ringmuskelschicht auf, die stellen- 
weise unterbrochen ist (Taf. VII, Fig. 14 m). Hier und da strahlen 
peripher einige stärkere und schwächere Muskeln von ihr aus und 
verlieren sich im Bindegewebe. Einzelne ziehen auch zur Musecu- 
laris des Mantels. Kurz vor der Stelle, an welcher sich der Haupt- 
masen umbiegt, werbindet die beiderseitigen Muskelschichten ein 
breites, kräftiges Muskelbündel mit sehr deutlicher Querstreifung. 
Weiter nach vorn, nahe vor ihrem Ende, stehen sie wieder durch 
zahlreiche, quer durch den eigentlichen Tierkörper verlaufende 
schwächere Muskelbündel in Zusammenhang. 

Im Inneren der sackförmigen Teile befinden sich stellenweise 
 kugelig geballte strukturlose Massen, welche nach dem Beginn der 
Abschnitte zu den ganzen Hohlraum anfüllen. 

Wie deutlich wahrzunehmen ist, schließen die Oviducte an ihrem 
Anfange in den Mantelwänden blind ab. Der am weitesten nach 
dem Krebskörper hin vorgeschobene Teil der Ovarien liegt beträcht- 
lieh mehr der Dorsalseite des Mittelstücks genähert, wie die blinden 
Anfangsteile der Oviducte, und zwischen diesen und den Ovarien 
befinden sich die Magenäste und dicke Schichten Bindegewebe (Taf. VII, 
Fig. 3). Ein Zusammenhang zwischen Eierstock und Eileiter war 
durchaus nicht nachzuweisen. Auch Knıpowiıtsch 1892) gelang es 
nicht, bei D. astericola, welehe Form ähnlich gebaute und gelagerte 
Organe besitzt, mit Gewißheit eine Verbindung zwischen Ovarien 
und Oviducten zu erkennen. Er bemerkte nur, daß erstere den 
_ letzteren unmittelbar auflagen. 

Bei den eigentlichen Cirripedien münden die Oviducte an der 
Basis des ersten Fußpaares oder an der entsprechenden Stelle. Die 
Lage der Ausftührungsöffnungen der beschriebenen Organe von Den- 
drogaster befindet sich, wie oben erwähnt, am gleichen Orte, so daß 
die von KxıpowItscH vorgenommene Deutung derselben als uraueie 
gerechtfertigt erscheint. 


122 Otto le Roi, 


Um den auffallenden Befund zu erklären, daß Ovarien und 
Oviduete nicht in Zusammenhang stehen, ließe sich die Vermutung 
äußern, daß die Ovarien ihr Wachstum nach vorn und unten noch 
auszudehnen imstande seien, und daß auf diese Weise eine Ver- 
bindung hergestellt würde. Dem widerspricht jedoch einerseits die 
Tatsache, daß die blind geschlossenen Oviducte von einer starken 
Muskulatur umgrenzt werden, anderseits die Erwägung, daß die 
Oviducte zur Ausfuhr der reifen ÖOvarialeier aus dem Grunde gar 
nicht erforderlich sind, weil die Ovarien bereits durch die »Hohl- 
räume< mit der Mantelhöhle kommunizieren und durch diese ein 
Austritt der reifen Eier stattfinden kann. Man könnte annehmen, 
daß eben infolge des Bestehens einer anderweitigen, kürzeren Ver- 
bindung zwischen Ovar und Mantelhöhle die Oviduete außer Tätig- 
keit getreten und im Begriffe seien, rudimentär zu werden. Gegen 
diese Auffassung spricht aber die starke Ausbildung der in Rede 
stehenden Organe. Erst die Untersuchung weiteren Materials kann 
über diese Fragen Aufschluß gewähren. 


I. Eier. 

Die Entwicklung der Eier vollzieht sich periodisch, was aus 
dem Umstand hervorgeht, daß die sich vorfindenden verschiedenen 
Entwicklungsstadien ungefähr auf demselben Punkte angelangt sind. 
Bestimmte Entwicklungszonen sind im Ovar nicht zur Ausbildung 
gelangt, sondern die Eier entwickeln sich regellos an beliebigen 
Stellen der Eiröhren, wenn auch vorzugsweise in den distalsten Teilen, 
in den Armverästelungen, und zwar unter Entstehung eines Follikels. 

Bereits bei den Ovarien wurde der Bau’ der undifferenzierten 
Zellen beschrieben, welche die Hauptmasse der im Eierstock be- 
findlichen Zellen ausmachen und in denen man die Keimzellen zu 
erblicken hat (Taf. VII, Fig. 15 x). Teilungsstadien vermochte ich 
nicht festzustellen. Zwischen diesen Zellen zeigen sich hier und da 
solche, die sich bereits durch ihre Größe — etwa 0,054 mm — vor 
den noch nicht in das Wachstumsstadium eingetretenen benachbarten 
Zellen, den Oogonien, auszeichnen (Taf. VIII, Fig. 16). Ihr rund- 
licher Kern, d. h. ihr Keimbläschen, mißt 0,02 mm und enthält einen 
deutlichen 0,005 mm großen Keimfleck, der durchweg nicht genau 
in der Mitte des Keimbläschens liegt, sondern an die Seite verlagert 
ist (Taf. VIII, Fig. 16 /f). An der Peripherie des Keimbläschens 
befindet sich eine Schicht von intensiv gefärbten Körnchen, die wohl 
aus Chromatin bestehen. Das Plasma der Zellen weist schon mit- 


Dendrogaster arboreseens und Dendrogaster ludwigi usw. 123 


unter eine Anzahl kleiner Dotterkügelchen auf. Diese Oocyten rücken 
aus der Reihe der Keimzellen heraus in das Innere der Ovarien und 
erhalten hier ihre Follikel, indem sie von den Nachbarzellen um- 
seben werden, wie aus Fig. 16, Taf. VIII zu ersehen ist. Daß es in 
der Tat die Oogonien sind, durch deren Zusammentreten die Follikel 
geliefert werden, wird durch folgende Tatsache bewiesen. Nicht 
selten trifft man unter den Zellen des Follikelepithels solche an, 
die ihrem histologischen Bau nach vollständig mit den oben ge- 
schilderten ersten Wachstumsstadien der Oocyten übereinstimmen 
(Taf. VII, Fig. 17 d). Derartige Zellen werden im weiteren Verlauf 
wieder rückgebildet und zur Ernährung der eigentlichen Oocyte ver- 
braucht. Von diesen jüngsten Wachstumsstadien finden sich alle Über- 
sänge zu den am weitesten vorgeschrittenen Ovarialeiern, welche 
sleichfalls noch dem Stadium des Wachstums zugezählt werden müssen. 
Das central gelegene Keimbläschen dieser ovalen oder rundlichen, 
bis 0,27 mm großen Oocyten mißt 0,028 mm, der Keimfleck 0,0065 mm. 
Die Anzahl und Größe der peripher gelegenen Chromatinkörnchen 
hat sich beträchtlich vermindert (Taf. VIII, Fig. 17) und zuweilen 
fehlen sie gänzlich. Die Größe der Dotterkugeln beträgt etwa 
0,0014 mm. Das Deutoplasma füllt den größten Teil der Eier aus. 
Zwischen ihm sieht man nicht selten rundliche Hohlräume, die wohl 
ursprünglich von Fettropfen erfüllt waren, welche durch den zur 
Konservierung benutzten Alkohol in Lösung gebracht worden 
sind. Bei einigen Eiern liegt radiär um das großschollige Deuto- 
plasma eine verschieden breite Schicht von feinkörnigem Plasma. 
Zuweilen umgibt ein Follikel zwei Oocyten, die teilweise auf dem 
gleichen Wachstumsstadium stehen, teils recht verschiedene Größe 
besitzen. Um Nährzellen, wie sie bei andern Urustaceen vorkommen, 
handelt es sich hier nicht, da in diesem Falle jede Oocyte von einer 
solehen Nährzelle begleitet sein müßte. Außerdem spricht gegen 
diese Annahme, daß in manchen Fällen beide gleichentwickelten von 
einem Follikel eingeschlossenen Zellen die Größe der am weitesten 
im Wachstum vorgeschrittenen Oocyten erreicht haben. 

In den proximalen Teilen der Ovarien fanden sich nur wenige 
der jüngsten Oocyten vor. Die distalen Teile wiesen derartige Eier 
erst von der Basis des Mittelstücks an auf. Fortgeschrittenere Wachs- 
tumsstadien begannen sich an der Gabelung der Hauptarme zu zeigen und 
erreichten die größte Menge in den Seitenverästelungen der Nebenarme. 

Eireifungsstadien waren unter der sich auf mehrere hundert be- 
laufenden Zahl der Eier nicht anzutreffen, so daß ich über diese 


124 Otto le Roi. 


Vorgänge keine Angaben zu liefern vermag. Auch über die Be- 
fruchtung gaben die vorhandenen Eier keinen Aufschluß. 

° Sehr zahlreich waren wieder befruchtete Eier vorhanden, die 
sämtlich den gleichen Grad der Entwicklung erreicht hatten. Die 
Größe dieser Eier beträgt bis 0,65 mm, übertrifft also diejenige der 
größten Ovarialeier. Alle sind mit einer einzelligen Blastoderm- 
schicht -versehen, welche etwa die eine Hälfte der Eier bedeckt 
(Taf. VIII, Fig. 18). Im Eiinnern sind keinerlei Zellelemente zu be- 
merken. Es ist demnach anzunehmen, daß sich hier eine diseoidale 
Furchung vollzieht und keine superficielle, wie bei der überwiegenden 
Mehrzahl der andern Crustaceen und Arthropoden überhaupt. Im 
letzteren Falle müßten sich im Dotter des Eies noch Blastomeren vor- 
finden, da die Anlage des Blastoderms durch das Hinaufrücken von 
Zellelementen aus dem Inneren des Eies an die Oberfläche erfolst. 
Dies trifft bei den Eiern von D. arborescens nicht zu. Bei der dis- 
coidalen Furchung löst sich bereits der erste Furchungskern vom 
Deutoplasma, tritt an die Oberfläche und liefert durch fortgesetzte 
Teilung das Blastoderm. Die einzige Form der bisher beschriebenen 
Ascothoraeiden, über deren Eifurchung Angaben vorliegen, ist Laura 
gerardiae de Lacaze-Duthiers.. Bei dieser Art findet nach KxıPo- 
wırscHh (1892) eine superficielle Furchung statt, welche seiner Be- 
schreibung und seinen Abbildungen zufolge mit dem Typus IIIb von 
KorRSCHELT und HEIDER (1890—1893) übereinstimmt, bei dem eine 
vorzeitige Bildung des Blastoderms an der Ventralseite auftritt. 

Die Entwicklung der befruchteten Eier von D. arborescens findet 
in der Mantelhöhle der Nebenarme, vornehmlich der Seitenverzwei- 
gungen statt. Nur ganz vereinzelte Exemplare lagen in der Mantel- 
höhle am Grunde des Mittelstücks. 


K. Der übrige Teil des eigentlichen Krebses. 


Es ist schließlich noch die Beschreibung des Tierkörpers im 
engeren Sinne zu ergänzen, so weit sie bisher noch nicht erfolgt ist. 

Den Krebskörper überzieht eine dünne Chitinschicht, deren Matrix 
aus nahezu kubischen Zellen mit undeutlichen Zellgrenzen besteht 
und keine Basalmembran besitzt. Das Bindegewebe, in welches die 
Organe des Tieres eingebettet sind, ist im allgemeinen ein unregel- 
mäßiges Maschenwerk von Zellen, deren Grenzen sehr undeutlich 
erscheinen. Die zugehörenden Zellkerne finden sich ziemlich spär- 
lich verteilt und weisen größere und kleinere Kerne von meist rund- 
licher Gestalt auf ‘Taf. VII, Fig. 11, vgl. auch Taf. VIII, Fig. 20 dg). 


Dendrogaster arborescens und Dendrogaster ludwigi usw: 125 


Stellenweise, so dort, wo der Körper in den Mantel übergeht, nimmt 
es eine mehr faserige Beschaffenheit an und die Kerne sind ge- 
streckter (vgl. Taf. VIII, Fig. 15 dg). Für D. astericola hebt Knıro- 
wırscH (1892) ausdrücklich das Kompakte des Bindegewebes im 
Gegensatze zu demjenigen von Laura gerardiae hervor. Bei D. ar- 
borescens besitzt es ähnlichen Bau. Recht zahlreiche größere und 
kleinere Lacunen im vorderen Köperteile sind wohl vorzugsweise 
auf die Konservierungsweise zurückzuführen und durch Schrumpfungen 
der Gewebe entstanden. Hier und da befinden sich in den Lacunen 
Gebilde, die das Aussehen von Blutkörperchen haben, doch könnten 
sie auch bindegewebiger Natur sein. Die Beobachtungen Kxıro- 
wıtscH' bezüglich des Fehlens eines Blutgefäßsystems bei D. asteri- 
cola vermag ich auch für D. arborescens zu bestätigen. 

Durch den Körper ziehen sich eine Anzahl von Muskeln, deren 
Verlauf im einzelnen nicht festzustellen war. Den von KyıpowITscH 
(1892) für den erwachsenen D. astericola nachgewiesenen Musculus 
adductor scutorum, der die Schalenklappen der eyprisförmigen Larven 
verbindet und bei dem Übergang in das definitive Stadium erhalten 
bleibt, fand ich auch bei D. arborescens. Bei D. astericola erstreckt 
sich der mittlere Teil dieses Muskels ventral unter dem Magen her und 
liest in einer Furche zwischen dem Unterschlundganglion und dem 
Bauchmark. Von ihm aus gehen eine Anzahl Fasern nach beiden 
Seiten und befestigen sich an dem Mantel, also an einer Stelle, welche 
bei der Bewegung keine bedeutende Rolle spielen kann, wie KnIPo- 
WITSCH mit Recht bemerkt. D. arborescens besitzt bereits keinen 
Mittelteil des Schalenmuskels mehr, der bei den erwachsenen Tieren 
anscheinend funktionslos ist und atrophisch wird. - Man bemerkt nur 
noch vier Bündel von ziemlich starken quergestreiften Muskelfasern, 
welche von den Ventral- und Dorsalseiten der Mantel- und Körper- 
wände her schräg gegen die Chitinröhren an der Basis der Oberlippe 
verlaufen, hier in rechtem Winkel zusammentreffen und um die 
Außenseite der Röhren herum in Verbindung stehen. Die beider- 
seitigen Muskeln stehen also nicht untereinander in Zusammenhang 
und es liegt hier im Gegensatze zu den Verhältnissen bei D. asteri- 
cola eine Rückbildung des Musculus adductor scutorum vor. 


L. Mantel und Mantelhöhle. 


Der Mantel ist, wie schon erwähnt, durch Verwachsung der 
weichgebliebenen Den des a nn entstanden und stellt 
somit eine Duplicatur der Körperwand vor. 


126 IR, Otto le Roi, 


Sein äußeres Epithel besteht aus einer Schicht von ziemlich 
hohen Cylinderzellen mit undeutlichen Zellgrenzen, die keine Basal- 
membran besitzen und ohne sichtbare Grenzen in das untergelegene 
Bindegewebe übergehen (Taf. VIII, Fig. 20 ep). Die zugehörenden 
Kerne haben zum Teil eine länglichovale Gestalt und messen bis 
0,0015 mm. Vorzugsweise an der Peripherie liegen vielfach kleinere 
dunklere Kerne von rundlicher Form und 0,0005 mm Durchmesser. 
Die Epithelzellen werden von einer dünnen, weichen Chitinschicht 
überzogen, welcher kleine, rundliche, mattgefärbte körnige Gebilde 
in größerer Zahl aufgelagert sind (Taf. VIIL, Fig. 20 kz), ähnlich wie 
es KnıpowItschH (1892) auch für D. astericola angibt. 

In kurzem Abstand vom Epithel zieht sich eine vornehmlich im 
Mittelstück sehr stark zur Entwicklung gelangte quergestreifte Musku- 
latur hin, die aus einer äußeren Ringmuskelschicht und einer inneren 
Längsmuskelschicht besteht (Taf. VIII, Fig. 20, 21, 22 rm u. em). 
Die zugehörenden Kerne sind langgestreckt und messen 0,018 mm. 
Wie KnıpowırscH (1892) beobachtet hat, vermögen die lebenden 
Tiere von Dendrogaster mit Hilfe dieser kräftigen Muskulatur leb- 
hafte Bewegungen und Formveränderungen auszuführen. Jedenfalls 
spielt die Kontraktion der Muskulatur auch eine große Rolle bei der 
Ausstoßung der eyprisförmigen Larven aus der Mantelhöhle Im 
Bindegewebe zerstreut liegen noch eine Anzahl feiner Muskelfasern 
(Taf. VIH, Fig. 21, 22 m), die zuweilen eine Querstreifung erkennen 
lassen. | 

Den größten Teil des Mantels macht das Bindegewebe aus, 
welches zum Teil den unregelmäßig netzartigen Bau wie dasjenige 
des eigentlichen Krebskörpers aufweist (Taf. VIII, Fig. 20 dg). Das 
für diesen gleichfalls erwähnte Bindegewebe von faseriger Struktur 
mit langgestreckten Kernen überwiegt jedoch bei weitem im Mantel. 
Nach der Mantelhöhle zu wird es von einer nicht abgesonderten 
Schicht von niederen Epithelzellen mit rundlichen 0,009 mm großen 
Kernen und undeutlichen Zellgrenzen abgeschlossen, die von einer 
schwachen Chitinlage abgegrenzt ist. Dieses innere Mantelepithel 
stimmt mit dem Epithel des eigentlichen Krebskörpers überein 
(Taf. VII, Fig. 20, 22 ep). Außerdem befinden sich in der Mantel- 
wand die bereits beschriebenen Verzweigungen des Magens, die 
sackförmigen Teile der Oviducte, die Endabschnitte der vermutlichen 
Excretionsorgane sowie die ganzen Ovarien. Hohlräume, die ich 
nicht selten bemerkte, dürften ihre Entstehung auf Schrumpfungen 
der Gewebe durch die Konservierung zurückführen. 


Dendrogaster arborescens und Dendrogaster ludwigi usw. 127 


Von der rechten und linken inneren Mantelwand springen zahl- 
reiche Falten in die Mantelhöhle vor, welche jedoch in der Regel 
nicht die Mittellinie erreichen. Nur unmittelbar hinter dem eigent- 
lichen Krebskörper erstrecken sich einige Falten weit über die 
Mittellinie herüber in die andre Hälfte des Mittelstücks hinein 
(Taf. VIII, Fig. 21 L). Hier wölbt sich auch von der Mitte der 
Oberseite eine Falte in die Mantelhöhle hinein (e in Fig. 3, Taf. VII 
und Fig. 21, Taf. VIII). Auch auf der Außenseite weist die Mantel- 
wand des Mittelstücks (Taf. VIIL, Fig. 20—22) und der Hauptarme 
eine große Zahl von kleinen Erhebungen auf, die durch enge Furchen 
getrennt sind, welch letztere schon bei der Beschreibung des Aus- 
sehens von D. arborescens als ein unregelmäßiges Netzwerk erwähnt 
wurden, bei D. astericola aber fehlen. Ich möchte annehmen, daß diese 
zur Vergrößerung der Manteloberfläche beitragenden Vorwölbungen 
einen respiratorischen Zweck besitzen, da die äußere Mantelwand 
von der Leibeshöhlenflüssigkeit des Seesterns, die doch ausschließlich 
den zur Atmung des Parasiten erforderlichen Sauerstoff herbeiführt, 
umspült wird. 

Wie aus Fig. 5, Taf. VII ersichtlich, führt die Spalte (sp) an der 
Spitze des Mittelstücks in die Mantelhöhle (MR) des Krebses. Diese 
umgibt von allen Seiten den Mundkegel und das Ende des Abdomens 
und verengt sich dann zu einem halbmondförmigen schmalen Kanal, 
welcher unter der durch die Krümmung des Tieres nach unten ge- 
wendeten Dorsalseite des Abdomens her nach hinten zieht. Hinter 
den oben beschriebenen stark vorspringenden Mantelfalten (Z und e 
in Fig. 3, Taf. VII, Fig. 21, Taf. VIH) verläuft sie durch den übrigen 
Teil des Mittelstücks als halbmondförmiger Hohlraum mit einer senk- 
recht darauf stehenden, genau in der Mitte gelegenen Spalte, wie 
Fig. 22, Taf. VIII zeigt (MA). Dann tritt sie in die Hauptarme und 
im weiteren Verlauf in die Nebenarme und deren Verästelungen ein, 
in denen sie bis in viele der Endläppchen dringt. Auf Querschnitten 
durch die Arme erweist sie sich bald als eng-, bald als weitlumig 
und von sehr wechselnder Gestalt, liegt aber stets vorzugsweise in 
der ventralen Hälfte. Wie bereits früher bemerkt entwickeln sich 
in der Mantelhöhle die befruchteten Eier. 

KnıpowrrscH (1892) fand im hinteren Teile der Mantelhöhle fast 
aller von ihm untersuchten Exemplare (bei vier von fünf) von 
D. astericola ein Häutchen, das er als Larvenhaut auffaßt, welche 
von der Cyprislarve beim Übergang in das definitive Stadium ab- 
geworfen wurde. Ein derartiges Häutchen war bei D. arborescens 


128 Otto le Roi, 


nicht anzutreffen und ist bereits früher, vielleicht zugleich mit ent- 
wickelten Cyprislarven ausgestoßen worden. 


3. Das ausgebildete Männchen. 


Schon in meiner vorläufigen Mitteilung über D. arborescens (1905) 
habe ich über die Entdeckung eines entwickelten Männchens — welche 
früher von keinem der vier bekannten Ascothoraciden bekannt waren — 
berichtet und seine interessante parasitische Lebensweise, sowie seine 
Lagerung in der Mantelhöhle des weiblichen Tieres kurz geschildert. Da 
das Exemplar teilweise stark verletzt ist, werde ich seine genauere Be- 
schreibung der besseren Übersicht halber später im Anschlusse an 
diejenige von ähnlich gebauten und lebenden Männchen andrer, mir 
zur Bearbeitung vorliegenden neuen Arten von Ascothoraciden aus 
Echinodermen der amerikanischen »Albatroß<«-Expedition bringen. 

Hier möchte ich nur auf den bedeutenden Geschlechtsdimorphis- 
mus hinweisen und bemerken, daß von dem Männchen, abgesehen 
von den beiden neu hinzugekommenen und durch die starke Aus- 
bildung der Generationsorgane hervorgerufenen, sehr langen, wurm- 
förmigen Auswüchsen fast alle Charaktere der Cyprislarve in das 
definitive Stadium hinübergenommen worden sind, so z. B. die deut- 
liche Gliederung des Körpers, die Furca des Abdomens, die fünf 
Paar Extremitäten usw. 

Die Spermatozoen zeigen im Gegensatz zu denen der Mehrzahl 
der Crustaceen und insbesondere auch der Cirripedien eine normale 
Gestalt, d. h. sie besitzen außer dem Schwanzfaden ein großes, 
länglich-dreieckiges Kopfstück. 


II. Dendrogaster ludwigi le Roi. 


1. Allgemeines und Aussehen des Tieres. 


Bereits im Jahre 1877 traf Herr Geheimrat Prof. Dr. Lupwig, 
damals in Göttingen, bei der Untersuchung eines von SEMPER in den 
fünfziger Jahren auf den Philippinen gesammelten Echinaster fallax 
Müll. Trosch. einen Parasiten in dessen Leibeshöhle an. Derselbe 
wies ein $-föürmig gekrümmtes, sich nach der Spitze verjüngendes 
Mittelstück von 14 mm Länge auf, von dessen Basis zwei Hauptarme 
ausgingen. Das Mittelstück sowie einer der Hauptarme befanden 
sich in einem Arme des Echinaster, während der andre Hauptarm 
in der Scheibe lag, sich gabelte und diese zwei dem Magen des 
Seesterns angelagerten Nebenäste in die beiden benachbarten Arme 


Dendrogaster arborescens und Dendrogaster ludwigi usw. 129 


des Wirtes entsandte. Es liegt die Vermutung nahe, daß auch der 
erstgenannte Hauptarm sich in zwei Nebenäste teilte, die aber wohl 
infolge der Raumbeschränkung in dem Echinasterarme derart inein- 
ander verschlungen waren, daß ihre Feststellung sehr schwierig war. 
Die Nebenarme teilten sich wieder unregelmäßig in zahlreiche, kleine, 
mit meist dreiteiligen Endläppchen abschließende Verzweigungen, 
ohne eine durchlaufende Hauptachse, wie sie D. arborescens besitzt, 
erkennen zu lassen. Der aus dem abgetrennten Mittelstück heraus- 
präparierte Teil des Tieres war in Schnittserien zerlegt worden, die 
jedoch bei der Übersiedlung von Geheimrat Lupwıg nach Bremen 
leider abhanden kamen. So war ich denn bei der Untersuchung des 
Parasiten nur auf einige noch vorhandene Skizzen, den Mantel des 
Mittelstücks und die im Laufe der Zeit in Stücke zerfallenen bräunlich- 
selben Arme angewiesen. Diese setzten mich wenigstens instand, 
den Organismus als einen Dendrogaster zu erkennen, dem ich in 
meiner vorläufigen Mitteilung (1905) den Namen D. ludwigi bei- 
gelegt habe. 

Den äußeren Habitus des Tieres bringt die seinerzeit von Herrn 
Geheimrat Lupwig angefertigte Fig. 23 auf Taf. VIII sehr gut zum 
Ausdruck. Bei der Betrachtung der Figur gewahrt man eine 
deutliche Teilung der Verzweigungen in drei Gruppen. Die nach 
oben gewendete (Ag) entspricht dem in dem Seesternarm gele- 
senen Teile, die beiden unteren Gruppen (ng) bilden die beiden 
Nebenarme des andern Hauptarmes. Die größte Breite des Tieres 
steht also senkrecht zur Lage der Figur und beträgt 25 mm, die 
srößte Länge, die im rechten Winkel dazu verläuft, mißt 22 mm. 
Nachfolgend stelle ich die sich entsprechenden Größendimensionen 
der drei bekannten Arten aus der Gattung Dendrogaster zum Ver- 
gleiche nebeneinander: 


i R > ap: = Länge des 

Art | Größte Breite | Größte Länge Mittelstücks 

D. astericola Knipowitsch 11 mm 10 mm 3 mm 
D. arborescens le Roi 56 mm 41 mm 9,5 mm 
D. ludwige le Roi 25 mm 22 mm 14 mm 


Die Größenmaße werden naturgemäß je nach dem Kontraktions- 
zustande der Tiere variieren. Ältere Exemplare weisen fraglos auch 
einen bedeutenderen Umfang auf, doch stellen die Stücke, deren 
Maße verglichen werden, alle ausgewachsene Exemplare vor, da 
dieselben sämtlich geschlechtsreif waren. 

Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. eg 


130 | Otto le Roi, 


Aus obiger Zusammenstellung geht deutlich hervor, daß D. lud- 
wigt unter Berücksichtigung seiner sonstigen Maßverhältnisse durch 
eine besonders große Länge des Mittelstücks gekennzeichnet wird 
und sich schon dadurch leicht von den beiden andern Arten unter- 
scheidet. 

Die Breite des Mittelstücks beträgt an seiner Basis 4 mm, an 
der Spitze 2 mm. Seine Oberfläche ist glatt und entbehrt der Er- 
habenheiten, welche D. arborescens zukommen. 


2. Bau des Tieres. 


Es ist begreiflich, daß Querschnitte durch das vor etwa 50 Jahren 
konservierte Exemplar histologisch nahezu unbrauchbare Bilder liefer- 
ten. Aus diesem Grunde, und da ferner der wichtigste Teil des 
Parasiten, der eigentliche Krebs, fehlte, kann ich nur einige unvoll- 
kommene Angaben über den Bau der Art liefern. Dieses Wenige 
stimmt im wesentlichen mit den entsprechenden Verhältnissen bei den 
andern beiden Dendrogaster-Arten überein. 

Aus einer vorhandenen Skizze der Antennen ergibt sich, daß 
diese denjenigen der andern Dendrogaster gleichen. Auch bei ihnen 
besitzt das dritte Glied die größte Länge und ihr Terminalglied trägt 
einen starken, sichelförmig nach hinten gebogenen Haken, sowie an 
der Basis der Vorderseite einen ziemlich großen Anhang. Über die 
Mundwerkzeuge gaben die Zeichnungen keinen Aufschluß, ebenso 
nicht über die andern, im Mittelstück befindlichen Teile des Krebses. 

Schnitte durch den Mantel des Mittelstücks lassen erkennen, 
daß die Oberseite nicht die für -D. arborescens charakteristischen 
Furchen aufweist. Dem Chitinüberzug des Mantels sind wie bei den 
andern Arten kleine rundliche Gebilde in dünner Schicht aufgelagert. 
Weiter kann man eine starke Muskulatur, bestehend aus einer äußeren 
Ring- und einer inneren Längsmuskelschicht, wahrnehmen. Den 
gleichen Bau besitzt die Mantelwand der Arme. 

Bei der Untersuchung der Arme zeigte es sich ferner, dab sich 
die Hohlräume des Magens und der Mantelhöhle bis in die letzten 
Verzweigungen und Seitenläppchen erstrecken, und hierin, wie bei 
D. arborescens, stets nur je einen Ausläufer entsenden. In den 
meisten Armverästelungen befand sich auch ein Ast des Ovariums. 
Über die Lagebeziehungen dieser Organe in den Armen gaben Quer- 
schnitte folgenden Aufschluß: Im unteren Teil zieht sich durchweg 
die Mantelhöhle hin. Darüber liegt im Bindegewebe des Mantels 
ein Magenast und dorsal von diesem das Ovarium. 


Dendrogaster arboreseens und Dendrogaster ludwigi usw: 131 


Die undifferenzierten Ovarialzellen waren nicht zu erkennen, 
dagegen mit einiger Deutlichkeit Eizellen im Stadium der Wachstums- 
periode mit Keimbläschen und Keimfleck, umgeben von einem Follikel. 
Die größten Oocyten maßen 0,16 mm. In der Mantelhöhle befand 
sich eine große Menge befruchteter Eier von länglichrunder Gestalt 
und durchweg gleicher Größe, bis zu 0,42 mm. Ihr Erhaltungs- 
zustand ließ nicht erkennen, nach welchem Typus ihre eben be- 
sinnende Entwicklung vor sich ging. Von einer gemeinsamen oder 
einzelnen Umhüllung der Eier ließ sich keine Spur nachweisen. 

Weitere Einzelheiten waren den vorhandenen Resten nicht zu 
entnehmen. 


Bonn, 15. Juli 1906. 


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p- 379—385. 

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1902—03. —— —— Allgemeiner Teil. 

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de Crustace parasite. Arch. d. Zool. exp. et gen. T. VIII. p. 537--581. 

9% 


132 | Otto le Roi, 


1883. H. DE LACAZE-DUTEHIERS, Histoire de 1a Laura Gerardiae type nouveau 
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T. XLII. p. 1—160. 

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Erklärung der Abbildungen. 


Für alle Figuren gültige Bezeichnungen: 


bg, Bindegewebe; Mg, Hauptmagen; 

ch, Chitin; Mh, Mantelhöhle; 

ep, Epithelzellen; ms, Mittelstück; 

fr, Verwachsungsfurche der zweiten Mxı, erste Maxillen; 
Maxillen; Mxs, zweite Maxillen; 

H, Vorraum; Ob, Oberlippe; 

K, Kanäle des Genitalapparates; Oes, Oesophagus; 

kb, Keimbläschen; Or, Ovarium; 

Kf, Keimfleck; rm, Ringmuskeln; 

Im, Längsmuskeln; sp, Mantelspalte; 

on, Muskeln; x, undifferenzierte Keimzellen. 


Ma, Magenäste; 


Tafel VII. 


Fig. 1. Dendrogaster arborescens von oben gesehen in Depsacaster sladeni 
Nach einer Photographie. Natürl. Größe. Der Endteil des oberen linken Neben- 
armes ist nicht mehr auf der Figur, derjenige des oberen rechten Nebenarmes 
fehlt. Ah, Hauptarm; na, Nebenarm. 

Fig. 2. Derselbe von unten. Nach einer Photographie. Natürl. Größe. 

Fig. 3. Sagittalschnitt durch die Mitte des Mittelstücks, nach Querschnit- 
ten rekonstruiert, halb schematisch. Vergr. 12. Verdauungsapparat grün, Ovar 
rot, Oviduct gelb. K, Mundkegel; Od}, Ausführungsgang; Ods, sackförmiger Teil 
des Oviducts; e, Dorsalfalte der Mantelwand; Z, Lateralfalte der linken Mantel- 
wand; V, Anschnitte von Seitenfalten der rechten Mantelwand; /, Furchen der 
rechten Mantelwand; w, Mantelwand. Die punktierten Linien / und 2 deuten 
die Lage der in Fig. 21 und 22, Taf. VIII dargestellten Querschnitte an. 

Fig. 4. Linke Antenne, von links gesehen, rekonstruiert aus Querschnitten. 
Vergr. etwa 100. Nur die Muskeln der linken Hälfte sind eingezeichnet, ebenso 
von den Anhängen nur der Haken, hk, und das »Anhängsel« r. 

Fig. 5. Sagittalschnitt durch das Vorderende des Mittelstücks; Mundwerk- 
zeuge plastisch. Aus Querschnitten rekonstruiert. Vergr. 25. Oberlippe gelb; 


u 


Dendrogaster arborescens und Dendrogaster ludwigi usw. 133 


erste Maxille karminrot; zweite Maxille ziegelrot; Verdauungsapparat grün; 
Nervensystem blau, N; BD, Zapfen; ant, Antenne. 

Fig. 6. Querschnitte durch die Mundwerkzeuge. Vergr. 65. a, Schnitt 
durch die röhrenförmig verwachsene Oberlippe und die Spitzen der zweiten 
Maxillen. 5, Schnitt durch die Oberlippenröhre mit Vorraum, die Spitzen der 
ersten und die verwachsenen zweiten Maxillen. ce und d, Schnitte durch die 
verwachsenen Mundwerkzeuge. 

Fig. 7. Querschnitt durch die verwachsenen beiden Maxillen. Vergr. 125. 
bf, Bindegewebsfasern; ex, Ausführungsgänge der Exeretionsapparate; gh, Ge- 
enkhäutchen; /, sternförmige Chitinfalten. 

Fig. 8. Querschnitt durch den Anfangsteil des Oesophagus. Vergr. 220. 

Fig. 9. Querschnitt durch die Mitte des Oesophagus. Vergr. 220. m, Ra- 
diärmuskeln. | 

Fig. 10. Querschnitt durch den Zapfen. Vergr. 125. me, Epithel des Magens. 

Fig. 11. Magenepithel quergetroffen. Vergr. 220. 5, Mageninhalt. 


Tafel VIII. 


Fig. 12. Querschnitt durch die Bauchkette. Vergr. 220. ng, Neuroglia der 
Autoren; rx, Riesenganglienzellen; g, gewöhnliche Ganglienzellen; »%, Kerne der 
Neuroglia. 

Fig. 13. Querschnitt durch den Ausführungsteil der Oviduete. Vergr. 220. 

Fig. 14. Querschnitt durch das Epithel des sackförmigen Oviduetabschnit- 
es. Vergr. 220. 

Fig. 15. Ovarialteil mit Spermatozoen sn. Vergr. 125. Ir, Basalmembran. 

Fig. 16. Teil eines Ovars mit Ooceyte und Follikelbildung. Vergr. 220. 

Fig. 17. Ovarialteil mit entwickelteren Ooeyten. Vergr. 125. fk, Follikel; 
d, Öocyte im Verbande der Follikelzellen. 

Fig. 18. Befruchtetes Ei mit Blastodermkappe. Vergr. 50. Öl, Blastoderm. 

Fig. 19. Schnitt durch einen Kanal des Genitalapparates. Vergr. 125. 
px, drüsige Epithelzellen. 

Fig. 20. Querschnitt durch die Mantelwand des Mittelstücks. Vergr. 125. 
kx, Körnchenbelag; epı, Epithel der Außenseite; eps, Epithel der Innenseite. 

Fig. 21 u. 22. Querschnitte durch das Mittelstück, entsprechend den punk- 
tierten Linien 7 (= Fig. 21) und 2 (= Fig. 22) in Fig. 3, Taf. VII. Vergr. 24. 
e, Dorsalfalte der Mantelwand; Z, Lateralfalte der linken Mantelwand; ep», Innen- 
epithel des Mantels; px, Epithel der Kanäle des Genitalapparates. 

Fig. 23. Dendrogaster ludwigi, nach einer 1877 von Geheimrat LUDWIG 
angefertisten Zeichnung. Natürl. Größe. hg, Verästelungen des einen Haupt- 
armes; ng, Verästelungen des andern Hauptarmes. 


Die Genitalanlagen der Rhizophysalien. 
Von 
Dr. med. Otto Steche, Leipzig. 


Mit Tafel IX—XI und 3 Figuren im Text. 

Unter den Physophoren, den mit einer Pneumatophore ausge- 
statteten Siphonophoren, nimmt die Gruppe der Rhizophysalien 
zweifellos eine scharf abgesonderte Stellung ein. Schon äußerlich 
markiert sich diese auf den ersten Blick durch den außerordent- 
lichen Umfang der Pneumatophore, welche die fast aller andern 
Physophoren, mit Ausnahme der Velleliden und Porpitiden, um ein 
Vielfaches an Größs übertrifft. Bei Physalia erreicht sie eine ge- 
vadezu monströse Ausbildung, weitaus die größte, die wir in der 
Siphonophorenreihe überhaupt kennen. Sie geht dabei vielfache 
Veränderungen ein, Anpassungen an das Schwimmen auf der Wasser- 
oberfläche, doch zeigt die Entwicklungsgeschichte, daß sie sich auf 
die einfachere Pneumatophore der Rhizophysiden leicht zurück- 
führen läßt. 

Abhängig von dieser Größe der Pneumatophore ist jedenfalls 
ein zweiter Oharakterzug der Rhizophysalien, nämlich der Mangel 
an Schwimmglocken. Sie waren überflüssig geworden, da der 
hydrostatische Apparat allein genügte, um die Kolonie in richtiger 
Stellung und Höhe im Wasser zu erhalten, und wurden deshalb 
rückgebildet. i 

Zwei andre Merkmale lassen sich dagegen nicht so einfach auf 
Anpassung an eine neue Lebensweise zurückführen, vielmehr sprechen 
sie dafür, daß die Rhizophysalien sich schon früh in der Stammes- 
geschichte von den andern Physophoren abgezweigt haben müssen. 
Es ist dies einmal der vollständige Mangel an Deckstücken, die 
fast allen andern Gruppen zukommen. Doch sind Deckstücke im 
Siphonophorenorganismus recht labile Gebilde, die bei nahe ver- 


Die Genitalanlagen der Rhizophysalien. 135 


wandten Formen ganz verschieden ausgebildet sein können, so daß 
es mißlich wäre, ihnen allein eine so wesentliche Bedeutung zuzu- 
schreiben. Wichtiger ist deshalb der zweite Faktor, der durchaus 
abweichende Bau der Genitalanlagen. Sie unterscheiden sich ein- 
mal so fundamental von denen aller andern Physophoren, ander- 
seits sind sie bei den verschiedenen, hierher gehörigen Gruppen so 
ähnlich, daß sie den besten Beweis für die natürliche Zusammen- 
sehörigkeit der Formen geben, die Cuun 1888 als Rhizophysaliae 
vereinigte und als besondere Unterordnung den übrigen Physopho- 
ren gegenüberstellte. 

Neben der großen Pneumatophore, die natürlich zuerst alle Auf- 
merksamkeit auf sich zog und eine große Literatur hervorrief, waren 
es besonders diese eigenartigen Genitaltrauben, die das Interesse 
der Forscher auf sich lenkten. Während wir aber jetzt über die 
Struktur der Luftflasche wohl unterrichtet sind, gelang es bei den 
Geschlechtsanlagen nicht, völlig über ihren Bau und ihre Funktion 
ins klare zu kommen. 

Das Problem, das vorlag, wurde schon sehr früh erkannt. Be- 
reits HuxLEy berichtet in seiner 1859 erschienenen Abhandlung 
»The oceanie Hydrozoa« die merkwürdige Tatsache, daß es ihm 
nicht gelungen sei, die weiblichen Anlagen der Kolonie aufzufinden. 
An den Seitenzweigen der einzelnen Genitaltrauben fanden sich eine 
Anzahl halbkugeliger Vorwölbungen, die nach Analogie der übrigen 
Siphonophoren ohne weiteres als Spermarien imponierten. Darüber 
stand eine deutlich ausgebildete Meduse, mit Radiär- und Ring- 
kanälen, an einem langen Stiel. Die Vermutung lag sehr nahe, in 
ihr die Bildungsstätte der weiblichen Keimzellen zu sehen, doch 
gelang es HuxLEY zu seiner Überraschung nicht, irgend eine Spur 
davon nachzuweisen. Sofort drängte sich wieder ein Analogieschluß 
auf. Bei einer Anzahl von Hydroiden lösen sich die Geschlechts- 
medusen’auf einem frühen Stadium ab und bringen erst während 
ihres pelagischen freien Lebens die Keimzellen zur Reife. Ein sehr 
sutes und besonders naheliegendes Vergleichsobjekt sind die Velle- 
liden, an deren Blastostylen wohl ausgebildete Anthomedusen 
knospen, die sogenannten Chrysomitren. Diese zeigen bei ihrer Ab- 
lösung noch keine Spur von Keimzellen. Zuerst durch einen zu- 
fälligen Fund METSCHNIKOFFS in der Straße von Messina, später 
durch systematische Tiefenfänge gelang jedoch der Nachweis, daß 
diese Chrysomitren in das Tiefenwasser hinabsinken und dort ihre 
Geschlechtsprodukte zur Entwicklung bringen. Die nach der Be- 


136 Otto Steche, 


fruchtung sich entwickelnde Larve steigt durch Bildung spezifisch 
leichter Stoffe wieder an die Oberfläche empor. 

Es lag sehr nahe, hier eine ähnliche Loslösung der Meduse in 
unreifem Zustande anzunehmen, um so mehr, da selbst die ältesten 
Exemplare noch kein ausgebildetes Manubrium zeigten. Diese von 
HuxLEY ausgesprochene Annahme wurde von allen späteren Beob- 
achtern geteilt. Auffallend war nur, daß man niemals entweder 
losgelöste Medusen, noch, was viel leichter gewesen wäre, Kolonien 
antraf, an deren Genitaltrauben die Medusen abgelöst waren. HAECKEL 
führt in seinem Challenger-Bericht allerdings eine derartige Beob- 
achtung an, doch ist eine Verwechslung sehr leicht möglich. Die 
Physalien haben nämlich an ihren Genitaltrauben polypoide An- 
. hänge, die in ihrem Bau den Medusenstielen in hohem Grade glei- 
chen, — die sogenannten Gallertpolypoide, von denen später noch 
zu reden sein wird — und die deshalb sehr leicht fälschlich als 
Medusenreste gedeutet werden können. HAECKEL war jedenfalls so 
fest von der Richtigkeit seiner Hypothese überzeugt, daß er fort- 
während von weiblichen medusoiden &onophoren spricht, in deren 
Manubrium die Eier reifen, und nur kurz erwähnt, daß tatsächliche 
Beobachtungen darüber noch nicht vorliegen. 

Auch Cnuvn, der Begründer der Gruppe der Rhizophysalien, dem 
wir die eingehendste Beschreibung ihres ganzen Baues und auch 
der Genitalanlagen verdanken, teilt diese Ansicht durchaus, wenn 
er gleich die mangelnden Beweise hervorhebt. Merkwürdig ist, daß 
alle diese Beobachter angeben, reife Spermatozoen bemerkt zu haben, 
ohne sich eine Vorstellung darüber zu bilden, wie denn die Be- 
fruchtung zustande kommen soll, wenn die beiderseitigen Geschlechts- 
produkte zu so ganz verschiedenen Orten und Zeiten zur Reife 
kommen. 

Als letzte Arbeit über diesen Gegenstand erschien 1897 eine Publi- 
kation von SEITARO GOTO, in der sehr eingehende und meist rich- 
tige Angaben über die Entwicklung der männlichen Gonophoren 
semacht werden. Natürlich kommt der Autor auch auf das Problem 
der Entwicklung der weiblichen Anlagen zu sprechen, vermag aber 
da nichts Neues vorzubringen. | 

Im Winter 1905 beschäftigte ich mich mit Untersuchungen über 
Glockenkernbildung bei Hydroiden und Siphonophoren. Bei der 
Gelegenheit fertigte ich auch Schnittserien durch das sogenannte 
weibliche Gonophor von Physalia an. In einer derselben hatte ich 
zufällig ein ganz großes »männliches Gonophor« mit geschnitten. 


Die Genitalanlagen der Rhizophysalien. | 137 


In ihm fand ich zu meinem größten Erstaunen eine einschichtige 
Lage von ganz unreifen Keimzellen, während ich ein dickes Sper- 
marium erwartet hatte. Dieser Befund reizte mich natürlich zur 
weiteren Verfolgung, und nach mannigfachen Irrtümern, bedingt da- 
durch, daß ich auch ganz in der herkömmlichen Vorstellung be- 
fangen war, gelang es mir, die Frage nach der Entstehung der 
Geschlechtszellen bei den Rhizophysalien in befriedigender Weise 
zu lösen. Herr Geheimrat CHun stellte mir für diese Untersuchungen 
sein außerordentlich reiches Material an Rhizophysalien zur Ver- 
fügung, das vorwiegend von der deutschen Tiefseeexpedition, aus 
Neapel und von der Chierchia-Expedition stammte und eine Anzahl 
von Species der Oberfläche wie der Tiefsee umfaßte. Es war mir 
dadurch ein vorzügliches Vergleiehsmaterial geboten, und ich möchte 
diese Gelegenheit nicht vorübergehen lassen, Herrn Geheimrat CHun 
meinen verbindlichsten Dank für seine Freundlichkeit auszu- 
sprechen. 

Zum Verständnis der folgenden Ausführungen wird es nötig sein, 
mit ein paar Worten die Verteilung der Genitalanlagen am Stamm 
einer Rhizophysalie zu erwähnen. Am leichtesten ist dies bei R/uxo- 
physa, wo die Verhältnisse noch am ursprünglichsten und klarsten 
zutage liegen. Rhizophysa besitzt einen langen, verhältnismäßig 
dünnen drehrunden Stamm, an dessen oberem Ende die große, birn- 
förmig gestaltete Luftflasche sitzt. Die Anhänge stehen an diesem 
Stamm alle auf einer geraden, längs verlaufenden Linie, die die 
Ventralseite der Kolonie markiert. In dieser Linie nehmen die ein- 
zelnen Gruppen von Anhängen distal an Größe zu. Es folgen sich 
in regelmäßigen, allmählich an Länge zunehmenden Abständen je 
ein Freßpolyp, an dessen Stielabschnitt ein langer Fangfaden sitzt. 
Zwischen diesen Gruppen, in der Mitte der Internodien, sitzen die 
Genitalanlagen. Im entwickelten Zustand bilden sie bei Khizophysa 
ein großes traubenförmiges Organ. An einem ziemlich kurzen, 
 dieken, muskulösen Stamme sitzen eine ganze Anzahl von Seiten- 
zweigen, bis etwa 30. Jeder dieser Seitenzweige besteht seinerseits 
aus einem eylindrischen Stiel, der an seinem Ende in einen Taster, 
den sogenannten Genitaltaster, ausläuft, von polypoidem Bau, ohne 
Mundöffnung. Rings um die Achse dieses Stiels sitzen sechs bis 
zehn kugelige bis ovale Säckchen, die sogenannten männlichen Gono- 
phoren. Zwischen ihnen, dieht unterhalb des Genitaltasters, findet 
sich ein medusoides Gebilde, mit langem Stiel, typisch ausgebil- 
deten Ring- und Radiärkanälen und einem deutlichen Velum, das 


138 Otto Steche, 


die Öffnung der Glockenhöhle umsäumt. Es stellt das sogenannte 
weibliche Gonophor dar. 

Gehen wir am Stamm aufwärts gegen die Pneumatophore zu, 
so nehmen alle diese eben beschriebenen Gruppen an Größe ab. 
Dies hat seinen Grund darin, daß sie alle hervorgehen aus einer 
Knospungszone, die im Bereich der Luftflasche selbst liegt und von 
der aus die einzelnen Anhänge durch Streckung des Stammes all- 
mählich distal verlagert werden. Diese Knospungszone zieht sich 
als deutlich markierter Streifen weit an der Wand der Pneuma- 
tophore in die Höhe. Ihr jüngster Teil stellt eine verdickte Lage 
von Eeto- und Entoderm dar. Je weiter wir distal förtschreiten, 
desto mehr erhebt sie sich kammartig, und nach und nach beginnt 
sie sich in einzelne Anlagen zu sondern. Zuerst treten zapfen- 
artige Vorsprünge auf, die künftigen Freßpolypen. Weiter unten 
sehen wir diese an ihrem dünneren Stielabschnitt eine halbkugelige 
Vorwölbung bilden, die Anlage des Fangfadens. In dieser selben 
Zone treten auch die ersten Anlagen der Genitaltrauben auf. Zwi- 
schen den einzelnen Polypenanlagen bildet nämlich die Knospungs- 
zone rundliche, zunächst ganz ungegliederte Vorsprünge. Sie nehmen 
an Größe zu, je weiter wir distal vorrücken. Etwa in der Zone, 
wo wir von der Basis der Pneumatophore auf den Stamm über- 
gehen, beginnen sie sich zu differenzieren. Sie sind inzwischen zu 
ovalen Säckchen herangewachsen und diese treiben nun ihrerseits 
ringsum halbkugelige Vorsprünge, die Anlagen der einzelnen Seiten- 
zweige. Schritt für Schritt läßt sich nun die weitere Differenzierung 
verfolgen, wie dies Cuux schon in seinem Aufsatze Ȇber den Bau 
und die morphologische Auffassung der Siphonophoren« getan hat. 
Die einzelnen Vorsprünge strecken sich in die Länge. An ihrem 
Ende setzt sich eine konische Partie durch einen dünneren Stiel ab, 
die Anlage des Genitaltasters.. Dicht darunter entsteht eine typi- 
sche Glockenkernanlage, aus der die Meduse des sogenannten weib- 
lichen Gonophors sich entwickelt. Erst wenn diese schon stattlich 
herangewachsen ist und alle medusoiden Schichten angelegt hat, 
entstehen rings um den Stamm neue Aussackungen, die Anlagen 
der »männlichen Gonophoren«. Ich habe der Cuunschen Schilde- 
rung nichts Wesentliches hinzuzufügen, nur eins möchte ich bemerken. 
Die Stelle der Medusenanlage sondert den Stiel des Seitenzweigs 
nicht in so scharfer Weise in zwei Abschnitte, wie CHun annimmt. 
Allerdings entstehen die männlichen Gonophoren zum größten Teil 
im proximalen Abschnitt, aber gewöhnlich sitzen noch einer gegen- 


Die Genitaianlagen der Rhizophysalien. 139 


über und einer distal von dem Medusenstiel, so daß also die gene- 
rative Zone nicht auf den proximalen Abschnitt beschränkt ist. 

Im weiteren Verlauf reifen diese Anlagen immer mehr heran, 
ohne daß noch eine weitere Differenzierung einträte. Der Genital- 
taster streckt sich bedeutend in die Länge, die Meduse bildet eine 
weite Glockenhöhle, die nach außen durchbricht, die Gonophoren 
wachsen heran und formen sich zu medusoiden Gemmen um. Auf 
alle diese Details werde ich später noch eingehender zu sprechen 
kommen. Hier kommt es mir nur darauf an, zu zeigen, wie man 
an einem und demselben Exemplar die ganze Entwicklung schritt- 
weise verfolgen kann und daraus ein klares Bild über den Aufbau 
der Genitalanlagen zu gewinnen vermag. Bei Physalia liegen die 
Dinge im Prinzip ähnlich. Hier ist aber der Stamm sehr stark ver- 
kürzt und auf die Ventralfläche der Pneumatophore zurückgezogen. 
Infolgedessen sind die einzelnen Anhänge dicht gedrängt und in 
ihrer Reihenfolge nicht so leicht zu erkennen. Auch ist die Knospungs- 
folge eine etwas abweichende und weniger durchsichtige und der 
Bau der Genitaltrauben verwickelter, wie später noch genauer zu 
zeigen sein wird. 

Die histologische Untersuchung der hier geschilderten Entwieck- 
lungsstadien lehrte mich nun Herkunft und Verteilung der Keim- 
zellen genau kennen und gab damit eine eindeutige einfache Lösung 
des alten Problems. Verfolgen wir also zur Darlegung dieser Ver- 
hältnisse die Genitalanlage durch die ganze Entwicklungsreihe so 
weit als möglich. 

Das erste, was wir von Genitalanlagen wahrnehmen können, 
ist, wie oben gesagt, eine schwache halbkugelige Vorwölbung zwi- 
schen den Anlagen je eines Freßpolypen mit seinem Fangfaden. 
Ein Durchschnitt durch dies Stadium zeigt folgendes Bild: 

Das Eetoderm der Knospe besteht aus einer einfachen Lage 
hoher kubischer Zellen mit hellem Protoplasma und großen Kernen, 
die ein oder zwei Kernkörperchen und kleine Chromatinkörnchen, 
ziemlich regelmäßig in einem Netzwerk verteilt, enthalten. Das 
Entoderm dagegen ist mehrschichtig; es erfüllt das Lumen bis auf 
einen schmalen Spaltraum. In ihm zeigt sich nun von vornherein 
eine deutliche Differenzierung in zwei Zellarten. Das Lumen um- 
geben hocheylindrische, eng aneinander gedrängte Zellen. Sie ent- 
sprechen in ihrem Habitus völlig denen, die das einsehichtige Ento- 
derm des Stammes bilden, nur sind sie als jugendliche Zellen noch 
regelmäßiger geformt und protoplasmareicher. Ihr Kern ist lang 


140 | | Otto Steche, 


gestreckt, enthält meist zwei Nucleoli und ist dunkler gefärbt durch 
. große eckige, ebenfalls netzartig verteilte Chromatinbroecken, zwi- 
schen denen kleinere Chromatinelemente als feine Körnehen diffus 
zerstreut sind. Diese Zellen liegen im wesentlichen einschichtig, 
nur selten drängen sie sich zu zweit übereinander. Zwischen ihnen 
und der Stützlamelle liegt nun eine mehrfache Lage von Zellen, die 
durch Form und Färbung von vornherein als andersartig charak- 
terisiert sind. Meist sind sie rundlich, durch gegenseitige Abplattung 
etwas unregelmäßig polyedrisch gestaltet. Ihr Protoplasma ist ganz 
hell und feinkörnig, Zellgrenzen sind nur schwer wahrzunehmen. 
Die Kerne unterscheiden sich von denen des darunterliegenden En- 
toderms sofort durch größere Helligkeit. Sie gleichen im Farbenton 
etwa den Ectodermkernen, haben gleich ihnen auch ein fein gra- 
nuliertes Chromatinnetz, unterscheiden sich aber von ihnen durch 
die bedeutendere Größe der Nucleolen, deren sie einen oder zwei 
besitzen. Der Kern im ganzen ist entsprechend der Form der Zelle 
mehr oder weniger rundlich. Charakteristisch für diese Zellen ist 
nun besonders auch ihre Anordnung. Sie liegen unmittelbar unter 
der Stützlamelle und zwar in Nestern beieinander. Ein solches Nest 
setzt sich gewöhnlich aus etwa acht bis zwölf Zellen zusammen, 
manchmal auch nur aus zwei bis vier. Sie bilden Halbkugeln, deren 
Basis der Stützlamelle aufsitzt. Offenbar sind diese Haufen durch 
Teilung einer einzigen Zelle entstanden. Ihre Lage, stets so un- 
mittelbar unter der Stützlamelle, die hier an der Knospungsstelle 
stark verdünnt war, brachte mich auf den Gedanken, es möchte 
sich hier vielleicht um Einwanderung von Eetodermzellen handeln, 
mit denen sie in Form und Färbung große Ähnlichkeit zeigten. 
Diese Vermutung ließ sich nicht bestätigen. In allen Fällen fand 
sich die Stützlamelle, wenn nur der Schnitt exakt genug geführt 
war, um den Scheitel der Knospe senkrecht zu treffen, völlig intakt. 
Da es mir nicht gelungen ist, diese Zellen weiter oberhalb in der 
noch undifferenzierten Knospungszone mit Sicherheit nachzuweisen, 
so bleibt nur die Annahme übrig, daß sie an Ort und Stelle durch 
Abspaltung von Entodermzellen entstanden sind. 

Diese »interstitiellen Zellen«, um mich eines indifferenten Aus- 
druckes zu bedienen, der nach KLEINENBERGS Vorgang für solche, 
der Stützlamelle anliegenden, abweichend gebauten Zellen vielfach 
gebraucht worden ist, zeigen nun zweifellos eine rege Vermehrung. 
Dafür sprechen einmal karyokinetische Figuren, die auch in allen 
übrigen Schichten, besonders zahlreich aber gerade hier anzutreffen 


Die Genitalanlagen der Rhizophysalien. 141 


sind. Zweitens weist die erwähnte nesterförmige Anordnung darauf 
hin, daß diese Zellhaufen durch Teilung aus einer Mutterzelle ent- 
standen sind. Damit im Zusammenhang steht ein dritter Umstand. 
Durch ihre rege Teilung haben diese interstitiellen Zellen das Ento- 
derm von der Stützlamelle abgedrängt und üben bei ihrem Wachs- 
tum einen Druck aus, der die ihnen zugewandten Teile der Ento- 
dermzellen komprimiert, so daß sie eine halbmondförmige Gestalt 
annehmen. Häufig sieht man nicht nur die Zellen, sondern sogar 
die Kerne, die den interstitiellen Zellen unmittelbar anliegen, ab- 
geplattet und in der Längsachse verkürzt. 

Daß es sich hierbei nicht einfach um jugendliche Entoderm- 
zellen handelt, lehrt ein Vergleich mit der Knospe eines Fangfadens, 
die in unmittelbarer Nachbarschaft der Genitalanlage aus dem Basal- 
abschnitt eines Freßpolypen hervorsproßt und genau auf derselben 
Entwieklungshöhe steht (Fig. 1). Hier sehen wir unter einem hohen 
mehrschichtigen Ectoderm ein Entoderm, das etwa ebensoviele 
Schichten zeigt, wie das der Genitalknospe und das Lumen eben- 
falls bis auf einen schmalen Spaltraum ausfüllt. Zwischen diesen 
Entodermzellen ist aber nicht die geringste Andeutung eines Unter- 
schiedes zu bemerken, alle sind hohe cylindrische Zellen, deren 
Kerne eine gleiche Struktur und Färbung zeigen. Damit ist wohl 
der beste Beweis geliefert, daß es sich in der Genitalanlage um 
_ Zellen besonderer Art handelt. 

‘“ Verfolgen wir nun ihr Schieksal im weiteren Verlauf der Ent- 
wicklung. Auf den nächsten Stadien, in denen die Genitalknospe 
sich immer stärker vorwölbt, bis sie ein ovales, kurzgestieltes Säck- 
chen bildet, treffen wir die Zellen immer wieder in derselben typi- 
schen Anordnung. Sie sitzen als halbkugelige Haufen der Stütz- 
lamelle auf, allmählich an Zahl zunehmend, mehr als proportional 
dem Wachstum der Gesamtknospe, so daß sie endlich eine ziemlich 
eng geschlossene mehrschichtige Lage bilden. Nun beginnt sich 
die Genitalanlage zu differenzieren durch Hervorsprossen der Seiten- 
zweige. Eine einzelne solche halbkugelige Anlage bietet fast das- 
selbe Bild wie die erste Anlage der ganzen Traube. Das Ectoderm 
ist hier allerdings zellreicher durch Einlagerung einer Menge von 
Nessel- und Drüsenzellen, aber Form und Färbung seiner Grund- 
zellen sind dieselbe geblieben. Das Innere haben wir wieder ziem- 
lich ausgefüllt von einer mehrschichtigen Zellmasse, an der man 
sofort die einfache Lage dunkler typischer Entodermzellen von den 
darüber liegenden helleren interstitiellen Zellen unterscheiden kann, 


142 | ‘Otto Steche, 


Bei genauerer Betrachtung ergibt sich jedoch ein Unterschied. An 
der Spitze der ganzen Anlage findet sich stets ein Bezirk, dem 
die interstitiellen Zellen völlig fehlen. Das Entoderm liegt dort 
unmittelbar einschichtig der Stützlamelle an. 

Die Bedeutung dieser Erscheinung ergibt sich sofort aus dem 
Verhalten auf den nächsten Stadien. Die Seitenzweige beginnen 
sich in die Länge zu strecken und in ihre einzelnen Teile zu diffe- 
renzieren. Zuerst tritt an der Spitze die Anlage des Genitaltasters 
auf als ein langgestreckter zapfenartiger Vorsprung, dessen Eetoderm 
sich durch den Besitz besonders vieler Nesselkapseln und Drüsen- 
zellen auszeichnet. Im Bau seines Entoderms finden wir nun von 
vornherein eine wichtige Abweichung von der übrigen Genitalanlage. 
Es besteht nur aus einer einfachen Schicht typischer Entodermzellen, 
von den interstitiellen Zellen ist keine Spur zu bemerken. 
Besonders schön demonstriert dies ein Längsschnitt durch die Spitze 
eines Seitenzweiges. Man sieht dann, wie an der Basis des Tasters 
die interstitiellen Zellen, die proximal eine mehrschichtige Lage 
bilden, plötzlich wie abgeschnitten aufhören (Fig. 5). Offenbar 
nehmen also diese interstitiellen Zellen ven vornherein am Aufbau 
des Genitaltasters gar nicht teil. 

Ganz dasselbe zeigt sich nun, und darauf ist besonders Wert 
zu legen, wenn unmittelbar unter der Basis des Genitaltasters sich 
das sogenannte weibliche Gonophor anzulegen beginnt. Fig. 4 stellt 
einen Schnitt dar, der diese Medusenanlage und daneben, ebenfalls 
längsgeschnitten, die Knospe eines »männlichen Gonophors« zeigt. 
Wir sehen an dem ersten ein mehrschichtiges Eetoderm, durchsetzt 
mit Drüsenzellen, im Inneren einen Glockenkern mit deutlicher 
Glockenhöhle. Das Entoderm der ganzen Anlage ist einschichtig 
und besteht aus cylindrischen Zellen mit langgestreckten dunklen 
Kernen, typischen Entodermzellen. Nirgends ist eine der so leicht 
kenntlichen interstitiellen Zellen zu erblicken, und auf keinem der 
zahlreichen Schnitte, die ich daraufhin durchmustert habe, ist es 
mir gelungen, in dieser Medusenanlage eine Spur davon nachzu- 
weisen. Aus diesem Befunde folgt also mit absoluter Sicherheit, 
daß diese Zellen auch nicht an der Bildung des » weib- 
lichen Gonophors« beteiligt sind. 

Etwas später als diese beiden ersten Organe beginnen sich an # 
dem Seitenzweig der Genitaltraube die »männlichen Gonophoren< U 
zu differenzieren. Sie erscheinen zunächst wieder als halbkugelige 
Vorwölbungen, und diese wiederholen zum dritten Male das Bild, 


Die Genitalanlagen der Rhizophysalien. 143 


das uns zuerst bei Anlage der Gesamttraube, dann bei der der 
Seitenzweige entgegentrat. Einschichtiges Eetoderm, mehrschich- 
tiges Entoderm, bestehend aus einer dem Lumen zugekehrten Lage 
von gewöhnlichen Entodermzellen und einer mehrfachen Schicht 
von interstitiellen Zellen. In diese Gonophoren rücken also 
die interstitiellen Zellen ein. Und zwar ergibt die Unter- 
suchung weiterer Stadien, daß diese Gonophoren ihr alleiniger Be- 
stimmungsort sind. Schon in dem Stadium der Fig. 4 findet man 
im Entoderm der Achse des Zweiges nur noch vereinzelte Zellen, 
und etwas später sind sie völlig daraus verschwunden und alle in 
die Gonophorenanlagen eingerückt. Sie häufen sich in ihnen zu 
einer dicken Lage an. 

Diese Gonophoren strecken sich nun im Verlaufe der Entwick- 
lung mehr und mehr zu länglich-ovalen, durch eine schmälere Stiel- 
partie vom Stamme abgesetzten Gebilden. Erst wenn sie eine be- 
trächtliche Größe erreicht haben, beginnen sie sich zu medusoiden 
Gemmen umzubilden dadurch, daß an der Spitze sich ein ectoder- 
maler Glockenkern einstülpt. Er ist von vornherein sehr schwach 
ausgebildet, aus wenigen Zellen zusammengesetzt und bildet nur eine 
schmale spaltförmige Glockenhöhle aus. Auf den nächsten Stadien 
‚zeigt er aber eine rapide Größenzunahme. Sie rührt nicht davon 
her, daß die Zellen sich durch Teilung rasch vermehrten, sondern 
die interstitiellen Zellen treten in geschlossener Schar in 
den Glockenkern über. Von Anfang an erscheint die seitliche 
Abgrenzung der ectodermalen Einstülpung gegen die interstitiellen 
Zellen nicht scharf, wie auch aus Fig. 4 ersichtlich, um so mehr, 
da die Eetodermzellen den interstitiellen Zellen an Größe und Fär- 
bung sehr ähnlich sind, so daß ich eine Zeitlang glaubte, der Glocken- 
kern würde überhaupt direkt durch Zusammentritt der interstitiellen 
Zellen gebildet, ganz ohne Einstülpung vom Eetoderm aus. Später 
gelang es mir aber, diese mit Sicherheit nachzuweisen. 

Durch die Aufnahme der interstitiellen Zellen wächst der 
Glockenkern kappenförmig gegen die Basis des Gonophors hin vor. 
Von seinen Blättern vergrößert sich hauptsächlich das innere, in 
‚das die interstitiellen Zellen einrücken. Beide liegen dicht aufein- 
ander, die Glockenhöhle bleibt dauernd ein schmaler Spaltraum. 
Der ganze Prozeß verläuft sehr rasch. Bei dem Exemplar, von dem 
Fig. 4 entnommen ist, die einen ganz kleinen Glockenkern zeigt, 
sind an der nächst älteren Genitaltraube schon alle interstitiellen 
Zellen in das Eetoderm übergetreten. Man sieht dann auf dem 


144 | Otto Steche, 


Längsschnitt einen hufeisenförmigen Zellkomplex, der durch eine 
deutliche Stützlamelle vom Entoderm wie vom Eetoderm abgesetzt 
‚ist. Er besteht vorwiegend aus den oft genannten hellen, rund- 
lichen, ehemals »interstitiellen« Zellen. An seiner Peripherie finden 
sich einige mehr abgeflachte Zellen, die eine Art Epithel darstellen, 
von denen aber auch Fortsätze sich zwischen die inneren Zellen 
hineinerstrecken. Das Entoderm, das von diesem Hufeisen umfaßt 
wird und so ein kegelförmiges Manubrium darstellt — das also 
hier nicht durch distales Vorwachsen des Entoderms, sondern durch 
proximales Herabdringen des Eetoderms gebildet wird — besteht 
Jetzt nur noch aus gewöhnlichen eylindrischen dunklen Zellen. Es 
ist vielfach zweischichtig geworden, diese Vermehrung stammt aber 
nicht daher, wie man denken könnte, daß die interstitiellen Zellen 
sich in definitives Entoderm umgewandelt hätten. Vielmehr finden 
im Entoderm selbst zahlreiche Kernteilungen statt, die zur Erklärung 
dieses Zuwachses völlig ausreichen. Außerdem finden sich niemals 
Übergänge zwischen interstitiellen und definitiven Entodermzellen. 

Die interstitiellen Zellen liegen also jetzt im eetodermalen Über- 
zug des Manubriums eines medusoiden Gonephors. Von den übrigen 
Schichten einer Meduse ist allerdings nicht viel nachzuweisen. Selbst 
das subumbrellare Eetoderm ist nicht als deutliche Sehieht abgrenz- 
bar, ebensowenig eine Entodermlamelle.. Auf manchen Schnitten 
nur finden sich zwischen dem Epithel des Manubriums und dem 
äußeren Eetoderm, durch Stützlamellen abgesetzt, einige zerstreute 
Kerne, die man einer dieser beiden rückgebildeten Lagen zurechnen 
muß. Dagegen sind deutliche Radiärkanäle vorhanden, aber stets 
nur zwei an der Zahl, wie Querschnitte beweisen. In ihrer Nach- 
barschaft ist auch eine zusammenhängende einschichtige Entoderm- 
lage erhalten. “ Br 

Das Bild, das ich hier geschildert habe, gleicht vollkommen 
dem, wie wir es bei der Anlage von Geschlechtsindividuen der 
Hydroiden und Siphonophoren zu sehen gewohnt sind. Eine medu- 
soide Knospe mit rückgebildeten Medusensehichten, deren ectoder- 
males Manubriumepithel die Keimzellen enthält. Die weitere Ent- 
wieklung beweist, daß auch in unserm Falle diese Auffassung be- 
rechtigt ist. Wir dürfen von nun an die früheren »interstitiellen« 
Zellen mit vollem Recht als Keimzellen bezeichnen. Da wir sie aber 
ohne Lücke von dem ersten Auftreten der Genitalanlage an bis zu 
ihrer Ankunft im Eetoderm des Manubriums verfolgt haben, so ist 
damit der Nachweis für das Vorhandensein wohl differenzierter Keim- 


Die Genitalanlagen der Rhizophysalien. | 145 


zellen während der ganzen Entwicklung der Genitalanlage geliefert. 
Wir haben sie durch alle Stadien auf ihrer Wanderung beobachtet 
und gesehen, daß sie nur in die »männlichen Gonophoren« einrücken. 
Der Genitaltaster und die »weibliche Meduse« bleiben vollkommen . 
frei davon. Es ist damit der Beweis geführt, daß das sogenannte 
weibliche Gonophor in Wahrheit mit der Produktion von 
Geschlechtszellen gar nichts zu tun hat. Man müßte denn 
annehmen, daß die so früh differenzierten Keimzellen nur bestimmt 
Seien, sich zu Spermatozoen zu entwickeln und daß die Eizellen 
erst viel später sich in der Meduse differenzierten. Daß auch diese 
Annahme überflüssig und unrichtig wäre, wird der weitere Verlauf 
der Entwicklung zeigen. Beiläufig bemerken möchte ich hier noch, 
daß diese frühzeitige Verteilung der Keimzellen in die Gonophoren 
auch den Umstand erklärt, daß wir später alle Gonophoren einer 
Genitaltraube auf demselben Entwicklungsstadium finden. Da keine 
Keimzellen im Entoderm des Stammes zurückbleiben, so ist eben 
die fortdauernde Bildung neuer Gonophoren ausgeschlossen. 

Lassen wir nun zunächst die Weiterentwicklung der Genital- 
anlagen von Rhrizophysa beiseite und wenden uns zur Darstellung 
der parallelen Entwicklung der Physala. 

Wie schon im Anfang erwähnt, folgen bei Physalia, bedingt 
durch ihren komplizierteren Bau, die einzelnen Stadien der Genital- 
anlage nicht so übersichtlich aufeinander, und es war mir nicht 
möglich, an einem und demselben Exemplar die ganze Reihe zu 
-_ erhalten. Nachdem aber einmal bei Rhixophysa die ganze Entwick- 

lung dargelegt war, gelang es auch leicht, sich in den Bildern von 
Physalia zurechtzufinden. 

Das jüngste Stadium, von dem ich Schnitte angefertigt habe, 
zeigt eine Genitalanlage, die eben den Beginn der Differenzierung 
der Gesamttraube erkennen läßt. Da die Genitaltraube von Physa- 
ha nicht gleich der von Rhixzophysa einen einheitlichen Stamm auf- 
weist, sondern von vornherein in mehrere Äste geteilt ist, die sich 
dann noch weiterhin diehotom gabeln, so ist dementsprechend gleich 
von Anbeginn die Gesamtanlage nicht halbkugelig, sondern gelappt. 
Das histologische Bild dieses Stadiums ist folgendes: 

Beide Blätter sind mehrschichtig. Eine Differenzierung in zwei 
verschiedene Zellarten fällt zunächst im Entoderm wieder sehr deut- 
lich auf. Doch ist sie etwas andrer Art als bei Rhixophysa. Es 
gibt nämlich hier keine einigermaßen zusammenhängende Schicht 


von interstitiellen Zellen. Vielmehr liegen zerstreut, einzeln oder 
Zeitschrift-f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bad. 10 


146 | Otto Steche, 


zu wenigen zusammen, der Stützlamelle einige abweichend gefärbte 
Zellen an. Sie sind vorwiegend charakterisiert durch ein dunkleres 
' Protoplasma. Außerdem zeigt der große rundliche Kern ein oder 
zwei deutliche große runde Nucleoli. Die Chromatinsubstanz ist in 
feinem Netzwerk verteilt, an der Kernmembran liegt sie in etwas 
srößeren Körnern angehäuft. Die Form der Zellen unterscheidet 
sich sehr wesentlich von der bei Rhrxzophysa. Wir finden hier näm- 
lich Anzeichen einer aktiven Bewegung, zahlreiche, in eine oder 
mehrere Spitzen auslaufende amöboide Fortsätze. Diese Bewegung 
ist gegen die Tiefe des Entoderms hin gerichtet. Meist sitzen die 
Zellen mit einem breiteren basalen Abschnitt der Stützlamelle auf. 
Dann folgt eine schmälere Partie, die an einer Stelle durch den 
Kern blasig aufgetrieben ist, und der entgegengesetzte Pol läuft in 
unregelmäßig zackige Fortsätze aus. Einzelne Zellen haben sich 
schon fast völlig von der Stützlamelle getrennt und sind mit dem 
größten Teil ihres Plasmas in die Tiefe zwischen die Entoderm- 
zellen gerückt. Die gewöhnlichen Entodermzellen sind sehr blaß, 
mit faserigem Plasma, kleineren länglichen Kernen, die ein fein- 
körniges Chromatinnetz und fast konstant zwei Nueleolen enthalten. 

Im Ecetoderm liegen nun hier, ebenfalls »interstitiell«, eine 
größere Zahl von Zellen, die mit den amöboiden Zellen im Entoderm 
in Färbung und Kernstruktur sehr große Ähnlichkeit haben. Die 
Annahme, daß hier ein Einwandern eetodermaler Zellen ins Ento- 
derm stattfände, lag noch viel näher als bei Rhrzophysa. Eine Zeit- 
lang war ich sogar davon überzeugt, denn die Stützlamelle war 
sehr dünn, und verschiedentlich glaubte ich Zellen auf dem Durch- 
tritt zu erblicken. Infolge der unregelmäßig gelappten Gestalt der 
ganzen Genitalanlage war es aber nicht möglich, Schnitte zu er- 
halten, die in ganzer Ausdehnung senkrecht zur Stützlamelle ge- 
richtet waren. Da die scheinbaren Durchtrittsstellen alle im Bereich 
solcher etwas schräg geschnittener Partien lagen, so bin ich später 
gegen meine Annahme wieder mißtrauisch geworden, besonders nach 
den Erfahrungen bei Rhrxophysa, wo die Keimzellen sich ja noch weiter 
rückwärts im Entoderm verfolgen ließen. Ich möchte meine Beob- 
achtungen immerhin erwähnen, bin aber der Ansicht, daß auch bei 
Physalia die Keimzellen, denn um diese handelt es sich natürlich 
wieder, im Entoderm zuerst differenziert werden. 

Auf den weiteren Stadien finden wir diese charakteristischen 
Zellen nun in der Tiefe des Entoderms. Die Entwicklung der Ge- 
nitalanlagen erfolgt im Prinzip parallel zu der von Rhrxophysa, nur 


Die Genitalanlagen der Rhizophysalien. 147 


eben weniger übersichtlich, da die ganze Anlage von vornherein 
in mehrere Lappen geteilt ist. Alles Wichtige läßt sich aber auch 
hier feststellen. Besonders ergibt sich, wie bei Rhrzophysa, daß die 
Keimzellen weder in die Anlagen der Genitaltaster (es sind hier 
zwei vorhanden) noch in die der Meduse einrücken. Meine Präpa- 
rate zeigen dies mit voller Sicherheit, obwohl das Entoderm hier 
überall mehrschichtig ist und der Unterschied deshalb nicht so in 
die Augen springt. Ich wende mich gleich zur Darstellung der 
Verhältnisse, wie sie sich bei der Entwicklung der Gonophoren er- 
geben. Zunächst stellen diese eine einfache halbkugelige Vorwöl- 
bung dar, wie bei AKhrxophysa. Beide Blätter, Entoderm wie Ecto- 
derm, sind mehrschichtig. Das Entoderm ist so vollgepfropft mit 
Keimzellen, daß die Knospe gar kein Lumen aufweist, vielmehr das 
Entoderm noch zapfenförmig in den Hohlraum des gemeinsamen 
Stieles der Genitaltraube vorspringt. Auch hier sind schon früh- 
zeitig alle Keimzellen in die Gonophoren eingerückt und der Stiel 
frei davon. 

Die Glockenkernbildung beginnt hier bedeutend früher als bei 
Rhizophysa, schon zur Zeit, wo die Gonophoren noch ganz kleine 
Säckchen darstellen, und ist viel umfangreicher. Es entsteht da- 
durch ein typischer, scharf abgesetzter Glockenkern mit deutlicher 
Glockenhöhle, die von palisadenartig angeordneten, langgestreckt 
eylindrisehen Eetodermzellen umgeben ist. Um diesen Glockenkern 
sieht man nun die Keimzellen sich sammeln. Von allen Seiten 
kommen sie aus der Tiefe des Entoderms herauf; ihre Protoplasma- 
fortsätze sind alle gegen die eingestülpte Eetodermpartie gerichtet. 
Und deutlich kann man verfolgen, wie sie in den Glockenkern ein- 
dringen. Die Zellen werden dabei stark komprimiert, das Plasma 
fädig ausgezogen, der Kern färbt sich infolge Verdichtung seines 
Chromatinnetzes intensiver. Das Endresultat ist dasselbe wie bei 
Rhizophysa. Alle Keimzellen werden in dem Glockenkern aufge- 
nommen. Ihre Anordnung dort ist sehr charakteristisch und aus 
der Art ihres Eindringens leicht verständlich. Die ursprünglichen 
ectodermalen Glockenkernzellen sind vou den Keimzellen auseinander- 
gedrängt worden. Sie bilden jetzt ein Balkenwerk, das sich am 
besten einem System von T-Trägern vergleichen ließe. Die Kerne 
liegen meist als epithelialer Überzug außen dem Keimlager auf, 
doch finden sich auch eine Anzahl an der inneren Stützlamelle, die 
_ die Abgrenzung gegen das Entoderm des Manubriums bildet. Das 
Plasma bildet an beiden Grenzflächen eine dünne Schicht, und zwar 

10* 


148 | Otto Steche, 


ist jede Zelle an beiden Oberflächen beteiligt. Zwischen ihnen ist 
der Zellleib zu einem dünnen Verbindungsstrang ausgezogen. In 
den Zwischenräumen des so gebildeten Gerüstwerkes liegen die 
Keimzellen in mehrfachen Lagen, meist zu dreien übereinander. 

Auch hier muß der Einwanderungsprozeb sehr schnell verlaufen, 
denn obwohl ich zahlreiche Gonophoren dieses Stadiums geschnitten 
habe, ist es mir doch selten gelungen, Keimzellen während der Ein- 
wanderung anzutreffen. Sie beginnt anscheinend in den mittleren 
Partien des Glockenkerns und erfolgt später mehr in der Randzone, 
je weiter der Glockenkern sich kappenförmig ausdehnt und das 
Entoderm von dem äußeren Ectoderm abtrennt. Das Manubrium 
entsteht auch hier durch Vordringen des Eetoderms gegen die Basis 
des Gonophors, nicht durch Einstülpung der Glockenhöhle von seiten 
des Entoderms. Das Bild nach vollendeter Einwanderung gleicht 
in den Grundzügen völlig dem von Rhrzophysa. Nur sind hier die 
medusoiden Schichten bedeutend besser ausgebildet, entsprechend 
der umfangreicheren Glockenkerneinstülpung. Subumbrellares Eeto- 
derm und Entodermlamelle sind noch lange als deutliche zusammen- 
hängende Schichten nachweisbar. Doch hat auch Physala nur zwei 
Radiärkanäle, von Anbeginn, wie aus allen Querschnitten hervor- 
geht. Merkwürdigerweise erhalten sich diese fast bis zum Ende der 
Entwieklung mit weitem Lumen und gut ausgebildetem Zellbelag. 
Zu erwähnen wäre ferner noch, daß das Entoderm des Manubriums 
hier vielschichtig ist; man sieht in ihm, unmittelbar nach Abschluß 
der Keimzellenwanderung, zahlreiche Hohlräume, die Lücken, welche 
die Keimzellen bei ihrer Auswanderung gelassen haben. 

Auch bei Physalva läßt sich also der klare Nachweis 
erbringen, daß die vom Beginn der Entwicklung der Ge- 
nitaltrauben an deutlich differenzierten Keimzellen nur in 
das Ectoderm des Manubriums der sogenannten männlichen 
Gonophoren einrücken. Auch hier bleiben sie der bisher 
als weibliches Gonophor bezeichneten Meduse völlig fern. 

Wie vollzieht sich nun die weitere Entwicklung der Keimzellen, 
von diesem Stadium, wo wir sie, histologisch noch völlig indifferent, 
im Ectoderm des Manubriums liegen sehen? Das erste Exemplar 
eines herangewachsenen Gonophors, das ich schnitt und das mich 
erst auf die ganze Frage aufmerksam gemacht hatte, zeigte eine 
einfache Lage noch ganz unreifer Keimzellen. Dies Gonophor über- 
traf alle andern mir vorliegenden Exemplare bei weitem an Größe, 
stellte also ein sehr spätes Stadium dar. Ich wußte damals noch 


Die Genitalanlagen der Rhizophysalien. | 149 


nichts von der Entwicklung der Keimzellen, die wir soeben verfolgt 
haben, glaubte vielmehr noch an die alte Theorie der weiblichen 
Meduse. Dadurch wurde ich zunächst auf einen Irrweg geleitet. 
Entsprechend der späten Entwicklung der Eizellen müßten, glaubte 
ich, auch die männlichen Keimzellen noch lange auf einem indiffe- 
renten Stadium erhalten bleiben. Ich nahm an, daß zu diesem Zweck 
ein Verschmelzungsprozeß unter den Keimzellen Platz greife, dessen 
Resultat dies letzte älteste, mir vorliegende Stadium sei. Zunächst 
schien sich diese Vermutung zu bestätigen. Ich fand Zwischen- 
stadien, in denen eine mehrfache Lage von Keimzellen vorhanden 
war, mit reduziertem Plasımna, anscheinend in der Spermabildung be- 
griffen. Es zeigte sich aber, daß eine große Zahl von ihnen als 
Nährzellen wieder eingeschmolzen wurde und ich glaubte damit 
meine Annahme bestätigt zu finden. Im weiteren Verlauf kam ich 
aber an Exemplare, die von vornherein ein einschichtiges Keim- 
epithel zeigten, bei denen eine Reduktion also gar nicht nötig war. 
Dies verschaffte mir schließlich die Lösung des Rätsels. Die soge- 
nannten männlichen Gonophoren der Rhizophysalien enthalten in 
Wahrheit beide Arten von Geschlechtszellen. Und zwar sind die 
Kolonien geschlechtlich differenziert; alle Trauben eines Exemplars 
sind entweder nur männlich oder nur weiblich. Zuerst hatte ich 
Trauben von einem Weibchen geschnitten, dann zufällig lauter jüngere 
Männchen und erst zuletzt auch junge Weibchen gefunden. 
Verfolgen wir nun zur genaueren Darlegung dieser Verhältnisse 
die Entwicklung zunächst einer weiblichen Genitalanlage, als der 
einfacheren. Da Rhrzophysa und Pkysalia sieh hier in allen wesent- 
liehen Punkten gleich verhalten, so kann ich sie gemeinsam behan- 
deln. Nur muß ich vorausschieken, daß die ältesten Stadien nur 
von Physalia stammen, da mir von Rhixophysa keine ganz großen 
Exemplare zur Verfügung standen. Die gleichmäßige Entwicklung 
in den früheren Stadien berechtigt aber wohl zu dem Schlusse, daß 
auch der weitere Verlauf im wesentlichen der gleiche sein wird. 
Wir hatten die Entwicklung verfolgt bis zu dem Stadium, in 
dem ein kappenförmiger Glockenkern gebildet war, der in sein das 
Manubrium überziehendes Blatt alle Keimzellen aufgenommen hatte. 
Nun erfolgt eine schnelle Größenzunahme der ganzen Genitaltraube 
und damit auch der Gonophoren. Sie strecken sich stark in die 
Länge. Dabei wird die Keimanlage passiv zu einer dünnen Schicht 
ausgezogen. Denn die Keimzellen hören von jetzt an fast vollkommen 
auf sich zu vermehren, nur ganz spärlich sieht man auf einzelnen 


150 Otto Steche, 


Schnitten eine Mitose. Endlich geht die Streckung so weit, daß 
wir statt einer kontinuierlichen Schicht von Geschlechtszellen wieder 
einzelne Gruppen von wechselnder Anzahl, im Schnitt nebeneinander 
meist vier bis sechs, höchstens etwa zwölf erhalten. Sie liegen in 
Fächern, die durch die oben geschilderten T-förmigen Eetodermzellen 
des ursprünglichen Glockenkerns gebildet werden. Histologisch ist 
auch auf diesem Stadium von Reifungserscheinungen nichts zu be- 
merken. Die Eier gleichen noch fast völlig den Zellen, die zuerst 
in den Glockenkern einwanderten. In Fig. 25 finden sich einige 
dargestellt. Das Protoplasma der ziemlich großen, durch gegen- 
seitigen Druck abgeplatteten unregelmäßigen Zellen ist dunkel und 
stark granuliert. Der Kern ist groß, bläschenförmig. Sein Chro- 
matin ist in feinen Körnern verteilt an einem Gerüstwerk, das 
schleifenartig den Kern durchzieht. An der Membran liegt die chro- 
matische Substanz in etwas größeren Körnern zusammen, in ziem- 
lich regelmäßigen Abständen, wodurch die Kernmembran ein punk- 
tiertes Aussehen erhält. Die Kerne enthalten ein oder zwei Nucleoli, 
eine Regel ließ sich dafür nicht finden. Die Nucleolen sind sehr 
dunkel, gleichmäßig gefärbt und rundlich. Abgesehen von dem 
vielleicht etwas reichlicheren Plasma kennzeichnet noch nichts diese 
Zellen als zukünftige Eizellen. 

Die medusoiden Schichten sind bei dieser Vergrößerung der 
sanzen Anlage natürlich auch sehr verdünnt worden. Immerhin 
läßt sich an günstigen Stellen noch die typische Reihenfolge ecto- 
und entodermaler Zelllagen nachweisen. Die auffälligsten Verände- 
rungen haben die entodermalen Zellen des Manubriums durchgemacht. 
Aus der ursprünglichen mehrschichtigen Lage länglicher, plasma- 
reicher, wenig scharf abgegrenzter, einkerniger Zellen wird schließ- 
lich eine einfache Schicht mehrkerniger Riesenzellen. Der Leib 
dieser Zellen ist außerordentlich stark vacuolisiert, das Plasma 
eigentlich nur als Scheidewände dieser großen Hohlräume erhalten. 
Die Kerne liegen dicht gedrängt in der Mitte der Zelle. Manchmal 
kann man deutlich vier, fünf und noch mehr voneinander abgrenzen, 
n andern Fällen erscheinen sie verschmolzen. Sie sind dicht erfüllt 
von feinen dunklen Granulationen. Die Nucleoli unterliegen einem 
Auflösungsprozeß. Manchmal sieht man noch die ursprünglichen 
zwei als rundliche, gleichmäßig gerärbte Gebilde erhalten. Häufiger 
findet man statt dessen eine größere Anzahl zackiger unregelmäßiger, 
schwarzer Brocken, die immer mehr an Größe abnehmen und end- 
lich ganz aufgelöst werden. Diese Riesenzellen sind durch deut- 


Die Genitalanlagen der Rhizophysalien. 151 


liche Zwischenräume scharf voneinander abgesetzt. Sie sind von 
sehr hocheylindrischer Form und begrenzen in einfacher Schicht das 
sehr weite Lumen des Gonophors. Riesenzellen sind bei Siphono- 
phoren durchaus keine seltene Erscheinung im Entoderm; das schönste 
Beispiel sind die Saftbehälter von Calycophoriden, doch hat Cuux . 
auch solche Zellen aus dem Entoderm von Tastern und Freßpolypen 
bei Physalia beschrieben. Dort ist ihre Bildung sicher durch Ami- 
tose hervorgerufen. Im vorliegenden Falle ist ihr Habitus abwei- 
chend und legt den Gedanken nahe, daß diese Zellen durch Ver- 
schmelzung entstanden seien. Leider ermöglichte die Art der Kon- 
servierung nicht, einen exakten Beweis für diesen eigenartigen und 
theoretisch nicht besonders wahrscheinlichen Vorgang zu führen. 
Komplizierter liegen die Verhältnisse bei der Entwicklung der 
männlichen Anlagen. Die Streckung der Gonophoren führt hier 
nicht dazu, die Keimzellen in eine einfache Schicht auszuziehen, 
denn von vornherein findet im Spermarium eine lebhafte Zellteilung 
statt. Es entsteht auf diese Weise eine vielschichtige Lage von dicht 
sedrängten Keimzellen. Ihr Plasma wird durch die schnell folgen- 
den Teilungen stark reduziert, auch die Kerne selbst nehmen all- 
mählich an Größe ab. Zunächst nur unbedeutend, erst auf einem 
sanz weit entwickelten Stadium, das einer isolierten Genitaltraube 
entstammt, die Professor CHun eben ihrer auffallenden Größe wegen 
‘besonders aufgehoben hatte, wird sie stärker bemerkbar. Scheinbar 
gleicht also diese Entwicklung völlig der, wie sie in den Hoden- 
anlagen der Hydroiden und Siphonophoren sonst zu verlaufen pflegt 
und wie sie von THALLWITZ eingehender geschildert worden ist. 
Bei genauerer Beobachtung zeigen sich aber einige bedeutungsvolle 
Unterschiede. Bei den gewöhnlichen Spermarien findet sich stets 
das Bild, daß die Zellen von dem Centrum nach der Peripherie des 
Hoden an Größe abnehmen, d. h. daß die Zellteilung von außen 
nach innen fortschreitet und die am weitesten entwickelten Zellen 
an der Peripherie liegen. Hier ist davon nichts zu bemerken. Im 
Gegenteil, die kleineren, dunkler gefärbten, zugleich protoplasma- 
ärmeren Zellen angehörigen Kerne liegen im Centrum, an der Pe- 
ripherie größere, hellere, protoplasmareichere. Im Zusammenhang 
mit dieser Erscheinung steht vielleicht ein Vorgang, der besonders 
auf den mittleren Entwicklungsstadien deutlich zu verfolgen ist. 
Dort treten nämlich zwischen den gewöhnlich polyedrischen Zellen 
mit ihren runden Kernen andre auf, die in Zerfall begriffen scheinen. 
Sie sind stark komprimiert, langgestreckt, ihr Plasma ist dunkel- 


152 Otto Steche, 


schwarz gefärbt. An ihren Kernen kann man alle Übergangsstadien 
verfolgen, von solchen, die noch fast normal rund und hell erscheinen, 
bis zu amorphen schwarzen Chromatinbrocken. Offenbar werden sie 
von den andern Zellen als Nährmaterial aufgebraucht. Sie treten 
. vorwiegend in den mittleren und Randpartien auf, und damit mag 
in Zusammenhang stehen, daß die überlebenden Zellen dort wieder 
srößer und plasmareicher sind als im Öentrum. 

Von Reifungserscheinungen ist auch an den männlichen Keim- 
zellen nichts zu bemerken, bis auf das letzte, durch einen großen 
Abstand getrennte Stadium. Ich habe eine Reihe von Abbildungen 
gegeben, die das verschiedene Verhalten der chromatischen Sub- 
stanz und die Größenunterschiede der Kerne demonstrieren sollen. 
Die zu Anfang hellen Kerne mit ihrem fein verteilten Chromatin 
verdunkeln sich allmählich, was wohl auf einem Verdichtungsprozeß 
beruhen mag. Die Chromatinbrocken werden größer, auf einigen 
Stadien sieht man die Nucleolen, deren auch hier meist ein bis 
zwei vorhanden sind, eckige Formen annehmen, sich in Fortsätze 
ausziehen, dort, wo die Fäden des Kerngerüstes an sie herantreten. 
Allmählich scheinen sie aufgelöst zu werden; man findet öfter eine 
srößere Anzahl kleiner dunkler Stückchen, die von ihrem Zerfall 
herstammen. 

Das letzte Stadium zeigt eine eigentümliche Erscheinung. Das 
Chromatin hat sich halbmondförmig an einer Seite der Kernmem- 
bran angelagert. Dort bildet es einen dichten schwarzen Klumpen, 
außerhalb desselben finden sich nur einzelne Chromatinbrocken. Die 
Anlagerung erfolgt stets an der dem Centrum des Gonophors zuge- 
kehrten Membranseite und die Verdichtung ist am stärksten in den 
‘inneren Partien. Es läge nahe, hier an ein Synapsisstadium zu 
denken, ich möchte aber auf diesen einen Befund hin mich nicht 
mit Bestimmtheit dafür aussprechen. Durch das konzentrische Ein- 
dringen der Konservierungsflüssigkeit könnte dies Bild auch künst- 
lich entstanden sein. In diesem Verdacht bestärkt mich der Ein- 
druck, den die peripheren Kerne machen.‘ Sie erscheinen sonst 
gegen die früheren Stadien in der Verteilung ihres Chromatins un- 
verändert, nur haben sie an der einen Seite der Kernmembran eine 
schmale Sichel von tiefschwarzer Färbung. Überhaupt möchte ich 
auf diese feineren histologischen Befunde nicht allzuviel Wert legen. 
Die Konservierung der meisten Exemplare läßt sie für solche Unter- 
suchungen nicht geeignet erscheinen. Die Kernteilungsfiguren sind 
allerdings häufig gut erhalten. Ich habe alle Stadien verfolgen 


Die Genitalanlagen der Rhizophysalien. | 48) 


können. Zuerst das Auftreten eines langen schmalen Fadens, zu- 
sammengesetzt aus einer einfachen Reihe von Chromatinkörnchen. 
Dann zerschnürt sich dieser Faden in einzelne Teile, die sich ver- 
kürzen und verdieken. Später tritt eine Verdoppelung der Körnchen- 
reihe ein mit zunehmender Verkürzung der Chromosomen. Stellen 
sie sich in die Spindel ein, so sind sie zu ganz kurzen dicken 
Stäbchen geworden, an denen eine Struktur nicht mehr deutlich zu 
erkennen war. Ihre Zahl dürfte etwa 30 betragen. Es kamen nur 
Längsteilungen zur Beobachtung. 

Wert lege ich an dieser Stelle nur auf den Umstand, daß ich 
niemals, auch im ältesten Stadium nicht, reife Spermatozoen ge- 
funden habe. Ja, wenn man von dem zweifelhaften Synapsisfalle 
absieht, findet sich auch noch keine Andeutung einer beginnenden 
Reifung. Auch die plötzliche Größenabnahme, wie sie beim Zerfall 
der Spermatogonien in die Spermatiden einzutreten pflegt, war hier 
nieht nachzuweisen. Selbst die ältesten Hodenanlagen von Physalıa 
sind demnach von der Reife noch weit entfernt. 


Bezüglich der Ausbildung des ganzen Gonophors gilt dasselbe, 
was ich schon bei Besprechung der weiblichen Anlagen gesagt habe. 
Die medusoiden Schichten werden stark ausgezogen, bei dem ältesten 
Stadium sind sie völlig verwischt. Die eigenartige Riesenzellen- 
bildung im Entoderm des Manubriums tritt auch hier ein. In dem 
größten Gonophor kommt eine solche Zelle an Länge fast genau der 
Dieke des ganzen Spermariums gleich, erreicht also kolossale Di- 
mensionen. Hier ist das Plasma zwischen den einzelnen Vacuolen 
in den basalen Teilen fast ganz verschwunden, die Kerne sind zu 
unregelmäßigen amorphen Klumpen reduziert. Es erweckt den An- 
schein, als ob die ganzen Zellen aufgebraucht würden. 


Fassen wir die Resultate unsrer bisherigen Untersuchung der 
Genitalanlagen zusammen, so ergeben sich als besonders bemerkens- 
wert folgende Punkte: 

1) Die bisher sogenannte weibliche Meduse hat mit der 
Entwicklung der Geschlechtszellen überhaupt nichts zu tun. 

2) Männliche und weibliche Keimzellen entwickeln sich 
in den »männlichen Gonophoren« der früheren Beobachter, 
und zwar getrennt an verschiedenen Exemplaren. 
| 3) Diese Keimzellen sind selbst auf demältesten beob- 
achteten Stadium noch weit von der Reifung entfernt. 

4) Im männlichen Geschlecht wird die Reifung dadurch 


154 | Otto Steche, 


aufgehalten, daß ein Teil der Keimzellen als Nährzellen 
wieder eingeschmolzen wird. 

Sofort drängen sich uns nun neue Fragen auf. Einmal: Wo und 
wann erfolgt die definitive Reifung der Keimzellen, wenn es nicht am 
Stamme der Kolonie geschieht? Und zweitens: Wenn die Meduse 
nicht bestimmt ist, die Eier zur Reife zu bringen, was für eine 
Funktion hat sie dann ? 

Zu meinem Bedauern muß ich gestehen, daß ich auf keine 
dieser beiden Fragen einstweilen eine sichere Antwort zu geben 
weiß. Immerhin lassen sich einige Anhaltspunkte zu ihrer Beurtei- 
lung gewinnen. 

Auf die erste Frage ist eine Antwort sehr naheliegend. Einmal: Da 
wir reife Keimzellen weder im Zusammenhang mit der Kolonie, 
noch abgelöst an der Meeresoberfläche schwimmend finden, so ist 
es wahrscheinlich, daß sie ihre Entwicklung in der Tiefsee durch- 
machen. Wir haben für dies Verhalten ein Analogon in dem Ent- 
wicklungseyclus von Velella, wie er durch die Untersuchungen 
WOLTERECKS jetzt definitiv klargelegt ist. Dort lösen sich die Ge- 
schlechtsindividuen in unreifem Zustande von der Kolonie los. Wie 
ich an solchen freien Chrysomitren aus Neapel feststellen konnte, 
vermag man die unreifen Keimzellen schon zu dieser Zeit in der 
Tiefe des ectodermalen Überzugs des Manubriums nachzuweisen, 
sogar schon eine Differenzierung in männliche und weibliche Indi- 
viduen. Die Weibchen bilden nämlich in ihren Entodermzellen schon 
einen roten Farbstoff, der später das reife Ei erfüllt. Diese unreifen 
Medusen sinken langsam in die Tiefsee hinab und bringen unter- 
wegs ihre Keimzellen zur Entwicklung. Das beweisen deutlich 
Medusen mit stark entwickelten Geschlechtsanlagen, die aus Tiefen 
von etwa 1000 m erbeutet sind. In der Tiefsee erfolgt dann die 
Befruchtung. Die sich entwickelnde Larve scheidet in ihrem Ento- 
derm Öltropfen ab und steigt durch diese Herabsetzung ihres spezi- 
fischen Gewichts passiv wieder an die Oberfläche empor. 

Ganz ähnlich müssen die Verhältnisse nun auch bei den Rhizo- 
physalien liegen. Wir kennen die Geschlechtsanlagen nur in un- 
reifem Zustande. Anderseits sind uns die ersten Entwicklungs- 
stadien ganz unbekannt. Die jüngste Larve ist schon hoch diffe- 
renziert, hat eine große Pneumatophore, einen primären Freßpolypen 
und einen Fangfaden ausgebildet, sie befindet sich in denselben 
Stadien, wie die junge Rataria von Velella, wenn sie an der Meeres- 
oberfläche auftaucht. Der Schluß, daß die fehlenden Zwischen- 


Die Genitalanlagen der Rhizophysalien. 155 


stadien ihre Entwicklung in der Tiefsee durchmachen, ist außer- 
ordentlich naheliegend. Daß sie noch nicht gefunden sind, liegt 
jedenfalls daran, daß wir es hier mit Formen der offenen Ozeane 
zu tun haben, deren Gebiet nur selten mit dem Tiefennetze durch- 
forscht worden ist. Und so zahllos die Individuen auch sind, aus 
denen die großen Physalienschwärme bestehen, so kann es uns doch 
nicht verwundern, daß wir bei den vereinzelten Stichproben noch 
keine ihrer Larven aus der Tiefsee emporgeholt haben. 

Wir müssen uns jetzt nur vorstellen, daß nicht, wie bisher an- 
senommen, die Meduse allein sich vom Stamme ablöst. Die ganze 
Genitaltraube muß in toto abfallen oder, was wahrscheinlicher ist, 
sie löst sich in ihre einzelnen Zweige auf, die getrennt in die Tiefe 
hinabsinken. Diese Vermutung wird gestützt durch die Tatsache, 
daß sowohl am Übergang des gemeinsamen Stiels der Genitaltraube 
in den Stamm, als auch der Seitenzweige in den Stiel sich Ein- 
schnürungen finden, die eine Ablösung an dieser Stelle begünstigen 
würden. 

Vom Gesichtspunkt dieser Hypothese aus versuchte ich nun, 
mir eine Vorstellung über die Bedeutung der einzelnen Teile dieser 
merkwürdigen Genitalorgane zu bilden, besonders über die Funktion 
der rätselhaften Meduse, aber ohne Erfolg. Am konservierten 
Material lassen sich solche Fragen schlecht beantworten und meine 
Hoffnung, zu Ostern in Neapel vielleicht ein lebendes Exemplar von 
Rhizophysa in die Hände zu bekommen, schlug fehl, da in der ersten 
Zeit meines Aufenthaltes das Wetter ungünstig war und nachher 
die Aschenregen der Vesuveruption alle pelagischen Organismen 
vernichteten oder vertrieben. 

Zweifellos stellt die Meduse ein hochdifferenziertes Organ dar. 
Ihre sämtlichen Schichten sind wohl ausgebildet, vier weite Radiär- 
kanäle und ein Ringkanal vorhanden. Auffallend an ihr ist zu- 
nächst der Mangel eines Manubriums. Nur eine ganz schwache 
Vorwölbung in der Mitte des Bodens der Glockenhöhle zeigt auch 
bei den ältesten Exemplaren den Ort an, wo sich das Manubrium 
zu entwickeln pflegt. Auf Schnitten tritt außerdem die merkwürdige 
Gestaltung des subumbrellaren Eetoderms hervor. Unterhalb des 
Velums, das in der gewohnten Weise aus zwei flachen Eetoderm- 
lagen besteht, die getrennt sind durch eine Stützlamelle mit starker 
Rinsmuskulatur, nimmt das Eetoderm plötzlich bedeutend an Höhe 
zu. Seine Zellen sind stark vacuolisiert, das Plasma zu dünnen 
Fäden ausgezogen, nur gegen das Lumen zu reichlicher angehäuft, 


156 | Otto Steche, 


die ganzen Zellen langgestreckt, mit unregelmäßigen Zacken gegen 
die Glockenhöhle vorspringend. Die kleinen, länglichen, dunkel 
gefärbten Kerne liegen im basalen Abschnitt der Zelle, der in 
becherartige Vertiefungen der Stützlamelle eingelassen ist. Am 
Totalpräparat und besser noch an einem Längsschnitt sieht man 
auf späteren Stadien die Stützlamelle in einer Reihe von überein- 
anderliegenden Ringfalten gegen das Lumen vorspringen und das 
Ectoderm entsprechend vor sich herwölben, eine Folge der Kon- 
traktion der Längsmuskulatur des exumbrellaren Eetoderms. Das 
Eetoderm der Subumbrella enthält wie gewöhnlich starke eireulär 
verlaufende Muskelfibrillen. Außerdem liegen an der Basis der 
Zellen noch merkwürdige eckige Körner, die sich mit Orange G 
intensiv gelbrot färben. Sie treten erst in späteren Stadien auf und 
nehmen allmählich an Menge und Größe zu. 

Bei der isolierten Genitaltraube einer Tiefseeform, die von der 
Chierchiaexpedition aus 1000 Meter Tiefe an der Lotleine empor- 
gezogen worden ist, finden sich außerdem in der Subumbrella noch 
sroße Drüsenzellen (Fig. 32). Sie sind rundlich von Gestalt und 
haben einen kleinen, dunklen, wandständigen Kern, der von einem 
schmalen Plasmahof umgeben ist. Der übrige Teil der Zelle wird 
von einem sich mit Orange G stark färbenden Secret ausgefüllt, in 
dem eine Reihe von farblosen Vacuolen sich finden. Dies Secret 
hat offenbar stark klebrige Beschaffenheit, denn an einzelnen Stellen, 
wo es aus der Zelle in das Lumen der Glockenhöhle vorgetreten 
war, waren Detrituskörnchen daran festgeklebt. Ähnliche Drüsen- 
zellen fanden sich bei dieser Form auch im exumbrellaren Eetoderm 
bis in den Stiel hinein zerstreut. Bei Rhrzophysa und Physala 
fanden sich im äußeren Eetoderm ebenfalls Drüsen, aber nur in den 
Jugendstadien. Sie glichen denen der Genitaltaster und werden 
später noch näher beschrieben werden. 

Diese Tiefenform zeigt außerdem noch sehr deutlich einen am 
Stiel längsverlaufenden Muskelstrang. Er liegt stets an der proxi- 
malen, also dem Genitaltaster abgewandten Seite des Stieles und 
markiert scharf die auch in der seitlich etwas abgeplatteten Form 
. des Schirmteils bei allen Rhizophysalien ausgesprochene bilaterale 
Symmetrie. Dieser Muskel erstreckt sich von der Stielbasis bis 
etwa zur halben Höhe der Exumbrella, wo er in die ringsum gleich- 
mäßig ausgebildete gewöhnliche Längsmuskulatur des Ectoderms 
verläuft. Er liegt distal der Medusenwand dicht an, proximal hebt 
er sich immer mehr ab. Die dadurch gebildete Falte wird getragen 


Die Genitalanlagen der Rhizophysalien. 157 


von einer Verbreiterung der Stützlamelle. Merkwürdig ist, daß trotz 
dieses Muskels, dessen Kontraktion eigentlich den Schirmteil der 
Meduse proximal umklappen müßte, im Gegenteil sich die Glocke 
bei allen Seitenzweigen dem Genitaltaster zuneigt. Vielleicht hängt 
dies mit der eigenartigen Gestaltung des Stieles zusammen. »>ein 
Entodermkanal ist stark aufgetrieben, hauptsächlich am proximalen 
Ende, so daß dort eine kolbenartige Anschwellung zustande kommt. 
Nahe seiner Einmündung in den Stamm der Genitaltraube erscheint 
er hakenartig gegen den Genitaltaster hin aufgebogen. Dort springt 
nämlich die Stützlamelle klappenartig vor und verengt das Lumen 
bis auf eine kleine exzentrisch gegen den Genitaltaster hin ver- 
schobene Öffnung. Das Entoderm, das unter dem Muskelstiel liegt, 
besteht aus einer Schicht niedriger kubischer Zellen, im übrigen 
Stielkanal wird es von hohen, unregelmäßig gegen das Lumen vor- 
 springenden Cylinderzellen gebildet. Zwischen ihnen, dem Lumen 
zugekehrt, finden sich zahlreiche becherförmige Drüsenzellen mit 
sroßen dunkel gefärbten Kernen. Das Eetoderm des Muskelstiels 
ist einschichtig, niedrig, das des übrigen Stieles hoch und mit 
Drüsenzellen durchsetzt. 

Den Oberflächenformen von Rhixophysa fehlt dieser Muskel im 
Medusenstiel vollkommen, ebenso die Differenzierung im Eeto- und 
Entoderm. Dagegen fand ich zu meiner großen Überraschung ganz 
_ ähnliche Bilder bei Durchsehnitten durch den Stiel der Genitalmeduse 
von Physalia. Schon äußerlich tritt der Muskel an kontrahierten 
Exemplaren stark hervor und ist auf Quer- und Längsschnitten 
deutlich sichtbar. Er liegt wieder stets auf der proximalen Seite der 
Meduse. Auch hier wird er getragen von einer verdiekten Partie 
der Stützlamelle, die freilich keine derartig vorspringende Falte an 
der Stieibasis bildet, wie bei der Tiefsee- Rhrzophysa. Denn der 
Entodermkanal des Stieles ist nicht kolbig aufgetrieben und umge- 
bogen. Seine Zellen sind aber in der gleichen Weise differenziert 
in ein flaches Epithel im Bereich des Muskels, ein hohes in den 
‚übrigen Teilen, das abweichend gebaute Drüsenzellen enthält. Das 
Ecetoderm! zeigt dieselben Verhältnisse nur ohne Drüsenzellen. Dem 
Medusenstiel fehlt beim Übergang in den Stamm eine besondere 
Klappenvorrichtung, dafür ist sein Lumen durch eine ringförmig 
vorspringende Falte allseitig verengt. Dagegen findet sich hier 
umgekehrt eine ins Lumen vorspringende Klappe im Entodermkanal 
an der Grenze von Stiel und Schirmteil der Meduse. Sie wird 
gebildet von einem an der Basis verdickten, keilförmig ins Innere 


158 | Otto Steche, 


des Stielkanals hineinragenden Vorsprung der Stützlamelle, der mit 
hohen eylindrischen Entodermzellen besetzt ist. Diese Einrichtung 
fehlt bei allen Arten von Rhrzophysa, auch der Tiefenform. 

Über die Bedeutung dieses komplizierten Gebildes ins klare zu 
kommen ist mir bisher nicht gelungen. Man müßte es lebend 
beobachten, um seine Funktion zu verstehen. In dieser Richtung 
liegt bisher nur eine Notiz von SEITARO GoTO vor, dem gegenüber 
Brooks mündlich geäußert habe, daß dieMedusen im Leben pumpende 
Bewegungen ausführten. Viel läßt sich damit nicht anfangen. Der 
Gedanke, daß diese Meduse eine Schwimmfunktion "habe, liegt 
sowieso am nächsten. Und zwar würde sie diese Aufgabe haupt- 
sächlich dann zu erfüllen haben, wenn die Genitaltraube sich vom 
Stamm abgelöst hat. Denn gegenüber dem Gesamtorganismus einer 
Physalia sind die kleinen Medusen viel zu schwach, um eine Bewegung 
hervorrufen zu können. Hier könnten ihre Pumpbewegungen höchstens 
für einen Wasserwechsel innerhalb der dieht gedrängten Anhänge der 
Kolonie sorgen, was für die Atmung vielleicht in Betracht käme. 

Wahrscheinlich wird nach dem Loslösen vom Stamme die Genital- 
traube in ihre einzelnen Seitenzweige zerfallen. Außer dem rein 
logischen Grunde der Zweckmäßigkeit für die Verteilung der 
Geschlechtszellen und die leichtere Ortsbewegung spricht dafür der 
Umstand, daß sich an der Wurzel der Seitenzweige, am deutlichsten 
bei der Tiefseeform, eine Anzahl von ringförmigen Einschnürungen 
finden, die eine Trennung an dieser Stelle erleichtern würden. An 
diesen isolierten Zweigen könnte nun die Meduse als Locomotions- 
organ funktionieren; denn sie besitzt eine weite Schwimmhöhle mit 
kräftiger Muskulatur und gut ausgebildeteem Velum. Nicht recht 
dazu passen will das hohe Eetoderm der Subumbrella, immerhin 
könnte man annehmen, daß es mit rascher Streckung der ganzen 
Anlage durch starke Gallertbildung, wie es bei Siphonophoren häufig 
vorkommt, zu einem platten Zellbelag ausgezogen würde. Allein die 
Meduse steht zur Vorwärtsbewegung des ganzen Zweiges in der 
denkbar unglücklichsten Stellung. Um kräftig wirken zu können, 
müßte sie am Ende des ganzen Komplexes stehen und so, daß ihre 
Wirkung in die Richtung seiner Längsachse fiele. Tatsächlich steht 
sie aber annähernd in der Mitte des Zweiges und quer oder mindestens 
schräg zu seiner Längsachse. Der Rückstoß beim Arbeiten der 
Sehwimmglocke würde also den ganzen Zweig quergestellt, d.h. 
gegen den größtmöglichen Widerstand vorwärts treiben. Da der 
Stielmuskel der Meduse an ihrer vom Genitaltaster abgewendeten 


Die Genitalanlagen der Rhizophysalien. | 159 


Seite sitzt, so würde seine Contraction den Effekt nur verschlechtern, 
bis die Schwimmglocke ganz quergestellt wäre und selbst wenn er 
sie noch über diesen rechten Winkel hinaus völlig umklappen und 
an den Stamm heranziehen könnte, wäre damit nichts gewonnen. 
An kontrahierten Exemplaren von Physalia sieht man aber, daß der 
Eifekt dieser Kontraktion eine schraubenförmige Zusammenkrümmung 
des ganzen Stieles ist, ohne Umbiegung nach abwärts. Er legt sich 
dabei in tiefe Falten, wie Querschnitte zeigen. Denn auch in den 
übrigen Stielteilen verlaufen ectodermale Längsmuskeln und bei ihrer 
allgemeinen Kontraktion wird die gallertige Stützlamelle an den 
Stellen des geringsten Widerstandes unregelmäßig vorgebuchtet 
(Fig. 29). 

Ferner kam mir der Gedanke, es möchte dieser Muskelstiel 
mit dem Klappenapparat in Verbindung stehen, der bei Physalia an 
der Grenze zwischeu Stiel und Schirmteil angebracht ist. Da diese 
Klappe stets gerade unter dem Muskel sitzt, so könnte man daran 
denken, daß sie bei einer Kontraktion dieser Seite einen Abschluß 
der Gastrovascularhöhle des Schirmes gegen den Stielkanal her- 
stellte. Allein der Sinn einer solchen Einriehtung ist mir unklar. 
Daß dem Stielkanal eine besondere Bedeutung zukommt, spricht 
sich in der Differenzierung seiner Zellen aus, ebenso wie in seiner 
scharfen Absetzung von dem gemeinsamen Stamme. Sollten die 
Drüsenzellen darin vielleicht Gas bilden und das Ganze als hydro- 
statischer Apparat funktionieren, so hätte ein Abschluß dieser Teile 
hier Sinn. Einmal wäre aber nicht einzusehen, warum das Gas 
nicht auch in den Schirmteil eindringen dürfte, dessen Entoderm 
Ja allseitig geschlossen ist und der doch beim Schweben die höchste 
Stelle einnehmen müßte. Außerdem läßt die Konstruktion der Klappe 
einen gasdichten Abschluß sicher nicht zu. Endlich fehlt der ganze 
Klappenapparat gerade bei der Form, die ihren Stielkanal schein- 
bar am höchsten differenziert hat, der Tiefsee-Arhizophysa. 

Unerklärt ist auch noch das Auftreten jener eckigen Körner im 
Eetoderm der Subumbrella. Sie ließen sich vielleicht als Nahrungs- 
reserven deuten. Denn wenn die Genitaltraube sich vom Stamm 
abgelöst hat, so fehlt ihr jede Möglichkeit der Ernährung, da die 
ganze Gruppe weder Freßpolypen noch Fangfäden enthält. Da an- 
scheinend bis zur Reife der Geschlechtszellen noch eine längere 
Zeit vergehen muß, so wäre es nützlich, während des Lebens an 
der Oberfläche irgendwo Nährmaterial aufzuspeichern. Damit würde 
sich die Tatsache gut in Einklang bringen lassen, dal diese Körner 


160 Otto Steche, 


erst an älteren Medusen auftreten und bis zuletzt an Größe und 
Zahl zunehmen. Eine ähnliche Einrichtung sehen wir an den 
Chrysomitren, die Algenzellen als Nahrungsquelle mit in die Tiefe 
nehmen. 

Vielleicht hat aber diese ganze Meduse ihre Funktion schon 
während ihres Lebens an der Oberfläche zu erfüllen. Wozu sonst 
-die auffallend frühe und schnelle Entwicklung, wenn sie erst ganz 
am Ende gebraucht wird ? 

Leider vermag ich einstweilen alle diese Fragen nur zur Dis- 
kussion zu stellen und muß ihre Beantwortung der Zukunft über- 
lassen. Möglicherweise gelingt es, durch Beobachtung lebender 
Exemplare von diesen Gesichtspunkten aus Klarheit zu schaffen, 
vielleicht läßt uns aber auch erst ein glücklicher Tiefenfang des 
Rätsels Lösung finden. 

Mit ein paar Worten wenigstens möchte ich noch auf den Bau 
der übrigen Anhänge der Genitaltraube eingehen. 

Der Genitaltaster stellt ein langes spindelförmiges Gebilde dar, 
dem eine ectodermale Längs- und entodermale Ringmuskulatur große 
Contraetilität verleiht. Dicht oberhalb seines Ursprunges aus dem 
Stamme ist er bei Physalia durch eine tiefe Ringfalte eingeschnürt. 
Sie bezeichnet dort zugleich die Grenze eines Stielabschnittes gegen 
das Mittelstück, das mit entodermalen Zotten ausgestattet ist. Diese 
Zotten entsprechen denen, die sich im Magenabschnitt der Freß- 
polypen finden. Sie bestehen aus einem halbkugeligen oder zapfen- 
förmigen Vorsprung der zusammengesetzt ist aus großen dunkel- 
kernigen Zellen, die intra vitam intensiv gefärbte, mit Osmium 
seschwärzte, also wohl fetthaltige Einschlüsse: zeigen. Sie erfüllen 
den weitaus größten Teil des Genitaltasters und sind unregelmäßig 
an der Wand verteilt. Gegen die Spitze zu, in dem Abschnitte, 
der der Proboseis der Freßpolypen entspricht, fehlen sie, dafür tritt 
dort das Entoderm zu vier Längsleisten hoher Cylinderzellen zu- 
sammen. | 

Der Genitaltaster der oberflächlichen Rhözophysa-Formen entbehrt 
dieser Zotten vollständig, sein Entoderm ist überall gleichmäßig ein- 
schichtig. Einen Übergang stellt die Tiefenform dar, bei der 
sich an der Basis dicht über dem Stielabschnitt sechs Zotten ent- 
wickelt finden. 

Das Ectoderm enthält bei allen Formen zahlreiche Nesselzellen. 
In den Jugendstadien, wenn sich die Genitaltaster eben zu diffe- 
renzieren beginnen, findet sich eine geringe Anzahl von sehr großen 


Die Genitalanlagen der Rhizophysalien. 161 


Nesselkapseln, die manchmal auch im Eetoderm der Meduse und der 
_ Gonophoren auftreten. 

Außerdem enthält das Eetoderm noch zahlreiche Drüsenzellen. 
Sie stellen becherförmige Gebilde dar mit wandständigem, meist 
basal gestelltem Kern. Den größten Teil der Zelle nimmt eine helle 
Vacuole ein, durch deren Druck auch der Kern gewöhnlich ab- 
geplattet wird. In ihrem Inneren liegen eine große Anzahl scharf- 
kantiger, mit HEIDENHAIN intensiv geschwärzter Körner. Diese 
Zellen treten schon früh in der Entwicklung der Genitalanlagen auf. 
Bei der Differenzierung der Taster sieht man sie in großer Menge 
zuerst an der Spitze. Im Verlauf des weiteren Wachstums finden 
sie sich mehr an den Seiten. Das mag damit zusammenhängen, 
daß die Zellen bei der Secretbildung verbraucht werden; man sieht 
sie wenigstens häufig ganz nach außen gedrängt, komprimiert und 
stark geschwärzt nach Art degenerierender Elemente. Die gleichen 
Zellen finden sich auch im Ectoderm der Meduse und der Gonophoren. 

Als Bildung sui generis findet sich bei Physalia noch der von 
Cnun als Gallertpolypoid bezeichnete Anhang. Meist ist an jedem 
Seitenzweig: nur einer vorhanden, selten zwei. Außerdem stehen sie 
manchmal noch an älteren, übergeordneten Verzweigungen des bei 
Physalia diehotom sich gabelnden Stammes der Genitaltraube, zu- 

sammen mit einzelnen Gonophoren. Sie entspringen stets proximal 
-_ von den Genitaltastern und der Meduse, mitten unter den Gonophoren. 
An Größe stehen sie bedeutend hinter den Tastern zurück. Ihr Bau 
gleicht dem des Medusenstieles, sie zeigen einen engen Stielkanal 
mit einschichtigem Entoderm, eine stark verbreiterte, auf dem Quer- 
schnitt unregelmäßig gefaltete gallertige Stützlamelle und ein hohes 
Eetoderm. Von ihrer Bedeutung und Funktion vermag ich mir noch 
ebensowenig ein Bild zu machen wie seiner Zeit CHun, der sie zu- 
erst beschrieb. 

Ein paar zusammenfassende Worte über die Unterschiede in 
Bau und Entwicklung der Genitalanlagen dürften hier noch am 
Platze sein. Von den drei Untergruppen der Rhizophysalien, den 
Epibuliden, Rhizophysiden und Physaliden standen mir nur die 
beiden letzteren zur Untersuchung zu Gebote. Von ihnen sind die 
Genitaltrauben der Rhizophysiden bedeutend einfacher gebaut. Sie 
besitzen stets eine stärkere eentrale Achse, um die sich die einzelnen 
Seitenzweige gruppieren. Bei der gewöhnlichen Rh. filiformis. ist 
dieser Stamm relativ kurz, die Seitenzweige sind dicht gedrängt, 
mit langen Stielen daran befestigt. Ihre Zahl beträgt bis zu 30. 

Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. 11 


162 Otto Steche, 


Bei einer andern von CHIERCHIA im Golf von Panama erbeuteten 
Form ist der Stamm lang gestreckt und nur eine geringe Zahl, etwa 
zehn weit auseinander stehender Seitenzweige vorhanden. Bei der 
schon oft angeführten Tiefenform endlich, deren einzige Genital- 
traube aus 1000 Meter heraufgeholt wurde, ist der Stamm am meisten 
gestreckt und besetzt mit über 30 kurz gestielten plumpen Seiten- 
zweigen. 

An der Spitze eines jeden einzelnen Seitenzweiges steht bei 
Rhixophysa ein Genitaltaster (Textfig. 1). Proximal von ihm folgen 
die Gonophoren, deren Anzahl wechselt. Bei Rh. fihformis sind es 


Textfig. 1. Textäig. 2. 


gewöhnlich sechs bis acht, manchmal auch neun oder zehn. Bei 
den beiden andern Formen bilden letztere Zahlen den Durchschnitt 
(Textfig. 2). An der Gestaltung der Gonophoren läßt sich schon mit 
einiger Sicherheit das Geschlecht der Kolonie erkennen. Die männ- 
lichen Gonophoren sind mehr gestreckt, oval, die weiblichen fast 
kugelig. Noch leichter muß die Unterscheidung am lebenden Tiere 
sein. Die männlichen Gonophoren sind dann, wie gewöhnlich bei 
Siphonophoren, durch die Spermamassen weiblich gefärbt, die weib- 
lichen dagegen durchsichtig. Ich verdanke diese Angaben Herrn 


Die Genitalanlagen der Rhizophysalien. 163 


Dr. Lo Bıanco in Neapel, der sich also schon aus eigner An- 
schauung von dem Geschlechtsunterschiede überzeugt hat, ohne der 
Sache weiter nachzugehen. Jedes Gonophor trägt an seiner Spitze 
einen kleinen Kranz von Nesselkapseln. Zwischen den Gonophoren 
entspringt die Meduse und zwar ziemlich am Ende des Zweiges, 
der Wurzel des Genitaltasters genähert. Doch liegen immer: noch 
ein oder zwei Gonophoren distal von ihr, sie markiert also keine 
scharfe Scheidung der ganzen Anlage. Der Stamm der Genitaltraube 
entspringt an der gemeinsamen Achse der Kolonie in der Mitte 
zwischen den zwei Freßpolypen. Unter normalen Verhältnissen sitzt 
in jedem solchen Internodium nur eine Genitaltraube, doch sollen 
auch gelegentlich Verdoppelungen vorkommen. Wie schon oben 
näher ausgeführt, nehmen die Trauben distalwärts an Größe und 
Alter regelmäßig zu. 

Dem gegenüber weist die Genitaltraube von Physalıa folgende 
Abweichungen auf. Zunächst besitzt sie keine gemeinsame centrale 
Achse, sondern der ursprünglich einfache Stamm teilt sich schon 
früh dichotom in eine ganze Anzahl von Ästen. Die letzten dieser 
diehotomen Verzweigungen entsprechen dann den Seitenzweigen 
von Rhixophysa (Textfig. 5). Sie unterscheiden sich von ihnen da- 
durch, daß sie zwei Genitaltaster besitzen. Der eine davon bildet 
die Spitze des Zweiges, der zweite entspringt unterhalb, mitten 
zwischen den Gonophoren. Die Stellung der Meduse entspricht der 
bei Rhizophysa. Sie steht dieht unterhalb des distalen Genitaltasters, 
zwischen beiden liegen aber noch ein bis zwei Gonophoren. Deren 
Zahl ist hier beträchtlich größer als bei Khixophysa. Sie läßt sich 
nieht genau angeben, da die Gonophoren auch auf den größeren 
Zweigen stehen, nur nicht auf dem obersten kurzen gemeinsamen 
Stammstück. Ihre Exumbrella trägt keine Nesselkapseln wie bei 
Rhisophysa, sonst gleichen sie sich bei beiden Formen, auch die 
Geschlechtsunterschiede sind dieselben. Als besonderes Organ besitzt 
Physalia noch die Gallertpolypoide, von denen gewöhnlich je einer 
ziemlich weit proximal zwischen den Gonophoren sitzt. Sie finden 
sich aber auch ab und an auf den größeren Ästen zerstreut. 

Die Genitaltrauben von Physalia entspringen nicht direkt aus 
dem Stamm der Kolonie, sondern je aus der Basis eines großen 
Tasters, der mit einem Freßpolypen und einem Fangfaden mit Taster 
zusammen eine Gruppe bildet. Die Reihenfolge der einzelnen Trauben 
festzustellen wird dadurch erschwert, daß nicht wie bei Khwzophysa 
die neugebildeten Anlagen in gesetzmäßiger Reihenfolge distalwärts 

Jule 


164 Otto Steche, 


auseinanderrücken. Bei Physalia hat die ganze Knospung durch- 
greifende Veränderungen erfahren, wohl im Zusammenhange damit, 
daß der ganze Stamm sehr stark verkürzt und auf die Ventralseite 
der Luftflasche zurückgezogen ist. Die ganz junge Larve zeigt 
gegenüber dem apicalen Pole der Luftflasche am Ende des kurzen 
Stammes einen primären Freßpolypen mit einem Taster. Wenn im 
Laufe der Entwicklung die Pneumatophore sich ausdehnt, aus der 
vertikalen in die hori- 

Pr N zontale Lage übergeht 

= SL und der Stamm ganz 
va auf ihre Ventralfläche 
on zu liegen kommt, so 
ne _ steht dieser Polyp an 
) ihrer einen scharfen 
N Arm Spitze gerade dem 
2 @; Ar y Luftporus gegenüber. 
\ \ " 7 x N In der Umgebung die- 
EN PR ses Polypen entsteht 
IF £ 7A \. a später noch eine ge- 
a ‘ Me. ringe Anzahl sekun- 
I | därer Polypen, diese 
wa ganze Partie bleibt aber 
I‘ | steril nnd bildet eine 
s Ä gesonderte Gruppe. 
Ä | Die Hauptentwicklung 
; . \ |) gebt aus etwa von: der 
] r ER \ Mitte der Ventralseite 
iy N " \ der Luftflasche. Dort 
dy \ 7 bildet sich schon früh 
\ x | / ein sehr großer Fang- 
& ana faden mit einem basa- 

Textfig. 3. len Taster aus. Nach 

beiden Seiten von ihm 

entstehen nun Gruppen von Anhängen, zusammengesetzt aus Freß- 
polyp, Fangfaden mit Taster und Genitaltraube. Es bilden sich 
immer nur eine geringe Zahl von Genitalanlagen, höchstens zehn 
bis zwölf an meinen Exemplaren, die dafür durch fortgesetzte Ver- 
zweigung einen sehr bedeutenden Umfang erreichen. Nach welchen 
Gesetzen die Anlage dieser Traube erfolgt, habe ich nicht feststellen 
können; sie stehen anscheinend regellos durcheinander, kleinere 


Die Genitalanlagen der Rhizophysalien. 165 


mit weiter entwickelten wechselnd. Bald verliert man die Übersicht 
vollkommen, denn schon frühzeitig wird es durch die Bildung einer 
Unzahl tertiärer Polypen und Fangfaden unmöglich gemacht noch 
eine Gesetzmäßigkeit zu erkennen. Konstant ist nur, was auch 
HAECKEL als systematisches Merkmal verwertet hat, daß die Geni- 
taltrauben bei Physalia nicht isoliert am Stamme entspringen, sondern 
mit den andern Anhängen zu Gruppen vereinigt sind. 

Versuchen wir die Frage nach dem morphologischen Werte der 
Genitaltraube im Verbande des Organismus einer Rhrizophysalia zu 
beantworten, so bringt uns das einigermaßen in Verlegenheit, wie 
mir scheint. Bei den übrigen Siphonophorengruppen läßt sich die 
Ausbildung der Geschlechtsanlagen in eine gewisse Reihe einordnen. 
Im einfachsten Falle finden wir die Bildung der Geschlechtsanlagen 
besonderen Blastostylen zugewiesen. Sie stellen reduzierte Polypen 
dar, die nur selten noch eine Mundöffnung besitzen (Velella), meist 
blind geschlossen sind. Von solchen Formen, bei denen einfach aus 
der Wand des proximalen Abschnitts dieses Blastostyls die Geschlechts- 
knospen ihren Ursprung nehmen, schreiten wir fort zu komplizierteren 
Bildungen, bei denen aus dem Stielabschnitt des zum Genitaltaster 
reduzierten Polypen eine ganze Traube von Geschlechtsmedusoiden 
hervorsproßt. Diese ganze Anlage würde dann homolog sein einer 
erweiterten und verzweigten Proliferationszone des Blastostyls. Bei 
vielen Physophoriden geht die Rückbildung noch weiter. Das ganze 
Blastostyl wird reduziert zu einer »Urknospe«, von der sich die 
einzelnen Gonophoren abschnüren. Es treten dabei häufig auch ver- 
ästelte traubenartige Bildungen auf, deren einzelnen Zweigen die 
Gonophoren ansitzen. Vielfach ist die Anlage von vornherein in 
eine männliche und weibliche Hälfte gesondert. Bei Beginn der 
Entwicklung teilt sich dann die halbkugelige Knospe in zwei Lappen, 
so daß man auf den Gedanken kommen könnte, zwei an der Basis 
verschmolzene Blastostyle vor sich zu haben, ähnlich wie ja auch 
häufig Taster und Tentakel oder Polyp und Fangfaden sich erst 
sekundär aus einer gemeinsamen Knospenanlage differenzieren. 

Noch weit verwickelter werden die Verhältnisse nun aber in 
unserm Falle. Wir haben wieder eine gemeinsame Knospenanlage 
(den Ausdruck »Urknospe« vermeide ich, da er von Caun im andern 
Sinne festgelegt ist. Aus ihr geht ein traubenförmiges mehr oder 
weniger verzweigtes Gebilde hervor, das man zunächst den Blasto- 
stylverzweigungen bei Physophora beispielsweise homolog setzen 
könnte. Bei den andern Formen dokumentiert sich diese Anlage 


166 ER Otto Steche, 


aber immerhin als erweitertes Blastostyl dadurch, daß sie nur 
Gonophoren und am Ende einen einzigen Genitaltaster, den Rest 
des polypoiden Individuums trägt. Hier dagegen stellen die End- 
zweige dieses Gebildes selbst wieder vollkommene Blastostyle dar. 
Wir haben einen mundlosen Polypen, der bei Physalia sogar noch 
die charakteristischen Entodermzotten erkennen läßt und in einzelne 
Abschnitte gegliedert ist, die mit denen der Freßpolypen überein- 
stimmen. Aus seiner Wand sprossen zahlreiche Gonophoren ganz in 
der üblichen Weise. Ich möchte die alte Frage nach der Ableitung 
des Siphonophorenorganismus hier nicht wieder aufrollen, nur darauf 
hinweisen, daß wohl kaum an einer andern Stelle die Grenze 
zwischen Individuum und Organ so völlig verwischt ist, als hier. 
Die ganze Traube läßt sich nicht als eine Summe von Einzelblasto- 
stylen auffassen, denn bei Physalia sitzen Gonophoren auch an den 
orößeren Ästen, was auf eine einheitliche Entstehung hinweist. Wir 
hätten dann also eine vielfache Wiederholung des sonst einfachen 
Genitaltasters. Außerdem hat Ahizophysa einen, Physala zwei 
Taster, die man doch wohi als gleichwertig ansehen muß, also 
wieder eine Verdoppelung. Dazu kommen noch die Gallertpolypoide 
und die rätselhafte Meduse, Bildungen, wie wir sie sonst an keinem 
Blastostyl zu finden gewohnt sind. Die Genitaltrauben der Rhizo- 
physalien stellen, glaube ich, das Höchste an Komplikation dar, was 
der so polymorphe Organismus einer Siphonophorenkolonie hervor- 
gebracht hat. Er beweist besser als alle andern Gründe die ab- 
weichende Stellung, welche diese hoch entwickelte Gruppe in der 
Physophorenreihe einnimmt. 

Damit wäre ich am Schlusse meiner Ausführungen angelangt. 
Es ist mir gelungen, die Keimzellen der Rhizophysalien von ihrem 
ersten Auftreten an zu verfolgen und dadurch vor allem die Frage 
nach der Entstehung der weiblichen Anlagen befriedigend zu beant- 
worten. Beiläufig bemerkt stimmt das Verhalten der Keimzellen auch 
in diesem Falle mit der WeEısmannschen Theorie der Keimstätten- 
verschiebung gut überein. Die Gonophoren sind zu sessilen Gemmen 
reduziert, dementsprechend ist die Differenziernng der Keimzellen 
weit zurückverlegt in das Entoderm des Blastostyls. 

Leider ist es mir nur zum Teil geglückt die Aufgabe zu lösen, 
die ich mir gestellt und an Stelle des alten Problems sind nur eine 
Reihe von neuen Fragen getreten, auf die ich keine Antwort zu 
geben vermag. Doch hoffe ich wenigstens einen Schritt weiter 
getan zu haben auf dem Wege, der uns endlich auch zum vollen 


Die Genitalanlagen der Rhizophysalien. 167 


Verständnis des Aufbaues dieser hochstehenden und eigenartigen 
Siphonophorengruppe führen muß. Es bleibt mir nur noch übrig, 
denjenigen meinen Dank auszusprechen, die mich im Verlaufe dieser 
Untersuchung mit Rat und Tat unterstützt haben, in erster Linie 
. Herrn Geheimrat Cnux, der mir sein reiches Material freundlichst 
zur Verfügung stellte, außerdem aber auch den Herren Professoren 
ZUR STRASSEN und WOLTERECK, denen ich vielfache Hilfe und An- 
regung verdanke. 


Zusammenfassung. 


Die Genitalanlagen der Rhizophysalien sind eines der wichtigsten 
Merkmale dieser Gruppe, da sie unter sich im Prinzip gleichartig 
sebaut sind und von den Geschlechtsanlagen der übrigen Siphono- 
phoren typisch abweichen. Im. ausgebildeten Zustand stellen sie 
sroße traubenförmige Gebilde dar, bestehend aus Stamm und Seiten- 
zweigen. Diese letzteren setzen sich zusammen aus Genitaltaster, 
Meduse und Gonophoren, eventuell noch Gallertpolypoid. Bei 
Rhizophysa folgen die einzelnen Trauben in regelmäßigen Abständen 
am Stamme aufeinander, distal an Größe zunehmend, weil hervor- 
gegangen aus einer an der Ventralseite der Pneumatophore gelegenen 
Knospungszone. 

Die histologische Untersuchung zeigt bei Khixophysa die Keim- 
zellen schon im frühesten Stadium als interstitielle Zellen des Ento- 
derms differenziert. Sie lassen sich verfolgen bis zum Einrücken in 
die Gonophoren, der Genitaltaster und die Meduse bleiben frei davon. 
Durch Abspaltung in toto vom Entoderm rücken sie in den ectoder- 
malen Überzug des Manubriums ein. Bei Physalia verläuft der 
Prozeß im Prinzip gleich, die Keimzellen wandern aber hier aktiv 
in die Tiefe des Entoderms und von da in den Glockenkern ein. 

Später differenzieren sich die beiden Geschlechter. Beim Weibehen 
entsteht eine einfache Lage von Ureizellen, beim Männchen eine 
dicke Hodenanlage. Deren Zellen werden durch einen Einschmelzungs- 
prozeß in der Reifung zurückgehalten. Die Keimzellen beider Ge- 
schlechter sind auch auf dem ältesten Stadium noch weit von der 
Reife entfernt. | 

Die medusoiden Schichten der Gonophoren sind bei Physalia 
besser ausgebildet als bei Rhrzophysa. In beiden Fällen entstehen 
nur zwei Radiärkanäle. Das Entoderm des Manubriums bildet, 
vielleicht durch Verschmelzung, vielkernige Riesenzellen. 

Zur Erklärung der weiteren Entwicklung hat die Annahme am 


168 Eu Otto Steche, 


meisten für sich, daß die einzelnen Seitenzweige isoliert in die Tief- 
see sinken und dort die Geschlechtsanlagen zur Reife bringen. 

Die Meduse stellt ein hoch differenziertes Gebilde dar, mit einem 
Muskelstiel (bei Physalia und der Tiefsee-Rhrzophysa), kompliziert ge- 
bautem Entoderm des Stielkanals, Klappenvorriehtungen und Körner- 
anhäufungen im subumbrellaren Ectoderm. Ihre Funktion ist un- 
bekannt. 

Ichixophysa und Physalia unterscheiden sich wesentlich dadurch, 
daß Rhixophysa einen unverästelten Stamm der Genitaltraube, 
weniger Gonophoren und nur einen Genitaltaster hat, Physaha da- 
gegen einen dichotom gegabelten Stamm, Gonophoren auch an den 
größeren Ästen, zwei Genitaltaster und ein Gallertpolypoid. 

Die Genitaltrauben von Rhxxophysa entspringen direkt aus dem 
Stamm in den Internodien, distal regelmäßig an Größe und Alter 
zunehmend, bei Physalıa zusammen mit Freßpolyp und Fangfaden 
ohne nachweisbare Gesetzmäßigkeit. 

Eine Rückführung der Genitalanlagen der Rhizophysalien auf 
die andrer Siphonophoren ist einstweilen nicht möglich. 


Leipzig, im August 1906. 


Literaturverzeichnis, 


CHuN, Über die postembryonale Entwicklung von Physalia. Zool. Anz. X. 
1887. S. 857. 

—— Über den Bau und die morphologische Auffassung der Siphonophoren. 
Leipzig 1897. 

LEUCKART, Über den Bau der Physalien und der Röhrenquallen im allgemeinen. 
Diese Zeitschr. III. 1851. 

HAECcKEL, Challenger reports. Siphonophorae. (S. dort auch die ältere Literatur 
über Physalia.) 

Huxrey, The oceanie Hydrozoa. 1859. 

—— On the anatomy of Physalia. Proc. Linn. Soc. Lond. II. 1855. p. 3—3. 

—— Über die Sexualorgane der Diphyiden und Physophoriden. MÜLLERS Arch. 
1. Anat. Phys. 1851. 8. 380. 

SEITARO GOTO, Entwicklung der Gonophoren von Physalia maxima. Journ. of 
Coll. of Science. Imp. Univ. Japan. X. 2. 1897. 

STUDER, Über Siphonophoren des tiefen Wassers. Diese Zeitschr. XXXI. 1. 

THALLWITZ, Entwicklung der männlichen Keimzellen bei den Hydroiden. Inaug.- 
Diss. Freiburg i. B. 1885. 


Die Genitalanlagen der Rhizophysalien. 169 


Erklärung der Abbildungen. 


Tafel IX—XI. 


Alle Figuren sind mit dem Aggeschen Zeichenapparat entworfen nach mit 
HEIDENHAIN gefärbten Schnitten. Durchgängig gelten die Bezeichnungen: ekt, 
Eetoderm; ent, Entoderm; st, Stützlamelle. 

. Fig. 1—9. KRhizophysa. 

Fig. 1. Schnitt durch den Bereich der Knospungszone, in dem die ersten 
Anlagen der Genitaltraube auftreten. Das Bild zeigt einen Längsschnitt durch 
einen jungen Freßpolypen mit Knospe des Fangfadens und daneben die Knospe 
der Genitaltraube. In der letzteren sieht man die interstitiellen Zellen, die in 
der gleichalten Fangfadenknospe fehlen. Leitz II, 3. P, Freßpolyp; 7, Fang- 
faden; G@, Genitalknospe; %, interstitielle Zellen. 

Fig. 2. Ein Teil der Genitalknospe von Fig. 1 stärker vergrößert. Zeigt 
die nesterförmige Anordnung der interstitiellen Zellen und die histologischen 
Unterschiede im Verhalten der Kerne des Eeto- und Entoderms. Leiız Il, 
1/12 Imm. %, interstitielle Zellen. 

Fig. 3. Längsschnitt durch die Anlage eines Seitenzweiges der Genital- 
traube. Ectoderm mit zahlreichen Drüsenzellen (d). Die interstitiellen Zellen 
überall unter der Stützlamelle, nur an der Spitze fehlend. Aus dieser Stelle 
sehen später Genitaltaster und Meduse hervor. Leitz III, 6. 

Fig. 4.. Längsschnitt durch die Anlage der Meduse und eines Gonophors. 
Meduse mit wohl ausgebildeter Glockenhöhle und medusoiden Schichten (nicht 
genau in der Medianebene getroffen). Das Entoderm überall einschichtig. Gono- 
phor im Beginn der Glockenkernbildung. Glockenkern mit schmaler spaltför- 
miger Höhle, scharf vom Eetoderm abgesetzt, dagegen unscharf gegen die inter- 
stitiellen Zellen. Leitz III, 3><2. Med, Meduse; Gon, Gonophor. 

Fig. 5. Längsschnitt durch die Anlage des Genitaltasters und ein Gonophor. 
Die interstitiellen Zellen hören an der Basis des Tasters scharf abgeschnitten 
auf, im Taster nur einschichtiges typisches Entoderm. Das Gonophor dagegen 
prall von interstitiellen Zellen erfüllt. Im Eetoderm des Tasters große Nessel- 
kanseln und Drüsenzellen. Leitz II, 3><2. T, Genitaltaster; Gon, Gonophor; 
d, Drüsenzellen; %, interstitielle Zellen; nz, Nesselkapseln. 

Fig. 6. Längsschnitt durch ein Gonophor nach Einwanderung der Keim- 
zellen in den Glockenkern. Leitz III, 6. ent.lam, Entodermlamelle; ep, epithe- 
liale Zellen des Glockenkerns; %k, Keimzellen; nx, Nesselkapsel; d, Drüsenzellen 
des Ectoderms; Rk, Radiärkanal. 

Fig. 7. Querschnitt durch ein männliches Gonophor mittleren Stadiums. 
Zeigt die zwei Radiärkanäle mit umgebenden Teilen der Entodermlamelle. 
Leitz III, 3><2. ent.lam, Entodermlamelle; R%, Radiärkanal. 

Fig. 8. Längsschnitt durch ein etwas älteres Stadium. Die medusoiden 
Schichten sind gänzlich verwischt. Leitz Ill, 3><2. 

Fig. 9.-. Längsschnitt durch ein weibliches Gonophor des ältesten bei 
Ichizophysa gefundenen Stadiums (das Präparat war mangelhaft erhalten). Sehr 
sroße Entodermzellen. Hohes Ectoderm an der Spitze der Knospe. Leırz III, 3. 
k, einschichtige Lage von Keimzellen. 


170 Otto Steche, 


. Fig. 10—29. Physalia. 

Fig. 10. Längsschnitt durch ein junges Gonophor nach eben vollendeter 
Glockenkerneinstülpung. Zeigt die Keimzellen bei der Einwanderung in das 
Ectoderm des Glockenkerns. Das äußere Ectoderm ist teilweise zerstört. LEITZ 
111, 6. %, Keimzellen; %’, in den Glockenkern eingedrungene Keimzellen. _ 

Fig. 11. Längsschnitt durch ein etwas älteres Stadium. Der Glockenkern 
hat sich weiter differenziert. Im Ectoderm des Manubriums, das eben in der 
Herausbildung begriffen ist, die Keimzellen, zwischen ihnen kleinere Glocken- 
kernzellen. Im Entoderm des Manubriums Hohlräume, herrührend von der Aus- 
wanderung der Keimzellen. Leitz II, 6. ek’, subumbrellares Ectoderm; ep, 
epitheliale Zellen im Ectodermüberzug des Manubriums; eni.lam, Entodermlamelle; 
FA, Hohlräume im Entoderm des Manubriums. 

Fig. 12. Eine Partie des Glockenkerns von Fig. 11 stärker vergrößert. 
Zeigt das Gerüstwerk der epithelialen Zellen des Glockenkerns mit den darin 
eingelagerten Keimzellen. Leitz III, 1/12. Imm. 

Fig. 13. Junges weibliches Gonophor im Längsschnitt. Zeigt alle medu- 
soiden Schichten, einschichtiges Keimzellenlager im Eetoderm des Manubriums 
und mehrschichtiges Entoderm des Manubriums. Leitz UI, 6. 

Fig. 14. Längsschnitt und 

Fig. 15. Querschnitt durch ein junges männliches Gonophor. Kappen- 
förmiger Glockenkern mit mehrschichtigem Keimepithel. Reduzierte medusoide 
Schichten mit zwei Radiärkanälen. Leitz II, 3. Man, Manubrium; R%, Radiär- 
kanal. 

Fig. 16. Älteres männliches Gonophor. Entoderm mit ‚Riesenzellenbildung. 
Leitz III, 3. rz, Riesenzellen des Entoderms. 

Fig. 17. Ein Stück aus dem ältesten Stadium der männlichen Gonophoren. 
Die Keimzellen sind ziemlich verkleinert, sehr zahlreich. Das Entoderm zeigt 
reduzierte im Untergang begriffene Kerne der Riesenzellen. Leitz II, 3. 

Fig. 18—24 Keimzellenkerne in verschiedenen Stadien. LEırz IH, 1/12. Imm. 

Fig. 13. Aus dem Glockenkern, kurz nach der Einwanderung. Feines 
Chromatinnetz, runde Nucleolen. 

Fig. 19. Das Kerngerüst deutlicher, die Nucleolen in Fortsätze ausgezogen. 

Fig. 20. Dichterwerden des Chromatinnetzes, Zerfall der Nucleolen. Sta- 
dium der Fig. 16. a, Kerne aus der Randpartie; 5, aus der innersten Schicht, 
kleiner, mit dichterem Chromatin. 

Fig. 21. Stadium der Fig. 17. Scheinbares Srnapalsal ua aus der inner- 
sten Schicht des Gonophors. 

Fig. 22. Kerne aus den äußeren Lagen von Fig. 17. Noch relativ feines 
Chromatinnetz, trotzdem schon halbmondförmige Anlagerung intensiv gefärbter 
Körnermassen an die Kernmembran. 

Fig. 23. Degenerierende, als Nährzellen oeeinahis Keimzellen aus den 
mittleren Stadien der Entwicklung eines männlichen Gonophors. 

Fig. 24. Verschiedene Stadien der Caryokinese: 7, ruhender Kern. 2, Fäden- 
bildung. 3, Zerschnürung der Fäden, deutlichere Körnung. 4, Verdoppelung der 
Körnerreihen, Verkürzung der Chromosomen. 5, Chromosome in der Spindel, 
zu kurzen Stäbehen zusammengezogen. 

Fig. 25. Eizellen aus dem ältesten weiblichen Gonophor. Schleifenförmiges 
Kerngerüst, deutliche runde Nueleoh. 

Fig. 26. Ältestes weibliches Gonophor von Physalia. Keimzellen zu ein- 


Die Genitalanlagen der Rhizophysalien. 7 


zelnen Haufen auseinander gezogen. Riesenzellen des Entoderms. An der Spitze 
des Eetoderms eine Kappe von plasmareicheren Zellen. LEıTz III, 3. 

Fig. 27. Ein Teil von Fig. 26 stärker vergrößert, um besonders die mehr- 
kernigsen Riesenzellen des Entoderms, sowie die verschiedenen medusoiden 
Schichten zu zeigen. LEITZ Ill, 6. ek’, subumbrellares Ectoderm; ent.lam, 
Entodermlamelle; %, Keimzellen; Rx, Riesenzellen des Entoderms; r%, Kerne der 
Riesenzellen; vo, Vacuolen. 

Fig. 28. Querschnitt durch den Muskelstiel der Meduse von Physalia im 
ausgestreckten Zustande. Leitz II, 3. 

Fig. 29. Querschnitt durch denselben während der Contraction. LEITZ 
IIL, 3. M, Muskelstiel; »2, Muskellamelle; /, eetodermale Längsmuskeln im übri- 
gen Teile des Stieles; s?’, Stützlamelle des Muskelstiels. 

Fig. 30 u. 31. Querschnitte durch den Muskelstiel der Meduse bei der 
Tiefenform von Rhrxzophysa. Leitz Il, 3. d, Drüsenzellen des Entoderms. 

Fig. 32. Teil eines Längsschnittes durch das subumbrellare Eetoderm der 
Meduse der Tiefsee-Rhrxophysa. Leitz III, 1/12. Imm. D, Drüsenzellen, bei « 
am Secret festgeklebte Detrituskörnchen; x, eckige Granulationen an der Basis 
der Ectodermzellen. 

Fig. 33. Drüsenzotte aus dem Entoderm an der Basis des Genitaltasters 
der Tiefsee-Rhrxophysa. Leitz I, 3 x 2. d, Drüsenzellen; ak, Kerne der 
Drüsenzellen, die amitotische Zerschnürung zeigen. 

Fig. 34. Drüsenzelle aus dem Ectoderm des Genitaltasters von Rhixophysa. 
Leitz III, 1/12. Imm. 

Fig. 35. Längsschnitt durch Genitaltaster und Meduse der Tiefenform von 
Ichizophysa. Leitz III, 3. 7, Genitaltaster; Med, Meduse; M, Muskelstiel; m, 
Muskeln längs getroffen; s?’, verbreiterte Stützlamelle des Muskelstiels; kl, Klappe 
am Übergang in den Stamm; ent’, hohes Entoderm des Stielkanals; d, Drüsen- 
zellen darin; en?”, flaches Entoderm des Muskelstiels; Ak, Ringkanal; nx, Nessel- 
zellen im Ectoderm des Tasters; Z, drüsige Zotte im basalen Entoderm des 
Tasters. 

Fig. 36. Meduse von Physalia im Längsschnitt, mittleres Entwicklungs- 
stadium. Leitz III, 3. 4”, Klappenvorrichtung zwischen Stiel und Schirmteil. 
Andre Bezeichnungen wie Fig. 35. 


ji 


+ 


eıtsehrift 


für 


| 
WISSENSCHAFTLICHE ZOOLOGIE 


begründet 


Carl Theodor v. Siebold und Albert v. Kölliker 


herausgegeben von 


Ernst Ehlers 


Professor a. d. Universität zu Göttingen 


Dechsundachtzigster Band 


Zweites Heft 


Mit 7 Tafeln und 19 Figuren im Text 


LEIPZIG 


‘ Verlag von Wilhelm Engelmann 
1907 


Ausgegeben den 22. März 1907 


Inhalt 


Seite 
Wm. 8. Marshall, Contributions towards the Embryology and Anatomy 


of Polistes pallipes. Il. The Early History of the Cellular Elements 
of. the Ovary. (With Plate XH—XIV. Er Se 173 
Wm. 8. Marshall, The early History of the cellular elements of the Ovary 
of a Phryganid, Platyphylax designatus Walk. (With Plate XV 
and XVL) . u. „neu. ee 214 
Theodor Saling, Zur Kenntnis der Entwicklung der Keimdrüsen von 
Tenebrio molitor L. (Mit Taf. XVII—XVII u. 14 Fig. im Text) . 238 
Adolf Zwack, Das Ephippium von Sömocephalus vetulus Schoedler. (Mit 
5 Fig. im Text). 1.2... 2 20% 2.20 Se we De 304 


Mitteilung. 


Beiträge für die Zeitschrift bitten wir an Herrn Prof. Ehlers 
in Göttingen einzusenden. Im Interesse einer raschen und sicheren 
Veröffentlichung liegt es, daß die Manuskripte völlig druckfertig 
eingeliefert werden, da mit nachträglichen Einschiebungen und aus- 
gedehnten Abänderungen während der Korrektur Zeitverlust und 
sonstige Unzuträglichkeiten verbunden sind. Bei der Disponierung der 
Zeichnungen ist darauf zu achten, daß der Raum des in der Zeitschrift 
üblichen Tafelformates nicht überschritten wird. Für Textfiguren 
bestimmte Zeichnungen sind auf besonderen Blättern beizulegen. 


‚Die Verlagsbuchhandlung Der Herausgeber 
Wilhelm Engelmann. Ernst Ehlers. 


Die Herren Mitarbeiter der »Zeitschrift für wissenschaftliche 
Zoologie« erhalten von ihren Abhandlungen und Aufsätzen 40 Sonder- 
abdrucke unberechnet. Weitere Exemplare werden auf Wunsch 
gegen Erstattung der Herstellungskosten geliefert unter der Voraus- 
setzung, daß sie nicht für den Handel bestimmt sind. 


Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig 


Soeben ist erschienen: 


Kugenio Rignano 


Über die Vererbung erworbener Eigenschaften 


Hypothese einer Zentroepigenese 
Teilweise Neubearbeitung und Erweiterung der französischen Ausgabe 
Mit 2 Figuren im Text 


IV u. 399 Seiten gr. 8. Geheftet 4 5.— 


Contributions towards the Embryology and Anatomy of 
Polistes pallipes. 


II. The Early History of the Cellular Elements of the Ovary. 
N 
Wm. 8. Marshall 


(Madison, Wisc. U.S.A.). 


(From the Zoologieal Laboratory, University of Berlin.) 


With Plate XII—XIV. 


Thematerial for the following paper was obtained in the vieinity 
of Madison, Wisconsin, U. S. A. The work was done in the Zoological 
Laboratory of the University of Berlin whose director, Professor 
F. E. ScHuLze, I desire to thank for extending to me the courtesies 
of the laboratory. 

In. gathering the material, the embryos, larvae and pupae were 
removed from the cells of the nest after returning to the laboratory; 
but the mature wasps were caught in its vieinity after it was first 
disturbed. The ovaries of all but the embryos and youngest larvae 
were generally dissected out in the preserving fluid which was to be 
used. A larva, for instance, would be pinned down in a small dish 
containing weak FLEMMING’s Solution; it was then cut open and the 
ovaries, being cut out, would be at once placed in the solution in 
the dish. From this they were quickly removed to a dish of FLEMMING 
of the strength used in preserving them. The same was done with 
most of the other solutions. With GıLson’s or Tower’s it was found 
much easier to see and remove the ovaries of larvae which were first 
injeeted, (by means of a small hypodermie syringe), with the solution 
used. They were then thrown into a dissecting-dish filled with the 
same fluid, allowed to remain here five or ten minutes, and then 
opened; the ovaries were removed and placed in another dish of 
fresh preserving fluid. 

The different preserving fluids used were FLEMMINg’s, weak and 

Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI, Bd. ER: 12 


Jura! Wim. S. Marshall. 


strong, HERMANN’S, ToweEr’s, GILsoN’s and hot water followed by 
corrosive sublimate. The stains I made use of were FLEMMING'S 
triple stain, EurtichH’s, HEIDENHAIN’s iron-haematoxylin, MAYER’s 
haemalum, borax-carmine, alum-carmine, acid-fuchsin, and safranin 
alone. Of these, the two found most satisfactory were the iron- 
haematoxylin and the safranin. In the very youngest stages I found 
MAYERs haemalum and haematoxylin to give the best results. 


Historical. 


The origin of the three kinds of cells within the inseet ovary 
has already been worked out for the Hymenoptera and my work 
does not in this respect differ from what was already known. What 
Korschetr (18) found for Bombus differs but slightly from what is 
here given for Polistes. He says, »Die &leichartigen Elemente des 
Endfadens gehen direkt in die der Endkammer über. In deren 
oberen Abschnitt differenzieren sich aus ihnen die Keimzellen, die 
am Grunde der Endkammer in die Eizellen übergehen und nur allein 
diese liefern. Die Kerne der Nährzellen entstehen an der Basis der 
Endkammer aus den kleinen Kernen, welche weitaus die größte 
Masse von deren Inhalt bilden. Die in großer Anzahl übrig bleiben- 
den kleinen Kerne werden zu den Kernen des Follikelepithels. Alle 
drei Zellenarten entstammen demnach den gleichartigen Elementen, 
wie sie sich noch jetzt im obersten Abschnitt der Endkammer finden. « 

PauLcke’s (25) results are also the same as mine; both he and 
KoRscHELT (18) failed to study the young stages and he was unable 
to ascertain that the two kinds of cells he starts with had come 
from similar cells. He says: »Zu Beginn der formalen Differenzierung 
haben wir also zweierlei Elemente; erstens undifferenziert bleibende 
Kerne, welche später dem Follikelepithel den Ursprung geben, und 
zweitens als Keimkerne oder Ureikerne zu bezeichnende Elemente, 
welche sich weiterhin, wie wir sehen werden, nach Bildung eines 
Zellleibes, zu Eizellen und Nährzellen differenzieren. « 

In many of the papers on the anatomy of insect övaries there 
is given an historical account of the subject; in most of these are 
found the different views which have arisen in regard to the origin 
of the three cellular elements; oöcyte, nurse-and epithelial cell, of 
the ovarian tubule. To give here such an historical account and 
trace, step by step, what has been done, would be only to repeat 
what can all or in part be found in a number of papers, Lupwic (23), 
Branpr (5), KorRscHeEur (18), Gross (10), ete., or in Hennesuy’s (14) 


Contr. towards the Embryology and Anatomy of Polistes pallipes. 175 


text-book. In most of the papers dealing with this subject one finds 
that several insects have been the subject of the work and it is only 
in recent papers PAULCKE (25), GIARDINA (8), that one finds the work 
restrieted to a single species. As the present paper treats only of 
a single inseet, it is thought best to omit a more general historical 
account and review the principal papers dealing, especially histo- 
logically, with the ovaries of Hymenoptera. Lately more atteution 
has been given to eytological detail and we have the papers of 
GRÜNBERG (12), WIELOWIEJSKI (32) and Gross (11) but especially those 
by GIARDINA (8 and 9). 

Several of the older papers treat of the ovary of the Hymenoptera, 
but in them there is very little or nothing bearing on the present 
work. Leyvıc (20), working with Osmia bicornis, mentions that the 
terminal filament is filled with clear cells which have large round 
nuclei. In the following part of the tubule, he found cells whose 
nuclei contained nucleoli, distinguishing between these, and those with 
a stmgle nucleolus; these latter developed into the egg. Lupwiıc (23), 
observed that in Megachrle fusca the egg sent a process up between 
the nurse cells; also that tbe epithelial cells did not entirely divide 
the egg and nurse chambers into two separate parts but that an 
opening was left between them. 

In 1866 two important papers appeared; one by BLOCHMANN (9) 
and the other by STtuHLmann (27). BLOCHMANN (3) worked with 
three Hymenoptera; Camponotus ligniperde, Formica fusca and 
Vespa vulgarıs. He found that the three showed but slight variations 
and his account is almost entirely restrieted to the first species. His 
account begins after the oöcytes are arranged, one behind the other, 
in the middle of the tubule and were easily recognized by the greater 
size of their nueleus and their darker staining cytoplasm. He found 
the oöcyte nucleus large, without a nucleolus and with but little 
chromatin; it eontained a central mass from which strands passed to 
the nuclear membrane. Oöcytes, when a little older, begin to bud 
and this process results in the formation of many small nuclei 
»Nebenkerne«; these first appear as small vacuoles lying near the 
nuclens. A little later small staining granules appear in them, they 
srow and acquire a distinet membrane. The contained matter increases 
and finally forms small nucleoli and fine threads. The »Nebenkerne« 
increase in number and proportionately the regular nucleus decreases. 
In the regular nucleus almost the entire contents stain; but in the 
»Nebenkerne«, only the nucleolus and the strands. Some of these 

1 


176 Re Wm. S. Marshall, 


nucleoli he saw connected by a thin thread as if they were dividing. 
The nurse-cell nuclei he figures with a very thick membrane; each 
contains many nucleoli and a thick network. Between the nurse- 
cells and at the margin of their chamber he noticed a number of small 
cells which he concluded corresponded to the follicle cells around the 
oöcyte. The process the oöcyte sends up between the nurse cells 
was seen. He describes the nucleus of the oöcyte as wandering to 
its distal margin and with this, begins the formation of the deuto- 
 plasm. Division was observed in the folliele cells during the growth 
of the oöcyte. 

No one has worked with so many different Hymenoptera as 
STUHLMANN (27); in his paper he describes, often very brietly, Vespa 
germanica and Vespa media, Bombus terrestris, Trogus lutorvus, 
Branchus fulvipes, Pimpla sp. (?), Anomalon circumfleeum, Lampo- 
nota sp. (?), Ophion ventricosum and Ophion luteum, Ephialtes hituratus 
and Zphialtes sp. (?). Of none of these does he give a very full account 
and there is a great deal of similarity in what he says of’the 
different ones. He describes, for all of them in the early stages of 
the oöcyte, the formation of the small nuclear-like bodies. In all, 
the nucleus of the oöcyte goes to the periphery at the anterior end. 
there around it the small bodies are formed, but not for all at the 
same age. He says: »Bei den untersuchten Hymenopteren kann 
also der Austritt der „Ballen” zu sehr verschiedenen Zeiten statt- 
finden, entweder bei ganz jungen Eiern oder bei ziemlich viel 
älteren.< These »Ballen« may fuse to form a large »Dotterkern« 
which lies at the lower pole ofthe egg; or, as »diffuse Dotterkerne« 
they may remain separate and generally later become lost or dissolved 
in the egg. 

What he found, for the first two species of Vespa, was so 
similar that he gives a single description for both. In the youngest 
oöcyte he studied, the nearly central nucleus had a nucleolus; the 
small bodies near it contained something, but he was doubtful whether 
or not it was chromatin. He opposes BLOCHMAnN’s view as to these 
being »Nebenkerne« saying: »Ich wiederhole noch einmal, daß ich 
diese Kerne nur für „Dotterconcretionen” halte« He agrees with 
BLOCHMANN (9) that deutoplasm is first formed at the periphery and 
the lower pole of the oöcyte, »am oberen Pol noch eine Plasma- 
masse bleibt«. At later stages the oöcyte nucleus stains darker than 
at earlier ones; it remains at the upper pole until its function here, 
»die Ausstoßung der Ballen« is ended and then moves towards 


Contr. towards the Embryology and Anatomy of Polistes pallipes. 177 


the center. In the older oöcytes he could not find any trace of 
the nucleus. 

In Bombus, STUHLMANN found that some of the »Dotterkerne« 
appeared very similar to the regular nucleus; others do not. The 
opening between egg- and nurse chamber was observed and once 
he saw three of the »Ballen« in this passageway »welche einen Über- 
gang zwischen den Kernen des Follikelepithels zu den Dotterkernen 
zu bilden scheinen«. He suggested the possibility of these being 
cells which had passed from the outside into the egg but did not 
tbink it at all probable. The »Ballen« at the upper pole of the 
oöcyte remain but those at the lower pole are dissolved, the latter 
being the older, disappear first. 

KorscHELT (18) found nuclei with nucleoli in the terminal 
filament but was unable to distinguish cell boundaries. Proximal to 
this the nuclei became larger and in the terminal chamber he found 
that some grew more rapidly than others; in this region he found 
cell boundaries. At this place »zwischen den Kernen der Keimzellen 
und den der jüngsten Eianlagen ist kein Unterschied zu bemerken«. 
Later he could distinguish the oöcytes by their lighter appearance 
and larger size. In the oöcyte nucleus the chromatin forms in large 
masses. Distally in the end chamber the nuclei have the same 
structure as those in the terminal filament but they were larger. 
The large nuclei become those of the oöcyte, the smaller ones 
surrounding these form the nurse-cells. By Dytiscus and Musca 
he found these »Keimzellen«, differentiating into oöcytes and nurse- 
cells but in Bombus to oöcytes only. The nurse-cells group them- 
selves first at the side and then distal to the oöcyte; they increase 
in number and their nuclei are larger than those of the oöcytes. 

PAULCKE (25) found in the bee no external or internal boundary 
between the terminal filament and the end chamber. In the upper 
part of the former are many elongated nuclei lying across the tubule 
(Leyvıe [20]), which are embedded in a mass of protoplasm. At 
the place where these small nuclei become larger there is a marked 
transverse striation in the tubule; in this region cell boundaries 
appear and nucleoli in the nuclei. These are now either oogonia or 
they remain unchanged and become the epithelial cells. In the former 
the chromatin in the nucleus becomes thicker, at first it forms a 
mass with two nucleoli which later disappear. He describes both 
a synapsis zone and a zone of differentiation. Proximal to the former 
zone small cells (nurse-cells) very much like the undifferentiated 


178 Wm. 8. Marshall, 


nuclei appear and little further down larger cells (oöcytes) in whose 
nuclei the chromatin is massed in an excentric ball. He believes 
that synapsis has something to do with division but found no dividing 
cells. Other cells at this region have the chromatin separated into 
two parts. The oöcytes grow; at first lying two or three together, 
they later, separate. They now lie in the median part of the tubule 
with their long axis across it. Cell boundaries which have disappe- 
ared now appear again. The nucleus of the nurse-cells becomes 
larger and oval in form, the chromatin finely divided and one or 
two nucleoli are present. The oöcytes move further apart and the 
nurse-cells which were arranged in rows, get in between them and 
begin the chamber formation. The oöcytes may either appear along 
the margin or in the central part of the tubule. After the synapsis 
zone the epithelial nuclei appear, at first pointed, but later becoming 
rounder. In these nuclei one or two nucleoli are often present, and, 
at the begining of the chamber formation cell boundaries are formed. 
He distinguishes a zone of chamber formation. He found the opening 
between nurse and egg chamber and the process the oöcyte sends up 
between the nurse-cells. At the beginning of chamber formation the 
nurse-cell nucleus has a nucleolus and a finely granular mass which 
later becomes thicker. Nuclei become irregular and seeretory activity 
begins. At this same time the oöcyte nucleus looses the characteristie 
thread structure it earlier had and the chromatin forms in masses in 
its central part. It now has a number of the small nuclear-like 
bodies near it. It looses its regular form. The nurse cells are finally 
emptied into the egg chamber. 

He holds with Korscnerr (18) that in the Hymenoptera all three 
kinds of cells come from similar elements of the terminal chamber. 
In and near the synapsis zone a multiplication of cells begins, they 
become differentiated and the oöeytes are first recognized as such. 
He did not see mitosis in the synapsis zone, nor could he find a 
nucleolus present. In this zone he believes but few mitotie divisions 
are present and these only for the origin of the oöcyte, the nurse- 
cells originating amitotically. We will not go further into his 
theoretical part except to give his origin of the different cells in 
which he agrees with KoRscHeEut. The first differentiation comes in 
the terminal filament and separates the vegetative (epithelial) from 
the generative cells. A second differentiation later takes place in 
which the »Keimzelle« become separated into oöeytes and nurse 
cells. 


Contr. towards the Embryology and Anatomy of Polystes pallipes. 179 


Gross (10) working with Bombus terrestiis found in the distal 
part of the end chamber nuclei of the epithelial cells with very 
indistinet boundaries; these nuelei were oval in shape and contained 
a few chromatin granules. Further down were large, round cells, 
with a distinet nucleolus; these were the nurse-cells and between 
them lay the oöeytes with larger and lighter nuclei. Near the wall 
were many epithelial cells and he holds that these remain unchanged 
in structure, and that they divide mitotically at nearly any place. 
Synapsis, if present, he claimed was very short. In that part of the 
tubule where the oöcytes have a linear arrangement in its center, 
they are separated by epithelial cells. Gross holds, against PAULCKE (25) 
that, in this region, the nurse cells do not divide.. The egg and nurse 
chamber have an opening between them. In the nurse chambers are 
a number of epithelial nuclei; these in the older chambers collect in 
the central part and pass into the oöcyte: they have something to 
do with the formation of the deutoplasm. In Vespa he holds that 
the nurse-cell nuclei may divide amitotically. 


Observations. 


The following paper has nothing to do with the development of 
the female reproductive organs as such, but only with the cells, oöcyte, 
nurse, and epithelial, which develop within the ovary. The oöcytes 
we have traced from their origin, through the formation of the nuclear- 
like bodies, until they have nearly reached their full size. Of the 
nurse-cells the entire history is given; starting from their first 
differentiation and following them urtil they become lost, as food for 
the developing oöcytes.. The epithelial cells we have traced from 
their origin until a part of them, those within the nurse chamber, 
have no further history, either going as food to the oöcyte or 
remaining within the empty chamber. Of the other part, those 
forming the follicle of the oöcyte, we give the history until the 
beginning of the formation of the chorion. 

It has been thought advisable to draw in outline an ovarian 
tubule of some of the stages described, not to trace its development, 
but only that the position of the cells about which we speak, may 
be more clearly indicated. We begin our account with the gonads 
of the embryo, finding at this stage, that each reproductive organ is 
a small mass of protoplasm, surrounded by one or more layers of 
cells, and containing a number of nuclei similar in strueture. In this 
earliest stage is not only a differentiation into terminal filament, 


180 Wm. S. Marshall, 


ovary proper and oviduct not present, but the gonads do not show 
any trace of the tubules which later appear in the young larva. 
After the appearance of cells in the gonads of the young larvae, 
some of them begin to increase considerably in size; the presence 
of these large cells distinguishes the ovaries from the testes. At 
first each of the three ovarian tubules, connected at their base, is 
similar throughout its entire length, and, it is only in the older larvae, 
that we can distinguish the different parts. 

When either embryos or larvae were of nearly the same size it 
was very difficult to determine their relative ages. In many cases 
we have used the length of embryo or larva, but cannot say that 
this means very much. The eggs of Pohstes show a difference in 
size, and the length of embryos of the longer eggs would, at an 
equal age, be greater than there of the shorter ones. Amount of 
contraction by different preserving fluids might also make some 
difference. In many pupa, the ends of the tubules were twisted and 
bent, so that it often became diffieult to give their exact length. 
The length of the tubule cannot always be used as a standard of 
relative age, some of equal lengths showing a difference in the 
development of the enclosed cells. 


Embryo. The youngest embryo studied, the one with which 
we begin our account, was 1.35 mm in length; its gonads were each 
0.04 mm wide and a little over twice as long. Eaeh gonad is filled 
with protoplasm which shows a great similarity at all points, in some 
there are a few small vacuoles present, but the majority, did not 
contain them. Nuclei of the same structure are found throughout the 
entire gonad; in it they have no definite position and fail to show 
a regular epithelial arrangement; they do not lie at any regular 
distance from each other, some nearly touch adjacent nuclei, and 
others are a little distance apart. In Chalicodoma CARRIERE and 
BURGER (6) found that the young gonads contained a number of 
similar cells. A comparison of this embryo, with others which were 
a little longer, shows no difference in the size or arrangement of 
the contained nuclei, which have either a round or an oval form, and 
vary but little m size (Fig. 1). A few of the nuclei are irregular in 
shape, but an examination of all the sections shows that the round 
form predominates. We find here in Polistes, as has been described 
for a number of animals, that the reproductive organ in the youngest 
stage or stages, is a syneytium; in the different embryos which we 


Contr. towards the Embryology and Anatomy of Polistes pallipes. 181 


studied we were unable to find cell boundaries, or any indication of 
cell formation, present within the gonads. 

The nuclei within this youngest gonad would average about 
0.0045 mm in diameter; each contains one or two nucleoli, seldom a 
greater number, which are irregular in shape, but generally somewhat 
elongated; they are seldom angular, their surface as a rule being 
rounded (Fig. 2). When but a single nucleolus is present it is apt 
to be elongated, when two or more are present, they are generally 
more rounded. Each nucleus also contains a number of chromatin 
granules; these are much smaller than the nucleoli and they are 
mostly peripheral in position, a few only, lying at any distance from 
the nuclear membrane. The achromatin does not form a definite 
network, but appears as strands which connect the chromatin granules 
with each other, and with the nucleolei. Neither in this, nor in any 
other embryo studied, were dividing nuclei seen. 

The nuclei, found in the embryonal gonads of Polistes, are very 
similar to those described and figured by GrRÜnBEr«e (12) for Bombyx 
mori, and we judge that both were of about the same age. As just 
mentioned, we failed to find any cell boundaries at this stage. 

It was very diffieult to stain the nuclei of the gonads in these 
early stages and we obtained better results by using the commonest 
stain, such as MaveEr’s haemalum, than with the more complicated 
ones used for nuclear structures. With this stain just mentioned, the 
bodies we have called nucleoli, are not so darkly colored as are the 
chromatin granules; the same result was obtained by using HEIDEN- 
HAIN’S iron-haematoxylin. With Fremning’s triple stain no differen- 
tiation could be obtained; with safranin alone both nucleoli and 
chromatin granules stained equally, and the same result was obtained 
with acid-fuchsin. 

Older embryos were very similar to the young ones; the 
reproductive organs were somewhat changed, but not the contained 
nuclei. With the growth of the embryo the nuclei increase somewhat 
in size, and it is noticeable, that within the gonad, they show a 
variation in this respect, some being larger than others. BEsseus (1) 
long ago observed that, in the ovary of Lepidoptera, the cells were 
at first all the same size but later, grew and differentiated. These 
larger nuclei have no definite position within the gonad, most of 
them were centrally situated but some were seen lying close to, or 
against, the wall. In an embryo 1,5 mm in length, one of these 
large nuclei measured 0,0075 mm in diameter; the average diameter 


182 Wm. S. Marshall, 


of all the nuclei would be about 0,0063 mm, not much larger than 
those of the youngest embryo. 


Larva. In the youngest larvae the gonads are similar to what 
we found in the oldest embryo, the structure of the nuclei is the 
same, and no cell boundaries have as yet appeared. In a larva 
2,1 mm long, we find that the three ovarian tubules have been 
partially developed; each tubule has a width of 0.035 mm, making 
the reproductive organ larger than in the embryo, where we found 
the entire gonad, but slightly larger than one of the tubules in this 
larva. A view of an ovarian tubule from an larva 2,6 mm long 
(Fig. 5), shows that the greatest change noticeable, is the appearance 
of the cells; a small amount of eytoplasm around many of the nuclei 
being marked off by a cell boundary, and this cytoplasm is darker 
than that which is not so enclosed. Wheter or not all the nuclei 
lie in cells, is diffieult to determine, but this is the condition by 
slightly older ones. The nuclei, 0,005 to 0,006 mm in diameter, 
found in the gonads of this larva, are still similar in strueture (Fig. 4) 
to those of the embryo. In larvae of this age a very few mitotic 
figures were seen, but these were not abundant. In looking over 
sections of a few larvae, of this and of a slightly greater length, 
we would find but two or three dividing cells in an entire gonad and 
all seen were in the equatorial plate stage (Fig. 5). 


Ovary A. In larvae somewhat larger than this last one it is 
easy to distinguish between ovaries and. testes, either by dissection, 
or by a microscopiec examination. During the early growth of the 
larva, we find that but slight changes take place in the structure of 
the nuclei or of the ovary, the nuclei have increased a little in size, 
but a greater change has taken place in the growth of the ovary 
itself. In a larva ? mm long sexual differentiation has become very 
marked; the ovarian tubules are each 0,275 mm long, but they as 
yet, show none of the parts which can so easily be distinguished in 
older stages. The tubules are filled with a mass of cells which show 
a greater difference in size and shape, than in structure. In each 
tubule one can easily distinguish between a distal half, in which the 
nuclei of the cells are small and ovoid, and a proximal half, containing 
fewer cells but nearly all with larger nuclei. GRÜNBERE (12) noticed 
in Lepidoptera that at an early stage the oogonia all had their 
position in the distal, and the epithelial nuclei in the proximal, part 


Contr. towards the Embryology and Anatomy of Polistes pallipes. 183 


of the tubule, a condition we do not find in Polistes. Externally, 
one notices that the distal end of the tubule is pointed, but the 
proximal end is thicker and rounded (Fig. 6). In studying the larvae 
of this age, we worked both with ovaries which had- been disseeted 
from the body and then sectioned, and also with those which had 
been sectioned in toto. 

As already mentioned, the distal half of the tubule is filled with 
cells the nuclei of which are ovoid, here and there, some are found 
with a nearly spherical nucleus; these latter, have no definite position 
within this part of the tubule but may be median, or near the wall. 
The nuclei are elosely packed together and mostly restrieted to the 
marginal part of the tubule, Iying close to its membrane, this leaves 
a central portion in which but few nuclei are found. Each nueleus 
lies with its long axis across the tubule, Levvie (20), PAuLeKE (25), 
the cells are generally elongated but, owing to the erowding of the 
nuclei together, the cell boundaries are diffieult to distinguish. 
Each nucleus, 0,005 mm in length, contains from one to three 
irregular nucleoli which do not stain so darkly as the chromatin 
granules; these latter lie mostly, but not all, in the peripheral part 
of the nucleus (Fig. 7 5). Achromatin strands pass irregularly from 
one to another of these, and, in these small, ovoid nuclei, one or 
- more of them generally extends across it from side to side. 

Near the midle of the tubule, a marked change is noticeable in 
the shape, both of the cells, and of their nuclei; those, which in the 
distal half, are shown elongated and with ovoid nuclei, give place to 
larger and more rounded cells, which contain larger and nearly 
spherieal nuelei. These larger cells occupy all of the proximal halt 
of the tubule, although, here and there, in this same region a few 
of the smaller ovoid nuclei can be found. Owing to the larger size 
of the cells in the proximal half, and to their being less erowded 
together, we find here a much smaller number than in the distal 
half. The nuclei of the large cells (Fig. 7a) are similar in structure 
to those we found in the embryo, or young larvae. 

In Dytiscus, GIARDINA (8) has described the oöcyte and its 
nurse cells as remaining together and forming a group, the cells of 
which, increase in number as mitosis proceeds. Somewhat similar 
groups were found in the ovary of Polistes in many different stages 
of development, and it was thought the same arrangement occurred 
here as in Dytiscus. The explanation given by GIARDINA (8) seems 
very plausible, and we should hold a similar view for ‚Polistes, were 


184 Wm. S. Marshall, 


it not for two things which it would be hard to reconcile to this 
view. It was easy to assume that all the cells of a group came 
from the repeated division of a single cell and that, after each 
division, the resultant cells remained attached to each other. When, 
however, in a larva 13 mm in length, groups of cells were found 
similar, except in size, to the groups found in the ovaries of older 
insects, I began to doubt as to their origin. Even in this young 
larva, some of the groups contained as many as seven cells (Fig. 8). 
The cells all come from a common central portion, each is pyriform, 
and they are all attached by the narrow stalk like part. In Megachile, 
Lupwiıa (23) observed that the eggs have for some time a stalk, and 
earlier, somewhat similar appearances, had been observed by insects 
other than Hymenoptera, Huxrtey (17), CLaus ((), LußBock (22). We 
have already called attention to the very few dividing cells present 
in the gonads of embryos, or of young larvae; in the larva we now 
describe, but very few were noticed, and none of these occurred in 
groups, a8 we shall notice in older larvae and in pupae. In young 
larvae of Polistes we never found more than five or six dividing 
cells in any ovarian tubule; if all the cells in a group have come 
from repeated divisions of a single one, it is certain, that some of 
the numerous embryos and young larvae, would have shown many 
dividing nuclei. Then again if these groups originate as above 
mentioned, some dividing cells must be found near together, whereas, 
as we have already said, up to this age the very few dividing cells 
were scattered in the tubules. It might be said that the cells of 
these groups arise by amitotie division; GIARDINA (8) has shown in 
Dytiscus that the cells divide mitotically, and the few mitotie figures 
seen in Polistes, would prove that this is also here the method of 
division; that both mitosis and amitosis occur in the ovaries of these 
young larvae, I do not believe. 

In Dytiscus, each group consists of one oöcyte and several nurse 
cells. In the group found in Pokstes, not only here but in older 
larvae and in pupa, all the nuclei are similar, and there is no 
difference in the size of the cells. We shall learn that, during the 
growth of the oöcytes and the nurse-cells, they soon become easily 
recognizable as such, and if, in older larvae, each group contained 
one oöcyte and several nurse-cells, this would be apparent. We do 
not believe that these groups of cells originate the same [way in 
Polistes as in Dytiscus, but cannot offer a very satisfactory explanation 
to account for their origin and persistanee in the former inseet. It 


Contr. towards the Embryology and Anatomy of Polistes pallipes. 185 


might be that the cells of a group are attached to the wall of the 
tubule near each other, and in some way remain so, or become in 
part fused with each other. The central portion from which they all 
come, or to which they are all attached, is, in older stages, of a 
darker eytoplasm than the rest of the cell (Fig. 16) and this common 
central portion is very distinet. 


Ovary B. Passing to a somewhat older larva, one 16,5 mm long, 
we notice that changes have taken place, especially, in the growth 
of the tubules themselves (Fig. 9); each is in this larva 0,6 mm long. 
A single tubule shows a proximal part, very different from the rest, 
(Fig. 9 odt) which later develops into the oviduct. This same 
differentiation was also seen in younger larvae from 12 to 15 mm 
long. These parts would probably correspond to the »Endfaden, 
Keimfach und Ausführungsgang«, the three divisions given by 
Heykıng (13) for the ovary of the larva of Pyrrhocoris. Within the 
proximal part, the cells are different from those found in the rest of 
the tubule; they are filled with large vacuoles which, under a low 
power, gives them a much lighter appearance than the others; their 
nuclei are smaller than those in the other two parts of the tubule, 
but differ very little in structure. The cells are long and narrow, 
and arranged across the tubule; no central Iumen has as yet appeared 
in the future oviduct. The middle section of the tubule (Fig. 9 ov), 
shows a great similarity throughout, the nuclei are nearly all large 
and spherical, their cells also large, and generally rounded or poly- 
hedral. These nuclei (Fig. 10), are_similar to the last one figured: 
each has generally two nucleoli, a number of chromatin granules, 
and connecting achromatin strands. These nuclei are 0,0085 mm in 
diameter. 'The chromatin granules are slightly larger than in the 
last stage, and the achromatin enlarges to a small irregular mass 
around each one. Along the margin of this middle portion of the 
tubule are a number of small, ovoid nuclei, each having about the 
same structure (Fig. 11) as those in the distal part. In this latter 
part nearly all the nuclei have an oval form (Fig. 12), each with 
two to four, generally two, nucleoli, small chromatin granules and a 
retieulum, of which one or two strands can generally be traced 
across the nucleus from side to side. The cells are elongated and 
both they, and their nuclei, lie with the long axis across the tubule. 
One notices that the cells are closely erowded together. The nuclei 
lie mostly near the margin of the tubule, only a few being found in 


186 . Wm. $. Marshall, 


its median part. A few of the nuclei are nearly spherical, these 
are more apt to be found in the center of the tubule than near its 
- wall. Here and there are groups of cells similar to those described 
for our earlier stage. | 

Where the distal passes into the middle region of the tubule, 
the change is quite abrupt, the small, ovoid nuclei giving place to 
the larger, spherical ones; the cells also change from an elongated 
to a more rounded form. At this transition region the tubule becomes 
somewhat wider. But few mitotie figures were present in this stage, 
not more than four or five being found in any tubule of the ovary. 


Ovary C. This is the youngest ovary we found in larvae after 
they had ceased feeding, and enclosed themselves in the cell of their 
nest. The larva was of course full grown, the tubules were each 
1.44 mm in length. Distally, each tubule is long and narrow, and 
not straight throughout its entire length but terminally, it is bent. 
In this latter region, and for some little distance down the tubule, 
many of the cells extend entirely across it; sometimes they are 
equally broad throughout their entire length, but oftener pointed at 
one end (Fig. 14). The nuclei of all the cells in this part were very 
similar, any slight differences they showed being in the arrangement 
of their contents. Each nucleus has two, seldom more or less, 
nucleoli, quite large and irregular in shape and position; each one 
is surrounded by a thin layer of achromatin from which strands pass 
to the nuclear membrane. In these achromatin strand lies a number 
of chromatin granules, these do not stain evenly some being darker 
than others. The cytoplasm of these cells is quite irregular in 
appearance and distribution. Passing further down the tubule we 
find it widening and the cells becoming arranged in a fairly even 
layer along its wall. Next we notice that a few cells appear in the 
central part of the tubule — not in alumen because none is present — 
so that, here and there, one can find three cells, instead of two, 
across the tubule.. The nuclei remain unchanged, but a few of the 
centrally situated cells become more rounded. As we pass down 
the tubule these central cells become more and more abundant, and 
finally, in the median portion of the tubules (Fig. 13 ov), the long 
narrow cells have almost entirely disappeared. 

At the distal end of this median portion, differentiation takes 
place more rapidly than at any other part i. e. the change of the 
nuclei from an oval to a round form, and the enlargement, and 


Contr. towards the Embryology and Anatomy of Polistes pallipes. 187 


rounding, of the cells. After this change the nuclei are for some 
time very similar in structure. A short distance proximal to this point 
some of the cells lie in groups; there is a central part, common to 
all, which is darker than the rest, and this darkened portion extends 
a short distance up into each cell. Often the connection between this 
portion, and that part protruding into the cell, is, on account of the 
position of the cell, lost, and the cell then appears to have an irregular 
or round, darkened body in its attached end (Fig. 16, lower cell). 

Within the central part of the tubule (Fig. 15 ov) some variations 
in nuclear strueture are noticed. At the distal end the nuclei are 
all nearly alike, very similar to what we have figured (Fig. 23). 
A little proximal to this the only change noticeable is an increase 
in size of the chromatin granules. Such nuclei (Fig. 16) may be found 
at any place in the proximal two-thirds of the median portion of 
the tubule. Seattered through this part are some slightly larger, 
irregular cells, with one, seldom two, large nucleoles, and having the 
small chromatin granules nearly all peripheral in position (Fig. 15). 
These we believe to be young oöcytes, but they nowhere, at this age, 
show any of the changes which we shall find at later stages. 
GRÜNBERG (12) has noticed for Preris, that early, the nucleus of the 
oöcyte and of the nurse cells, were to be distinguished by the 
different distribution of the chromatin:; all nuclei of the »Keimzellen« 
he found had a spireme thread stage. He could, in half grown 
larvae, distinguish between the three kinds of cells. BLocHMANN (9) 
distinguished the young oöcytes by their great size and their darker 
staining eytoplasm, KorscHerr (18), the young oöcytes, by their 
lighter color; the earliest stages both these saw were however much 
older than the present one. A third form of nucleus which shows 
considerable variation in size, is found especially in the proximal 
half of this portion of the tubule. One of the smallest of these 
(Fig. 17), is seen to contain an irregular, loose achromatin mass, in 
which a few chromatin granules of varying size can be seen. Very 
similar but larger nuclei are present, these differ from the small 
ones, in having the strands of achromatin more definite, and the 
chromatin sranules more numerous. All gradations between these 
small and larger nuclei can be found. These we hold to be the 
nuclei of primitive nurse-cells soon after division, and that they are, 
by increase in size and amount of chromatin, assuming a structure 
very similar to figure 16. A number of these nuclei are generally 
found together and we shall notice them in later stages. 


188 Wim. S. Marshall, 


This entire ovary showed very few dividing cells; one or two 
 scattered mitotie figures were seen in the region where the distal 
‘ changes into the median part of the tubule, and small groups of them, 
in the proximal part of this latter portion. Henkıng (15) found in 
the larva of Pyrrhocorts, that the mitotie figures were present in two 
regions, in the upper part of the »Keimfach«, and just under it. 

We see that in this stage it is hard to determine the oöcytes 
with as much certainty as the primitive nurse cells, and we fail to 
find, at any place in the ovary, the large cells which, from their size 
and structure, are, in later stages, so easily distinguished as oöcytes. 
We find that oöcytes are differentiated (Fig. 15), but that their develop- 
ment has not gone so far as that of some of the primitive nurse cells, 
. many of which have at least gone through one division. Earlier, 
in ovary B, we saw a differentiation of cells with small, ovoid 
nuclei, to those with larger and rounder ones. Some of the cells 
with the small ovoid nuclei do not change, and can, in later stages 
(as epithelial cells), be found in both the distal and the median portions 
of the tubule; in the latter region division in these cells does not 
cease, and they increase in number long after division in the nurse 
cells has stopped. The cells with oval nuclei, which are found here 
in the distal part of the tubule, either remain as they are and may 
become epithelial cells or differentiate into oöcytes or primitive nurse 
cells. 

We have found that the ovary from a larva which has enelosed 
itself in the cell of its nest is further developed than one from a 
free larva. This its naturally what would be expected and is in 
general true but we may find exceptions. Some free larva are found 
in which the ovary is further developed than is some of the en- 
closed ones. From this it can be seen that a study of the ovary 
alone, would not be a sure criterion as to whether it had been 
taken from an old, free larva, or from on which had just enclosed 
itself for pupation. | 


Ovary D. Passing to a wasp which has commenced to pupate 
we find that a general view of an ovarian tubule is similar to what 
we found in the last stage. At that point in the tubule where the 
widening is most marked (Fig. 18 7) we find a change taking place 
in the structure of the nuclei and in the form and size of the cells; 
at this place, if any, we find a zone of differentiation (PAULCKE), and 
of the first differentiation, which takes place. KoRrscHELT (18) found 


Contr. towards the Embryology and Anatomy of Polistes pallipes. 189 


in Bombus, that in the distal part of the endehamber the nuclei 
were similar in structure, but larger, than those in the terminal fila- 
ment. Even before entering this part (Fig. 18 od) we may, here and 
there, find cells which are changing, and these may lie either in the 
center of the tubule (Fig. 19, point 20), or along its margin (Fig. 19, 
point 22). These cells have changed from the long narrow form to 
a rounder one but, still greater than this, is the change in the struc- 
ture of their nuclei. Throughout the distal portion of the tubule the 
nuclei are all alike and in this region, those which are similar in 
structure, greatly predominate (Fig. 21). The nuclei of the other 
cells (Figs. 20 and 22) show a slight increase in size, and a marked 
difference in their shape. Their structure is also different, the chro- 
matin granules are a little smaller, the achromatin reticulum more 
seattered and made up of finer fibrils not so distinet as in the other 
nuclei. In them there is also seen a fairly large chromatin body 
which we here notice for the first time, but of which we shall speak 
again. In this place, and also further down in the tubule, the cells 
contain a darkly staining body which, for want of a better name, 
we shall cali a yolk-nucleus. It is sometimes an irregular body but, 
at this stage, more often has the form of a partially coiled, thick 
rod; it is always found lying within a clear space. In all sections 
this body was noticeable, but especially so in those stained with 
safranin. 

In this part of the tubule (Fig. 19) there is an irregular trans- 
. verse striation which stops before the middle part is reached (PAULCKE). 
These striae are due to strands of cytoplasm, which are more darkened 
than the rest; they begin at the wall and extend towards the middle 
of the tubule some being short and others reaching nearly across. 
These striae almost entirely obliterate the cell boundaries which, 
distal to this region, were very distinet. 

As we pass towards the proximal part of this distal portion of 
the tubule (Fig. 19), we find that the nuclei lying along the margin, 
become less and less epithelial like in their arrangement, and finally, 
below the transverse striae, all trace of it entirely disappears. At 
this point the larger, rounded cells are more abundant, but as yet 
their nuclei show no change in structure (Fig. 23). A little further 
down a change does take place; we find (Fig. 18, point 24) many 
nuclei showing larger chromatin granules and that the achromatin 
mass has increased, its strands being thieker, and widening io form 


a small irregular mass around each chromatin granule (Fig. 24). One 
Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. 13 


190 R Wm. S. Marshall, 


or two nucleoli are, as in the younger nuclei, present, and in many of 
the cells a yolk-nucleus is seen. In the proximal third of the middle 
portion of the tubule we find, besides these last nuclei, others which 
are in general appearance lighter, due to their having but a few 
chromatin granules; these we will describe and figure from the next 
stage. 

In this median portion of the tubule, especially in the proximal 
half, we find a few nuclei different from the others we have 
described in this ovary. These (Fig. 25), are large and irregular in 
shape, each has one or two large achromatin nuclei and small, very 
distinet chromatin granules.. A comparison of these with some of 
the nuclei (Fig. 15) we found in the last stage will show a similarity 
between the two and we undoubtedly have here the young oöcytes. 
The structure of their nucleus at once separates them from the 
primitive nurse-cells, but does not, at this early stage, show any of 
the peculiar structures we later find so characteristie for the oöcyte. 

In the distal portion of the tubule but few dividing nuclei are 
found and these do not oceur in groups. In the median portion we 
notice quite a number, especially in the middle or proximal part, 
and find that they nearly all oceur singly; in only one place was a 
group of dividing cells seen and here they failed to show any 
connection with each other. 


Ovary E. In a slightly older stage, while the ovarian tubules 
show but little change from what we found in ovary D, we find the 
nuclei further advanced. That part of the tubule which becomes the 
oviduct (Fig. 26 odt) shows in part, a lumen. Throughout the entire 
distal portion of the tubule (Fig. 26 part Z) no changes have occurred, 
its terminal part contains cells similar to those in the last stage and 
which, here and there, extend entirely across the tubule. Further 
down (Fig. 26 point 27) we notice that the nuclei of the cells are 
similar to what we found in those taken from nearly the same 
position in ovary D; they are oval in form, with one»or two, seldom 
more, achromatin nucleoli, and a number of chromatin granules Iying 
in strands which are quite distinet (Fig. 27). We find that, in the 
distal portion of the tubule, the cytoplasm of the cells is not so compact 
and dark as in cells from the median part. A few dividing cells 
can be found in this distal portion, but they are scattered, and do 
not all occur in any one region. 

The first distinet changes in nuclear structure are found here in 


Contr. towards the Embryology and Anatomy of Polystes pallipes. 191 


the same relative place that they were in the last stage, namely, at 
the distal end of the median portion of the tubule. At this region 
cells occur abundantly in the middle of the tubule and a majority 
have larger and more spherical nuclei. Near this region, we find 
the first cells which we can surely determine as oöcyte or as primitive 
nurse-cells, although as yet the difference is not very marked. Both 
of these cells, or their nuclei (Fig. 28 a and b), are still quite similar 
to those we find throughout the terminal portion of the tubule, and 
are therefore not very distincetly separated from each other. Further 
down the tubule the differentiation becomes more marked; we find 
the nuclei of the primitive nurse-cells spherical, and with a round 
darkly staining chromatin body, while the oöcyte nucleus is larger, 
and of an irregular form, containing one or two rather large nucleoli 
and a few small, but distinet, chromatin bodies (Fig. 29 a and D). 
The latter nucleus appears lighter than the former, due to the smaller 
amount of matter in it, and most of this is on the periphery. Others 
have noticed the lishter appearance of the oöcyte nucleus even 
as long ago as Craus (7). This is hard to show in the drawings, 
but after one has studied these nuclei for some time, those of the 
oöcytes, can generally be distinguished by their lighter and elearer 
appearance. 

We notice here a greater variation in the structure of the nurse- 
cell nuclei and find that, in general, there is some relation between 
these and their position in the tubule.. Somewhat further down 
(Fig. 26 place 50), we find that the chromatin granules in many of 
the nuclei have become larger and that each is imbedded in a small, 
irregular mass of achromatin. Such nuclei may be found almost any 
place within the proximal three-quarters of the middle section of the 
tubule, but they are not found near its distal end. In the same 
region, but not quite so far distal, are a few nuclei which show a 
number of chromosomes; a stage undoubtedly preparatory to the 
division of the primitive nurse-cells. If such a stage is found before 
each division we cannot say, as it has been impossible to distinguish 
the different divisions from each other. The chromosomes are ceurved, 
beaded rods; besides these the nucleus contains a fine fibrillar 
achromatin substance, but, whether it connects the chromosomes to 
each other, we could not determine. In the proximal half of the 
middle portion of the tubule are a number of lighter nuclei, not large 
and irregular as are those of the oöcytes, but small and spherical, 
with an indistinet reticulum, in which lie a few chromatin granules 

13* 


192 | Wim. S. Marshall, 


of varying sizes.. These are the lighter nuclei we mentioned in the 
last stage, but which are, in this older ovary, much more abundant. 
Most of them are smaller than the other nuclei but some are of an 
equal size. Besides the variation in size, they show a considerable 
amount of difference in the number and size of the contained chromatin 
sranules. These are the nuclei of the primitive nurse-cells just after 
division ; they increase in size and in the amount of chromatin granules 
as they grow and prepare to divide again. 

Dividing nuclei are found in any part of this ovary but are more 
abundant in its middle portion. They are not more numerous here 
than in the last stage. In the equatorial-plate stage a rather indistinet 
centrosome is often seen from which radiate a few fibres, but these 
are short and not abundant (Fig. 35). The same is true of a later 
stage (Fig. 34). After completion of division (Fig. 35) a few small 
mid-bodies are seen at the boundaries of the new cells. The nuclei 
of the daughter-cells are small, and their contents indistinet, but we 
can distinguish a reticulum and a few chromatin granules in each. 

Along the margin of the tubule, in this middle part, are a few 
nuclei (Fig. 36) similar in structure to those in the long distal portion. 
These are the nuclei of the future epithelial cells; they do not here, 
as in the distal region, all lie with their long axis across the tubule. 


Ovary F. As pupal development goes on, we find the ovary 
increasing in length, and the differentiation of the nuclei becoming 
more marked. The next we take, ovary F, is from a pupa the 
ovarian tubules of which are each 2,1 mm in length. The long 
distal portion remains the same as we have found in younger stages, 
but in the middle region, a considerable change has taken place, 
and we now, for the first time, find that the older oöcyte nuclei are 
entirely different from those of the nurse-cells. 

A study of the different nuclei shows us that, proximally in the 
distal portion (Fig. 37, position 38), they are generally of an oval 
form (Fig. 38) but larger than correspondin& nuclei of the younger 
stages. In this, and many neighboring cells, we find a round body 
which does not stain, but is darker and denser than the surrounding 
cytoplasm; it generally, as here (Fig. 38), oceupies a position between 
the nucleus and the free end of the cell, but may also be on the 
opposite side. 

Where the distal passes over into the middle portion of the 
tubule (Fig. 37 &—x) we find, as described in earlier stages, that a 


Contr. towards the Embryology and Anatomy of Polistes pallipes. 193 


change takes place in both the arrangement of the cells and in the 
structure of their nuclei. The epithelial like arrangement entirely 
disappears and the cells become irregularly scattered throughout the 
tubule. The ovoid nuclei are much less abundant, and larger and 
more rounded ones take their place. In the upper part of the middle 
portion we find that the first differentiation, as in the younger 
stage, can be seen where the oöcyte nuclei are slightly different 
from those of the primitive nurse-cells (Fig. 39 a and b). When these 
nuclei are compared with those we find in the same region of the 
last stage (Fig. 28 and 29), the similarity is at once apparent. Near 
this same region (Fig. 37, positions 40 and 41) we find exactly the 
same changes taking place in the nuclei of the primitive nurse-cells, 
that we found in an earlier stage. They obtain a definite spherical 
form, the strands of achromatin assume a net-like arrangement, and 
a yolk-nucleus appears in many of the cells (Fig. 40). The chromatin 
granules increase in size (Fig. 41) and around each one a small 
achromatin mass is formed. Further down in the tubule, the elearer 
nuclei we have already mentioned, are present (Fig. 42), and they 
show here, as in the earlier stages, a variation in size and in the 
amount of contained chromatin. Within the proximal part of this 
median portion a few nuclei with chromosomes were seen. 

In this ovary we find that the nurse-cell nuclei are, in 
eorresponding parts, similar to those we found in the last stage. 
In the oöcyte nuclei we notice that very important changes have 
taken place and that they are no longer the same from all parts of the 
tubule in which they are found. Distal in the median portion of the 
 tubule, we still find cells with rather large, irregular nuclei (Fig. 39 a), 
which are similar in structure to the oöcyte nuclei of the last two 
stages (Figs. 23 and 29a); when however we come to the older stages 
we notice that there has been a decided change. At a position in 
the tubule which we have represented (Fig. 37, point 43) we find a 
few nuclei which, from the size of both cell and nucleus, we know 
to be those of oöcytes; they show a few bent, beaded, rod-like 
chromosomes and also some achromatin matter (Fig. 45). The nature 
of this latter substance was hard to determine, it formed irregular 
strands which were not clear. Both in the oöcytes and in the primitive 
nurse-cells, the chromosome stage was less abundant than any of the 
other forms. 

In the oöcytes the chromosomes next lengthen to threads in which 
a beaded structure is easily seen. Such nuclei, (Fig. 44), lie proximal 


194 Wm. S. Marshall, 


to those with chromosomes, and thus show that they are older. No 
division follows this stage in the oöcytes, but the threads later become 
arranged in synapsis. In Polistes we find that during synapsis the 
cell boundaries are very easily seen, but PAULckKE (25) for Apis and 
GRÜNBERG (12) in Pieris failed to find them. In the many ovaries 
of about this same age which we examined, the nuclei of the oöcytes 
always took this order, and never in the young pupa of Polstes were 
synapsis nuclei found at any place except in the proximal part of 
the median portion of the tubule; always in front of these were nuclei 
similar. in structure to figure 44. Synapsis nuclei were found, two 
or three in a section, or often none at all; they showed a variation 
in structure. Some have a large irregular mass of achromatin in 
which lie many deeply staining chromatin granules, and from which 
nearly all trace of the threads have disappeared, others show a few 
threads in this mass which can be seen protruding from or running 
through it (Fig. 45 a). We failed to find such a regularity in structure 
and polarization as GIARDINA (9) found in the oöcytes of Mantıs. In 
most of these nuclei a few odd pieces of the beaded threads were 
scattered through them opposite the large mass. After this stage the 
threads become evenly distributed throughout the nucleus; whether 
cr not they are of equal length we are unable to say; in most nuclei 
they were of about the same length, but in many, at least one thread 
was present, which was equal in length to the diameter of the 
nucleus (Fig. 46 a). This last oöcyte is one of the oldest in this 
ovary and, as is shown by its position, (Fig. 37, position 46), lies just 
distal to the oviduct. 

In the proximal part of the median portion of the tubule we find 
a new form of nurse-cell nucleus. In this (Figs. 455 and 465) a 
single irregular achromatin mass lies at, or near, the center and on, 
or near it, a few chromatin granules; achromatin strands pass from 
this central part to the nuclear membrane, these and others form an 
irregular network the strands of which contain a number of chromatin 
sranules. We have here the nucleus of a’ nurse cell after all its 
divisions have been completed; this same form will again be seen in 
the older ovaries. | 


Ovary G&. We select, from a slightly older pupa, a few nuclei 
for description to show that the same order is found here as we have 
Just observed in Ovary F. Near the boundary between the distal and 
the middle parts of the tubule, we notice the same two kinds of 


Contr. towards the Embryology and Anatomy of Polistes pallipes. 195 


nuclei; the oöcyte nucleus (Fig. 47 a) shows the same structure we 
have already described; it is also found a little distance down the 
tubule (Fig. 48 a). In the nucleus of the primitive nurse-cells we 
also find a similarity between this and the younger stages. A little 
proximal to the boundary we just mentioned, we find nuclei with the 
spherical chromatin body (Fig. 480) we have already noticed in 
younger ovaries. 

In the nuclei of the primitive nurse-cells we find that the same 
changes, as already noted, take place, and that proximally, in the 
median portion of the tubule, are a few nuclei with chromosomes. 
In this region the light colored nuclei are also found and they show 
the same variation in size and in contents as in the earlier stages. 
Near the proximal end the nurse-cell nuclei show the structure we 
have already said was characteristie for them after division has ceased, 
and they become the permanent nurse-cells (Fig. 51 db). 

The oöcyte nucleus also shows a chromosome formation but here, 
as in the nurse cells, this stage is not abundant (Fig. 50). Synapsis 
stages are found, and after these the beaded threads become evenly 
distributed throughout the nucleus (Fig. 51 «). In both this and the 
preceding stage, dividing cells could be fouud in nearly every part 
of the median portion of the tubule. 


Ovary H. The next stage we will consider, an older pupa, is 
one in which the oldest oöcyte and its accompaning nurse-cells are 
arranged to form the first chamber. In older stages we shall show 
that chambers are not at first formed as egg- and nurse chamber, 
this separation coming later in the development, but that the oöcyte 
and its accompaning nurse cells are together in a common chamber. 
Is any tubule of this ovary we find, proximally, an oöcyte and 
accompaning nurse cells Iying in a chamber. Distal to this group 
lie many other oöcytes, but none show any indication of chamber 
formation, although the few oldest ones, have grouped around them 
those nurse-cells which will later form their nurse chamber (Fig. 52). 
In neither this nor other chambers could we find the regular 
arrangement of the nurse cells as described by PAULckE (25) for 
the bee. | 

In the last stages, ovaries F and G, we noticed that the zone in 
which the synapsis nuclei lay, was near the proximal end of the 
middle portion of the tubule (Fig. 37, position 45); as development 
goes on this zone changes its relative position and moves toward the 


196 Wm. $. Marshall, 


distal end. In this stage, ovary H, the cells in synapsis must be 
sought much further up (Fig. 52 Syn). Following from this place 
the development of the oöcytes we find, as in the last stages, that 
after synapsis the long, beaded threads distribute themselves throughout 
the nucleus. This condition remains for some time unaltered but, 
by the growth of the nucleus, the threads are separated more from 
each other; each one is beaded, the chromatin granules do not stain 
deeply and only appear very dark at the ends of the threads which 
one sees in optical, or real, section. As the nucleus grows the threads 
become clearer and more distinet (Fig. 53) and we reach a place, 
(Fig. 52, position 54), where we find them growing quite irregular 
(Fig. 54), more ragged along their edges, and loosing the regularity 
within the nucleus they earlier showed. The threads are still beaded 
and are the only contents of the nuclei. The slight irregularity 
which we here notice is the beginning of their disruption, it becomes 
more marked (Fig. 55) and, while the threads still show a slight 
beaded structure, they have entirely lost the regularity which they 
had in the younger oöcytes. The oldest oöcyte (Fig. 56) in this 
tubule shows even a greater irregularity and the chromatin granules 
have gathered in achromatin masses.. PAULCKE (25) notices that in 
Apis this change takes place when the chambers are being formed. 
»Mit Beginn der Kammerbildung verliert das Keimbläschen seine vor- 
her so charakteristische feinfädige, gerüstartige Chromatinstructur.« 
In each of the last two oöcyte nuclei an achromatin nucleolus 
has appeared which we failed to notice in any of the preceding 
stages. 

In all the oöcytes which we have figured from this tubule a 
yolk-nucleus was present. It is a deeply staining, round or ovoid, 
body, lying in a elear space within the cell. This has been drawn 
only in the oldest oöcyte (Fig. 56). 


Ovary I. Passing next to the study of an ovary from a wasp 
which has been but a few hours out of the nest, we notice that 
many changes have taken place. The oldest oöcyte already lies in 
its own chamber separated from the nurse cells, also in their own 
chamber, which lie distal to it. The oldest oöcyte is the only one 
which, externally, shows a complete chamber formation; in a longitudinal 
section, however, one notices that the separation has taken place in 
the three next oldest oöeytes (Fig. 57). No distinet terminal filament 
is noticeable, but for a distance of about 0,3 mm from the tip, many 


Contr. towards the Embryology and Anatomy of Polistes pallipes.. 197 


disintegrating cells are seen within the tubule; more here than at 
earlier stages. 

Just as we found, that, when larvae first enclosed themselves 
within the cells of their nest, they did not always show an equal 
development, so we now find that upon issning from it, the ovaries 
are not all the same. We have selected a specimen which will 
represent the average development that the ovaries have reached in 
wasps which have been but a few hours out of the nest. 

The distal portion of the tubule shows the changes we have 
already recorded for both oöcytes and nurse cells. We find a place 
in which the cells are as yet undifferentiated and, proximal to this 
region, the nuclei undergo the same changes we have already noticed. 
A certain zone contains all the synapsis nuclei, which are however 
not abundant; some sections show none at all, and never more than 
two or three. In taking up the history of the different cells it will 
be best to treat of each kind separately, and to omit several stages 
we have already described. 

The epithelial cells and their nuclei undergo by far the least 
change of all; here and there along the margin of the tubule, we 
find nuclei similar in structure to those we have already noticed as 
belonging to epithelial cells. When the chambers are formed, we 
find, in the portion occupied by the oöcyte, that the epithelial cells 
form in part a layer around it. In the region occupied by the nurse- 
cells we find the same nuclei on its margin; they are here also 
scattered among the nurse-cells (Fig. 79) especially in the median 
part of the chamber (Gross [10]. The boundaries of these cells is 
hard to distinguish, the nucleus is ovoid, but much smaller than that 
of the nurse cells. In each, one or two, small, irregular, achromatin 
masses are found (Fig. 58), and a number of quite distinet achromatin 
strands, one or two of which can generally be traced across the 
nucleus from side to side. A few chromatin granules are present, 
mostly peripheral in position. As soon as the chambers become 
definitely formed the epithelial cells begin to build a continuous layer 
around the oöcyte, enelosing it at all points, except centrally where 
it lies next to its nurse cells, where, as already noticed by many 
_ others, an opening remains. At the two ends of the oöcyte the 
epithelial cells assume a regular columnar form and its margin has 
here a serrated appearance, each indentation as long as the folliele 
cell is wide (Fig. 59). The nucleus of each of these epithelial cells 
is similar to those within the nurse chambers. We find a number 


198 Wm. S. Marshall, 


of mitotie figures. With the increase in size of the oöcyte and its 
chamber, the number of follicle cells becomes greater. 

In the last stage we noticed that the nurse-cell nuclei, after 
division has entirely ceased, assume a form which is, at this stage, 
characteristic. Far up in this tubule we find that the nurse-cell 
nuclei are similar to those we have already described; the stage 
where each possesses a number of large chromatin nucleoles, each 
lying in a mass of achromatin (Fig. 41), predominates. Near that part 
of the tubule in which synapsis nuclei are found (Fig. 57 syn), the 
nurse-cell nuclei have assumed their permanent form (Fig. 60), an 
irregular achromatin mass at or near the center, strands of achromatin 
forming a network, and containing a number of darkly staining 
chromatin granules. Proximal to this these same nurse-cell nuclei can 
be found, and for some distance down the tubule they do not change 
their form. At this place, or wherever this form of nucleus is found, 
mitosis among the nurse cells has ceased. PAuLcke (25) holds that 
the nurse-cells in Apes must divide amitotically, this we never found 
in Polistes. Gross (10) finds mitosis in the nurse-cells of Bombus, 
but in Vespa describes the nuclei of the nurse-cells as dividing 
amitotically, figuring some cells with two or three nuclei. When we 
reach that part of the tubule (Fig. 57, position 61) in which the oöcytes 
begin to arrange themselves regularly in a row in its center, we 
notice that nearly all the nurse-cell nuclei have changed a little in 
structure, and, instead of the single nucleolus, there are now two or 
three. Passing down the tubule the cells have, except the epithelial, 
increased considerably in size, and in the nurse-cell nuclei there 
are now a number of nucleoli (Fig. 62); these are still of about the 
same size but, in proportion to the size of the nucleus, smaller. In 
this place (Fig. 57, position 62) the nurse cells are grouped in regular 
order distal to the oöcyte to which they belong; amongst them a 
difference in size relative to their position is noticed, distally the 
smallest, proximally the largest. As the chambers grow this arrangement 
becomes more and more prominent. They- continue to increase in 
size, this being more noticeable than any increase in structure. Each 
nucleus (Fig. 63) now contains a number ofthe large irregular bodies, 
nucleoli, which differ very much in depth of color; this is not only 
due to different stains but with the same stain, and even within the 
same chamber, quite a variation in this respect may be present. 
They also differ very much in size in the different nuclei found within 
any chamber, many small ones is the commonest arrangement, yet 


Contr. towards the Embryology and Anatomy of Polistes pallipes. 199 


some nuclei contain but a few large ones. In each nucleus the 
achromatin network is still seen and in these strands are a number 
of small, lightly staining, bodies similar in appearance to chromatin 
sranules. In the oldest chamber many of the nurse-cells show a 
layer of darkened cytoplasm lying around the nucleus (Fig. 65). This 
we judge is due to the activity of the nurse cells. 

A little distal to the synapsis nuclei we find young oöcytes 
similar to those we have already described. The nucleus has one, 
sometimes two, large achromatin nucleoles, a cloudy and fibrillar 
arrangement of other achromatin, in which lie imbedded a few 
chromatin granules generally peripherally arranged (Fig. 64a). The 
large nucleolus becomes lost and does not appear again for some 
time. The achromatin becomes arranged in threads (Fig. 64 d), more 
and more chromatin granules appear in these, and we finally find a 
number of beaded chromosomes within the nucleus (Fig. 64 c). This 
last stage is much scarcer than the others, no section ever showing 
‘more than two and a majority of them none at all. Proximal to 
these last nuclei lie those in synapsis. These show but a slight 
degree of regularıty and nowhere such a regular polarity of the 
strands as GIARDINA (8 and 9) found in Dytiscus or Mantis, the threads 
in his figures also appearing more beaded. The greatest amount of 
 substance in the nucleus is arranged in a large irregular mass in 
which lie a number of distinet chromatin granules.. Within this mass 
could be seen parts of the beaded threads, these would in part protrude 
from it in all directions (Fig. 65). Just proximal to the synapsis 
nuclei, we find the threads again becoming equally distributed 
throughout the nucleus (Fig. 66). The nuclei are apt to become 
elongated in form and will often lie two or three together (PAULCKE); 
later on, the shape changes and they separate from each other. From 
here on for some little distance the threads retain their regularity, 
and then break up, a process we will describe in the next stage. 
| Passing down the tubule to the older oöcytes we find that the 

oldest has increased very much in size, and both it, and the next 
oldest, are elongated in the direction of the tubule. Besides the 
nucleus, we now notice in each oöcyte a number of small bodies, 
which, in their structure, are quite similiar to the nucleus (BLOCHMARN, 
STUHLMANN, KORSCHELT, PAULCKE, Gross). These have already 
appeared in the third oldest oöcyte (Fig. 57), and here, in that which 
is next to the oldest (Fig. 57, place 67), they are seen to lie in a 
mass around the nucleus (Fig. 57); each has one or two small irregular 


200 Wim. S. Marshall, 


bodies (nucleoli), an irregular reticulum, in the strands of which are 
found a number of small, slightly staining bodies (chromatin granules). 
At first these nuclear-like bodies lie in a single layer around the 
nucleus but, as their number increases, this layer changes to an 
irregular mass. In older oöcytes one notices (Fig. 57, position 68) 
that some of these bodies leave the mass and wander to other parts 
of the oöcyte where they always take a peripheral position. BLocH- 
MANN (8) and STUHLMANN (27) have studied these bodies more thoroughly 
than any one else but, as I have already given the views of each 
one and what they found, in the historical part, there is no use of 
repeating them here. In the two oldest oöcytes we notice that the 
nucleus has changed greatly, the regular beaded threads which can 
be found any place between Syn. and position 61 in figure 57, have 
disappeared, the entire nucleus being filled with a fine irregular, 
net-like reticulum in which lie a number of small, lishtly staining 
bodies. Gathered near the center of the nucleus, are a few irregular 
achromatin masses in which lie imbedded the chromatin granules we 
earlier saw in the threads; these stain darker and are much more 
distinet than those in the reticulum (Figs. 67 and 68). In the oldest 
oöcyte we find that the nucleus is of about the same size as that of 
the next youngest one, but, in proportion to the size of the oöcyte, 
it is very much smaller. The oöcyte has increased in size but not 
the nucleus. In these oldest stages, we notice for the first time since 
the very early ones, that a nucleolus is present, itis generally round, 
but may be irregular; it eontains a number of vacuoles (Fig. 68). 

We have already noted the fact that in Polsies, when the 
epithelial celis arrange themselves as a follicular layer around the 
oöcyte, there is left a passage way between it and its accompaning 
nurse-cells. In this stage the oldest oöcyte shows that towards this 
opening it has sent out a process (Fig. 57). This, which has been 
observed in many other insects, is found more often in older ovaries 
where there are more oöcytes of this and later stages, and we shall 
refer to it again. 


Ovary J. The ovary which we next study, if viewed externally, 
does not appear much older than the last; we find however that it is, 
and that, a much greater number of chambers being formed, we can 
more easily follow the changes which take place in the oöcyte nuclei. 
The tubules as a whole deserve but little attention, the chamber 
formation is externally much more marked and the oviduet further 


Contr. towards the Embryology and Anatomy of Polistes pallipes.. 201 


developed. The oldest oöcyte is still small as compared to the size 
of the mature egg. Distally the contents of the tubule show a further 
disintegration and the position in the tubule in which the very youngest 
stages can be found is further towards the tip. The youngest stages 
must be passed over as they are now restrieted to a rather narrow 
zone, are more difficult to study, and show nothing new. Far distal 
in the tubule we find but few regular cells, and believe that this 
part has nothing further to do with the production of cells which are 
to play an active part. 

While we have said that the early development of the cells 
passes rapidly in this stage, we find the nuclei of both oöcytes and 
primitive nurse-cells passing through the same stages we have already 
noted. The early differentiation of the cells is the same but either 
very rapid or partly abbreviated. Dividing cells, except the epithelial, 
are restrieted to azone in which they are very numerous, oceur in all 
stages of mitosis, and may be found in groups (Fig. 70) or scattered 
singly among the other cells. 

Before synapsis there takes place in the oöcyte nucleus the 
formation of a number of chromosome like threads (Fig. 71). After 
synapsis the threads distribute themselves throughout the nucleus. 
At first (Fig. 72) they are shorter and irregular, but soon one notices 
that the nuclei have clear spireme-threads running through them; 
some of these are fairly straight, while others, especially the longer 
ones, are curved (Fig. 75). From the greater size of the nucleus the 
threads are now more distinet and longer than before synapsis, 
whether these are all of an equal length, or parts of a number of 
long threads, Tam unable to say; they nearly always show a varia- 
tion in their length. Here and there nuclei are found in this 
position in the tubule which, from a surface view, might be taken 
for a nucleus with a single spireme-thread (Fig. 74). Nuclei similar 
to these few we have last described continue for some distance down 
the tubule, until just before we find the oöcytes arranging themselves 
in the middle. Then there occurs a breaking up of the threads, 
they become shorter and loose their regular form, and some begin 
to form small masses. As we pass from this stage to the older 
oöcytes we never again meet with this structure. 

At that part of the tubule where we find the first indication of 
a chamber, a common one for both oöcyte and nurse cells, the beaded 
threads in the oöcyte nucleus have become, as such, entirely lost. 
The breaking up which we noticed in the previous stage has gone 


202 Wm. S. Marshall, 


on, and we now find a few very irregular achromatin masses in 
which are the chromatin granules.. Throughout the nucleus are 
numerous delicate achromatin fibrils and a rather large nucleolus. 
This latter, in slides stained with safranin and then well washed out, 
is very lightiy if at all, tinged, and with HEIDENHAIN’s iron-haema- 
toxylin never stains so dark as the chromatin granules. The small 
irregular masses containing the dark chromatin granules begin to 
fuse with each other, their number decreases but the few found are 
larger. The achromatin fibrils become more and more distinet; finally 
they show a beaded structure, these granules not staining nearly so 
darkly as the chromatin granules within the masses (Fig. 77). The 
union of the masses goes on, and there finally may be but one large 
‚one alone, or one or two small ones with it. 

We have already noted that in the chamber formation the oöcyte 
and the nurse-cells first group themselves together and there is a 
chamber common to all; only later do the two chambers, egg and 
nurse, become separated from each other. At first the nurse-cells 
arrange tkemselves, not only distal to the oöcyte, but also at its 
sides, so that, excepting the proximal end, they surround it (Fig. 78). 
We find that even here there is a gradation in the arrangement of 
the nurse-cells aceording to size, the smallest in each group are 
distal, the largest proximal. This arrangement we find present in 
all later stages. Epithelial cells are found in small groups at the 
sides of the oöcyte, and generally a few of them both distal and 
proximal to it; a few are also scattered in with the nurse-cells. The 
nucleus of the oöcyte is about the same as that we last figured 
(Fig. 77) and the nurse-cell nuclei are similar to those we described 
for an earlier stage (Fig. 62). 

A little later (Fig. 79) we notice that, due to an increase in the 
size of the nurse-cells, they are closer together. More epithelial 
cells are scattered among them and these are found along the margin 
of the chamber, or just above the oöcyte, where they form a small 
group (Gross). The epithelial cells around the oöcyte have begun 
to form a regular follicle but as yet, lie only as a narrow girdle 
around it; more of them have become columnar than in the last 
stage. The structure of the nuclei of all the cells remains unaltered. 

If we now pass over two or three chambers and come to an 
older one we notice that one of the greatest changes is in the size 
of oöcyte and nurse-cells (Fig. 80) and that no special change has 
taken place in the: structure of any of the nuclei. The epithelial 


Contr. towards the Embryology and Anatomy of Polistes pallipes. 203 


cells have nearly surrounded the oöcyte but the structure of their 
nuclei also remains unchanged (Fig. 81). In the nurse chamber, or 
what will later be such, a number of epithelial cells are seen along 
the margin. Whether or not they form a complete layer here is 
doubtful. In our drawing (Fig. 80) one sees such a layer, but it 
would be hard to duplicate this regularity in many of the sections. 
These marginal epithelial cells, as well as those scattered in among 
the nurse-cells, have nuclei similar in structure (Fig. 82) to those 
around the oöcyte. 

In the later stages we will not as heretofore study different 
ovarian tubules but will give separately the history of each kind 
of cell. 

The epithelial cells have been found present in both kinds of 
chambers; of those in the nurse chamber there is nothing further to 
say, they remain for a long time unchanged but finally stain much 
lighter. Part of them are left within the old chamber after all the 
nurse-cells have disappeared, and others very likely go as nourish- 
ment to the developing oöcyte. Those epithelial cells which form 
a folliele around the oöcyte have a further history but this can be 
better given if, as is hoped, we at some future time can take up 
the formation of the ehorion. 

For a considerable time as development goes on, the nurse-cells 
show no further change, remaining as we have described them 
(Fig. 63). They have already shown, in the eytoplasm around the 
nucleus, seceretory activity, and this, as they grow older, becomes 
more apparent; later we notice, as has been described for the nurse 
cell nuclei of so many insects, that they become irregular in form 
sending out pointed processes into the cell. In Polistes this is never 
so marked as in many other insects. The darkened layer of cyto- 
plasm around the nucleus becomes thicker and within it a number 
of vacuoles finally appear (Fig. 85). Between egg and nurse chamber 
an opening exists (Figs. 84, 86 and 88), and through this the oöcyte 
often sends a lobate process, this and the nearby eytoplasm of the 
oöcyte, is often seen to have a dark stringy appearance which is 
undoubtedly due to the activity of this process in the absorption of 
nourishment. Older nurse-cell nuclei loose, to a great extent, their 
irregular appearance and become again more normal in shape; finally, 
when much older (Fig. 86), the cells loose in part their outline, the 
chamber becomes emptier as if less cells were in it than formally. 
All the eytoplasm is now of the same appearance as was the layer 


204 Wm. S. Marshall, 


direetly around the nucleus and vacuoles appear in any part (Fig. 87). 
The nuclear structure has changed but little, the achromatin is more 
irregular and less net-like, the nucleoli are still present but more 
broken up. 

In older stages one can see that there is a gradual absorption 
of the contents of the nurse chambers and that those cells lying 
nearest the oöcyte are the first to go. In younger nurse chambers 
the cells lying nearest the oöcyte are the largest, but now we notice 
that, in this region, they become much smaller, due to their partial 
absorption into the oöcyte. The cells in the other part of the chamber 
have nearly all lost their boundaries, and the cytoplasm of most of 
them lies entirely distal to the nucleus, giving the appearance as if 
they were passing down towards the oöcyte to be absorbed (Fig. 88). 
When the more proximal nurse-cells have disappeared and, although 
all the remaining cells are broken up, the structure of the nuclei is 
but little changed. A mass of many small and a few large bodies, 
nucleoli, are scattered through it, of these, the large ones especially, 
stain darkly (Fig. 89). This is all opposed to the view of PAULCKE (25) 
and Gross (10) who hold that the nurse cells pass into the oöcyte, 
swallowed as it were. Such I have not found to be the case. 

The nurse chamber grows smaller and smaller as its cells dis- 
appear, and, by the growth of the oöcytes, they are pushed to one 
side, so that two neighboring egg chambers lie with their ends nearly 
touching. The nurse cell boundaries disappear and the cytoplasm also 
goes; just before the chamber is finally emptied we find in it some 
epithelial cells, two or three nurse-cell nuclei, and a small amount 
of cytoplasm (Fig. 90). 

We would record an irregularity in the finding of two nurse 
chambers without any egg: chamber between them (Fig. 91). Whether 
or not there ever was an oöcyte in the chamber, we do not know, 
but most probably it died and disappeared and its chamber was 
crushed between those of the nurse cells. 

We have seen how the oöcytes, after their chambers are formed, 
change their shape, becoming elongated and Iying with their long axis 
parallel to that of the tubule (Fig. 57); the large spherical nucleus looses 
its regular shape and a nucleolus appears in it, the beaded threads 
become broken up (Figs. 75, 76 and 77), and one or more irregular 
masses appear which contain darkly staining chromatin granules, 
achromatin strands are present in which are lightly staining granules. 
We have also seen how around the oöcyte nucleus a number of 


Contr. towards the Embryology and Anatomy of Polistes pallipes. 205 


small bodies appear which in structure resemble a nucleus (Fig. 83); 
how at first they all lie near the nucleus, but later, many move 
away and spread over the periphery of the oöcyte. We will first 
briefly take up these nuclear-like bodies and then the oöcyte. 

The origin of these bodies is not clear; BLOCHMANN (3) described 
them as budding off from the nucleus, and STUHLMANN (27) as forming 
from small coneretions near the nucleus; while BLOCHMAnN’s explana- 
tion appears very propable I am unable to prove it, not having, in 
the very many nuclei examined, ever seen any appearance of bud- 
ding. During the formation of the bodies the membrane of the nucleus 
remains fairly regular. until after most, if not all, of them have been 
formed. I see no other explanation for their origin it not being 
very probable that they come from the yolk-nucleus which is present 
in the young oöcyte, when these bodies are being formed (Fig. 78), 
but which is not seen in the older oöcytes. Any other explanation 
does not occur to me and I think, although no proof can be shown 
for it, that they originate from the nucleus. | 

In an oöcyte 0,05 x 0,08 mm in size a great number of these 
bodies are found around the nucleus (Fig. 92); they all have the 
same structure but vary considerably in size. When they begin to 
spread over the surface of the oöcyte they are found only at its 
distal end (Fig. 57) but later can be seen at any place on the surface 
(Fig. 84). When such a distribution has taken place, many of them 
still remain near the nucleus. After the elongation of the oöcyte its 
nucleus, as has been found for other Hymenoptera, lies near its distal 
end which is the part nearest the nurse chamber. When the nucleus 
of the oöcyte becomes irregular in shape, the same is true for many 
of these bodies (Figs. 95, 96 and 98); their contents becoming less 
darkly stained. The one or two darkly staining nucleoli each 
contains, remains, but the strands and the chromatin granules loose 
their distinetness and in part disappear. These small bodies, as 
well as the oöcyte nucleus, are present in the oldest oöcyte examined, 
_ one 0,24 x 0,47 mm. 

Just as we are unable to give definitely the origin of these 
bodies, so are we unable to state positively what is their function; 
it may be that a further study of the oöcyte will make this clear. 
The only explanation I can offer for their presence might be more 
plausible if they were found in other than Hymenopterous insects, 
(KorscHerr [18] Musca?). When one studies a longitudinal section 
of an oöcyte of Polistes after a large amount of deutoplasm has 

Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. £ 14 


206 Wm. S. Marshall, 


been formed, it will be noticed that it is not equally distributed but 
occupies the central portion. On the surface of the oöcyte there is 
a rather dense finely granular layer free from deutoplasm; at the 
distal end of the oöcyte there is a cone shaped mass of the same 
substance, the base of the cone is at the end of the oöcyte its apex 
extending down towards its middle and sometimes passing nearly 
through the oöcyte (Figs. 84, 86 and 88, dotted lines). The basal 
part of this cone corresponds to that part of the oöcyte which 
lies nearest the nurse-cells and where the greatest activity is taking 
place. Those parts of the oöcyte which are free from deutoplasm, 
peripheral part and distal cone, contain these small nuclear-like bodies 
and it may be they have something to do with this activity helping 
to change the contents of the nurse cells into a substance suitable 
for the oöcyte. 

The nucleus from an oöcyte having a diameter of 0,07 mm 
contains a nucleolus, one or more masses of achromatin in which 
are many darkly staining chromatin granules and an irregular reti- 
culum in which are small lightly staining bodies. Such an oöeyte 
nucleus (Fig. 95) taken from the ovary of a nearly mature wasp- 
not its oldest oöcyte- is similar to what we have already found in 
the oldest oöcyte of a younger stage (Fig. 77 and &0). The nucleus 
still retains its regular form (Fig. 93) as do also the small nuclear- 
like bodies nearit. In older and larger oöcytes we notice an irregularity 
in form and a change in structure (Fig. 94). The achromatin mass 
in this nucleus, from an oöeyte 0,12 x 0,15 mm, stains with HEIDEN- 
HAIN’S iron-haematoxylin very darkly so that no darker granules can 
be distinguished in it. The nucleolus is darker and often contains 
one or more vacuoles. With the growth of the oöcyte the form of its 
nucleus becomes irregular; the large irregular mass and the nucleolus 
remain, the irregular beaded strands break up and a fine fibrillar 
mass appears in the central part of the nucleus: here and there are 
short beaded rods, whether these latter are only a stage in the 
distintegration of the strands or new structures which may play a 
further part in the history of the egg, we are unable to say, as here 
our present investigation stops. 

We have already noted the presence of a chromatin ring (GIAR- 
DINA [8]), in the cells. This oceurs quite early in the development, 
being seen in larval stages, but disappear shortly after synapsis. 
It is a small, darkly staining ring which lies between two adjacent 
cells; two may be found between the same cells (Fig. 101) or the 


Contr. towards the Embryology and Anatomy of Polistes pallipes. 207 


single one often appears split (Fig. 50). We are unable to offer any 
explanation as to its origin or fate but merely record its presence 
in Polisies. In early larval stages it seemed that its origin could 
be traced from a solid body (yolk-nucleus?) the central part of which 
dissolving left the ring. Some bodies with lighter central parts were 
seen but not enough to give any surety of the development of the 
rings in this way. They appear to be present in the center of the 
cell (Fig. 100) but this is, we believe, due to the different view we 
have of them. Two dividing cells were also found which showed 
a ring between them (Fig. 99), and from one pole of each mitotie 
figure a fibril passed to the ring. 


Summary. 


‚In the embryos and very early larvae each gonad is a synetium 
with a number of nuclei similar in structure. Very early in larval 
life cell boundaries appear. 

The ovarian tubules develop; they at first contain cells similar 
in structure but differing in size, the largest being in the proximal 
half of each tubule. 

Each ovarian tubule when first formed, ovary A, has a distal 
half, in which the cells and their nuclei are elongated, and a proximal 
half, where they are larger and rounder. This distal part becomes 
proportionately smaller and smaller; the ceils in it never show the 
variations in structure that are seen in those of the proximal part. 

In older larvae, ovaries A and B, we find each tubule of three 
parts; a distal portion in which the cells are very similar in structure, 
a median portion, where are found the differentiating oöcytes and 
nurse-cells, and a proximal part, that becomes the oviduct. At the 
boundary, not real, between the first and second parts most of the 
cells change from undifferentiated ones; as growth goes on, this 
boundary is found nearer the distal end of the tubule, i. e. the relative 

size of the median part increases, of the distal part, decreases. 
| As the ovarian tubules grow, the cells in the distal part remain 
the same; those in the middle portion change in size and in nuclear 
structure and we can distinguish between oöcytes and primitive 
nurse-cells, ovaries C and D. The latter cells pass through a number 
of divisions. As growth goes on. these two kinds of cells become 
more and more unlike. 

After the repeated division of the primitive nurse-cells . have 
ended, the nuclear strueture of all the nurse-cells is similar. For 

14* 


208 / Wm. S. Marshall, 


a time they do not change and then, as growth goes on, the nucleoli 
increase in number. They do not again change their structure until 
broken up and absorbed by the oöcytes. 

The oöcytes pass through synapsis out of which comes long 
beaded threads. These break up, the contained chromatin granules 
remaining together in small achromatin masses. A nucleolus has 
appeared, which, after filling with vacuoles, becomes smaller. 

Small nuclear-like bodies have earlier appeared around the nucleus. 
These inerease in number and many of them pass to the periphery 
of the oöcyte. 

Mitosis occurs in the epithelial and primitive nurse-cells. After 
the oöcytes have differentiated as such, they do not divide. 


Berlin, im August 1906. 


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Explanation of Plates. 


All figures drawn with a camera-lucida. 
In many of the cells the boundaries have been drawn to show comparison 


in size but the cytoplasm has not been filled in. 


Each ovarian tubule is divided into three parts; {, the most distal of the 


210 Wm. S. Marshall, 


three parts; ov, the middle piece; odt, the proximal portion which later develops 
into the oviduct. Numbers in the tubules represent positions from which 
correspondingly numbered cells or nuclei have been taken. 

The arrow points towards the distal end of the tubule. 


Plate XII. 


Fig. 1. Section showing part of a gonad, from an embryo 1,35 mm long. 
The reproductive organ is here a synctium with the contained nuclei all of the 
same structure. >< 1600. 

Fig. 2. Enlarged view of a nucleus from the same gonad. >< 2500. 

Fig. 3. The proximal half an ovarian tubule from a larva 2,6 mm long. 
>< 1600. 

Fig. 4. One of the largest cells from the same tubule. >< 2500. 

Fig. 5. Dividing cell from the gonad of a larva of about the same age 
as figure 3. >< 2500. 
| Fig. 6. Ovary A. Ovarian tubule from a larva 7 mm; length of tubule 

0,275 mm. >< 100. 

Fig. 7. Two cells from ovary A; «a, cell from the proximal; 5, cell from 
the distal part of the tubule. >< 1600. 

Fig. 8. Group of six attached cells, from ovarian tubule of a larva 13 mm 
in length. >< 850. 

Fig. 9. Ovary B. Ovarian tubule from a larva 16,5 mm long; length of 
tubule 0,6 mm. >< 100. 

Fig. 10. Cell from position 10 in ovary B. >< 1600. 

Fig. 11. Another cell from the same ovarian tubule, taken from place at 
number 11. Line to right represents wall of tubule.. >< 1600. 

Fig. 12. A third cell from the same tubule, taken from position 12. 
>< 1600. 

Fig. 13. Ovary C. An ovarian tubule from a full grown larva which has 
just enclosed itself for pupation. >< 100. 

Fig. 14. A small part of ovary C near the distal end, showing three cells 
which reach across the tubule; from place designated by number 14 in preced- 
ing figure. >< 1600. 

Fig. 15. Young oöcyte nucleus, from point 15 in ovary C. >< 1600. 

Fig. 16. Group of cells from same ovary, taken from place indicated 
by 16. >< 1600. 

Fig. 17. A cell from position 17 in ovary C. >< 1600. 

Fig. 18. Ovary D. The proximal portion of an ovarian tubule from a 
wasp after pupation has begun. Bracket 7, represents that part which is 
enlarged in the following figure. >< 100. 

Fig. 19. Portion of ovary D shown in preceding figure by bracket T. 
This is the proximal end of the distal portion of the tubule, and the distal end 
of the median portion. >< 500. 

Fig. 20. A cell, median in position, from point 20 of figure 19. >< 2000. 

Fig. 21. A nucleus from a nearby marginal cell, from place 21 in figure 19. 
>< 2000. 

Figs. 22, 23 and 24. Three primitive nurse-cells all taken from figure 19 
at places with corresponding numbers. >< 2000. 


Fig. 25. Nucleus of a young oöcyte taken form position 25 in figure 18. 
>< 2000. i 


Contr. towards the Embryology and Anatomy of Polistes pallipes. 211 


Fig. 26. Ovary E. .Ovarian tubule from a young pupa. The long distal 
part, {, contains throughout most of its length undifferentiated cells. >< 100, 

Fig. 27. Three eells from the terminal portion of Ovary E; taken from 
position 27 in preceding figure. >< 1600. 

Fig. 28. Two nuclei, a, from oöcyte, b, from primitive nurse-cell. Taken 
from position 28 in figure 26. >< 1600. 

Fig. 29. Same a little further down the tubule, position 29. >< 1600. 

Figs. 30, 31 and 32. Three cells, the first a primitive nurse-cell and the 
other two developing nurse-cells. All from Ovary E at places represented by 
corresponding numbers. >< 1600. 

Figs. 33, 34 and 35. Mitotie figures from developing nurse-cells; from the 
middle part, oo, of ovary E. >< 1600. 

Fig. 36. Nucleus of an epithelial cell from position 36 in figure 26. Line 
to right represents wall of the tubule.. >< 1600. 

Fig. 37. OvaryF. Part of an ovarian tubule from a pupa; the lines x—x 
and <—% represent the boundaries of its middle portion, 00; only a small piece 
of the other two parts, distal and proximal is shown. >< 100. 

Fig. 38. Cell from near the base of the distal portion of the tubule, from 
position 38 in ovary F. >< 2000. 

Fig. 39. Two nuclei from the distal end of the median portion; from 
place 38 in figure 37. a, of oöcyte, db, of primitive nurse-cell. >< 1600. 

Figs. 40, 41 and 42. Three primitive nurse-cells, the last one just after 
division. Taken from places in ovary F represented by corresponding figures. 
>< 1600. 

Fig. 45. Young oöcyte with beaded chromosomes; from position 43 in 
figure 37. >< 1600. 

Fig. 44. Same a little older, first before synapsis. >< 1600. 

Fig. 45. Oöcyte and nurse-cells from position 45 in ovary F. a, oöcyte 
in synapsis; b, fully developed nurse-cell after division has entirely ceased. 
>< 1600. 

Fig. 46. The oldest oöcyte and nurse-cell in ET F. a, oöcyte, db, nurse- 
cell. ><. 1600. 


Plate XIII. 


Fig. 47. Ovary G. Two nuclei, a, oöcyte, db, primitive nurse-cell from 
older tubule; from position corresponding to figure 40 in ovary F. >< 1600. 

Fig. 48. Oöcyte nucleus, «, and primitive nurse-cell, d, from position 
slightly proximal to the last. >< 1600. 

Fig. 49.. Primitive nurse-cell in chromosome stage; from ovary G. >< 1600. 

Fig. 50. Oöcyte in chromosome stage; to the left part of another oöcyte, 
and between the two, a double chromatin ring. >< 1600. 

Fig. 51. Oöcyte, a, and nurse-cell, d, from proximal end of the middle 
portion of ovary G. >< 1600. 

Fig. 52. Ovary H. Part of the middle portion of an ovarian tubule in 
which the first chamber is being formed. Proximal to the oldest oöcyte, 56, is 
the beginning of the oviduct. Syn, region in which synapsis occeurs. >< 200. 

Fig. 53, 54 and 55. Three oöcyte nuclei from positions represented by 
same figures in ovary H. >< 1600. 

Fig. 56. Oldest oöcyte in ovary H. Only a small amount of lan in 
the neighborhood of the yolk-nucleus has been drawn. >< 1600. 


212 Wm. S. Marshall, 


Fig. 57. Ovary I. An ovarian tubule from a wasp six or eight hours 
after it has left its cell. Syn, position of the synapsis nuclei. The nurse-cells 
of the oldest chamber only, are drawn in, all cells distal to this are oöcytes. 
>< 100. 

Fig. 58. Nucleus of one of the epithelial cells which are found in the 
nurse chambers; from position 58 in preceding figure. >< 1600. 

Fig. 59. Three follicle cells from oldest egg chamber, position 59 in 
figure 57. The three nuclei are not from adjacent cells but show a resting 
nucleus, one preparatory to division and one in mitosis. &, designates that 
surface of the cells which lies nearest to the oöcyte. >< 850. 

Figs. 60, 61 and 62. Three nurse-cell nuclei from ovary I, at positions 
represented by corresponding numbers in figure 57. >< 1600, 

Fig. 63. Half of a nurse-cell from proximal part of the oldest nurse 
chamber. >< 850. 

Fig. 64. Three oöcyte nuclei «a, 5 and ce, and one nurse-cell nucleus, d, from 
‚place 64 in ovary I, just distal to the synapsis nuclei. The four nuclei are not 
so close together as in the drawing but were found within a very short distance 
of each other. >< 1600. 

Fig. 65. Oöcyte nucleus in synapsis, from position Syn, in ovary 1. 
Between this and an adjacent oöcyte is a chromatin ring; enough cytoplasm 
has been drawn to show the darkened portion within the ring. >< 1600. 

Fig. 66. Oöcyte nucleus just proximal to those in synapsis. >< 1600. 

Fig. 67. Part of oöcyte in ovary I, showing the nucleus and the small 
nuclear-like bodies. >< 850. 

Fig. 68. Nucleus and three of the small bodies from the oldest oöcyte in 
ovary I. >< 850. 

Fig. 69. Ovary J. Part of an ovarian tubule, from the undifferentiate“ 
cells to part where the cells are grouping preparatory to chamber formation, 
from an older ovary than the last. >< 400. 

Fig. 70. Four dividing cells from position 70 in ovary J. >< 1600. 

Fig. 71. Two oöcytes just distal to the synapsis nuclei. In one the 
contraction of the strands towards one side of the nucleus, has begun. Just 
enough eytoplasm has been drawn to show the darkened partin the chromatin 
ring. Ovary J. >< 1600. 

Fig. 72. Oöcyte nucleus just proximal to those in synapsis. Ovary J. 
>< 1600. 

Fig. 73. Two oöcytes, a, and one nurse-cell, 5b, further down the same 
tubule. >< 1600. 

Fig. 74. Surface view of oöcyte nucleus. Ovary J. >< 1600. 

Fig. 75. Oöcyte nucleus in which the beaded threads have commenced to 
break up; from position 75 in ovary J. >< 1600. 

Fig. 76. Oöcyte nucleus showing nucleolus and Ku irregular masses 
containing the chromatin granules.. >< 1600. 

Fig. 77. Oöcyte nueleus from position 77 in ovary J. >< 1600. 

Fig. 78. Oöcyte with accompaning nurse-cells at beginning of chamber 
formation. Among the nurse-cells are a number of epithelial; some of these 
are also around the oöcyte. >< 500. 

Fig. 79. Chamber a little older than the last. The epithelial cells have 
formed a narrow girdle around the oöcyte. >< 500. 

Fig: 80. A still older chamber. >< 500. 


Contr. towards the Embryology and Anatomy of Polistes pallipes. 213 


Fig. 81. Epithelial cell from position 81 in last figure. >< 2000. 

Fig. 82. Nucleus of epithelial cell from position 82 in figure 80. >< 2000. 

Fig. 83. Two of the small nuclear-like bodies from near the oöcyte nu- 
eleus of figure 80. >< 2000. 


Plate XIV. 


Fig. 84. One nurse-and one egg-chamber. From the oöcyte, a process, 
extends into the nurse chamber. Distal in the oöcyte is the nucleus and near 
it and on its periphery the small nuclear-like bodies are seen. The proximal 
end of the oöcyte shows the strand which extends from the oldest oöcyte 
chamber (PAULCKE), Oöcyte, oöc, 0,08 > 15 mm. >< 100. 

Fig. 85. One of the proximally situated nurse-cells from the nurse chamber 
of last figure. Cell diameter 0,03 mm. >< 400. 

Fig. 86. Nurse chamber and part of an egg chamber, oöc. The breaking 
up of the nurse-cells is noticed in the partial disappearance of their boundaries; 
the cells no longer fill out the chamber. The opening between the two chambers 
is seen. Size of oöcyte 18. >< 47 mm. >< 100. 

Fig. 87. Single nurse-cell from nurse chamber of preceding figure. The 
cell boundary is drawn more regular than it should be. >< 400. 

Fig. 88. Nurse chamber and parts of two egg chambers, oöc. The dotted 
line in the oöcyte (also in figures 84 and 86) shows the cone-shaped mass free 
from deutoplasm. >< 100. 

Fig. 89. One quarter of a nurse-cell nucleus from one of the nurse-cells 
of preceding figure. >< 400. 

Fig. 90. Parts of two egg chambers, oöc, and between them the nurse 
chamber, with only three nurse-cells, which belongs to the lower one. >< 100. 

Fig. 91. Part of an egg chamber, oöc and two nurse chambers between 
which a few epithelial cell nuclei can be seen; these represent all that is left 
of the missing egg chamber. >< 100. 

Fig. 92. An oöcyte nucleus with the surrounding nuclear-like bodies from 
an oöcyte 0,05 > 0,08 mm. The contents of only a few of the small bodies 
have been filled in. >< 1600. 

Fig. 93. Nucleus and one of the small bodies from an oöcyte 0,07 mm in 
diameter. >< 850. 

Fig. 94. Same from an oöcyte, 0,12 >< 0,15 mm. >< 850. 

Fig. 95. Same from an oöcyte, 0,14 >< 0,24 mm. >< 850. 

Fig. 96. Same from an oöcyte, 0,20 >< 0,36 mm. >< 850. 

Fig. 97. Same from an oöcyte, 0,18 < 0,47 mm. >< 850. 

Fig. 98. Same from an oöcyte, 0,29 >< 0,47 mn. >< 880. 

Fig. 99. Two dividing cells with the chromatin ring between them. 
>< 1600. 

Fig. 100. One oöcyte, a, and one nurse-cell, d, from position just distal to 
the synapsis nuclei. Oöcyte with two rings. >< 1600. 

Fig. 101. Oöcyte in synapsis showing two of the chromatin rings between 
it and neighboring cells. The darkened cytoplasm extending through the ring 
has been drawn. >< 1600. 


The early History of the cellular elements of the Ovary 
of a Phryganid, Platyphylax designatus Walk. 
By 
Wm. S. Marshall 


University of Wisconsin, Madison. Wise. U.S.A. 


(From the Zoological Laboratory, University of Berlin.) 


With Plate XV and XVl. 


The larva of Platyphylax designatus can be obtained throughout 
the year in some springs in the vieinity of MApıson, MARSHALL and 
VORHIES (26); the pupae are very easy to get, and the imagoes may 
readily be eaught if one visits the springs during the few days they 
are alive. My material was all obtained at this place and the work 
on the following paper done in the Zoological Laboratory of the 
University of Berlin. I desire to thank Prof. F. E. ScHULzE for the 
use of the laboratory and library of the Zoological Institute. 

The prineipal preserving fluid used was FLEMMInG’s, both weak 
and strong; a modification of GILson’s and HERMANN’s solution were 
also used. FLemuing's triple stain and HEIDENHAIN’s iron-haema- 
toxylin I made use of more than any other stains, but sections were 
stained with a number of the commoner fluids, and with safranin 
alone; this last, when well washed out, gave very beautiful results. 

The question concerning the origin of the cellular elements of 
the ovary has been discussed by many who have worked with the 
ovaries of different insects; such good reviews can be found in the 
works of KorscHeIr (22), Gross (11) or Hennesuy (17) that it seems 
superfluous to repeat the subject here. The discovery of nuclei and 
cells within the ovarian tubule occurred long ago; then came the 
question as to the origin of the different cellular elements, a question 
on which nearly every one who has worked on the subject has had 
something to say. Workers like Huxuey (20), LuBBock (25) and 


The cellular elements of the Ovary of Platyphylax designatus Walk. 215 


CrAus (6) gave, many years ago, a clear solution of the problem; 
to this short list might be added many more. These views have 
not been held by all and there have also been many who have given 
different ones as to the origin of oöcyte, nurse and epithelial cells. 
At present the question is that concerning the origin of the epithelial 
cells; do the cells, as many believe, all have a similar origin, or do 
these originate differently than do the oöcytes and the nurse-cells, 
Heymons (18), GIARDINA (8), Gross (11). 

It seems hardly necessary to enter here into a review of the 
work which has been done on the later maturation of the egg and 
the subject of tetrad formation. In neither of the cells which here 
in Platyphylax form paired chromosomes and have a rather doubtful 
tetrad formation, has the work been carried on to the following 
division. This in the nurse-cells would of course be impossible as 
they do not again divide, and their history, where we leave it, is 
almost ended. With the oöcyte one would have to carıy on the 
observations through the formation of the polar bodies, a work we 
have not undertaken. The tetrad formation is in Platyphylax rather 
doubtful, some of the paired chromosomes undoubtedly breaking up 
without passing through this stage or, if reached, it is only one step 

in their disintegration. Our account of their formation is, in general, 
similar to that of Rückerr, Häcker and vom Ratm. 


Historical. 


Very few groups of insects have received less attention from 
entomologists than have the Phryganeidae, and when one endeavors 
to find papers treating of the anatomy or histology of the reproduc- 
tive organs, there is very little to be found. The only papers I have 
been able to find which, in this group of insects, would be of any 
comparative interest with our subject are those by BRANDT (3), STUHL- 
MANN (36) and Srırz (34). | 

BrAnpr’s (3) work has here and there a mention of the ovary 
of Holostomis phalaenoides, the principal caddis-fy he studied; he 
was unable to find an epithelial layer around that part of the chamber 
in which were the nurse-cells, and noted, correetly, that these same 
cells become spindie shaped around the old oöcyte. His figure of 
an ovarıan tubule of Holostomis shows very little cellular structure. 
At one place he says »An den voluminösen und grobkörnigen Dotter- 
bildungskeimbläschen von Holostomis konnten die Keimflecke weniger 
überzeugend zur Anschauung gebracht werden.« 


216 Wm. S. Marshall, 


STUHLMANN (36) figures (Plate VII, Fig. 113 and 114) two 
chambers of the ovary of Anabolia; one of these a young and the 
other an old one. The structure of the nuclei is not well given, but 
in the younger oöcyte, »Im Keimbläschen ist ein größerer Nucleolus 
und einige Granulationen sichtbar, welche wohl als Reste des Kern- 
gerüstes anzusehen sind«. In the oldest oöcyte the nucleus is 
represented by a small irregular mass in one corner. The nurse- 
cell nuclei are all regular in outline He called attention to the 
similarity of these tubules to those of the Lepidoptera. 

Srırz (34) has very little to say about those parts of the ovary 
with which we are most interested. In the end chamber of Phry- 
ganea striata he found two kinds of nuclei; »Die Endkammer jeder 
Eiröhre zeigt im Innern zwei Arten von Elementen: eiförmige,. oft 
gekrümmte Kerne, welche hell und feingranuliert sind, und kugel- 
förmige homogen aussehende mit dunklem Nucleolus.« The first of 
these two kinds, becomes, further down the tubule, spindle-shaped, 
and they later become the nuclei of the epithelial cells; the second 
kind become the nuclei of the oöcytes and nurse-cells. In the terminal 
filament of Molanna augustata there were, near its end, both small 
and long nuclei, but further down these changed and were shorter 
and nearly round in outline. | | 


Observations. 


Ovary A. This ovary was taken from the youngest larva I had, 
and, while not as early a stage as I wished to commence with, it 
was impossible, without waiting at least an entire year, to procure 
any younger ones. A study of the many tubules of which this ovary 
is composed, shows that there is quite a variation in the develop- 
ment reached by the cells in different ones. As in Polistes, each 
ovarian tubule showed that the cells in its proximal end or in the 
middle, were more advanced than those at the distal end. When 
two tubules, one showing a further development than the other, were 
compared, it was noticed that the more advanced cells which the 
older tubule contained, were always present at or near its proximal 
end. Thus in the youngest tubule of this ovary no nuclei were found 
in which the spireme-thread was present; in the older ones on the 
contrary such a stage was found but never in the distal part of the 
tubule.. Some of the youngest tubules showed, in each section, two 
to six cells in the nuclei of which the spireme-thread was forming; 
in all such sections these few cells were in the proximal end. 


The cellular elements of the Ovary of Platyphylax designatus Walk. 217 


Any tubule (Fig. 1) from ovary A shows distally a well formed 
terminal filament, the cells of which, except at its very tip, are 
elongated and lie across the filament Leypıc (24), PAULCKE (28). 
The nuclei within these cells are also much elongated; each contains 
a small nucleolus and a number of chromatin granules which are 
connected by achromatin strands (Fig. 2). Following the terminal 
filament is a large chamber, oval in outline, in which cells are found 
in different stages of development. These chambers differ somewhat 
in shape, due to the pressure of the neighboring ones, and we find 
them long and narrow, or shorter and thieker. Along the margin 
lie most of the smallest cells; they may show an epithelial-like 
arrangement, or, in many tubules, this may to a great extent be 
lost. It is not true that all marginal cells are small and have small 
nuclei, for we find, here and there, some on the margin as large as 
any in the central part of the chamber (Fig. &c). Tönnices (37) 
has found that in Myriopods some of the epithelial cells of the wall 
of the ovary, grow to form undifferentiated cells, which may later 
develop to oöcytes, nurse- or follicle cells. Proximal to this chamber 
is a stalk which connects it to the long oviduct common to all the 
tubules of each ovary. In this early stage the stalk has a small 
lumen but the oviduct itself (Fig. 1 odt) is still solid. Of these latter 
parts no further notice will be taken, this account being confined 
entirely to the cells which lie between the terminal filament and the 
basal stalk, and from which develop the oöcytes, nurse- and epi- 
thelial cells. In both the stalk of the tubule and the oviduct there 
are many mitotic figures. 

From this ovary, A, we shall select two tubules, one of the 
youngest (Fig. 1) and one of the oldest (Fig. 8), and describe the 
different kinds of nuclei the cells in each contain. In most, but not 
_ all, of the seetions through any of the tubules are a few mitotie 
figures; they may occur in any part but are more numerous near 
the margin. 

In the youngest tubule (Fig. 1) are a number of cells with nuclei 
showing different structures but there are not so many kinds as will 
be found in later stages. In the distal region we find the greatest 
amount of similarity in their structure, but even here the cells differ 
much in size and also in the contents of their nuclei. Some of the 
cells Iying at this region along the margin show, from their nuclear 
structure, a great similarity to the cells of the terminal filament; 
these represent the youngest stage. In Polistes we have shown that 


218 Wm. S. Marshall, 


the gonads of the embryo and youngest larvae contain nuclei which 
are all similar (Henkıng [16]. We believe that in Platyphylax the 
same would be true and that this kind of nucleus would be the only 
one found in the very young larvae. These undifferentiated cells 
(Figs. 3, 4 and 5a) have either an oval or sperical nucleus; in this 
there is a single achromatin nucleolus, a number of small ehromätin 
sranules connected by achromatin strands. These cells and their 
nuclei grow; the first change we notice in their structure is an in- 
crease in the size of the chromatin granules which become very 
prominent (Figs. 3 and 4b). Cells with such nuclei are mostly in 
the distal half of the tubule. The chromatin granules become in 
many so prominent as to appear, from a surface view, to nearly fill 
the nucleus. They are mostly peripheral in position and are nearly 
square in shape. The large achromatin nucleolus is present, the 
strands are not so noticeable but a little achromatin matter lies 
around each chromatin granule and can be seen extending some little 
distance from many of them. Whether the strands really in part 
disappear or are hidden by the large chromatin granules I am unable 
to say. There are many nuclei with both large chromatin granules 
and prominent achromatin strands, but these we believe to be the 
next stage. Such nuclei (Fig. 5 c) we find at almost any place, ex- 
cept the proximal end, in this tubule.. They show quite distinetly 
a small achromatin mass around each chromatin granule and these 
are all distinetly connected to each other by strands of the same 
material (Figs. 4 and 5c). Any of these nuclear structures we can 
find in cells at the margin or in the center of the tubule, although 
certain of them, a and 5, are more abundant in the former region. 
In fact these two stages we never find at any distance from the 
margin except in the distal part of the tubule. In most of these 
early stages the nucleolus is quite prominent, and in many (Fig. 6) 
reaches, relatively, a very large size. We find that nuclei of the 
same size may have a large or a small nucleolus, but we were 
unable to distinguish any relation between relative size of nucleus and 
its nucleolus, to the stage of development. In darkly stained slides 
the nucleolus would be dark, but when the stain had been well 
washed out of the section, it either had no color at all or a very 
slight tinge; in all these sections the chromatin granules were dark. 

With the increase in distinetness of the strands we find a de- 
crease in the size of the chromatin granules, they become small and 
loose their regularity of position within the nucleus. This tubule 


The ceellular elements of the Ovary.of Platyphylax designatus Walk. 219 


also shows a more advanced stage, represented however by few cells 
and these at the proximal end. In these (Fig. 7) the former large 
chromatin granules have entirely disappeared and the strands have 
become quite regular. In these nuclei are seen a number of dark 
and of light granules; the former are the ends of the strands, seen 
in real or optical section, the latter represent the beginning of a 
- beaded structure which becomes more noticeable in older stages. 

The second, more advanced, tubule from ovary A (Fig. 8) shows, 
even under a low power, quite a difference from the one we have 
described. At the distal end, and along a part of the margin, are 
a number of cells with nuclei very similar in structure to those we 
found present in the younger tubule.. We find some which are similar 
to those we have designated as the youngest, undifferentiated, stage; 
others are also present with large prominent chromatin granules 
(Fig. 95) and some in which these have begun to disappear and the 
chromatin strands to become more distinet. As development goes 
on the chromatin granules decrease in size and regularity of position 
and the strands, which before this were prominent, begin to show a 
beaded appearance (Fig. 9c). In larvae of Bombyx GRÜNBER«G (12) 
observed that the oogonia lying nearest the oviduct, changed the 
original arrangement of their chromatin and form a spireme. After 
the disappearance of the chromatin granules, beaded strands are all 
that we notice, except the nueleolus, within the nucleus (Figs. 11, 
12 and 15). Along the margin some cells show, by the structure of 
their nuclei, that they are not so far advanced. 

In all the tubules of this ovary there are found a few cells 
which are larger than any of the others (Fig. 14). These apparently 
pass through the same stages as the others and can be found in 
any of those we have so far described. At first it seemed possible 
"that these were the oöcytes, which, in the later stages, will be seen 
to be larger than the nurse-cells,- although their nuclei show but a 
slight, if any, difference in size. This explanation seemed very good 
but when we came to study the older stages we failed to find a few 
cells larger than the others. It seems more likely that there is a 
eonsiderable difference in the size of the cells, and that the few 
largest are, from their size, more noticeable than the others. 

We notice, in this youngest larva, that there are many different 
nuclear structures but that they are all very similar to some one of the 
several we have described. The first differentiation of the cells has 
here taken place, and we find that they all come under one of two 


220 Wim. $S. Marshall, 


sroups; 1st, cells with nuclei similar to those of the terminal filament; 
2nd, those with nuclei very different from this in structure, but which 
we believe have come from nuclei similar to the first group. Of the 
first group there is little to be said. We meet them again in all 
the stages we study, and, in the pupa, cells with similar nuclei form 
the epithelial layer. These undifferentiated cells show no further 
change in nuclear structure but, inereasing in number by mitosis, 
form the folliele around the oöcyte and the thin epithelial layer of 
the nurse cells. While the second group shows many different nuclear 
structures the cells all pass through the same development; as yet 
they show no indication of their future fate. 

Mitosis occurs throughout this ovary and the question at once arises, 
do these cells, in their development from undifferentiated ones and 
after they have reached the second group mentioned above, pass 
through one or two divisions, or, are the dividing cells only the 
undifferentiated ones increasing in number. This is a diffieult question 
to answer. From our study of Polistes we found that at one time 
all nuclei within the gonad were similar in structure; as the gonad 
grew these nuclei increased in number, dividing mitotically. The 
same is undoubtedly true for Platyphylax at corresponding stages. 
In the older larvae and pupae of Platyphylax we fail to find nearly 
so many dividing cells as in this stage. If the cells we have just 
been. describing, those of the second group, passed through one or 
more divisions we must have found in some of the many ovaries 
examined, a zone containing many cells in mitosis, or else some 
region, as that of synapsis, where a number of dividing cells would 
occur together. This we do not find, and we hold that after the 
oöcyte or nurse-cell has started on its development from an undif- 
ferentiated cell, it does not divide. This we did not find true for 
the nurse cells of Polstes where a number of divisions take place. 
In the two inseets the conditions however are different. In Polstes 
the number of nurse-cells accompaning each oöcyte is much greater, 
as is also the number of eggs each ovarian tubule produces. In 
Platyphylax the eggs are all laid in a very short period, but in 
Polrstes, this period is very much longer and the eggs in the ovary 
are continually growing. 


Ovary B. This ovary shows a considerable advance over what 
we found in the last one and its oldest cells are much further 
developed. If we take any section which passes longitudinally through 


The cellular elements of the Ovary of Platyphylax designatus Walk. 221 


the center of a tubule, we can trace in it nearly the entire history 
of the cells, from their first change from an undifferentiated cell, to 
the stage when they have the paired chromosomes as possessed by 
all young oöcytes and nurse-cells.. All these last mentioned, here 
the oldest, cells have similar nuclei, and it has been impossible, in 
this tubule, to distinguish between oöcyte and nurse-cell; at a little 
later stage this can be done by the size of the former. We shall 
see later that when the group of oöcyte and aceompanying nurse-cells 
are first formed they show no difference in nuclear structure. 
Distally in this tubule (Fig. 1a, 5b and c) we find the same 
nuclear structure present that we found in the younger ovary. Only 
a few undifferentiated cells (Fig. 15 «) are present, and these are, 
with few exceptions, found on the margin. In most of the cells at 
this end the nucleus shows a number of large chromatin granules, 
and this stage is here much more prevalent than any other. These 
are of exactly the same structure as we found in ovary A (Figs. 3, 
4 and 55); each has an achromatin nucleolus and a number of large, 
rather square, chromatin granules (Fig. 165) around each of which 
lies a small mass of achromatin. The next stage, that in which the 
achromatin strands become prominent, is found scattered in among 
these last and also lying proximal to them (Fig. 15 c). During this 
change many of the strands show a beaded structure even before the 
chromatin granules have decreased very much in size (Fig. 16 c). 
We find that, as the ehromatin granules disappear, the beaded strands 
become more and more prominent until, when the spireme-threads 
have formed, there is nothing left of the former (Fig. 20). A some- 
what similar spireme-thread stage is figured by GRÜNBERG (12) for 
Bombyx mori and he says that all »Keimzellen« nuclei pass through 
it. He deseribes the thread as at one time beaded. A beaded spireme- 
thread has been found by STSCHELKANOVZEW (35) for Aphis rosae. 
At about the middle of the tubule (Fig. 15 c) we find a number 
of nuclei in synapsis; these are at once distinguished by their 
strueture and their staining darker than in the last stage. Neither 
PAULCKE (28) for Apis, nor GRÜNBERG (12) for Pieris, could find 
any cell boundaries during synapsis as we find them here in Platy- 
phylax. The nucleolus is still present but generally hidden, it does 
not always lie at the pole towards which tbe threads have con- 
tracted. It is rather difficult to distinguish any difinite arrangement 
of the threads; most of them lie elosely packed together and do not 
show such great regularity as GrarnInA (8 and 9) has figured for 
Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. 15 


22 Wm. S. Marshall, 


Dytiscus and Mantıs. The threads staining darkly makes it imposs- 
ible to always distinguish their beaded structure (Fig. 21). After 
synapsis the threads become again distributed throughout the nucleus: 
at first they are quite thin and are beaded (Figs. 22 and 23). The 
cells that come out of synapsis develop to either oöcyte or nurse- 
cell (WOLTERECcK [41]) but it is yet some little time before we can 
distinguish between them. 

There now oceurs a rather sudden change in nuelear structure 
the transitions to which we have not been able to determine; this 
is the change from the last stage (Fig. 23) to what we next find 
(Fig. 24). In this latter we see that the threads have become very 
much thicker and shorter, and that in each, two long, narrow chromo- 
'somes have appeared. These are thin, somewhat eurved to follow 
the shape of the thread, and they stain quite darkly. In diagonally 
cut threads they naturally appear as two short rods. Contraction of 
the thread goes on, the chromosomes become shorter and thicker and 
increase in distinetness (Figs. 25 and 26). The position of the cells 
having such nuclei is shown (Fig. 15 g) and they are seen to lie 
further towards the proximal end than any we have hitherto described. 

At least one quarter, the proximal, of this tubule, is oceupied 
with cells whose nuclei show, that the eontraction ofthe threads and 
chromosomes, is completed. Each piece of the former thread is now 
nearly square and contains a pair of short chromosomes (Fig. 27). 
The nucleolus is still present and remains unstained entirely or only 
slightly tinged. 


Ovary ©. This larval ovary shows very distinetly the grouping 
of the oöcytes with their accompaning nurse-cells; no chambers are 
yet formed, nor do we find that the two or three oldest oöcytes, are 
arranged behind each other in the tubule as in older stages. In 
the section of the tubule (Fig. 28) we have drawn, we see the 
proximal oöcyte lying in the middle, but other tubules from this 
same ovary showed, at this region, two 1ying side by side. The 
proximal half of the tubule is occupied by groups of oöcytes and 
nurse-cells, and in the distal half are cells which show the different, 
earlier stages, of development. Of these latter we will here say 
nothing the structure being similar to what has been described for 
ovary B, and nearly the same, as we find in a slightly older stage, 
ovary D, which we next take up. 

The ovary we now deseribe, C, shows so well the change and 


The celluiar elements of the Ovary of Platyphylax designatus Walk. 223 


breaking up ofthe paired chromosomes in the nurse-cell nuclei, that 
we will speak of it at this place. The formation of the dyads, of 
their assuming a dumb-bell shape, and finally the tetrad formation, 
is very similar in the nurse-cells of Platyphylax to what GIARDINA (8) 
found in the same cells 'of Dytiscus. GRÜNBERG (12) also notices 
for Pieris, that the tetrads in the nurse-cell nuclei, break up into 
many small granules which finally fill the nucleus. In about the 
middle of the tubule each oöcyte has lying distal to it, or slightly 
at its side, a group of nurse-cells; in the nueleus of both kinds of 
cells there is, besides a large achromatin nucleolus, a number of 
small achromatin masses, remains of earlier threads, in each of 
which lies a pair of chromosomes. In the youngest group we have 
drawn (Fig. 29) the oöcyte is larger than any nurse-cell, but the 
structure of its nucleus is the same. As in all the groups the oöcyte 
nucleus remains unchanged (Figs. 29 to 33 oö), we need not speak 
of it but confine ourselves to that of the nurse-cells. A little older 
stage shows, that while there are some distinet paired chromosomes 
present, in the place of many of them there is an apparent tetrad 
formation (Fig. 30). Some of these are undoubtedly tetrads, but in 
others the appearance is due to the chromosomes each having the 
shape of a dumb-bell with a thin, bent handle, which is not always 
seen. A slishtly older cell (Fig. 31) shows about the same structure, 
but we notice, that instead of paired rods or of tetrads, there are 
some groups of five or more small chromatin granules which have come 
from the breaking up of the paired chromosomes. Still a little later 
(Fig. 32) these paired chromosomes and tetrads entirely disappear, 
and in their place, we find small groups of chromatin granules, not 
of five or six, but more in number. Each group is entirely distinet 
from the others. The granules then spread throughout the nueleus 
until they oecupy a position similar to what we find in the oldest 
nurse cell (Fig. 33) of this tubule; here the groups have become 
entirely lost and the ehromatin granules spread throughout the nucleus 
GIARDINA (8), GRÜNBERG (12). They have increased very much in 
- number, but only in part fill the nucleus, leaving in it large, empty 
spaces. As we have already said the first of these granules come 
from a breaking up of the paired chromosomes; whether the others 
come from those already formed or not we do not know. The 
number seen in older nurse-cell nuclei is too great to all be derived 
from a breaking up, or a separation, of the paired chromosomes. 
In the oldest nurse-cell nucleus of the next stage, ovary D, (Fig. 36) 
15* 


224 Wim. $. Marshall, 


we find a nearly similar structure. There are here however two 
nucleoli instead of one and, as in older stages, we always find them 
more in number, we judge that here this increase has begun. Here 
also we find the nucleoli always staining and they become the most 
prominent structures within the nurse-cell nucleus. 

In ovary C, we have for the first time found that oöcytes and 
nurse-cells have become differentiated and many of them arranged 
in groups, each one of which will, in still later stages, form a 
chamber. In the youngest group we can here distinguish as such, 
we find that the only difference between oöcyte and nurse-cell, 
is in the larger size of the former; their nuclei are, both as to size 
and structure, alike. The paired chromosomes which both contain, 
are at first similar, but here in this larval stage, ovary C, those 
within the nurse-cell nuclei begin to change and from them come 
a large number of small chromatin granules. The single achromatin 
nucleolus of the nurse-cell nuclei persists throughout, but at a little 
later stage, ovary D, we always find more than one. While the 
nurse-cell nucleus has passed through these changes that of the 
oöcyte remains unchanged. 


Ovary D. This larval ovary shows (Fig. 34) that it is somewhat 
older than the last; there are as yet no chambers formed but the 
three oldest groups of oöcyte and nurse-cells are arranged in the 
center of the tubule. In the last ovary we described the proximal 
half of the tubule, and, as in this one nothing different in cellular 
structure is shown, we shall confine the description to what is found 
in the distal part. 

Here. (Fig. 35) we find a more distinet epithelial layer than is 
senerally seen. The cells composing it are in different stages of 
development: undifferentiated nuclei, @; some with large chromatin 
granules, d; and those in which the threads have begun to be 
formed, ec. Of these the undifferentiated kind, a, are found along 
the margin and most of them close to the distal end of the tubule; 
the other two kinds are found both at, and away from, the margin. 
In the center different stages in the formation of the spireme-thread 
are seen and some nuclei in synapsis. The most proximal of all 
the nuclei are seen to have the paired chromosomes already formed. 
All of these nuclei have an achromatin nucleus. 


Ovary E. This tubule (Fig. 7) is from the ovary of a pupa; it 
has five well developed chambers each with an oöcyte and the ac- 


The cellular elements of the Ovary of Platyphylax designatus Walk. 225 


companying group of nurse-cells.. These cells have increased very 
much in size; the epithelial cells have increased in number, and 
arranged themselves around the oöcyte and, indistinetly, around each 
group of nurse-cells. They also separate the chambers from each 
other, and a few may lie between an oöcyte and the nearest nurse- 
cells belonging to it. 

Distally there is as usual a terminal filament; this is followed by 
a long, narrow end chamber which, by a slight indentation, is nearly 
divided into two parts. In this end chamber (Fig. 38) are found a 
few developing cells and a number of bodies we hold to be dead 
ones. These latter are of different shapes; each lies in a clear space 
and eonsists of a rather homogenous mass in which is a large, darkly 
staining body that, in most of them, has a distinet outline; in some 
however this is not so and the stained part goes over very gradually 
into the unstained mass. A few of these bodies are large and dif- 
ferent consisting of a rough unstained mass in which no structure 
can be made out. The regular cells which are here present, show 
different stages in development from the undifferentiated cells, «, to 
those with large chromatin granules, 5, and one, c, in which the 
strands are being formed. Near the proximal end of the tubule are 
two cells, d, in the nuclei of which the spireme-thread is already 
_ formed. 

In the five chambers (Fig. 37) we notice, as we pass from the 
youngest to the oldest, that the proportion of each chamber occupied 
by the oöcyte increases, and that filled by the nurse-cells, decreases. 
The first, most distal, chamber shows five nurse-cells, the nucleus 
of each contains one or two rather large nucleoli and a great many 
small granules; these latter are connected by delicate achromatin 
fibrils. The nucleus of the oöcyte contains a few of the paired 
chromosomes we have already noticed. Epithelial cells lie around 
the oöcyte and a few are seen at the margin of that part of the 
chamber in which the nurse-cells lie. In this youngest chamber the 
cytoplasm of all the cells stains equally, but, in the older ones, the 
nurse-cells are darker than is the oöcyte. 

The oöcyte of the second chamber may have either a round or 
a pyriform nucleus, the latter shape, when present, being due to a 
thick process which extends up between the nearest nurse-cells. In 
the three other chambers, the oöcyte becomes much flattened and is 
more rectangular in outline. In each of the four last oöcytes the 
nucleus contains a large nueleolus in which there are a number of 


226 Wm. S. Marshall, 


vacuoles. The paired chromosomes, present in the earlier stages, 
have disappeared, but the achromatin masses, former threads, are 
present and in each are one or more small chromatin granules, or 
rods; there are also very many smaller achromatin podies free from 
these. All these parts are joined by achromatin fibrils. The outline 
of the oöcyte nucleus is generally irregular but not so much so as 
are most of the nurse-cell nuclei. Within the basal part of the 
oöcytes, are generally a number of round, dark bodies, which represent 
some product of the metabolism of the cell; in specimens preserved 
in FLEMMING, these are always black. 

In all the four oldest chambers the nurse cell nuclei are very 
similar. Each contains a few large, irregular nucleoli, which stain 
darkly, a great many small granules, also staining, and achromatin 
fibrils connecting these. Many, but not all, of the nuclei are quite 
irregular in outline. 

In the nucleus of each of the two oldest oöcytes, we find that 
a change has taken place which connects the younger ones we have 
described in other stages (Fig. 36), with the oldest one of the next 
ovary (Fig. 49). The nucleolus is present, containing two or three 
large and a great many small, vacuoles, which almost fill it, DugLix (7). 
Scattered throughout or occeuring in groups are a great many small 
unstained bodies.. A few of the largest of these still show within 
them a distinet chromatin spot or spots; this is all that is left of 
the earlier paired chromosomes. In the space left free from these 
bodies there is a delicate achromatin fibrillar mass. 

In ovary C, we found that the paired chromosomes which are at 
one time similar in both oöcyte and nurse-cell nucleus, broke up 
into many pieces which became scattered throughout the nucleus. 
In the oöeyte nucleus this change was not seen but the structure of 
the oldest oöcyte in that stage was similar to the youngest (Figs. 29 
to 33 0ö). We now find in the pupa that, while the younger oöcyte 
nuclei still have the paired chromosomes in them, the oldest ones 
show a different structure. The change is not however similar to 
what we found in the nurse-cells nuclei. In an old larva one can 
find that a few of the paired chromosomes in the oöcyte nucleus 
have changed to tetrads (Fig. 36) but we doubt if they all pass 
through such a change. Each pair of chromosomes lies, as already 
described, in a small mass of achromatin, the remains of the con- 
tracted thread. As new achromatin bodies appear in the nucleus, 
some are always to be seen which are larger than the others, and, 


The cellular elements of the Ovary of Platyphylax designatus Walk. 227 


in each of these, is a distinet chromatin rod or dot (Figs. 39 and 40) 
which is all that remains of the paired chromosemes or the tetrads. 
These we find persist through still older stages (Fig. 49). The history 
of the nucleolus in the oöcyte nucleus differs from that in the nurse- 
cell. Here in the oöcyte it does not change to a chromatin one, nor 
do we as a rule find oöcyte nuclei with more than a single one 
althoush some are seen with one large and one or two small ones. 
The nuceleolus first changes by becoming filled with vacuoles and 
then, at a later stage (Fig. 49), decreases in size. 


Ovary F. This -tubule is from the ovary of a pupa. Ina 
longitudinal section one can distinguish a small terminal filament, 
followed by an end chamber which, in very many tubules, is divided 
by a small indentation into two parts. The anterior of these contains 
a number of nuclei in early stages of development up to the forma- 
tion of the paired chromosomes (Fig. 42). In the more proximal part 
are found oöcytes and nurse-cells which are already arranged in 
groups. Following this are the regular chambers (Fig. 41), small at 
first, but, as we pass down the tubule, the cells increase consider- 
ably in size and consequently the chambers themselves. In this 
tubule there are five well marked chambers, separated, in an external 
view, by indentations formed by a narrowing of the tubule. In sec- 
tion the chambers are also seen to be separated by elongated 
epithelial cells which extend across the tubule. Each chamber is 
divided into a distal part containing the nurse-cells, and a proximal 
portion within which lies the oöcyte; between these there is no 
distinet separating part. In all tne chambers a well defined layer 
of epithelial cells surrounds the oöcyte, but, along the margin of 
that part in which lie the nurse cells, one sees only a few epithelial 
nuclei. 

To show the relation of the cells to each other three views are 
given: Ist, (Fig. 42) most of the terminal filament and the distal 
portion of the end chamber; 2nd, (Fig. 45) the other, proximal, part 
of the end chamber; 3rd (Fig. 41) the remainder of the tubule 
showing the five chambers. The second and third of these drawings 
were from the same tubule, but the first from another one of the 
same ovary. 

The terminal filament (Fig. 42) is composed of a single row of 
cells, these are nearly square at its tip but they narrow very much 
towards its base. The shape of the nuclei changes with that of the 


228 Wm. $S. Marshall, 


cells; in structure they are similar to those we deseribed (Fig. 2) 
from an earlier stage. Distally within the end chamber are a number 
of cells with undifferentiated nuclei (Fig. 42 a); their similarity, both 
to those occupying a like position in younger tubules (Figs. 4, 15 
and 35a) and to nuclei of the terminal filament, is noticeable. Other 
early stages are found in this region, those in which the ehromatin 
sranules are very large (Fig. 42 5b) and also nuelei in which the 
achromatin strands are becoming prominent (Fig. 42 ec). Whether all 
the most distally situated nuclei have cell boundaries or not is dif- 
ficult to determine. Proximal to these cells is a group in whose 
nuclei the spireme-threads heve been formed (Fig. 42 d). These do 
not here show any variations, the threads stain but lightly, and they 
belong therefore to a stage previous to synapsis. Following these 
are some cells whose nuclei have very distinet paired chromosomes. 
In all these a chromatin nucleolus is present. The paired chromo- 
somes lie in small achromatin masses. To the left in this figure 
are shown a few abnormal cells which are disintegrating, and have 
already lost their regular form and structure. Such bodies are found 
in many of the sections from ovaries of different ages, but not so 
abundantly in young, as in old ones. 

The next part (Fig. 45) shows a few undifferentiated nuclei, 
which later become epithelial cells, and three groups of oöcyte and 
accompaning nurse-cells. The proximal of the three groups shows 
only four nurse-cells, the oöcyte belonging to these, not being in the 
section from which the drawing was made. Just distal to these three 
sroups are a number of cells (Fig. 42) in whose nuclei are many 
paired chromesomes; here in the groups we also find a similar 
structure in the oöcyte nuclei, but see that in the nurse-cells they 
have begun to break up. This is here similar to what we described 
for the last stage. The paired chromosomes always Gap from 
the nurse-cells earlier than from the oöcytes. 

The remaining and much the largest part of the tubule (Fig. 41), 
is composed of five distinet chambers which show a regular gradation 
in size. The oöcyte of each of the first two chambers sends a large 
blunt process up between the nearest nurse-cells (Fig. 44). The 
nucleus of this, the youngest, oöcyte shows the paired chromosomes 
still present, and with these a large achromatin nucleolus. In the 
next oldest oöeyte this is not the case (Fig. 46), the paired chromo- 
somes have nearly disappeared as such, and in their place an irregular 
chromatin rod or small mass is seen. In still the next oldest oöcyte 


The cellular elements of the Ovary of Platyphylax designatus Walk. 229 


(Fig. 47) this change is shown more clearly and in each achromatin 
mass we still find, instead of the paired chromosomes, the small 
pieces as in the last. Loose achromatin fibrils become, in this stage, 
more distinet. Here will be noticed a difference in the fate of the 
paired chromosomes in the oöcytes and in the nurse-cells. In the 
former we have just learned that, still remaining in the original 
achromatin mass, they break up into a few small pieces which remain 
in the original position. In the nurse-cell nuclei we found that this 
reaking up occeurs earlier, and the resultant pieces become scattered 
throughout the nucleus. | 

In many of the nurse-cells of these chambers we find that the 
nucleus shows an irregular form; this may be a general irregularity 
over the entire surface (Fig. 48), or one or more deep indentations 
at one place (Fig. 46). This has to do with the secretory activity 
of the nurse-cells of which we will speak later. 

Concerning the epithelial cells there is little to say that cannot 
be seen from a view of the tubule (Fig. 41). In that part of the 
chamber occeupied by the nurse-cells, they are almost entirely missing, 
only a few nuclei being found along the margin. We are inclined 
to the belief that there is here a continuous layer of epithelial cells, 
but that the pressure from the nurse-cells has so flattened them, 
that only here and there can they be seen. Between the chambers 
there are a number of long narrow cells which are much larger than 
the others, and, excepting near its base, each is nearly empty. 
Between each oöcyte and its accompanying nurse-cells there are also 
a few flattened epithelial cells. All these cells have similar nuclei 
(Fig. 50). | 

We have already noticed the breaking up of the paired chromo- 
somes of the nurse-cell nuclei into many small granules. After this 
has oceured each nucleus also contains a few irregular bodies, 
nucleoli, which now stain, and which we believe came from the 
single unstained one of the earlier stages. It has been continuously 
present through all of the stages. During the further growth of the 
nurse-cells there is no change in nuclear structure except an increase 
in the number of nucleoli. Wether these come from the one already 
present, or from some other substance within the nucleus, we do 
not know. The fine achromatin fibrils are much more distinet in 
the older stages. 

The nucleus of the oöcyte, after the breaking up of the paired 
ehromosomes, contains a large, generally vacuolated, nucleolus which 


230 Wm. S. Marshall, 


is unstained; besides this there are many achromatin bodies in a 
few of the larger of which the remains of the paired chromosomes 
may be seen. There are also a number of achromatin fibrils con- 
necting these parts. The changes from here we have spoken of in 
another stage and will now only call attention to the nucleus of the 
oldest oöcyte in this tubule. This (Fig. 49) shows a proportionally 
smaller nucleolus and a great increase in the number of the achro- 
matin bodies which do not as yet entirely fill the nucleus. 

Korscheur (21) some time ago called especial attention to the 
secretory activity of the nurse-cells in inseet ovaries, and many 
others have noted the same fact. This is shown so plainly in Platy- 
phylax, that we would call attention to it in this stage where it 
shows as well as in any other. Before the group of oöcytes and 
nurse cells have arranged themselves into chambers (Fig. 45) this 
activity has begun. The cytoplasm around the nuclei, especially _ 
along those parts facing other nuclei, is darker and denser than that 
found in the other part of the cell. This oceurs on those sides of 
the nurse-cell nuclei which face the oöeyte, and in that part of the 
oöeyte which lies nearest the nurse-cell. These darkened masses 
may fuse with one another or strands may connect them. As yet 
the regularity in outline of the nuclei has but slightly changed, if 
at all. In older groups this is different (Fig. 46) for we find at least 
one surface of each nucleus becoming very irregular. This is due 
. to a sinking in of the nucleus at one point, and, where this oceurs, 
its surface is exceedingly irregular. This in Platyphylax may g0 so 
far as to nearly penetrate the nucleus or separate it into two parts. 
A few cells may be found which at first appear to be binucleate, 
but this appearance is only due to the partial separation of the single 
nucleus. In older stages (Fig. 47) this activity is still noticed; the 
oöcyte nucleus is also irregular but not so markedly so as that of 
the nurse-cells. 


Ovary G. This ovary is from an old pupa; in each tubule there 
are four or five chambers and a terminal filament. The proximal, 
oldest, chambers show a great increase in size; they have broadened 
so much that the last one is nearly round. The difference between 
these and the others is not in size alone but also in the structure 
of the oöcyte and its nucleus. 

The most distal of allthe chambers (Fig. 51 7) not only contains 
a few cells in different stages of development, but, in its proximal 


The cellular elements of the Ovary of Platyphylax designatus Walk. 231 


part, are to be found an oöcyte and its accompanying nurse-cells. 
The cells in the distal part do not show a very great variation in 
structure, and it would be hard, from so old an ovary, to find all 
the changes in their development. We find both ovoid and spherical 
nuclei in which there are a number of large chromatin granules, the 
majority of the cells here being in this stage (Figs. 53 db and 54). 
A few cells are also present in which the strands are becoming very 
prominent (Fig. 93 c). From this stage we pass directly to the group 
of cells in the proximal part of the tubule, without finding spireme- 
thread or synapsis stages. It is not likely that the oöcyte in this 
or even the following chamber ever develops. An examination of 
the ovary of a mature Platyphylax seldom shows more than three 
chambers containing mature eggs. This means of course the number 
in an ovarian tubule, not in the entire ovary. As the eggs are all 
laid soon after the mature insect emerges, and, as its life is very short, 
it is hardly possible that eggs which are not entirely developed before 
the mature insect emerges, will ever do so. Platyphylax is similar 
in this respect to the Lepidoptera; the same has been observed by 
Gross (10) in other forms of insects. 

The oöcyte which lies at the base of this youngest, most distal, 
chamber, has a somewhat flattened nucleus. It contains an achromatin 
nucleolus (Fig. 95) and a number of paired chromosomes similar to 
other nuclei we have described. The nurse-cell nuclei are the same 
as those we have found in the youngest stages. In the entire 
chamber there were but a few epithelial nuclei some showing a 
regular arrangement around the oöcyte. 

Nothing new is seen in the next chambers. In each the oöcyte 
nucleus contains a number of paired chromosomes although, in the 
older one, these are beginning to break up. The nurse-cells of both 
 chambers show a normal structure, the nucleus of each containing 
a few nucleoli and many of the small granules we have already 
_ noted in other stages. 

The two oldest chambers show considerable differences from 
anything we have hitherto found, and they are in a much older stage. 
This is not true of the nurse-cells which, except in their larger size, 
are quite similar to the oldest ones we found in the last stage (Fig. 47). 

Both of the oldest chambers are similar in structure. All of 
the epithelial cells that can be seen around the nurse-cells are a 
few nuclei, which are found along the margin of the tubule. Around 
the oöcyte they are somewhat flattened and retatively smaller than 


292. Wm. S. Marshall, 


in the younger chambers. The contents of the oöcytes has changed 
very much and in the tubule no transition is found between the two 
proximal and the two distal chambers. We find the two oldest filled 
with deutoplasm no trace of which was seen in any of the younger 
tubules, this fills the entire cell in the form of large, round or 
polygonal, bodies which lie in a granular network. The nucleus of 
each of these oldest oöcytes is the same (Fig. 56), it is quite irregular 
in outline with a thick membrane. Within the nucleus are very 
many irregular bodies with rounded surfaces; these stain not at all 
or slightly. They are crowded together and leave little space for a 
non-staining granular mass which is loosely scattered between them. 
No nucleolus was found in any of the oöcytes of this age. 


Summary. 


In a fairly old larva, ovary A, the first differentiation of the 
cells has taken place and we find them either; 1, undifferentiated 
or; 2, passing through the first stages in the development which is 
to result in the further differentiation of oöcytes or nurse-cells. Cells 
of the first group may either remain unchanged and become the 
epithelial cells, or, they may pass through the same changes as those 
of group two. Of group one nothing more need be said. Cells of 
the second group pass from undifferentiated cells through the following 
forms: with large chromatin granules in the nucleus, 5; appearance 
of achromatin strands and disappearance of the chromatin granules, c; 
formation from these strands of beaded spireme-threads, d; synapsis, e. 
It does not appear that the nucleolus has anything to do with chrom- 
atin formation. 

In the synapsis nuclei the threads stain more darkly than in 
the preceeding stage. 

In the youngest larvae studied, ovaries A and B, mitosis occurs 
but is seldom found in the older stages. After the oöcytes and the 
nurse-cells have started through these changes they do not divide. 
From synapsis beaded threads appear, these increase in thickness 
and in each two thin chromosomes make their appearance. The 
threads shorten and the chromosomes become shorter and thicker. 

All oöcyte and nurse-cell nuclei reach a stage in which they 
have this structure; proximal end of ovary B, but can not yet be 
distinguished from each other. 

The first differentiation of these two kinds of cells is in their 


The cellular elements of the ovary of Platyphylax designatus Walk. 233 


size the oöcytes being the larger- as yet the nuclei are similar in 
structure. Youngest group in ovary ©. 

The paired chromosomes of the nurse-cells begin to change, and, 
some first becoming tetrads, break up into a number of pieces. These 
at first remain in small groups and then become distributed throughout 
the nucleus. 

In the oöcyte nucleus the paired chromosomes, some first becoming 
tetrads, disappear as such but at a later stage than in the nurse- 
cells. They remain within the achromatin mass, former thread, 
becoming small rods or granules. 

The nucleolus of the nurse-cell nueleus persists; at first it does 
not stain or is very lightly tinged. In older pupal stages it stains 
darkly and we then find several in each nucleus, their number in- 
creasing with the age of the cell. 

The nucleolus of the oöcyte also persists. It is always unstained 
or colored very lishtly. In older pupae it fills with vacuoles and 
finally decreases in size. 

AI divisions are mitotic. 


Berlin, im August 1906. 


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18. 


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Explanation of Plates, 


All figures drawn with a camera-lucida. 
oö, oöcyte. 
ec, end chamber. 
if, terminal filament. 


Plate XV and XVI. 


Fig. 1. Ovary A. Longitudinal seetion of one of the youngest tubules of 
this ovary. The terminal filament, ?f, is here proportionally larger than in the 
older ovaries. The stalk which connects the tubule with the oviduet has already 
‚a small lumen; only part of the common oviduct, odt, has been drawn, its width 
should be a little greater than the widest part of the tubule. >< 500. 

Fig. 2. Nucleus from one of the cells of the terminal ilament; taken from 
position 2 of the preceding figure. >< 1600. 

Fig. 3. Four marginal cells from ovary A, taken from place 3 in figure 1. 
> 1600. 

Fig. 4. Four marginal cells from another tubule of the same age in 
ovary A. >< 1600. 

Fig. 5. Four cells from ovary A, taken from position 5 in figure 1. 
>< 1600. 

Fig. 6. Cell from same tubule showing the disappearance of the large 
chromatin sranules and formation of the distinet achromatin strands. >< 1600. 

Fig. 7. Two cells from the proximal end of this same tubule; their 
position is shown by figure 6 in the first figure. >< 1600. 

Fig. 8 An older tubule of ovary A, drawn without terminal filament, 
membrane or stalk. D, distal end. The numbers 8 to 12 represent the position 
from which the five following figures have been drawn. >< 500. 

Figs. 9, 10, 11, 12 and 13. Five cells (figure 8 has two cells) from the 
preceding tubule. The position from which each is taken is represented by the 
corresponding number in figure 8. >< 1600. 

Fig. 14. One of the largest cells in the ovary. >< 1600. 

Fig. 15: Ovary B. Longitudinal section through a tubule of a larva. D, 
distal end. The letters a to g, represent different stages in the development of 
the cells, «, undifferentiated cell; d, those with large chromatin granules; e, the 


2536 Wm. $. Marshall, 


formation of the achromatin strands which become, d, the spireme-threads; 
e, synapsis; f, thread which comes out of synapsis; g, shortened threads now 
with paired chromosomes. >< 850. 

Fig. 16. Three cells from the distal part of this tubule. Letters same as 
last. >< 1600. 

Figs. 17, 18 and 19. Three cells from same tubule showing formation of 
the beaded threads. >< 1600. 

Fig. 20. Cell from same ovary. >< 1600. 

Fig. 21. Three synapsis nuclei from near the center of figure 15. >< 1600. 

Figs. 22 and 23. Cells from same tubule directly following, proximal to, 
synapsis. The position of one of these is shown at point f, figure 15. >< 1600. 

Fig. 24. A cell from the same tubule, its position indicated by g, in 
figure 15. The paired chromosomes have appeared. >< 1600. 

Fig. 25 and 26. Two cells from the same tubule showing the shortening 
of the threads. >< 1600. 

Fig. 27. Two cells from the proximal part of the same tubule. In figure 15 
it will be seen that this quarter of the tubule is filled with similar cells, but as 
yet no distinetion is noticeable between oöcyte and nurse cell. >< 1600. 

Fig. 28. Ovary C. Longitudinal section through an ovarian tubule of 
an older larva; in the proximal part are several groups of oöcyte and accompan- 
ying nurse-cells. At this same end part of the stalk is drawn. >< 850. 

Figs. 29, 30, 31, 32 and 33. Five oöcytes from the proximal half of this 
tubule, each with two or three of the accompanying nurse-cells. Commencing 
with figure 29 these are successiveley older stages and show the breaking up 
of the paired chromosomes in the nurse-cell nuclei, and their persistance, thus 
far, in the oöcytes. Only enough of the boundary of each oöcyte has been 
drawn to show that it is larger than any nurse-cell. Cytoplasm not filled in. 
>< 1600. 

Fig. 34. Ovary D. Longitudinal section of a tubule from a slightly older 
larva. No chambers have yet been formed. >< 500. 

Fig. 35. Distal part of an end chamber from another tubule of the same 
ovary. >< 1600. 

Fig. 36. The oldest oöcyte and one accompanying nurse-cell from figure 34. 
>< 1600. 

Fig. 37. Ovary E. Longitudinal section through a tubule of a pupal 
ovary. The terminal filament and end chamber are not drawn. >< 200. 

Fig. 38. Section ofthe end chamber of preceding tubule. The disintegrating 
cells, »>corps residuels«,, — many labelled x — are more abundant than is 
generally the case. >< 850. 

Fig. 39. Nucleus from the oöeyte in chamber 4 of ovary E. >< 850. 

Fig. 40. Same from chamber 5. >< 850. 

Fig. 41. Ovary F. Longitudinal section of an ovarian tubule from an 
older pupa. >< 200. 

Fig. 42. Section of part of the terminal filament and distal half of the 
end chamber from another tubule of the same ovary. >< 850. 

Fig. 45. Section of the proximal part of an end chamber. From the same 
tubule as figure 41. >< 850. 

Fig. 44. Oöcyte from the first, youngest, chamber of ovary F. This shows 
the process which is often present in oöcytes of about this age, it extends 
between the nearest nurse-cells. >< 850. 


The cellular elements of the Ovary of Platyphylax designatus Walk. 237 


Fig. 45. A nurse-cell from the nearest chamber. >< 850. 

Fig. 46. A chamber from another tubule of ovary F; this is about the 
same age as chamber 2 of figure 41. >< 500. 

Fig. 47. Oöcyte and one nurse-cell from a chamber, same ovary, cor- 
responding in age to chamber 3 of figure 41. Only part of the oöcyte is shown. 
> 850. 

Fig. 48. A nurse-cell nucleus from the oldest chamber, number 5, of 
figure 41. >< 850. 

Fig. 49. Nucleus from the oldest oöcyte of ovary F. >< 850. 

Fig. 50. Two epithelial cells from those surrounding the oldest oöcyte 
of the same ovary. >< 850. 

Fig. 51. Ovary G. Longitudinal section of a tubule from the ovary of 
an old pupa. >< 100. 

Fig. 52. Terminal filament and first three chambers of the same tubule. 
>< 400. 

Fig. 53. Two cells from position be, in figure 52. >< 1600. 

Fig. 54. Cell from position b, in figure 52. 

Fig. 55. Oöcyte nucleus from first chamber of ovary G. >< 1600. 

Fig. 56. Same from the fifth chamber. >< 850. 


Zeitschrift £. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. 16 


Zur Kenntnis der Entwicklung der Keimdrüsen 
von Tenebrio molitor L. 
Von 
Dr. Theodor Saling. 


(Aus dem Zoologischen Institute der Universität Marburg.) 


Mit Tafel XVII—XVII und 14 Figuren im Text. 

Nachfolgende Untersuchungen, die als ein Beitrag zur Embryo- 
logie der Insekten gelten mögen, wurden größtenteils in Marburg 
ausgeführt, jedoch nach längerer Unterbrechung im Zoologischen 
Institut der Universität Czernowitz wieder aufgenommen und voll- 
endet. | 

Auch an dieser Stelle möchte ich nicht unterlassen, meinem 
hochverehrten Lehrer, Herrn Professor Dr. KORSCHELT, meinen auf- 
richtigsten Dank auszusprechen für die zahlreichen Ratschläge und 
das unermüdliche Interesse, das er ständig dieser Arbeit entgegen- 
brachte. Ebenso bin ich meinem hochgeschätzten, früheren Chef, 
Herrn Professor Dr. ZELINKA, zu großem Danke verpflichtet, da er 
mir in liebenswürdigster Weise Zeit und Mittel zur Vollendung dieses 
Themas gewährte. In technischer Beziehung gab mir Herr Professor 
Dr. PaAuL MAyEr während meiner Assistentenzeit in Neapel sehr 
wertvolle Winke, wofür ich ihm sehr verbunden bin. 


Einleitung. 
I. Biologische Mitteilungen, 


Das zur Untersuchung dienende Material von Tenebrio molitor 
wurde in Kisten mit Kleie gehalten. Sobald die Verpuppung der 
Larven eintrat, was unter normalen Verhältnissen gegen Ende April 
zu geschehen pflegte, wurden die Puppen gesondert. Anfang Mai 


Zur Kenntnis der Entwickl. der Keimdrüsen von T'enebrio molitor L. 239 


entschlüpften die ersten Imagines. Die Begattung erfolgte Mitte Mai, 
die Eiablage begann Ende Mai. Da die Käfer direkt in die Kleie 
ihre Eier ablegen und sie ringsum mit Kleiestückchen verkleben, ist 
eine Beschaffung von Eimaterial äußerst erschwert und zeitraubend. 
Das von Henkıng (1) angegebene Verfahren war mir zu unsicher. 
Nimmt man dagegen die Käfer aus der Kleie heraus und isoliert sie 
in einem Holzkasten, so legen sie regelmäßig ihre Eier an Stücken 
wolligen Kleiderstoffes ab, wenn Brotstücke zur Nahrung dienen. 
Auf diese Weise kann man ohne große Störung die Eier jederzeit 
entfernen und konservieren. 


Was die Entwicklungsdauer der Eier betrifft, so muß ich aus- 
drücklich betonen, daß sie im höchsten Grade abhängig ist von den 
jeweilig vorherrschenden Temperaturverhältnissen. Im normalen Fall 
beträgt sie 9—10 Tage, doch kann sie bei anhaltender kühler Wit- 
terung 18—20 Tage erreichen, während ich anderseits beobachten 
konnte, daß bei starker Hitze schon am 7. Tage die Eihülle gesprengt 
wurde. Vor letztgenanntem Termin fand jedoch niemals ein Aus- 
schlüpfen der Larven statt. 

Die Begattung geschieht bei Tenebrio in ganz ähnlicher Weise, 
wie es HEIDER (2) für Aydrophrlus beschreibt. Das Männchen 
kriecht auf den Rücken des Weibchens, das sich beim Copula- 
tionsakt ganz ruhig verhält. Während das Männchen mit den 
Beinen Halsschild und Flügeldecken umklammert, reibt es die Füh- 
ler intensiv auf dem Halsschilde des Weibchens und stülpt gleich- 
zeitig den Penis nach unten aus, der in kurzen Intervallen in die 
Geschlechtsöffnung des Weibchens eingeführt und wieder zurück- 
gezogen wird. 

Wenige Tage nach der Begattung beginnt die Eiablage. Sobald 
das Ei aus dem Genitalapparat heraustritt, wird es von den äußerst 
beweglichen Endspitzen der Vulva mit zarten Wollfäserchen um- 
spannt und mit Hilfe eines Secrets fest mit dem Wollstoffe ver- 
klebt. 


Die jetzt äußerlich am Ei makroskopisch wahrnehmbaren Ver- 
änderungen sind folgende: 


‚Kurz nach der Eiablage erscheint das Ei ziemlich hyalin, und 
die glänzenden Hüllen liegen dem Ei fest an. Dieses Aussehen bleibt 
solange gewahrt, bis die Furchungskerne von innen heraus in das 
Keimhautblastem wandern. Sobald sich nämlich ein Blastoderm an- 
legt, wird das Ei weißlich und damit weniger durchsichtig. Zugleich 

oz 


240 Theodor Saling, 


erhärtet die äußere Secretschicht an der Luft und setzt einer weiteren 
Beobachtung der äußerlich erkennbaren Veränderungen große Schwie- 
rigkeiten entgegen. Inzwischen legt sich auf der Ventralseite des 
Eies der Keimstreif an, der das Ei allmählich umwächst, wie ich es 
weiter unten schildern werde. Etwa am 6. Tage bemerkt man, wie 
an den beiden Eipolen hyaline Stellen auftreten, welches Phänomen, 
wie wir später sehen werden, damit zusammenhängt daß eine starke 
Kontraktion der ganzen Embryonalanlage vor sich geht. Von diesem 
Zeitpunkt an bis zum Ausschlüpfen der Larven lassen sich keine 
auffallenden Veränderungen mehr wahrnehmen, da die Secretschicht 
zu fest und undurchsichtig ist. 

Wie ich schon oben erwähnte, werden am 9.—10. Tage der 
Embryonalentwicklung die Eihüllen gesprengt, und die kleine Larve, 
der sog. »Mehlwurm«, schlüpft aus. Er ist schneeweiß gefärbt, 
da die Chitinbedeckung des Körpers noch äußerst zart ist. Erst nach 
Verlauf von etwa 2 Tagen nimmt das Chitin eine gelbliche Färbung 
an, durch welche auch die älteren Tenebrio-Larven gekennzeichnet 
sind. Beim Ausschlüpfen der Larve ist sehr auffallend, daß sie etwa 
doppelt so lang ist als der Längsdurchmesser des eben verlassenen 
Fies, ein Umstand, der wohl auf eine energische Luftaufnahme sei- 
tens der Tracheen zurückzuführen ist. 

Der Mehlwurm gliedert sich in Caput, drei Thoracal- und neun 
Abdominalsegmente. Der Kopf trägt ein Paar Antennen, gut aus- 
gebildete, kauende Mundwerkzeuge, sowie an der Basis der Fühler 
ein größeres und ein kleineres Augenpaar. Die Thoraxsegmente 
besitzen je ein Beinpaar und je ein Stigmenpaar, wenn auch die 
Stigmen des Meso- und Metathorax rudimentär ausgebildet sind. Auch 
selang es mir, zwei Larven mit Flügelstummeln zu beobachten, wie 
sie Heymons (4) als Beispiel vorzeitiger Flügelanlage aufgeführt hat. 
Das letzte Abdominalsegment läuft in zwei feine Chitinspitzen aus, 
während die acht vorderen Segmente je ein Stigmenpaar auf- 
weisen. 

Der Mehlwurm hat vier Häutungen durchzumachen, bevor er in 
das Puppenstadium eintritt. Ende März haben die Larven ihre defi- 
nitive Größe erreicht. Die Nahrungsaufnahme wird eingestellt, und 
die Tiere werden auffallend träge, legen sich auch meist auf die 
Seite oder den Rücken. Gleichzeitig schrumpfen sie in der Länge 


um ein Erhebliches zusammen, und bald gewahrt man, daß die 8 


Chitinbedeckung dem Tiere nicht mehr fest anliegt und eintrocknet. 
Im April platzt dann die Dorsalseite der larvalen Thoracalsegmente 


Zur Kenntnis der Entwickl. der Keimdrüsen von Tenebrio molitor L. 241 


in der Medianlinie auf, und die anfangs weißlich gefärbte Puppe 
tritt zutage, die erheblich kürzer, aber breiter ist als der Mehlwurm. 
Mit der Larvenhülle werden auch die Haupttracheenstämme abge- 
worfen, die den Larvenkörper an den Seiten der ganzen Länge nach 
durchziehen. 


An der Puppe kann man ebenfalls Kopf, drei Thorax- und neun 
Abdominalsegmente unterscheiden. Die Chitinbedeekung ist wesent- 
lich zarter als die der Larven; nur in den Pleuren der Abdominal- 
segmente zieht sich das Chitin der Puppe in kurze, flügelartige, mit 
kleinen Zähnchen versehene Fortsätze aus, die stärker chitinös sind. 
Sie werden am vorletzten Segment rudimentär und verschwinden am 
letzten Abdominalsegment gänzlich, das dafür aber zwei terminale 
feine Chitinspitzen trägt. 


Mit zunehmendem Alter färbt sich die Puppe hellbräunlich, und 
die Anhänge von Kopf und Thorax des zukünftigen Käfers schim- 
mern immer deutlicher durch die Puppenhülle hindurch. Besonders 
bräunen sich Caput und Prothorax, die Antennen, Mundwerkzeuge 
und Beine, während die Facettenaugen ganz schwarze Färbung an- 
nehmen. 


An der Puppe von Tenebrio molitor läßt sich das Geschlecht 
der zukünftigen Imago schon im voraus bestimmen, ein Umstand, 
der die Trennung ZT und © Individuen schon vor der Geburt ge- 
stattet, und dadurch besonders wertvoll wird, daß man Beobachtungen 
an unbefruchteten Käfereiern anstellen kann. Auf diese Verhältnisse 
bin ich schon in einer früheren Mitteilung eingegangen. Das Unter- 
scheidungsmerkmal besteht darin, daß auf der Ventralseite des letzten 
Abdominalsegments ein Paar kleiner kuppenförmiger Hervorwölbungen 
liegt, die beim © von ihrer Insertionsstelle aus nach den Seiten zu 
divergieren, während sie beim g' parallel und median verlaufen und 
der Länge nach fest aneinander liegen. 


Am Ende des Puppenstadiums sieht man die Puppe, die ge- 
wöhnlich auf dem Rücken liegt, sich durch contraetorische Bewe- 
sungen innerhalb der sich lockernden und eintrocknenden Hülle auf 
einen kleinen Raum zusammenschieben. Wird der hierdurch seitens 
der Imago auf die Puppenhülle ausgeübte Druck hinreichend stark, 
so reißt sie in einem bereits vorgebildeten Längsriß in der Median- 
linie des Halsschildes auf, und durch weitere Körperkontraktion, so- 
wie unter kräftiger Mitwirkung der Beine und Mundwerkzeuge wird 
dann die immer weiter aufplatzende Hülle über Halsschild und 


242 Theodor Saling, 


Kopf zurückgezogen und schließlich von den Beinen über das ganze 
Abdomen hinabgestreift. 

Die eben ausgeschlüpfte Imago ist bis auf die bräunlich gefärbten 
Extremitäten, Halsschild und Kopf von weißlichem Aussehen und 
liegt, von der sichtlich gewaltigen Anstrengung des Ausschlüpfens 
völlig ermattet, mit den Flügeldecken am Boden. Erst nach Stunden 
selingt es dem Käfer, sich umzukehren und auf seine Beine zu stellen. 
Der Chitinpanzer färbt sich erst bräunlich, dann immer dunkler, bis 
er schließlich ganz schwarz erscheint. Nach 2—3 wöchentlicher Ent- 
wicklung erfolgt die Begattung und Ende Mai beginnt gewöhnlich 
die Eiablage. 

Ich muß schließlich nochmals betonen, daß die hier angegebenen 
Termine bezüglich des Ausschlüpfens von Larve, Puppe, Imago, so- 
wie der Begattung, Eiablage und Eientwicklung nur dann zutreffend 
sind, wenn die Kulturen während des ganzen Jahres unter den natür- 
lichen Temperaturverhältnissen belassen werden. Werden dagegen 
die Zuchtkästen immer warm gehalten, so trifft man selbst im Winter 
Imagines an. 


2, Untersuchungstechnik, 


Die Annehmlichkeit der einfachen Beschaffung von Untersuchungs- 
material wird leider aufgewogen durch die großen technischen 
Schwierigkeiten bei der Bearbeitung. Wie überhaupt bei den Insekten, 
so sind es auch ganz besonders hier der mächtige Eidotter und das 
überaus spröde Chitin, die äußerst hinderlich wirken. 

Wie schon erwähnt, ließ ich die Eier an einem wolligen Stoffe 
ablegen, mit dem sie durch ein an der Luft erhärtendes Secret der- 
art verklebt wurden, daß eine Loslösung junger Eier intra vitam 
ausgeschlossen ist, denn schon bei der leisesten Berührung der das 
Ei umspinnenden Wollfasern zerfließt dasselbe, und so wurde es nötig 
die Eier mit den Stoffstückehen zu konservieren. Erst nach genü- 
sender Härtung in starkem Alkohol kann die Lospräparierung der 
Eier gefahrlos unternommen werden. Im Laufe der Entwicklung 
erhärten die Eihüllen so bedeutend, daß selbst siedende Fixierungs- 
semische nicht rasch genug eindringen. Nach den Untersuchungen 
von SELYS-LONGCHAMPS ist diese Verhärtung zurückzuführen auf 
eine allmähliche Absonderung von Chitin seitens der Serosa. In- 
folgedessen stellen sich bei nicht genügender Vorsicht die ver- 
schiedenartigsten Deformationen des Eies ein. Eine Entfernung der 


Zur Kenntnis der Entwick]. der Keimdrüsen von T’enebrio molitor L. 243 


Eihäute mittels Nadeln oder macerierender Flüssigkeiten wollte ich 
vermeiden, um jede ungünstige Beeinflussung der Eioberfläche auszu- 
schließen. 

Nachfolgend die Methoden, von denen mir besonders die erste 
gute Resultate lieferte. - Alle Konservierungsmittel wurden heiß 
angewendet: 


1) Sublimat, konzentriert in Aqua dest. 56 cem 
Eikahol 900 / Hear: An 40 » 
Acidum nitrieum, konzentriert . . . . au 5 


Dieses siedende Gemisch ließ ich etwa 2 Minuten einwirken, worauf 
die Eier sofort in 90%, bzw. 96°/, Alkohol übertragen wurden. 
(Sechwächerer Alkohol ruft Quellungserscheinungen hervor!) Die Sal- 
petersäure wirkt erweichend auf Eihäute und Dotter. Nachbehand- 
lung wie bei allen Sublimatgemischen. 

Neben dieser Methode, die für alle Studien gute Resultate lie- 
ferte, benutzte ich noch viele andre, von denen ich nur noch zwei 
hervorheben will. 

2) Enemol konzentriert .. . .... ...". 1 Teil 

u 3 LESE RE > Teile. 
Nach etwa 3 Minuten langer Einwirkung der siedenden Flüssigkeit 
‚Überführung der Eier in 40 0/,, später höher gradierten Alkohol. 
Dotter bleibt geschmeidig. 

3) Osmiumgemische, wie FLEeumıngsche oder HEerMmAnNsche Lö- 
sung, in geschlossenem Reagenzglase bis auf 80°C. erhitzt, fixieren 
gut, haben aber den Nachteil, daß sie den Dotter schwärzen, wo- 
durch darin liegende Plasmateile schwer erkennbar werden. Jeden- 
falls ist nachfolgendes Bleichen (P. Mavzrs Methode) unerläßlich. 
Ein Zusatz von Natriumjodat zum Fixierungsgemisch wirkt der 
Schwärzung bedeutend entgegen. 

Der großen Sprödigkeit des Dotters wegen erfolgte die Ein- 
bettung der Eier in Horrmanns Nelkenölkollodium (vgl. Zeitschr. 
Wiss. Mikr. XV. Bd. 1899, S. 314ff.). Diese Methode gestattet eine 
genaue Orientierung des Objektes und lückenlose Schnittserien von 
Du Dicke. Die Eier wurden jedoch nicht bloß 5 Minuten, sondern 
1 Stunde im Paraffın belassen, wodurch meines Erachtens eine größere 
Schneidbarkeit des Dotters erzielt wird. Die Schnitte wurden mit 
Wasser aufgeklebt. 

Gefärbt wurden die Eier in toto, zumeist mit Mavers Hämalaun, 
das bei richtiger Behandlung sehr prägnant tingiert und besonders 


244 Theodor Saling, 


deshalb vorteilhaft ist, weil es nur das embryonale Gewebe an- 
greift, nicht aber Fett und Dotter, so daß man prächtige Über- 
sichtsbilder erhält, wenn man eine Schnittfärbung mit Orange G 
(GRÜBLER) folgen läßt. In 2°/,igem Alaunwasser wurde Orange G 
bis zur Sättigung gelöst, und dann wurden 8 ccm dieser Stamm- 
lösung mit 50 cem zweiprozentiger Alaunlösung verdünnt. Diese 
verdünnte Orangealaunlösung tingiert stärker als eine rein wässrige 
Orangelösung und verläßt beim Auswaschen auch nicht so rasch die 
Gewebe. 

Bezüglich der postembryonalen Entwicklung ergaben sich noch 
srößere Schwierigkeiten, indem die besonders bei den Larven stark 
entwickelte Chitinbedeckung das Mikrotomieren unmöglich machte. 
Nach zahlreichen Versuchen erwies sich folgende Methode als die 
brauchbarste: 

Die Mehlwürmer wurden lebend in ein Reagenzröhrehen mit 
siedender, frisch zubereiteter Eau de Labarraque geworfen und darin 
je nach Größe verschieden lange Zeit regelrecht gekocht. Das 
Natriumhypochlorit kann auf diese Weise nur von außen wirken, 
während das Innere durch die Hitze fixiert wird. Vom Chitin, das 
immer heller und zarter wird, sieht man lebhaft Blasen aufsteigen, 
und man kann das Kochen längere Zeit fortsetzen [— bei ausge- 
wachsenen Mehlwürmern etwa 5 Minuten —), nur darf der richtige 
Moment des Unterbrechens dieser Operation nicht verpaßt werden, 
sonst dringt die Macerationsflüssigkeit in das Körperinnere ein. Bei 
sachgemäßer Anwendung dieses Mittels bleibt nicht nur die natür- 
liche Lagerung aller Organe richtig gewahrt, sondern auch die histo- 
logische Erhaltung ist eine gute, was man von vornherein nicht an- 
zunehmen geneigt sein wird. Diese Methode, die ich schon öfters 
mündlich empfohlen habe, hat sich — wie mir verschiedentlich mit- 
seteilt wurde — auch bei andern Insekten und Arachnoiden bewährt. 
Nach dem Entchitinisierungsproceß wird das Objekt gehörig gewäs- 
sert, am besten in warmer Aqua destillata, um jede Spur von Eau 
de Labarraque zu beseitigen; erst dann erfolgt die Überführung in 
die verschiedenen Alkohole. Eingebettet wurde in Paraffin, mitunter 
auch in dem schon erwähnten Nelkenölkollodium, gefärbt mit Häm- 
alaun-Orange. | 

In gleicher Weise wurden auch Puppen und junge Imagines be- 
handelt, nur daß infolge des dünneren Chitins die Vorbehandlung 
mit Eau de Labarraque meist nicht nötig wurde. Dann fand die 
Fixierung einfach durch heißes Wasser statt oder durch mein Subli- 


Zur Kenntnis der Entwickl. der Keimdrüsen von Tenebrio molitor L. 245 


mat-Alkohol-Salpetersäuregemisch, in dem natürlich ein längeres 
Verweilen erforderlich war als bei den Eiern. 

Den Larven, Puppen und Käfern entnommene Genitaldrüsen 
wurden kalt fixiert in Fremuissscher Lösung oder Sublimat-Alkohol- 
Eisessig. 


Historisches. 


Überbliekt man die Literatur der letzten Jahre hinsichtlich der 
Entwicklung der Keimdrüsen bei den Insekten, so kann man sich 
nicht verhehlen, daß ein seltsamer Stillstand in diesen Untersuchungen 
eingetreten ist, obwohl die Frage nach der Herkunft der Keimzellen 
durch die Arbeiten von METSCHNIKOFF, WEISMANN, RITTER, BALBIANTI, 
HEYMONS, GRABER u. a. m. akut geworden war. Abgesehen davon, 
dab besonders eingehend nur Orthopteren, Dermapteren und Dipteren 
behandelt worden waren, so wurde doch auch hier der Ursprung 
der Geschlechtszellen noch keineswegs sichergestellt. Bei den Di- 
pteren ist zwar die Entstehung der Genitalzellen aus den Polzellen 
immer behauptet worden, aber korrekt nachgewiesen ist sie noch 
nicht. Auch Noack und ESCHERICH, die sich in neuerer Zeit mit 
dieser interessanten Frage befaßten, konnten ihre Lösung nicht her- 
beiführen. Was die primitiveren Orthopteren anbelangt, so sind hier 
allerdings die Verhältnisse klargelegt worden durch die trefflichen 
Untersuchungen von HEyımons (2). Wir werden hier belehrt, wie un- 
gemein variabel die Entwicklung der Keimdrüsen schon bei nahe 
verwandten Formen ist, und wir lernen verstehen, um wieviel leichter 
es möglich war, daß die einzelnen Forscher beim Studium verschie- 
dener Insektengruppen zu so abweichenden Resultaten gelangen 
konnten. Während die meisten den mesodermalen Charakter der 
Geschlechtszellen verfochten, wurde anderseits ihre Herkunft vom 
Eetoderm (Woopworrn) behauptet, ja bei den Dipteren sollten sie 
sogar vor Ausbildung eines Blastoderms in Gestalt der bekannten 
Polzellen vorhanden sein. Schließlich wurde noch eine entodermale 
Entstehung der Keimzellen vertreten, ja selbst ihr Ursprung aus 
Dotterzellen angenommen, eine Auffassung, die CÜHOLODKOWSKY mit 
großem Eifer verteidigte, die sich aber wohl als unrichtig erweisen 
dürfte, da sie zu allen andern Befunden im Widerspruch steht. 

Als dann BovERrI zeigte, daß man bei Ascarıs schon im Zwei- 
zellenstadium der Eier eine Soma- von einer Genitalzelle scharf unter- 
scheiden könne, suchte man auch bezüglich der Arthropoden, ins- 
besondere der Hexapoden, den Nachweis zu erbringen, dab die 


246 Theodor Saling, 


Keimzellen Zellen sui generis wären und sich schon früh von den 
Somazellen trennten. Die Verhältnisse bei den Dipteren schienen 
den besten Fingerzeig zu geben. 

Bei Moina rectirostris ist es nun GROBBEN tatsächlich gelungen, 
die Genitalanlage auf eine einzige Zelle zurzeit eines frühen Fur- 
chungsstadiums zurückzuführen. 

Ebenso konnte BrAuvEr (1) bei den Arachnoiden die Genital- 
anlage auf einige wenige Zellen zurückleiten, die sich deutlich von 
dem übrigen Zellmaterial unterschieden. 

Desgleichen hat Heymons (2) bei einem Insekt, Forficula, eine 
frühzeitige Sonderung der Geschlechtszellen beobachtet. Der Um- 
stand nun, daß sich bei den nächsten Verwandten dieses Tieres die 
Keimzellen erst viel später erkennen lassen, nachdem das Mesoderm 
schon ausgebildet, führt Heymoxs zu dem Schluß, daß deshalb 
keineswegs die Keimzellen mesodermatischen Ursprungs sein müßten, 
sondern »die tatsächliche Trennung zwischen somatischen und Ge- 
schlechtszellen in Wirklichkeit doch schon sehr viel früher durch- 
geführt ist. Hier werden eben mit dem Fortschreiten der Ausbildung 
des Körpers und der Differenzierung seiner Gewebe die Aufgaben 
der Fortpflanzung bald früher bald später im Laufe der Entwicklung 
auf bestimmte Zellen übertragen. Je nachdem die Geschlechtszellen 
etwas früher oder später zur Differenzierung gelangen, gehören sie 
scheinbar dieser oder jener Schicht des Embryo an«. Und an andrer 
Stelle sagt Verfasser, daß bei den meisten übrigen Insekten die 
Differenzierung der Keimzellen erst nach Anlage der Cölomsäckehen 
in den Ursegmentwandungen stattzufinden scheine. 

Wenn Heymons durch diese Auffassung die Sachlage geklärt 
und die unüberbrückbar erschienenen Gegensätze der einzelnen Au- 
toren verständlich gemacht hat, so nimmt es dann nicht weiter wunder, 
wenn auch heute noch in den einzelnen Arbeiten einander entgegen- 
stehende Resultate gezeitigt werden. Es kann schon sein, daß jeder 
einzelne Autor für sein Spezialobjekt seine Befunde aufrecht erhalten 
kann. Nur müßten recht viele einschlägige- Spezialuntersuchungen 
angestellt werden, damit ein Überblick geschaffen würde und nach- 
sewiesen werden könnte, welche Verhältnisse als die regulären, 
welche als die modifizierten anzusehen wären. 

Was nun die höheren Insekten und speziell die Coleopteren an- 
belangt, so liegen weniger zahlreiche Untersuchungen vor. Da in 
den Heymonsschen Schriften die damalige Literatur sehr eingehend 
berücksichtigt worden ist, kann ich mich hier auf die neueren Arbeiten 


Zur Kenntnis der Entwickl. der Keimdrüsen von Tenebrio molitor L. 247 


beschränken und will nur kurz der Vollständigkeit halber auch frü- 
herer Befunde Erwähnung tun, soweit sie von Coleopteren mitgeteilt 
wurden. 

Nach den Untersuchungen VoELTZROWws leiten sich bei Melo- 
lontha die Genitalorgane von Mesodermverdiekungen der letzten 
Segmenthöhle her und wandern schließlich auf die Dorsalseite in die 
Nähe des Herzens. Sie wurden im frühesten Stadium als paarige, 
birnförmige Anlagen erkannt. 

Im selben Jahre veröffentlichte WHEELER seine Befunde an 
Doryphora decemlineata. Auch er konnte die Keimdrüsen als paarige 
Verdiekungen des Darmfaserblattes nachweisen. 

Hiermit stimmt auch HEiıDEr überein, wie aus zwei Abbildungen 
der letzten Tafel seiner Monographie über Hydrophrlus hervorgeht. 

Im Anschluß an die eingehenden Untersuchungen an Steno- 
bothrus hat auch GRABER (4) junge Embryonen von Lina, Melolontha 
und Aydrophilus beobachtet und immer die Genitalanlage in Verbin- 
dung mit dem visceralen Blatte gesehen. 

Was die neuere Literatur betrifit, so liegt uns aus dem Jahre 
1897 eine ausführliche Abhandlung von CARRIERE-BÜRGER vor über 
die Entwicklung der Mauerbiene. Wie auch aus den zahlreichen 
Figuren zu ersehen ist, sind bei Chalicodoma die Genitalzellen zuerst 
sichtbar in den dorsalen Wandungen der Cölomsäcke des dritten bis 
fünften Abdominalsegments. Indem Verfasser behaupten, daß sich 
die Zellen der dorsalen Cölomwand direkt in die Keimzellen um- 
wandeln, vertreten sie also eine mesodermale Herkunft derselben. 
Später wandern die Genitalanlagen des dritten und vierten Segments 
auch in das fünfte hinein und werden von einer mesodermalen Hülle 
umschlossen. Desgleichen sind natürlich die Ausführungsgänge 
mesodermal. 

Heymons (5) untersuchte dann eine ganz primitive Insekten- 
gruppe, die Thysanuren, und stellte bei Zepisma saccharına fest, 
daß sich hier die Keimzellen schon früh vom Hinterende des Keim- 
streifes abspalten, wahrscheinlich vom Eetoderm. Doch ist auch hier 
bereits die Bildung des Mesoderms vor sich gegangen, von dem sich 
die Keimzellen aber unterscheiden lassen. Die Genitalzellen wan- 
dern aus dieser unpaaren Anlage nach vorn und dringen in die dor- 
salen Wandungen der Ursegmente ein, woselbst sie sich auf jeder 
Körperseite zu einem zusammenhängenden Strang formieren. Jeden- 
falls erkennt man also auch hier, daß die Dorsalwandung der Cölom- 
säcke zu den Keimzellen in naher Beziehung steht. 


248 Theodor Saling, 


Dies spricht sich auch in klarer Weise bei den Myriopoden aus, 
wie aus HEymons neuester Arbeit (6) über die Scolopenderentwick- 
lung hervorgeht. Die dorsalen Ursegmentabschnitte sind hier iden- 
tisch mit den Genitalteilen. Im Zusammenhang mit den Cardio- 
blasten rücken im Laufe der Entwicklung »die Gecnitalteile der 
Ursegmente zur Dorsalseite des Körpers hinauf und stoßen dort in 
der Medianlinie mit den Genitalteilen der andern Körperhälfte zu- 
sammen, und es entsteht daher, ventral vom Herzen und diesem eng 
anliegend eine doppelte gekammerte Röhre, welche der Genitalanlage 
entspricht«. Vorläufig hat die Wandung des sogenannten »Genital- 
cöloms« noch ganz epithelialen Charakter; doch bald wird es aus- 
gefüllt mit Genitalzellen, die sich auf der Ventralseite aus dem epi- 
thelialen Verbande lösen. Die Hauptmasse der Keimzellen aber 
entsteht durch Zerfall der Dissepimente und der Medianlinie, in wel- 
cher die beiden Genitaleölome zusammenstoßen. 

In seinen Beiträgen zur Entwicklung von Bombyx morı zeigt 
ToyamA, daß die Geschlechtszellen ihren Ursprung nehmen vom so- 
matischen Mesoblast des dritten und sechsten Abdominalsegments, 
häufig aber auch in den übrigen Abdominalsesmenten, ja mitunter 
im Mesothorax erkennbar werden. Leider stand mir diese Arbeit 
nicht zur Verfügung, so daß ich auch nicht die Figuren sehen konnte, 
die diese eigentümlichen Verhältnisse illustrieren. 

In neuester Zeit hat sich dann L&EcAILLON in verschiedenen Ar- 
beiten mit der Entwicklung der Genitalorgane bei Myriopoden und 
Insekten beschäftigt. In seinen Untersuchungen über die Ovarien 
der Collembolen (4) beschreibt Verfasser die Genitalanlage als ein 
Paar kleiner Schläuche, die auf der Ventralseite des Körpers liegen 
und von einer mesodermalen Hüllschieht umgeben sind. 

In der vorläufigen Mitteilung über die Ovarialanlage bei Polyxenaus 
lagurus (5) sagt L&cAıLLon, daß die Genitalanlage sich paarig anlegt 
und erst später einheitlich wird; Befunde, die sich also mit denen 
von Heymons (6) deeken. | 

Von besonderem Interesse wurden für mich jedoch die Angaben, 
welche L&cAILLon (1—3) in den Jahren 1897/98 über die Entwick- 
lung der Genitalorgane bei Chrysomeliden machte. Er ist meines 
Wissens der einzige, der über Anlage und Entwicklung der Keim- 
drüsen von Coleopteren ausgedehnte Untersuchungen vorgenommen 
hat, und ich bin genötigt, auf seine Mitteilungen näher einzugehen, 
weil er die Genitalanlage der Coleopteren bis zum Blastodermstadium 
zurückverfolgen konnte, was bisher keinem andern Forscher gelungen 


Zur Kenntnis der Entwickl. der Keimdrüsen von Tenebrio molitor L. 249 


war. Bei Clytra laeviuscula hat LECAILLON im frühesten Stadium 
die Genitalanlage als ein kompaktes Häufchen besonders färbbarer 
Zellen gesehen, die in der Nähe des hinteren Eipoles lagern zu einer 
Zeit, wo noch wenig Zellen in die Peripherie der hinteren Eiregion 
eingerückt sind. Obwohl Verfasser die Herkunft dieser Zellen nicht 
nachweisen konnte, glaubt er doch bestimmt, daß sie sich von ein- 
zelnen, eventuell sogar einer einzigen Initialzelle herleiten. Sollte 
sich diese Vermutung bestätigen, so könnte man auch hier von Pol- 
zellen sprechen, aber auch ohnedies schön ist der Befund LECAILLONS 
sehr bemerkenswert. Diese Genitalzellen verbleiben lange Zeit hin- 
durch in latentem Zustande und sind nach ausgebildetem Blastoderm 
zwischen diesem und dem Dotter am hinteren Eipol erkennbar. Die 
diesbezüglichen Querschnitte des Autors zeigen eine große Ähnlich- 
keit mit dem von Heyumons (2) auf Taf. I in Fig. 5 wiedergegebenen 
Forficula-Ei. Man muß sich die Frage vorlegen: Sind die Chryso- 
meliden hinsichtlich der Entstehung der Geschlechtsorgane auf dem 
ursprünglichen Standpunkt der Dermapteren stehen geblieben, oder 
seben sie völlig modifizierte, neu erworbene Verhältnisse wieder, wie 
es bei den Dipteren der Fall ist? Mit Rücksicht darauf aber, daß 
noch bei keiner andern Käfergruppe eine so frühzeitige Sonderung 
der Genitalzellen wahrgenommen werden konnte, neige ich zu der 
Ansicht, daß diese Erscheinung eine neu erworbene Eigentümlichkeit 
der Chrysomeliden ist. Vielleicht erheischten hier irgendwelche 
inneren Entwieklungsvorgänge, ähnlich wie es bei den Dipteren der 
Fall sein soll, die eilige Trennung der Genital- von den Somazellen. 
Doch vermögen hier nur eingehende neue Untersuchungen Klarheit 
zu schaffen. Merkwürdig bleibt jedoch, daß L£EcAıLLon bei Agela- 
stica almi dies frühe Auftreten der Keimzellen nicht beobachten konnte, 
während er allerdings bei andern Chrysomeliden, wie Gastrophysa 
raphani, Chrysomela menthastri, Lina populi und Lina tremulae die 
gleichen Verhältnisse wie bei Olytra wahrgenommen hat. 

Durch die nun erfolgende Anlage des Keimstreifes und seine 
Versenkung unter die Embryonalhüllen wird die Genitalanlage an 
das hintere Ende des Keimstreifes auf dessen Innenseite verdrängt 
und rückt, wenn dieser sich nach der Rückenseite umbiegt, gleich- 
falls an die Dorsalseite des Eies. Mittlerweile geht die Bildung der 
Mesodermzellen vor sich, welche die Genitalanlage vom Eetoderm 
trennen und auf den Dotter zuschieben. Die Keimzellen sind jetzt 
schwierig vom Mesoderm zu unterscheiden und gruppieren sich, so- 
bald die Verschmelzung der Cölomhöhlen erfolgt ist, in zwei cylin- 


250. | Theodor Saling, 


drischen Anlagen, deren jede von einer mesodermalen Zellscheide 
umgeben ist. Wie Fig. 8 der Taf. IX illustriert, gelangen dann die 
paarigen Genitalanlagen in die Dorsalregion des Cöloms, das von 
mesenchymatischem Gewebe erfüllt ist. Bei 10 Tage alten Embryonen 
haben sich die Anlagen der medianen Dorsalregion genähert und 
unterliegen bis zum Auskriechen der Larve keinen weiteren Ver- 
änderungen. Also auch hier wurde schließlich ein in Verbindung- 
treten der Genitalzellen mit den dorsalen Teilen des Cöloms konstatiert. 

Neuerdings hat SCHWANGART auch bei Endromis die Genital- 
anlage kurz nach Beendigung der Blastodermbildung aufgefunden 
zu einer Zeit, wo von einem Mesoderm noch nicht die Rede sein 
kann. Bei der Mesodermbildung löst sich die Genitalanlage in ein- 
zelne Zellgruppen auf und ist nach dem Einsenken ins Mesoderm 
nur noch schwer von diesem zu unterscheiden. Die Genitälzellen 
sollen nicht in die viscerale Cölomwandung eindringen. 

Die Literaturbesprechung bezüglich der Entstehung der Genital- 
organe hiermit abschließend, werde ich bei der Darstellung meiner 
eignen Beobachtungen wieder darauf zurückkommen müssen. 


Eigne Beobachtungen. 


Besonders die zuletzt erwähnten Untersuchungen LECAILLONs 
schienen mir darauf hinzudeuten, daß gerade die Coleopteren-Em- 
bryonen ein günstiges Objekt für den Nachweis einer frühzeitigen 
Sonderung der Genitalzellen sein würden und daß die negativen Re- 
sultate früherer Arbeiten auf die damals unvollkommener ausgebil- 
dete Technik zurückzuführen seien. Ich wählte als Untersuchungs- 
objekt Tenebrio molitor, weil dieses Tier den großen Vorteil einer 
leichten Beschaffung aller Entwicklungsstadien bietet und auch bis- 
ber auf diese Verhältnisse hin noch nicht untersucht worden war. - 

Obwohl ich jedoch eine große Zahl von Embryonen studierte 
und die allerverschiedensten Methoden in reichster Abwechslung an- 
sewendet habe — in meiner Untersuchungstechnik -sind nur deren 
wenige aufgeführt — so war es mir keineswegs möglich, bei meinem 
Objekt das Auftreten der Keimorgane bis in die frühesten Entwick- 
lungsstadien hinein zu verfolgen. Mit absoluter Sicherheit konnte 
ich vielmehr die Genitalanlage erst dann erkennen, wenn bereits das 
Mesoderm der hinteren Keimstreifpartie sich in Ursegmente gesondert 
hat. Allerdings habe ich schon zur Zeit, in der die Mesodermbildung 
vor sich geht und die Amnionfalte sich erhebt, eine Zellengruppe 
stark im Verdacht, daß sie die Genitalanlage darstellt, aber der un- 


Zur Kenntnis der Entwickl. der Keimdrüsen von Tenebrio molitor L. 251 


geheuren Ähnlichkeit halber mit dem anstoßenden Mesoderm möchte 
ich mit einem bestimmten Urteil noch zurückhalten. Da meine Re- 
sultate also mit denen LECAILLONS nicht übereinstimmen, sehe ich 
mich genötigt, auch auf die allerersten Entwicklungsvorgänge näher 
einzugehen, um zu demonstrieren, daß bei Temebrio molitor nicht 
die gleichen Verhältnisse obwalten, wie bei den Chrysomeliden. 
Jedenfalls kann hier nach den von mir erhaltenen Befunden von 
einem Zurückverfolgen der Keimzellen bis ins Blastodermstadium 
keine Rede sein. 


1. Entwicklungsvorgänge bis zum Auftreten der Genitalzellen. 


Die Embryonalentwicklung von Tenebrio molitor ist meines Wis- 
sens noch nicht untersucht worden. CARRIERE hat die Absicht ge- 
habt, ist aber leider durch den Tod dieser Arbeit entrissen worden. 
Nur von HEnkinG (2) liegen Angaben bezüglich der Richtungskörper- 
bildung vor. 

Das frisch abgelegte Ei von Tenebrio molitor hat länglich-ovale 
Gestalt, ist etwa 1'/; mm lang und halb so breit. Am Vorderende 
ist es mehr zugespitzt, hinten dagegen breiter und meist ein wenig 
eingebuchtet. Es lassen sich deutlich drei Eihüllen unterscheiden, 
nämlich das dem Dotter eng anliegende Oolemma, ferner das darüber 
liegende Chorion und schließlich eine äußere Secrethülle. Die Eier 
sind meist etwas in der Längsachse gekrümmt, wie es auch bei 
andern Insektenembryonen beobachtet worden ist, doch steht diese 
Krümmung in keiner Beziehung zur späteren Anlage des Keimstreifes. 
Meines Erachtens wurde vielmehr die Krümmung des Eies durch die 
Art und Weise der jedesmaligen Befestigung am Wollstoff bedingt. 

Das Ei selbst ist mit einer ungeheuren Menge Nährmaterials 
erfüllt. Einmal sind es kleinere und größere Dotterschollen, die, in 
dichter Zahl auf einen kleinen Raum zusammengepreßt, sich gegen- 
seitig polygonal abplatten. Sowohl in der Peripherie als auch im 
Centrum des Eies liegen feinere Dotterelemente, während in der 
Zwischenzone gröbere Dotterschollen lagern. Ein Übergang in der 
Größe findet jedoch nur ganz allmählich statt. Des weiteren sind 
noch Fetttropfen im Ei enthalten, die bei der Konservierung mitunter 
aus dem Ei heraustreten und als stark lichtbrechende Tropfen zwi- 
schen Eiperipherie und Dotterhäutchen erkennbar werden. 

Ringsum an der Peripherie gewahrt man eine äußerst feinkör- 
nige Plasmazone, das bekannte Keimhautblastem (WEISMAnNN); 


1? 
von einem inneren Keimhautblastem konnte ich nichts bemerken. 


252 Theodor Saling, 


Doch auch das Innere des Eies wird von Plasma durchzogen, wenn 
letzteres auch infolge der Mächtigkeit des dort angehäuften Nähr- 
materials gezwungen ist, sich in sehr feinen Verästelungen zwischen 
den Dotterpartikelehen hindurchzuziehen. Von der Existenz dieses 
inneren reticulären Plasmas konnte ich mich an jungen normalen 
Eiern überzeugen, besonders deutlich aber an unbefruchteten Eiern. 

Das jüngste Entwicklungsstadium, das mir zur Verfügung stand, 
ist bald nach der Eiablage fixiert und repräsentiert einen Moment, 
kurz nachdem die Richtungskörperbildung erfolgt ist. Die Abschnü- 
rung der Richtungskörper bei Tenebrio moltor ist bereits von 
Henking (2) untersucht worden. Ich kann seine Befunde bestätigen. 
Das in Frage stehende Ei ist nahezu median getroffen und als 
Fig. 1 in der Weise dargestellt, daß zwei nebeneinander liegende 
Schnitte in der Zeiehnung kombiniert wurden. Fast genau in der 
Mitte der Längsseite des Eies sieht man, wie sich die Peripherie in 
sanftem Bogen gegen das Eiinnere einsenkt, und wie in dieser Ein- 
buchtung, durch einen deutlichen Zwischenraum von der Eioberfläche 
getrennt, ein discusförmiges Richtungskörperchen r% gelagert ist, das 
aber in seiner hinteren Partie mit dem Ei zusammenhängt. In dem 
Richtungskörper liegt eine Vacuole, über und neben welcher sieben 
schwarze Chromatinpunkte sichtbar sind. Wir haben es hier offen- 
bar mit dem ersten Richtungskörper zu tun. An der Einbuchtungs- 
stelle befindet sich im Ei eine große Plasmaansammlung, und in ihr 
ein relativ großer Kern, der von einem helleren Plasmahof umgeben 
wird. Dieser Kern spk zeigt in seinem Inneren deutliche Chromatin- 
schleifen und scheint, da Spuren von einem zweiten Richtungskörper 
nicht vorhanden sind, mit dem von HENKInG aufgefundenen Spalt- 
kern identisch zu sein, aus dem also durch erneute Teilung der 
zweite Richtungskörper und der © Vorkern hervorgehen. Mit diesem 
Plasmahofe des Spaltkerns in Verbindung erscheint nach dem Ei- 
innern zu eine zweite Plasmaansammlung, in der ein Samenfaden sp 
liegt, der offenbar später mit dem © Pronucleus verschmilzt. Ich 
konnte anderweitig im Ei noch mehrere Samenfäden wahrnehmen; 
da aber das Ei ein durchaus normales Aussehen hat, bin auch ich 
der Meinung, daß diese Polyspermie in keiner Weise einen schädi- 
genden Einfluß ausübt. Die von HEIDER ausgesprochene Vermutung, 
daß die Verschmelzung des g° und © Pronueleus in der Nähe des 
Richtungskörpers stattfände, dürfte sich also für mein Objekt als zu- 
treffend erweisen. 

Sobald nun der erste Furehungskern gebildet ist, rückt dieser 


Zur Kenntnis der Entwickl. der Keimdrüsen von Tenebrio molitor L. 253 


in das Eicentrum, denn bald erfolgen hier mitotische Kernteilungen, 
und die einzelnen Furchungskerne rücken, von einer größeren Plasma- 
insel umgeben, gleichmäßig gegen die Eiperipherie vor. Die Plasma- 
inseln besitzen ausgedehnte, amöboide Fortsätze, vermöge deren ein- 
mal ein leichteres Durchqueren des Dotters ermöglicht und anderseits 
ein innigerer Öonnex mit der Nährsubstanz erzielt wird. Die Teilung 
der Furchungskerne ist eine indirekte und geschieht gleichzeitig, so 
‘ daß man im Ei entweder nur in Teilung begriffene oder nur ruhende 
Furchungskerne antrifft. Ich konnte mich davon überzeugen, daß der 
Eintritt der Furchungskerne in die Peripherie an den Eipolen etwas 
später erfolgt als in der Eimitte. Betrachtet man solch ein junges 
Blastodermstadium auf einem Querschnitt, so zeigen sich noch große 
Lücken zwischen den in die Peripherie eingetretenen Furchungs- 
kernen, welche nach Besitzergreifung des im Keimhautblastem vor- 
sefundenen Plasmas sich nach außen hin zellenartig abgrenzen, wäh- 
rend gegen den Dotter die Pseudopodien noch ausgestreckt bleiben. 
Nachdem jedoch auch diese eingezogen, findet eine äußerst lebhafte 
gleichzeitige Teilung in tangentialer Richtung statt, wodurch sich die 
erwähnten Lücken mit Zellenmaterial ausfüllen, so daß schließlich 
eine kontinuierliche Zellenschicht den Eidotter rings umgrenzt, wo- 
mit das Blastodermstadium erreicht wird. 

Auf der Wanderung der Furchungskerne in die Peripherie bleibt 
eine große Menge von Kernen im Dotter zurück, welche das reti- 
culäre Plasma des Dotters in amöboider Strahlung um sich formieren 
und zu Dotterzellen werden. Anfangs den Blastodermzellen noch 
ähnelnd, verraten sie jedoch bald ihre andre Natur, indem sich be- 
sonders die Kerne erheblich vergrößern. Ferner ist noch für die 
Dotterzellen typisch das durch Auseinanderweichen des Chromatins 
an die Kernmembran hervorgerufene vacuolenhafte Aussehen der 
Kerne, dann auch die amöboide Gestalt der Zellen, welche der assi- 
milierenden Tätigkeit entspricht, und schließlich die stets direkt 
erfolgende Zellteilung, die schon auf einen degenerativen Charakter 
hinweist. Von früheren Beobachtern (Hrymons, LECAILLON u. a.) 
ist schon eingehend über diese Dotterzellen berichtet worden, so dab 
ieh mich nicht weiter darauf einzulassen brauche, zumal ich weder 
Neues noch Abweichendes für mein Objekt beifügen kann. 

Das Blastodermstadium ist nach Ablauf des ersten Entwicklungs- 
tages erreicht. Die Blastodermzellen sind kubisch und anfänglich in 
der ganzen Runde von gleichem Aussehen. Ich muß im Gegen- 
satz zu L&cAıLLons Befunden an Chrysomeliden ausdrück- 

Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXV1. Bd. } 17 


354 Theodor Saling, 


lich betonen, daß bei Tenebrio mohtor zu dieser Zeit noch 
keine Spur von Genitalzellen sichtbar ist. 

Bei der Weiterentwicklung verändert sich das Blastoderm in der 
Weise, daß sich das Epithel auf der späteren Dorsalseite des Embryo 
zu einem Plattenepithel umgestaltet, während es auf der Ventralseite 
kubisch bleibt, sich aber von dort aus nach den Seiten hin zu einem 
Cylinderepithel entwickelt. Von diesen lateralen Partien aus, den 
sogenannten »Seitenplatten« (Hıymoxs), findet eine lebhafte Zeil- 
-einwanderung in den Dotter statt. Dieses Stadium zeigt eine große 
Ähnlichkeit mit dem von Hxkymons (2) auf Taf. I in Fig. 4 abge- 
bildeten Forficula-Ei. Auch ich stellte fest, daß die auswandernden 
Zellenelemente einen durchaus degenerativen Charakter trugen, indem 
der Kern aus der Mitte des Zellkörpers in die Peripherie rückte und 
‚dort seiner Auflösung entgegenschritt. Zuerst ballt sich das Chro- 
matin zu intensiv schwarzen Körnern zusammen, dann treten Vacuolen 
in der Zelle auf, die schließlich platzen und dadurch der Zelle ein 
halbmondförmiges Aussehen verleihen. Jeder Kontur eines Kernes 
verschwindet, und die Zelle geht bald einem völligen Zerfall ent- 
segen. Wir haben es also bei dieser ersten Zellenimmigration mit 
Paracyten zu tun. Doch fällt ihr massenhaftes Auftreten erst in 
eine spätere Zeit, wenn die Mesodermbildung vor sich geht. 

Die Seitenplatten nehmen nun durch Zellvermehrung eine größere 
Mächtigkeit an und rücken gegen den hinteren Eipol hin ventralwärts 
näher zusammen, wodurch der Anstoß zur Keimstreifbildung ge- 
seben wird. Die einzelnen Entwicklungsvorgänge spielen sich nun 
rasch hinter- und nebeneinander ab. Sobald die Seitenplatten auf 
der Ventralseite hinten zusammentreffen, setzt in der Mittellinie eine 
äußerst energische Zellvermehrung ein, die von hinten nach vorn 
fortschreitet. Von dieser Mittellinie aus ist die Zelleneinwanderung 
ins Eiinnere so intensiv, daß es zu einer Rinnenbildung kommt. Die 
Einbuchtung ist besonders auf Querschnitten dureh die hintere Ei- 
region (Fig. 2) deutlich wahrzunehmen, während die Rinne nach vorn 
zu viel flacher wird, um ganz vorn in das unverändert gebliebene 
kubische Epithel des Blastoderms überzugehen. 

Betrachtet man um diese Zeit ein Ei in der Aufsicht, so erkennt 
man die ersten Spuren eines Keimstreifs. Umstehende Textfigur 1 
illustriert, wie etwas hinter der Mitte der Ventralseite eine länglich 
ovale Bildung entsteht, die sich durch ihre weißlichere Färbung deut- 
lich von dem übrigen Ei abhebt. Vom hinteren Pol dieser Ellipse 
beginnend erstreckt sich in der Richtung des größten Längsdurch- 


Zur Kenntnis der Entwickl. der Keimdrüsen von Tenebrio molitor L. 255 


messers ein dunkler, schmaler Streifen, der hinten am mächtigsten 
ist, nach vorn sich aber allmählich verliert. Dieser Streif repräsen- 
tiert die Rinnenbildung, also die Stelle, an der die größte Zellenein- 
wanderuug stattfindet. Diese einwandernden Elemente sind als 
Mesodermzellen anzusprechen. Sie unterscheiden sich im äußeren 
Aussehen in keiner Beziehung von den Ecto- 
dermzellen des Keimstreifs, aus denen sie et 
hervorgewuchert sind. Die Größe der Kerne \ 

und die Chromatinverteilung in ihnen ist 

genau die gleiche wie beim Ectoderm. Nur \ 
vermißt man beim jungen Mesoderm eine | 
epitheliale Anordnung der Zellen. 

Mit dieser Mesodermabspaltung geht 
gleichzeitig ein andrer Prozeß Hand in Hand, 
das ist die Versenkung des Keimstreifs unter 
die Embryonalhüllen. Bisher hatte die 
sanze Embryonalanlage dem Oolemma dicht 
angelegen; die drei Eihäute waren der ein- : ; 
zige Schutz für den Embryo gewesen. Am a h 
Hinterende des Keimstreifs macht sich nun Textfig. 1. 
eine Einstülpung bemerkbar, die immer tiefer 
wird und sich parallel der Blastodermumkleidung nach hinten wendet. 
Hierdurch kommt es zur Bildung der sogenannten »Amnionfalte«, 
welche die hintere Keimstreifpartie aus ihrer superficiellen Lage in 
den Dotter hineindränst. Kurze Zeit darauf erfolgt dann auch die 
Erhebung der Amnionfalte zu den Seiten und am Vorderende des 
Embryo. Diese anale, orale und iateralen Amnionfalten wachsen 
immer mehr aufeinander zu, bis sie schließlich verschmelzen und da- 
durch den Keimstreif vollkommen überbrücken. Es ist hierdurch zur 
Bildung der Serosa und des Amnions gekommen. Zwischen Amnion 
und Keimstreif liegt die Amnionhöhle, die anfangs noch geräumig 
ist, später aber dadurch sehr verengt wird, daß sich das Amnion 
dem Keimstreifen dicht anlagert. Die Serosa stellt ein in sich zu- 

rücklaufendes Plattenepithel dar. 
| Die Fig. 3 meiner ersten Tafel veranschaulicht die Erhebung der 
Amnionfalte am Hinterende des Keimstreifs auf einem Sagittalschnitt. 
Ich weise deshalb besonders auf diesen Schnitt hin, weil man hier 
aus der sich einstülpenden Eetodermpartie eine Zellengruppe gx aus- 
treten sieht, die ich für die Genitalzellen halten möchte. Es 
liegt mir fern, dies mit Sicherheit behaupten zu wollen, denn die 
15 


4 ı : 
\ 
we 7: 
Im 72 
| 


256 Theodor Saling, 


Erkennung der Keimzellen in diesen frühen Entwicklungsstadien ist 
außerordentlich schwierig. Das Hauptkriterium für die Genitalzellen 
in späterer Zeit ist die Kernstruktur, die Anordnung des Chromatins 
im Nucleus, wodurch sie sich später jederzeit von Körperzellen unter- 
scheiden lassen. Dieses Erkennungsmerkmal ist aber in so früher 
Zeit, wo die erwähnte Zellgruppe sichtbar wird, noch nicht gegeben. 
Die Kernstrukturen der Eetodermzellen, des Mesoderms und der Zell- 
gruppe 9x sind so übereinstimmende, daß auf dieses Kriterium hin 
die Isolierung der Zellgruppe von den übrigen Zellen sehr gewagt 
erscheinen muß. Was mich aber dennoch auf die Vermutung brachte, 
in der Zellgruppe 9x. Genitalzellen vor mir zu haben, war besonders 
die auffallend blassere Färbung derselben, ein Merkmal, das die 
Keimzellen auch immer in späteren Perioden darbieten. Auch schien 
es mir, als ob die Kerne in größerem Abstande voneinander gelagert 
seien als es bei den übrigen Zellen der Fall ist, was auch späterhin 
für die Genitalzellen immer zutrifft. 

Auf einem etwas späteren Stadium (Fig. 4) habe ich dann auf 
einem Sagittalschnitte die gleiche Zellengruppe wiedergefunden. »ie 
ist hier schon etwas weiter aus dem Ectoderm herausgerückt, hat 
sich abgerundet und erscheint dadurch als ein in sich schon mehr 
abgeschlossenes Zellenhäufchen. 

Beim Vergleiche der Fig. 3 und 4 ist zu beachten, daß sie 
in entgegengesetzter Lage gezeichnet wurden. Es würde demnach 
erst das Spiegelbild der einen Figur der andern völlig entsprechen. 

In den Fig. 3 und 4 bieten die Dotterzellen interessante Ver- 
hältnisse dar. Sie liegen nämlich in großer Zahl und in fast gleich- 
mäßigem Abstande in unmittelbarster Nähe des Keimstreifens und 
führen diesem den verflüssigten Dotter zu. Ich habe unter dz solche 
Zellen abgebildet. Ihr Kern ist sehr groß und blaß; das Chromatin 
hat sich ausschließlich an der Kernmembran in dunklen Körnern 
angesammelt, wodurch der Kontur des Nucleus scharf hervorgehoben 
wird. Beim ersten Blick könnte man auf die Vermutung kommen, 
daß diese Dotterzellen zugleich mit dem Mesoderm aus dem Eetoderm 
hervorgewuchert seien, doch steht dieser Auffassung der fortge- 
schrittene Entwicklungszustand der Dotterzellen entgegen. Junge 
Dotterzellen besitzen einen viel kleineren, bedeutend lebhafter ge- 
färbten Nucleus. Wohl sieht man Zellen vom Keimstreif sich lösen, 
die bald Regenerationserscheinungen aufweisen, doch sind dies die 
schon besprochenen Paracyten. 

(Juerschnitte sind zur Erkennung der vermutlichen Genitalzeller- 


Zur Kenntnis der Entwickl. der Keimdrüsen von Tenebrio molitor L. 257 


gruppe noch ungünstiger. Das in Figur 5 abgebildete Stadium ent- 
spricht dem Längsschnitt Fig. 4 und ist durch die Zellgruppe 9x 
geführt. Man sieht dieselbe scheinbar isoliert im Dotter liegen, da 
sie von der hinteren Blastodermeinstülpung, die zur Bildung des 
Amnions führt, am weitesten in den Dotter vorgeschoben ist. Be- 
sondere Eigentümlichkeiten bieten auch jetzt die einzelnen Zellen 
noch nicht. Ich möchte diese geringe Differenzierung darauf zurück- 
führen, daß die Genitalzellen, ebenso wie die jungen Mesodermzellen, 
zu dieser Zeit mit Nährstoffen überladen sind und dadurch ein gleich- 
artiges Aussehen gewinnen. Figur 5 demonstriert, wie Paracyten 
und Dotterzellen einen förmlichen Kranz um die Zellgruppe gx bilden 
und ihr in intensiver Weise Nährmaterial zuführen. Erst wenn die 
Zellen diese Nährsubstanz verarbeitet und dadurch die Möglichkeit 
zur weiteren Entwicklung und Differenzierung gewonnen haben, tritt 
der eigentliche Grundcharakter der einzelnen Zellenelemente wirk- 
lich hervor. | 

Ebenso wie es von andern Käferembryonen beschrieben worden 
ist, beginnt nun ein starkes Längenwachstum. Es wächst das Hinter- 
ende des Keimstreifs, immer parallel der Serosa, am hinteren Eipol 
vorüber und schlägt sich allmählich nach der Dorsalseite des Eies 
um. Dadurch wird das Hinterende vollkommen immers, während 
Vorderende und Mitte des Embryo vorläufig noch ihre superficielle 
Lage beibehalten. Bei Beginn dieser Umwachsung lassen sich am 
Keimstreif die ersten Spuren einer Segmentierung wahrnehmen. Das 
Eetoderm buchtet sich in regelmäßigen Intervallen ein, und bald 
folgt auch das Mesoderm diesem Vorgange, indem sich aus der regel- 
losen Mesodermmasse in segmentaler Folge Partien sondern und sich 
zu anfangs soliden Zellgruppen abrunden. Dieser ganze Segmentie- 
rungsprozeß schreitet vom Vorderende des Embryo nach hinten fort. 

Mir standen mehrere Stadien zur Verfügung, die den Beginn der 
Segmentierung an lückenlosen Sagittalschnitten auf das deutlichste 
zeigen. Gleichwohl ist es mir aber eine völlige Unmöglichkeit gewesen, 
hier die Genitalzellen herauszufinden. Mit Rücksicht darauf nun; 
daß nach vollendeter Segmentierung die Genitalzellen viel weiter 
vorn anzutreffen sind, nehme ich an, daß die Geschlechtszellen bei 
beginnender Segmentierung vom hinteren Keimstreifende auf der 
Mesodermmasse entlang nach vorn gleiten. Die Genitalzellen bleiben 
‚hierbei wohl in Zusammenhang und in einer Gruppe vereint, lassen 
sich aber vom darunterliegenden Mesoderm infolge einer ähnlichen 
Überladung mit Nährstoffen nicht unterscheiden. Auch L&cAILLoN 


258 | Theodor Saling, 


betont, daß zu dieser Zeit die Keimzellen sehr wenig vom 
Mesoderm differieren, obwohl sie vorher deutlich zu erkennen 
waren. Ebenso konnte SCHWANGART bei Zndromis um diese Zeit 
nur mit Mühe die Genitalzellen vom Mesoderm unterscheiden. 
Während der Keimstreif bei beginnender Segmentierung nur in 
seiner hinteren Partie immers ist, wird durch das Herumwachsen des 
Hinterendes auf die Dorsalseite das Vorderende des Embryo gleich- 
sam mit in die Höhe gezogen, so daß die Dotterschollen auch vorn 
zwischen Amnion und Serosa wandern und hierdurch den ganzen 
Keimstreif mit Ausnahme des Kopfteiles immers machen. Gleich- 
zeitig gewahrt man in der Vorderregion die Ausbildung der Cölom- 
säcke. 
An einem Aufsichtsbilde, wie es Textfig. 2 darstellt, kann man 
die Entstehung der Ursegmente verfolgen. Wir 
an sehen, wie sich der ganze Keimstreif bedeu- 
4.) tend in die Länge ausgezogen hat und schon 
| die beiden Kopflappen und eine Schwanz- 
| | region unterscheiden läßt. In der Medianlinie 
\ | des Embryo erstreckt sich ein dunkler Streifen 
sus von wechselndem Kaliber, der dem Mesoderm 
a entspricht. Die Textfig. 2 zeigt ferner, wie 
f das Mesoderm besonders stark in der Schwanz- 
ei: und in der Kopfregion entwickelt ist, und daß 
Am es sich gleich hinter den Kopflappen lateral- 
N wärts in Ursegmente auszuziehen beginnt. Auf 
/ Querschnitten sieht man vollends, wie sich 
das median entstandene Mesoderm nach den 
Seiten hin ausdehnt und auch den Lateral- 
partien des Ectoderms dicht anlagert. Nach 
Textfie. 2. kurzer Zeit treten dann durch Auseinander- 
Junger Keimstreif. weichen der Zellen in diesen lateralen Meso- 
dermabschnitten Hohlräume auf, das soge- 
nannte Cölom. Während der Prozeß der Cölombildung von vorn 
nach hinten fortschreitet, wächst die Schwanzregion auf die Dorsal- 
seite des Eies hinüber. | 
Ich gebe nun von einem Embryo, dessen Vorderende bereits die 
Cölombildung aufweist, und dessen Schwanzregion den hinteren Ei- 
pol bereits umwachsen hat, einen Transversalschnitt durch die Abdo- 
minalregion wieder, der aufs neue eine Zellengruppe erkennen läßt, 
die ich für die Genitalzellen ansehen möchte. Solch durch die 


Zur Kenntnis der Entwieckl. der Keimdrüsen von Tenebrio molitor L. 259 


Schwanzregion geführter Querschnitt trifft den Embryo zweimal; ein- 
mal auf der Ventralseite des Eies und dann nochmals das auf der 
Dorsalseite liegende Hinterende. Ich bilde jedoch nur den erstge- 
nannten, ventralen Teil des Keimstreifs ab, weil er allein für meine 
Erörterungen in Frage kommt. Figur 6 veranschaulicht also einen 
Querschnitt durch ein künftiges Abdominalsegment. Die Seiten- 
wandungen desselben sind kräftig entwickelt und V-förmig zuein- 
ander gelagert. In der hierdurch gebildeten Einsenkung liegt heller 
sefärbtes Mesoderm ;» und darüber, durch einen zarten Kontur von 
ihm getrennt, eine in sich abgeschlossene Zellgruppe gx, in der ich 
die Genitalanlage zu erblicken glaube. Ihre Kerne gleichen in Größe 
und Aussehen den Mesodermkernen, obwohl mir schien, daß in 
ersterem das Chromatin etwas schärfer zum Ausdruck kam. Die 
Genitalanlage ist noch unpaar, doch nimmt man deutlich ein Bestreben 
wahr, sich nach den Seiten hin auszudehnen, und ebenso scheint mir 
die seichte Einbuchtung an ihrem oberen Rande auf eine bald in 
lateraler Richtung erfolgende Durchschnürung hinzudeuten. Doch 
dürfte sich wohl der Übergang der einheitlichen Genitalanlage in die 
paarige erst zu dem Zeitpunkte vollziehen, wo sich der ursprüng- 
lieh medial verlaufende und einheitliche Mesodermstreifen lateralwärts 
auszudehnen und in die Cölomsäckchen zu differenzieren beginnt. 

Mit dem dritten Entwieklungstage ist die Umwachsung am hin- 
teren Eipole am weitesten gediehen. Der Keimstreif erstreckt sich 
alsdann, vom vorderen Eipol beginnend, über die ganze Länge der 
Ventralseite des Eies hin und schlägt sich hinten dann noch um etwa 
ein Fünftel seiner ganzen Ausdehnung nach der Dorsalseite um; er 
ist bis auf die Kopfregion immers geworden. Die Bildung der Ur- 
sesmente ist bis zum Schwanzende fortgeschritten, womit auch die 
Segmentierung eine durchgreifende geworden ist. Es lassen sich 
dann am Abdomen deutlich elf Segmente unterscheiden. 

Die Fig. 7 stellt die Abdominalregion eines jungen Embryo 
aus dieser Entwicklungsperiode dar. Man sieht, wie der Keimstreif 
tief in den Dotter versenkt ist und in seiner ganzen Länge eine 
deutliche Segmentation aufweist. In jedem Segment ist ein Cölom- 
säckehen zu erkennen, nur im elften Abdomimalsegmente liegt noch 
eine undifferenzierte Mesodermmasse >», die einer Einstülpung dicht 
angeschmiegt ist, welche sich am hintersten Ende des Keimstreifs 
bemerkbar macht. Das Eetoderm schiebt sich hier weit in den Dotter 
vor und schreitet zur Bildung des Enddarmes, dessen Lumen auf der 
Zeichnung nicht sichtbar ist, weil der Schnitt kein medianer ist. 


260 Theodor Saling, 


Dieser Sagittalschnitt ist für mich deswegen von höchster Bedeutung 
geworden, weil ich auf ihm zum ersten Male mit absoluter 
Sicherheit die Genitalzellen nachweisen konnte. Sie er- 
scheinen am Vorderende des siebenten Abdominalsegmentes tief ein- 
gesenkt in das Cölomsäckchen als ein kompaktes Zellhäufchen, das 
sich schon bei schwächerer Vergrößerung deutlich infolge der blassen 
Färbung zu erkennen gibt. [Im Gegensatz zu L&cAmLLon habe 
ich immer gefunden, daß die Genitalzellen weniger Farbstoff auf- 
speichern als die Körperzellen. Heymons (2) und BRAUER (1 und 2) 
liefern übrigens auch Abbildungen, aus denen eine hellere Färbung 
der Genitalzellen ersichtlich ist!| Die Genitalanlage ist jetzt aber 
schon paarig entwickelt und wiederholt sich — wie die Durch- 
musterung dieser sagittalen Schnittserie ergibt — auf der andern 
Körperseite genau an der analogen Stelle. 

In Fig. 8 habe ich das siebente Abdominalsegment in ver- 
srößertem Maßstabe wiedergegeben. Die Genitalanlage bietet sich 
jetzt dar als ein ziemlich voluminöses, längliches Säckchen, das sich 
auch noch über die Segmentgrenze hinüber ein wenig in das sechste 
Abdominalsegment erstreckt. Sie hat durch ihre Anwesenheit die 
volle Entfaltung des siebenten abdominalen Ursegmentes verhindert, 
denn, wie die Zeichnung lehrt, hat sich die Cölomhöhle auf einen kleinen 
Raum beschränken müssen, während die Cölomsäcke der andern 
Segmente das Cölom in normaler Ausdehnung erkennen lassen. Die 
Kerne der Genitalzellen sind von nun an durch ihre eigen- 
artige Struktur immer sofort kenntlich, denn das Chromatin 
sondert sich in kleine runde Körnchen, die zumeist in der Nähe der 
Kernmembran lociert sind. Indem die übrige Kernsubstanz wenig 
Farbstoff aufnimmt, heben sich die Chromatinkörner besonders scharf 
von ihrer Umgebung ab, und die Nuclei gewinnen hierdurch eine 
feine, aber markante Punktierung. Das Plasma der Genitalzellen 
erscheint homogen und zart gefärbt. | 

Gewiß ist sehr auffallend, daß die Genitalanlage wie mit einem 
Schlage deutlich erkennbar wird. Dieser Umstand machte mir viel 
Kopfzerbrechen. Mit Rücksicht auf die auch in der Figur ersichtliche, 
nahe Beziehung zur Segmentgrenze des sechsten und siebenten Ab-- 
dominalsegmentes, kam ich anfänglich auf den Gedanken, daß die 
Genitalzellen wirklich erst jetzt ihren Ursprung nähmen und durch 
eine intersegmentale Auswanderung von Zellen entstehen möchten. 
Einen ähnlichen Fall hatte ja auch Heyuons (1) bei Phyllodromia 
beobachtet, wenn auch dort Keimzellen früherer und andrer Ent- 


Zur Kenntnis der Entwickl. der Keimdrüsen von Tenebrio molitor L. 261 


stehung bereits vorhanden waren. Verschiedene Gründe sprechen 
jedoch gegen eine derartige Bildung der Geschlechtszellen. Der ganze 
Habitus des Oölomsäckchens im siebenten Abdominalsegment würde 
meines Erachtens ein andrer sein müssen, wenn die Genitalanlage 
erst jetzt intersegmental hervorgewuchert wäre. Sie wäre schwer- 
lich imstande gewesen, ein Ursegment, das sich in normaler Lage- 
rung über die ganze laterale Partie eines Segmentes ausdehnt, in 
derartig monströser Weise zu komprimieren. Vor allem würden die 
in Fig. 8 mit einem Sternchen bezeichneten vier Kerne, welche der 
ventralen Wandung des Ursegments angehören, nicht in ihrer nor- 
malen Lagerung anzutreffen sein, die darauf hindeutet, daß von unten, 
d. h. vom Eetoderm des siebenten Abdominalsegmentes her, kein 
Druck, keine Auswanderung von Zellen stattgefunden haben kann. 
Sonst wären zweifellos die vier besagten Kerne mit in die Höhe ge- 
drängt, und es müßte naturgemäß eher ein dorsaler als ein ventraler 
mesodermatischer Zellsaum an der Genitalanlage wahrzunehmen 
sein. Die eigentümliche Gestalt unsres Cölomsäckchens erklärt sich 
aber viel einfacher, wenn man annimmt, daß schon während der 
segmentalen Abgrenzung des Mesoderms die Geschlechtszellen am 
siebenten Abdominalsegmente anlangen und dann einer regulären 
Ausbildung des hier auftretenden Ursegmentes im Wege stehen. Da 
letzteres jedoch wie jedes andre ein Cölom von regulärer Ausdehnung 
zu schaffen trachtet, so drängt es seine Zellen der Genitalanlage 
entgegen, doch weicht diese dem Drucke nicht aus, denn ihr wohnt 
das Bestreben inne, mit der Cölomwandung in innige Beziehung zu 
treten, in sie einzudringen, was auch später — wie wir sehen 
werden — geschieht. 

Daß sich früher die Keimzellen hier nicht unterscheiden ließen, 
führte ich bereits darauf zurück, daß damals von einer großen An- 
zahl Dotterzellen allen Zellen in gleicher Weise bedeutende Mengen 
Nährmaterials zugeführt wurden; wegen dieser starken Überladung 
mit Nährstoffen konnte sich der wahre Charakter der Zellen nicht 
vorher geltend machen. Fig. 7 zeigt aber, wie jetzt nur noch we- 
nige Dotterzellen am Keimstreif liegen, daß die große Nährstoffauf- 
nahme, die zur Weiterentwicklung des jungen Keimstreifs erforderlich 
war, als beendet angesehen werden kann. Die einzelnen Zellen haben 
sich jetzt vielmals geteilt, dabei die in ihnen aufgespeicherte Nähr- 
substanz verbraucht, und so tritt mit der Differenzierung erst das 
Eisentümliche der einzelnen Zellen zutage. 

Sodann spricht nach meiner Überzeugung das paarige Vorhanden- 


262 e Theodor Saling, 


sein der Genitalanlage zweifellos dafür, daß schon in einer weit 
früheren Zeit ihre Abtrennung erfolgt sein muß. Die Paarigkeit der 
Genitaldrüsen ist sicherlich ein fortgeschrittener Entwicklungszustand. 
Ebenso kann ich mir nicht denken, daß sich durch eine erst vor 
kurzem geschehene Zelleneinwanderung diese schon weit entwickelte 
Geschlechtsanlage gebildet haben soll, welche paarig, ziemlich volu- 
minös, durch einen Kontur deutlich abgegrenzt ist, und deren Kern- 
verhältnisse darauf hinweisen, daß im Innern ein gewisser latenter 
Zustand obwaltet. Die ganze Genitalanlage, wie sie uns in 
Fig. 8 entgegentritt, macht vielmehr den Eindruck einer 
schon längere Zeit selbständigen Organanlage, und ich glaube 
ja, ihre zeitigere Entstehung nachgewiesen zu haben, wenn mir auch 
in der Entwieklungsreihe ein einziges Zwischenstadium ihr Vorhanden- 
sein nicht verriet. Träte auch auf diesem Zwischenstadium die auf 
den Fig. 3—6 beschriebene Zellengruppe in Erscheinung, so würde 
ich nicht das geringste Bedenken tragen, sie mit Sicherheit als die 
Genitalanlage anzusprechen, zumal die äußere Ähnlichkeit mit der 
unzweifelhaften, auf den Fig. 7 bzw. 8 dargestellten Genitalanlage 
eine sehr weitgehende ist. 

Hiermit hätte ich nun den ersten Abschnitt meiner Untersuchungen 
zu Ende geführt, dessen Resultate ich nochmals in Kürze wieder- 
holen möchte: 

Bei Tenebrio molitor tritt im Gegensatz zu den Chrysomeliden 
(L&cAILLoN) eine Differenzierung der Genitalzellen zur Zeit des 
Blastodermstadiums noch nicht ein. Dagegen halte ich für wahr- 
scheinlich, daß ihre Loslösung vom Ectoderm am hinteren Keim- 
streifende erfolgt, sobald sich die hintere Amnionfalte erhebt und die 
_Mesodermbildung im Gange ist. Beim Vorwärtsdringen der sich seg- 
mental anordnenden Mesodermmasse schiebt sich auch die noch un- 
paare Genitalanlage weiter nach vorn und gelangt vor Ausbildung 
der Ursegmente an die Grenze des sechsten und siebenten Abdo- 
minalsegments. Durch eine Teilung in lateraler Richtung wird sie 
paarig und tritt mit den inzwischen ausgebildeten Cölomsäcken des 
siebenten Abdominalsegments in Verbindung. Erst von diesem Zeit- 
punkt an ist die Genitalanlage bei Tenebrio molitor mit Sicherheit 
zu erkennen. 


2. Verhalten der Genitalanlage bis zum Beginn des Larvenstadiums. 


Der Keimstreif von Tenebrio molitor, wie wir ihn zuletzt be- 
trachteten, ist in seiner hinteren Partie invaginiert und immers, am 


Zur Kenntnis der Entwickl. der Keimdrüsen von Tenebrio molitor L. 263 


Vorderende dagegen überwachsen und superficiell. Er schließt sich 
somit dem Übergangstypus an, wie er schon von einigen Coleopteren 
bekannt ist und in besonders klarer Weise von HEIDER an Hydro- 
philus demonstriert wurde. Die Genitalzellen lassen sich von nun 
an immer sofort deutlich erkennen, da sie während der ganzen em- 
bryonalen Periode ihr charakteristisches Aussehen bewahren. Man 
sollte meinen, daß bei den nun sich abspielenden, komplizierten Ent- 
wicklungsvorgängen und der damit verbundenen intensiven Zellver- 
mehrung die Genitalanlage nur äußerst schwer zu verfolgen wäre. 
Da jedoch die Keimzellen von jeder Gewebsbildung ausgeschlossen 
sind und auch vorläufig in einem gewissermaßen latenten Zustande 
verharren, so tritt der Unterschied, in dem sie sich zu den Soma- 
zellen befinden, um so schärfer hervor. Die eigentliche Ausbildung 
_ der Geschlechtsorgane fällt ja erst in die postembryonale Periode, 
wenn auch allerdings die Differenzierung der Geschlechter noch am 
Ende der embryonalen Entwicklung stattfindet. Aber im großen und 
ganzen verhalten sich die Keimzellen mehr passiv wie aktiv, sie 
nehmen an der jetzt in den Vordergrund tretenden Entwicklung des 
Körpers nicht teil, sondern lassen sich von ihrer Umgebung gewisser- 
maßen fortschieben, bis sie ihren Bestimmungsort erreichen. 

Das weitere Verhalten der Genitalanlage läßt sich nicht genau 
schildern, ohne auch die anderweitigen Entwicklungsvorgänge im 
Abdomen zu berücksichtigen, was ich — soweit es vonnöten ist — 
in aller Kürze tun werde. 
| In einem Stadium, wie es Fig. 7 repräsentiert, sind von ecto- 
dermalen Organen in Anlage begriffen das Proctodäum (am Vorder- 
ende entsprechend das Stomatodäum) und das Bauchmark, welch 
letzteres aus der Figur nicht ersichtlich ist, da der Schnitt kein 
medianer ist. Ich will nur kurz bemerken, daß die Ganglien- 
kette ihren Ursprung nimmt aus Neuroblasten, die sich an Größe 
vor allen andern Zellen hervortun und aus der Medianlinie des da- 
‚selbst wulstförmig verdickten Eetoderms hervorwuchern. Die wei- 
tere Differenzierung ist für uns nicht von Belang. Dagegen erkennt 
man auf Fig. 7 deutlich den ectodermalen Ursprung des Procto- 
däums; die ihm anliegende undifferenzierte Mesodermmasse m ent- 
wickelt sich größtenteils zur Museularis. Um diese Zeit läßt sich 
auch schon das Auftreten der MaLrisHuischen Gefäße nachweisen, 
die als Ausstülpungen an der dem Dotter zunächst liegenden Stelle 
des Proctodäums entstehen. Sie wachsen sehr schneli in die Länge 
und sind später auf Schritt und Tritt in der Nähe der Genitalanlage 


264 Theodor Saling, 


anzutreffen. Als nächstes ectodermales Organ erscheint das Tra- 
cheensystem. Das Ectoderm stülpt sich zu beiden Seiten der 
Neuralwülste ein und wächst unter den Cölomsäcken her schlauch- 
förmig ins Innere. Die Fig. 11 zeigt eine solche Tracheenanlage. 
Das Stigma ist leider nicht mit angeschnitten, doch liegt es — wie 
einige spätere Schnitte derselben Serie lehren — an der mit st be- 
zeichneten Einbuchtung. In jedem Segment beginnt die Anlage des 
Tracheensystems mit der Bildung des Stigmas. Die Tracheen- 
verzweigungen machen sich erst in späterer Zeit geltend und weisen 
mitunter eine große Ähnlichkeit mit den MAtrisuischen Gefäßen 
auf. Nach der Tracheenbildung erfolgt als weitere Ablösung vom 
Eetoderm die Bildung der Önocyten, deren Kerne in der Jugend 
den Kernen der Genitalzellen infolge der ähnlichen Verteilung des 
Chromatins am meisten gleichen. Alle diese soeben besprochenen 
ectodermalen Organe treten uns auch auf den Schnitten vor Augen, 
an denen ich den Entwieklungsverlauf des Genitalorgans schildern 
will, weshalb ich kurz auf ihre Herkunft eingegangen bin. 

Wenn man nun aber den Entwicklungsverlauf des Tenebrio-Eies 
im ganzen betrachtet, so tritt vom dritten bis vierten Entwicklungs- 
tage an das Bestreben des Embryo in den Vordergrund, wieder in 
die ursprüngliche ventrale Lage zurückzukehren. Es spielt sich da- 
her der Prozeß der Involution ab, der bei Tenebrio — ebenso 
wie bei Hydrophilus u. a. — in sehr vereinfachter Weise von statten 
seht. Das Hinterende des Keimstreifs rollt sich dabei in genau der- 
selben Weise auf die Ventralseite des Eies zurück, wie es sich ur- 
sprünglich auf die Dorsalseite umgeschlagen hatte. Der ganze Keim- 
streif wird hierdurch wieder superficiell und das Kopfende ganz an 
den vorderen Eipol vorgeschoben. Dieser von hinten wirkende Druck 
verursacht einerseits eine starke Kontraktion des Keimstreifs, ander- 
seits wird dessen laterale Erhebung über die Dottermasse eingeleitet. 
Diese Kontraktion hat zur Folge, daß bei der Eiaufsicht die oben 
erwähnten hyalinen Stellen sich zeigen, die eventuell als Luft- 
kammern aufzufassen sind. Wie man am "besten an Querschnitten 
verfolgen kann (vgl. die Fig. 10—13, 16) wachsen die Seitenplatten 
des Keimstreifs an der Peripherie des Dotters hinauf einander ent- 
gegen. Infolgedessen wird die Amnionhöhle immer mehr in die 
(uere gezerrt; das Amnion, welches bereits vorher auf der Ventral- 
seite sich der Serosa fest angelegt hatte und mit ihr schließlich ver- 
wachsen war, kann der Spannung nicht länger widerstehen und zer- 
reißt in der ventralen Medianlinie.e Die Amnionhöhle eröffnet sich 


Zur Kenntnis der Entwickl. der Keimdrüsen von Tenebrio molitor L. 265 


hierdurch, und Amnion. und Serosa bilden, wie ehedem, eine in- 
einander übergehende Zellschicht. Die durch den Riß entstandenen 
Amnionfalten glätten sich schnell aus, indem die Serosa dorsalwärts 
— man möchte sagen — zusammenschnurrt. Der plattenepitheliale 
Charakter der Serosa geht hierdurch verloren, und es kommt zur 
Bildung eines hohen Cylinderpithels, der sog. »Rückenplatte«. 
Demnach haben wir auch bei Tenebrio eine »Involution unter Aus- 
bildung eines kontinuierlichen, dorsalen Amnion-Serosasacks«, wel- 
chen Typus Korscherr und HEIDER als gültig für die Libelluliden, 
Rhynehoten und einen Teil der Coleopteren (z. B. Hydrophilus, 
Melolontha) bezeichnen. Durch Einwölbung der Rückenplatte in den 
Dotter kommt ein »Rückenrohr« zustande, dessen dorsaler Verschluß 
von hinten nach vorn fortschreitet. Es besitzt bei Tenebrio die Aus- 
dehnung von etwa einem Drittel der ganzen Eilänge und kommt in 


<> 


Textfig. 3 


Medianschnitt durch einen 7 Tage alten Embryo. Halbschem. Vergr. SV fach. 


die Medianregion der Rückenseite zu liegen. Die Textfig. 3 veran- 
schaulicht die Dimensionen des Rückenrohrs, das sich bereits bis 
auf ein kurzes Stück am Vorderende vom Amnion völlig abgeschnürt 
hat. Die Wandung des Rückenrohrs schließt ein anfangs noch ge- 
räumiges Lumen ein und hat den Charakter eines sehr hohen Cylinder- 
'epithels.. Bald aber verschwindet der Hohlraum, womit eine völlige 
Degeneration der Epithelzellen verbunden ist, die sich zu Paracyten 
umwandeln und einer gänzlichen Auflösung im Dotter unterliegen. 
Der Rückenverschluß wird nach Abschnürung des Rückenrohrs auf 
kurze Zeit vom Amnion übernommen, bis die lateral am Dotter 
emporwachsenden Keimstreifflügel in der Medianlinie des Rückens 
verschmelzen und somit den Einschluß der Dottermasse bewirken. 


266 Theodor Saling, - 


Mit dem definitiven Rückenverschluß gelangt auch das Herz zur Aus- 
bildung, als letztes der larvalen Organe. Dieser Zustand wird zwi- 
schen dem 7. und 8. Entwicklungstage erreicht. Der Embryo ist 
von seinen Embryonalhüllen befreit, er liegt nur noch innerhalb 
der Eihüllen, und seinem Ausschlüpfen als junge Larve steht nichts 
mehr im Wege. : 


Was nun die Genitalanlage betrifft, so haben wir sie zuletzt auf 


einem Sagittalschnitt wahrgenommen, an der Grenze vom sechsten 
zum siebenten Abdominalsegment. An dieser Stelle verweilen die 
Keimzellen noch längere Zeit hindurch. Wenn ich schon gelegent- 
lich der Betrachtung von Fig. 8 sagte, daß der Genitalanlage das 
Bestreben innewohne, in das siebente abdominale Cölomsäckchen 
 einzudringen, so wird dies durch die nächstfolgenden Stadien, die 
ich in den Fig. 9—11 wiedergebe, deutlich illustriert. Der Quer- 
schnitt 9 zeigt zunächst ein kräftiges Eetoderm, das nach den Seiten 
hin umbiegend in das Amnion übergeht, in der medianen Partie da- 
gegen einen Doppelwulst pw, aus dem später das Bauchmark ent- 
steht. Diese medianen Verdickungen des Ecetoderms wurden in 
der früheren Literatur als Primitivwülste bezeichnet. Auf der 
Außenseite des Eetoderms befindet sich die Amnionhöhle, seiner Innen- 
seite lagern sich dicht die mesodermalen Bildungen an, und zwar 
sehen wir in der Medianlinie ein noch undifferenziertes, mesenchym- 
artiges Gewebe ms, von dem sich scharf die Ursegmente gesondert 
haben, die auf die lateralen Partien des Keimstreifs beschränkt sind. 
Der Schnitt 9 ist nicht genau transversal, sondern ein wenig schräg 
geführt; infolgedessen sind die Cölomsäcke in verschiedener Aus- 
dehnung getroffen und das linke Genitalsäckcehen nieht angeschnitten. 
Das rechte Ursegment ist für uns nun von besonderem Interesse, da 
an seiner der Medianlinie zugekehrten Wandung eine deutliche Ein- 
buchtung vorhanden ist, in die sich als eine scharf umschriebene, 
kompakte Zellgruppe die Genitalanlage hineindrängt. Sie hat das 
typische Aussehen: ein blaß gefärbtes Plasma und relativ wenig 
Kerne mit randständigem, fein punktiertem ‚Chromatin. Das Zellen- 
material, das die ganze Genitalanlage zusammensetzt, erscheint durch- 
aus gleichartig. 
Im nächstfolgenden Stadium Fig. 10 ist das Aussehen des Keim- 
streifs im wesentlichen das gleiche, doch hebt sich die Mitte deut- U 
licher gegen die Seiten ab. Die Involution und das damit verbun- # 
dene Superfieiellwerden des Keimstreifs sind weiter fortgeschritten. 
Der Querschnitt 10 lehrt uns vor allem, daß nunmehr die mediane 


Zur Kenntnis der Entwiekl. der Keimdrüsen von Tenebrio molitor L. 267 


Cölomwandung dem Druck der Genitalanlage nicht mehr standhalten 
kann und infolgedessen gesprengt wird. Die Keimanlage tritt daher, 
indem sich die Reste der durchbrochenen Wand in das Oölom um- 
biegen und der dorsalen Cölomwand andrängen, mit dem Oölom in 
Verbindung. 

Mit diesen Entwicklungsvorgängen gehen auch die andrer Or- 
gane Hand in Hand. Der Schnitt 11, der ebenfalls transversal — 
ein wenig schräg — durch das siebente Abdominalsegment geführt 
ist, zeigt so schon ein vom Eectoderm völlig gesondertes Ganglien- 
paar. Die lateralen Eetodermpartien haben sich an der am weitesten 
in die Amnionhöhle vorspringenden Stelle eingestülpt zur Bildung des 
Tracheensystems. Das Stigma sowohl wie die junge Trachee sind 
auf Fig. 11 tangential angeschnitten, so daß ihr Lumen nicht sichtbar 
ist. Die Genitalanlage, die- namentlich auf der rechten Seite deutlich 
erkennbar ist, ist gänzlich in das Ursegment einbezogen worden. 
Zu dieser Zeit ist auch von HEıDER bei Hydrophrlus die Geschlechts- 
anlage bemerkt worden. Ihr Emtritt in die Cölomwandung scheint 
sich bei allen Insekten zu vollziehen. Dieser Prozeß muß also von 
srundlegender Wichtigkeit sein, und in. der Tat handelt es sich da- 
bei um nichts Geringeres, als daß sich die Genitalanlage ihre epithe- 
liale Umkleidung, ihren Suspensorial- sowie Ausleitapparat erwirbt. 

Während die Keimanlage nach der einen Seite hin mit dem 
Cölom in direkter Verbindung steht, wird sie sonst überall vom 
Mesoderm umschlossen und dadurch von andern, inzwischen entstan- 
denen Hohlräumen getrennt. Diese Hohlräume, deren Auftreten 
schon in den Fig. 9 und 10 angedeutet wird, könnte man als ein 
»Schizocöl« bezeichnen, denn sie entstehen dadurch, daß sich Lücken 
zwischen den einzelnen Gewebekomplexen bilden und sich überhaupt 
im allgemeinen der Keimstreif mehr vom Dotter abhebt und selb- 
ständiger macht. Diese Schizocölräume treten später in Verbindung 
mit dem echten Cölom, und geben somit Veranlassung zur Bildung 
der definitiven Leibeshöhle, wie das die Fig. 12 und 13 veranschau- 
lichen. In den lateralen Keimstreifpartien beginnt nun ein energi- 
sches Wachstum, welches dahin führt, daß sich die Keimstreifseiten 
über den Dotter erheben. Die Dottermasse aber, an den Seiten über- 
wachsen und zurückgedrängt, sucht sich um so mehr nach der Me- 
dianebene hin auszudehnen, und bildet gegen die Ganglienkette hin 
einen vorspringenden Zapfen, wird aber dort von dem zur Sonde- 
rung gelangten visceralen Mesodermblatt vd (Fig. 11—13) fest um- 
spannt. Dieses viscerale Blatt, das in der Medianlinie von dem dort 


268 Theodor Saling, 


angehäuften Mesenchym (Fig. 9), an den Seiten aber auf Kosten der 
Cölomwandung gebildet wird, übernimmt die Trennung des Dotters 
vom Keimstreif so lange, bis die Umwachsung des Dotters durch 
das Mitteldarmepithel erfolgt ist. 

Der Frage nach der Entstehung des Mitteldarmes bin ich 
in eingehender Weise nicht näher getreten. Auf Grund meiner 
Beobachtungen an Tenebrio neige ich zu der neuerdings von HEYMoNs 
vertretenen Anschauung. Von der Sonderung eines Entoderms, wie 
es HEIDER beschreibt, habe ich nichts bemerken können, dagegen 
konnte ich mich an verschiedenen Präparaten überzeugen, daß vom 
Proctodäum (ebenso wie vom Stomatodäum) aus ein Epithel um den 
Dotter herumwächst und sich zwischen Dotter und viscerales Blatt 
hineinerstreckt. Die Ausdehnung des Mitteldarmepithels über den Dotter 
erfolgt zuerst auf der Ventralseite und -zwar, wie es HEIDER für 
Hydrophilus nachgewiesen, in Gestalt zweier, mit den Enden ein- 
ander entgegenwachsender, hufeisenförmiger Anlagen; wenigstens 
deute ich so die in meiner Fig. 11 sichtbaren, dorsal von den Ur- 
segmenten gelegenen Verdickungen nde als die zwei Hufeisenarme 
der Mitteldarmanlage. Das nächste Stadium Fig. 12 demonstriert 
dann tatsächlich, daß diese Verdiekungen verschwunden sind, daß 
dagegen schon fast bis zum Bauchmark hinunter ein doppelschichtiges 
Epithel den Dotter umgrenzt, wovon ich die innere, durch Verflachung 
der ehemaligen Verdiekung entstandene Zellschicht als das Mittel- 
darmepithel, die äußere dagegen als das viscerale Blatt ansehe. _ 

Kehren wir nach dieser Abschweifung zur Betrachtung der 
Genitalanlage zurück, so erweist Fig. 12, daß ihre Umfassung seitens 
des Mesoderms eine noch intensivere geworden ist. Ringsum sind 
die Keimzellen von einem zarten, mesodermalen Epithel umgeben, 
und nach der Dorsalseite hin hängen sie mit dem visceralen Blatte 
durch eine Zellschicht zusammen, deren Kerne ebenfalls mesodermalen 
Charakter tragen, und die nichts weiter ist als ein Teil der dorso- 
lateralen Cölomwand, die in Fig. 11 direkt unter der Mitteldarm- 
anlage lag. Die Genitalzellen befinden sich. also genau an derselben 
Stelle, an der sie Heymons (1) bei Phyllodromia in den Fig. 7 
und 8 seiner Abhandlung gezeichnet hat. 

Die Ursegmente erleiden nämlich weitgehende Veräsdernis 
Das Cölom ist auf einen kleinen Raum beschränkt und kommuniziert 
später (Fig. 15) mit dem Schizocöl. Die dorsale! Cölomwand wird 


i Wenn ich hier und im folgenden von einem ventralen, lateralen 
und dorsalen Teil des Cölomsäckchens spreche, so möchte ich diese Bezeich- 


Zur Kenntnis der Entwickl. der Keimdrüsen von Tenebrio molitor L. 269 


verbraucht teils zur Unterstützung des visceralen Blattes, teils zur 
Bildung der eben erwähnten Zellenreihe, mittels deren die Genital- 
anlage mit dem splanchnischen Blatte in Verbindung steht. Ich will 
sie, dem Vorgange Heyımons folgend, »Endfadenplatte« nennen, da 
sie sich später zum Suspensorialapparat entwickelt. 

An der äußersten dorsalen Ecke des Cöloms, dort wo die dorsale 
Cölomwand mit der somatischen zusammenstößt, liegen einige Zellen 
von besonderem Charakter, der merklich erst in Fig. 13 zutage tritt. 
Sie führen später zur Bildung des Herzens und wären demnach als 
»Cardioblasten« anzusprechen. Die somatische (äußere laterale) Wan- 
dung des Ursegments löst sich in einzelne Zellgruppen auf, die sich 
später zur Körpermuskulatur (Fig. 15 msk) modifizieren, während die 
das Cölom begrenzende innerste Zellreihe (ps) der lateralen Cölom- 
wandung sich zum Pericardialseptum ausbildet; endlich entsteht aus 
dem ventralen Ursegmentabschnitt der sogenannte Fettkörper, der sich 
rasch vermehrt und später alle Organe umschließt. Demnach finden 
wir von jetzt an bis ins imaginale Stadium auch immer die Genital- 
anlage im Fettkörper eingebettet. In Fig. 12 sind schließlich noch 
MarnpıicHische Gefäße angeschnitten, eines davon genau im Querschnitt 
und ein andres darüber im Tangentialschnitt. Die MAupıcnIschen 
Gefäße sind um diese Zeit schon sehr lang und immer auf den durch 
die Genitalanlage geführten Schnitten anzutreffen. 

Höchst interessant ist die Betrachtung eines Embryos im Alter 
des Tieres Fig. 12 auf Sagittalschnitten. Die Fig. 14 und 15 ver- 
anschaulichen diese Verhältnisse. Wir sehen wieder den Dotter ab-. 
sesrenzt durch das viscerale Blatt. Das Mitteldarmepithel ist auf 
beiden Schnitten sichtbar, in Fig: 15, die einen mehr lateralen Schnitt 
derselben Serie darstellt, ist es (entsprechend der stärkeren Mächtig- 
keit an den Seiten) deutlicher, auf dem mehr medialen Schnitte 
(Fig. 14) dagegen in etwas zarterer Lage vorhanden. Dem Ectoderm 
anliesend erkennt man eine dichte Mesodermschicht, deren äußere 
Partie später hauptsächlich zur Anlage der Körpermuskulatur ver- 
"braucht wird, während die innere Partie von etwas loserer Beschaffen- 


nungen nur auf das Ursegment von Tenebrio angewendet wissen, um eine bessere 
Orientierung zu ermöglichen. Ich dehne dagegen diese Benennungen nicht auf 
das Ursesment der Insekten im allgemeinen aus, denn bekanntlich ist, wie sich 
aus vergleichend entwieklungsgeschichtlichen Untersuchungen ergeben hat, z. B. 
der ventrale Cölomabschnitt eines Orthopteren nicht demjenigen bei Coleopteren 
homolog; vielmehr ist ersterer bei den höheren Insekten in Wegfall gekommen, 
und durch ein Mesenchym ersetzt worden. 
Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. 18 


270 Theodor Saling, 


heit ist und seinen Übergang in Fettkörper schon zu erkennen gibt. 
Diese Muskel- und Fettanlagen sind auch in Fig. 12 deutlich sieht- 
bar, wenn man vom Ectoderm aus nach der Genitalanlage hin fort- 
schreitet. In der besprochenen Mesodermmasse der Fig. 14 liegt in 
jedem Segment eine Trachee, die auf dem lateraleren Sagittalschnitt 
15 durch das Stigma nach außen führt. Zwischen diesem Mesoderm- 
sewebe und dem visceralen Blatte dehnt sich, da der Schnitt 14 
ziemlich median ist, das Schizocöl aus, und in diesem liegt, scheinbar 
außer Zusammenhang mit dem übrigen Gewebe die Genitalanlage, 
deren Urkeimzellen wieder das typische Aussehen haben. Die Keim- 
anlage hat sich noch ein wenig verlängert und nach den beiden 
Seiten hin spindelförmig zugespitzt; sie erreicht wohl zu dieser Zeit 
das Maximum ihrer Längenausdehnung. Besondere Beachtung ver- 
dient die Erscheinung, daß vor und hinter der Genitalanlage in der 
Richtung ihres größten Längendurehmessers je ein kompakter Geweb- 
strang liegt, der mit ihr in innigem Zusammenhang steht, und in 
dem man unschwer, besonders bei einem Vergleich mit Fig. 15, Teile 
des ventralen Cölomepithels konstatiert. Die am vorderen Ende auf- 
sitzende Zellenreihe nimmt an der Befestigung der Keimdrüse teil, 
der sich hinten ansetzende Strang entwickelt sich zum Ausführungs- 
sang des Genitalorgans. Beide Bildungen treten also schon zu einer 
relativ frühen Zeit auf. 
Wie schon aus dem Titel meiner Arbeit hervorgeht, habe ich 
im speziellen nur die Entwicklungsgeschichte der Keimdrüsen unter- 
sucht, beabsichtigte aber keineswegs, der Entstehung der accesso- 
rischen Elemente des Geschlechtsapparates näher zu treten. Doch sehe 
ich mich veranlaßt, Bemerkungen bezüglich des Suspensorialapparates 
und Ausführungsganges einzuflechten, sobald die in dieser Richtung 
angestellten Beobachtungen von größerem Interesse sind. Die meso- 
dermale Entstehung von Aufhänge- und Ausleitapparat steht außer 
jeglichem Zweifel. Schon allein die dunklere, mit dem umliegenden 
Mesoderm übereinstimmende Färbung dieser Stränge deutet auf ihre 
mesodermale, also andre Herkunft hin. Mit, absoluter Klarheit aber 
erhellt ihre mesodermale Natur aus der Fig. 15, die den auf Fig. 14 
in lateraler Richtung zweitfolgenden Schnitt wiedergibt. Der Schnitt 
führt, entsprechend seiner lateralen Lage nicht mehr durch das 
Schizocöl, sondern durch das echte Cölom, welches an der Ventral- 
seite dank dem Hinaufwachsen des Keimstreifs über den Dotter vom 
Ectoderm abgerückt erscheint. In der hierdurch gebildeten Lücke 
liegen jetzt — wie es auch Fig. 12 zeigt — Fettgewebe und Muskel- 


Zur Kenntnis der Entwickl. der Keimdrüsen von Tenebrio molitor L. 271 


anlage, die aus dem ehemalig somatisch-ventralen Abschnitte des 
Ursegmentes (vgl. Fig. 9) hervorgegangen sind. Entsprechend den 
segmentalen Einschnürungen des Ectoderms zeigen sich an den nun- 
mehr reduzierten ÜCölomsäcken die Ursegmentgrenzen, in Fig. 15 
besonders deutlich zwischen dem fünften und sechsten Abdominal- 
segment. Die Genitalanlage aber befindet sich genau in der Grenzwand 
des sechsten und siebenten Abdominal-Ursegments, eine Lage, die 
also seit dem Stadium Fig. 7 erhalten geblieben ist. Diese Grenzwand 
ist in Fig. 15 durch ein Sternchen gekennzeichnet und deshalb we- 
niger deutlich hervortretend als an den andern Segmentgrenzen, weil 
an dieser Stelle die Cölomwandung, vermöge deren die Keimanlage 
mit dem visceralen Blatte in Verbindung steht, in tangentialem Schnitt 
getroffen wurde. Mit andern Worten also: wir haben die Endfaden- 
platte epl, die auf Fig. 12 im Querschnitte erscheint, in diesem Falle 
im Flächenschnitte vor uns. Diese Schnittrichtung erweist sich’ für 
das Verständnis der weiteren Entwicklungsvorgänge des Suspensorial- 
apparates äußerst wertvoll. Der mesodermale Charakter der Endfaden- 
platte springt auch auf Fig. 15 durch die Beschaffenheit der einzelnen 
Zellkerne sofort in die Augen. Bei genauem Zusehen bemerkt man, 
daß die einzelnen Kerne der Endfadenplatte nicht mehr eine regellose 
Lagerung einnehmen, sondern sich derart in Reihen zu ordnen be- 
sinnen, daß sich die Zellkerne mit ihrer Breitseite aneinander legen 
und geldrollenartig hintereinander schalten. Diese Reihen, die vor- 
läufig noch kurz sind, aber infolge-lebhafter Zellvermehrung bald an 
Länge zunehmen, verlaufen in dorso-ventraler Richtung und stehen 
somit senkrecht auf dem Längsdurchmesser der Genitalanlage. Diese 
Zellanordnung erinnert lebhaft an die Figuren, die HEYMOoNS in seiner 
Phyllodromia-Arbeit (1) gibt zur Demonstration der Endfadenentwick- 
lung. In der Tat handelt es sich auch hier um genau denselben 
Vorgang, denn die einzelnen Zellreihen entsprechen den späteren 
Endfäden. 

Während des eben betrachteten Stadiums ist also die Genital- 
anlage sehr innig mit dem visceralen Blatte verknüpft, eine Befestigung, 
die sich über die ganze Länge der Keimanlage hin erstreckt und 
durch die als Endfadenplatte bezeichnete, dorso-mediale Wandung des 
reduzierten Cöloms repräsentiert wird. Eine derart weitgehende An- 
heftung erscheint für die an sich doch gewiß nicht allzu voluminöse 
Genitalanlage auf den ersten Blick merkwürdig, denn selbst bis 
zum Schlusse der embryonalen Entwicklungsperiode erfährt sie 
keine wesentliche Volumvergrößerung. Die Bedeutung der starken 

8% 


202 et Theodor Saling, 


Befestigung der Genitalanlage ergibt sich aber sofort aus den weiteren 
Vorgängen. 
Die Weiterentwicklung des Embryos macht sich nämlich in der _ 
Weise geltend, daß die freien Ränder des Keimstreifs dorsalwärts 
immer mehr über die Dottermasse hinaufwachsen, um ihn schließlich 
vollkommen einzuhüllen und in der Medianebene der Dorsalseite des 
Eies zu verschmelzen. In dem Maße nun, wie sich das viscerale 
Blatt am Dotter emporschiebt, ist auch die mit ihr durch die End- 
fadenplatte innig verbundene Genitalanlage gezwungen, der Be- 
wegungsrichtung zu folgen. In erster Linie wird hierdurch der letzte 
Überrest des Cöloms, wie wir ihn in Fig. 12 sahen, zerstört. Die 
Genitalanlage hebt sich, umgeben von einem Teile des Fettkörpers, 
von den Hautmuskelanlagen los; das Cölom wird dadurch geöffnet 
und verschmilzt mit dem Schizocöl zur definitiven Leibeshöhle. Den 
Beginn dieses Prozesses kann man auf Textfig. 4 deutlich wahr- 
nehmen.: Die Genitalanlage hängt 
dann in der Leibeshöhle. Die erste 


a chL Funktion der Endfadenplatte besteht 
A / . [2 
Fy  m.\ also in dem Transport der Keim- 
LP AM mde 
4 En Gaza anlage nach der Dorsalseite des 
£ MINE 2 8 
| er vd Embryos. Da dieser Fortbewegun 
EEE a | 
=) ML, Sunı KR, natürlich seitens der Genitalanlage 
a DR ERS . 
en alas as — namentlich anfangs, solange das 
x 88 .r se we o. . 
An ar ww‘ Fettkörpergewebe, das sie noch auf 
ig & EN = Pa 5 E 5 
Un mn tar Fig. 12 mit der Muskelanlage ver- 
8 ae N ; : 5 
As.» me: bindet, noch nicht gesprengt ist — 
ein gewisser Widerstand entgegen- 
Textfig. 4. 


Laterale Partie eines quergeschnittenen a wird, 33 erfährt die Dez 
Keimstreifs. fadenplatte eine starke Dehnung. 

Diese erstreckt sich aber nicht auf 

die ganze Endfadenplatte in gleichmäßiger Weise, sondern es wird 
nur die am visceralen Blatt inserierende Stelle (ich habe sie in Textfig. 4 
mit einem Sternchen bezeichnet) zu einem immer länger und dünner 
werdenden Ligament ausgezogen, während die entgegengesetzte, den 
Keimzellen anliegende Partie der Endfadenplatte, wo die Kerne geld- 
rollenartig beisammen lagern, an dieser Streekung nicht teilnimmt. 
Bei dieser Dehnung der Endfadenplatte ergeben sich aber noch andre 


Eigentümlichkeiten. Die bisher ziemlich parallel verlaufenden Zell- 


reihen, welche die geldrollenartig angeordneten Kerne enthalten, be- 
Sinnen mit ihren Endspitzen zu convergieren. Sodann erfährt aber 


Zur Kenntnis der Entwickl. der Keimdrüsen von Tenebrio molitor L. 273 


die ganze Genitalanlage eine Formveränderung, indem sie sich — 
dem nach der Dorsalseite gerichteten Zuge folgend — stark in ihrer 


 Längsausdehnung verkürzt zu gunsten einer stärkeren Größenzunahme 


in dorso-ventraler Richtung (vgl. Fig. 15 und 13). Hevymons konnte 
ebenfalls eine derartige Lageveränderung und Verkürzung der Keim- 
anlage bei Phyllodromia wahrnehmen. 

Die Fig. 13 ist nun insofern interessant, als sie einmal die 
schon besprochene Auflösung des Cöloms demonstriert. Es ist voll- 
kommen mit dem Schizocöl zur definitiven Leibeshöhle verschmolzen, 
die aber nicht — wie es aus der Figur erscheinen möchte — einen 
Hohlraum darstellt, sondern mit einem äußerst zarten, nahezu homo- 
genen Substrat angefüllt ist, das offenbar aus der Dottermasse her- 
überfiltriert. Diese Substanz wird zur Fettkörperbildung verbraucht, 
nachdem von ihr die Mesodermzellen Besitz ergriffen haben. 

Die Genitalanlage finden wir nun frei in der Leibeshöhle schwe- 
bend, umgeben von einem Fettkörperkomplex und mittels des 
ziemlich dünnen, lang ausgezogenen Aufhängebandes ab (= distaler 
Teil der früheren Endfadenplatte) in der Nähe der Cardioblasten be- 
festigt. Der den Keimzellen benachbarte Teil der ehemaligen Ena- 
fadenplatte hat sich nunmehr ganz in die geldrollenartigen Reihen 
modifiziert, die mit ihren distalen Enden gegeneinander convergieren 
und mit ihrem basalen Ende sich der Keimdrüsenanlage zu einem 
einheitlichen Ganzen fest angefügt haben, so daß wir nun von einer 
Endfadenanlage sprechen können. Aber auch die eigentliche Ge- 
nitaldrüse hat sich etwas verändert. 

Bis zum Zeitpunkte des Entwicklungsstadiums Fig. 12 bot die 
Genitalanlage in ihrem Innern im großen und ganzen das gleiche 
Aussehen dar. Veränderungen gingen nur äußerlich vor sich, indem 
sie zum Cölom in Beziehung trat und damit ihre Lage zu den 
andern Organen etwas zu ändern gezwungen war. Das Innere der 
Keimanlage sahen wir erfüllt von einer mehr oder weniger großen 
Anzahl Kerne mit randständigem, punktförmig verteiltem Chromatin, 
wodurch die Keimzellen das bereits beschriebene typische Aussehen 
gewannen und jederzeit leicht von andern Zellelementen unterschie- 
den werden konnten, und wir hatten es in dem Inhaite der bisher 
betrachteten Genitalanlage mit Urgenitalzellen zu tun. Auf dem 
Stadium Fig. 12 sahen wir dann, wie sich diese Urgenitalzellen mit 
einer mesodermatischen, der Cölomwandung entstammenden, epithe- 
lialen Umkleidung versahen, so daß sich von diesem Zeitpunkte an 
in der Peripherie und im Innern der Keimanlage auch diese meso- 


274 Theodor Saling, 


dermatischen Zellen vorfinden, die mit den Zellen der Endfadenanlage 
die größte Ähnlichkeit besitzen, eben weil sie beide aus der Cölom- 
wand ihre Entstehung nahmen. In Textfigur 4 sowie den Tafel- 
figuren 13, 16 und 17 kann man hin und wieder hauptsächlich in 
der Peripherie solche Zellen erkennen. Vorläufig sind sie noch in 
geringer Zahl vorhanden und spielen erst später bei der Bildung und 
Isolierung der einzelnen Eiröhren bzw. Hodenfollikel eine größere 
Rolle. Es scheint mir, daß es diese Epithelzellen im Verein mit den 
Zellen der Endfadenanlage sind, die durch euticulare Ausscheidung 
die ganze Genitalanlage mit einem sehr zarten, strukturlosen Häut- 
chen umgeben, die als eine embryonale Tunica propria aufzufassen 
wäre. Das erste Mal läßt sich diese Membran auf Textfig. 4 kon- 
statieren. 

| Bevor ich mit der Besprechung der Verhältnisse in Fig. 13 
absolviere, muß ich noch eine kleine Zellgruppe am zugespitzten 
Ende der Keimanlage erwähnen, die gegen den Fettkörper hin, in 
dem sie eingebettet liegt, deutlich abgegrenzt ist. Zweifellos sind 
diese Zellen mesodermaler Natur und meines Erachtens ein Derivat 
der Endfadenplatte. Sie repräsentieren nämlich die Ansatzstelle, wo 
das Aufhängeband mit den einzelnen Endfäden in Verbindung tritt. 
Diese in Frage stehende Zellgruppe, die also ein Teil des Suspen- 
sorialapparates ist, möchte ich als » Ansatzzellen« (ax) bezeichnen; sie 
finden sich auch später auf Fig. 16 wieder, wenn auch in weniger 
deutlicher Form. 

Die Embryonalentwieklung von Tenebrio nähert sich damit ihrem 
Ende, daß die Keimstreiffllanken ganz über den Dotter hinwegwachsen. 
Es kommt hierbei zu dem schon oben beschriebenen Riß der Embryo- 
nalhüllen, zur Umbildung der Serosa zum Rückenrohr und schließlich 
zur Vereinigung der Keimstreifllanken in der medianen Rückenlinie, 
wodurch das Herz entsteht und das Rückenrohr unter das Mitteldarm- 
epithel versenkt wird, um daselbst einer raschen Auflösung zu unter- 
liegen. Der Mitteldarm umgibt völlig den Dotter, dessen Schollen 
sich bis auf eine geringe Anzahl, die sich um vereinzelte, stark 
degenerierende Dotterzellen formiert, in ein gleichförmiges, assimi- 
liertes Nährsubstrat umgewandelt haben, das selbst noch dem jungen, 
ausgeschlüpften Mehlwurm als Nahrung dient. Die Fig. 16 und 17 
veranschaulichen dies Stadium. 

Auf dem Querschnitt 16 erkennt man deutlich das durch Ver- 
einigung der beiderseitigen Cardioblasten (Fig. 13 und Textfig. 4) ent- 
standene Herzrohr h, darunter das den Dotter umgrenzende Mittel- 


Zur Kenntnis der Entwickl. der Keimdrüsen von Tenebrio molitor L. 275 


darmepithel. Dem Eetoderm entlang liegt die bereits in mehrere 
Felder geteilte Muskulatur, und in halber Höhe des Querschnittes 
der Enddarm. Zwischen Enddarm und Muskulatur befinden sich noch 
die Venoeyten, die segmental wiederkehren und bezüglich der 
Kernstruktur mit den Keimzellen große Ähnlichkeit besitzen. Der 
Enddarm entwickelt hier die bekannte Schlinge, die auch in der 
Larvenperiode, ja selbst bis zum Imagostadium erhalten bleibt. Sie 
liegt auf der linken Körperseite des Tieres, ist aber auf Fig. 16 
rechtsseitig abgebildet, da dieser Embryo von vorn nach hinten 
durchschnitten wurde. Im gleichen Entwieklungsstadium befindet sich 
auch der Embryo der Fig. 17, weshalb ich von ihm nur allein die 
Genitalregion wiedergebe. 

Die linksseitige Genitalanlage (Fig. 16) ist nach Entstehung der 
Enddarmschlinge immer in deren unmittelbarster Nähe gelegen. Die 
Keimanlage ist jetzt wiederum etwas fortgeschrittener. Das Auf- 
hängeband (ab) ist von großer Zartheit, ein Verhalten, das nichts Be- 
sonderes hat, wenn man bedenkt, daß es seine Aufgabe mit dem 
Transport der Genitalanlage quasi erfüllt hat. Diese Befestigung ist 
auch völlig ausreichend, denn die wenig voluminöse Genitalanlage 
liegt so fest in dem Fettkörper verpackt und zwischen Darm und 
Körpermuskulatur so eingekeilt, daß schon allein dadurch ihre nor- 
male Lage gewahrt bleiben und deshalb vorläufig keine stärkere An- 
heftung vonnöten sein dürfte. Die zu dieser Zeit vorhandene, große 
Feinheit des Aufhängebandes ließ mich anfänglich der Meinung 
werden, daß eine Unterbrechung der Anheftung vor sich gehe, nach- 
dem die Genitalanlage an ihren definitiven Platz befördert ist, etwa 
in Ähnlicher Weise, wie es Hrymonxs (1) bei Phyllodromia festgestellt 
hat. Doch erwies sich diese Auffassung für Tenebrro als unzutreffend, 
da ich späterhin immer die Kontinuität des Suspensorialapparates 
mit aller Deutlichkeit wahrnehmen konnte. 

Was die Keimdrüse selbst anbetrifft, so erkennen wir wieder 
die typischen Urgenitalzellen und in ihrer Begleitung vereinzelte, meist 
randständige epitheliale Zellen. In der Endfadenanlage ist die Reihen- 
anordnung viel ausgedehnter geworden. Auf der Figur sind vier 
solcher Reihen der ganzen Länge nach und eine fünfte im Anschnitte 
getroffen. Zwischen den Reihen sind aber nunmehr Trennungs- 
membranen sichtbar, die fast bis zum Grunde der Reihen hinunter- 
reichen, und deren Entstehung ich auch in diesem Falle auf eine 
euticulare Ausscheidung seitens der ovalen Endfadenzellen zurück- 
führe. An der Spitze der Zellreihen, wo die neu entstandenen 


276 Theodor Saling, 


Trennungslinien mit der Tunica propria zusammenstoßen, kerbt sich 
diese ein, so daß damit eine Isolierung der einzelnen Reihen oder 
»Endfäden«e — wie ich sie nunmehr nennen kann — eingeleitet 
wird. Schließlich seien noch die drei dunklen Zellen erwähnt, die vor 
der Spitze der Zelireihen gelegen sind; sie gehören zu den Ansatz- 
zellen und übernehmen die Vermittlung jedes einzelnen Endfadens 
mit dem Aufhängeband. Dieses führt aber nicht mehr selbständig 
zum Herzrohr, sondern heftet sich am Pericardialseptum an, das 
durch das Emporwachsen des Keimstreifs über den Dotter in an- 
grenzende Lage zum Aufhängeband gebracht wurde. 

An den bisher geldrollenartig hintereinander geschalteten, ovalen 
Endfadenkernen, treten nun innerhalb jedes einzelnen Endfadens 
Lageveränderungen ein, wobei auch die Geschlechtsdifferen- 
zierung zum Ausdruck kommt. Diese Verhältnisse lassen sich weit 
deutlicher bei der Testikelbildung wahrnehmen. Die Geschlechts- 
differenzierung tritt am Ende der embryonalen Periode auf und zwar 
in einem Stadium, das etwa dem in Fig. 15 wiedergegebenen ent- 
spricht; doch neigt dieses schon mehr zur Ovarialanlage. Die Ähn- 
lichkeit zwischen Hoden- und Ovarialanlage ist in der ersten Zeit 
eine so große, daß sich die Unterscheidung nur auf Grund der End- 
fädenanzahl treffen läßt, die bei der Testikelanlage nur halb so 
sroß ist wie beim Ovarium. 

Auf Fig. 17, die eine sehr junge Hodenanlage vorstellt und etwa 
gleichaltrig mit der in Fig. 16 abgebildeten Ovarialanlage ist, erkennt 
man nun folgendes: | 

Die geldrollenartig geschalteten, ovalen Endfadenzellen nehmen 
eine sichelförmige Gestalt an, rücken aus den Längsreihen heraus 
und dehnen sich, ihre konkaven Seiten einander zukehrend, ring- 
förmig aus. Durch weiteres ringförmiges Auseinanderweichen wölben 
sie dann die Tunica propria nach außen vor, und durch gleichzeitig er- 
folgende Einkerbung der Tunica propria entstehen dann die sechs 
kleinen auf Fig. 17 sichtbaren Divertikel, womit wir zugleich die 
Entstehung der sechs Hodenbläschen vor Augen haben. Die Fig. 17 
stellt eigentlich eine Kombination zweier benachbarter Schnitte der- 
selben Serie dar, insofern als auf dem einen Schnitte nur die vier 
dem Darmepithel zugekehrten Divertikel sichtbar sind, auf dem 
nächstfolgenden Schnitte dagegen die zwei andern, nach vorn ge- 
richteten Hodenbläschen, die ich in der Figur mit eingezeichnet 
habe. Die sichelförmigen Zellen sz gruppieren sich wandständig in 
den Divertikeln, welche auf breiter Basis mit der Region der Urkeim- 


Zur Kenntnis der Entwiekl. der Keimdrüsen von Tenebrio molitor L. 277 


zellen zusammenhängen, und diese wandern nun aus dem einheitlichen 
Raume in die Bläschen hinein, wie sich zweifellos in der larvalen 
Periode erweisen wird. 


Diese Verhältnisse sind bei den weiblichen Embryonen schwerer 
zu erkennen, da die Endfadenreihen bedeutend schmäler, dafür aber 
in doppelter Zahl vorhanden sind. Jedoch läßt sich auch aus Fig. 16 
unschwer der Beginn der eben geschilderten Vorgänge herauslesen, 
indem sich die am meisten terminal gelegenen Endfadenzellen sichel- 
förmig umbilden und mit der konkaven Seite gegeneinander zu lagern 
trachten. Doch erst im jungen Mehlwurm spielen sich im Ovarium 
die weiteren Vorgänge ab. — 


Hiermit hätte ich den zweiten Abschnitt meiner Untersuchungen 
beendigt, denn eine weitere Modifikation der Genitalanlage findet vor 
Ausschlüpfen der Larve, das nur noch eine Frage des Augenblicks 
ist, nicht mehr statt. Ich stelle daher die gewonnenen Resultate 
nachfolgend kurz zusammen: 


1) Die junge Genitalanlage durchbricht die mediane Wandung 
des siebenten abdominalen Ursegments und tritt mit dem Oölom in 
Verbindung. 

2) Durch diesen Einbruch in das Cölomgebiet erwirbt sich die 
Genitalanlage ihre mesodermatische Umkleidung, und zwar entsteht 
das Epithel aus den Partien der Cölomwandung, die der Keimdrüse 
direkt anliegen, der Fettkörper dagegen durch Umwandlung des 
Ventralabschnittes des ursprünglichen Cölomsäckchens. Das Fett- 
gewebe schiebt sich dann von unten her um die Genitalanlage herum. 
Ferner bildet sich aus der medio-dorsalen Wand des reduzierten 
Cölomsäckehens die Endfadenplatte, der Ausleiteapparat dagegen aus 
dem ventralen Epithel des reduzierten Cöloms. 


3) Die Hauptrolle bei der Weiterentwicklung spielt zunächst die 
Endfadenplatte, denn sie vermittelt die Befestigung der Keimanlage 
am visceralen Blatte. Bei dem Hinaufwachsen des Keimstreifs über 
den Dotter hebt die Endfadenplatte die Genitalanlage mit in die 
Höhe. Dabei zieht sich nur der dem visceralen Blatte benachbarte 
Teil der Endfadenplatte zu dem Aufhängebande aus, während sich 
der der Keimanlage zugekehrte Abschnitt in die Endfäden um- 
wandelt. 

4) Die Befestigung der Genitalanlage persistiert durch alle Ent- 
wicklungsstadien hindurch; gegen Ende der embryonalen Periode 
verschmilzt das Aufhängeband mit dem Pericardialseptum. 


278 Theodor Saling, 


5) Kurz vor Schluß der embryonalen Periode findet die Ge- 
schlechtsdifferenzierung statt. 

6) Die geldrollenartig hintereinander geschalteten Endfadenzellen 
bilden durch ringförmiges Auseinanderweichen an der Keimanlage 
Divertikel, in welche die Urkeimzellen eintreten. 


7) Beim Hoden bilden sich sechs Divertikel, am Ovar zwölf in 
Übereinstimmung mit der in der Imago vorhandenen Zahl der Hoden- 
blasen bzw. Eiröhren. 


3. Die postembryonale Entwicklung der Genitalanlage. 


Wie ich in der Einleitung zu dieser Arbeit erwähnte, schlüpft 
etwa am 9. Entwicklungstage der junge Mehlwurm aus dem Eie, 
und nach dem Platzen der Eihüllen macht sich an ihm sofort eine 
enorme Längsstreckung bemerkbar, die offenbar durch reichliche 
Aufnahme von Luft seitens der Tracheen bedingt wird. Die soeben 
geborene Larve ist etwa doppelt so lang wie das verlassene Ei. Ihr 
Abdomen, das für uns allein in Betracht kommt, zählt nur neun 
Segmente; mithin ist im Laufe der Embryonalentwicklung eine Re- 
duktion der Segmentzahl eingetreten, denn bei beginnender Segmen- 
tierung des Embryos (Fig. 7) wurden deutlich elf Abdominalsegmente 
angelegt. 

Schauen wir uns nun nach der Genitalanlage um, so finden wir 
sie bei jungen Mehlwürmern in der Mitte des sechsten Abdominal- 
segmentes in dorso-lateraler Richtung vom Darmkanal aus und zu 
beiden Seiten desselben. Die Genitalanlage ist also im Abdomen 
etwas weiter nach vorn gerückt, welcher Prozeß sich allerdings be- 
reits während der Embryonalentwieklung abgespielt hat, worauf ich 
bei Betrachtung der Fig. 16 und 17 besonders hinzuweisen ver- 
absäumt habe. Es tritt nämlich bei der Wanderung der Genitaldrüsen 
von der ventralen nach der dorsalen Seite diese Verschiebung nach 
vorn auf. Die Textfig. 5 stellt einen halbschematischen Sagittal- 
schnitt durch eine junge Larve dar. Der Darmkanal ist tangential 
getroffen, nur an wenigen Stellen ist infolge der Darmwindungen 
auch das Lumen berührt. Über der Darmwand des sechsten Abdo- 
minalsegmentes liegt nun die Genitalanlage, die gegenüber den andern 
Organen von auffallend geringer Größe erscheint. Man kann sich 
des Eindruckes nicht erwehren, als seien die Keimdrüsen plötzlich 
zusammengeschrumpft, doch beruht dieser auffallende Größenkontrast 
einfach darauf, daß die Genitalorgane an der Ausdehnung des übrigen 


Zur Kenntnis der Entwickl. der Keimdrüsen von Tenebrio molitor L. 279 


Körpers durch Luftaufnahme nicht mit teilnehmen. Auch die Text- 
figur 6 läßt die Lagerung der Geschlechtsdrüsen deutlich erkennen. 
Durch Schrumpfung hat sich der Darm vom Fettkörper abgehoben, 
wodurch zwei große Körperlücken entstanden sind, die natürlich 
unter normalen Umständen fehlen. 


re 


Af 2 / Sr nen Chıtın Hppodermis 
Grenze des Mittldarmes 


Textfig. 5. 
Sagittalschnitt durch eine junge Larve. 

Auch in den ersten Lebenstagen des jungen Mehlwurms ist die 
Unterscheidung von Hoden und Ovarien eine schwierige. Sie ähneln 
sich in der ersten Zeit nach der Geschlechtsdifferenzierung so sehr, 
daß ihre Unterscheidung 
eigentlich nur auf Grund 
der Anzahl der ausgebildeten 
Divertikel festgestellt wer- 
den kann. Sind die Diver- 
tikel wenig zahlreich und 
voluminöser, so hat man es 
mit Hoden zu tun, sind sie 
dagegen in größerer Zahl 
vorhanden und schlanker ge- 
baut, so gelangen ÖOvarien 
zur Entwicklung. Mit der 
zunehmenden Selbständigkeit der einzelnen Divertikel mehren sich 
jedoch die Unterschiede; es läßt sich dann immer auf den ersten 
Blick das Geschlecht bestimmen. 

Um mir nun Wiederholungen und Weitläufigkeiten zu ersparen, 
werde ich zunächst die Entwicklung der weiblichen Genitalanlage 
schildern und im zweiten Abschnitte die Ausbildung des Hodens. 


Textfig. 6. 


Querschnitt durch eine junge Larve. 


A. Die postembryonale Entwicklung des Ovariums. 


Ein sehr junges larvales Ovarium ist in Fig. 18 abgebildet. Es 
entstammt einer ®/, mm breiten Larve und ist bei starker Vergröße- 


280 Theodor Saling, 


rung wiedergegeben. Da gerade die Ovarien sich sehr langsam ent- 
wickeln, ja während des ganzen Larvenstadiums sehr klein bleiben, 
so ist ihre makroskopische Auffindung in dem Fettkörper bei sehr 
jungen Mehlwürmern geradezu unmöglich, bei älteren Larven schwierig. 
Um die Ovarien auch in ihrer natürlichen Lagerung zu studieren, 
mußte ich daher die Tiere in toto schneiden. Wegen des ungeheuer 
renitenten Chitins war mir zumeist ein Mikrotomieren unter 7! u 
unmöglich, was besonders in Anbetracht der geringen Ausdehnung 
der jüngsten Keimanlagen (Fig. 15 und 23) zu bedauern ist, sich aber 
durch nichts ändern ließ. 

In Fig. 18 ist nun die Ovarialanlage einer frontal durchschnittenen 
Larve veranschaulicht. Die Genitalanlage bietet ein merkwürdiges 
Aussehen dar, und es ist nicht leicht, sich gleich die obwaltenden 
_ Verhältnisse zu vergegenwärtigen. Zum Verständnisse der Figur muß 
ich vorausschicken, daß die bereits in Fig. 16 durch fortschreitende 
Einkerbung der Tunica propria eingeleitete Trennung der einzelnen 
Endfäden nunmehr vollendet ist; sie greift sogar auf die eigentliche 
Keimdrüse über und führt somit zur Ausbildung der späteren Ei- 
röhren. In Fig. 18 haben wir solche im Entstehen begriffenen larvalen 
Ovarialröhren schon vor uns; sie sind in der Achtzahl getroffen, und 
zwar vier fast der ganzen Länge nach, vier andre dagegen in 
schrägem Anschnitt. Überhaupt ist die Ovarialanlage schräg durch- 
schnitten worden, was aus der Anordnung der sichelförmigen Zellen 
hervorgeht und auch unbedingt bei einem Frontalschnitte der Fall 
sein muß, wenn man sich an der Hand der Fig. 16 und Text- 
fig. 6 die Lage der Keimdrüsen vergegenwärtigt. Ich erwähne noch, 
daß die Ovarialröhren beim Eintritt ihrer Isolierung vom Peritoneal- 
epithel umwachsen werden, das von dem Teile des mesodermatischen 
Fettgewebes geliefert wird, der die Genitalanlage allseitig umgibt. 
Es liegt den larvalen Ovarialröhren dicht an und ist von äußerst 
zarter Beschaffenheit, so daß es selbst eigentlich gar nicht sichtbar 
wird, sondern nur vereinzelte, fast nadelförmig dünne Kerne (pk, Fig. 18). 
Man muß also an der Fig. 18 beachten, daß man von schräg oben 
auf die Genitalanlage blickt, infolge dessen zuerst auf die larvalen 
Ovarialröhren stößt und erst weiter unten auf den noch einheitlichen 
Raum, von dem die Ovarialröhren vorläufig noch nicht Besitz er- 
griffen haben, und in dem noch das Gros der Keimzellen (kz) liegt. 
Man erkennt aber sofort, daß dieser einheitliche Raum, der in 
Figur 16 noch recht umfangreich war, sich mittlerweile zu 
gunsten der Övarialröhren reduciert hat. Im weiteren Entwick- 


Zur Kenntnis der Entwickl. der Keimdrüsen von Tenebrio molitor L. 281 


lungsverlaufe geht er ganz in die Bildung der larvalen Ovarial- 
röhren auf. 

Des weiteren läßt sich im Vergleich zur Fig. 16 konstatieren, 
daß sich in den dortigen Zellreihen derselbe Umwandlungsprozeß 
der ovalen Zellen in die sichelförmigen abgespielt hat, wie er oben 
für die Hodenanlage beschrieben wurde. Dadurch, daß auch 
hier die sichelförmigen Zellen das Bestreben haben, sich ring- 
föormig auszudehnen, werden die geldrollenartigen Zellreihen zu 
Divertikeln ausgeweitet, in welche die Keimzellen, die aber in- 
zwischen ebenfalls aus der kreisrunden Gestalt in eine längliche über- 
gegangen Sind, genau so wie in die Hodendivertikel eindringen. Die 
Gestaltsveränderung der Keimzellen ist eine sehr vielseitige, denn es 
bilden sich Kerne von den abnormsten Formen heraus; im allgemeinen 
überwiegt jedoch die spindelförmige Gestalt. Diesen Formenwechsel 
kann ich mir nicht anders erklären, als daß sich die Keimzellen 
vermöge ihrer spindelförmigen Beschaffenheit besser in die Ovarial- 
röhren hineinarbeiten können. Natürlich nehmen auch die epithelialen 
Elemente innerhalb der Keimdrüse an der Umformung mit teil. Es 
sei noch erwähnt, daß der Oviduct der soeben beschriebenen Anlage 
in Fig. 18 von links unten an die Keimdrüse herantreten würde, wie 
sich aus Schnitten derselben Serie ergibt. Er ist von ähnlichem Aus- 
sehen wie das auf Fig. 25 dargestellte Vas deferens der jungen 
 Hodenanlage. 

Fig. 18 konnte die 
Vermutung erwecken, SIRRREN, 
als ob die Ovarial- oVN\ 
anlage ohne jegliche 
Anheftung ganz frei 


a li. 
Ba RE ET reg age 


im Fettkörper läge. In ab 
der Tat besitzen aber Textfig. 7. 

8 
die ın Entstehung be- Schräger Sagittalschnitt durch ein junges larvales Ovar. 


sriffenen Ovarialröhren 

einen Suspensorialapparat, wie der schräge Sagittalschnitt in Text- 
fig. 7 erweisen kann. Infolge der Schnittrichtung sind nur die End- 
spitzen der larvalen Eiröhren getroffen, während die noch einheit- 
liche Masse, die sich noch nicht zugunsten einer Verlängerung der 
Ovarialröhren durchgeschnürt hat, sowie der an sie herantretende 
Oviduet auf den benachbarten Schnitten zu überblicken sind. Die 
Ovarialröhren lassen schon in Textfig. 7, obwohl sie noch gering 
entwickelt sind, eine Unterscheidung des in ihnen befindlichen Zell- 


282 Theodor Saling, 


materials zu, denn an der Basis liegen junge Keimzellen, am termi- 
nalen Ende dagegen die sichelförmigen Zellen des Endfadens, die 
aber schon das Bestreben haben, wieder in eine länglich ovale Ge- 
stalt überzugehen. Die Spitze eines jeden Endfadens ist nun deutlich 
mit dem Aufhängebande durch ein Ligament verbunden, das sich von 
den früher erwähnten Ansatzzellen herleitet, die natürlich gleichen 
Ursprungs sind wie die Endfadenzellen. Die Ovarialanlage Textfig. 7 
ist natürlich auch von einem zarten Peritoneum umkleidet und liegt 
fest im Fettgewebe eingebettet. 

Ich kann nun einen größeren Sprung machen und gleich die 
Betrachtung des Ovariums einer Larve von mittlerer Größe an- 
schließen, da nämlich die Differenzierung der Ovarialanlage auffallend 
langsam vor sich geht. Die Durchschnürung der Ovarialröhren ist 
_ jetzt bis auf die Insertionsstelle des noch immer kompakten Ausleit- 
apparates erfolgt, und es münden nun zwölf Eiröhren in den un- 
paaren Ausführungsgang, der sich später an dieser Stelle zum »Eier- 
kelch« aufweitet. Die Ovarialröhren schwellen beträchtlich in der 
Breite an, da sich die ganze Masse des Keimzellmaterials in sie 
hinein ergießt, und grenzen sich durch Einschnürung scharf gegen 
den Ausleiteapparat ab, so daß es zur Ausbildung der einzelnen 
»Eiröhrenstiele« kommt, die natürlich, wie der ganze, der Keimdrüse 
benachbarte Teil des Ausleiteapparates mesodermaler Herkunft ist. 
Nach diesen Erörterungen wird sich der nächstfolgende Schnitt 
Fig. 19 verstehen lassen, der einer ziemlich erwachsenen, 3 mm breiten 
Larve entstammt. In der mikrophotographischen Textfig. 8 ist der- 
selbe Schnitt bei schwächerer Vergrößerung wiedergegeben, um das 
genaue Größenverhältnis sowie die Lagerung der Ovarien deutlich 
zu machen. Die eine der hier sichtbaren Ovarialröhren ist in Fig. 19 
bei 500facher Vergrößerung dargestellt. Vom Eiröhrenstiel ist scharf‘ 
die Keimdrüse abgesetzt, die sich terminal in eine ziemlich lange 
Spitze auszieht; letztere fehlt auf Fig. 19, da sie infolge der Schnitt- 
richtung weggenommen wurde Umgeben wird die Keimanlage von 
einem deutlichen Peritoneum, das mit dem Fettkörper in engster 
Fühlung ist und dadurch noch seine Herkunft von ihm verrät. Das 
sanze Innere der Keimdrüse ist in einem seltsamen Zustande. Von 
den Keimzellen besitzt nur ein geringer Teil in der Nähe des Ei- 
röhrenstieles rundliche Formen, weitaus die Hauptmasse hat dagegen 
länglich ovale, sichel-, spindel- oder auch trapezförmige Gestaltung. 
Teils hat sich der Keimdrüseninhalt an den Wandungen in Form 
eines Epithels niedergelassen, der größere Teil erscheint aber auf 


Zur Kenntnis der Entwickl. der Keimdrüsen von Tenebrio molitor L. 283 


dem Vormarsche gegen die Spitze der Eiröhre hin. Die Kernstruktur 
der Keimzellen ist eine völlig andre geworden. Große Chromatin- 
ballen haben sich im Kerne angehäuft, und man kann jetzt von 
Urkeimzellen nicht mehr reden, denn Teilungsvorgänge, wodurch 
eine enorme Zellvermehrung bedingt wird, sind an der Tagesord- 
nung. Der Endfadenapparat ist im Verhältnis zur ganzen Eiröhre 
von ansehnlicher Größe. Die langen, sichelförmigen Kerne sind 
nahezu verschwunden, hingegen bemerkt man zahlreiche kleine 
Kerne. Der ganze Endfadenapparat steht zur übrigen Ovarial- 
röhre in scharfem Kontraste durch seine bedeutend blassere Färbung, 


Textfig. 8. 


Photogramm vom Querschnitt einer Larve mittleren Alters. 


die dadurch verursacht wird, daß viel Plasma, aber wenige und 
kleine Kerne in ihm liegen; es sind in ihm gar keine Keimzellen 
enthalten, ohne daß aber deshalb eine Scheidewand gegen die Ei- 
röhre hin bestände. Ja, der Endfadenapparat sendet sogar einen 
deutlichen Zapfen in die Ovarialröhre hinein, und die Kerne des 
Terminalapparates sind im Gegensatz zur Kernmasse der Eiröhre in 
querer Schichtlage angeordnet, entsprechend der Lage der dort ur- 
sprünglich vorhanden gewesenen, sichelförmigen Kerne. Ich führe 
nämlich — um es kurz zu sagen — die kleinen Kerne auf die 
sichelförmigen zurück. Letztere bestehen nur so lange, als sie die 


284 Theodor Saling, 


Terminalregion der Eiröhre ausweiten und für den Eintritt der Keim- 
zellen geeignet machen, alsdann bilden sie sich durch Teilung in die 
kleinen Kerne um. 

Weshalb der Endfadenapparat von so mächtiger Ausdehnung ist, 
weshalb er ferner weit in das Innere der Eiröhre einen Zapfen hin- 
einerstreckt, zu dem die Keimzellen eine eigenartige Anordnung ein- 
nehmen, dafür konnte ich keine ganz einwandfreie Erklärung finden. 
Anfangs glaubte ich annehmen zu dürfen, daß dem Endfadenapparat 
auch eine alimentäre Bedeutung zukäme und daß durch den Zapfen 
den im Innern der Eiröhre liegenden Keimzellen Nährstoffe zugeführt 
würden, deren die Genitalzellen während der fortgesetzten Teilungen 
zweifellos bedürfen. Doch suchte ich vergeblich nach anderweitigen 
anatomischen Merkmalen, die imstande gewesen wären, diese Ansicht 
zu stützen. Sehen wir zu, ob sich nicht aus der Weiterentwick- 
lung eine Erklärung bietet. 

In Fig. 20 erblicken wir die Eiröhre einer ausgewachsenen 
Tenebrio-Larve. Das eigentliche Keimfach, oder wir können jetzt auch 
schon von einer »Endkammer« reden, beherbergt eine große Menge 
abgerundeter Zellen, die durch Teilung aus den Keimzellen hervor- 
gegangen sind, und die ich als »Oogonien« bezeichnen möchte. Die 
sroße Masse derselben drängt den Endfadenapparat zurück. Dieser 
seht während des Entwicklungsverlaufes aus der anfänglich breit- 
kurzen Form in einen langen dünnen Faden über, der innerhalb der 
Peritonealumkleidung emporwachsend zur Verstärkung der Anheftung 
dient. Aus diesem Verhalten des Endfadenapparates scheint sich 
auch seine ehemalige Größe zu erklären. Da er berufen ist, die 
Befestigung der Genitalanlage am Pericardialseptum zu übernehmen, 
die bisher nur mittels des dünnen Aufhängebandes aufrecht erhalten 
wurde, so mußte im Endfadenapparat eine bedeutende Vermehrung 
des Zellmaterials vor sich gehen, denn infolge der rasch und be- 
deutend zunehmenden Volumvergrößerung der Ovarialröhren im Larven- 
und Puppenkörper werden recht erhebliche Anforderungen an die 
Zugfestigkeit des Suspensorialapparates gestellt. 

In Fig. 20 mehren sich am Endfadenapparat die Merkmale des 
für die Insekten-Eiröhren als typisch bekannten Endfadens; im 
Innern zeigt sich eine deutlich fasrige, lamellöse Struktur mit Kernen, 
die sich in Wechsellagerung befinden. 

Die Umbildung des Endfadenapparates zum definitiven Endfaden 
läßt sich Schritt für Schritt verfolgen. Die Textfig. 9 läßt vier Ovarial- 
röhren in einem frontal durchschnittenen, jungen Puppenabdomen er- 


Zur Kenntnis der Entwickl. der Keimdrüsen von Tenebrio molitor L. 285 


kennen. Die Endkammer ist nunmehr infolge der sich immer stärker 
anhäufenden Oogonienmasse lang eiförmig geworden und dick an- 
seschwollen. Der mit Kernmaterial reich angefüllte Endfaden hat 
sich bereits viel dünner ausgezogen; besonders deutlich ist dies an 
der am weitesten links gelegenen Eiröhre der Textfigur. Da sich 
der Endfaden immer mehr zu gunsten seiner Längsausdehnung ver- 
schmälert, die Endkammer dagegen immer breiter aufgetrieben wird, 
so kann man bald auch äußerlich eine Grenze zwischen Endfaden 
und Endkammer wahrnehmen, indem die Tunica propria an dieser 
Übergangsstelle eine Kerbe bildet, die mit fortschreitender Entwick- 


Textfig. 9. 


Photogramm von Eiröhren einer jungen Puppe. 


lung immer tiefgreifender wird. Im Innern der Eiröhre liegt die 
Grenze klar vor Augen, da der Endfaden deutlich lamellös strukturiert 
ist, während die Endkammer die Oogonien in dichtgedrängten Massen 
enthält. 

Auch die Endkammern beginnen nun, sich in die Länge zu 
strecken, wie die Textfig. 10 lehrt, welche die. Ovarialröhre einer 
älteren Puppe veranschaulicht. Der Endfaden ist leider abgeschnitten 
worden, doch beweisen die angrenzenden Schnitte derselben Serie, 


daß er sich bereits ganz fadenförmig ausgezogen hat. Das Peritoneum 
Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. 19 


286 | Theodor Saling, 


ist aber auf der Textfig. 10 zu erkennen, und ebenso beginnt sich der 
Eiröhrenstiel zu modifizieren. Die Bildung eines Lumens deutet schon 
an, daß die Entstehung der Eifollikel nicht mehr in allzu weiter 
Ferne liegt. | 

In der Fig. 21 ist die Insertionsstelle des Endfadens einer Ovarial- 
röhre vom Alter der Textfig. 10 bei starker Vergrößerung wieder- 
gegeben. Dieser Längsschnitt ist für mich deshalb so wichtig ge- 
worden, weil aus ihm die Bildung der Scheidewand zwischen 
Endfaden und Endkammer ersichtlich wird. Tenebrio gehört nämlich 
zu den Coleopteren, deren Endfäden durch einen scharfen Kontur von 


Textg.-10. 


Photosramm der Ovarialröhre einer älteren Puppe. 


den Endkammern abgesetzt sind. Fig. 21 erläutert nun, daß der 
Endfaden ganz an die äußerste Spitze der- Endkammer zurückge- 
schoben ist, und daß sich an der Einkerbungsstelle der Tunica propria 
d. h. also an der Grenze zwischen Endfaden und Endkammer nach 
innen ringförmig eine Quermembran von der Tunica ablöst. Die 
Scheidewand trennt: den Endfaden von der Endkammer völlig, sobald 
sich die ringförmige Membranerhebung in der Mitte geschlossen hat. 
Somit geschieht die Bildung der Scheidewand ähnlich wie die der 
Quermembran in einer Pflanzenzelle. 


Zur Kenntnis der Entwickl. der Keimdrüsen von Tenebrio molitor L. 287 


Dieser Nachweis ist für mich deshalb interessant, weil durch 
ihn die Endfadenfrage geklärt wird. Bekanntlich hatten die einen 
Forscher behauptet, bei den Insekten ginge der Endfaden in die 
Endkammer kontinuierlich über. Andre Autoren widersprachen dem 
und erklärten, es bestehe eine scharfe Trennung. Doch schon Kor- 
SCHELT (1), der als erster in ausgedehntester Weise die Insekten- 
ovarien auf ihre histologischen Feinheiten hin vergleichend unter- 
suchte, konnte den Nachweis erbringen, daß bei einem Teil der In- 
sekten eine Trennung zwischen Endfaden und Endkammer vorliege, 
bei einem andern Teil jedoch fehle. So geht z. B. aus seiner Abbil- 
dung der Rhrxotrogus-Endkammer das Vorhandensein der Scheide- 
wand deutlich hervor, während sie bei andern Formen nur undeut- 
lich, bei wieder andern gar nicht vorhanden ist. Diese Befunde 
wurden durch neuere Untersuchungen bestätigt, von denen ich be- 
sonders die von Gross namhaft machen möchte. Die drei von Kor- 
SCHELT gekennzeichneten Modi der Endfadenabgrenzung standen bis- 
her unvermittelt nebeneinander. Die Verschiedenartigkeit wird jedoch 
sofort verständlich, sobald man annimmt, — wie ich es für Tenebrio 
als Faktum vorgefunden habe, — daß die Trennung von End- 
faden und Endkammer den am weitesten fortgeschrittenen 
Entwieklungszustand bedeutet. Am ursprünglichsten hingegen 
sind die Ovarialröhren ohne Scheidewand, da dieser Zustand bei der 
Entstehungsweise des Endfadens als erster durchlaufen wird. 

Was die physiologische Bedeutung des Endfadens anbelangt, so 
ist seine Funktion als Befestigungsmittel lange erwiesen. Daß diese 
Befestigung angestrebt wird, hat seinen Grund darin, daß infolge 
der massigen Oogonienbildung und der damit verbundenen Ausdeh- 
nung der Endkammer eine besonders dauerhafte Anheftung der schwer 
gefüllten Ovarialröhren vonnöten wird, da der Fettkörper allein sie 
nicht mehr in normaler Lage zu halten vermag. 

Es sei hier eine Mitteilung von Heymons bezüglich der Endfäden 
von Phyllodromia erwähnt. Der Autor bildet auf Fig. 10 seiner 
Tafel XII ein Entwicklungsstadium ab, in dem die Verbindung der 
Genitalanlage mit dem Pericardialseptum gelöst ist, und sagt bei Be- 
sprechung dieses Zustandes auf S. 520: »Ich habe nun schon oben 
darauf hingewiesen, daß die Spitze des Endfadens weder das Herz 
noch das Pericardialseptum erreicht, sondern frei endigt.<e Auf Grund 
dieses Befundes kommt Verfasser dann wohl zu dem Urteil: »Von 
‚wesentlicher Bedeutung für die Geschlechtsdrüsen ist bei Phyllodromia 
‚der Endfadenapparat nur in der embryonalen und larvalen Entwiek- 

13% 


288 | Theodor Saling, 


lungsperiode. Während dieser Zeit hat er die Aufgabe, die Lage- 
veränderungen der Genitalien zu ermöglichen. Beim erwachsenen 
Tier dürfte der Endfadenapparat dagegen seine Bedeutung gänzlich 
verloren haben«. 

Bei Tenebrio liegen diese Verhältnisse anders; allerdings haben 
ja die Coleopteren auch eine viel energischere Metamorphose durch- 
zumachen. Nachdem das Aufhängeband die Keimdrüse im Embryo 
an Ort und Stelle gebracht hat, hört die Verbindung zwischen Keim- 
drüse und Herzregion, bzw. Pericardialseptum keineswegs auf, son- 
dern persistiert während der ganzen Entwicklungsdauer, ja von der 
larvalen Periode an wird der Suspensorialapparat ganz erheblich ver- 
stärkt, was bei der bedeutenden Volumzunahme der Ovarialröhren 
leicht verständlich wird. 

Von der Umbildung des zuletzt geschilderten Puppenovars bis 
zum Käferovarium ist nun kein: großer Schritt mehr. Im wesent- 
lichen tritt dabei nur die Modifizierung des Ausleiteapparates, als letzte 
aller Entwicklungsveränderungen, in den Vordergrund. Der Eiröhren- 
stiel war, entsprechend seiner Funktionslosigkeit, bisher sehr in der 
Entwicklung ‘"zurückgeblieben. Auf der Fig. 19 hatte er noch gar 
kein Lumen, das jedoch am Ende der larvalen Periode (Fig. 20) ent- 
steht. Er legt sich mit konkaver Basis dem verbreiterten, unteren 
Endkammerteille an. Während des ganzen Puppenstadiums (vgl. 
Textfig. 9 und 10) tritt ein wesentlicher Fortschritt nicht auf. Erst 
bei der Umwandlung in die Imago verändert sich auch der Eiröhren- 
stil, gemäß den seiner nun harrenden Funktionen. Schon in 
Textfig. 10 gibt sich das Lumen zu erkennen. Es wird nun durch 
das Reifen und Hindurchwandern der reifenden Eizellen ausgeweitet, 
wodurch die »Eifollikel« zustande kommen. Der Eifollikel ist also 
mesodermaler Natur und reicht bis zur Basis der Endkammer, die 
als »Keimlager« zu bezeichnen ist, da nur dort die jungen Oocyten 
ihre Entstehung nehmen. Ein Unterschied zwischen Keimlager und 
Eifollikel bleibt aber immer bestehen, wenn auch die Grenze da- 
durch verwischt wird, daß sich zahlreiche 'Epithelkerne aus dem 
Verbande des Eifollikels lösen und sich über das Keimlager hin lose 
zerstreuen. Sie bezwecken hiermit eine sofortige epitheliale Umklei- 
dung der jungen Oocyte, die damit dem Follikel zugeführt wird. 
Anderseits scheinen die in der Endkammer befindlichen Epithelzellen 
eine Assimilation der Nährzellen zu begünstigen. 

Tenebrio molitor besitzt nämlich — um die Grosssche Bezeich- 
nung zu wählen — telotrophe Eiröhren. Die Entstehung der Eier 


Zur Kenntnis der Entwickl. der Keimdrüsen von Tenebrio molitor L. 289 


ist auf die Oogonien beschränkt, die im Keimlager liegen; die ganze 
übrige, die Endkammer ausfüllende Hauptmasse der Oogonien sind 
aber abortive Eizellen (KoRscHELT) und können im ausgebildeten 
Käferovar direkt als »Nährzellen« benannt werden, der sie ein- 
schließende Teil der Endkammer als »Nährkammer.«. 

In Kern und Plasma der Nährzellen (vgl. Fig. 22), die dem 
Keimlager zunächst liegen, sieht man kleine, stark lichtbrechende, 
ovale Körner, die nach Zerfall der Nährzelle von allen Ooeyten 
begierig aufgesogen werden. Die Auflösung der Nährzellen geschieht 
unter dem Einfiuß der in der Endkammer befindlichen Epithelkerne, 


Textfig. 11. 


Photogramm von Eiröhren einer eben ausgeschlüpften Imago. 


wobei zunächst der Nährzellenkern degeneriert, sodann die ganze Zelle. 

Die jungen Ooecyten treten in relativ geringer Anzahl auf, sind 
länglichoval gestaltet und liegen mit ihrem Längsdurchmesser quer 
zur Länge der Eiröhre. Sie werden durch die Epithelzellen in eine 
Reihe hintereinander geschaltet, so daß sie den Follikel perlschnur- 
artig passieren können. Die Fig. 22 und Textfig. 11 veranschau- 
lichen diese Verhältnisse. Auf dem Photogramm, Textfig. 11, er- 
kennt man auch den durch eine Scheidewand von der Nährkammer 
deutlich getrennten Endfaden, der nunmehr zu einem langen, dünnen 
Bande ausgewachsen ist und vom Peritoneum rings umgeben wird. 


290 A Theodor Saling, 


Die Ovarialröhren "eines geschlechtsreifen Käfers bieten dann 
den perlschnurartigen Anblick dar, der zur Genüge von vielen In- 
sekten bekannt ist. Die längliche Endkammer schnürt sich gegen 
den Follikel etwas ein, der in einer Reihe hintereinander Eier von 
verschiedenen Entwicklungsstufen beherbergt. Die jüngsten Eier liegen 
natürlich dem Keimlager am nächsten. Die im Follikel heranwach- 
senden Eizellen haben einen relativ großen, blaßgefärbten Kern mit 
deutlicher Wabenstruktur (= Keimbläschen). Bei den jüngeren Eiern 
in der Mitte gelegen, nähert er sich in großen Eiern, in denen die 
Ausbildung des Dotters beginnt, zumeist der Peripherie des Eies, ein 
Verhalten, das schon KOoRSCHELT u. a. an verschiedenen Insekten 
konstatiert und mit Recht auf eine Beteiligung des Kerns an der 
' Nährstoffaufnahme des Eies zurückgeführt haben. 

Der Follikel hat nämlich für die Ernährung der Eizelle eine 
sroße Bedeutung. Er nimmt die durch Zerfall der Nährzellen ent- 
standene Nährsubstanz in sich auf, verarbeitet sie und gibt sie an 
die Eizellen ab. Die Eizellen sind daher — wie auch aus Fig. 22 
erhellt — an ihrer Peripherie, wo sie dem Follikel anliegen, mit 
Nährstoffen zumeist überladen; ja, die Nährstoffzufuhr seitens des 
Follikels ist bei Tenebrio molitor speziell 
eine so intensive, daß die heranwachsen- 
den Eizellen das Nährmaterial gar nicht 
schnell genug zu fassen vermögen, zumal 
die Eizelle zugleich noch von andrer Seite 
mit Nahrung versorgt wird. Die Folge 
davon ist, daß sich dieses überreichliche 
Nährmaterial zwischen Follikel und Eizelle 
ablagert, welche Ansammlung bei den 
jungen Eiern zumeist eine sehr bedeutende 
ist (Textfig. 12), wodurch der Follikel ge- 

Textfig. 12. zwungen wird, auf einen breiten Zwischen- 

ae raum hin von der Eioberfläche zurück- 

zuweichen. Erst allmählich gelingt es dem 

Ei, der beigegebenen Nährsubstanz Herr zu werden, was jedesmal 

erfolgt ist, sobald im Innern der Eier die Dotterbildung eintritt, die 

von der Eiperipherie nach der Mitte fortschreitet. Alsdann liegt 
der Follikel dem Ei fest an. 

Nachträglich finde ich bei Durchsicht der Literatur, daß MoLLIsoN 
jüngst einen ganz übereinstimmenden Fall für die Eier von Melo- 
lontha beschrieben hat. Es freut mich daher, seine Befunde bestä- 


Zur Kenntnis der Entwickl. der Keimdrüsen von Tenebrio molitor L. 291 


tigen zu können. Eine Faltenbildung, wie sie KoRSCHELT und RABES 
am Eifollikel von Rhizotrogus wahrgenommen haben, konnte ich 
bei Tenebrio nicht konstatieren. | 

Ich hatte vorhin erwähnt, daß die jungen Eier noch auf eine 
zweite Art ernährt werden. Es geschieht dies durch Dotterstränge, 
wie sie auch von vielen andern Insekten, hauptsächlich von Hemipte- 
ren und Coleopteren beschrieben worden sind. Besonders haben 
KORSCHELT und Gross auf diese Dotterstränge aufmerksam gemacht. 
Letzterer liefert auch von verschiedenen Coleopteren, wie Silpha, 
Cetonia, Geotrupes, Coccinella u. a. diesbezügliche Bilder. Die auf- 
fallendste Übereinstimmung mit den bei Tenebrio vorliegenden Ver- 
hältnissen zeigen seine Abbildungen der Eiröhren von Coceinella 
ocellata in den Figuren 167—176, sowohl hinsichtlich der Beschaffen- 
heit von Endfaden und Endkammer, wie von Follikel und Dotter- 
strängen. Eine geradezu frappante Ähnlichkeit besteht zwischen der 
Fig. 175 von Gross und meiner Textfig. 12. Dort wie hier ist der 
dünne Dotterstrang nur auf eine kurze Entfernung getroffen, weil 
die Dotterstränge wegen. der im Follikel befindlichen Eizellen nicht 
seradlinig verlaufen können, sondern im Bogen, tangential an den 
einzelnen Oocyten vorüber, nach dem Keimlager zu ziehen gezwungen 
sind. Auch Gross zeichnet in der Figur einen Spaltraum zwischen 
Follikel und Ei, läßt ihn aber leer, während er bei Tenebrro 
immer Nährsubstanz enthält. Die Existenz der Dotterstränge 
währt nur bis zur Umsäumung der Eier durch das Follikelepithel, 
alsdann schnüren sie sich ab und verfallen der Degeneration. 

Das am weitesten entwickelte, schon mit Dotterschollen ver- 
sehene Ei liegt am Übergange des Eiröhrenstiels in den Eierkelch. 
An dieser Grenze liegt ein epithelialer Pfropf, der offenbar ein 
zu frühzeitiges Hineinwandern der Eier in den Eierkelch verhindert, 
denn er schließt den Eiröhrenstiel gegen den Eierkelch völlig ab, 
und bei der Entleerung der Eier müssen diese den Pfropf zerstören. 
Dieser Epithelialpfropf, der in seinem Innern eine lockere, quer an- 
geordnete Faserung erkennen läßt, wurde bereits von KORSCHELT (2) 
für die Ovarialröhre von Rhizotrogus beschrieben. Da der von ihm 
auf Tafel XVII in Fig. 29 abgebildete Pfropf hinsichtlich des Ha- 
bitus, der Größe und der Lage mit dem von mir bei Tenebrio auf- 
gefundenen völlig übereinstimmt, kann ich mir eine besondere Wieder- 
gabe ersparen. 

Auf die Untersuchung der Entwicklung der äußeren Geschlechts- 
organe habe ich verzichtet. Nur auf dem Schnitt, Textfig. 13, ist 


292 Theodor Saling, 


die Mündung des Ausleitapparates ventral von der Afteröffnung sicht- 
bar. NUSBAUM hat unstreitig recht, wenn er die Entstehung der 
äußeren Geschlechtsorgane auf ectodermale Einstülpungen zurück- 
leitet, worauf ja schon z. B. die chitinige Beschaffenheit des Penis 
schließen läßt. 


B. Die postembryonale Entwicklung des Hodens. 


Bezüglich der Hodenentwicklung bei Tenebrio kann ich mich 
kürzer fassen, denn es ist nicht meine Absicht, eine spermatogene- 
tische Studie zu publizieren. Zur Ergründung der spermatogene- 
tischen Vorgänge bedarf es auch durchaus andrer Konservierungs- 
methoden; doch für mich waren ja andre Gesichtspunkte maß- 
gebend. 

Wir haben die Betrachtung des Hodens in Fig. 17 verlassen, 
woselbst die sichelförmigen Zellen durch ringförmiges Auseinander- 
weichen die sechs Hodendivertikel gebildet haben. In diese drinst 
nun — wie der nächstfolgende Hoden eines ®/, mm breiten Mehl- 
wurmes in Fig. 23 demonstriert‘ — die Masse der Keimzellen ein. 
Letztere Figur zeigt nur zwei Hodenbläschen im Längsschnitt. Ge- 
rade nun so, wie es bei der Ovarialanlage Fig. 18 geschah, gehen 
auch die Urkeimzellen des Hodens aus ihrer rundlichen Gestalt in 
eine mehr längliche über. Ein Querschnitt, etwa durch die Mitte 
eines solchen Hodendivertikels geführt und bei 1156 facher Vergr. 
in Fig. 24 abgebildet, läßt die wandständige Lagerung der sichel- 
förmigen Kerne erkennen, die mitten zwischen sich die Keimzellen 
einschließen. Der Längsschnitt, Fig. 23, zeigt ferner noch, daß die 
sichelförmigen Kerne, wie es beim Ovarium (vgl. oben) der 
Fall war, hauptsächlich nach der Terminalspitze des 


Hodendivertikels hinwandern, und dort bei der Weiterentwick- 


lung des Hodens einen dem Endfadenapparat des Ovars ganz ähn- 
lichen Terminalapparat bilden. . Fig. 25, welche die Hodenanlage 
einer 1!/, mm breiten Larve vor Augen führt,, zeigt diesen Terminal- 
apparat, in dessen Inneren sichelförmige Kerne und auch quere 
Fasern sichtbar werden. Demnach haben wir es hier ganz homolog 
mit dem Endfadenapparat des Hodenbläschens zu tun. Allerdings 
fällt sofort auf, daß die Ausdehnung dieser Endfadenanlage bei 
weitem nicht diejenige des Ovars erreicht, ein Umstand, der sich 
damit erklärt, daß die Hoden schon während des Puppenstadiums 
so fest zu beiden Seiten des Darmes eingepreßt liegen, daß eine 


% 
e 
x 
Re 


Zur Kenntnis der Entwickl. der Keimdrüsen von Tenebrio molitor L. 295 


Verschiebung nicht statthaben kann und infolge dessen eine besondre 
Anheftung überflüssig wird. 

Die Endfadenanlage des Hodens erstreckt sich vornehmlich in 
der Medianebene des Hodensäckchens, so daß sie bei den zwei 
andern Hodendivertikeln der Fig. 25, die tangential getroffen wurden, 
zu fehlen scheint. Der Basalteil des Hodenbläschens, der gewisser- 
maßen als »Endkammer des Hodens« anzusprechen wäre, ist inso- 
fern nicht ganz getreu wiedergegeben, als das in ihm befindliche 
Keimmaterial eine viel ausgesprochenere, unregelmäßige Gestaltung 
zeigt, etwa wie es für das Ovar auf Fig. 19 zutraf. Zwischen diesem 
unregelmäßig geformten Zellmaterial, das ich als Ursamenzellen an- 
sehen möchte, liegen nun im Gegensatz zu den Eiröbren sehr viele, 
längliche, sichelförmige Kernchen, an denen man das Bestreben wahr- 
nehmen kann, die Spermatogonien in größeren Bezirken zu umfassen. 
Und so sehen wir schon in einem etwas älteren Hoden (Fig. 26) die 
Spermatogonien in größeren Gruppen vereint und kranzförmig umgeben 
von sichelförmigen Kernen, wodurch das Innere des Bläschens in von- 
einander gesonderte Spermatogonienbezirke abgeteilt erscheint. Diese 
epithelialen Kerne im Innern des Divertikels scheinen größtenteils 
Abkömmlinge der Kerne des Terminalapparates zu sein, der sich 
seines Kernmaterials ganz entledigt, da er später degeneriert. Der 
äußere Habitus des Hodendivertikels ist fast kreisrund, die Ein- 
‘ schnürung gegen die Vasa efferentia ist auf Fig. 25 leicht ersichtlich; 
daselbst sieht man auch stellenweis Kerne der zarten peritonealen 
Umhüllung. Schon auf Fig. 26 hat sich der Terminalapparat im Ver- 
hältnis zum Keimfach bedeutend reduciert und enthält einige ovale 
Kerne, die von den sichelförmigen abstammen. 

Der von mir beschriebene Terminalapparat des Hodens ist 
identisch mit der von DEMOKIDOFF am larvalen Hoden von Temebrio 
molitor aufgefundenen »Linse«, und ich will diesen Ausdruck eben- 
falls annehmen, da er der Gestalt des Terminalapparates tatsächlich 
entspricht, wobei zu beachten ist, daß die Linse dem Endfaden 
des Ovariums äquivalent ist. DEMOKIDOFF behauptet, daß Linse 
und Endkammer der Ovarialröhren einander identisch seien, was 

ich durchaus in Abrede stellen muß. Hinsichtlich der Bedeutung 
_ dieser Linse hat sich Drmokıvorr dahin erklärt, daß die Linse »in 
gar keiner Beziehung zur Samenbildung« stehe, und höchstens als 
ein »Stützorgans aufgefaßt werden könne, denn es ziehe von der 
. Linse aus ins Innere ein »faseriger Strang«. 

Auf Fig. 27, die einen Medianschnitt durch einen Hoden eines 


294 Theodor Saling, 


ausgewachsenen Mehlwurmes darstellt, ist die Linse in relativ großer 
Ausdehnung vorhanden, ja man kann sagen, in der größten, die sie 
überhaupt jemals erreicht. Sie liegt dem terminalsten Ende des 
Hodendivertikels auf und hebt sich von diesem durch blassere Fär- 
bung ab. In der Medianebene ist die Linse am mächtigsten, während 
sie nach ihrem Rande zu immer schmäler wird; sie sitzt dem 
Hoden wie eine Kugelkappe auf und ist mit ihm in der gemeinsamen 
Tuniea eingeschlossen. Von dieser Linse aus wird — genau wie es 
beim Ovarialendfaden geschah — ein Zapfen in das Innere des 
Hodenbläschens vorgeschoben, und zwar tiefer hinein als bei den 
Eiröhren. DEMOKIDOFF will in diesem Zapfen, den er »Strang« 
nennt, eine Faserung erblickt haben. Es ist möglich, daß sie existiert, 
doch konnte ich sie nicht wahrnehmen. Die Faserung der Linse ist 
jedenfalls eine schwächere als beim homologen Ovarialendfaden. 

In dem erwähnten Zapfen liest auf Fig. 27 eine beträchtliche 
Anzahl kleiner, ovaler Kerne, wie es auch DEMOoKIDOFF in seiner 
Fig. 2 wiedergibt. Sie sind zum Teil Abkömmlinge der im Keimfach 
verbliebenen epithelialen Kerne, zum Teil scheinen sie von dem 
ehemaligen Kernmaterial der Linse herzustammen und in das Keim- 
fach eingewandert zu sein. Es scheint mir, daß diese kleinen Kerne 
eine alimentäre Bedeutung haben und von den in Fortbildung be- 
griffenen Spermatogonien eifrigst verbraucht werden. Auf eine der- 
artige Bedeutung der kleinen Kerne wurde ich durch das Studium 
einer Arbeit von TönnIGes hingelenkt, der im Hoden von Lithobeus 
eanz ähnliche, kleine ovale Kerne fand. Tönnıges leitet sie von der 
epithelialen Wandung des Hodens her und schreibt ihnen den Charakter 
von Nährzellen zu. 

Was den sogenannten »Zapfen« betrifit, so erstreckt er sich selbst 
in der Zeit seiner Maximalausdehnung nur in der Medianebene des 
Hodens und fehlt daher auf tangentialen oder sagittalen Schnitten 
vollständig, wie Fig. 28 erkennen läßt. 

Die Hodenbläschen schwellen, während in ihrem Innern die leb- 
haften Teilungsvorgänge stattfinden, bedeutend an und erreichen 
schon beinahe am Ende der larvalen Periode ihre Maximalausdehnung. 
Je mehr sich die Hodenanlage ihrer definitiven Ausbildung nähert, 
desto mehr tritt der Terminalapparat in den Hintergrund, und darin 
besteht ein erheblicher Unterschied gegenüber dem Ovarialendfaden, 
ein Verhalten, das sich aus der späteren Funktionslosigkeit der Linse 
erklärt. Sie verkümmert während des Puppenstadiums und ist im . 
Käferhoden ganz verschwunden. Denn eine besondere Anheftung der 


Zur Kenntnis der Entwickl. der Keimdrüsen von Tenebrio molitor L. 295 


sechs Hodenblasen ist im der Imago nicht von nöten, da sie durch 
ihre in Textfig. 14 ersichtliche rosettenförmige Lagerung schon Halt 
senug aneinander haben. Zudem wird der Umfang der Hodenblasen 
in der Imago ein so mächtiger, daß sie den ganzen Innenraum von 
drei Abdominalsegmenten einnehmen. Ihre Lage zur Zeit der Ge- 
schlechtsreife ist daher infolge des von der Körpermuskulatur aus- 
geübten Druckes eine zusammengepreßte, wie dies schon aus dem 
Puppenstadium (Textfig. 13) ersichtlich ist. Eine besondre Fixierung 
mittels eines Endfadens ist daher überflüssig, und aus diesem Grunde 
verfällt die Linse schon vorher der Degeneration. 


Textfig. 13. 


Photogramm von einem sagittal durchschnittenen Puppenabdomen. 


Das Keimzellenmaterial liegt in dem Keimfache nicht bunt durch- 
einander, sondern man kann schon während der larvalen Periode 
innerhalb des Hodens verschiedene Entwicklungszonen wahrnehmen. 
Ganz entsprechend den Verhältnissen bei den Ovarialröhren trifft man, 
vom terminalen Pole, d. h. also der »Linse«s ausgehend, zuerst die 
am meisten zurückgebliebenen Elemente, am entgegengesetzten Pole, 
in der Nähe der Einmündung des Vas efferens die am weitesten 
fortgeschrittenen Kernelemente. Diese Zonenbildung bleibt (vgl. Text- 
fig. 14) bis zum imaginalen Zustand erhalten, nur mit dem Unter- 
schiede, daß die einzelnen, die Zonen erfüllenden Elemente sich mit 


296 Theodor Saling, 


der allgemeinen Weiterentwicklung ebenfalls weiterbilden, so daß man 
also z. B. im imaginalen Hoden an derselben Stelle Spermatozoen 
findet, wo vordem im larvalen Hoden Spermatocyten lagen. Man 
vergleiche im KORSCHELT-HEIDERschen Lehrbuche (2) die Fig. 277 
und 278, welche eine analoge Zoneneinteilung in den Hoden von 
Pentatoma und Heterocope zeigen. 

Es erübrigen nun noch einige Worte über die Lageveränderung 
des Hodens. Während der larvalen Periode befindet er sich im 
sechsten Abdominalsesmente, wo er in dorso-lateraler Richtung vom 
Darmrohr lagert. Aber schon gegen Ende der larvalen Periode ist 


rg 3 


Textfig. 14. 


Photogramm eines Schnittes durch vier Testikel einer Imago. 


der Umfang der Hodenblasen so erheblich, daß sie sich auch in die 
benachbarten Sesmente hineinerstrecken. Die ausgebildeten sechs 
Hodenblasen liegen rosettenförmig nebeneinander und schließen in 
der Mitte das Vas deferens ein, in das sich die sechs kurzen Vasa 
efferentia ergießen. Das Vas deferens tritt dann zwischen zwei Hoden- 
blasen (Textfig. 14) aus der Mitte heraus und leitet zu dem äußeren 
Geschlechtsapparat über, der ectodermaler Herkunft ist und (vgl. 
Textfig. 13) ventral vom After nach außen führt. 

Hiermit wäre ich am Ende meiner Untersuchungen angelangt, 


Zur Kenntnis der Entwickl. der Keimdrüsen von Tenebrio molitor L. 297 


und ich fasse zum Schlusse noch die Resultate des dritten Abschnittes 
kurz zusammen: 


1) Ovarial- und Hodenanlage sind in der ersten Zeit ihrer postem- 
bryonalen Entwicklung noch außerordentlich ähnlich und mit Sicherheit 
nur an der Zahl der sich ausbildenden Divertikel zu unterscheiden. 

2) Während der jüngsten postembryonalen Periode werden die 
Geschlechtsdrüsen seitens des Fettkörpers von einem zarten Peritoneum 
umkleidet. 

3) Die sichelförmigen Zellen weiten durch epitheliale Verteilung 
auf der Wandung die jungen Geschlechtsdrüsen-Divertikel aus, in 
welche dann die Keimzellen eintreten. Auf diese Weise geben die 
sichelförmigen Zellen Veranlassung zur Ausbildung der Ovarialröhren 
bzw. Hodenbläschen. 

4) Die sichelförmigen Zellen der Ovarialanlage drängen sich am 
terminalen Pole der Ovarialröhren zusammen und bilden hier einen 
ziemlich umfangreichen Terminalapparat, der später zu einem typi- 
schen Endfaden in die Länge wächst. 

5) Die sichelförmigen Zellen der Hodenanlage sammeln sich be- 
sonders reichlich in dem Keimfach des Hodenbläschens an, umfassen 
die Spermatogonien bezirkartig und spielen wahrscheinlich die Rolle 
von Nährzellen. Homolog dem Endfaden des Ovars kommt es auch 

hier zur Ausbildung eines allerdings kleineren Terminalapparates, 
der sogenannten »Linse«, die während des Puppenstadiums degeneriert. 

6) Ovarialröhren und Hodenblasen lassen im Innern mehrere 
Entwicklungszonen der Genitalzellen erkennen, und zwar liegen die 
am weitesten in der Entwicklung fortgeschrittenen in der Nähe des 
Eiröhrenstiels bzw. Vas efferens. 

7) Die telotrophe Eiröhre von Tenebrio gliedert sich in Endfaden, 
Nährkammer, Keimlager, Follikel, Eierkeleh. Epithelzellen der Nähr- 
kammer und des Follikels vermitteln die Auflösung der Nährzellen, 
dessen Nährstoffe den Oocyten einerseits durch Dotterstränge zuge- 
‘führt werden, die mit dem Keimlager in Verbindung stehen, ander- 
seits durch Ausscheidung des Follikels dem Ei einverleibt werden, 
wobei es zur Bildung eines zwischen Follikel und Eizelle auftreten- 
den Spaltraumes kommt, in dem ein großes Quantum Nährsubstanz 
liegst und seiner allmählichen Verzehrung seitens der Oocyte harrt. 

8) Oviduct und Vas deferens treten mit dem äußeren Geschlechts- 
apparat in Verbindung, der aber ectodermaler Herkunft ist. 


Marburg i. H., im August 1906. 


298 


Theodor Saling, 


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1896. 
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1887. 
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Zur Kenntnis der Entwickl. der Keimdrüsen von Tenebrio molitor L. 301 


Erklärung der Abbildungen. 


Erläuterung der allgemein gültigen Figurenbezeichnungen. 


aW,Y... Abdominalsegmente; 
ab Aufhängeband; 

af Amnionfalte; 

ah Amnionhöhle; 

am Amnion; 

as Ansatzzellen; 

bm Bauchmark; 

bt Basalteil (= Endkammer): 
ce Cölom; 

ebl Cardioblasten; 

es Cölomsäcke; 

cw Cölomwand; 

d Dotter; 

da Darm; 

dlk definitive Leibeshöhle; 
dst Dotterstränge; 

dx Dotterzellen: 

ed Enddarm; 

edf Endfaden; _ 

edk Endkammer; 

ef Endfadenapparat; 
ei; 

ek Ectoderm; 

epk Epithelkerne; 

epl Endfadenplatte: 

est Eiröhrenstiel; 

fdo feinkörniger Dotter: 
fk Fettkörper; 

fo Follikel; 

ga Genitalanlage; 

gdo grobkörniger Dotter; 
9x Genitalzellen: 

h Herz; 

haf hintere Amnionfalte:; 
ho Hoden; 

kbl Keimhautblastem: 

kf Keimstreif; 

kl Keimlager; 

kz Keimzellen; 

2 Linse; 

m Mesoderm ; 

mde Mitteidarmepithel; 
mf MarriGcHische Gefäße; 


Zeitschrift f. wissensch. Zoologie LXXXVI. Bd, 


-mka Muskelanlage; 


ms Mesenchym; 

msk Muskulatur; 

nvw Maschenwerk des Peritoneums; 
nk Nährkammer: 

ns Nährsubstanz ; 

ns Nährzelle; 

o Oolemma; 

0€ Önoeyten; 

od Oviduct; 

09 Oogonien; 

ooe Vocyten; 

ov Ovarium; 

oz ovale Zellen: 

p Paracyten; 

pk Peritonealkerne: 

pr Proctodäum; 

ps Pericardialseptum; 
pt Peritoneum; 

pw Primitivwülste; 

px peritoneale Zellen; 
r Rinne; 

rk Richtungskörper; 

s Serosa; 

sch Schizocöl; 

schw Scheidewand; 

sgr Segmentgrenze; 

sk sichelförmige Kerne: 
sp Spermakern; 

spah spätere Amnionhöhle; 
spg Spermatogonien; 
spk Spaltkern; 

st Stigma; 

ss sichelförmige Zellen; 
tb Tragband; 

th. Thelyid; 

tr Trachee; 

tt Terminalteil (= Endfaden): 
vb viscerales Blatt; 

vd Vas. deferens; 

ve Vasa efferentia; 

x Zapfen. 


20 


302 Theodor Saling, 


Die Zeichnungen wurden mit Hilfe eines Zeichenprismas in Kombination 
mit dem REICHERTschen Stativ II und REICHERTschen Systemen entworfen. Die 
Mikrophotogramme stellte ich mittels des REICHERTschen vertikalen mikro- 
photographischen Apparates in Verbindung mit REICHERTs Stativ II bei Auer- 
licht her. 

H.-O. ist die Abkürzung für die Doppelfärbung Hämalaun-Orange G. 


Tafel XVII. 


Fig. 1. E. P.70. Kombination zweier benachbarter Längsschnitte durch die 
Richtungskörperzone eines erst jüngst befruchteten Eies. Vergr. 500. Subl.- 
Salp. H.-O. 6u. 

Fig. 2. E. P.43. Querschnitt durch das Hinterende eines jungen Keim- 
streifs bei Beginn der Mesodermbildung. Vergr. 250. Formol 1:3. H.-O. 6u. 

Fig. 3. E. P. 69. Sagittalschnitt durch das Hinterende des Keimstreifs zur 
Zeit der Erhebung der Amnionfalten. Vergr. 250. Sublim.-Salpeters. H.-O. 
7 yB u. 

Fig. 4. E. P.78. Sagittalschnitt durch das hintere Keimstreifende bei be- 
sinnender Invagination. Vergr. 250. Chromosmium -Salpetersäure + NaJO?. 
H.-O. 6u. 

Fig. 5. E. P.39. Transversalschnitt durch das hintere Keimstreifende bei 
beginnender Invagination. Vergr. 170. Subl.-Alk. H.-0. 6u. 

Fig. 6. E. P.58. Querschnitt durch das immerse Hinterende des Keimstreifs 
bei eintretender Segmentierung. Vergr. 500. Subl.-Alk. H.-O. 6u. 

Fig. 7. E. P.19. Sagittalschnitt durch die ganze invaginierte Schwanzregion 
eines Embryos. Vergr. 70. Subl.-Alk.-Eisessig. H.-O. 5l/au. 

Fig. 8. E. P.19. Das siebente Abdominalsegment der Fig. 7 in stärkerer 
Vergrößerung. Vergr. 400. Subl.-Alk.-Eisessig. H.-O. St/au. 

Fig. 9. A. P.91. Schräger Sehnitt durch die Genitalregion eines etwa 
4tägigen Embryos. Vergr. 500. Subl.-Alk. DELAF. Hämatox.-Eosin. 5u. 

Fig. 10. E. P.25. Querschnitt durch die Genitalanlage eines etwas älteren 
Embryos. Vergr. 250. Subl.-Alk.-Eisessig. H.-0. 5l/au. 

Fig. 11. A. P.83. Querschnitt durch das siebente Abdominalsegment eines 
wieder superficiell gewordenen Keimstreifs. Vergr. 170. Subl.- Alk.- Borax- 
karmin. Du. 

Fig. 12. A. P.94. Transversalschnitt durch die Genitalregion eines etwa 
5 Tage alten Embryos. Vergr. 330. Hämatox.-Eosin. Subl.-Alk. Su. 


Tafel XVIII. 


Fig. 13. E. P. 54. Querschnitt durch die Genitalanlage eines etwa 6 Tage 
alten Embryos. Vergr. 210. Subl.-Salpetersäure H.-O. 6u. 

Fig. 14. E. P.83. Sagittalschnitt durch die Genitalregion eines Embryos 
etwa vom Alter der Fig. 12. Vergr. 250. Subl.-Salpeters. H.-O. 6u. 

Fig. 15. E. P. 83. Derselbe Schnitt wie in Fig. 14, nur etwas mehr lateral- 
wärts geführt. Vergr. 250. Subl.-Salpeters. H.-O. 6u. 

Fig. 16. E. P. 14. Transversalschnitt durch die junge Ovarialanlage eines 
Ttägigen Embryos. Vergr. 250. Subl.-Alk. Karmalaun (MAvErR). 5u. 

Fig. 17. E.P. 50. Frontalschnitt durch die junge Hodenanlage eines 7tägigen 
Embryos. Vergr. 500. Subl.-Salpeters. H.-O. 6u. 

Fig. 18. A. P.113. Frontalschnitt durch die Ovarialanlage eines °/ mm 


Zur Kenntnis der Entwickl. der Keimdrüsen von 'T'enebrio molitor L. 303 


dieken Mehlwurms. Vergr. 674. (WinkeLs Homog.-Immers. 2 + Comp.- 
Oeul. 3.) Eau de Lab. Hämatoxylin. au. 

Fig. 19. A. P. 34. Querschnitt durch ein junges Ovarium eines 3 mm breiten 
Mehlwurms. Vergr. 500. Eau de Lab. Hämalaun. 10u. 

Fig. 20. L. P.23. Längsschnitt durch das Ovarium eines fast ausgewach- 
senen Mehlwurms. Vergr. 250. Subl.-Eisessig. H.-O. Su. 

 Fig.21. A. P.8. Längsschnitt durch die Übergangszone des Endfadens in 
das Keimfach einer Puppe. Vergr. 250. Hrrm. Lösung. Eisenhämatoxylin 
(HEIDENH.) du. 

Fig. 22. K. P.12. Längsschnitt durch die Ovarialröhre einer eben ausge- 
schlüpften Imago. Vergr. 180. Subl.-Salpeters. H.-O. Su. 

Fig. 23. A. P. 114. Frontalschnitt durch die Hodenanlage eines 3/4 mm 
breiten Mehlwurms. Vergr. 674. (Wimkers Homog.-Immers. 2 + Comp.- 
Ocul. 3.) Eau de Lab. Hämatoxyl. lau. 

Fig. 24. Querschnitt durch einen jungen Hodendivertikel vom Alter der 
Hodenanlage in Fig. 23. Vergr. 1156. (WinkELs Homog.-Immers. 2, Comp.- 
Oeul. 5.) Eau de Lab. Hämatoxyl. T!/au. | 

Fig. 25. Junger Hoden eines längsgeschnittenen Mehlwurms von 1!/ı mm 
Breite. Vergr. 250. Eau de Lab. Hämalaun. 10u. 

Fig. 26. Hoden eines längsdurchschnittenen Mehlwurms von 1!/, mm Breite. 
Vergr. 500. Eau de Lab. Hämalaun. 10u. 

Fig. 27. Hoden einer querdurchschnittenen, ausgewachsenen Larve. Vergr. 
335. Eau de Lab. Hämalaun. 10 u. 

Fig. 28. Hoden eines quergeschnittenen, ausgewachsenen Mehlwurms. 
Vergr. 180. Eau de Lab. Hämalaun. 10 u. 


20* 


Das Ephippium von Simocephalus vetulus Schoedler. 
Von 
Adolf Zwack. 


Mit 5 Figuren im Text. 


Vorwort. 


Die vorliegende Untersuchung wurde im k.k. zoologischen In- 
stitut zu Innsbruck durchgeführt, dessen Vorstand, meinem hoch- 
verehrten Lehrer, Herrn Prof. Dr. Karı Heiper, ich für die Über- 
lassung eines Arbeitsplatzes und mannigfache Förderung der Arbeit 
verbindlichst danke. Auch dem Assistenten, Herrn Privatdozenten 
Dr. ADOLF STEUER, sei für das der Untersuchung entgegengebrachte 
Interesse herzlichst gedankt. 


In einer früheren Arbeit! sprach ich- die Überzeugung aus, daß 
bei den einzelnen Daphnidengattungen Verschiedenheiten in der 
Ephippialbildung auftreten. Um diese Behauptung wenigstens an einer 
Form zu beweisen, untersuchte ich S?mocephalus vetulus Schoedler, 
da ich gerade von dieser Art genügend Material hatte. Tatsächlich 
ergaben sich auch Verschiedenheiten, wie ich schon in der eben er- 
wähnten Arbeit (S. 565) angedeutet hatte. Wesentlich diese Ab- 
weichungen vom Ephippium der Daphnia hyalına sind es, die ich 
im Vorliegenden anführen will, während ich, um überflüssige Wieder- 
holungen zu vermeiden, Übereinstimmungen nur so weit berühren will, 
als ihnen besondere Bedeutung zukommt. Bei der Schilderung halte 
ich mich Schritt für Schritt an die Arbeit über das Ephippium von 
Daphnia hyalina Leydig. 


I. Das fertige Ephippium. 


Die Hohlprismen (Fig. 1%) verhalten sich, was allgemeine Form und 
Orientierung zur Oberfläche des Ephippiums anbelangt, so ziemlich 


1 Der feinere Bau und die Bildung des Ephippiums von Daphnia hya- 
lina Leydig. Diese Zeitschr. Bd. LXXIX, 4. Heft. 


Das Ephippium von. Simocephalus vetulus Schoedler. 305 


wie bei Daphnia hyalina, nur fand ich öfter unregelmäßig fünf- und 
sogar nur vierseitige Prismen, was übrigens ausnahmsweise auch bei 
Daphnia hyalina vorkommt. Während aber dort in der Weite des 
Lumens halbwegs Gleichmäßigkeit herrscht und der Querschnitt meist 
ziemlich regelmäßig sechseckig ist, haben wir es hier nicht so, oft 
treten sogar auffallende Größenunterschiede auf, zwischen größeren 
Hohlprismen sind kleinere zur Ausfüllung von Lücken und Zwickeln 
eingereiht. 

Manchen Unterschied gibt's im feineren Bau. Die stark licht- 
brechenden, mit Poren versehenen Felder in den Längswänden (!) sind 
vorherrschend rundlich.und erinnern 
manchmal geradezu an einen Hof- 
tüpfel in Flächenansicht. Am auf- 
fälligsten ist, wie ich schon in der 
früheren Arbeit auf S. 565 erwähnte, 
eine »querrunzelige Struktur« der 
Längswände, wobei die Runzeln auch 
anastomosieren und ein ganzes Netz- 
werk bilde können (Pig. 1 qu). Ich Sen due ie See Wartung dr Bat 
hielt sie anfangs für leistenförmige sehr stark vergrößert. 7, Hohlprismen; 1,deren 

S; C 2 Längswände; ga, Querwände; c, Basallamelle ; 
Vorsprünge an den Längswänden, a 
überzeugte mich aber bald, daß es 
sich um quere Scheidewände handelt, durch welche das Lumen des 
Hohlprismas in mehrere Fächer zerlegt wird. Die Scheidewände sind 
meist verbogen, bald nach oben bald nach unten konvex und haben 
dieselbe Struktur wie die Längswände. Ihre Bedeutung ist mir nicht 
klar. Zur mechanischen Festigung sind sie wohl nicht notwendig, 
denn die Hohlprismen sind schon an und für sich fest genug. Sehr 
einleuchtend wäre die Annahme, daß durch die Querfächerung die 
Luft in den Hohlprismen besser festgehalten werden könnte als bei 
Daphnia hyalina. Wenn man aber durch Kochen in Alkohol die 
Luft aus dem Ephippium vertreibt, so findet man, daß es hier durch- 
aus nicht schwerer geht als bei Daphnia hyalina, Analoges läßt sich 
bei der Füllung der Hohlprismen mit Luft beobachten. Als Mittel 
zur Verlangsamung der Luftfüllung bzw. Entleerung der Hohlprismen 
kann die Fächerung also nicht in Betracht kommen. Vielleicht liest 
hier überhaupt kein besonderer Zweck vor, vielleicht handelt es 
sich nur um eine Bildung, die etwas an die Zuwachsstreifen einer 
Sehnecken- oder Muschelschale erinnert (vgl. II. Teil). 

An der nach innen gewandten Basis der Hohlprismen tritt 


306 Adolf Zwack. 


insofern eine Abweichung gegenüber Daphmia hyalina auf, als eine 
Gabelung der Längswände unterbleibt, sie enden ganz frei. [Manch- 
mal tritt eine Scheingabelung auf, wenn sich nämlich zufällig gerade 
am Ende der Längswand links und rechts je eine Querwand ansetzt.] 
Wir haben hier also nur eine Basallamelle, welche der zweiten 
oder inneren Basallamelle bei Daphmıa hyalina entspricht (Fig. 1 e). 
An Sehnitten durchs abgelegte Ephippium konnte ich diese Basal- 
lamelle anfangs nur an einer ganz bestimmten Stelle sehen, so daß 
ich schon glaubte, es wäre am größten Teil der Hohlprismen über- 
haupt keine Begrenzung der Basis vorhanden. Die Untersuchung 
der in Entwicklung begriffenen Ephippien zeigte aber, daß die er- 
wähnte Basalmembran gebildet wird. Wahrscheinlich wurde sie 
also beim Schneiden abgerissen und erhielt sich nur an einer Stelle 
(me 20, 2 

Viel bedeutendere Abweichungen treten an der nach außen 
gewandten Basis der Hohlprismen auf. Die Subeutieularkämmerchen 
fehlen gänzlich, wir haben eine einfache, bräunliche, gleichmäßig 
dicke äußere Outicula (Fig. 1 a), die über jedem Hohlprisma nach 
außen schwach konvex, an dem Ansatzpunkt einer Längswand etwas 
nach innen eingezogen ist. An 
diese Cuticula, die keine Spur 
von Poren erkennen läßt, setzen 
sich die Längswände unmittel- 
bar an, denn eine nach außen 
sewandte, mit den Längswän- 
den gleichgebaute Basis der 
Hohlprismen, wie sie bei Daph- 
nia hyalina vorhanden war, 


Fig. 2. s 
Schema des Ephippiums in der Seitenansicht. Obj.3. fehlt hier. 
Leiırzsches Zeichenocular (das Ephippium sitzt noch Auffällig ist, daß sich ein 


am Tier fest, deshalb wurde der »farblose Grenzsaum« klei der Ei; . 
nicht eingezeichnet). k, Rückenkiel; d, Dauerei; ei, Ei- tleınes, unter der Eiloge lieg en- 


loge; h, der von Hohlprismen eingenommene Teil; ‚der des Inselchen (Fig. 24 a) von je- 
von der facettierten Masse eingenommene Teil; «a, In- 
selchen der abweichend gebauten Hohlprismen. nen merkwürdigen, abweichend 
gebauten Hohlprismen vorfindet, 
wie ich sie bei Daphmia hyalina auf S. 551 und 552 beschrieb. Da 
bei Srmocephalus überhaupt keine Subeutieularkämmerchen auftreten, 
fällt ihr Fehlen bei diesen abweichend gebauten Hohlprismen als 
Unterscheidungsmerkmal weg, die übrigen Merkmale (kleinere Dimen- 
sionen, Vorhandensein jener rätselhaften »Masse« usw.) machen aber 


auch hier die Unterscheidung leicht. — Wie Fig. 2 u. 3 (h) zeigt, 


Das Ephippium von Simocephalus vetulus Schoedler. 307 


finden sich bei Sömocephalus Hohlprismen nur in der unteren Hälfte 
des Ephippiums, bloß hinter der Eiloge (ez) reichen sie fast bis zum 
Kiel (k) hinauf. 

Während bei Daphnia hyalina zwei Eilogen waren, findet sich 
hier nur eine (Fig. 2 ex), daher auch nur ein Dauerei (d). Die Wan- 
dung der Eiloge ist, vom Fehlen der Subeuticular- 
kämmerchen abgesehen, genau so gebaut wie bei 
Daphnia hyalına. Die äußere Cutieula ist dicker als 
in den übrigen Teilen und stark wellig, wodurch 
zahlreiche für die Adhäsion von Luft berechnete Ver- 
tiefungen entstehen (s. bei Daphnia, 8. 556 Z. 9). 
Nieht nur die Eilogenwand, sondern alle nicht von NT 
Hohlprismen eingenommenen Teile des Ephippiums a Er 
(Fig. 2), besonders die Ränder (mit Ausnahme des die Längsachse des 
oberen Randes), haben diesen Bau, wie es ja auch ans ud) 
bei Daphnia hyalıina war, ehenso ist auch hier der der Eiloge gehend. 
äußerste Rand von jener »farblosen dünnen Lamelle« a 
umsäumt (in der Fig. 2 nicht eingezeichnet). Der „= ann 
Übergang der Hohlprismen in die mit ihnen homo- men; k, Rücken- 
loge »facettierte Masse« (Fig. 4 f) ist interessant. An an nn 
den nach außen gewandten Enden der Hohlprismen 
bemerkt man, daß die Quer- 
wände sich einander nähern, 
sich förmlich wie die Stäbe 
eines Fächers zusammenschie- 
ben, und so entstehen Gebilde, 
die an ihren inneren Enden 
noch deutliche Hohlprismen, 
an ihren äußeren schon »fa- 


cettierte Masse« sind, wohl 


RR | Fig. 4. 
ein klarer Beweis für die Ho- Rückenkiel. Obj. 6. Leıtzsches Zeichenoeular. «a, äußere 


mologie. Sehließlieh schwin- Cutieula; f, facettierte Masse; km, Kielmasse; s, Grenz- 


saum am unteren Rand der Kielmasse; 7, innere Wan- 


den natürlich die Hohlpris- ne 


men ganz. 

Der obere Rand des Epbippiums wird auch hier von einem Kiel 
eingenommen (Fig. 4). Er ist (in den mittleren Teilen des Ephip- 
piums) viel breiter und flacher als bei Daphnia hyalina, die Ober- 
seite zeigt sich gerade in der Mitte deutlich eingeknickt, die ober- 
flächliche braune Schicht der äußeren Cutieula (a) ist von der 
Kielmasse (km) sehr scharf abgegrenzt, ebenso setzt sich die den 


308 - Adolf Zwack, 


\ 


Hohlprismen homologe facettierte Masse (f) der unmittelbar unter dem 
Kiel liegenden Ephippialwandung sehr deutlich und scharf von der 
Kielmasse ab; wiederum sehen wir also, daß die Kielmasse mit der 
Hohlprismenzone nicht in Beziehung zu bringen ist. Die Kielmasse, 
die am unteren Rande von einem deutlichen Grenzsaum (s) einge- 
faßt ist, besitzt eine Querstreifung, die so ziemlich dem unteren 
Rande parallel läuft und sich in der Seitenansicht (Fig. 2 k) als Längs- 
streifung des Kiels bemerkbar macht. Vielfach konnte ich an der 
Kielmasse noch eine zweite, schwächer ausgebildete Streifung in 
schräger Richtung beobachten. 

Vorn und hinten wird der Kiel viel schmäler und steiler, die 
Kielmasse nimmt ab, verschwindet schließlich ganz, erhält sich jedoch 
nach hinten zu weiter als vorn. 

Was die innere Wandung des Ephippiums anbelangt, so habe 
ich zunächst eine Berichtigung des Befundes an Daphmia hyalina 
anzuführen. Ich sprach dort der oberen Hälfte des Hinterteiles der 
Innenwandung Poren ab, fand aber bei nachträglicher Untersuchung 
von Glycerinpräparaten, daß dort zahlreiche behöfte Poren vorhanden 
sind, die sehr klein sind und daher den Eindruck der Pünktelung 
hervorrufen. 

Bei Simocephalus ist die innere Wandung (Fig. 4 u. 32) im Bau 
einfacher als bei Daphnia, sie ist überall, mit Ausnahme des gerade 
unter der Mitte des Kiels liegenden Teils, mit dicht gedrängten be- 
höften Poren ausgestattet. 

Die bei Daphnia auftretenden Verklebungen der Ränder der 
inneren Wandung finden sich auch hier (Fig. 5). 

Die Füllung des Ephippiums mit Luft vollzieht sich hier genau 
so wie bei Daphnia hyalina. 


Il. Bildung des Ephippiums. 


Die vorbereitende Faltung der alten äußeren Cuticula tritt auch 
hier auf, nur stülpen sich die zwischen den Ansatzpunkten je zweier 
Stützpfeiler gelegenen Strecken der äußeren Cutieula nicht ein, sondern 
aus und bilden so vorspringende Kuppen, die nur in der Minderzahl 
abgerundet, meist jedoch, besonders in den oberen Teilen des Ephip- 
piums, fast rechtwinklig zu den Seitenwänden begrenzt sind (Fig. da). 
In diese Form wird die frisch angelegte, noch dünne neue äußere 
Cuticula hineingepreßt und nimmt ihre Gestalt an (Fig. 5«’). Später 
tritt eine Erweiternng der Spalte (s), eine Abrundung und Abflachung 
der Kuppen mit gleichzeitiger Verdiekung ein. In jenen Teilen, in 


Das Ephippium von Simocephalus vetulus Schoedler. 309 


welchen keine Hohlprismen sind, sind auch diese Vorgänge bedeutend 
schwächer, nur die Verdiekung tritt auch hier ebenso stark auf. 

Mit der Erhärtung der Öutieula ist die Bildung der Cutieular- 
zone fertig. 

Genau so wie bei Daphnia erfolgt nun die Erweiterung des 
Binnenraumes der Schale und die Bildung der Hohlprismen bzw. der 
kompakten facettierten Masse. Von 
Zeit zu Zeit halten die Zellen in der 
Bildung der Hohlprismenlängswände 
inne und bilden eine Querwand, um 
dann wieder in der früheren Tätigkeit 
fortzufahren. Man sieht häufig recht 
deutlich, wie sich die Querwände gegen 
die Längswände hinbiegen und in sie 
übergehen. — Der Zellzapfen unter dem Jen 8) 
eh ei bier nicht vorhanden, der Kiel 7“"-e ıe Aaleren Onlieuin, sehr start 


vergrößert. Die frisch angelegte neue 
wird von einer einzigen Reihe aller- äußere Cutieula (a) wird in die Kuppen 
dings ziemlich hoher Zellen gebildet. a en a 

Die für Daphnia beschriebene Ein- 
knickung der Schalenhälften vor der Ablage des Ephippiums tritt auch 
hier auf. — | 

Was die Methode anbelangt, so ging ich zu der von Max WOLFF 
empfohlenen Färbung mit Rubin über, die sich recht gut bewährte. 

Hat schon das Ephippium von Simocephalus vetulus soviel Ver- 
schiedenheiten gegenüber jenem von Daphma hyalina, so wird das 
bei den andern Daphnidengattungen und Arten mindestens ebenso der 
Fall sein. Die Erwartung, auf noch größere Unterschiede zu stoßen, 
wenn man die Schutzeinrichtungen für die Dauereier bei andern 
Cladocerenfamilien untersucht, wird von SCOURFIELD bestätigt (vgl. 
dessen in meiner Arbeit über Daphnia hyalina unter »Literatur« an- 
geführte Arbeiten, besonders sein »proto-ephippium« in The Ephippia 
of the Lynceid Entomostraca auf S. 241 verdient Beachtung). 


Plan (Böhmen), am 31. August 1906. 


y> 


Fu 
Zeitschrift 


fur 


WISSENSCHAFTLICHE ZOOLOGIE 


begründet 


Carl Theodor v. Siebold und Albert v. Kölliker 


herausgegeben von 


Ernst Ehlers 


Professor a. d. Universität zu Göttingen 


Sechsundachtzigster Band 


Drittes Heft 


Mit 6 Tafeln und 68 Figuren im Text 


LEIPZIG 


. Verlag von Wilhelm Engelmann 
1907 


Ausgegeben den 7. Mai 1907 tional Musa 


Inhalt 


Seite 


Werner Marchand, Studien über Cephalopoden. I. Der männliche Lei- 


tungsapparat der Dibranchiaten. (Mit 66 Fig. im Text.) ...... 311 
Joseph Müller, Weitere Beiträge zur Kenntnis der Bipaliiden. (Mit 

Taf. XIX u. RX)... N. 2er Br ee 416 
Nicolaus v. Zograf, Phyllopodenstudien. (Mit Taf. XXI-XXIV u. 


2 Eig. im Text). . Du 0.00 cu. 200 2 446 


Mitteilung. 

Beiträge für die Zeitschrift bitten wir an Herrn Prof. Ehlers 
in Göttingen einzusenden. Im Interesse einer raschen und sicheren 
Veröffentlichung liegt es, daß die Manuskripte völlig druckfertig 
eingeliefert werden, da mit nachträglichen Einschiebungen und aus- 
gedehnten Abänderungen während der Korrektur Zeitverlust und 
sonstige Unzuträglichkeiten verbunden sind. Bei der Disponierung der 
Zeichnungen ist darauf zu achten, daß der Raum des in der Zeitschrift 
üblichen Tafelformates nicht überschritten wird. Für Textfiguren 
bestimmte Zeichnungen sind auf besonderen Blättern beizulegen. 


Die Verlagsbuchhandlung Der Herausgeber 
Wilhelm Engelmann. Ernst Ehlers. 


Die Herren Mitarbeiter der »Zeitschrift für wissenschaftliche 
Zoologie« erhalten von ihren Abhandlungen und Aufsätzen 40 Sonder- 
abdrucke unberechnet. Weitere Exemplare werden auf Wunsch 
gegen Erstattung der Herstellungskosten geliefert unter der Voraus- 
setzung, daß sie nicht für den Handel bestimmt sind. 


0O0000000000000000000 


Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig 


REGENERATION 


Thomas Hunt Morgan 


Mit Genehmigung des Verfassers aus dem Englischen übersetzt 
und in Gemeinschaft mit ihm vollständig neu bearbeitet von 


Max Moszkowski 
Deutsche Ausgabe, zugleich zweite Auflage des Originals 


Mit 77 Figuren im Text 
XVI u. 437 Seiten. gr. 8. Geheftet .4 12.—; in Leinen gebunden .Z 13.20. 


 D00 00000000000 0000009 


Studien über Gephalopoden. 


I. Der männliche Leitungsapparat der Dibranchiaten. 
Von 


Werner Marchand 
(Leipzig). 


(Aus dem zoologischen Institut der Universität Leipzig.) 


Mit 66 Figuren im Text. 


Vorwort, 


Vor zwei Jahren machte mich Prof. Cuux auf die Lückenhaftig- 
keit unsres Wissens von der Fortpflanzung der Cephalopoden auf- 
merksam und schlug mir vor, die Bildung der Spermatophoren, jener 
seit NEEDHAM bekannten, komplizierten Samenmaschinen, an einem 
geeigneten Objekt zu verfolgen. Gleichzeitig wies er auf die mannig- 
fachen Widersprüche hin, die sich in der Literatur über die Bildungs- 
stätte der Spermatophoren, den männlichen Leitungsapparat, finden 
und die in der Beschreibung BRocks von dem Geschlechtsapparat 
der Ocythoe tuberculata gipfeln. 

In dem Bestreben, mich in den Gegenstand einzuarbeiten, und 
in der Hoffnung ein möglichst günstiges Objekt zur Lösung meiner 
eigentlichen Aufgabe ausfindig zu machen, untersuchte ich zunächst 
anatomisch eine Anzahl Formen, um mich zu orientieren. Es konnte 
indessen nicht ausbleiben, daß sich auch in der gröberen Anatomie 
Einzelheiten fanden, die in der Literatur entweder gar nicht oder 
unzutreffend zur Darstellung gebracht waren, und in dem Maße, wie 
sich aus der Vergleichung nahestehender Arten das Verständnis der 
aberranteren Formen ergab, überwog das Interesse an diesem, vor- 
bereitenden Teil der Arbeit derart, daß ich mich, im Einverständnis mit 
Herrn Prof. Cuun, bewogen fühlte, meiner Darstellung der Spermato- 
phorenbildung eine Übersicht über den Bau des männlichen Leitungs- 
apparates der dibranchiaten Cephalopoden vorausgehen zu lassen. 

Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. - 21 


312 Werner Marchand, 


Gleichzeitig stellte es sich heraus, daß auch Bau und Funktion 
der Spermatophore selbst lange nicht in dem Maße bekannt sind als 
es wünschenswert erscheint. Auch über diesen Gegenstand habe ich 
bei Gelegenheit meines Aufenthalts an der Zoologischen Station zu 
Neapel im Frühjahr 1906 einige Studien gemacht, deren Resultate 
hier nur insoweit kurz mitgeteilt werden sollen, als sie für das 
Verständnis der anatomischen Verhältnisse in Betracht kommen. 

Da ich meiner Aufgabe zunächst durchaus als Anfänger gegen- 
über stand, so mögen die Mängel dieser Arbeit darin ihre Erklärung 
finden, daß ich sie nicht planmäßig begonnen habe, und erst all- 
mählich die Wichtigkeit methodischen Fortschreitens erkannte. Wenn 
sich trotzdem Resultate von einigem Interesse ergaben, so verdanke 
ich sie vor allem dem Umstand, daß dieses so reichhaltige Gebiet 
bisher verhältnismäßig wenig durchforscht worden ist. Die Fort- 
pflanzung der Cephalopoden bietet an interessanten Problemen die 
Hülle und Fülle. Es ist mein Wunsch, an dieser Stelle meinem 
hochverehrten Lehrer, Herrn Prof. Chun, der mich mit dem Gegenstand 
vertraut machte, der den Fortgang der Arbeit mit freundlichem 
Interesse verfolgte, und mir mit seinem Rat jeder Zeit zur Seite stand, 
meinen aufrichtigsten Dank auszusprechen.’ 

Einen großen Teil des reichen und wertvollen Materials zu dieser 
Untersuchung stellte mir Prof. Cuun selbst in liberalster Weise zur 
Verfügung; zum andern Teil verdanke ich es der Zoologischen 
Station zu Neapel, wo ich auf Empfehlung von Prof. OHun in diesem 
Frühjahr einen Arbeitsplatz erhielt. Ich schätze mich glücklich, dem 
Leiter des berühmiten Instituts, Herrn Geheimrat DoHRN, für sein 
freundliches Entgegenkommen bestens zu danken. Auch den übrigen 
Herrren der Station, Herrn Professor MAYER und Herrn Professor 
Eısıc fühle ich mich zu großem Danke verpflichtet, vor allem auch 
Herrn Dr. Lo Bıanco, der mich unermüdlich mit Material versorgte, 
und dessen reiche Erfahrungen mir sehr zu statten kamen. 

Ferner möchte ich auch den Herren des Zoologischen Instituts in 
Leipzig, Herrn Professor SIMROTH, Herrn Professor ZUR Strassen und 
Herrn Professor WOLTERECK meinen Dank aussprechen, insbesondere 
war mir Herr Prof. ZUR STRASSEN ein unentbehrlicher Ratgeber. 


Literarischer Überblick. 


Unsre erste Kenntnis von den männlichen Geschlechtsorganen 
der Cephalopoden verdanken wir SwAmMERDAM (1637—1685), der 


Studien über Cephalopoden. I. | 313 


in seiner »Biblia naturae« bereits recht gut erkennbare Abbildungen 
von den »Eingeweiden der spanischen See-Katze« gibt, und der 
auch die Spermatophoren beobachtet. Die lange Reihe der nun 
folgenden Arbeiten, die teils an die Spermatophore, teils an die 
Heectocotylisation anknüpfend, fragmentarische Beschreibungen der 
männlichen Leitungswege brachten, möchte ich hier übergehen, zumal 
da sie von BRock! ausführlich besprochen sind. 

Als grundlegend können nur die Arbeiten von CuvIER? und 
MıLnE EDWARDS® angesehen werden. CuvIEr erkannte zuerst, daß 
‚der Hoden der Cephalopoden mit dem Leitungsweg durch Vermittlung 
‚eines besonderen Hohlraums zusammenhängt. Auf seine genaue 
Beschreibung gehen die meisten der bisher gebräuchlichen Bezeich- 
nungen für die Teile des Leitungsapparates zurück. MıLNnE EDwARDS 
gibt im Anschluß an seine Untersuchung der Spermatophore eine 
geradezu mustergültige Abbildung des männlichen Leitungsapparates 
von Sepia officinalis. 

Gegenüber diesen beiden Arbeiten bedeutet die von DuvERnoY® 
keinen bedeutenden Fortschritt. 

Die Untersuchungen von VoGT und VERANY über Ocythoe, so 
wie die von LEUCKART über Sepeola und Ocythoe, endlich die Notizen 
H. Mürrers über die männliche Argonauta werden im speziellen 
Teil dieser Arbeit berücksichtigt werden. 

Der erste, der mit Erfolg eine zusammenfassende Darstellung der 
Geschlechtsorgane der Cephalopoden unternahm, war J. BRock (1879). 
Seinem ersten Beitrag, in welchem er die Geschlechtsorgane von 
Sepia officinalis, Loligo vulgaris, Sepiola rondeletü, Eledone moschata 
und von einer unbekannten Ociopus-Art zur Darstellung bringt, ver- 
danken wir eine relativ sehr genaue Kenntnis von dem Bau des 
männlichen Leitungsapparates.. Wenn ich im folgenden manches von 
ihm Gesagte wiederhole, so geschieht es der Einheitlichkeit halber. 
Im einzelnen machte es sich oft nötig, kleine Irrtümer zu beseitigen 
und manches etwas zweckmäßiger darzustellen. 


1 J. BRoCKk, Über die Geschlechtsorgane der Cephalopoden. I. Beitrag. 
‚Diese Zeitschr. Bd. XXXI. 1878. 

2 CUvIEr, M&moire pour servir ä l’histoire et & l’anatomie des Mollusques. 
Paris 1817. 

3 MıLNE-EDWARDS, Sur les spermatophores des Cephalopodes. Ann. se. 
sat. (2.) 'T..XVIII. ‚1842. 

* Duvernoy, Fragments sur les organes de generation de divers animaux- 
Memoires de l’Academie des sciences. Tome XXIII. 1850. 


21* 


314 Werner Marchand, 


Brock vertritt den durchaus richtigen Gedanken, daß der 
Leitungsapparat aller Cephalopoden nach einem einheitlichen Grund- 
plan gebaut sei, und daß sich diese Einheitlichkeit bis in die histo- 
logische Beschaffenheit der Organe nachweisen lasse. Wie ich später 
noch eingehend zu begründen hoffe, scheint er darin etwas zu weit 
gegangen zu sein, daß er eine durchaus gleichartige histologische 
Beschaffenheit für alle Teile des Leitungsapparates annimmt, und wo 
er tatsächlich Unterschiede im Bau der Zellen fand, nur verschiedene 
Funktionsstadien erblickte. 

Auch in dem im nächsten Jahre erschienenen »Versuch einer 
Phylogenie der Cephalopoden«! zeigt Brock ein bemerkenswertes 
Streben, eine einheitliche Anschauung der Cephalopodenanatomie zu 
ermöglichen. 

Leider hielt sein zweiter Beitrag über die Geschlechtsorgane? 
nicht, was der erste versprochen hatte; er brachte neben ausgezeich- 
neten Studien über Rossia eine Arbeit über den männlichen Leitungs- 
apparat von Ocythoe, welche geeignet war, für lange Zeit wieder 
große Verwirrung in das halbgeklärte Gebiet zu bringen. Daß der 
schroffe Gegensatz, in dem nach Brock Ocytho® zu allen übrigen 
Formen stehen soll, überhaupt nicht vorhanden ist, wird sich im 
Verlaufe dieser Abhandlmz: ergeben. 

Dazu kam die Arbeit‘ von REINHARD und ProscH über den 
allerdings sehr aberranten Owrroteuthis?. (Obwohl ich keine Gelegen- 
heit hatte, ihre Befunde nachzuprüfen, so scheint es mir nach den 
Ergebnissen meiner Untersuchung außer Zweifel zu stehen, daß auch 
diese Form nicht so abweichend ist, wie es bei oberflächlicher Be- 
trachtung scheinen kann.) 

Zerstörte man so die Einheitlichkeit in der Betrachtung des 
Dibranchiatenstammes, so fand man doch bei einer Untersuchung des 
Nautilus pompelius* in naiver Weise den gleichen Bau und die gleichen 
Organe des Leitungsapparates bei den Tetrabranchiaten auf. Obwohl 
ich Nautilus nicht selbst untersucht habe, glaube ich doch schon so 
viel sagen zu können, daß es ganz verfehlt sein muß, bei Nautklus 
etwa von einer »NEEDHAMschen Tasche« sprechen zu wollen. 


1 J. Brock, Versuch einer Phylogenie der dibranchiaten Cephalopoden. 
Morphol. Jahrb. Bd. VI. 1880. 

2 Derselbe, Über die Geschlechtsorgane der Cephalopoden. II. Beitrag 
Diese Zeitschr. Bd. XXXVI. 1886. 

3 REINHARD U. PROSCH, Om Seiadephorus Mülleri. Kjöbenh. 1847. 

* J. VAN DER HOEvEn, Beitrag zur Kenntnis von Nautelhuıs. Amsterdam 
1856. 


Studien über Cephalopoden. 1. 315 


Die vorliegende Arbeit will nicht im geringsten den Anspruch 
auf erschöpfende Darstellung machen. Wenn ich mir auch ihrer großen 
Lücken sehr wohl bewußt bin, übergebe ich sie der Öffentlichkeit 
schon jetzt, weil eine Tatsache nunmehr als sicher festgestellt betrachtet 
werden kann, daß nämlich der Leitungsapparat aller Di- 
branchiaten auf einem durchaus einheitlichen Bauplan 
beruht, und daß alle Abweichungen auf bestimmte Um- 
bildungen dieses Bauplans zurückgeführt werden können. 


Kurze Übersicht über Bau und Funktion der Spermatophoren. 
(Vorläufige Mitteilung.) 


Da ich mich in der folgenden Darstellung häufig auf den Bau 
der Spermatophore beziehen und diesen bis zu einem gewissen Grade 
als bekannt vorraussetzen muß, wird es nicht unwillkommen sein, 
wenn ich eine ganz kurze Übersicht des darüber Bekannten voraus- 
schicke, indem ich mir vorbehalte, die Resultate meiner Unter- 
suchungen über diesen Gegenstand bei andrer Gelegenheit ausführ- 
lich darzulegen. 

Die Spermatophoren der Cephalopoden (Fig. 1) bestehen aus zwei 
in einer gemeinsamen Hülle, dem Etui, eingeschlossenen Schläuchen, 
deren einer, mit Spermatozoen angefüllt, den eigentlichen Sperma- 
schlauch darstellt, während der andre, spermafreie, als projektiler 
Schlauch bezeichnet wird. Beide hängen an ihrer Berührungsstelle 
miteinander zusammen. Der projektile Schlauch ist von geringerem 
Durchmesser als der Spermaschlauch und nur in der diesem benach- 
barten Partie etwas erweitert. Am entgegengesetzten, schmäleren 
Ende ist er mit dem Etui fest verbunden, so daß seine Wand sich in 
die des Etuis fortsetzt. Der Spermaschlauch steht mit dem Etui 
nirgends direkt, sondern nur durch Vermittlung des projektilen 
Schlauches in Verbindung. Die beiden Schläuche füllen das Etui 
nicht vollständig aus; sie bilden einen allseitig von Flüssigkeit um- 
 gebenen, ins Innere des Etui hineinhängenden Komplex, der nur mit 
dem einen Ende an der Etuiwand befestigt ist. 

Das Etui ist ein lang-cylindrisches, allseitig geschlossenes, an 
beiden Enden abgerundetes Rohr von im Verhältnis zur Länge geringem 
Durchmesser, das in der den Spermaschlauch enthaltenden Hälfte ein 
gleichmäßiges Kaliber aufweist, während sich die andre Hälfte, 
entsprechend dem geringeren Durchmesser des projektilen Schlauches 
allmählich verjüngt. Der projektile Schlauch ist mit Flüssigkeit 


316 Werner Marchand, 


sefüllt und am verjüngten Ende durch eine Art von Kappe ver- 
schlossen, die in einen langen dünnen Faden ausläuft. Mit Rück- 
sicht auf die Funktion der Spermatophore bezeichnen wir dieses 
verjüngte Ende als oralen Pol, 
das entgegengesetzte, dickere als 
aboralen Pol. 

Auf die verschiedenen Schich- 
ten, aus denen sowohl die Wand 
des Etuis, als auch die des projek- 
| tilen Schlauches zusammengesetzt 
I ist, möchte ich hier nicht weiter 
| eingehen. Ich verweise auf die aus- 
N führliche Beschreibung der Spermato- 
| phore von Rossia von E. RACOVITZza 1. 


IRA 
res.sp.II. 0), 


PN. 


Das Wesentliche ist, daß einer- 
seits die Elastizität, anderseits das 


| Quellungsvermögen dieser Hüllen 
7 | einen gewissen Überdruck im Innern 

" der Spermatophore herbeiführen. 

N Lockert sich nun aus irgend 

Mi 

| 


einem Grunde die erwähnte Ver- 
schlußvorrichtung am oralen Ende, 
so erfolgt die Explosion der Spermato- 
| phore. Der projektile Schlauch stülpt 
I.eoll. sich wie ein Handschuhfinger nach 
außen um, den Spermaschlauch hin- 

ter sich herziehend. Der Inhalt des 
Schematische Ser Spermatophore. projektilen Schlauches wird aulres 
a, vor der Explosion, b, explodiert. or, ora- gOssen, seine Innenwand kehrt sich 
ıer Folk; yabor, Sboraler „Poli s2, Sperma nach außen.  Konntesmanıorher 


schlauch; pr, projektiler Schlauch; res.sp.II, 
sekundäres Spermareservoir; il, Endfadn; den Spermaschlauch gewissermaßen 


glut, klebrige Be coll, quellende Sub- Ak Smlanas Anhängsel des projek- 

Ä tilen Schlauches betrachten, so kommt 
er jetzt in dessen Inneres zu liegen. Es entsteht so eine Art von 
sekundärem Spermareservoir, das sich nach der Explosion von dem 
leeren Etui ablöst. Je nachdem nun dieses Reservoir außen am 
weiblichen Körper angeheftet oder direkt in die Mündung des Ovi- 


ducts eingeführt wird, finden sich im Bau und der Funktion der 


1 E. RAcovıTza, Notes des Biologie. II. Moeurs et fecondation de la Rossıa 
macrosoma. Arch. de Zool. exper. 8.) T. U. 


Studien über Cephalopoden. 1. | 3% 


Spermatophore wesentliche Unterschiede. Im ersteren Falle, wie 
beispielsweise bei den Oegopsiden, wird nicht der ganze projektile 
Schlauch umgestülpt: sein hinterer Teil ist zu einem komplizierten 
Haftapparat ausgestaltet, dessen Wirksamkeit noch durch klebrige 
Substanzen gesteigert wird. Bei andern Decapoden sind die mecha- 
nischen Haftapparate weniger stark ausgebildet, und die Befestigung 
des Spermareservoirs wird nur durch Klebstoffe bewirkt. 

Aus dem bei den Decapoden bald an der Buccalmembran, bald 
im Inneren des Mantels angehefteten und oft tief in die Haut ein- 
sebohrten Spermabehälter treten die Spermatozoen langsam und all- 
mählich aus. Die Befruchtung scheint in diesen Fällen eine rein 
äußere zu sein. Bei den Octopoden wird die Spermatophore direkt 
in den vorderen Teil des Oviducts eingeführt, wo sich die Wand 
des sekundären Spermareservoirs rasch auflöst. Die Befruchtung ist 
damit zu einer inneren geworden. 

Das Gesagte mag zur Einführung genügen. Es sei nur noch 
hinzugefügt, daß die Spermatophoren ein vorzügliches Kriterium für 
die Bestimmung der Arten geben. Wie der Bau des projektilen 
Schlauches, so kann auch der des Spermaschlauches recht verschieden 
sein, ich erinnere nur daran, daß der letztere bei den Octopoden sehr 
lang und im Inneren des Etuis zu einer engen Spirale zusammen- 
geschoben ist, ein Verhalten, das für das Verständnis der angeblich 
so gänzlich abweichenden Spermatophore von Ocythoe von Wichtig- 
keit sein wird. 

Da ich über Bau und Funktion der Spermatophore eingehende 
Untersuchungen begonnen, aber noch nicht zum Abschluß gebracht 
habe, so mußte ich mich an dieser Stelle mit einigen Andeutungen 
begnügen. Sicher glaube ich vor allem behaupten zu können, daß 
die Explosion sich nicht bei allen Arten in der von Racovırza bei 
Rossia beschriebenen Weise abspielt, und daß, was den Mechanismus 
der Explosion anbetrifft, auch in RAcovITzas sonst vorzüglicher Dar- 
stellung noch einige Unklarkeiten geblieben sind. 

Es würde zu weit führen, wollte ich auch an die Umbildungen 
der weiblichen Wege im Anschluß an die veränderte Befruchtungs- 
weise erinnern, oder die so verschiedenartige Ausbildung der Hecto- 
cotylisation unter diesem Gesichtspunkt durchsprechen. Ich wende 
mich nun zu dem eigentlichen Gegenstand dieser Abhandlung, dem 
männlichen Leitungsapparat. | 


318 Werner Marchand, 


Der männliche Leitungsapparat, 


I. Allgemeine Einleitung. 


1. Die Lagebeziehungen des Leitungsapparates zu den übrigen 
Organen. 


Der männliche Leitungsapparat der dibranchiaten Cephalopoden 
steht bekanntlich nicht direkt mit den Hoden in Verbindung. Der 
Hoden liegt im Fundus des Eingeweidesackes in einem Hohlraum, 
der einen Teil der Visceropericardialhöhle repräsentiert. Als 
Visceropericardialhöhlle oder sekundäre Leibeshöhle (im Gegensatz 
zur Furchungshöhle) bezeichnet man ein System von Hohlräumen, 
dem einerseits die Nephridien und das Pericard, anderseits die 
Gonadenhöhle angehören, das sich mehr oder weniger deutlich bei 
allen Mollusken nachweisen läßt und das dem Cölom der Anneliden 
homolog zu sein scheint. Bei den Cephalopoden hat sich der 
Nephridialtel zu den beiden Harnsäcken entwickelt, der Peri- 
cardialteil ist in Beziehung zum Kiemenherz getreten; der dritte 
Cölomabschnitt enthält die Geschlechtsdrüse. Die Harnsäcke münden 
auf den Ureterpapillen in die Mantelhöhle und stehen durch die 
sog. inneren Nierenöffnungen mit dem Pericardialteil in Verbin- 
dung. Der letztere stellt bei den Decapoden einen verhältnismäßig 
weiten Raum dar, der breit mit der Gonadenhöhle kommuniziert. 
Bei den Octopoden hat er eine bedeutende Reduktion erfahren und 
bildet hier das System der Wasserkanäle, die jederseits von der 
Niere nach dem Kiemenherzanhang und von diesem zur Gonaden- 
höhle verlaufen. 

Dementsprechend finden wir den Hoden bei den Decapoden in 
einem weiten Hohlraum, in den auch das Herz und Teile des Ver- 
dauungsapparates bruchsackartig hineinhängen, während wir bei den 
Octopoden von einer geschlossenen Hodenkapsel reden können, deren 
Zusammenhang mit den Harnsäcken nur noch durch die Wasser- 
kanäle gewahrt bleibt. Diese stellen also eine Verbindung der Go- 
nadenhöhle mit der Mantelhöhle dar. Während nun bei vielen andern 
Mollusken dieser Weg zur Ausleitung der Geschlechtsprodukte be- 
nutzt wird, ist das bei den Cephalopoden nie der Fall. 

Bei allen Cephalopoden ist ein gesonderter Leitungsweg vor- 
handen; es existiert also eine zweite Verbindung zwischen Gonaden- 
höhle und Mantelhöhle, deren ausschließliche Funktion die Ausleitung 


Studien über Cephalopoden. 1. | 319 


der Geschlechtsprodukte geworden ist. Es ist aus verschiedenen 
Gründen in hohem Maße wahrscheinlich, daß dieser Leitungsweg 
durch Abspaltung aus dem Cölom hervorgegangen ist. 

Entsprechend der paarigen Entwicklung der Harnsäcke und 
der Wasserkanäle scheint Duplizität der Leitungswege das ursprüng- 


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1 


2: 
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Situs des Leitungsapparates von Loligo marmorae. Die Buchstabenbezeichnung sämtlicher Figuren 
befindet sich am Ende dieser Arbeit. 


liche Verhalten zu sein. In der Tat sind sie im weiblichen Geschlecht 
bei vielen Oegopsiden und allen Octopoden außer den Cirroteuthiden 
paarig. | 
Im männlichen Geschlecht finden wir bei allen bisher unter- 
suchten Formen, mit der einzigen Ausnahme von Calliteuthis!, welche 


1 Cuun, Zool. Anz. Nr. 25, März 1906. Über die Geschlechtsverhältnisse 
der Cephalopoden. 


320 Werner Marchand, 


paarige Leitungswege besitzt, nur einen, und zwar den linken aus- 
gebildet. 

Um jedes Mißverständnis zu vermeiden, gebe ich an dieser 
Stelle eine kurze Erläuterung der in dieser Arbeit angewandten 
Orientierung. 

Die Seite des Cephalopoden, auf welcher sich der Trichter be- 
findet, ist als Ventral-(Trichter-)seite, die entgegengesetzte als Dorsal- 
(Schalen-)seite, der Kopf mit den Fangarmen als Vorderende, die 
Spitze des Mantels als Hinterende bezeichnet. Orientiert man das 
Tier so, daß das Vorderende nach oben gerichtet und die Ventral- 
seite dem Beschauer zugewendet ist, so bezeichnet man alles, was 
für den Beschauer rechts von der Medianlinie liegt, als linke Seite, 
die entgegengesetzte als rechte Seite des Tieres. Die Bezeichnungen 
»oben« und »unten« sind ohne Rücksicht auf diese Orientierung auf 
die Lagebeziehungen einzelner Organe angewandt worden, je nachdem 
diese für den Beschauer oberflächlich gelegen oder mehr oder weniger 
von andern verdeckt sind. Diese Ausdrücke sind, wo Mißverständnisse 
entstehen könnten, durch »ventral« uud »dorsal« ersetzt. 

Bei allen geschlechtsreifen männlichen Dibranchiaten liegt der 
einzige Leitungsweg ungefähr in der Höhe der linken Kieme dem 
übrigen Eingeweidesack meist oberflächlich angelagert. Er scheint 
ventral angelegt zu werden, liegt aber bei allen ausgebildeten Tieren 
wenigstens teilweise dorsal von den Kiemengefäßen. Je nachdem 
die Gonadenhöhle sehr geräumig, oder zu einer Kapsel reduziert ist, 
und je nachdem das Tier gestreckt oder gedrungen ist, liegt der 
Leitungsapparat in größerer oder geringerer Entfernung von den 
Hoden. Seine Mündung liegt stets vor den Kiemengefäßen. 

Um eine weitläufige Beschreibung der Lagebeziehungen zu den 
übrigen Organen zu vermeiden, verweise ich auf das Übersichtsbild 
(Fig. 2). 


2. Die einzelnen Teile des Leitungsapparates und ihre Lagebeziehung 
zueinander. 


Bei denjenigen Mollusken, bei welchen wir eine direkte Aus- 
leitung durch ein funktionierendes Organ, z. B. die Niere, finden, 
fehlen regelmäßig jene komplizierten Differenzierungen, die eine sehr 
häufige Begleiterscheinung der gesonderten Leitungswege bilden. 

So haben wir denn auch bei den Cephalopoden eine weitgehende 
Differenzierung festzustellen. Wir unterscheiden an dem Leitungs- 


Studien über Cephalopoden. I. | 321 


apparat der Dibranchiaten seit CuviEer ein von der Hodenkapsel 
abgehendes Vas deferens im engeren Sinne, eine darauffolgende 
drüsige Erweiterung als »Vesicula seminalis«, ferner eine distal von 
der letzteren seitlich einmündende große accessorische Drüse als 
»Prostata«, und endlich das den Endabschnitt bildende Spermato- 
phorenreservoir als NEeEpBAusche Tasche. Brock erweiterte die 
Nomenklatur dadurch, daß er den zwischen NEEDHAuscher Tasche 
und Prostata sich einschaltenden Teil des Leitungsweges als »Vas 
efferens«, und den diesen konstant aufsitzenden Blindsack als (Prostata-) 
Blindsack benannte. Da diese Bezeichnungen, zum Teil der mensch- 
lichen Anatomie entnommen, nur Verlegenheitsnamen darstellen, die 
ohne Beziehung zu der eigentlichen Funktion der Organe vorläufig 
angewendet wurden, möchte ich sie in dieser Arbeit durch etwas 
sinngemäßere Ausdrücke ersetzen. Ich bezeichne den gesamten Lei- 
tungsapparat als Vas deferens im weiteren Sinne. Den Ausdruck 
»Vas efferens«, der im allgemeinen nur für direkte Ausführungswege 
(Sammelkanäle) des Hodens angewendet werden sollte, werde ich voll- 
ständig ausschalten und nur von einem proximalen und distalen Teil 
des Vas deferens sprechen. Den sogenannten Prostatablindsack werde 
ich als Blindsack (Appendix) des distalen Vas deferens, die Vesicula 
seminalis mit Rücksicht auf ihre Funktion als Spermatophoren- 
drüse, die Prostata als Rangierdrüse oder einfach als accesso- 
rische Drüse bezeichnen. Den Ausdruck »Spermatophorensack« 
werde ich, um Verwechslungen nicht homologer Teile zu vermeiden, 
nicht anwenden. Den distalen Teil des Vas deferens nenne ich mit 
MILNE EDWARDS NEEDHAMsche Tasche, den in die Mantelhöhle 
vorragenden Teil der letzteren bezeichne ich, soweit er deutlich ab- 
gesetzt ist, als Penis und seine Erweiterungen, wo solche vorliegen, 
als Penisdivertikel. Alle diese Teile liegen mehr oder weniger 
nahe beieinander und verdecken sich zum Teil gegenseitig; sie bilden 
insgesamt das Paket des Leitungsapparates. 

Es sollin dieser Arbeit lediglich eine Schilderung der anatomischen 
Verhältnisse gegeben werden. Die mikroskopische Untersuchung ist 
nur da zu Rate gezogen worden, wo sie zum Verständnis der Anatomie 
notwendig war. Die gesamte Histologie, sowie die Innervierung und 
Vaseularisierung des Leitungsapparates soll im Anschluß an die 
Genese der Spermatophoren zur Darstellung gelangen. Der ein- 
gehenden Beschreibung der einzelnen Formen sei eine kurze Orien- 
tierung über den Bau des Leitungsapparates im allgemeinen voraus- 
geschickt. | 


322 Werner Marchand, 


Ich möchte dieser allgemeinen Besprechung den Leitungsapparat 
eines Decapoden zugrunde legen, da der Typus sich bei diesen 
‚reiner erhalten hat. 

Wie bereits erwähnt, lassen sich verschiedene Teile unterscheiden. 
Das Vas deferens im weiteren Sinne wird durch die in seinem Ver- 
lauf eingeschaltete Spermatophorendrüse in zwei ungleiche Abschnitte 
geteilt. Der proximale Abschnitt ist der längere. Er entspringt an 
der Wand der Gonadenhöhle, hat einen in der Regel mannigfach 
sewundenen und geschlängelten Verlauf und erweitert sich schließlich 
zu der in mehreren dicken Windungen auf der Oberseite (Ventral- 
seite) des Paketes liegenden Spermatophorendrüse. Diese stellt nichts 
andres dar als einen in der direkten Fortsetzung des proximalen 
Vas deferens gelegenen, durch Verdiekung der Wände und drüsige 
"Ausgestaltung modifizierten Abschnitt des Vas deferens. Diese Drüse 
ist die eigentliche Bildungsstätte der Spermatophore. Wie CHux 
mitteilt!, läßt sich BRocks erster Abschnitt in zwei weitere zerlegen, 
deren Verschiedenheit zumal bei Oegopsiden sehr auffällig ist. Wir 
hätten also an der Spermatophorendrüse im ganzen drei histologisch 
verschiedene Abschnitte zu unterscheiden. Die Windungen der ganzen 
Drüse beschreiben eine fast stets oberflächlich liegende $-förmige 
Figur, an der man einen gewissen Anhaltspunkt für die Trennung 
der Abschnitte hat, wenn die Gliederung sonst nicht sehr deutlich 
markiert ist. Cuux trennt bei Ögopsiden den dritten Abschnitt 
wieder in drei Unterabschnitte. Allerdings ist das hintere Drittel 
bei den Oegopsiden und Myopsiden im Gegensatz zu der vorderen 
Partie bauchig erweitert, aber diese Differenzierung fehlt der ganzen 
Octopodengruppe vollständig und ist auch bei den Myopsiden nicht 
sehr ausgeprägt. Der dritte Unterabschnitt endlich ist nicht nur 
histologisch, sondern auch genetisch nicht zur Spermatophorendrüse 
gehörig; ich möchte ihn als Ausführgang bezeichnen. Er stellt die 
Fortsetzung des Vas deferens dar und geht an der Stelle ab, wo die 
Differenzierung der Spermatophorendrüse aufhört. Dementsprechend 
hat er einen bedeutend geringeren Querschnitt und verläuft überdies 
in einer andern Richtung wie der dritte Abschnitt der Drüse. 

Dieser Ausführgang tritt nun in Verbindung mit einer auf der 
linken Seite des Paketes liegenden großen accessorischen Drüse, 
ohne daß es immer leicht zu entscheiden wäre, ob eigentlich 
die Drüse in den Leitungsweg oder der Leitungsweg in die 


ı Chun, Zool. Anz. Nr. 19, 20 (März 1905). 


Studien über Cephalopoden. I. 323 


Drüse mündet. Bei den Octopoden ist das letztere evident, bei 
den Decapoden hat man oft den Eindruck des Gegenteils, zumal 
dann, wenn die Drüse einen besonderen Ausführgang besitzt. Funk- 
tionell herrscht indessen vollständige Übereinstimmung, und es ergibt 
sich, daß tatsächlich stets der Kanal in die Drüse einmündet und 
sie wieder verläßt, nur daß Mündungs- und Austrittsstelle völlig 
zusammenfallen können. Nach dem Verlassen der accessorischen 
Drüse mündet der Kanal indessen sogleich in ein zweites accessorisches 
Organ, das, im vorderen Teil des Pakets gelegen, einen kleinen spitzen 
Blindsack darstellt, der mit Unrecht für histologisch mit der acces- 
sorischen Drüse gleichartig gehalten und als »zweite Prostata« 
bezeichnet worden ist!. Aus diesem Blindsack geht der distale Teil 
des Vas deferens ab, und verläuft auf der Dorsalseite des Pakets 
nach hinten, um schließlich in die NeEpHAusche Tasche, das Reser- 
voir für die gebildeten Spermatophoren, einzumünden. Die NEED- 
HaMsche Tasche ist ein großes, meist an der linken Seite des Pakets 
gelegenes, im einfachsten Falle schlauch- bis flaschenförmiges Organ. 
Sie empfängt das Vas deferens am hinteren Ende und mündet vorn 
in die Mantelhöhle. 

Der proximale Abschnitt des Vas deferens enthält nie Sperma- 
tophoren, sondern nur zusammengeballte Spermamassen. Er ist, ab- 
gesehen von einer Erweiterung des Anfangsteils, die bisweilen ein- 
- tritt, in seiner ganzen Länge von gleichmäßigem Kaliber. Seine 
einzige Differenzierung besteht in mehr oder weniger ausgesprochenen 
Längsfalten, die sich auch sekundär verzweigen und ein regelmäßiges 
Faltensystem bilden können. Die ganze innere Oberfläche ist mit 
einem flimmernden Cylinderepithel ausgekleidet, das sich übrigens 
im ganzen Leitungsweg nachweisen läßt, aber im wesentlichen nur 
da recht zur Geltung kommt, wo es nicht durch sonstige histologische 
Ditferenzierungen verdrängt worden ist. Auf die Epithelschicht folgt 
eine Lage von Muskelfasern, und auf diese das ebenfalls alle Teile 
des Leitungsapparates umscheidende Bindegewebe. 

Der Übergang vom Vas deferens zum ersten Abschnitt der 
Spermatophorendrüse ist insofern ein plötzlicher, als nunmehr eine 
gewaltige Vergrößerung der ins Lumen ragenden Falten eintritt, in- 
folge deren der erste Abschnitt das Vas deferens um ein Vielfaches 
an Dieke übertrifft. Indessen läßt sich stets zeigen, daß der schein- 
bare Ort der Einmündung es in Wirklichkeit nicht ist. Das Vas 


1 LEUCKART, DUVERNOY. 


324 Werner Marchand, 


deferens legt sich eng der Wand des ersten Abschnitts an, biegt dann 
um und läßt sich noch eine Strecke weit ins Innere verfolgen, um 
dort in den Kanal überzugehen, der als Fortsetzung des Leitungs- 
weges die ganze Spermatophorendrüse durchzieht. Der zweite Ab- 
schnitt unterscheidet sich von dem ersten dadurch, daß seine Wand 
in Gestalt eines breiten, auf dem Querschnitt fächerförmig bis plump- 
keilförmigen, nach einer Seite übergeneigten, Wulstes in das Lumen 
vorspringt. Sowohl dieser Wulst wie die gegenüberliegende Wand 
sind in der Regel mit zahlreichen Falten ausgestattet!. Das zwischen 
diese Falten eingeschlossene Drüsenlumen steht mit dem Lumen des 
ersten Abschnittes nicht in direktem Zusammenhang, sondern nur durch 
Vermittlung des Leitungskanals, der, peripher gelegen, gerade unter 
dem Wulst in den zweiten Abschnitt mündet. Der Leitungsweg bleibt 
also im zweiten Abschnitt durch den Wulst von dem eigentlichen 
Lumen getrennt, kommuniziert aber mit ihm durch eine seitliche 
Spalte. Er bildet also eine auf der einen Seite des Wulstes, von 
diesem überdacht verlaufende Rinne. Nur hier finden wir das 
flimmernde Cylinderepithel, das wir im proximalen Vas deferens 
kennen lernten. Die ganzen umliegenden Wände mit ihren Falten, 
sowie die Oberfläche des Wulstes, sind mit Drüsenepithel ausgekleidet. 
Über den feineren Bau der Abschnitte und die Histologie soll in einer 
besonderen Abhandlung berichtet werden. Der dritte Abschnitt kenn- 
zeichnet sich dadurch, daß der Wulst nicht nur beibehalten, sondern 
noch vergrößert ist, während die ganzen Faltenbildungen unter- 
blieben sind und einem enorm verdiekten Drüsenepithel von ganz 
anderm Habitus Platz gemacht haben. Auch hier zieht der Leitungs- 
weg in Gestalt einer flimmernden Rinne an der einen Seite des Wulstes 
entlang. Diese Rinne kann sekundär durch schneckenförmige Ein- 
rollung des Wulstes ins Innere verlagert werden. Stets läßt sich das 
umgebende Bindegewebe in den Wulst hinein verfolgen. Ontogenetisch 
kann man sich einen derartigen Wulst durch Einwucherung des 
Bindegewebes entstanden denken. 

Der dritte Abschnitt hört ziemlich plötzlich auf, indem er in 
den gewöhnlich nach hinten umbiegenden, sehr viel dünneren Aus- 
führgang übergeht. Dieser zeigt keine Spur mehr von dem Wulst 
und den drüsigen Epithelien, sondern wieder das cylindrische Flimmer- 
epithel des eigentlichen Leitungsweges. 


ı Man findet auch im ersten Abschnitt bei Decapoden ander dem Wulst 
entsprechenden Stelle eine Verdiekung der Wand mit stärkerer Faltenbildung, 
aber nie deutlicher Einrollung oder Keilform. 


Studien über Cephalopoden. 1. 325 


Die accessorische Drüse kann ziemlich verschieden gebaut sein, 
bald sackförmig, bald lang-schlauchförmig auftreten, sie kann endlich 
unvermittelt einmünden oder auch einen längeren Ausführgang besitzen. 
Spuren eines Flimmerepithels sind im Inneren oft noch nachweisbar; 
im sroßen und ganzen ist es von einschichtig liegenden, großen 
Drüsenzellen verdrängt worden, die das ganze Innere und auch die 
oft vorhandenen Falten auskleiden. | 

Der Blindsack des distalen Vas deferens zeigt keine Spur von 
den erwähnten Drüsenzellen, sondern nur Flimmerepithel, in das 
einzelne helle Schleimzellen eingestreut sind. Er stimmt histologisch 
mit dem distalen Vas deferens vollkommen überein und scheint eine 
Aussackung desselben darzustellen. Die NespHAmsche Tasche ist 
sewöhnlich mehr oder weniger deutlich spiralig gedreht. Sie besitzt 
einen Wulst, der mit dieser spiraligen Drehung im Zusammenhang 
steht, meist eine große Zahl niedriger Längsfalten und eine Epithel- 
auskleidung von niedrigen Flimmerzellen, die indessen oft die 
Flimmern verlieren. Ihr hinterer Abschnitt ist immer mehr oder 
weniger mit dem an ihr entlang ziehenden distalen Vas deferens 
verschmolzen, indessen scheint es, daß dieses ursprünglich am 
untersten Ende einmündete. Die NerpuAusche Tasche kann als eine 
Erweiterung des distalen Vas deferens betrachtet werden. 

Diese Übersicht mag zur Einführung in den Bau des Leitungs- 
apparates genügen. Es finden sich im einzelnen, zumal in der Octo- 
podengruppe, zahlreiche Abweichungen von dem aufgestellten Schema, 
die bei der Beschreibung der einzelnen Arten zur Sprache kommen 
sollen. Es sind im wesentlichen Rückbildungserscheinungen, teil- 
weise aber auch Weiterbildungen. Hier sei nur hervorgehoben, daß 
bei den Octopoden das distale Ende der NerpHAmschen Tasche 
regelmäßig zu einem sogenannten Penis umgebildet und durch stärkere 
Ausbildung der Muskulatur zur Austreibung der Spermatophoren 
geeignet geworden ist. 

Die Bildung der Spermatophoren erfolgt, wie schon erwähnt, in 
der Spermatophorendrüse, in deren verschiedenen Abschnitten sie 
sich mehr oder weniger weit entwickelt vorfinden. Nachdem die 
Spermatophore, die in der flimmernden Rinne unter beständiger 
Drehung langsam vorrückt, im dritten Abschnitt ihre äußere Hülle 
erhalten hat, ist sie bei Decapoden im wesentlichen fertig. 

Meine Untersuchungen über die Spermatophorenentwicklung haben 
mich überzeugt, daß die Spermatophorendrüse keineswegs, wie bis- 
her angenommen wurde, der einzige Ort für die Bildung der Sperma- 


326 | Werner Marchand, 


tophore ist, und daß bei den Octopoden auch das distale Vas deferens 
und die NEEDHAmsche Tasche für diese Funktion in Anspruch 
genommen ist. 

Es ist von Interesse den Weg der Spermatophore von ihrer 
Bildungsstätte bis an ihren Bestimmuugsort zu verfolgen (Fig. 3). 
Cauun machte bereits die Beobachtung, daß die Spermatophore im 
dritten Abschnitt mit dem aboralen Pol, im distalen Vas deferens 
aber mit dem oralen Pol voran gerichtet liegt. Er schloß daraus, 
daß der oben erwähnte Blindsack im distalen Vas deferens die Rolle 
einer Umkehrstation spiele. Es stellte sich indessen, wie ich bereits 
in einer vorläufigen Mitteilung! auseinandergesetzt habe, heraus, daß 
die Struktur dieses Blindsackes einen derartigen Umkehrvorgang 
unmöglich macht. Er besteht lediglich aus einem nur unvollkommen 
verschmolzenen Knick des distalen Vas deferens und läßt stets einen 
aufsteigenden und einen absteigenden Schenkel unterscheiden. Über- 
dies konnte man an mehreren Präparaten zeigen, daß die Sperma- 
tophoren diesen Blindsack, ohne umzukehren, aber mit dem oralen 
Pol voran, passierten. Die Umkehr tritt demnach ein, ehe die 
Spermatophore in den Blindsack eintritt. Der Ort der Umkehr ist 
die accessorische Drüse, für die ich aus diesem Grunde den Namen 
Rangierdrüse vorschlagen möchte. In der Tat fand ich bei mehreren 
Arten Spermatophoren in dieser Drüse, mit dem aboralen Pol dem 
blinden Ende zu gerichtet. In einem Falle lag eine der sehr langen 
Spermatophoren von Octopus defilippii mit dem aboralen Pol noch 
in der Drüse, während das orale Ende schon im absteigenden 
Schenkel des Blindsackes angekommen war. Die Tatsache der Um- 
kehr ist somit über jeden Zweifel erhaben, und Beobachtungen am 
lebenden Tier brachten vollste Bestätigung. 

Die Spermatophore tritt mit dem aboralen Pol voran in die 
accessorische Drüse hinein, um sie mit dem oralen Pol voran wieder 
zu verlassen und in den aufsteigenden Schenkel des Blindsackes zu 
rücken. So durchgleitet sie allmählich das ganze distale Vas deferens 
und gelangt endlich, immer noch mit dem oralen Pol voran, in die 
NEEDHAMsche Tasche. 

Indessen lehrt ein Blick auf den Inhalt der NeEpHAmschen 
Tasche, daß alle hier aufbewahrten Spermatophoren mit den aboralen 
Enden distalwärts gerichtet sind. Es muß also an der Einmündungs- 
stelle in die NEEDHANMSsche Tasche eine zweite Umkehrstation liegen. 


1 MARCHAND, Zool. Anz. Nr. 25 (März 1906). 


Studien über Cephalopoden. 1. 


N d.Needh. 


.d.gl.sp. 
a 


\ gl.sp. III 


j} 
a 


I. Umkehr 


? Ai v.d.dist. 
1 gl.sp.I 


\\ II. Umkehr 


\ 


Eigr3. 
Schematische Darstellung des Weges der Spermatophore. a, bei einem Oegopsiden, d, bei einem 
Octopoden. 


Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVL Bd. 22 


327 


328 Werner Marchand, 


Und diese besteht in der erwähnten, teilweisen Verschmelzung des 
Vas deferens mit dem Fundus der NEEDHauschen Tasche, welche es 
möglich macht, daß die Spermatophoren wie durch einen seitlichen 
Schlitz des Kanals in die NeepHAusche Tasche gleiten können, wo 
sie dann, alle parallel nebeneinander liegend, allmählich weiter 
geschoben werden. Daher die auffallende Zuspitzung des Fundus 
der NEEDHAMschen Tasche in vielen Fällen, die ein Herumwandern der 
Spermatophoren offenbar ausschließt. Sobald die Spermatophore mit 
dem oralen Ende in diesem zugespitzten Fundus angekommen ist, 
kann sie nicht mehr weiterrücken. Sie wird aber durch die nächste 
auf dem gleichen Wege eintretende Spermatophore nach der Seite 
gedrängt und genötigt durch den Schlitz ins Innere der NEEDHAM- 
schen Tasche hinein auszuweichen. 

Ich habe mich bemüht, nach einem Zweck dieser doppelten Umkehr 
zu suchen, und glaubte anfangs ihn darin gefunden zu haben, daß, 
wie es scheint, gewisse Teile der Spermatophore erst im Anschluß 
an die zweite Umkehr gebildet werden können. Indessen werde 


ich am Schlusse dieser Abhandlung den Versuch machen, diese doppelte 


Umkehr genetisch zu erklären und nachzuweisen, daß sie zwar an 
sich nicht notwendig, aber in gewisser Hinsicht die Bedingung für 
die Ausbildung polarisierter Spermatophoren war. 

Es wurde schon erwähnt, daß der Leitungsapparat mehr oder 
weniger das Aussehen eines Pakets hat, indem die Teile sich an- 
einander legen. Durch Aneinanderrücken kann schließlich auch die 
Hodenkapsel mit dem Leitungsweg zu einem einzigen Paket ver- 
bunden werden, das von einer gemeinsamen bindegewebigen Hülle 
umgeben ist. 

Die Spermatophorendrüse steht mit der accessorischen Rangier- 
drüse und dem Blindsack insofern in näherer Beziehung, als alle 
drei Organe noch in einem besonderen Hohlraum eingeschlossen sind, 
den Brock fälschlich als ein abgeschnürtes Divertikel des Cöloms 
ansah, der aber, wie CHux nachgewiesen hat!, eine bei Illex noch 
nach außen offenstehende eetodermale Tasche darstellt. Caux führte 
anstatt des irreführenden Namens »Bauchfelltasche« den Ausdruck 
Genitaltasche ein. Die genannten Organe hängen ventralwärts bruch- 
sackartig in diese Tasche hinein, immer durch eine Art von Mesen- 
terium an ihrer dorsalen Wand befestigt. Es ist klar, daß die 


t CHun, Die morphologische Bedeutung der die Geschlechtswege umgeben- 


den »Bauchfelltasche< bei Cephalopoden. Zool. Anz. Bd. XXVIH. Nr. 19, 20. - 


1905. 


i 
‘ 


Studien über Cephalopoden. 1. | 329 


peristaltischen Bewegungen aller dieser Teile dadurch erleichtert 
werden, daß sie frei in einen Hohlraum hineinragen. 

Eine höchst merkwürdige Erscheinung, auf die bereits BRock 
aufmerksam gemacht hat, ist nun die, daß eine direkte Verbindung 
zwischen dem Leitungsweg und dieser Tasche existiert. Am distalen 
Ende der Spermatophorendrüse geht neben dem Ausführgang dieser 
Drüse ein feiner Kanal ab, der zwischen dem dritten Abschnitt und 
der accessorischen Drüse hindurchgeht und mit einer Erweite- 
rung, die von CHun als »Flimmertrichter« bezeichnet wird, in die 
Genitaltasche mündet. CHux beschreibt den Kanal genauer und 
weist ihn bei einer Anzahl von Oegopsiden nach, während er bisher 
nur bei Sepia bekannt war!. Er ist in seiner ganzen Länge mit 
Flimmerepithel ausgekleidet, das, wie ich in Neapel feststellen 
konnte, in der Richtung aut die Genitaltasche zu schlägt. Ob 
dieser Kanal, den ich stets leer gefunden habe, irgend welche 
funktionelle Bedeutung besitzt, vermag ich nicht zu entscheiden. 
BRocCK vermutet, daß er zur Beseitigung abortiver Spermatozoen 
dienen könnte. Da er den Octopoden vollständig fehlt, so vermute 
ich, daß er seine funktionelle Bedeutung längst verloren hat und 
als rudimentäres Organ betrachtet werden muß. 

Die überraschenden Ergebnisse, zu denen ich durch meine Unter- 
suchung gelangte, warfen auch einiges Licht auf die Bedeutung 
dieses rätselhaften Kanals, wie am Schlusse dieser Arbeit ausgeführt 
werden soll. 


II. Spezieller Teil. 


Der anatomische Bau des Leitungsapparates bei den einzelnen 
Arten. 


Ich wende mich nun zu einer kurzen Besprechung der Anatomie 
des Leitungsapparates bei den einzelnen Arten. Indem ich auf die 
Abbildungen verweise, möchte ich mich in der Beschreibung möglichst 
kurz fassen, und nur die Punkte hervorheben, deren Aufklärung für 
die vergleichend-anatomische Betrachtungsweise von Interesse sind. 

Der herrschenden Anschauung entsprechend, nach der die Oegop- 
siden als die niedrigststehenden Dibranchiaten aufzufassen sind, be- 
sinne ich mit diesen, lasse sodann die Myopsiden und auf diese die 
Octopoden folgen. 


ı CHun, Über einen unbekannt gebliebenen Flimmertrichter bei Cephalo- 
poden. Zool. Anz. Bd. XXVII. Nr. 19, 20. 


29* 


330 | Werner Marchand, 


a. Oegopsiden. 


Die Oegopsiden sind es vor allem, welchen Caux seine Auf- 
merksamkeit zugewandt hatte, und deren Studium ihn veranlaßte, 
diese Verhältnisse genauer untersuchen zu lassen. CHux publizierte 
bereits eine kurze Beschreibung der Leitungsapparate von Pierygio- 
teuthrs und Abrahopsis!. 

Ich habe dieser Beschreibung nur wenig hinzuzufügen, möchte 
sie indessen der Vollständigkeit halber kurz wiederholen. Wir haben 
bei beiden, sich offenbar sehr nahestehenden Gattungen ein ziemlich 
kurzes, in deutlichen Schlangenlinien gebogenes Vas deferens, das an 
dem ersten Abschnitt der Spermatophorendrüse erst entlang läuft, ehe es 
in sie einmündet. Die Spermatophorendrüse ist sehr ansehnlich ent- 
‚wickelt, die drei Abschnitte sehr scharf gesondert, der erste namentlich 
bei Pierygioteuthis sehr groß, 
auch bei Abraliopsis noch eben 
ZI so groß wie der zweite. Beide 
sind durch Faltenbildung diffe- 
renziert. Der dritte Abschnitt 
ist glatt und distalwärts ver- 
jüngt. Er umkreist die beiden 
andern und mündet dann, in- 
dem er sich plötzlich verschmä- 
lert, in das distale Vas deferens 
oder besser gesagt in die ac- 
|L....def.dist. cessorische Drüse. Diese ist 


gl.acc. 


„duet.sp. 


gspll2S > nden can.eil. 


länglich-schlauchförmig, an der 
Fig. 4. Innenwand mit Längsfalten aus- 

Blindsack von Abraliopsis. gestattet. Der Blindsack des 

distalen Vas deferens erwies 

sich auch bei diesen beiden Arten bei genauerer Untersuchung als 
aus zwei durch ein Septum getrennten Räumen bestehend, die 
in seiner Spitze kommunizieren (vgl. Fig. 4). In dem von Pferygio- 
teuthrs befand sich eine Spermatophore, welche, den oralen Teil 
voran gerichtet, die Schleife passierte. Es konnte somit kein Zweifel 
sein, daß auch bei diesen Arten sich die Wanderung der Spermato- 
phoren in der von mir für die übrigen Formen festgestellten Weise 
vollzieht. Auch die Einmündungsweise des distalen Vas deferens 


1:Ct..9029. 


Studien über Cephalopoden. 1. | al 


ist die für die übrigen Arten geltende: Die Spermatophoren gelangen 
mit dem oralen Pol voran durch das Vas deferens von oben her zu- 
nächst in den spitz ausgezogenen Fundus der NezpHAuschen Tasche, 
wo sie alsdann genügend Spielraum finden, um seitlich auszuweichen 
und allmählich, wenn ihrer mehr geworden sind, nun mit dem 
aboralen Pol nach vorn, nach der Mündung zu aufwärts geschoben 
zu werden. 

Auf Schnitten! zeigte es sich, daß der absteigende Ast des 
Blindsackes nach hinten ein leicht geschlängeltes Divertikel von nicht 


div.coec. d.gl.acc. div.coec. d.gl.ace. 


N SZENEN { i ns REN Pa 
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SLIZAISSSAII SER, 
II \ N wi na \ 4 
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v.d.dist v.d.dist. 


sp. (umbiegend) 
Fig. 5. 
Schnittreihe durch den Blindsack von Pierygioteuthis. 


- bedeutender Länge entsendet, vermutlich ein rudimentäres Gebilde, 
auf das ich im Schlußkapitel noch zurückkommen werde. 

Um hier mit einigen Worten auf den vor kurzem von ÜHUN 
beschriebenen? Leitungsapparat von Calliteutins einzugehen, so ist 
er abgesehen von seiner paarigen Ausbildung durch den Bau der 
Spermatophorendrüse interessant. Der gewaltige erste Abschnitt über- 
trifft an Masse die beiden andern beträchtlich. Der zweite Abschnitt 
ist verhältnismäßig klein und läßt den sehr schön $-förmig ge- 
krümmten Leitungsweg durchschimmern. Der dritte Abschnitt ist 
auf beiden Seiten ziemlich verschieden und unregelmäßig ausgebildet. 
Überhaupt wird die auffällige Asymmetrie beider Seiten von CHun 
hervorgehoben. Der Ausführgang der Spermatophorendrüse zieht 
merkwürdigerweise gerade nach vorn, also in entgegengesetzter 
Richtung wie bei den übrigen Dibranchiaten. Es scheint, daß sich 
dieses Verhalten darauf zurückführen läßt, daß die accessorische 


1 Von Pierygioteuthis, die mir Prof. CHun zur Verfügung stellte. 
® Chun, Über die Geschlechtsverhältnisse der Cephalopoden. Zool. Anz. 
#306. Nr. 25. 


332 Werner Marchand, 


Drüse infolge des durch die doppelte Ausbildung des Leitungsweges 
bedingten Platzmangels nach vorn verlagert worden ist, worauf auch 
der Verlauf der sonst sehr regelmäßigen Längsfalten der Drüse hin- 
deutet. Durch diese Verschiebungen erklärt sich auch, daß der 
Flimmergang, sonst zwischen der accessorischen und der Spermato- 
phorendrüse eingeklemmt, bei Calliteuthis auf beiden Seiten völlig 
frei liegt. Der Blindsack des distalen Vas deferens ist bei dieser 
Form im Vergleich mit andern Oegopsiden nur klein. 

Der Leitungsapparat von Histioteuthis scheint sich nach CHun 
nicht wesentlich von dem von Calliteuthıs zu unterscheiden, doch 
ist mir nicht bekannt, welche Lagebeziehungen sich bei der erst- 
senannten Art vorfinden. 


Illex coindettv:. 


Etwas genauer untersuchen konnte ich Illex coindetii, von dem 
mir mehrere Exemplare verschiedenen Alters zur Verfügung standen. 
Wie CHun in der zitierten Arbeit mitteilt, besitzt Z/l!ex dadurch 
besonderes Interesse, daß hier der Hohlraum, der bei allen Dibran- 
chiaten als sogenannte Genitaltasche den Knäuel der ausführenden 
Wege umgibt und der bisher für ein abgeschnürtes Divertikel der 
Leibeshöhle gehalten wurde, in Gestalt einer geräumigen Tasche mit 
der Mantelhöhle kommuniziert. Er ist demnach als eine Einstülpung 
des Mantelhohlraums aufzufassen, in die sich dann der Leitungsweg 
bruchsackartig hineingedrängt hat, so daß er nur noch durch eine 
Art von Mesenterien mit der Wand zusammenhängt. Diese Tatsache 
war insofern überraschend, als sich daraus ergab, daß der vorher- 
genannte flimmernde Gang eine Verbindung des Leitungsweges mit 
einem Teile der Mantelhöhle, also der Außenwelt darstellt. 

Beim jugendlichen Tier (Mantellänge 7 cm) liegt das ganze 
Paket noch hinter den Kiemengefäßen. Aus der geräumigen Tasche 
ragt nur die Spitze des verhältnismäßig sehr großen und langen 
Blindsackes heraus, bei etwas älteren Exemplaren auch die Mündung 
der NEEDHAMschen Tasche, die aber nur einen einfachen, innen mit 
einem eingerollten Wulst ausgestatteten Schlauch darstellt (Fig. 6). 
Die NeepHAusche Tasche liegt genau dorsal, durch das an ihr ent- 
lang ziehende distale Vas deferens und das dazwischengeschobene 
proximale Vas deferens von der accessorischen Drüse getrennt, welche 
ihr parallel in der Richtung der Längsachse des Tieres verläuft. Die 
accessorische Drüse liegt an der rechten Seite des Pakets, ziemlich 
tief, so daß sie in der Aufsicht verborgen bleibt. Sie ist am blinden 


Studien über Cephalopoden. I. 333 


Ende etwas verschmälert und mit regelmäßigen, parallelen Längs- 
falten ausgestattet. Ihr kurzer, aber deutlich abgesetzter Ausführ- 
gang, der von einem Wulst umgeben ist, kann ziemlich weit ins 
Lumen der Drüse verfolgt werden. Dieser Ausführgang ist im 
Gegensatz zur- eigentlichen Drüsenwandung faltenlos. Der Blindsack, 
über halb so lang wie die accessorische Drüse, ist deutlich zweiteilig. 
Der absteigende Ast entsendet auch hier einen kleinen Blindsack 
nach hinten, so daß ein Querschnitt des Vas deferens-Blindsackes in 
gewisser Höhe drei Lumina aufweist. Die Einmündungsweise der 
Spermatophorendrüse und der acces- 
sorischen Drüse ist an aufgehellten 
Präparaten schwer zu sehen. Aus 
Schnittserien konnte ich nur er- 
sehen, daß accessorische Drüse und 
Ausführgang der Spermatophorendrüse 
sich zu einem gemeinsamen Gang ver- 
einigen und so den aufsteigenden 
Schenkel des Blindsackes bilden. 

Die drei Abschnitte der Spermato- 
phorendrüse sind schon bei jungen 
Tieren sehr scharf gesondert. Das 
nur leicht geschlängelte proximale 
Vas deferens läuft an dem ersten Ab- 
schnitt, der am weitesten nach vorn 
liegt, entlang, biegt dann scharf um und mündet von vorn her in 
eine Art seitlicher Tasche desselben ein, die sich bald mit dem 
Lumen vereinigt. Das Lumen des ersten Abschnitts ist durch einen 
sroßen Wulst, der ihn fast ganz ausfüllt, sehr verengert. Sowohl 
dieser Wulst, wie auch die gegenüberliegenden Wände sind durch 
reiche Faltenbildung ausgezeichnet. Die Falten verlaufen im wesent- 
lichen in der Richtung der Längsachse des Tieres. 

Beim Übergang aus dem ersten in den zweiten Abschnitt ver- 
engert sich das Lumen zu einem engen Kanal, der die verdickten 
Wände des zweiten Abschnitts durchbohrt und in dessen Lumen 
hineinführt (Fig. 7). Gleichzeitig erhebt sich die Wand des zweiten 
Abschnitts längs diesem Kanal zu einem gewaltigen, wie die übrigen 
Wände mit Falten reich ausgestatteten Wulst, so daß der Kanal, selbst 
durchaus glatt, durch eine Art von Dach von dem eigentlichen 
Drüsenlumen getrennt ist und nur durch eine enge Spalte mit ihm 
kommuniziert. Dieser im Querschnitt keulen- bis pilzförmige Wulst 


Situs des jugendlichen Leitungsapparates 
von Illex coindetü. 


394 Werner Marchand, 


setzt sich bis durch den dritten Abschnitt fort, der dadurch charak- 
terisiert ist, daß die Falten der Wände und des Wulstes vollständig 
verschwinden. Der dritte Abschnitt ist in seinem Anfangsteil, der 
am hinteren Ende des ganzen Pakets liegt, stark erweitert; er wird 
dann, die andern beiden Abschnitte von rechts her umkreisend, zu 
einem cylindrischen Schlauch, in dem gleichzeitig der mächtige Wulst 
an Dicke abnimmt. Er überragt nach vorn die beiden andern Ab- 
schnitte noch um ein Beträchtliches. 

Beim geschlechtsreifen Tier bleibt die Genitaltasche offen (Fig. 8). 
Aus ihr ragen die NEezpHAusche Tasche (bis 31/; em), weniger weit 


b.Needh. v.d.dist. v.d.prox. e.cH. - gl.ace. 


\ (AS ; 
f } \ A = S \ er 
% [ er Ne) “f\ GG E If 
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gl sp T can.sp. 
gl.sp.II 
ie. 


Schnitt durch den jugendlichen Leitungsapparat von Illex coindetiüt. 


der Blindsack und endlich das abgestumpfte Ende des dritten Ab- 
'schnitts der Spermatophorendrüse hervor. Die einzelnen Teile des 
Leitungsapparates haben gewisse Weiterdifferenzierungen erfahren. 
Das proximale Vas deferens beginnt mit einem langgezogenen, 
schmalen Schlitz, erweitert sich dann schwach, um sich bald wieder 
zu verengen, verläuft anfangs gerade und wickelt sich dann zopf- 
artig auf. Es mündet schließlich in die linke, weniger weit vor- 
springende Ecke des ersten Abschnitts ein (Fig. 9). Die Dreiteilung 
der Spermatophorendrüse ist sehr deutlich. Die Lagerung der drei 
Abschnitte ist derart konstant, daß sie einen festen Komplex bilden, 
dessen Teile sich nur schwer unverletzt auseinanderlegen lassen. 
Die untere Begrenzung dieses Pakets bildet der bauchig erweiterte 
und nach hinten leicht zugespitzte Anfangsteil des dritten Abschnitts. 
Dieser steigt sodann nach vorn, umkreist, ihm eng anliegend, den 
zweiten Abschnitt und schlägt an der Stelle, wo er sich der oberen 


Studien über Cephalopoden. 1. 335 


Kante des ersten Abschnitts nähert, die Richtung nach der Taschen- 
mündung ein. An der am weitesten aus der Tasche hervorragenden 
Stelle, wo auch der Flimmergang entspringt, geht direkt nach hinten 


umbiegend der sehr viel dünnere Ausführgang ab, der an der Basis 


Ir 
Be 


Ray: 
Br N 
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nephr..__ EZ) EM): ' 


BECK 
’ 


Fig. 8. 


Situs des geschlechtsreifen Leitungsapparates von Illex coindetiüi. 


des Blindsackes die Kommunikation mit der accessorischen Drüse 
herstellt, ohne daß es eigentlich den Anschein hat, als ob er in 
diese einmünde. Der Blindsack ist ungemein lang, und ragt noch 
ein Stück aus der Genitaltasche in die Mantelhöhle vor. Die 
accessorische Drüse hängt der Außenseite des dritten Abschnitts 
parallel laufend, als dünnhäutiger, innen mit Längsfalten besetzter, 
eylindrischer Sack bis gegen die hintere Grenze des Knäuels herab, 


396 Werner Marchand, 


dort mit einer leichten Zuspitzung blind endigend. Sie liegt so weit 
rechts, daß sie von oben nicht sichtbar ist. Bei mehreren Exemplaren 
- enthielt sie eine Spermatophore, mit dem aboralen Pol dem blinden 
Ende zu gerichtet. In der Regel rückt auch die Kante des dritten 
Abschnitts nach rechts in die Tiefe, so daß auch sie von dem weit 
herüber greifenden Hoden ver- 

or. deckt wird. Ungefähr dorsal, meist 

Y etwas nach links verschoben, liegt 

| die NEEpHAusche Tasche (Fig. 8). 
Sie ist reichlich zweieinhalbmal 
so lang wie das ganze Paket und 
erreicht die Länge von 9 em. Sie 
ist immer sehr stark mit Sper- 
matophoren angefüllt, die sehr 
KA) regelmäßig angeordnet liegen, be- 
ihr gl.ace. schreibt bis vier Spiralwindungen, 
M I und ist nach vorn zu leicht ver- 
HL] v.d.dist, schmälert, ohne jedoch einen eigent- 
ZN; lichen Hals zu bilden. Das hin- 
AR: terste Ende ist zugespitzt. Das 

nn n b.Needh. distale Vas deferens läuft an der 


gl.sp. LIT ..... | \ 
d.sp LAN 


1 17 


gl.sp.I- t ig 


Nr 
‘ 


(N NEEDHAMSchen Tasche entlang und 
N Ä mündet in die unterste Spiralwin- 
—uss dung (ungefähr im untersten Vier- 


Fig. 9. tel). Die Spermatophoren gelangen 

LEEREN eines ao. QHleczereifen Illex mit dem oralen Pol in das zu- 
coindetii, aus der Tasche herausgelöst. Etwas R i : 

auseinandergelegt. Dorsalansicht. gespitzte blinde Ende und weichen 


nach links aus, immer von den 
nachfolgenden zur Seite gedrängt. Sie wandern so allmählich die 
Spiralwindungen empor und langen endlich, da die Höhe der Win- 
dungen der Länge der Spermatophoren entspricht, alle parallel und 
in bester Ordnung am vorderen Ende der NeEpDHAuschen Tasche an. 
Alle Teile, namentlich aber die aus der Tasche hervorragenden 
Partien, zeigen im Leben ziemlich lebhafte Bewegungen. 
Charakteristisch für die Oegopsiden sind demnach außer der 
festen Vereinigung und sehr deutlichen Abgrenzung der drei Ab- 
schnitte namentlich die bedeutende Entwicklung des ersten Abschnittes, 
ferner die ungewöhnliche Länge des Blindsackes und die im all- 
gemeinen dorsale Lage der NerpHAmschen Tasche, ferner die meist 
oberflächliche Lagerung des ganzen Pakets. 


Studien über Cephalopoden. 1. 3a 


b. Myopsiden. 


An Myopsiden stand mir ein sehr viel reicheres Material zu 
Gebote. Untersucht wurden: Loligo vulgaris und marmorae, Sepia 
offieinalis und elegans, Rossia macrosoma,' Sepiola rondeletti und 
jJaponica, und. Heteroteuthis dispar. 


Loligo vulgaris. 

Der bemerkenswerteste Untersehied von den Oegopsiden liegt 
darin, daß bei Zoligo die Tasche, die noch bei Illex breit mit der 
Mantelhöhle kommunizierte, geschlos- 
sen ist und eine ovale Kapsel bil- v 
det, in welcher die Spermatophoren- e 
drüse, die accessorische Drüse und E 
der Blindsack liegen. Letzterer, der £ 
bei /llex weit aus der Tasche her- ee; 
vorragte, ist offenbar wegen Raum- N 
mangel zurückgeschlagen. Die ac- 
cessorische Drüse liegt auf der rechten 
Seite der NEEDHanschen Tasche an, 
die Spermatophorendrüse zeigt deut- 


liche Abgrenzung der Abschnitte; der | gi.ace. #4 —, I Ir 
- erste Abschnitt ist nicht mehr so I BEN gel 
umfangreich wie bei den Oegopsiden. | \ (en gl.sp:IT 
Die Lagerung ähnelt der bei Illex. | sn gep.lil 
Der Hoden liegt, im Zusammenhang ERATEROS: 
mit der bedeutenden Streckung des 
ganzen Körpers, im Fundus des Ein- ji? 
 geweidesackes und ziemlich weit |  2.d.dist. 


von dem besprochenen Paket ent- „Needh. BR: 
_ fernt. Das Vas deferens ist in seinem \ 
Anfangsteil völlig gerade und knäuelt 
sich erst da auf, wo es sich dem 
Paket nähert, anfangs deutlich ziek- 
zackartig, dann immer dichter. Es 
führt an die Unterseite des Knäuels, | 
wo es in ähnlicher Weise wie bei Fig. 10. 


n ; f Geschlechtsreifer Leitungsapparat von Zoligo 
Illex in den ersten Abschnitt ein- ee ; 


mündet. Die NEEDHAMsche Tasche 
liegt dorsal und ist außerordentlich in die Länge gezogen. Schon 


338 Werner Marchand, 


beim jungen Tier ist sie etwa viermal so lang wie das Paket. Sie 
ist noch einfach schlauchförmig und ragt etwas in die Mantelhöhle 
vor. Beim erwachsenen Tiere liegt sie mehr rechts, ist fast sechs- 
mal so lang wie das Paket und ragt, vorn etwas verengert, doch 
ohne einen eigentlichen Hals zu besitzen, etwa 4—5 cm in die 
Mantelhöhle vor, an der Basis der 
linken Kieme austretend (Fig. 11). Nach 
hinten verlängert sie sich zu einer 
ziemlich scharfen Spitze, die die Lei- 
beshöhlenwand vor sich hertreibt, und 
sich so ziemlich weit in den Vis- 
ceropericardialraum hineinschiebt. Die 
NEEDHAMsche Tasche ist in ihrer gan- 
zen Länge ziemlich unregelmäßig mit 
Spermatophoren erfüllt, sie wird je- 
doch durch das ihr anliegende Paket 
ungefähr in der Mitte stark einge- 
drückt, so daß sich die Hauptmasse 
der Spermatophoren in der unteren, 
etwas bauchig aufgetriebenen Hälfte 
Fig. 11. ansammelt. Das distale Vas deferens 


ZT 


ZU 


/; 


m 


Situs der NErpHuamschen Tasche bei M 3 a = 
Holigolnulgunie zieht weit an ihr entlang und mündet 


erst im untersten Sechstel in der bei 
Illex beschriebenen Weise ein. Nur die untere Hälfte der NEED- 
HAMschen Tasche zeigt eine deutliche Spiralbildung und etwas 
regelmäßigere Lagerung der Spermatophoren. 

Von Loligo marmorae habe ich in diesem Jahre in Neapel eine 
größere Anzahl von Exemplaren erhalten, doch konnte die Unter- 
suchung wegen Zeitmangel noch nicht durchgeführt werden. Der 
Leitungsapparat scheint äußerlich dem von L. vulgaris ähnlich zu 
sein, ist aber etwas gedrungener. Vor allem ist die NEEDHANsche 
Tasche bei L. marmorae relativ kürzer als bei L. vulgaris. 


Sepia officinalis (Fig. 12a). 

Dem gedrungeneren Bau des ganzen Tieres entsprechend finden 
wir bei Sepia die Leitungswege weniger in die Länge gezogen als 
bei Zoligo. Alle Teile sind näher aneinandergerückt. Das ganze 
Paket der Leitungswege liegt dem Hoden so nahe, daß das proximale 
Vas deferens sich sogleich an seinem Ursprung, wo es mit einer 
schlitzartigen Öffnung beginnt, aufknäuelt (Fig. 12b). Es ist außer- 


Studien über Cephalopoden. I. 339 


ordentlich lang und verläuft an der Unterseite des Pakets in mannig- 
fachen Windungen bis fast an dessen oberen Rand, wo es in die 
Spermatophorendrüse einmündet. Der erste Abschnitt der letzteren 
ist deutlich zweiteilig. Das Vas deferens mündet von oben her 
scharf umknickend in den einen Schenkel ein, während der andre 
die Verbindung mit dem zweiten Abschnitt vermittelt. Offenbar 


gl.ace...._. ff 
gl.sp I.M._£- 


Erlsp. IH. | R 2 n 


v.d.prox. _N\E 


a b 


Fig. 12. 
Geschlechtsreifer Leitungsapparat von Loligo officinalis. a, Ventralansicht. b, Dorsalansicht. (Die 
accessorische Drüse ist zur Seite geschlagen, um den Flimmergang zu zeigen.) 


entspricht der erste Schenkel dem seitlichen Divertikel, in dem das 
proximale Vas deferens bei /lex einmündet. Der zweite Abschnitt 
zeigt den mit Falten bedeckten Wulst; doch sind die Falten weniger 
dicht als bei den Oegopsiden, dafür aber um so massiger. Der dritte 
ist etwa dreimal so lang wie der sehr kurze zweite Abschnitt, unten 
etwas, aber wenig erweitert, mit glatten Wänden und glattem Wulst 
und stark verdiekten Drüsenpolstern an den Wänden ausgestattet. 
Die accessorische Drüse ist sackförmig, hat im Inneren Längsfalten, 
die wieder durch Querfalten verbunden sind, und liegt an der rechten 


340 Werner Marchand, 


Seite den übrigen Organen an. Zwischen ihr und dem dritten Ab- 
schnitt verläuft der hier verhältnismäßig dicke, ebenfalls unregel- 
mäßige Längsfalten aufweisende Flimmergang. Der Blindsack ist 
ziemlich kurz und breit, er liegt der Nzepuanmschen Tasche an und 
ist durch die Wand der ebenfalls eng anschließenden Genitaltasche 
an sie geheftet. Die NeEpHAusche Tasche ist viel kürzer und ge- 
drungener als bei Loligo, sie ist beim geschlechtsreifen Tier von 
Sepia offieinalis etwa doppelt so lang wie das eigentliche Paket und 
ragt mit ihrem obersten Viertel nach außen vor. Der Hals ist nicht 
deutlich abgesetzt, die Mündung fand ich stets offen, undeutlich 
zweilippig. Die Tasche zeigt im Inneren einen stark ausgebildeten 
Wulst, der der sehr deutlich spiraligen Drehung als Achse dient. 
Das distale Vas deferens läuft, der zweiten Windung folgend, an 
ihr entlang und mündet in die hinterste Windung von vorn her ein. 
Der hinterste Teil des distalen Vas deferens kommuniziert in Gestalt 
eines seitlichen Spaltes in der ganzen Höhe der ersten Windung mit 
dieser, die Spermatophoren seitlich hineinschiebend. In ähnlicher 
Weise wie bei Illex wandern die Spermatophoren nun wie auf einer 
Wendeltreppe in die vorderen Regionen der NEEDHAuschen Tasche. 
Es scheint, daß sie durch ein klebriges Secret zusammengehalten 
werden; jedenfalls lassen sie sich in ganzen Klumpen, alle in paralleler 
Lage zusammenhängend, herausnehmen. 

Sowohl die Wandungen der Genitaltasche, wie auch die einzelnen 
Teile des Leitungsapparates, zeigten im Leben Kontraktionen. 


Sepia elegans.- 

Bei Sepea elegans ist der Eingeweidesack mit einer weißen, atlas- 
glänzenden undurchsichtigen Haut überzogen, so daß man in der 
Aufsicht nichts von dem Leitungsapparat wahrnimmt außer dem in 
die Mantelhöhle vorragenden Teil der NeenHAmschen Tasche. Ent- 
fernt man den Überzug des Eingeweidesackes, so sieht man das 
Paket der Leitungswege unterhalb der linken Kieme liegen. Die 
NEEDHAMsche Tasche liegt links und ist im Verhältnis länger als 
bei Sepia offieinalis, etwa doppelt so lang wie das Paket. Sie ist ein- 
fach flaschenförmig, hinten leicht zugespitzt mit nur geringer Drehung. 
Sie zeigt jedoch den weit ins Innere vorspringenden Wulst und zahl- 
reiche Längsfalten, an die sich die Spermatophoren anlegen!. Infolge- 

1 Ich brauche wohl nicht erst zu betonen, daß es durchaus irrig wäre, mit 
BROCK anzunehmen, es handle sich hier um Eindrücke, die die Spermatophoren 


an der Wand hinterlassen. Diese Falten werden schon angelegt, ehe Spermato- 
phoren gebildet werden. 


Studien über Cephalopoden. 1. 341 


dessen ist auch die Lagerung der Spermatophoren keine sehr regel- 
mäßige. Das vielfach aufgewickelte proximale Vas deferens liegt 
an der Unterseite des Pakets. Es führt, wie sich auf Schnitten 
verfolgen läßt, zunächst bis an die obere Kante des ersten Absehnitts 
der Spermatophorendrüse. Hier biegt es scharf um und verläuft 
nun in entgegengesetzter Richtung, indem es sich gleichzeitig ver- 
engert und schließlich als ganz enger Kanal ins Innere des ersten 
Abschnitts einbezogen wird. Hier mündet es in einen größeren, 
durch reichliche Oberflächenvergrößerung ausgezeichneten Raum, den 
Fundus des ersten Abschnitts (Fig. 13). Der erste Abschnitt ist auch 
bei Sepia elegans deutlich zweiteilig, ja es läßt sich sogar eine histo- 
logische Verschiedenheit der beiden Hälften nachweisen, auf die hier 


Fig. 13. Fig. 14. 


Schnitt durch den I. Abschnitt der Spermato- Schnitt durch den III. Abschnitt der Spermato- 
phorendrüse von Sepia elegans. phorendrüse von Sepia elegans. 


nicht näher eingegangen werden soll. Der zweite Schenkel führt 
wieder nach vorn. Sein Lumen verengert sich wie bei /lex zu 
einem engen, nicht drüsigen Kanal, der direkt unter den großen 
Wulst des zweiten Abschnitts führt und daher längs des ganzen 
zweiten Abschnitts nur durch eine tiefe schmale Spalte mit dem 
eigentlichen Drüsenlumen zusammenhängt. Trotz der reichen Ober- 
flächenvergrößerung und der Dicke der Drüsenpolster können diese 

Absehnitte der Spermatophorendrüse nicht als eigentliche Anhangs- 
_ drüsen aufgefaßt werden; sie werden in ihrer ganzen Länge von dem 
Leitungswege selbst durchzogen und müssen als Differenzierungen 
von dessen Wand betrachtet werden. Der dritte Abschnitt, bei dem 
dies ja viel deutlicher ist, zeigt auch bei Sepea elegans den schnecken- 
förmig eingerollien Wulst und die enorme Epithelverdickung, die 
hier an Stelle der Faltenbildung tritt. Das Bindegewebe, das das 
Vas deferens umgibt, dringt hier ins Innere des Wulstes ein und 
bildet schließlich dessen eigentliches Centrum (Fig. 14). Auf die 


42 Werner Marchand, 


komplizierte Histologie dieser Teile soll in einer andern Arbeit ein- 
gegangen werden. Genau an der dem Wulst gegenüberliegenden 
Seite des dritten Abschnitts zieht sich der Flimmergang hin, der 
dann etwas oberhalb von dem bauchigen Anfangsteil des dritten 
Abschnitts, mit einer nur wenig erweiterten, schlitzförmigen Öffnung 
in die Genitaltasche mündet. Die accessorische Drüse gleicht der 
von Sepia officinalis, der Blindsack ist rundlich und abgeflacht. Der 
absteigende Ast entsendet auch hier ein, wenn auch schwaches 
Divertikel nach hinten. 


Rossia Macrosoma. 


Von Rossia macrosoma stand mir ein geschlechtsreifes Exemplar 
zur Verfügung. Hier fällt vor allem auf, daß die Lagerung der 
einzelnen Teile, die bei den bisher betrachteten Formen sehr konstant 
war, bedeutend modifiziert erscheint. Die Ursache für diese Ver- 
änderung liegt in der Ausbildung der NeEpHAuschen Tasche. Diese 
zeigt eine sehr energische Spiraldrehung (Fig. 15). Das Charakte- 


v.def.prox. -- VA GE 
gl.sp.II-- 


Nee 


Fig. 15. 


Leitungsapparat von Rossiaq macrosoma. a, Dorsal-, db, Ventralansicht. 


ristische ist aber vor allem, daß die Spirale hier gelockert ist, so daß 
die übrigen Organe sich zwischen ihre Windungen hineinschieben 
konnten, richtiger gesagt, daß sich ihre Windungen zwischen den 
andern Organen durchgeschoben haben, diese mehr oder weniger 
aus ihrer ursprünglichen Lage bringend. Die NEEDHAusche Tasche 
liegt also auf der linken Seite und verläuft zunächst leicht gekrümmt 
bis an den unteren Rand des Pakets und knickt dann nach vorn 
und oben um (Fig. 155). Sie beschreibt nun einen Kreisbogen, der 


Studien über Cephalopoden. 1. 343 


zwischen dem zweiten und dritten Abschnitt der Spermatophoren- 
drüse die Oberfläche des Pakets berührt (vgl. das Verhalten bei 
Octopus). Hier endigt sie aber nicht, sondern zieht weiter, nun in 
die Tiefe rückend, unter dem dritten Abschnitt und dem Ausführgang 
der accessorischen Drüse hindurch, an die entgegengesetzte Seite des 
Pakets und von dort bis an die Basis, am Ende scharf zugespitzt 
und wieder leicht in die Höhe gebogen. An der höchsten, d.h. am 
weitesten nach vorn gelegenen Stelle dieses Bogens, gerade da, wo 
sie zuerst auf die untere Seite des Pakets durchtritt, empfängt die 
NEEDHAMsche Tasche das distale Vas deferens, dessen Mündungs- 
weise der bisher beschriebenen durchaus gleicht. Es entspringt dem 
Blindsack, der dem dritten Abschnitt der Spermatophorendrüse parallel, 
wie dieser in entgegengesetzter Richtung wie die NEEDHAusche Tasche 
verlaufend, seine abgerundete Spitze nach hinten richtet. Die acces- 
sorische Drüse ist sackförmig und mit Längsfalten ausgestattet. Sie 
besitzt im Gegensatz zu den bisher besprochenen Arten einen langen 
Ausführgang. Das Paket des ziemlich langen proximalen Vas deferens 
liegt zwischen accessorischer Drüse und NEEDHAuscher Tasche der 
Hodenkapsel an. Auch die Spermatophorendrüse ist in ihrer Lagerung 
verschoben, so daß der erste Abschnitt, sonst verdeckt, von der 
NEEDHAMSschen Tasche zur Seite gedrängt wird und oberflächlich zu 
liegen kommt, während der zweite Abschnitt in die Tiefe gedrängt 
ist und zum Teil direkt der Hodenkapsel anliegt. Wie weit diese 
Lagerungsverhältnisse allgemeine Gültigkeit haben, kann ich nach 
dem einzigen Exemplar, das ich untersuchen konnte, nicht entscheiden. 
Eine gewisse Annäherung an den Octopodentypus ist nicht zu leugnen. 
Meines Wissens ist der Leitungsapparat dieser Form bisher noch 
nicht beschrieben worden. 


Sepiola rondeletit. 


Der Leitungsapparat von Sepiola rondeletii ist wiederholt der 
Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchung gewesen. Doch haben 
weder die Arbeiten von PETERS!, LEUCKART? und DUVERNoY3, noch 
die von Brock* vollständige Klarheit in diese etwas verwickelten 
Verhältnisse gebracht. 


1 PETERS, Zur Anatomie der Seprola. MÜLLERS Archiv 1842. 

2 LEUCKART, Über die männlichen Geschlechtstheile der Sepiola vulgaris. 
Diese Zeitschr. 1847. 

3 DUVERXOY, eit. 8. 313. 

4 BROcK, eit. S. 313. 


Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVLI. Bd. 23 


344 Werner Marchand, 


Die Form weicht in vieler Beziehung von den übrigen Decapoden 
ab und hängt nach meinem Dafürhalten mit Lolgo und Sepia nicht 
enger zusammen als jene mit den Oegopsiden. Es scheint vielmehr, 
daß die Sepiolini, zu denen auch Rossia noch zu ziehen wäre, eine 
scharf charakterisierte Gruppe für sich bildeten, die vielleicht als 
ein Seitenzweig am Dibranchiatenstammbaum gelten könnte. 

Das proximale Vas deferens von Sepvola zeigt eine auffällige 
Reduktion. Es ist ganz kurz, nur so lang wie der erste Abschnitt, 
und verläuft nicht aufgeknäuelt wie bei Rossıa und den übrigen 
Formen, sondern ganz gerade. An seiner Ursprungsstelle ist es 
ziemlich weit und im Inneren mit zahlreichen, noch sekundär ver- 
zweigten Längsfalten versehen, die so dicht stehen, daß sie das 
Lumen fast vollständig ausfüllen (Fig. 16a). Weiter oben werden 
die Falten spärlicher, um nahe der Einmündung gänzlich zu ver- 
schwinden (Fig. 16), der bisher ovale Querschnitt wird kreisrund; 
der Kanal schmiegt sich eng an die drüsige Wand der Spermatophoren- 


Fig. 16. Fig. 17. 
Schnitte durch das proximale Vas deferens Einbettung des proximalen Vas deferens in die 
von Sepiola rondeleti. a, proximalster Teil, Spermatophorendrüse bei Sepiola rondeletüi. 
b, näher der Einmündung in den I. Abschnitt sp, Sperma. 


der Spermatophorendrüse. 


drüse an, um dann, an dem oberen Rande angekommen, plötzlich 
umzuknicken und ähnlich wie bei Sep:a geschildert wurde, in die 
Tiefe des ersten Abschnitts hineinzuführen (Fig. 17). Dieser bildet 
eine mit regellosen Falten und Buchten ausgestattete Tasche, welche 
eigentümlich flach gedrückt den gewaltigen Drüsenmassen des zweiten 
Abschnitts anliegt, und sich in Gestalt einer flachen Spalte bis an den 
oberen und unteren Rand fortsetzt. Aus dieser entspringt ein zweiter, 
zunächst wieder aufwärts ziehender, anfangs geschlossener Kanal, 
der aber bald die Mündungen weiterer Drüsenkomplexe aufnimmt 


Studien über Cephalopoden. 1. 45 


(Fig. 18), und nun oberflächlich sichtbar, zwischen zwei Drüsen- 
paketen hindurch, in den zweiten Abschnitt überleitet. An dieser 
Stelle nimmt er zunächst die Einmündung jenes mächtigen Drüsen- 
komplexes auf, an dem das proximale Vas deferens entlang gegangen 
war. Es scheint, daß bei Sepiola der erste und zweite Abschnitt 
der Spermatophorendrüse so weitgehende histologische Differen- 
zierungen aufweisen, daß sich eine mehr oder weniger scharfe 


Gun 
b. Needh.__\“" 

Inn @DD: 
N Hr d.glsp. 
ihyp b.Needh. 
(Fundus) 

Fig. 18. 
Einbettung des Vas deferens in die Drüsenkom- Leitungsapparat von Sepiola rondeletii. 


plexe der Spermatophorendrüse. 


- Sonderung von Unterabschnitten durchführen läßt. Doch sollen diese 


verwickelten Verhältnisse im Zusammenhang mit der Histologie dar- 
gestellt werden. Die Lage des Leitungsweges im zweiten Abschnitt 
ist in der Regel dadurch deutlich erkennbar, daß wir hier fast stets 
eine halbfertige Spermatophore durchschimmern sehen, die beim 
lebenden Tier in beständiger Drehung begriffen ist. Nachdem der 
Kanal auch die Mündung des rechts liegenden eigentlichen zweiten 
Abschnitts aufgenommen hat, geht er in die Tiefe, und zwar direkt 
unter dem Wulst des dritten Abschnitts. Der letztere ist wie 
gewöhnlich in seinem Anfangsteil am dieksten, vom zweiten Ab- 
schnitt durch das vollständige Verschwinden der Falten scharf ge- 
sondert, und zeigt die gewaltige Epithelverdickung, die überall für 
den dritten Abschnitt charakteristisch ist. Er führt im Bogen um 
den zweiten Abschnitt herum, um sodann, entlang dem Ausführgang 
der accessorischen Drüse, quer über den ganzen Leitungsapparat 
hinüber nach dem Blindsack hinzulaufen (Fig. 19). An der Stelle, 
wo er den Ausführgang abgibt, entspringt der sehr dünne Flimmer- 


kanal, der an der der accessorischen Drüse zugekehrten Wand des 


23* 


346 Werner Marchand, 


dritten Abschnitts entlang bis gegen das erste Drittel der Drüse hin- 
zieht und hier in die Genitaltasche mündet. Die accessorische Drüse 
ist oval, mit ziemlich regelmäßigen Längsfalten ausgestattet und besitzt 
einen Ausführgang, der reichlich ebenso lang ist wie die Drüse 
selbst. In der Drüse finden sich häufig umkehrende Spermatophoren 
(Fig. 25 u. 24). Ihr Ausführgang läuft der Endpartie des dritten 
Abschnitts der Spermatophorendrüse parallel, empfängt deren Aus- 
führgang und leitet direkt in den Blindsack über. Dieser ist bei 
Sepiola rondeletiw einfacher als bei den meisten andern Formen und 


A ESCHER 

mnHANSRarn 
ER NEN r N 
EL Yv 1} f / 


Fig. 20. Fig. 21. 

Lagerung der Spermatophoren in der NEEDHAM- Lagerung der Spermatophoren in der NEEDHAM- 

schen Tasche von Sepiola rondeletii. Dorsal- schen Tasche von sSepiola rondeletii. Ventral- 
ansicht. ansicht. 


stellt eine einfache Schleife dar. Seine Spitze ist stets hakenförmig 
zurückgebogen (Fig. 19). 

Der »Spermatophorensack«, wie ich mich hier vorläufig aus- 
drücken will, liegt bei Sepzola links. Er ist merkwürdig kurz, dick 
kegel- oder umgekehrt-birnförmig und verschmälert sich nach oben 
ganz plötzlich zu einem kurzen, schwach-muskulösen Halse (Fig. 20). 
Die Spermatophoren sind überaus regelmäßig angeordnet; die dicht 
nebeneinander liegenden Etuis geben an den durchscheinenden Seiten 
der Tasche den Eindruck einer zierlichen, vom hinteren Ende her 
nach vorn ausstrahlenden Radiärstreifung. (Die Höhe des sogenannten 
Pfropfs ist durch ein dunkles Querband bezeichnet.) Die aboralen 
Enden bilden an der Oberseite eine gleichmäßige Kuppe von bienen- 
wabenartig aneinander liegenden Köpfen (Fig. 21). 

Die bedeutende Länge und der eigentümliche Verlauf des distalen 
Vas deferens fielen schon LEUCKART auf. Es verläßt den Blindsack 
in der Richtung nach rechts, biegt aber bald wieder ziemlich scharf 


Studien über Cephalopoden. 1. 347 


nach links um und zieht nach der Basis des »Spermatophorensackes« 
(Fig. 22). Hier mündet es jedoch noch nicht ein, sondern geht nun 


_.b.Needh. 
app. d.gl.sp. 


ij E . s 
LE d.gl.acc. can.cdll. or.can.cil. 


b. Needh. --— 
(Fundus) 


v.def.prox. 


Fig. 22. 
Halbschematische Darstellung des Lsitungsapparates von Sepiola. b.Needh. (Fundus) = II. Umkehr- 
station. 


Fig. 23. Fig. 24. 
I. Umkehrstation von Sepiola rondeletii. Übertritt I. Umkehrstation von sSepiola rondeletii. Eine 
der Spermatophore aus dem III. Abschnitt in die Spermatophore (durch die Konservierung defor- 


accessorische Drüse; eine andre im Blindsack. miert) in der accessorischen Drüse; eine zweite 
im Begriff den Blindsack zu verlassen. Im III, 
Abschnitt ist eine neue Spermatophore erschienen, 


348 Werner Marchand, 


unter dem Paket der Leitungswege hindurch, um an der Vorderseite 
wieder zum Vorschein zu kommen. Indem es hier sogleich wieder 
umbiegt, bildet es eine Art von flacher Schleife, die der vorderen 
Fiäche des Pakets anliegt und einen Teil davon verdeckt, kehrt 
sodann zum Spermatophorensack zurück und beschreibt an dessen 
Wand, indem es gleichzeitig ganz flach, weit und dünnhäutig wird, 
einen vollständigen Kreisbogen und mündet endlich von unten her ein. 
Als ich die Wanderungen der Spermatophoren verfolgte, fiel mir 
zunächst auf, daß sie hier in ganz andrer Weise als bei den übrigen 
Arten, nämlich mit dem aboralen Pol voran, in den Spermatophoren- 
sack eintreten. Während wir sonst gerade in der Einmündungsweise 
des distalen Vas deferens eine Einrichtung erblicken konnten, die 
Richtung der Spermatophore umzukehren, muß hier diese Umkehr 
bereits vorher vollzogen sein. In der Tat stellte sich heraus, daß 
die Umkehr bei Sepiola an einer bestimmten Stelle des distalen Vas 
deferens, und zwar in der oben erwähnten Schleife, die der Vorder- 
seite des Pakets anliegt, vor sich geht. Ich möchte an der Hand 
der Abbildung (Fig. 25) kurz auf den Bau dieser Schleife eingehen. 
Sie besteht aus einer Umbiegung 
des distalen Vas deferens, mit der 
Eigentümlichkeit, daß sich das 
Lumen des Kanals an der Bie- 
sungsstelle nach außen zu etwas 
erweitert, während gleichzeitig 
das Epithel der Wand an der 
inneren Kurve verdickt erscheint 
und in Gestalt einer kurzen Zunge 
vorspringt. Die Spermatophoren 
durchwandern nun, von dem Blind- 
3 sack kommend, das distale Vas 
Fig. 25. deferens mit dem oralen Pol voran 

a nam ME und. elsugen Ga 
ee mit dem projektilen Schlauch 

in die erweiterte Schlinge hinein. 

Sie sind hier noch ziemlich weich, besitzen aber doch schon eine 
gewisse Elastizität. Die eintretende Spermatophore stößt an der gegen- 
überliegenden Wand an, ist jedoch weich genug, um sich zu biegen, 
und während der dickere Spermaschlauch nachgeschoben wird, 
krümmt sich der projektile Schlauch an der gerundeten Wand der 
Schlinge fast zu einem Kreise zusammen. Dabei verhindert offenbar 


.-- v.d.dist. 


Studien über Cephalopoden. I. 349 


die wulstige Verdickung der inneren Wand ein Weiterrücken des 
oralen Endes in den umgeknickten Kanal. In dem Moment jedoch, 
wo auch der aborale Pol der Spermatophore in den so gebildeten 
Blindsack hineingeschoben wird und seitlich ausweichen kann, rückt 
sie sogleich, nunmehr mit dem aboralen Pol voran, in den absteigen- 
den Kanal. Vermöge der ihr innewohnenden Elastizität streckt sich 
allmählich die gekrümmte orale Hälfte: Die Spermatophore tritt nun 
serade gestreckt in den dünnhäutigen Teil des Vas deferens ein, um 
schließlich, ohne sich weiter krümmen zu müssen, von unten in den 
Spermatophorensack einzutreten. Dieser Umkehrprozeß verläuft 
"außerordentlich langsam; ich konnte beobachten, daß zwischen Ein- 
tritt und Austritt der Spermatophore über 6 Stunden verstreichen, 
während deren ein ununterbrochenes, ganz allmähliches Weiterrücken 
stattfindet. Man findet hier gewöhnlich drei Spermatophoren, von 
denen zwei im Hineinwandern und eine im Hinauswandern begriffen 
sind, wie denn überhaupt bei Sepiola die einzelnen Spermatophoren 
sehr dicht aufeinander folgen. Die Notwendigkeit einer derartigen 
zweiten Umkehr ist, 
wenn die Spermato- 
phore schließlich mit 
dem aboralen Pol aus- 
. treten soll, durchaus 
_ einleuchtend. Über- 
raschen mußte nur, daß 
der Ort der Umkehr bei 
Sepvola ein andrer sein 
sollte, als bei den übri- 
. gen Arten. 

Ein Vergleich mit Fig. 26. 
Rossia zeigte mir die NEEDHAMsche Tasche. a von Rossio, b von Sepiola. 
Lösung dieser Schwie- 
riekeit. Denkt man sich die Neepmamsche Tasche von Rossia aus 
ihrer Verschlingung mit den übrigen Organen herausgelöst, so bemerkt 
man, daß aus ihrer spiraligen Aufwindung im Verein mit der Ein- 
mündung des distalen Vas deferens eine ganz ähnliche Figur resultiert, 
wie sie das vermeintliche Vas deferens von Sepeola beschreibt. Es 
ergibt sich aus dem Vergleich (Fig. 26), daß das distale Vas deferens 
von Sepiola nur zum Teil dem der übrigen Formen entspricht, zum 
andern Teil aber den unteren Windungen der NEEDHAumschen Tasche 
und daß die oben beschriebene Schleife der hinteren Spitze der 


350 Werner Marchand, 


NzrpHAamschen Tasche homolog ist. Nur die oberste Partie der 
NEEDHAMSchen Tasche dient als eigentliches Spermatophorenreservoir, 
ein Umstand, aus dem sich die eigentümlich kurz gedrungene Gestalt 
des »Spermatophorensackes« erklärt; die untere Partie steht noch 
im Dienst der Weiterleitung und enthält nur Spermatophoren »auf 
der Durchreise«. 

Es scheint mir, daß dieser Befund bei Sepiola gewisse phylo- 
genetische Schlüsse zuläßt. Die Homologie dieser Umkehrstelle 
beweist, daß die Abzweigung des Sepiola-Stammes erfolgte, als eine 
solche Umkehr bereits bestand, der Umstand aber, daß die Umkehr 
selbst nicht vollkommen in gleicher 
Weise vor sich geht, sondern offenbar 
bei Sepiola in primitiverer Weise, so- 
wie die gänzlich abweichende Ausbil- 
dung des distalen Teiles scheinen darauf 
hinzudeuten, daß die Abzweigung zu 
einer Zeit erfolgte, als auch bei den 
übrigen Formen die Umkehr sich noch 
in einer einfachen Schleife vollzog. 
Es müßte sonst angenommen werden, 


e.cH. 


Fig. 27. oe 
Der Blindsack von Sepiola japonica. das Verhalten bei Sepiola sei als se- 


kundäres anzusehen, was deswegen 
mir unwahrscheinlich erscheint, weil es offenbar nicht das prakti- 
schere ist. 


Bei Sepvola jJaponica, von der ich ein Exemplar untersuchte, fand 
sich im wesentlichen das gleiche Verhalten. Es fehlt jedoch die bei 
Sepiola rondeletii konstante Rückwärtskrümmung der Spitze des 
Blindsackes. Der Flimmergang ließ sich bei dieser Form schon 
äußerlich eine Strecke weit verfolgen (Fig. 27). 


Heteroteuthis dispar. 

Von Heteroteuthis untersuchte ich ein Exemplar, das sich als 
nicht geschlechtsreif erwies (Fig. 28 u. 29). 

Die Spermatophorendrüse ist deutlich dreiteilig, der erste Abschnitt 
ziemlich glatt und dünnhäutig, der zweite mit Falten ausgestattet. Der 
dritte Abschnitt läßt einen bauchig erweiterten Anfangs- und einen 
sehlauchförmigen Hauptteil unterscheiden. Er ist über doppelt so lang 
wie die beiden andern zusammengenommen. Die accessorische Drüse ist 
etwas kürzer und dicker wie ihr Ausführgang und zeigt Längsfalten. Der 
Blindsack des distalen Vas deferens bildet eine einfache Schlinge (wie bei 


Studien über Cephalopoden. 1. 351 


Sepvola japonica). Die NEEDHAusche Tasche ist bei dem mir vor- 
liegenden Exemplar noch sehr unentwickelt. Sie zeigt keine Spur 
von einem gesonderten Hals, und gleicht einem vorn wenig erweiterten 
Schlauch, in dessen unteres Ende das distale Vas deferens in sehr 
ursprünglicher Weise einmündet, indem es einfach umbiegt. 

Über den Bau der Organe der geschlechtsreifen Heteroteuthis und 
die Spermatophoren ist mir nichts Näheres bekannt. 


/...b.Needh. 


2) 
app. v.d.dist. 
: gl.acc. 
Bea n.b.yen. a 
Teedh. |\% 
b.Nee 2. NW gl.ace 
J 
gl.sp.II. gl.sp.III 
Fig. 28. Ä Fig. 29. 
Leitungsapparat von Hetero- Leitungsapparat von Heteroteuthos dispar. a, Dorsalansicht, 
teuthis dispar. Ventralan- d, Ventralansicht (auseinander gelegt), c, Spermatophoren- 
sicht. drüse. 


Aus einem Vergleich der besprochenen Formen ergibt sich, daß 
die Decapoden hinsichtlich der männlichen Leitungswege eine durch- 
aus natürliche Gruppe bilden, in der wir, ohne auf prinzipielle Unter- 
schiede im Bauplan zu stoßen, doch gewisse Umwandlungen beobachten, 
die einzelne Arten als näher, andre als weniger nahe zusammen- 
gehörig erscheinen lassen. Während wir das proximale Vas deferens 
verschieden ausgebildet finden, ist allen gemeinsam die deutliche 
Abgrenzung der drei Abschnitte der Spermatophorendrüse, die Längs- 
faltung der sackförmigen accessorischen Drüse, das frei verlaufende, 
höchstens lose angeheftete distale Vas deferens, die mehr oder weniger 
deutliche spiralige Aufwindung der NezrpHAmschen Tasche beim aus- 
gebildeten Tier und der Mangel eines eigentlichen Penis; vor allem 
aber, und darin liegt der fundamentale Unterschied zwischen Deca- 
poden und Octopoden, das Vorhandensein des flimmernden Ganges, 


902 Werner Marchand, 


der vom Ende des dritten Abschnitts der Spermatophorendrüse ab- 
gehend indirekt eine Kommunikation mit der Außenwelt herstellt. 

Eine Trennung des Decapodenstammes selbst in Oegopsiden und 
Myopsiden würde nach den männlichen Leitungswegen nicht gerade 
geboten erscheinen. Wenn auch die Vegopsidenfamilie im allgemeinen 
etwas primitivere Verhältnisse aufzuweisen scheint als die der Myop- 
siden, so darf man doch. nicht außer acht lassen, daß auch im Bau 
des distalen Vas deferens bei Seprola offenbar sehr ursprüngliche 
Verhältnisse vorliegen, und schließlich erinnere ich daran, daß die 
Spermatophorenbildung gerade bei den Oegopsiden, wenigstens in 
einer gewissen Entwicklungsrichtung, den höchsten Grad der Kom- 
pliziertheit erreicht. 


2. Octopoden. 
a. Eledone. 


Bei der Schilderung des Leitungsapparates der Octopoden beginne 
ich mit den Formen, die noch gewisse Eigentümlichkeiten der Deca- 
poden wiederholen. Wir kennen eine solche vermittelnde Gattung 
in Bledone. 


Fledone moschata. 


Von Eledone moschata konnte ich außer geschlechtsreifen und 
halb erwachsenen Exemplaren auch einige junge von 1 cm Mantel- 
länge untersuchen. Ich fand bei diesen (Fig. 30) die Genitaltasche 
schon geschlossen. Obwohl eine histologische Differenzierung noch 
nicht eingetreten war, ließen sich doch alle wesentlichen Teile unter- 
scheiden. Die accessorische Drüse ist, wie aus der Abbildung her- 
vorgeht, einfach schlauchförmig. Sie läßt noch keine Spur von 
faltiger Ausgestaltung erkennen. Die drei Abschnitte der Spermato- 
phorendrüse sind nur durch die S-förmige Knickfigur angedeutet. 
Der Blindsack ist kurz und undeutlich. Die schlauchförmige NEED- 
maMsche Tasche geht direkt in einen Penis über, der etwa dreimal 
so lang wie das Paket des Leitungsapparates, distalwärts aber noch 
geschlossen ist. Zu beachten ist, daß auf so jungen Stadien die 
NEEDHAMSche Tasche deutlich rechts zu liegen kommt, jedenfalls 
aber unter das Paket und nicht auf dessen linke Seite. Das distale 
Vas deferens bildet einen scharfen Knick mit der NEEDHANMSchen 
Tasche und ist mit deren Ende zu einer Art von spitzem Blindsack 
verschmolzen. 


Studien über Cephalopoden. 1. 353 


An größeren Exemplaren, die dicht vor der Geschlechtsreife 
stehen, ist die Länge des in die Mantelhöhle vorragenden Penis noch 
auffallend groß: sie beträgt mehr als das Doppelte des Pakets 
(Fig. 31). Er ist im Leben in beständiger Bewegung, aber durch- 
aus glatt, nur an einer Stelle leicht verdickt, während er an Spiritus- 


.; mu--- 


p- 
| VF- can.vp. 
b.Needh. 
.. v.d.Prox. 
= gl.ace. .can.vp. 
glace. 
— test. __ ‚glsp IH 
Se gl.sp.l 
-._ test. 
a D 
Fig. 30. 


Jugendlicher Leitungsapparat von Eledone moschata. a, Dorsalansicht, db, Ventralansicht. 


exemplaren das Bestreben zeigt, durch Contraction in einer gewissen 
Höhe eine Art von Knoten zu bilden. Ich vermute, daß die Ent- 
stehung dieses Knotens durch die Verteilung der Muskulatur bedingt 
wird, die vielleicht schon eine Vorstufe zu dem sogenannten Penis- 
divertikel der typischen Octopoden darstellt. 

Das proximale Vas deferens ist bei Eledone moschata sehr kurz, 
etwa doppelt so lang wie der erste Abschnitt der Spermatophoren- 
drüse, wovon die Hälfte auf die ampullenartige Erweiterung entfällt, 
mit der es beginnt. Der Vergleich mit Sepzola ist naheliegend: Wir 


354 | Werner Marchand, 


können möglicherweise diese längs gefaltete Ampulle direkt mit dem 
unteren, erweiterten und gleichfalls dicht längsgefalteten Teil des 
proximalen Vas deferens identifizieren, nur dab dieser bei Sepiola 
allmählich, bei Zledone plötzlich in den dünneren Teil übergeht. Die 
Spermatophorendrüse ist bei Zledone moschata deutlich dreigliedrig 
und die drei Abschnitte sind noch ziemlich verschieden gestaltet, der 

erste Abschnitt läßt die Zwei- 
teiligkeit erkennen, die bei 
den Decapoden so deutlich 
ist, und zeigt eine ziemlich 
unregelmäßige Oberflächen- 
vergrößerung im Inneren. Der 
zweite Abschnitt besitzt einen 
sroßen, regelmäßige Längs- 
falten führenden Wulst und 
ist etwas bauchig erweitert. 
Der dritte Abschnitt ist in 
seinem Beginn sehr schmal 
und erweitert sich nach dem 
distalen Ende zu; er ist etwa 
doppelt so lang wie die bei- 
den andern. Der Wulst, der 
ihn in seiner ganzen Länge 
durchzieht, ist in seiner ersten 


Fig. 31. | Hälfte niedrig und glatt, wei- 
Leitungsapparat einer nicht geschlechtsreifen Zledone ‚ x 
moschata. ter gegen das Ende hin höher 


und mit schräg distalwärts 
(von der Wand nach dem Hauptlumen) verlaufenden Querfalten be- 
setzt (Fig. 31). Die accessorische Drüse zeigt am aufgehellten Präpa- 
rat zahlreiche in die Wand eingesenkte Drüsentubulil. Sie geht 
ohne eigentlichen Ausführgang in den rundlichen und nicht sehr 
markierten Blindsack über. Der von der Spermatophorendrüse nach 
der accessorischen Drüse ziehende Ausführgang ist kurz und nicht 
fest an die Wand der letzteren geheftet. Die NzepuAmsche Tasche 
liegt auf diesem Stadium auf der linken Seite des Pakets, ist 
flaschenförmig erweitert, innen mit einem Wulst und mit schräg ver- 
laufenden Falten versehen und geht nach vorn ohne deutliche Grenze 


1 Bei jüngeren Tieren übrigens, wie schon Brock hervorhebt, oft noch 
deutlich Längsfalten, die dann durch Querfalten (ähnlich wie bei Sepia) ver- 
bunden werden. 


Studien über Cephalopoden. 1. 355 


in den geschilderten langen Hals oder Penis über. Nach hinten 
läuft sie in eine drüsige Spitze aus, in die das distale Vas deferens 
(im untersten Viertel der 
Tasche) einmündet. Das 
distale Vas deferens ist 
nicht sehr lang und nur 
eine kleine Strecke mit 
der NEEDHAMschen Ta- 
sche verwachsen. 

Bei geschlechtsrei- 
fen Tieren (Fig. 32) ist 
die NeEpHansche Ta- 
sche mit den sehr ein- 
fach gebauten und nicht AN in Noedh. 
sehr regelmäßig gela- EIN 
serten Spermatophoren 
prall gefüllt. Sie er- 
hält dadurch eine dick- 


(1 ---v.def.dist. 
\---1---- gl.sp.IIT 


walzenförmige Gestalt. go 

Am hinteren Ende ist ; 

sie in einen kleinen drü- 7°" bNeedh. 
(Fundus) 


sigen Fortsatz ausgezo- 
gen, in dem sich stets 
eine Spermatophore be- 
findet. Das ganze Paket 
des Leitungsapparates liegt gleichsam in den Hoden eingebettet; die 
Spitze der NeepHAuschen Tasche liegt etwas hinter dem Paket der 
mächtigen Hodenkapsel an. Die accessorische Drüse läßt sich noch 
sehr wohl mit der von Sepiola vergleichen, nur daß die Trennung 
zwischen Drüsenkörper und Ausführgang nicht mehr so ausge- 
sprochen ist. 


Geschlechtsreifer Leitungsapparat von Bledone moschata. 


Eledone aldrovandı. 


Die beiden Hledone-Arten scheinen in ihrer Organisation ziem- 
lich verschieden zu sein. Der Leitungsapparat von Hledone aldro- 
vand: (Fig. 35) zeigt viel mehr Annäherung an die typischen Octopoden 
als jener von Hledone moschata. Zunächst ist das ganze Paket mehr 
kugelis. Das proximale Vas deferens beschreibt bei moschata nur 
drei, bei aldrovandı zahlreiche Windungen. Die Spermatophoren- 
drüse erinnert durch Verlängerung des ersten und dritten Abschnitts 


356 Werner Marchand, 


an gewisse Octopoden. Die accessorische Drüse ist länger als bei 
Eledone moschata, läßt aber immer noch deutlich den eigentlichen 
Drüsenkörper von dem Ausführgang unterscheiden. Das distale Vas 
deferens ist noch nicht in dem Grade wie bei den echten Octopoden 
mit der NerpHAmschen Tasche verschmolzen. Die letztere zeigt 
keinerlei Spiralwindung oder Knickung; sie verjüngt sich nach hin- 
ten gleichmäßig und zieht in weitem Bogen auf der Oberfläche der 


Q 
— 
S 
N 
S 


- d.gl.acc. 


IN 


nl 
N 

IS 

5 


SIII 


IN 


a hr == v.d.dıist. 


' 

IR 
= > III 
FZ IR NU 
ii 


Fig. 33. 


Leitungsapparat von Zledone aldrovandi. 


Hodenkapsel um das Paket herum. Der Penis besitzt im Gegensatz 
zu Eledone moschata ein vollständig ausgebildetes blindsackartiges 
Divertikel. Es scheint also, daß gewisse Octopodencharaktere sich 
innerhalb dieser Gattung ausbilden. Indessen deuten die bedeuten- 
den Unterschiede im Bau der Spermatophore darauf hin, daß die 
beiden Arten verhältnismäßig wenig verwandt sind. 

Was Eledone von Decapoden vor allem unterscheidet, ist die 
gewaltige Ausbildung des Halses und der Mangel einer spiraligen 
Aufwindung der NEEDHAMschen Tasche, sowie der Bau der: acces- 
sorischen Drüse, die im ausgebildeten Zustand nicht mehr Längs- 
falten, sondern lauter in die Wand eingesenkte Drüsentubuli besitzt, 
und das gänzliche Fehlen des Flimmerganges. Dagegen sind die 
deutliche Sonderung der drei Abschnitte der Spermatophorendrüse, 


Studien über Cephalopoden. 1. 357 


besonders der Bau des ersten Abschnitts und das Verhalten des 
distalen Vas deferens, Eigentümlichkeiten, die noch an die Deca- 
poden erinnern. 


b. Die eigentlichen Octopoden. 


Als typische Vertreter der Octopodenfamilie betrachte ich die 
Arten der Gattungen Octopus und Scaeurgus. Von der Gattung Octo- 
pus untersuchte ich die Leitungswege bei drei Arten, fand sie in- 
dessen nicht auffällig verschieden. 


Octopus vulgaris. 


Bei ganz jungen Exemplaren von Octopus vulgaris (Mantel- 
länge 1/,—1 em) ist die Genitaltasche schon geschlossen und wie 
bei Hledone gegen die Hodenkapsel deutlich abgegrenzt. Der Hoden 
liegt ziemlich weit hinten (vgl. Fig. 34). Er ist von dem Leitungs- 
weg durch einen Zwischen- 
raum getrennt, der zum Teil 
dadurch entsteht, daß die 
Hodenkapsel geräumiger ist 
als bei den erwachsenen Tie- 


..div.p. 


Bhleispermatophoren- 7. NN KIN. v.d.dist. 
emd Nacceeworsche . . m 
Drüse sind noch einfach ts 
schlauchförmig, letztere hin- 

-1-91.89.1 


ten leicht umgebogen. Der 
Blindsack ist dick, über halb 
so lang wie die accesso- 
rische Drüse: die NEEDHAM- 
sche Tasche nicht ganz so 
lang wie der Penis, dieser 
besitzt vorn ein seitliches 
Divertikel, ist diekwandig 
und blind geschlossen. Der 
Umstand, daß das Penis- 
divertikel schon bei so jun- 
gen Tieren an der Ober- 


Fig. 34. 
fläche des Eingeweidesackes, Junger Geschlechtsapparat von Octopus vulgaris. 


in großer Entfernung von 
dem übrigen Knäuel liegt und durch einen langen, dünnen Hals 
von ihm getrennt ist, deutet auf ectodermale Entstehung hin. 


358 Werner Marchand, 


Leider besaß ich kein so jugendliches Stadium, um diese Frage 
lösen zu können; stets bestand ein Zusammenhang zwischen Penis 


und NEEDHAMscher Tasche. 


Bei Exemplaren von 21/, em Mantellänge (Fig. 35) ist der 
Zwischenraum zwischen Hoden und Leitungsapparat bedeutend ver- 


b.Needh. -- 
gl.sp.IT__ RA HN 


gl.sp II — N ar > 


gl.ace. 


I Re 


Fig. 35. 


Halberwachsener Leitungsapparat von Octopus vulgaris. 


ringert. Die Geschlechts- 
reife ist noch nicht einge- 
treten, doch sind alle daraut 
hindeutenden Differenzierun- 
gen bereits nachweisbar. 
Das proximale Vas deferens 
zeigt eine Ampulle von dick 
spindel- oder zitronenförmi- 
ger Gestalt; es mündet am 
oberen Ende des Pakets, 
doch etwas vor dem hinte- 
ren Ende der accessorischen 
Drüse in die Hodenkapsel, 
mit radiären Falten in diese 
ausstrahlend. Die Spermato- 
phorendrüse zeigt deutliche 
Faltenbildung im zweiten 
Abschnitt. Der dritte Ab- 
schnitt ist faltenlos, besitzt 
aber den vollständig ausge- 
bildeten Wulst. Die acces- 
sorische Drüse ist stark ver- 
längert und verhältnismäßig 
schmal, reicht mit ihrem 
krummstabförmig gebogenen 
Ende an die Hodenkapsel 
heran und überragt das 
Paket der Spermatophoren- 
drüse um das Doppelte. Der 
Blindsack ist gestreckt und 
liegt dem Hals der NEED- 
HAMsSchen Tasche an. Die 


letztere zeigt einen Wulst und reichliche Schrägfalten auf diesem 
und an den Wänden. Der Penis ist geschlossen; das Divertikel 


Studien über Cephalopoden. 1. 359 


zeist Ansatz zur Faltenbildung. Der Hals ist viel enger als die 
NEEDHAMsche Tasche und von dieser scharf abgesetzt. 

Bei geschlechtsreifen Exemplaren (Fig. 36) hat die Zusammen- 
schiebung aller Teile ihr Maximum erreicht. Der ganze Knäuel des 
Leitungsapparates ist der großen Hodenkapsel aufgelagert und bildet 
mit ihr zusammen ein nahezu kugeliges Paket, aus dem nach vorn 
der Penis entspringt. Die Genitaltasche ist durch Bindegewebe 
äußerlich so fest mit der Hodenkapsel verbunden, daß sie mit ihr 
ein Ganzes zu bilden scheint. In Wirklichkeit ist die Trennung 


Pie 


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Fig. 36. 


Geschlechtsreifer Leitungsapparat von Octopus vulgaris. coel, Cölomwand, a, Ampulle, 


beider Räume stets eine vollständige. Das proximale Vas deferens 
ist sehr lang und mannigfach aufgeknäuelt; es beginnt mit einer 
kleinen Erweiterung. Bevor es in den ersten Abschnitt der Spermato- 
phorendrüse einmündet, läuft es ein Stück an ihm entlang. Die 
Spermatophorendrüse ist regelmäßig in einer Ebene gelagert und zeigt 
daher sehr deutlich die S-förmige Figur. Der erste Abschnitt ist 
keulen- oder birnförmig und durch reichliche Oberflächenvergrößerung 
im Inneren fast massiv. Er läßt eine deutliche Zweiteilung nicht er- 
kennen und verschmälert sich beträchtlich vor dem Übergang in den 
zweiten Abschnitt. Dieser besitzt einen großen Wulst, der mit 
schräg laufenden Falten ausgestattet ist, während die gegenüber 


Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Ba. 24 


360 Werner Marchand, 


liegende Wand des Kanals faltenlos ist. Der Wulst begleitet auch 
den ganzen dritten Abschnitt, ist aber hier glatt. Die Abschnitte 
sind, da sie unter sich fast gleiches Kaliber haben, äußerlich wenig 
sesondert. Der dritte ist etwa viermal so lang wie der zweite, dieser 
doppelt so lang wie der erste. Der Ausführgang der Spermato- 
phorendrüse hat sehr viel geringeren Durchmesser, unregelmäßige 
Längsfalten und keinen Wulst. Er biegt scharf nach hinten um und 
legt sich der accessorischen Drüse an, zieht ein Stück an ihr ent- 
lang und mündet dann von unten her in sie ein. Auf der mit ihr 
verwachsenen Strecke ist er mit eigentümlichen Drüsenschläuchen 
besetzt, auf deren Bau in dieser Arbeit nicht eingegangen werden 
soll. Von einem Flimmergang ist keine Spur vorhanden. Die ac- 
cessorische Drüse ist diek, lang ceylindrisch und etwas abgeflacht, 
. mit kurzem, deutlich abgesetztem, flachen Ausführgang nach dem 
Blindsack zu. Sie beschreibt, von der Mündungsstelle an gerechnet, 
zunächst einen nach vorn offenen Bogen, dessen Hälften sich anein- 
ander schmiegen, biegt dann nach rechts um, verläuft eine Strecke 
weit gerade oder in leichtem Bogen um das Paket der Spermato- 
phorendrüse herum schräg nach hinten. Das blinde Ende ist nach 
innen (links) zurückgeschlagen. Im Ausführgang findet sich ein 
Wulst, der den umkehrenden Spermatophoren ihren Weg anweist. 
Die Drüse selbst besitzt stark verdickte Wände, welche aus einge- 
senkten Drüsenschläuchen bestehen und nur ein enges Lumen, das 
aber die ganze Drüse durchzieht, frei lassen. Der Blindsack ist 
etwa so lang oder wenig kürzer wie der Penis, reicht aber natürlich 
nicht so weit nach vorn wie dieser, sondern liegt dem oberen Fünftel 
der NEekpHA=mschen Tasche und einem Teil des Penishalses eng an. 
Er ist nach vorn stark verschmälert und zugespitzt, und läuft in 
ein Ligament aus. Weiter unten verschmilzt das distale Vas defe- 
rens mit der Wand der NerpHAmschen Tasche. Die letztere ist 
etwa dreimal so lang wie der Penis und von ihm scharf abgesetzt. 
Sie hat, mit Spermatophoren gefüllt, den fünf- bis sechsfachen Durch- 
messer des Penis und ist an ihrem blinden Ende in drei unregel- 
mäßige kurze Zacken ausgezogen, von denen:die hinterste die größte 
zu sein pflegt. Sie besitzt einen großen, mit Längsfalten dicht be- 
setzten Wulst, der den Überrest einer ursprünglichen Spiralwindung 
darstellt, und an dem die Spermatophoren, die durch das Vas defe- 
rens eintreten, seitlich entlang wandern müssen, ehe sie die Tasche 
verlassen können. Die ganze NEeEpHAmsche Tasche ist in der Mitte 
rechtwinklig gekniekt und bedeckt mit dem umgeschlagenen Ende 


Studien über Cephalopoden. I. 361 


einen Teil des Pakets der Spermatophorendrüse. Der Penis ist 
eng eylindrisch und hat in halber Höhe ein rundliches Divertikel. 
Die NEeEDHAusche Tasche ist da, wo der Penis abgeht, leicht nach 
vorn vorgewölbt, so daß der Penis eigentlich nicht genau an ihrem 
vorderen Ende entspringt, sondern etwas unterhalb. Daher können 
die Spermatophoren für gewöhnlich nicht in den Penis gleiten, son- 
dern nur, wenn die NEspHAMsche Tasche dureh Contractionen ver- 
engert wird. Der Penis ragt ganz in die Mantelhöhle vor, ist jedoch 
von der Epidermis überzogen und dadurch der Länge nach fest- 
geheftet. Er scheint seine Öffnung erst bei der Begattung zu er- 
halten. Die Zahl der Spermatophoren ist beim einzelnen Tier 
sehr groß. 


Octopus defilippir. 

Von Octopus defilippii lagen mir nur erwachsene geschlechts- 
reife Stücke vor. Es scheint, daß diese Art nur zur Fortpflanzungs- 
zeit an die Küsten kommt und sonst in der Tiefe des Meeres am 
Grunde lebt. Für das letztere würde auch sprechen, daß sie auch 
an den Küsten schlammigen Grund aufsucht und gern flach aus- 
gebreitet auf dem Sande liegt, während Octopus vulgaris felsige Ufer 
bevorzugt. Die Männchen werden bedeutend häufiger gefangen als 
die Weibehen, indessen weiß ich nicht, ob man daraus einen Schluß 
auf das tatsächliche Zahlenverhältnis der Geschlechter ziehen kann. 
Die Art ist viel kleiner als Ociopus vulgarıs: Die größten Stücke, 
die ich erhielt, maßen ungefähr 6!/, cm (Mantellänge). 

Der Bau des Leitungsapparates ist im wesentlichen derselbe wie 
bei Octopus vulgaris. Das proximaie Vas deferens (Fig. 37) beginnt 
mit einer flaschenförmigen Ampulle und ist viel länger als die 
Spermatophorendrüse. Der erste Abschnitt der letzteren ist breiter 
als lang, ein Verhalten, das nicht wundernehmen kann, wenn man 
ihn als das Verschmelzungsprodukt der beiden Schenkel auffaßt, aus 
denen er sich bei den Decapoden zusammensetzt. Der erste Ab- 
schnitt erhält dadurch den Charakter einer dem Leitungswege an- 
hängenden accessorischen Drüse, ein Zustand, der schon bei Sepvola 
angebahnt wird, und der mit der allmählichen Rückbildung des ersten 
Abschnitts im Zusammenhang steht. ‘Der zweite und dritte Abschnitt 
sind wenig geschieden. Der zweite ist nur schwach erweitert und 
besitzt keine deutlichen Falten. Der dritte ist nicht ganz dreimal 
so lang wie der zweite. Im zweiten Abschnitt liegt fast regelmäßig 
eine in der Bildung begriffene Spermatophore. Der Ausführgang 

24 


362 Werner Marchand, 


der Spermatophorendrüse gleicht dem von Octopus vulgaris. Die 
accessorische Drüse ist so lang wie die NEEDHANMsche Tasche, flach 
keulenförmig, in ihrer hinteren Hälfte reichlich doppelt so dick als 
am Anfang, am Ende ist sie eingerollt. Sie beschreibt die gleiche 
Figur wie bei Octopus vulgaris, doch weniger ausgesprochen. Der 
Blindsack reicht nicht ganz bis zur Wurzel des Penis und liegt dem 
oberen Drittel der NEEDHAnschen 
Tasche an. Die letztere ist vom 
Penis scharf abgesetzt, dick und 
wie bei Octopus vulgaris recht- 
winklig geknickt. Das umgeschla- 
gene Stück ist leicht abgeflacht. 
Mit der Knickung der NEEDHANM- 
schen Tasche ist wie bei Octopus 
vulgarıs eine Drehung verbunden, 
so daß die Oberseite des um- 
schlagenen Stückes die Fort- 
setzung der dorsalen Wand der 


Pp- 


T Tasche darstellt. Die unterste 
ae an Region der Tasche ist da, wo das 
Ansen SZ distale Vas deferens mit ihr ver- 
< K schmilzt, . drüsiger Natur. Ich 

o = möchte auf die Bedeutung dieser 
= Y Drüse, die sich bei allen Octo- 
| me oden findet, in meiner Darstel- 
a SD \ \2 nn der Spermatophorenentwick- 
SS Y lung näher eingehen. Die NEED- 
NR mAuSche Tasche von Octopus 
Fig. 37. u defilippii enthält verhältnismäßig 
ee wenig Spermatophoren; ich zählte 


| deren etwa 12. Der Penis ist 
über halb so lang wie die NEEDHAMsche Tasche und hat ein rund- 
liches Divertikel auf halber Höhe. 


Octopus macropus. 


Bei Octopus macropus ist, wie aus Fig. 38 ersichtlich, die Lagerung 
aller Teile nicht so regelmäßig, wie bei den vorhergenannten Arten. 
Das proximale Vas deferens ist sehr lang und beginnt mit einer 
kleinen, länglichen Ampulle. Die Spermatophorendrüse ist ebenfalls 
lang und von gleichmäßigem Kaliber. Der erste Abschnitt ist kurz, 


Studien über Cephalopoden. I. 363 


undeutlich birnförmig. Der zweite Abschnitt ist doppelt so lang wie 
der erste, der dritte über dreimal so lang wie der zweite. Der dritte 
Abschnitt überragt die Abgangsstelle des Ausführganges in Gestalt 
eines kurzen, stumpfen Blindsackes (Fig. 39). Die accessorische Drüse 
ist länger wie die NeEpHAamsche Tasche, am Ende eingerollt und 
etwas verdickt. Der Blindsack ist kurz und undeutlich, eng an das 


amp 
gl.sp.II --- 


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b. Needh..-.- EI DIERE = 
Fund.--- 


Fig. 38. 


Lagerung der Teile des Leitungsapparates von Octopus macropus. 


vordere Fünftel der NEEpHAuschen Tasche angeschmiegt. Die letztere 
ist lang, deutlich geknickt, unterhalb des Knicks drüsig und etwas 
erweitert. Sie läuft am hinteren Ende in einen kurzen verschmälerten 
Blindsack aus, der nicht ganz am Ende entspringt, so daß die Tasche 
dadurch leicht zweispitzig erscheint. Etwas unterhalb des vorderen 
Endes der Tasche entspringt der cylindrische und höchstens halb so 
dicke muskulöse Penis, der länger als bei Ociopus vulgarıs ist und 
ein sehr großes Divertikel besitzt. Dieses Divertikel ist offenbar 
aus einem Knoten oder aus einer Schlinge des Penis hervorgegangen 
(Fig. 40). Der Penis enthält in seiner distalen Hälfte mit großer 
Regelmäßigkeit eine Spermatophore, deren orale Hälfte kreisförmig 
zusammengebogen in dem Divertikel liegt (Fig. 41). Nach außen 
war bei allen untersuchten Exemplaren der Penis geschlossen. An 
der Stelle, wo offenbar die Münduug entsteht, befand sich in einigen 


364 Werner Marchand, 


De, € 
(Fundus) 


Fig. 39. 


Leitungsapparat von Octopus macropus, auseinandergelegt. Dorsalansicht. 


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Fig, 40. Fig. 4. 
Zwei Skizzen des Penisdivertikels von Octo- Situsbild des Penisdivertikels bei Oetopus MACrOpUS. 
pus macropus. 


Studien über Cephalopoden. 1. 365 


Fällen eine Chromatophore. Die Neepnansche Tasche enthält nur 
fünf bis neun Spermatophoren. 


Scaeurgus. 


Die Gattung Scaeurgus schließt sich im Bau des Leitungsapparates 
eng an Octopus an. 

Von Scaeurgus tetracirrus untersuchte ich zwei Eiremplare, die 
beide erwachsen, aber nicht geschlechtsreif waren (Fig. 42). 


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Fig. 42. 
Leitungsapparat von Scaeurgus tetracırrus. ca, ventral, db, lateral, c, dorsal (nach Hinwegnahme 
des Hodens). 


Das proximale Vas deferens ist _wie bei Octopus lang-cylindrisch, 
locker aufgeknäuelt und beginnt mit einer deutlich längsgefalteten, 
spindelförmigen Ampulle. Der erste Abschnitt ist sehr klein und 
zeigt reichliche Faltenbildung. Der zweite und dritte Abschnitt sind 
nicht deutlich voneinander abgesetzt, und vollkommen faltenlos. Der 
ebenfalls glatte Wulst durchzieht sie überall in ungefähr gleicher 
Dieke. Die accessorische Drüse ist gerade gestreckt, lang-cylindrisch, 
so lang wie die NerpHAumsche Tasche; sie ist ohne Faltenbildung 
von einer einzigen glatten Zellschicht ausgekleidet; nur in der Nähe 
des blinden, hakenförmig umgebogenen Endes beginnt eine Ober- 
flächenvergrößerung durch kleine Vorsprünge der Wand, die Ein- 
senkungen zwischen sich lassen. Ich vermute, daß sie bei geschlechts- 
reifen Tieren eine ähnliche Differenzierung erfährt wie bei Octopus. 
Der Blindsack ist wie bei Octopus ausgebildet; das distale Vas 


366 Werner Marchand, 


deferens ist sehr kurz, mündet ins vordere Viertel der NEEDHANMschen 
Tasche und ist mit ihr verwachsen. Die NEEDHAmSsche Tasche ist 
über dreimal so lang wie der Penis und deutlich von ihm abgesetzt; 
sie überragt seine Ursprungsstelle wie bei Octopus in Gestalt eines 
stumpfen Blindsackes.. Die Tasche ist etwa in der Mitte ziemlich 
scharf, doch nicht rechtwinklig umgebogen. Im vorderen Teil von 
beträchtlichem Durchmesser und mit diekem Wulst versehen, ver- 
schmälert sie sich nach hinten zu, bildet dann einen scharfen Bogen 
nach rechts, indem sie sich gleichzeitig noch mehr verjüngt, und er- 
weitert sich plötzlich zu einem etwa dreieckigen Gebilde, während 
gleichzeitig der Wulst und die gegenüberliegenden Wände sich mit 
zahlreichen Falten bedecken. Der Penis hat ein deutliches Diver- 
tikel. Er war bei beiden Exemplaren nicht geschlossen. 


Fig. 43. Fig. 44. 
Situsskizze des Leitungsapparates von Leitungswege von Scaeurgus unicirrus in situ. 
Scaeurgus unicirrus. 


Von Scaeurgus unicirrus erhielt ich zwei geschlechtsreife Stücke, 
von denen ich eines lebend untersuchen konnte. Bei diesem frischen 
Exemplar fand ich den Eingeweidesack pigmentiert, was mich an 
das Verhalten der Hectocotyliferen erinnerte (Fig. 43). 

Proximales Vas deferens und Spermatophorendrüse zeigen keine 
wesentlichen Unterschiede gegenüber Octopus (Fig. 46). Die $-förmige 
Figur ist sehr deutlich, der dritte Abschnitt etwa dreimal so lang 
wie der zweite, sechsmal so lang wie der erste Abschnitt. Die 
accessorische Drüse ist lang-eylindrisch, nach hinten nicht auffällig 
verdickt. Die NEEDHAMSche Tasche ist vom Penis scharf abgesetzt, 
nach unten zu nur wenig verschmälert. Sie kniekt ungefähr in der 
Mitte ihres Verlaufes so vollständig um, daß ihr Ende ungefähr die 


Studien über Cephalopoden. 1. 367 


sleiche Richtung wie der Penis bekommt (Fig. 45). Dadurch werden 
einige Verschiebungen in der Lagerung der übrigen Teile bedingt. 
Das Penisdivertikel ist auffällig groß und eylindrisch (etwa 1 cm lang) 
(Fig. 44—46). Der Penis ist in der distalen Hälfte leicht verdickt. 


A. gl.sp. 111 
-.b. Needh. 
Fig. 45. Fig. 46. 
Leitungswege von Scaeurgus unicirrus Skizze des Leitungsapparates von Scaeurgus unicirrus (aus- 
in situ. einandergelegt). Ventralansicht. 


Die Eigentümlichkeiten der Octopoden. 


Es erscheint mir nicht unzweckmäßig, hier kurz noch einmal 
die Charakteristika des typischen Octopoden-Leitungsapparates zu- 
sammmenzufassen: 

1) Das proximale Vas deferens beginnt mit einer ampullen- 
förmigen Erweiterung, es ist lang-cylindrisch und locker aufge- 
knäuelt. 

2) Die Spermatophorendrüse ist schlauchförmig, nur der 
erste Abschnitt einigermaßen deutlich abgesetzt. 

3) Ihr Ausführgang ist mit den Schläuchen einer tubulösen 
Drüse besetzt und liegt der accessorischen Drüse (Rangierdrüse) 
eng an. 

4) Der Flimmerkanal fehlt vollständig. 

5) Die accessorische Drüse ist lang-cylindrisch bis fHach- 
keulenförmig, nie mit Längsfalten, sondern in der Regel mit zahl- 
zeichen, in die Wand eingesenkten Drüsentubuli ausgestattet. 

6) Der Blindsack ist kleiner als bei den Decapoden und liest 
eng dem vorderen Teil der NerpuAauschen Tasche an. 


368 Werner Marchand, 


7) Das distale Vas deferens ist mehr oder weniger voll- 
ständig mit der Wand der NeepHımschen Tasche verschmolzen. 

8) Die NeErpHAMsche Tasche ist meist rechtwinklig um- 
seknickt und über das Paket der übrigen Leitungswege geschlagen. 
Sie nimmt in ihrer hinteren Partie drüsige Beschaffenheit an. 

9) Der Penis, der bei den Decapoden fehlt oder wenigstens 
nicht deutlich ist, bildet auf halber Höhe ein Divertikel, das meist 
eine Spermatophore enthält. 


c. Hectocotyliferen. 


Von den Oetopoden im engeren Sinne trennen wir die eigen- 
tümliche Familie der Hectocotyliferen, der Formen, bei denen es zu 
einer Ablösung des hectocotylisierten Armes kommt. Diese Gruppe 
wird in den europäischen Meeren durch drei Arten vertreten: Ocythoe 
tuberculata, Argonauta argo und Tremoctopus violaceus. Das Männ- 
chen der letztgenannten Art ist nur sehr selten gefangen worden, 
während Argonauta und Ocythoe leichter zu erhalten sind. Es sind 
denn auch nur diese beiden Arten von mir untersucht worden. 


Ocythoe tuberculata. 


Wir sind berechtigt, Ocytho@ als den den ÖOctopoden näher- 
stehenden Typus anzusehen. Bevor ich indessen zu einer Schilderung 
des Leitungsapparates dieser interessanten Form übergehe, möchte 
ich daran erinnern, daß sie in der Literatur bald als » Ociopus« oder 
»Tremoctopus«, bald als » Parasira catenulata«, bald als » Phelonexis 
carenae«, kurz im ganzen unter 16 verschiedenen Namen aufgeführt 
wird, wie es bei Tieren mit zerstreutem Vorkommen und stark aus- 
geprägtem Sexualdimorphismus passieren kann. Erst die Monographie 
Jarttas brachte Klärung in das Chaos und stellte fest, daß ihr 
nach dem Prioritätsgesetz der Name » Ocythoe tuberculata Rafınesque« 
zukommt. 

Im Vergleiche mit den viel kleineren und bedeutend selteneren 
Argonauta-Männchen mußte das Männchen dieser Art von jeher das 
geeignetste Objekt zum Studium der Hectocotylisation darbieten, und 
im Anschluß daran sind auch die männlichen Geschlechtsorgane von 
mehreren Forschern eingehender untersucht worden. VoerT und 
VERANY waren es, die zuerst eine ausführliche Beschreibung gaben, 
auf die ich jedoch nicht näher eingehen will, da die großen Irrtümer 
dieser Arbeit schon im folgenden Jahre von LEUCKART aufgedeckt 
wurden. Um so mehr verdient die Untersuchung des letztgenannten 


Studien über Cephalopoden. I. 369 


Forschers alle Anerkennung. Seine Abbildung des Leitungsapparates 
ist fast einwandsfrei, nur die Deutung einzelner Teile konnte nicht 
zutreffend sein, da er nicht über genügendes Vergleichsmaterial ver- 
fügte. Den von Vogr als »reservoir commun« beschriebenen Anhang 
beschreibt er ziemlich richtig, hält aber das zu einem langen Schlauch 
ausgezogene Ende für ein Ligament. Den Anhang selbst bezeichnet 
er als Prostata, da er histologisch mit der Prostata (accessorische 
Drüse) übereinstimme. »Die Zweizahl der Prostataschläuche, schreibt 
er, scheint überhaupt bei den Cephalopoden die Regel zu sein.« Die 
Einmündungsweise der Drüsen hat er nicht weiter untersucht, das 
kleine seitliche Röhrchen des Spermatophorensackes übersehen; auch 
die ventrale Lage des letzteren ist ihm nicht aufgefallen. Er kommt 
demnach zu dem sehr richtigen Resultat, daß » Octopus carenae sich 
durch den Bau der Geschlechtsorgane ohne alle wesentliche Differenzen 
an die übrigen Cephalopoden und namentlich an die übrigen Arten 
des Genus Ociopus anschließt«. 

Sehr viel später, im Jahre 1882, wurden diese Verhältnisse von 
J. BROCk in durchaus selbständiger Weise nachuntersucht. BROCK 
kommt zu dem Ergebnis, daß Ocytho& hinsichtlich des Leitungs- 
apparates von allen übrigen Formen fundamental verschieden sei. Die 
NEEDHAMsche Tasche hält er für das (proximale) Vas deferens, das 
»nach Bau und Lage dem einzigen der übrigen Cephalopoden ganz 
- homolog sei<; in dem eigentlichen Vas deferens entdeckt er ein 
höchst eigentümlich gebautes zweites Vas deferens, das, wie er 
schreibt, »nicht nur als solches, sondern auch seinem Bau nach bis 
jetzt allein dasteht«.. Kurz, wegen dieses Gegensatzes zu allen 
übrigen Formen, »der LEUCKART eigeniümlicherweise verborgen blieb«, 
bezeichnet er Ocythoe als »eines der größten Rätsel, welche die 
Cephalopodenmorphologie bietet«. 

Befand sich BRocK mit seiner Entdeckung des zweiten Vas 
deferens, das sogleich seinen Siegeszug durch die Lehrbücher antrat, 
in einem bedauerlichen Irrtum, so ist es sein Verdienst, auf Lage 
und Bau des Spermatophorensackes aufmerksam geworden zu sein, 
die ihm um so rätselhafter sein mußten, als ihm der Schlüssel zum 
Verständnis fehlte. 

In der nachfolgenden Darstellung hoffe ich eine befriedigende 
Erklärung dieser Verhältnisse geben zu können. Ich möchte nur 
voraus bemerken, daß sich nach meiner Ansicht Ocythoe durchaus 
ungezwungen den Octopoden anreihen läßt. Dementsprechend werde 
ich den Leitungsapparat in der gewohnten Weise beschreiben, 


370 Werner Marchand, 


indem ich für die Teile die bisher gebrauchten Bezeichnungen an- 
wende. 

Die Hauptmasse des Leitungsapparates von Ocytho& liegt dorsal 
von den Kiemengefäßen und wird daher größtenteils durch die Venen- 
anhänge verdeckt. Sie bildet mit der Hodenkapsel zusammen ein 
ungefähr keulenförmiges Paket, das sich nach vorn verschmälert 
und schließlich in das Spermatophorenreservoir übergeht, welches 
sich ventral von den Kiemengefäßen befindet (Fig. 47). Der gesamte 
Geschlechtsapparat ist also, wie schon VosrT sich treffend aus- 
drückt, an den Kiemengefäßen wie an einer Wäscheleine aufgehängt. 
Man wird also, wenn man das Spermatophorenreservoir nach vorn 


2 
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(res.sp. II) - 
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Situsskizze des Leitungsapparates von Ocytho& tuberculata. 


umklappt, zunächst auf die mit Venenanhängen besetzte Kiemenarterie 
und unter dieser auf die Kiemenvene stoßen. Erst nach Durch- 
schneidung dieser Gefäße erblickt man den Leitungsapparat etwa 
in der durch Fig. 47 leicht schematisierten Lage. Aus der Hoden- 
kapsel entspringend, zieht von rechts nach links, schräg über das 
ganze Paket, das hier sehr dieke linke Wassergefäß nach dem linken 
Kiemenherzanhang, um von dort nach der Nierenpapille weiter zu 
verlaufen. Die letztere ist, obwohl sie zu dem ventral gelegenen 
Harnsack gehört, sekundär so verlagert, daß sie sich hinter den 
Leitungsapparat geschoben, also eine nahezu dorsale Lage eingenommen 
hat. Ich lege besonderen Wert darauf, die Existenz dieses linken 
Wasserkanals zu betonen, da BRock sie im Gegensatz zu LEUCKART 
entschieden iu Abrede gestellt hatte. Ocytho& sollte mit Argonauia 


Studien über Cephalopoden. I. 3 


das völlige Fehlen der Wasserkanäle gemein haben. Es ist mir 
allerdings nicht gelungen, die Wasserkanäle bei Argonauta aufzufinden; 
auch scheint es, daß bei Ocytho& der rechte Kanal tatsächlich fehlt. 
Um so stärker ist aber der linke ausgebildet, und der Umstand, daß 
der Wasserkanal gerade auf der Seite, wo der Genitalapparat liegt, 
in der Oetopodengruppe stets eine stärkere Entwicklung zeigt, deutet 
auf irgend welche funktionelle Beziehungen hin. 


gl.acc.term. —_ 


gl.ace. 


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gl.sp.II N 


Leitungsapparat von Ocythoö tuberculata in natürlicher Lagerung. 


Der eigentliche Leitungsapparat ist, soweit der Situs in Betracht 
kommt, ziemlich variabel und hat ein äußerst verwickeltes Aussehen, 
so daß es bei jedem neuen Tier, das man öffnet, schwierig ist, sich 
sofort zu orientieren (Fig. 48 u. 49). Das proximale Vas deferens 
liegt in mannigfachen Windungen der Hodenkapsel an. Es beginnt 
mit einer großen flaschenförmigen Ampulle, die zahlreiche, radiäre 
Längsfalten besitzt und im Durchmesser der Spermatophorendrüse 
fast gleichkommt, während es in seinem weiteren Verlauf nur etwa 
den halben Durchmesser erreicht. Die Spermatophorendrüse ist außer- 
ordentlich verlängert. Die S-förmige Figur ist meist gut erkennbar, 
ein Umstand, der darauf hindeutet, daß es nicht so sehr der zweite 
als vielmehr der erste und dritte Abschnitt sind, die an dieser Ver- 


372 Werner Marchand, 


längerung beteiligt sind, wie wir schon bei Eledone aldrovandı an- 
gebahnt finden. In der Tat wird der zweite Abschnitt von dem 
dritten nicht nur einmal, wie bei den übrigen Octopoden, sondern 
dreimal umkreist, ehe der dritte nach vorn zur accessorischen Drüse 
seht. Der erste Abschnitt, der sonst stets mit den beiden übrigen 
in einer Ebene liegt, ist bei Ocythoe aus dieser Ebene zum Teil 


b.Needh. .__ 


Fig. 49. 
Situs des Leitungsapparates von Ocythoe tuberculata. Die Nerpuamsche Tasche ist bei + mit einem 
Teil der Wand der Genitaltasche nach hinten zurückgeschlagen. Die accessorische Drüse zum Unter- 
schied von der Spermatophorendrüse grau gehalten. 


herausgedrängt und mit dem proximalen Vas deferens zusammen 
unter das Paket des zweiten und dritten Abschnitts geschoben worden. 
Alle drei Abschnitte sind äußerlich sehr wenig voneinander abgesetzt. 
Der dritte scheint lange parallele Längsfalten zu besitzen, die durch 
die Außenwand durchschimmern. Die ganze Spermatophorendrüse 
stellt einen Schlauch von fast gleichmäßigem Kaliber dar, der die 
accessorische Drüse anderthalbmal an Länge übertrifft. Zwei Drittel 
ihrer Gesamtlänge, die natürlich individuell verschieden sein kann, 
kommt auf den dritten Abschnitt, ein Verhältnis, das bei allen 
Octopoden ziemlich konstant zu sein scheint. Die accessorische Drüse 


Studien über Cephalopoden. I. 3713 


ist ebenfalls auffällig lang, doppelt so lang wie die gleichfalls sehr 
gestreckte NEEDHANsche Tasche. Sie erlaubt keine scharfe Scheidung 
in Ausführgang und Drüse (Fig. 50). Die vorderen zwei Drittel 
haben sehr viel geringeren Durchmesser als der eingerollte End- 
abschnitt, sind indessen in ihrer ganzen Ausdehnung drüsiger Natur. 
Zu den bei Octopus beobachteten Biegungen des Schlauches, die auch 
hier nachweisbar sind, kommen in- 
folge der Verlängerung des ganzen 
Organs noch andre hinzu. Die 
accessorische Drüse schiebt sich nun 
in mehrfachen Windungen zwischen 
die beiden Pakete des proximalen 
Vas deferens und der Spermato- 
phorendrüse hinein, diese nach außen 
etwas überragend. Die Einmündung 
der Spermatophorendrüse in die ac- 
cessorische Drüse findet auch hier 
in der Weise statt, daß der Aus- 
führgang ein Stück an ihr entlang 
läuft und erst dann in sie mündet 
(Fig. 51). Indessen scheint der Aus- 
führgang die drüsigen Anhänge, die 
sich bei Octopus fanden, nicht zu 
besitzen. Der Blindsack ist nur sehr 
klein und geradezu rudimentär zu 
nennen. Er liegt dem obersten Teil 
der NEeEpHAnschen Tasche eng an, 
läßt indessen immer noch einen auf- 
steigenden und einen absteigenden 
Schenkel des distalen Vas deferens 
unterscheiden, von denen letzterer Bien 0er 
allerdings sogleich mit der NEEDHANM- ae ne N 
schen Tasche verschmilzt (Fig. 52). 

Immerhin scheint mir die Richtung der Spermatophore dadurch der- 
artig bestimmt zu werden, daß eine doppelte Umkehr auch bei Ocythoe 
notwendig eintreten muß. Das distale Vas deferens führt in eine 
NEEDHAMsche Tasche, die insofern einen etwas ungewohnten Anblick 
darbietet, als sie in ihrer ganzen Ausdehnung drüsiger Natur ist. 
Sie stellt einen lang-cylindrischen, ziemlich weiten Drüsensack dar, 
der am hinteren Ende noch einen langen viel engeren Schlauch ent- 


gl.acc. 


(. ----- 


3174 Werner Marchand, 


sendet, der im Bogen über das Paket der übrigen Leitungswege 
hinwegzieht und sich schließlich immer an der Wand der Genital- 


1 b. Needh. 


Fie. 51. 


Skizze der Einmündung des Ausführganges der Spermatophorendrüse bei Ocythoe 


a . v.d.dist. 


=. Ql.sp. IN 
(blindes Ende) 


Fig. 52. 


Schnittbilder zur Erläuterung des Blindsackes bei Ocythoe tuberculata. 


Studien über Cephalopoden. 1. 375 


tasche entlang ziehend, der Hodenkapsel nähert. Aus der Lage zu 
den übrigen Organen (Fig. 50) geht unzweifelhaft hervor, daß es sich 
tatsächlich um die NeEpHAansche Tasche handelt. Auch würde sich 
das Homologon des blinden Endschlauches bei Octopus macropus in 
Gestalt des oben erwähnten kleinen Vorsprunges finden lassen. Den 
Charakter eines Spermätophorenreservoirs scheint das Organ hier 
sanz verloren zu haben; es ist ein Funktionswechsel eingetreten, 


m.retr.pall. ---- 44 


Fig. 53. 
Lage der Geschlechtsöffnung bei Ocythoö tuberculata. 


der schon bei den Octopoden dadurch eingeleitet ist, daß ein Teil 
der NeEpHAnschen Tasche drüsige Funktionen übernahm. Es ergibt 
sich daraus, daß das Spermatophorenreservoir von Ocythoö dem der 
übrigen Octopoden nicht homolog ist. In der Tat zeigt es einen 
Bau, der von dem der NEEpHAmschen Tasche grundverschieden ist. 
Es ist im ungefüllten Zustand klein, oval bis kurz flaschenförmig, 
gerundet und leicht abgeplattet und sehr muskulös. Auf der einen 
Seite ist es in ein hinten abgehendes und gerade nach vorn ragendes, 
blind geschlossenes Röhrchen ausgezogen, auf der andern Seite 
empfängt es das ein Stück an ihm entlang laufende sogenannte Vas 
efferens. Dieses »Vas efferens« bildet nun die direkte Fortsetzung 
der NEEpHAmschen Tasche. Es kann somit kein Zweifel über die 
Bedeutung dieses sekundären Spermatophorenreservoirs bestehen. Es 
ist hervorgegangen aus dem schon bei typischen Octopoden auftretenden 
Penisdivertikel (Fig. 40). Das Vas efferens von Ocyiho& entspricht 
Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. 25 


376 Werner Marchand, 


dem unteren Abschnitt des Penis der übrigen Octopoden!. Durch 
Vergleichung mit dem Penisdivertikel andrer Octopoden habe ich mich 
überzeugt, daß jenes blinde Röhrchen nicht? der ursprünglichen 
Mündung des Penis, sondern einer seitlichen Ausbuchtung des Diver- 
tikels entspricht, in welcher in der Regel das orale Ende der Sper- 
matophore liegt. Wenn also Brock behauptet, zwei Öffnungen des 
Spermatophorenreservoirs gesehen zu haben, so halte ich es für möglich, 
daß er durch ein verletztes Präparat getäuscht wurde. Allerdings 
fand ich bisweilen sowohl das kleine Röhrchen als auch die eigent- 
liche Mündungsstelle geschlossen, vermute aber, daß normalerweise 
nur die letztere nach außen aufbricht. 

Das Verhalten von Ocythoe ist keineswegs sehr überraschend, 
wenn man sich vergegenwärtigt, daß beispielsweise bei Octopus 
 mMacropus nur eine ganz geringe Zahl von sehr langen Spermatophoren 
ausgebildet wird, von denen immer eine in das Penisdivertikel ab- 
geschoben wird. Denkt man sich die Zahl der Spermatophoren bis 
auf eine vermindert, so bleibt überhaupt keine Spermatophore in der 
NEEDHAMschen Tasche zurück. 

Auch der angeblich auffällig abweichende Bau der Spermatophore 
selbst scheint durchaus nicht im direkten Gegensatz zu dem Verhalten 
der übrigen Octopoden zu stehen. Aus der Tatsache, daß der Sperma- 
schlauch bereits in der Spermatophorendrüse in spiraligen Windungen 
liegt, ergibt sich, daß er der Spermaspirale der übrigen Octopoden 
homolog ist, die normalerweise in das Etui eingeschlossen bleibt, 
ausgewickelt aber eine bedeutende Länge erreicht. Es scheint nun, 
daß das Etui, so weit es die Spermaspirale umgibt, frühzeitig verloren 
geht, und namentlich an Spiritusexemplaren im Spermatophoren- 
reservoir nicht mehr nachzuweisen ist. Auf diese Weise ist es ver- 
ständlich, daß LEUCKART sich täuschen ließ und die ausgewickelte 
Spirale für den eigentlichen Körper der Spermatophore hielt und so 
als Maß für die Spermatophore drei Rheinische Fuß herausbrachte. 
Will man aber die Länge dieser Spermatophore mit der der übrigen 
vergleichen, so darf man die Spirale nicht auseinanderwickeln, und 
dann ist die Länge nicht so ungeheuerlich. In. diesem Punkt muß 
ich Vogr recht geben, der dieses Verhalten richtig erkannt hat. 

Das Spermatophorenreservoir scheint erst bei praller Anfüllung 


1 Das Spermatophorenreservoir erhält seine ventrale Lage dadurch, daß der 
Penis sich über die Kiemengefäße hinweggekrümmt hat, der ja sonst in die 
Mantelhöhle vorragt. 

2 Wie in meiner vorläufigen Mitteilung vermutet wurde. 


Studien über Cephalopoden. 1. | 377 


durch die Spermatophore an einem Orte geringsten Widerstandes 
gesprengt zu werden. Über die Art und Weise, wie die Spermatophore 
schließlich das Reservoir verläßt, bin ich nicht völlig ins klare ge- 
kommen. 

Um noch einmal kurz die Haupteigentümlichkeiten des Leitungs- 
apparates von Ocytho® zusammenzufassen, so ist vor allem eine 
bedeutende Streckung aller Teile im Zusammenhang mit der Bildung 
einer einzigen Spermatophore sehr auffällig. Der Ausführgang der 
Spermatophorendrüse ist verkürzt, der Blindsack und das distale Vas 
deferens rudimentär. Indessen muß auch bei Ocythoe eine Umkehr 
der Spermatophore noch stattfinden. Der lange Spermaschlauch wird 
indessen niemals ausgestreckt, sondern behält durchaus seine spiralige 
Aufwindung bei. Die NeepHAmsche Tasche hat sich der Form der 
Spermatophore angepaßt, indem die obere erweiterte Hälfte den 
Spermaschlauch aufnimmt, während der projektile Schlauch in die 
viel engere, blind geschlossene untere Hälfte zu liegen kommt. Die 
Spermatophore bleibt jedoch hier nicht liegen, sondern wird, nun 
wieder mit dem aboralen Pol voran, in das dem Penisdivertikel 
homologe sekundäre Spermatophorenreservoir abgeschoben. Ich ver- 
mute, daß sie auch mit dem aboralen Pol voran in den Hectocotylus 
eintritt, konnte indessen den sicheren Nachweis bis jetzt nicht erbringen. 

Es scheint mir unzweifelhaft festzustehen, daß Ocythoe& durchaus 
als Octopode betrachtet werden kann, ja es scheint mir, daß wir 
diese Art für viel näher mit den typischen Octopoden verwandt 
halten müssen, als z. B. Eledone, eine Gattung, die jedenfalls schon 
viel früher sich vom Octopodenstamm abzweigte. 


Argonauta argo. 


Durch die Liebenswürdigkeit von Prof. Cuun und Herrn Dr. Lo 
BIAnco war ich in der Lage, mehrere der seltenen Argonauta-Männchen 
zu untersuchen. Es existieren bisher nur wenige Angaben in der 
Literatur über die Anatomie des männlichen Tieres. H. MÜLLER 
entdeckte es im Jahre 1842 in Messina, begnügte sich aber damit, 
das Vorhandensein eines Hodens zu konstatieren, so daß wir immer 
noch keine Kenntnis von den ausleitenden Wegen der Argonauta 
haben. 

Bei Argonauta argo nimmt der gewaltig entwickelte Hoden fast 
den gesamten Eingeweidesack für sich in Anspruch (Fig. 54). Der 
Verdauungsapparat wird schräg nach vorn auf die rechte Seite ge- 
drängt und die Venenanhänge nach vorn verlagert, so daß die Nieren- 


25* 


378 Werner Marchand, 


öffnungen durch die Kiemen verdeckt werden. Der ausleitende 
Apparat liegt als fachgedrücktes Paket der linken Seite der Hoden- 
kapsel an. In analoger Weise wie bei Ocythoe liegt ein sekundäres 
Spermatophorenreservoir auf der Ventralseite des Körpers über den 
Venenanhängen. Es werden somit über drei Viertel des Eingeweide- 
sackes von den Geschlechtsorganen eingenommen. 

Was an dem Paket des Leitungsapparates zunächst äußerlich 


N 


\ 


72 


U 
I 
D 


LT 
x x 
NNeR 


nephr. A -= u 
\ Sm Je 
m.reir.pal. NN 
N 


Fig. 54. 


Situs von Argonauta argo I. 


auffällt, ist eine auf seiner rechten Seite liegende, halbkreisförmig 
gebogene Drüse, die mit der sonst hier liegenden accessorischen Drüse 
wenig Ähnlichkeit hat (Fig. 55). Anderseits bemerkt man auf der 
linken Seite des Pakets keine Spur von einer NEEDHAMschen Tasche. 
Es stellt sich nun heraus, daß die accessorische Drüse fast ganz 
rückgebildet und zu einem kleinen Blindsack zusammengeschrumpft 
ist, während die NerpHAusche Tasche, eben jene große Drüse, an 
die durch die Rückbildung der accessorischen Drüse frei gewordene 
Stelle gerückt ist. 


Studien über Cephalopoden. I. 319 


Dieser überraschende Wechsel der Lagerung kommt dadurch zu- 
stande, daß der obere Teil des Pakets während der Embryonal- 


or, 


. gl.ace. 


- gl.sp.III 


gl.sp.I 


gl. sp-ll. 


gl.sp.III 


Fig. 55. 
Leitungsapparat von Argonauta argo. Ventralansicht. 


S 


app. -----/---- 


Leitungsapparat von Argonauta argo. Dorsalansicht. 


entwicklung, also zu einer Zeit, wo die NEEepHAusche Tasche noch 
kurz ist, eine Drehung ausführt, so daß die Tasche, wenn sie sich 


380 Werner Marchand, 


im Laufe der weiteren Entwicklung zu strecken beginnt, anstatt den 
Knäuel des Vas deferens auf der linken Seite zu umwachsen, nun 
auf die rechte Seite gerät und sich nach Art der accessorischen Drüse, 
halbkreisförmig um die Spermatophorendrüse herumlegt(Fig.56). Wieaus 
Fig. 56 sich ergibt, liegt der Blindsack des distalen Vas deferens 
und das Ende der Spermatophorendrüse nun auf der Unterseite des 
Pakets, das Rudiment der accessorischen Drüse an der linken Kante. 
Die untere Hälfte des Pakets hat ihre Lage durchaus beibehalten. 
Unmittelbar an der Hodenkapsel liegt das aufgeknäuelte proximale 
Vas deferens, das mit einer mächtigen, ovalen Ampulle beginnt. 
‚Die Spermatophorendrüse ist von beträchtlicher Länge, wenn auch 
nicht so lang wie bei Ocythoe. Die S-förmige Figur ist, im Gegen- 
satz zu Ocythoe, durch Verlängerung des zweiten Abschnitts stark 
‚gestreckt. Durch Verlängerung des ersten Abschnitts, die diesen 
zwingt, drei sekundäre Knicke in einer Ebene zu bilden, ist die 
ursprüngliche Lagerung ziemlich verwischt. Eine deutliche äußere 
Absrenzung der Abschnitte der Spermatophorendrüse läßt sich nicht 
durchführen. Der Blindsack des distalen Vas deferens ist noch mehr 
rückgebildet als bei Ocythoe. Es scheint, daß die Spermatophoren 
direkt aus der Spermatophorendrüse in den sekundären Spermato- 
phorensack gelangen können, daß also die doppelte Umkehr und 
im Zusammenhang damit die polare Differenzierung der Spermatophore 
hier aufgegeben worden ist. Indessen bedarf diese Frage noch der 
Untersuchung. Die NeEpnAmsche Tasche ist nach ihrer reichlichen 
Faltenbildung drüsiger Natur. - Von der schlauchförmigen Verlängerung 
ihres blinden Endes findet sich im Gegensatz zu Ocythoe keine Spur. 
Indessen weiß ich nicht, ob es gerechtfertigt ist, daraus auf eine 
Rückbildung des projektilen Schlauches der Spermatophore zu schließen. 
Die rudimentäre accessorische Drüse ist am Ende deutlich keulig 
oder knollenförmig verdiekt, offenbar ein Überrest des ursprünglichen 
eigentlichen Drüsenkörpers. Das sekundäre Spermatophorenreservoir 
ist oval, durchscheinend und dem von Ocythoe ähnlich. Es hatte 
bei einem Exemplar eine große, wulstig gerandete Öffnung an der 
Stelle des sekundären Durchbruchs. An Stelle des blindgeschlossenen 
Röhrchens zeigt sich eine beulenartige Vorwölbung. | 

Der Leitungsapparat von Argonauta stellt eine Weiterbildung 
des Apparates von Ocytho& dar und unterscheidet sich von ihm durch 
die fast vollständig durchgeführte Rückbildung der Teile, die mit der 
offenbar zwecklos gewordenen doppelten Umkehr in Verbindung 
stehen. 


Studien über Cephalopoden. 1. 381 


d. Opisthoteuthis depressa. 


Ich möchte an dieser Stelle mit einigen Worten auf den Leitungs- 
apparat von Opesthoteuthis eingehen. Aus der Beschreibung von 
Dr. W. Thu. MeyER! geht hervor, daß wir es mit einer höcht aber- 
ranten Form zu tun haben; ich möchte indessen die Vermutung aus- 
sprechen, daß, wenn Opisthoteuthis ein echter Octopode ist, auch der 
Leitungsapparat sich mindestens unter Benutzung der bei den übrigen 
Dibranchiaten vorhandenen Organe differenziert haben muß. Auf 
Grund des Studiums der Schnitte, die mir Herr Dr. MEYER freund- 
licherweise zur Verfügung stellte, möchte ich folgende Deutung für 
annähernd richtig halten. 

Der von MErver als Vas deferens bezeichnete Teil ist durchaus 
mit dem proximalen Vas deferens der übrigen Cephalopoden ver- 
gleichbar, ebenso der erste und zweite Abschnitt der Spermatophoren- 
drüse (Vesicula seminalis), welche indessen beide wie auch das 
proximale Vas deferens mehr an Eledone und Sepiola als an die 
typischen Octopoden erinnern. Dagegen scheint der dritte Abschnitt? 
der Spermatophorendrüse nur bis an die Stelle zu reichen, wo auf 
der einen Seite beim jungen Tier drei kleine Drüsenschläuche, beim 
erwachsenen Tier eine größere Drüse liegt. Nur bis hierher läßt 
sich der Wulst verfolgen. An dieser Stelle, wo bei den Decapoden 
nach der einen Seite der Flimmergang, nach der andern Seite der 
Ausführgang nach der accessorischen Drüse abgeht, scheint auf bei- 
den Seiten eine drüsige Differenzierung eingetreten zu sein, von denen 
eine einer rudimentären Rangierdrüse (accessorische Drüse) ent- 
sprechen könnte; dann würde der von hier aus nach vorn verlaufende 
Kanal den Ausführgang der accessorischen Drüse darstellen, der 
schließlich unter völligem Schwund des Vas deferens-Blindsackes 
nach der NerepHAunschen Tasche führen würde. Ich halte daher im 
Einverständnis mit Herrn Dr. MEYER das Spermatophorenreservoir 
von Opisthoteuthis für durchaus homolog der NEEDHAnSschen Tasche, 
zumal da es, ähnlich wie letztere bei vielen Octopoden, nach vorn 
bauchig vorgewölbt ist. Ihre bedeutende Verkürzung hängt offenbar 
mit der Rückbildung der Spermatophoren zusammen. Es bleiben nun 
die drei gewaltigen Anhangsdrüsen des Penis übrig. Es liegt nahe 


ı W. Tu. MEYER, Über den männlichen Geschlechtsapparat von Opistho- 
teuthis depressa ]j. u. Ik. Zool. Anz. März 1906. Nr. 25. — Siehe auch: Diese 
Zeitschrift. - Bd. LXXXV. S. 183. (Zusatz bei der Korrektur.) 

2 Der Umstand, daß der III. Abschnitt bei Opzsthoteuthis mit Falten be- 
setzt ist, findet eine Parallele bei Eledone moschata. 


382. Werner Marchand, 


anzunehmen, daß sie zu dem Penisdivertikel der Octopoden in irgend 
welcher Beziehung stehen. In der Tat zeigt ein Vergleich mit dem 
Penis von Scaeurgus unicirrus (Fig. 42), daß eine solche Beziehung 
wohl möglich ist. Man denke sich, es sei zunächst zur Entlastung 
der NEEDHAMschen Tasche jene Vorpostenstation für die Spermato- 
phoren eingerichtet worden, aber ehe sie zu einer ähnlichen Ausbil- 
dung gelangte, wie bei den Hectocotyliferen, durch die beginnende 
Rückbildung der Spermatophoren wieder unnötig geworden. Die 
Folge war, daß die NeepHamsche Tasche als Reservoir beibehalten 
wurde, und jenes in der Entwicklung begriffene Gebilde die drüsigen 
Funktionen übernahm. Die nicht völlig symmetrische Lage der paari- 
gen Drüsen und die innerhalb des Drüsenpakets zu konstatierende 
Kniebildung des Penis, durch die die unpaare Drüse als hintere 
Aussackung des distalen Penisabschnittes erscheint (verglichen mit 
dem aus einer Knotenwindung hervorgegangenen Penisdivertikel), 
sprechen dafür, daß diese Annahme richtig ist. 

Opisthoteuthis würde demnach das Endglied einer von primi- 
tiven Octopoden abzweigenden selbständigen Entwicklungsreihe dar- 
stellen, deren Zwischenglieder, die wahrscheinlich unter den echten 
Cirroteuthiden zu suchen sein werden, uns leider zur Untersuchung 
nicht vorlagen. | 

Konnten wir die echten Octopoden als eine Umbildung des bei 
den Decapoden herrschenden Typus betrachten, so zeigt es sich, daß 
wiederum die Hectocotyliferen und anderseits Opisthoteuthis die 
äußersten Konsequenzen dieser Umbildung gezogen haben. Eine 
große Zahl der bei den Octopoden vorliegenden anatomischen Ver- 
hältnisse lassen sich nur verstehen, wenn wir annehmen, daß die 
jetzt lebenden Octopoden mit den jetzt lebenden Decapoden gemein- 
samen Ursprungs sind und ursprünglich ebenfalls pelagische Lebens- 
weise führten. Während nun die Decapoden pelagische Lebensweise 
beibehielten, und nur verhältnismäßig geringe Veränderungen erfuhren, 
die auf eine immer vollkommenere Anpassung an das pelagische 
Leben hinausliefen, haben die Octopoden durch einen Wechsel in 
der Lebensweise bedeutende Umbildungen des ganzen Körpers und 
vor allem auch der Geschlechtsorgane durchgemacht. 

Betrachten wir die jetzigen Octopoden als das Resultat einer 
solchen, verhältnismäßig spät eingetretenen Umbildung, so müssen 
wir sie unbedingt als den jüngeren Dibranchiatenstamm bezeichnen. 

Ich halte es für nicht angebracht, die Spermatophoren der Octopoden 
als Rück- und Umbildungen der Spermatophoren etwa eines Illex zu 


Studien über Cephalopoden. 1. 383 


betrachter. Wir haben in den komplizierten Anheftungsmechanismen 
der Spermatophore mancher Deeapoden einen Höhepunkt der Entwick- 
lung, der gewiß nicht von der ÖOectopodenspermatophore erreicht 
worden ist. Gleichwohl muß nach dem Bau des Leitungsapparates 
eine gewisse Differenzierung zum Zweck der äußeren Befruchtung im 
Anschluß an die pelagische Lebensweise bei den Stammformen der 
Oetopoden bestanden haben, und es sprechen viele Gründe dagegen, 
die Octopoden etwa als von Anfang an mit den Decapoden parallel 
laufende »litorale Facies« aufzufassen. 


3. Übersicht über die Umbildungen des Leitungsapparates bei den 
einzelnen Arten. 


Betrachten wir vergleichend die verschiedenen Formen des 
Leitungsapparates der Dibranchiaten, so erhalten wir eine fast kon- 
tinuierliche Reihe von Übergängen, als deren Endglieder wir einer- 
seits Pferygioteuthis und Calliteuthis, anderseits Argonauta und 
Opisthoteuthis auffassen können. Es scheint also die tatsächliche 
Verwandtschaft aller dieser Arten außer allem Zweifel zu stehen. 
Da nun der Leitungsapparat der Decapoden sich unmöglich als das 
Umbildungsprodukt des Octopodenapparates auffassen läßt, wohl aber 
das Umgekehrte mit Leichtigkeit für jedes einzelne Organ durch- 
geführt werden kann, ich erinnere nur an die Ausbildung des sekun- 
dären Spermatophorenreservoirs, das Verschmelzen des distalen Vas 
deferens mit der NEeEDHAauschen Tasche usw., da ferner der Bau 
des Decapodenapparates auch ohne den Vergleich mit den Octopoden 
verständlich ist, so habe ich mich überzeugt, daß die Decapoden 
zweifellos als die Vorgänger der Octopoden zu gelten haben. Schwie- 
riger ist es, innerhalb der Decapodengruppe sicher die primitiven 
von den jüngeren Formen zu sondern. Indessen lassen sich doch, 
wenn wir die in der Umbildung zu den Octopoden ausgesprochene 
Entwieklungsrichtung berücksichtigen, gewisse Formen als typische 
Decapoden von andern trennen, die sich dem Octopodentypus nähern. 
Solche Annäherungen an das Verhalten der Octopoden haben wir in 
dem Auftreten von Querfalten in der accessorischen Drüse bei Sepza, 
dem Bau des ersten Abschnittes der Spermatophorendrüse bei Sepzola, 
der beginnenden Differenzierung eines Halses der NEEDHAuSschen 
Tasche bei Rossia und endlich in dem Zusammenrücken aller Teile 
bei andern Myopsiden. 

Aus dem Umstand, daß der Blindsack bei den Octopoden ver- 
schwindet, der erste Abschnitt der Spermatophorendrüse rückgebildet 


384 Werner Marchand, 


wird, und die NEEDHAMsche Tasche eine Arbeitsteilung in ein Reser- 
voir und einen muskulösen Penis aufweist, können wir schließen, 
daß diejenigen Formen das primitivste Verhalten zeigen, bei denen 
der Blindsack und der erste Abschnitt der Spermatophorendrüse 
relativ am größten, und wo von einer Trennung der Tasche in Fun- 
dus und Penis noch keine Andeutung vorhanden ist. Aus diesem 
und noch andern Gründen möchte ich Cuux darin unbedingt bei- 
stimmen, wenn er die Oegopsiden als die primitivsten der jetzt leben- 
den Cephalopoden betrachtet, da in dieser Gruppe sich mehr ur- 
sprüngliche Verhältnisse gehalten haben, als in irgend einer andern. 

Wollen wir aber nach der tatsächlichen Urform des Leitungs- 
apparates suchen, so dürfen wir nicht ohne weiteres zu den Oegopsiden 
sreifen, sondern müssen aus allen Gruppen die offenbar primitiven 
. Verhältnisse zusammensuchen. 

Wenn die komplizierten Anhangsapparate der Spermatophorenr- 
drüse der Decapoden uns Zweifel machen können, so zeigt. uns doch 
das, wenn auch vielleicht sekundär primitive Verhalten der Octopoden, 
dab wir diese Drüse nur als einen differenzierten Teil des Leitungs- 
weges, also eines einfachen Kanals auffassen dürften. Anderseits 
können wir den Blindsack des distalen Vas deferens als eine bloße 
Knriekung dieses Kanals ansehen, da wir ein solches Verhalten bei 
Sepiola (japonica) noch vor uns haben, und da sich wohl die Ent- 
stehung des Blindsackes aus einem Knick, nicht aber das Umgekehrte 
begreifen ließe. In ähnlicher Weise zeigt sich durch die Vergleichung 
verschiedener, besonders noch unausgebildeter Formen, daß auch die 
Einmündungsweise des distalen Vas deferens in die NEEDHANMSche 
Tasche eine Biegungsstelle des Ganges und die Tasche nur eine 
Differenzierung der distalen Partie des Leitungsweges darstellt. 

Wir sind also per excelusionem zu dem Resultat gekommen, daß 
die Urform des Leitungsapparates ein einfacher Kanal ist, welcher 
eine einzige Anhangsdrüse, eben die accessorische Drüse, besitzt. 
Alle Angaben über eine »Zweizahl der Prostata« usw. sind durch- 
aus von der Hand zu weisen. Paarige Anhangsdrüsen kennen wir 
bei Dibranchiaten nur bei Opisthoteuthis. Obwohl diese vielleicht 
mit viel größerem Recht den Namen »Prostata« führen könnten als 
die accessorische Rangierdrüse, so konnte doch keiner der Autoren 
diese erst jetzt von Meyer beschriebene Form im Auge haben. Daß 
diese paarigen Drüsen als sekundäre Differenzierungen der distalen 
Partie der NeepHAmschen Tasche aufzufassen sind und keinesfalls 
als primäre Anhangsorgane, brauche ich wohl nicht zu wiederholen. 


Studien über Cephalopoden. I. 385 


Indem ich mir vorbehalte, im nächsten Kapitel diese Urform 
des Leitungsapparates weiter zu analysieren, möchte ich hier nur 
eine gedrängte Übersicht der von den Oegopsiden zu den höchsten 
Octopoden fast in gerader Linie fortschreitenden Umbildungsreihe 
der einzelnen Organe anschließen. 

Wir beobachten, daß das proximale Vas deferens im allgemeinen 
geringe Veränderungen durchgemacht hat. Abgesehen von der am- 
pullenartigen Erweiterung des Anfangsteils, die bei vielen Formen 
eintritt, wiederholen die Octopoden das Vas deferens der Decapoden, 
während sich anderseits für das Verhalten bei Eledone und Opistho- 
teuthis eine Analogie in Sepeola findet. Die Spermatophorendrüse, 
bei den Oegopsiden durch die scharfe Sonderung der Abschnitte am 
höchsten differenziert, sehen wir bei den Octopoden zu einem ein- 
fachen Schlauch werden, der durch Verlängerung der Teile den Mangel 
einer Differenzierung ersetzt. Auch hier fanden wir in Zledone ver- 
mittelnde Übergänge. Im Gegensatz zur Spermatophorendrüse nimmt 
- die accessorische Drüse in der Octopodengruppe an Bedeutung zu. 
Die schon bei Sepia beginnende und bei Zledone noch nicht völlig 
durchgeführte Ausgestaltung durch verschmelzende Sekundärfalten 
führt von der einfach längs gefalteten Drüse der Oegopsiden zu dem 
massigen Organ der Octopoden, das erst bei den abgeleitetsten Formen 
zu verschwinden beginnt. Für den Blindsack des distalen Vas deferens 
dagegen konstatieren wir eine ständige Rückbildung von der relativ 
bedeutenden Ausbildung bei manchen Oegopsiden bis auf minimale 
Rudimente bei den Hectocotyliferen. Das distale Vas deferens, 
d. h. der undifferenzierte Teil des Leitungsweges, ist da, wo es offen- 
bar einen zwecklosen Umweg beschrieb, mit der Wand der ihm 
zunächst liegenden NEEDHAMschen Tasche verschmolzen oder, was 
im Prinzip auf das gleiche hinausläuft, bedeutend. verkürzt worden 
(wie bei Hledone moschata). Wieder haben wir in der Gattung Eledone 
die vermittelnden Übergänge. 

Die bedeutendsten Umbildungen hat der distalste Abschnitt, die 
NEEDHAMsche Tasche, erfahren. Die auffällige Spiralwindung ist bei 
den Sepiolini noch locker. Bei andern Decapoden haben sich die 
Windungen aneinander gelegt, so daß es durch teilweise Verschmelzung 
der Wände der Tasche zur Bildung eines Wulstes gekommen ist. 
Während die Spiralwindung selbst bei den Octopoden mehr und mehr 
verwischt wird, erhält sich bei ihnen der Wulst. Gleichzeitig tritt, 
schon bei Sepia und Rossia angebahnt, eine Arbeitsteilung der 
NEEDHAMschen Tasche in Spermatophorenreservoir und muskulösen 


386 Werner Marchand, 


Penis ein, während der Fundus der Tasche drüsige Funktionen über- 
nimmt. Ein Schritt weiter, und die Aussackung dieses Penis, deren 
erste Andeutung wir bei Zledone beobachten, wird zum sekundären 
Spermatophorenreservoir: der Fundus der Tasche ist vollständig zur 
Drüse geworden. Das Verhalten von Argonrauta und Opesthoteuthis 
deutet entschieden darauf hin, daß auch der NEEpHAuschen Tasche 
ein RückbildungsprozeB bevorsteht. 

Das einzige Organ, auf welches eine scharfe Trennung der 
Decapoden und Octopoden sich gründen könnte, ist der Flimmergang, 
der den letzteren fehlt, ohne daß sich irgendwelche Übergangsstadien 
der Rückbildung fänden. Indessen kann diese Lücke wohl kaum 
die Einheitlichkeit stören. 

Charakteristisch ist, daß die Neubildungen im wesentlichen an 
die distalen Partien des Leitungsapparates anknüpfen, während die 
proximalen eine regressive Entwicklung aufweisen. So haben wir 
den überraschenden Gegensatz, daß bei den primitiven Oegopsiden 
der erste Abschnitt der Spermatophorendrüse, bei Opzisthoteuthrs das 
Penisdivertikel alle übrigen Teile an Bedeutung übertrifft. 

Ich kann mir diese Erscheinung nur durch die Annahme erklären, 
daß den Organen eine gewisse individuelle Entwicklung zukommt, 
die, nachdem sie ihren Höhepunkt überschritten hat, schließlich eine 
gewisse Altersgrenze erreichen muß. Organe, die den Höhepunkt 
ihrer Entwicklung noch nicht überschritten haben, werden bei einer 
Änderung der Existenzbedingungen umgebildet (Penisdivertikel von 
Opisthoteuthis), während alternde Organe bei einem Wechsel der 
Existenzbedingungen nicht mehr ausgestaltet werden können und 
zugrunde gehen. Wir finden also ein Fortschreiten von den proxi- 
malen zu den distalen Partien, indem zunächst der (dem Hoden 
zunächst gelegene) mesodermale Teil des Leitungsapparates und endlich 
in immer höherem Maße die distalen (ektodermalen?) Teile des 
Leitungsapparates zu Neubildungen benutzt werden, da die früher 
differenzierten Teile sich nicht mehr ausgestalten lassen. 


III. Phylogenetische Entwicklung des Leitungsapparates. 


Ich habe versucht zu zeigen, daß alle verschiedenen Formen 
des Leitungsapparates bei den einzelnen Arten sich als Umbildungen 
einer einheitlichen Grundform auffassen lassen, die wir annähernd 
bei den Oegopsiden vorfinden. Es gelang nachzuweisen, daß der 
Leitungsapparat sich im wesentlichen auf einen einfachen Kanal 


Studien über Cephalopoden. i. 387 


zurückführen läßt und daß, mit Ausnahme der accessorischen Drüse, 
welche wir als ein in diesen einmündendes Anhangsorgan auffassen 
mußten, alle drüsigen Apparate Differenzierungen der Wände dieses 
Kanals darstellen. Von dem nur bei Dekapoden vorkommenden 
Flimmergang soll hier einstweilen abgesehen werden, da er für die 
Ausleitung der Geschlechtsprodukte nebensächlieh ist, dagegen möchte 
ich den Versuch machen, die accessorische Drüse als ein die Harmonie 
störendes Gebilde zu beseitigen. 

Als Ausgangspunkt wähle ich die Beobachtung, daß sich, wie 
schon mehrfach angedeutet, eine Reihe von außerordentlich kon- 
stanten Windungen oder Knickungen des Leitungsweges nachweisen 
lassen, die der Differenzierung als Grundlage dienen, und von denen 
die definitive Lagerung der einzelnen Organe bestimmt wird. Während 
das proximale Vas deferens, fast in seiner ganzen Ausdehnung von 
gleichartiger Struktur, je nach seiner Länge bald ganz gerade, bald 
in mehr oder weniger Windungen angeordnet ist, sind die Windungen 
der Spermatophorendrüse bereits so konstant, daß sie einen Anhalts- 
punkt für die Trennung der histologisch verschiedenen Abschnitte 
geben. 

Die Einmündung des proximalen Vas deferens in den ersten 
Abschnitt der Drüse findet in der Weise statt, daß es zunächst ein 
Stückchen gerade nach vorn an diesem entlang läuft, dann plötzlich 
umknickt und gerade die entgegengesetzte Richtung einschlägt, indem 
es sich gleichzeitig zu einem drüsigen Hohlraum erweitert. Schon 
nach kurzem Verlauf wiederholt sich das gleiche: der Drüsenkanal 
biegt nach vorn um und verläuft nun wieder in der ursprünglichen 
Richtung des einmündenden Vas deferens. Die so entstandene drüsig 
differenzierte Schleife, deren beide Schenkel bei vielen Arten völlig 
verschmelzen können, bildet den ersten Abschnitt; dieser bildet also 
zusammen mit dem einmündenden Endabschnitt des proximalen Vas 
deferens eine S-förmige Figur. Der zweite Schenkel des ersten Ab- 
schnitts wiederholt nun das gleiche Verfahren: nachdem er bis in die 
Höhe des ersten vorgerückt ist, biegt er wieder nach rückwärts um. 
Diese Stelle, welche den Übergang zum zweiten Abschnitt bezeichnet, 
zeigt oft anstatt eines scharfen Knicks, den die enorme Oberflächen- 
vergrößerung und Verdickung der Wände nicht gestatten, nur eine 
‚bogenförmige Krümmung. Tatsächlich verläuft das Lumen des zweiten 
Abschnitts schließlich wieder in entgegengesetzter Richtung wie der 
zweite Schenkel des ersten Abschnitts. Auch das Ende des zweiten 
und der Beginn des dritten Abschnitts wird durch einen ziemlich 


388 "Werner Marchand, 


plötzlichen Knick markiert. Wir erhalten also, wenn wir von der 
speziellen Zusammensetzung des ersten Abschnitts absehen, für die 
gesamte Spermatophorendrüse wieder eine S-förmige Knickfigur, auf 
die ich schon in meiner vorläufigen Mitteilung hingewiesen habe. 

Denken wir uns den Leitungsapparat etwa so orientiert, daß 
die Richtung der Knicke, die meist etwas verlagert sind, ungefähr 
senkrecht zur Längsachse des Tieres steht, so konstatieren wir vier 
abwechselnd nach links und rechts verlaufende, also regelmäßig 
alternierende Knicke. Es könnte dieses Verhalten die Vermutung 
nahe legen, daß es sich hier um eine Gesetzmäßigkeit handelt. In 
der Tat verläuft auch der Ausführgang der Spermatophorendrüse 
wieder in entgegengesetzter Richtung wie der dritte Abschnitt: Ging 
dieser nach rechts, so biegt der Ausführgang scharf nach links ab. 
Sollte wirklich eine gesetzmäßige Anordnung dieser Knicke vorliegen, 
so müßte man nun erwarten, daß der Ausführgang in scharfem Knick 
nach rechts umböge. Er führt aber in die accessorische Drüse. Es 
finden sich nun zwei Fälle realisiert: Entweder der Ausführgang der 
accessorischen Drüse verläuft gesondert und dann gerade in entgegen- 
gesetzter Richtung wie der Ausführgang der Spermatophorendrüse; 
die Spermatophoren gehen dann durch den einen hinein und durch 
den andern hinaus, oder es existiert nur ein Gang, und die Sper- 
matophoren verlassen die accessorische Drüse auf dem gleichen Wege, 
auf dem sie hineingekommen sind. Wäre es nun nicht naheliegend, 
anzunehmen, daß dieser einfache Gang aus der Verschmelzung zweier 
gesonderter Gänge entstanden wäre, ja daß die Drüse selbst auf die 
Verschmelzung zweier Schenkel eines an dieser Stelle liegenden 
Knickes zurückgeführt werden könnte? Diese Auffassung würde die 
eigentümliche Gepflogenheit der Spermatophoren, jedesmal in die 
Drüse hineinzugehen und wieder umzukehren verständlich machen, 
als eine Reminiszenz aus der Zeit, da noch eine einfache Biegung 
an dieser Stelle bestand. Wir würden also, wenn diese Annahme 
richtig ist, in der accessorischen Drüse einen Knick von links nach 
rechts vor uns haben und damit bereits sechs regelmäßig zwischen 
links und rechts alternierende Knicke. ; 

Um so unangenehmer fällt es auf, daß der nächste, stets sehr 
deutlich ausgesprochene Knick, der Blindsack des distalen Vas 
deferens, wieder von links nach rechts umbiegt, also in gleicher 
Richtung wie der hypothetische Knick der aecessorischen Drüse, und 
damit die ganze Gesetzmäßigkeit durchbricht. Die Einmündungsstelle 
des distalen Vas deferens an der Basis der NEEpHAuschen Tasche 


Studien über Cephalopoden. 1. 389 


bildet allerdings wieder einen mit dem Blindsack alternierenden 
Knick. 

Indessen zeigt es sich, daß der Widerspruch nur ein scheinbarer 
ist. Es fällt zunächst auf, daß die NeenpHAusche Tasche in der 
Regel in der Längsachse des Tieres liegt, während die übrigen, diffe- 
renzierten Teile des Leitungsapparates, die accessorische Drüse und 
die einzelnen Abschnitte der Spermatophorendrüse, mit ihren Längs- 
achsen zwar alle untereinander parallel verlaufen, mit der des Tieres 
aber einen gewissen, wenn auch nicht rechten Winkel bilden (wie 
aus der schematischen Zeichnung |[Fig. 57) hervorgeht). Während 
die Windungen der genannten Teile ziemlich deutlich in einer Ebene 
angeordnet sind, fällt die NerpHuAnmsche Tasche aus dieser Ebene 
heraus. Denken wir uns nun NEEDHAMsche Tasche und distales 
Vas deferens um den Blindsack als Achse nach rechts hinten um das 
Paket herumgedreht, so erhalten wir eine Lagerung, die allen ge- 
wünschten Anforderungen entspricht. Die Längsachse der NEEDHAM- 
schen Tasche liest nun der der übrigen Organe parallel, sie liegt in 
einer Ebene mit ihnen, und der Blindsack, wie auch die Mündung 
des distalen Vas deferens fügen sich ohne weiteres in die Reihe der 
regelmäßig alternierenden Knicke. Es hat also den Anschein als sei 
dies die ursprüngliche Lagerung der NeepHuAmschen Tasche und als 
habe sie aus irgendwelchen Gründen die Drehung oder Wanderung 
. ausgeführt, die wir sie eben in Gedanken in umgekehrter Richtung 
zurücklegen ließen. Eine einfache Überlegung erhöht die Wahr- 
scheinlichkeit, daß diese Annahme richtig ist. Mit der Ausbildung 
der NezpHamschen Tasche als Spermatophorenreservoir und mit der 
Zunahme der Spermatophorenproduktion mußte eine beständige Ver- 
srößerung dieses Organs eintreten. Links, an der Mündungsstelle, 
an der Epidermis festgewachsen, konnte sie sich nur in der Richtung 
nach rechts ausdehnen, wo sie an den übrigen Organen des Ein- 
seweidesackes bald auf Widerstand stoßen mußte. Sie konnte sich 
also nur soweit verlängern, wie ihr die dort lagernden Organe ge- 
statteten. Ging die Verlängerung aber noch weiter, so mußte die 
Tasche gewissermaßen abgleiten und eine andre Richtung einschlagen, 
in der sie mehr Platz hatte. 

Die notwendige Folge der stetig zunehmenden Vergrößerung und 
Verlängerung der NerpHuAuschen Tasche ist, daß sie sich schließlich 
in der Richtung des geringsten Druckes einstellen muß, d.h. in die 
Längsachse des Tieres. Und nicht genug damit, sie muß auch noch 
auf die linke Seite des Pakets der übrigen Leitungswege rücken, 


390 Werner Marchand, 


weil nur hier der durch die abstehende Kieme stets freigehaltene 
Raum eine weitere Ausdehnung gestattet. Sie wird aus der Lage 
rechts von dem Paket zunächst auf die Dorsalseite hinter dieses, 
schließlich aber ganz auf die linke Seite des Eingeweidesackes rücken, 
wo sie wenigstens nach einer Seite größere Ausdehnungsmöglichkeit 
hat (Fig. 57). | 
Ich habe versucht einen Fall aufzufinden, wo diese ursprüngliche 
Lage der NzepHamschen Tasche noch beibehalten wäre, und glaubte 
| anfangs eine solche Form 
in Argonauta gefunden zu 
haben. Indessen wäre es ja 
von vornherein auffallend 
gewesen, wenn diese aber- 
—b.Needh. rante Form ein so primitives 
Verhalten zur Schau tragen 
würde, und ich erinnere dar- 
an, daß im Vorstehenden 
gezeigt wurde, daß bei 
Argonauta die NEEDHAMsche 
Tasche erst sekundär, infolge 
der Rückbildung der acces- 
sorischen Drüse und einer 


v.d.dist. 


v.d.prox. 


Fig. 57. Drehung des oberen Teiles 
Schematische Darstellung der Lagebeziehungen der Or- 5 
gane des Leitungsapparates. des ganzen Pakets wieder 


auf die rechte Seite gerückt 
ist. Indessen finden wir bei jugendlichen Tieren, bei denen die NEED- 
HAMSche Tasche noch nicht differenziert ist, deutliche Anklänge an das 
primitive Verhalten. Ich verweise auf die Abbildung des jungen 
und geschlechtsreifen Leitungsapparates von Kledone und Octopus, an 
denen sich diese Wanderung ausgezeichnet demonstrieren läßt. Die 
Zahl der Beispiele ließe sich indessen noch vermehren. 

Um noch einmal kurz das Gesagte zu rekapitulieren, so haben 
wir, die Richtigkeit der Annahmen vorausgesetzt, acht in einer Ebene 
verlaufende regelmäßig alternierende Knicke vom ersten Abschnitt 
der Spermatophorendrüse bis zur NEEDHAMschen Tasche, die wir bei 
keinen der untersuchten Dibranchiaten vermissen. Erinnert man sich 
nun, daß auch das proximale Vas deferens bei allen, besonders 
deutlich bei den primitiven Oegopsiden, ferner bei den meisten Myop- 
siden deutlich schlangenförmige Windungen beschreibt, ja daß sich 
selbst bei Octopoden diese noch nachweisen lassen, wie aus der Ab- 


Studien iiber Cephalopoden. 1. 391 


bildung (Fig. 59) hervorgeht, so möchte ich in Anbetracht der Tat- 
sachen mit aller Entschiedenheit die Behauptung aussprechen: Der 
männliche Leitungsapparat der dibranchiaten Cephalopoden ist aus 
einem einfachen Kanal hervorgegangen, der in einer Ebene regel- 
mäßig alternierende Windungen beschrieb, die der Differenzierung 
als Grundlage dienten (Fig. 58). 

Es ist zu vermuten, daß der uns jetzt vorliegende Leitungsapparat 
früher einmal alle die Differenzierungen, die wir jetzt an ihm wahr- 


Fig. 58. Fig. 59. 
Schematische Darstellung der pri- Ein Teil des proximalen Vas deferens von Scueunyus 
mären Windungen des Leitungs- tetracirrus. 

apparates. 


nehmen, noch nicht besaß und einen einfachen, geraden Kanal dar- 
stellte. Nach unsrer Annahme legte sich nun dieser Kanal zunächst 
in regelmäßige Windungen von rechts nach links, so daß eine in 
einer Ebene verlaufende Schlangenlinie entstand, an die dann die 
weitere Differenzierung anknüpfte. 

Fragen wir uns nun nach den Bedingungen, unter denen eine 
solche Figur überhaupt entstehen kann, so kommen wir zu folgendem 
Resultat: ein gerade gestreckter Kanal von überall gleichem Durch- 
messer, der an seinen beiden Enden fixiert ist und eine aktive Ver- 
längerung erfährt, muß sich krümmen. Die Krümmung wird in eine 
Ebene fallen, wenn durch einen zu dieser Ebene senkrechten Druck 

Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. 26 


392 Werner Marehand, 


Exkursionen in der Richtung dieses Druckes ausgeschlossen sind. 
Ist die seitliche Exkursionsmöglichkeit unbegrenzt, so muß der Kanal 
eine einzige Windung bilden. Ist sie durch seitlichen Druck be- 
schränkt, so müssen mehrere Windungen entstehen. Die Zahl der 
Windungen wird dabei um so größer sein, je größer der seitliche 
Druck und je geringer der Durchmesser des Kanals ist. Sie muß 
also unter gleichen Bedingungen immer die gleiche sein. Die 
Windungen werden regelmäßig, d. h. gleich groß ausfallen, wenn 
der seitliche Druck überall gleichmäßig verteilt ist. Wird der seit- 
liche Druck unendlich groß, so müssen unendlich viel Windungen 
entstehen, ein Fall, der praktisch nie eintritt, weil die Exkursions- 
möglichkeit gleich Null wird, sobald der seitliche Druck so groß 
geworden ist, daß der Druck des sich streekenden Ganges ihn nicht 
mehr überwinden kann. Der seitliche Druck muß also, wenn eine 
derartige Schlangenlinie entstehen soll, immer geringer sein als der 
des sich streckenden Kanals, mit einem Wort, es muß eine gewisse 
seitliche Exkursionsmöglichkeit immer vorhanden sein. Der Kanal 
wird sich dann jedesmal so weit nach der einen Seite krümmen, bis 
er den dort wirkenden Druck nicht mehr überwinden kann. Durch 
die Krümmung entsteht auf der andern Seite eine Stelle verminderten 
Druckes. Der Kanal wird also nun umkehren und eine Krümmung 
nach der andern Seite bilden, die wieder schließlich auf Widerstand 
stoßen muß, und, da wir gleiche seitliche Drucke vorausgesetzt 
haben, gleich groß werden muß wie die vorhergegangene. Auf diese 
Weise muß eine regelmäßige, in einer Ebene verlaufende Schlangen- 
linie entstehen. 

Wir haben bisher vorausgesetzt, daß der Abstand der beiden 
Fixationspunkte des sich verlängernden Kanals sich nicht veränderte. 
Vergrößert sich dieser Abstand, während gleichzeitig der Kanal sich 
verlängert, so werden keine Windungen entstehen, da sie durch das 
Auseinanderrücken der Fixationspunkte wieder gestreckt werden. 
Verringert er sich, so müssen die Windungen eines sich verlängernden 
Kanals verstärkt werden. Anderseits muß durch aktive Verringerung 
des Abstandes zwischen den Fixationspunkten ein gerader Kanal, 
dessen Länge sich nicht verändert, sich in genau derselben Weise 
krümmen, wie ein sich verlängernder Kanal zwischen zwei Fixations- 
punkten, deren Abstand unverändert bleibt. Er muß also unter den 
oben festgestellten Bedingungen ebenfalls eine in einer Ebene ver- 
laufende regelmäßige Schlangenlinie beschreiben. 

Wir wollen einstweilen unentschieden lassen, welcher von beiden 


Studien über Cephalopoden. 1. 393 


Faktoren für das Zustandekommen der Windungen, die wir tatsächlich 
beobachten, verantwortlich zu machen ist, und wollen uns darauf 
beschränken festzustellen, ob die speziellen Bedingungen für das 
Entstehen einer regelmäßigen Schlangenlinie vorhanden sind oder 
vorhanden waren. Es sei ferner hier daran erinnert, daß, da wir 
es mit äußerst langsam sich entwickelnden Organismen zu tun haben, 
auch das konstante Gleichbleiben dieser Bedingungen in irgend einer 
Weise garantiert werden muß. 

Ein Blick auf einen erwachsenen, jetzt lebenden Cephalopoden 
lehrt, daß alles andre existiert als diese gleichmäßigen Druck- 
verhältnisse. Wir finden den Leitungsweg dorsal von der linken 
Kieme, an einer Stelle. wo er auf der linken Seite von der Haupt- 
masse des Eingeweidesackes begrenzt ist und nach der andern Seite, 
von der Kieme vor Druck geschützt, eine fast unbegrenzte Aus- 
dehnungsmöglichkeit besitzt. 

Kann aber nicht die Lage des Leitungsapparates ursprünglich 
eine andre gewesen sein, die auch andre Druckverhältnisse zeigte? 
Muß nicht gerade seine jetzige Lage, die ja vor allem auf den 
Füllungszustand und die hohe Differenzierung seiner einzelnen Ab- 
schnitte Rücksicht nimmt, uns stutzig machen ? 

Alle durch auffällige Größe ausgezeichneten Organe des Leitungs- 
apparates knüpfen an bereits vorhandene Windungen an. Die 
Windungen sind also das Primäre. Der Kanal kann, als die 
Windungen entstanden, keine oder nur unbedeutende Ditferenzierungen 
gehabt haben, da diese das Entstehen regelmäßiger Windungen ver- 
hindert hätten. Es ist nun als wahrscheinlich anzunehmen, daß, 
sobald eine bedeutende Vergrößerung der differenzierten Teile ein- 
trat, Lageverschiebungen erfolgten, deren Resultat die jetzige Lage 
des Pakets ist. 

Die Entwicklungsgeschichte muß hier Aufschluß geben. Allein 
öffnen wir einen jungen Octopus von 4 mm bis 1 cm Mantellänge, so finden 
wir den Leitungsapparat bereits dorsal von der Kieme, also an seiner 
definitiven Stelle (Fig. 60). Anders ist es bei jungen Oegopsiden. 
Aus der beigegebenen Abbildung (Fig. 61) von Illex coindetii geht 
hervor, daß das Paket des Leitungsweges beim jugendlichen Tier 
noch nicht dorsal von der Kieme, sondern hinter ihr liegt, und wir 
beobachten erst in der späteren Entwicklung, daß er sich teilweise 
unter die Kieme schiebt und dorsal von ihr zu liegen kommt. Und, 
wie ich, eine Mitteilung von DÖrRIına benutzend, wohl vorausgreifen 
darf: auch der weibliche Leitungsweg wird bei /llex an dieser Stelle 

26* 


394 Werner Marchand, 


angelegt, rückt aber im Verlaufe seines Wachstums nicht unter der 
Kieme hindurch, sondern rechts über die Kiemengefäße hinweg, so 
daß er ventral zu liegen kommt und damit jene auffällige Eigen- 
tümlichkeit von Illex her- 
beiführt, die schon Pos- 
sELT beim Vergleich mit 
andern Cephalopoden auf- 
gefallen war. Um so 
weniger kann das Ver- 
halten von /lHlex nach 
den obigen Ausführungen 
wundernehmen. Die Lage 
des Oviducts bei Illex ist 


ur. en Nu 
4 N Hl N N y 


Z TR 
Ä 


? z° 7 ERFERr 
nephr. er 


jE die ursprüngliche Lage 
PB des Leitungsweges, das 
VA A SBWEZER, 


Unter-die- Kieme-Rücken 
io. 60 ist eine sekundäre Erschei- 
g. 60. 


Anlage des Leitungsapparates eines Oclopus vulgaris von nung bei den höheren 
4 mm Mantellänge. 


Cephalopoden. Erst bei 
den Octopoden ist die dorsale 
Lage zu einer so festen Ein- 
richtung geworden, daß sie 
schon in derEmbryonalentwick- 
lung eingenommen wird, wäh- 
rend die Decapoden in der Ju- 
send das alte Verhalten mehr 
oder weniger deutlich rekapi- 
tulieren. Es spricht also alles 
dafür, daß die Leitungswege 
bei beiden Geschlechtern ur- 
sprünglich ventral gelegen wa- 
ren. Erinnern wir uns ferner 
der Tatsache, daß der Leitungs- 
weg, der bei den Octopoden 


Fig. 61. Ä von den Venenanhängen, dem 
Anlage des Lungseitapparates eines Illex coindetii von . \ \ 
; a Kiemenherz und andern Orga- 


nen fast vollständig verdeckt 
und zwischen sie eingelagert, bei /llex und andern Decapoden weit 
mehr oberflächlich sichtbar ist, und daß er endlich bei den Em- 
bryonen völlig an der Oberfläche liegt, so kommen wir zu dem 


Studien über Cephalopoden. 1. 39 


Resultat, daß der Leitungsweg, bevor bedeutende Differenzierungen 
eintraten, auf der Oberfläche des Eingeweidesackes und zwar auf 
der Ventralseite gelegen war. 

Und auf der Ventralseite ist es, wo wir in der Tat die Be- 
dingungen vorfinden, die zum Zustandekommen der Schlangenfigur 
erforderlich sind. Hier ist durch den Druck des bei jedem Atem- 
zug gegen den Eingeweidesack gepreßten Mantels jede Möglichkeit 
einer Exkursion nach oben und unten ausgeschlossen und hier sind, 
da der Kanal oberflächlich, also nieht zwischen unregelmäßig ge- 
stalteten Organen, sondern in das überall gleichartige Bindegewebe 
eingebettet verläuft, alle Bedingungen für eine gewisse, doch nicht 
unbeschränkte Bewegungsfreiheit in einer Ebene vorhanden. Durch 
die starre, innere Schale ist vor allem auch das konstante Gleich- 
bleiben dieser Bedingungen garantiert, da sie den Kontraktionen des 
Mantels als unveränderliches Widerlager dient. 

An dieser Stelle lag also der männliche Leitungsweg, als jene 
Windungen entstanden, die durch weitgehende Differenzierung ein 
für allemal festgelegt wurden und nur im Vas deferens und sekundär 
bei den ganz aberranten Heectocotyliferen einen Rückbildungsprozeß 
durehmachten. Fand aber hier überhaupt die Bildung von Windungen 
statt, so mußten diese regelmäßig werden, einerlei ob aktive Ver- 
längerung des Ganges oder Zusammenrücken der Fixationspunkte 
die Ursache ihres Entstehens war. Unsre vorläufigen Annahmen 
waren also berechtigt: die accessorische Drüse entspricht einem 
primären Knick und ist ein Verschmelzungsprodukt; die NEEDHAN- 
sche Tasche lag ursprünglich nicht links, sondern rechts von den 
übrigen Organen. Die Grundlage für die Differenzierungen 
des männlichen Leitungsweges war eine durch regelmäßiges 
Alternieren von Knicken gebildete Schlangenlinie. 

Gegen diesen Satz erheben sich indessen zahlreiche Einwände. 
Wenn die Ausdehnungsbedingungen wirklich vollkommen gleichmäßig 
waren, so mußte es theoretisch gleichgültig sein, nach welcher Seite 
der Gang zuerst ausbiegen sollte. Es wäre also zwar stets die 
gleiche Zahl von Windungen angelegt worden, aber diese wären 
nicht immer die gleichen, sondern ebenso oft auch die entgegen- 
gesetzten. Es wäre also nicht möglich, daß die einzelnen Windungen 
jedesmal die gleiche Richtung erhalten, daß z. B. die NEEDHANSsche 
Tasche (in ihrer ursprünglichen Lage) stets in der Richtung von 
rechts nach links mündet. 

Diese Schwierigkeit würde tatsächlich eintreten, wenn es sich 


396 Werner Marchand, 


um einen unpaaren Leitungsweg in der Medianlinie des Tieres 
handelte. In Wirklichkeit aber haben wir paarige, von der unpaaren 
Gonade ausgehend divergierende Leitungswege, von denen einer im 
männlichen Geschlecht in der Regel rückgebildet ist, während der 
andre in der linken Hälfte des Tieres liegt. Durch die asymmetrische 
Lage des einzelnen Leitungsweges wird die Richtung der ersten 
Windung bestimmt: Sie muß von der Hodenkapsel an divergierend 
in der linken Hälfte des Tieres nach links, in der rechten nach 
rechts verlaufen. Die Probe auf das Exempel liefert Calkiteuthis, wo 
wir zwei spiegelbildlich gleiche männliche Leitungswege rechts und 
links ausgebildet finden. 

Wenn aber, so könnte man nun einwenden, die Ausdehnungs- 

bedingungen wirklich sonst überall die gleichen waren, warum trat 
_ eine Differenzierung an ganz bestimmten Stellen ein, warum wurde 
nicht z. B. eine weiter hinten gelegene Stelle des Vas deferens als 
Grundlage der Differenzierung verwendet? 

Dieser Einwand ist berechtigt, und es läßt sich in der Tat nach- 
weisen, daß die Ausdehnungsbedingungen nicht gleichmäßig waren. 
Schon im allgemeinen Teil dieser Arbeit ist darauf hingewiesen 
worden, daß die differenzierten Teile des Leitungsapparates in 
einem Hohlraum liegen, den wir als Genitaltasche bezeichnen. Vor- 
ausgesetzt, daß diese Tasche, die wir als eine ektodermale Ein- 
stülpung betrachten, zu der Zeit, als die Windungen entstanden, 
schon existierte, so ist es evident, daß die Windungen des sich faltenden 
Kanals entlang dieser Tasche mehr Exkursionsbreite zur Verfügung 
hatten, als in den unteren Partien des Vas deferens, zu denen die 
Tasche nicht herabreichte. Ebenso selbstverständlich ist es, daß nur 
hier eine weitere Vergrößerung und Ausgestaltung der gebildeten 
Windungen möglich war, da sich hier der geringste Widerstand bot. 
Die Folge war, daß sich die in Kontakt mit der Tasche tretenden 
Windungen ganz in diese hineindrängten; wir finden es nun nicht 
mehr merkwürdig, daß gerade die differenzierten Teile in eine 
besondere Tasche eingeschlossen sind, denn das Vorhandensein dieser 
Tasche war die Bedingung für das Zustandekommen einer Differen- 
zierung. In dieser Tasche liegen die Spermatophorendrüse, die 
accessorische Rangierdrüse und der Blindsack. Daß der Blindsack 
gegenwärtig kein hochdifferenziertes Organ mehr darstellt, hat seine 
besondere Bewandtnis und soll noch auseinandergesetzt werden. Das 
distale Vas deferens und die NerpHAansche Tasche liegen außerhalb 
der Tasche. Die NerpnHAnmsche Tasche, zu weit rechts gelegen, war 


Studien über Cephalopoden. 1. 397 


nicht mit der Genitaltasche in Kontakt getreten: sie allein konnte 
ihre Lage nicht beibehalten, sondern mußte eine Wanderung an- 
treten, bis auch sie, die am meisten platzbedürftige, sich. einerseits 
an die Genitaltasche anlehnen, anderseits nach der linken Seite 
des Körpers sich beliebig ausdehnen konnte. Da die NEEDHANSche 
Tasche mit ihrer Differenzierung an bereits vorhandene Windungen 
anknüpft, muß sie ihre Wanderung erst begonnen haben, als die 
Zusammenschiebung beendigt war. Da nun die übrigen Organe sich 
schon während der Zusammenschiebung so vergrößerten, daß sie sich 
in die Genitaltasche hineinschoben, so scheint es, daß die NEEDHAM- 
sche Tasche sich erst später wie sie differenziert hat. Erst die ver- 
mehrte Spermatophorenbildung im Zusammenhang vielleicht mit der 
Seltenheit der Begattung mußte ein Reservoir notwendig machen. 
In dem Maße, wie der Endabschnitt des distalen Vas deferens sich 
zu differenzieren begann, mußte er die oben geschilderte Wanderung 
antreten, und zwar, da der Weg nach oben (ventral) durch die bereits 
ausgebildete accessorische Rangierdrüse versperrt war, unten herum. 
Die NeepHAmsche Tasche kam also zunäthst dorsal von dem übrigen 
Paket zu liegen, rückte aber sehr bald ganz auf die linke Seite, in 
“die Richtung des geringsten Druckes. Bereits mit der beginnenden 
Differenzierung mußte das ganze Paket seinerseits die Wanderung 
nach links beginnen und ungefähr gleichzeitig an der Kiemenwurzel 
ankommen, wie die NEEDHANSsche Tasche ihre Drehung beendet und 
sich in die Längsachse des Tieres eingestellt hatte. Erst mit zu- 
nehmender Vergrößerung schob sich dann zunächst die NernuAusche 
Tasche unter der Kieme hindurch auf die Dorsalseite. 

Eine weitere Folge ihrer Verlängerung war die spiralige Drehung 
der NEEpDHAuschen Tasche. Wir haben es hier mit einer ganz ähn- 
lichen Erscheinung zu tun wie bei der Entstehung der Schlangen- 
linie. Es handelt sich hier um die (bestimmt aktive) Verlängerung 
eines Ganges zwischen zwei festgelegten Punkten, nur mit dem 
Unterschied, daß die entstehenden Windungen keinesfalls in eine 
Ebene fallen können, da ja kein einseitiger Druck vorliegt. Der 
Gang wird in einem solchen Falle, wenn nur einigermaßen gleich- 
mäßige Druckbedingungen vorliegen, eine Spiralwindung annehmen. 
Diese Bedingungen sind insofern erfüllt, als die Tasche sich nach 
ihrer Wanderung einerseits an die nachgiebige Genitaltasche anlegt, 
anderseits an die ebenfalls nachgiebige Haut des Eingeweidesackes. 
Der Kanal gestattet jedoch, da er mittlerweile zu einem dicken 
Reservoir geworden ist, nur wenige Windungen, denen das distale 


398 Werner Marchand, 


Vas deferens natürlich folgt, da es schon mit der NEEDHANschen 
Tasche zu verschmelzen begonnen hat. Die Verlängerung des Organs 
nimmt aber noch zu. Mehr Windungen können nicht angelegt werden. 
Die Folge ist, daß sich das distale Ende der NEEpHAuschen Tasche 
in das Lumen der Mantelhöhle vorschiebt. So ragt sie endlich bei 
vielen Decapoden in Gestalt eines mehrere Zentimeter langen Halses 
in die Mantelhöhle. Anderseits wird sie unter gleichzeitiger Streckung 
des distalen Vas deferens nach hinten derart verlängert, daß sie 
z.B. bei Lolgo sich noch in die Hodenkapsel hineinstülpt. 

So hätten wir, ohne auf einzelnes einzugehen, in kurzen Zügen 
die Umwandlungen verfolgt, die "etwa zu dem Verhalten eines Deca- 
poden führen. Die Umbildungen, die sich in der Gruppe der Octo- 
poden vollzogen haben, sind zum Teil darauf zurückzuführen, daß 
die Körperform des Tieres gedrungener wurde. Alle Teile rücken 
näher zusammen, der Leitungsapparat bildet mit der Hodenkapsel 
zusammen einen ovalen bis kegelförmigen Körper. Infolgedessen hat 
die bereits beträchtlich verlängerte NEEDHAMsche Tasche in der 
Längsachse des Tieres keinen Platz mehr. Wir finden sie deswegen 
mit ihrer hinteren Hälfte über das Paket des Leitungsapparates hin- 
weggeschlagen, so dab sie dieses von links her (ventral) zum Teil 
verdeckt. Gleichzeitig sehen wir, dab das distale (eetodermale ?) 
Ende der NerpnAnmschen Tasche eine Erweiterung erfahren hat, die, 
wie es scheint, darauf abzielt, die NEEDHAMSsche Tasche zu entlasten. 
Wir finden, daß immer häufiger einzelne Spermatophoren außerhalb 
des Eingeweidesackes aufbewahrt werden, während gleichzeitig die 
Zahl der Spermatophoren vermindert wird. Bei Argonauta und 
Ocythoe ist endlich aus dem Penisdivertikel ein sekundäres Spermato- 
phorenreservoir geworden, das am oberen Rande des Eingeweidesackes 
ventral gelegen ist. Und da lehrt nun ein Vergleich, daß die 
Kiemen, die bei den beschalten Decapoden zu beiden Seiten standen, 
bei den Octopoden näher aneinander gerückt sind und auf der Ventral- 
seite zwischen sich eine Stelle geringsten Druckes freigelassen haben, 
gerade da, wo ursprünglich bei den beschalten Formen der größte 
Druck geherrscht hatte. 

Es entspricht also wieder die Lage des sekundären Spermato- 
phorenreservoirs einer Stelle geringsten Druckes, wie denn alle diese 
Erscheinungen glänzend beweisen, daß die Organbildung unter allen 
Umständen mit Rücksicht auf die bestehenden Druck verhältnisse vor 
sich geht, und daß Umbildungen der Organe und Änderungen der 
Druckverhältnisse Hand in Hand gehen. Alle Änderungen der Druck- 


Studien über Cephalopoden. 1. 399 


verhältnisse gehen in letzter Linie auf Umbildungen zurück, die auf 
biologischen Ursachen beruhen. 

Es wurde oben auseinandergesetzt, daß ein Teil des Leitungs- 
weges sich in eine ihm seitlich anliegende Tasche hineingestülpt und 
dann differenziert hat. Ich komme bei dieser Gelegenheit zu der 
Frage: hat das biologische Prinzip der Spermatophorenbildung dazu 
seführt, in Gestalt jener ectodermalen Tasche neue Druckverhältnisse 
herbeizuführen, oder existierte die Tasche schon, ehe sie für eine 
Differenzierung des Leitungsweges in Betracht kam? Der erstere 
Fall ist meiner Ansicht nach ausgeschlossen, denn wir kennen keine 
prospective Schaffung neuer Organe in Hinblick auf entfernte Zwecke. 
Die Tasche trat erst in dem Moment in Beziehung zur Spermato- 
phorenbildung, als der Kanal sich an sie herandrängte. War sie 
vorher vorhanden, so muß sie andre Funktionen gehabt haben. 

Ich komme nun zu einer Tatsache zurück, die ich, da sie für 
die bisherige Auseinandersetzung nebensächlich war, außer acht 
gelassen habe, die aber nichtsdestoweniger von hohem Interesse ist. 
Es existiert nämlich bekanntlich eine Verbindung zwischen der 
Genitaltasche und dem Leitungsweg in Gestalt des Canalis eiliatus, 
eines dünnen, flimmernden Ganges, der am Ende des dritten Ab- 
schnittes an genau der gleichen Stelle abgeht wie der Ausführgang 
der Spermatophorendrüse, und mit ihm wenigstens anfangs das gleiche 
Kaliber und die gleichen Längsfalten gemeinsam hat. Dieser Kanal 
mündet in der Nähe des blinden Endes der accessorischen Drüse in 
die Tasche, verläuft also stets zwischen der accessorischen Drüse und 
dem dritten Abschnitt der Spermatophorendrüse. Wie kommt er in 
diese Lage? Es bestehen zwei Möglichkeiten. Entweder ist der 
Kanal nach der Entstehung der Schlangenlinie sekundär zwischen 
die Organe hineingewuchert, um eine Verbindung der Genitaltasche 
mit dem Leitungsweg herzustellen, oder er hat an der Biegung 
teilgenommen. 

Die erstere Annahme scheint mir schun aus dem Grunde unzu- 
lässig zu sein, daß der Kanal den Oetopoden vollständig fehlt. Da 
im übrigen die Octopodenorganisation durchaus einheitlich von der 
der Decapoden abzuleiten ist, können wir nur annehmen, daß der 
Flimmergang hier rückgebildet ist. Es wäre ein höchst auffälliges 
Verhalten, wenn sich plötzlich an einer Stelle, wo man es am wenigsten 
erwartete, etwas wie ein Organ bilden wollte, um dann, ohne daß 
ich die geringste Differenzierung hätte nachweisen lassen, wieder zu 
verschwinden. 


A400 Werner Marchand. 


Denken wir uns im Gegensatz dazu, es wäre eine solche Ver- 
bindung zwischen der Tasche und dem Leitungsweg schon damals 
vorhanden gewesen, so mußte er, da die Entstehung der Windungen 
der Einstülpung in die Tasche unmittelbar vorauf ging oder was 
wahrscheinlicher ist, mit ihr zusammenfiel, von dem sich faltenden 
Kanal mit ergriffen, umgebogen und in die Tasche hineingezogen 
werden, kurz er mußte 
in die Lage kommen, in 
der wir ihn jetzt finden. 
Aus dem geringen Wider- 
stand, den der Flimmer- 


‘ > gang dieser Bewegung 
\ .. 
S entgegensetzte, können 
€ >) . . 
a|| Do = wir schließen, daß er be- 
= . . . 
| > = reits damals wenig diffe- 
) 3 
| = S renziert gewesen ist. Aus 
—L ET BE - 
5 = dem Umstand, daß die 
q > = NEEDHAMsche Tasche, d. 


h. die oberste Partie‘ des 
Leitungsweges, nicht in 
die Tasche gelangt, er- 
gibt sich ferner derSchluß, 
| daß die Tasche an ihrem 


Fig. 62. distalen Ende, wo nicht 
Versuch einer schematischen Darstellung für das Verhalten 
von Tasche und Flimmergang bei der Faltung. geschlossen, so doch be- 


deutend enger war als am 
unteren, daß sie also eine Gestalt gehabt haben muß, die etwa der 
jetzigen entsprach. 

Aus alledem scheint mir mit unzweifelhafter Sicherheit hervorzu- 
sehen, dal Tasche und Flimmergang bereits in einer von der heuti- 
gen wenig abweichenden Gestalt existierten, ehe der Leitungsweg 
jene schlangenförmig gebogene Gestalt anzunehmen begann. Wir 
kommen also zu einer Urform des Leitungsapparates, die in Fig. 62 a 
wiedergegeben ist. 

Handelt es sich wirklich, wie aus dem Verhalten bei Illex 
hervorzugehen scheint, um eine ectodermale Tasche, so würden Tasche 
und Flimmergang eine Parallele liefern zu der Verschmelzung der 
nach DörınG eetodermalen Eileiterdrüsse mit dem Oviduet. Wir 
würden dann . in dem Flimmergang einen alten, nun nicht mehr 
benutzten Leitungsweg vor uns haben. 


Studien über Cephalopoden. 1. 401 


Nehmen wir nun an, der jetzige Leitungsweg, von der Sperma- 
tophorendrüse an gerechnet, sei eine Neubildung, so sind verschiedene 
Möglichkeiten zu diskutieren. Entweder ist er mesodermal wie der 
hintere Abschnitt und durch Wucherung des Endes bis zum schließ- 
lichen Durchbruch an die Peripherie gelangt. Eine solche Wucherung 
müßte aber schon bei ihrer Anlage irgend eine Funktion haben und 
nur gleichsam zufällig nach außen durchbrechen, nun einen neuen 
Weg eröffnend. Das würde aber eine Differenzierung voraussetzen, 
die das Entstehen scharfer Knicke unmöglich gemacht hätte. Außer- 
dem hätte eine Drüsenaussackung, die sich etwa gebildet hätte, nie 
diese. für die Einmündung so unzweckmäßige Richtung eingeschlagen. 
Wir beobachteten nie, daß eine Anhangsdrüse ihr blindes Ende distal- 
wärts richtet. 

Oder man könnte annehmen, daß er sich von der Tasche abgespalten 
habe. Dann müßte das der Tasche entsprechende Stück eetodermal 
sein, eine Möglichkeit, die nicht durchaus von der Hand zu weisen ist. 

Die Gleichartigkeit der Beschaffenheit des Flimmerganges und 
des Ausführganges der Spermatophorendrüse (Fig. 63) und der Um- 
stand, daß die Cilien 
in beiden in der glei- 
chen Richtung schla- 
sen, läßt den Gedanken 
aufkommen, daß mög- 
licherweise die Tasche 
ectodermal, der Flim- 


gl.sp.III 


mergang aber meso- Fig. 68. 
3 $ 5 Abgangsstelle des Flimmerganges bei Pteryyioteuthis, um die 
dermal ist. Wir hätten Gleichartigkeit der beiden Kanäle zu zeigen. 


es dann mit einem ur- 

sprünglich selbständigen, mesodermalen Leitungsweg zu tun, der 
mit dem andern bis zum Ende des dritten Abschnitts verschmolzen 
ist. Folgende Überlegung erhebt diese Wahrscheinlichkeit zur Ge- 
wißheit. Wir haben an verschiedenen Stellen des Leitungs- 
apparates das Auftreten von Wülsten beobachtet. Auffallenderweise 
entstehen solche Wülste immer da, wo zwei Gänge miteinander 
verschmelzen, wie z. B. im Blindsack, im Ausführgang der ac- 
cessorischen Drüse und an der Basis der NrrpHAnschen Tasche. 
Und ein genau soleher Wulst, der, wie die Abbildungen lehren, in 
der gleichen Weise aufgebaut ist, wie jene, durchzieht die ganze 
Spermatophorendrüse. Hier konnte sich ein solcher Überrest der 
verschmolzenen Wände halten, weil seine Existenz physiologische 


402 Werner Marchand, 


Bedeutung hatte. Im proximalen Vas deferens ist der Wulst ver- 
schwunden; in der Spermatophorendrüse ist die Verschmelzung un- 
vollständig. Der Flimmergang endlich ist noch jetzt unverschmolzen. 

Nur wenn die beiden Gänge eng aneinander lagen, konnten sie 
sich im gleichen Sinne knieken lassen. Es fand also die Bildung 
der Schlangenwindung erst statt, als die Verschmelzung bereits etwa 
ihren jetzigen Grad erreicht hatte. Vollständig konnte sie aber 
keinesfalls sein, da der Wulst ja heute noch existiert. Es muß also 
damals eine gewisse, wenn auch gleichförmige Differenzierung der 
Spermatophorendrüse bestanden haben. 

Durch diese Erwägung kommen wir zu der merkwürdigen Tatsache, 
daß jeder einzelne Leitungsweg das Verschmelzungsprodukt von zwei 
Gängen darstellt, daß also die dibranchiaten Cephalopoden 
ursprünglich vier getrennte Leitungswege besaßen. 

Es ist bisher verschwiegen worden, daß nicht nur beim männ- 
lichen, sondern auch beim weiblichen Geschlecht eine derartige 
Schlangenwindung des Leitungsapparates nachweisbar ist, wie aus 
der Abbildung des Oviducts von /llexr hervorgeht (Fig. 64). Die Ver- 
mutung liegt nahe, daß, wenn die Vierzahl der Leitungswege im 
männlichen Geschlecht sich findet, sie auch im weiblichen Geschlecht 
die ursprüngliche Zahl darstellen muß. Wo ist nun das zweite 
Paar der Leitungswege im weiblichen Geschlecht? Es fehlt voll- 
ständig. Indessen findet sich, wie mir Dörme mitteilt, in der Gleich- 
artigkeit der ectodermalen Anlagen der Nidamentaldrüsen und der 
Eileiterdrüse, eine Tatsache, die die Vermutung nahe legt, es könnten 
auch die Nidamentaldrüsen die Endabschnitte zweier ursprünglich 
vorhandener Oviduete darstellen. Da sich nun aber von einem 
zweiten Oviductpaar nicht die geringste Anlage findet, wäre es meiner 
Ansicht nach nicht ausgeschlossen, daß der einzige Oviduct das Ver- 
schmelzungsprodukt zweier Gänge darstellt. Daß sich von einem 
Wulst hier nicht die geringste Spur findet, kann nicht wundernehmen, 
da ein solcher ja nur da sich halten konnte, wo er eine funktionelle 
Bedeutung behielt. f 

Anderseits müßte die geschilderte Schlangenlinie im weiblichen 
Geschlecht selbständig und abhängig entstanden sein oder wir haben 
in dieser nach der Verschmelzung zweier Gänge entstandenen Schlangen- 
linie den Ausgangspunkt für die Entwicklung sowohl des männlichen 
als auch des weiblichen Leitungsweges. 

Das erstere scheint zunächst recht unwahrscheinlich zu sein; 
wie ich aber noch zu zeigen hoffe, würde gerade eine derartige 


Studien über Cephalopoden. 1. 403 


Convergenzerscheinung durchaus nichts Überraschendes sein. Man 
muß sich also hüten aus dem Vorhandensein dieser Figur bei beiden 
Geschlechtern voreilige Schlüsse ziehen zu wollen. Dagegen ist es 
von sroßem Interesse, die zweite Möglichkeit trotzdem näher ins 
Auge zu fassen. 

Wir haben gesehen, daß im männlichen Geschlecht vor der 
Bildung der Schlangenlinie schon jene Tasche existierte, welche durch 
einen Verbindungsgang mit dem Hauptgang zusammenhing. Es ist 
nun selbstverständlich, daß wenn die Bildung der Schlangenlinie 
nicht eine bloße Convergenzerscheinung ist, auch diese 
Nebenumstände in beiden Geschlechtern vorhanden 
gewesen sein müssen. Ich habe schon vorhin darauf 
hingedeutet, daß die Genitaltasche mit. der Eileiter- 
drüse in Verbindung gebracht werden kann. In diese 
Eileiterdrüse ist nun bei allen Dibranchiaten das Ende 
des Oviduets ein Stück hineingestülp. Nehme man 
nun wieder die gleiche Figur als Ausgangspunkt für 
die schlangenförmige Zusammenschiebung, nur mit 
dem Unterschied, daß diesmal nicht die Spermato- 
phoren bildenden Organe sich vergrößern und jener 
Verbindungssang nicht in dem Grade reduziert wird, 
wie wir vorhin annahmen, so wird der letztere, anstatt 
sich von dem sich faltenden männlichen Gang mit- 
nehmen und in die entgegengesetzte Lage bringen zu 
lassen, sich vielmehr in die ectodermale Tasche ein- 
stülpen. Auf diese Weise erhalten wir eine Bildung, 
die mit dem Bau der Eileiterdrüse überraschende Fig. 64. 
Ahnlichkeit hat. Der Flimmergang entspricht jenem in Oviduet von Jllex 
die Eileiterdrüse eingestülpten Teil des Oviduets. Der one 
distale Teil des männlichen Ganges verschwindet im 
weiblichen Geschlecht so spurlos wie der Flimmergang bei den männ- 
lichen Oetopoden. Die Nidamentaldrüse bezeichnet vielleicht noch 
die Gegend, wo er ursprünglich mündet, wenn man voraussetzen will, 
daß solche Stellen besonders für die Bildung ectodermaler Ein- 
stülpungen disponiert sind!. 


1 Sollte eine weitere Untersuchung den Nachweis bringen, daß das ganze 
distale Vas deferens ectodermal ist, so könnte dieser Teil möglicherweise der 
Nidamentaldrüse direkt homolog sein. Der Ausführgang der Spermatophoren- 
drüse würde dann eine Art von Flimmergang im andern Geschlecht darstellen, 
der aber vollständig verschwunden ist. 


404 Werner Marchand, 


Es sind also gewichtige Anhaltspunkte vorhanden, den Ausgangs- 
punkt für die Entstehung der Schlangenlinie als eine beiden Ge- 
schlechtern gemeinsame Urform anzusehen. Die Vorfahren der 
jetzt lebenden Dibranchiaten waren demnach Zwitter. 

Vielleicht bringt ein günstiger Zufall noch Beweise für die Richtig- 
keit dieser Anschauung, von der ich vollkommen überzeugt bin. 
Einstweilen möchte ich darauf verzichten, unter diesem Gesichtspunkt 
auf die Verbreitung des Hermaphroditismus bei den Mollusken, und 
auf die Frage, ob er ein primitives oder ein sekundär erworbenes 
Verhalten darstellt, näher einzugehen. 

Auf einen Punkt möchte ich indessen noch zu sprechen kommen, 
nämlich daß auf jeden Fall zu der Zeit, als die Bildung der Schlangen- 
linie stattfand, schon eine gewisse Trennung der Geschlechter vor- 
liegen mußte. Nur die Annahme, es sei schon damals der weibliche 
Gang bei den einen Individuen etwas reduziert, die Spermatophoren 
bildenden Abschnitte dagegen bis zu einem gewissen Grade differen- 
ziert gewesen, während im Gegensatz dazu bei den übrigen Indi- 
viduen der weibliche Anteil betont wurde, nur diese Annahme macht 
den tatsächlich bei beiden Geschlechtern verschiedenen Verlauf der 
Faltung verständlich. Es würde also doch eine gewisse Wahrschein- 
lichkeit dafür bestehen, daß die Schlangenlinie selbst als eine Con- 
vergenzerscheinung aufgefabt werden müßte. 

Die Tatsache, daß der Wulst der Spermatophorendrüse schon 
existierte, ehe die Zusammenschiebung stattfand, macht es wahr- 
scheinlich, daß Spermatophoren von einer gewissen Länge schon damals 
gebildet wurden. Polar differenziert konnten allerdings diese Sperma- 
tophoren nicht sein.‘ Bevor sich die doppelte Umkehr festgesetzt hatte, 
mußte es gleichgültig sein, wenn die Spermatophoren bald mit diesem, 
bald mit jenem Ende voran die distalen Abschnitte erreichten. Die 
merkwürdige Einrichtung der doppelten Umkehr mußte also der Ent- 
stehung polar differenzierter Spermatophoren vorausgegangen sein. 

Herr Professor MAyErR in Neapel machte mich darauf aufmerk- 
sam, daß ähnliche Umkehrvorgänge bei Cypriden beobachtet worden 
sind, nur daß es sich dort nieht um Spermatophoren, sondern um 
enorm verlängerte Spermatozoen handelt. | 

Der Vergleich mit Cypris erwies sich als sehr fruchtbar für ‘das 
theoretische Verständnis des Entstehens der Umkehr. 

Aus der Arbeit von STUHLMANN, welcher die Geschlechtsorgane 
von Uypris monacha und Cypris punctata einer Untersuchung unter- 
z08, geht hervor, daß die Spermatozoen, die bei einer Art die doppelte 


Studien über Cephalopoden. 1. 


405 


Körperlänge erreichen, in einem langen Blindschlauch umkehren müs- 


sen. Es ist nun interessant, 
weist, nur eine Aussackung 
des Vas deferens darstellt, 
die in der ÖOntogenie erst 
relativ spät im Anschluß an 
einen einfachen Knick auf- 
tritt, der, wie es scheint, da- 
dureh entstanden ist, daß 
das wachsende Vas deferens 
an dem unpaaren Auge auf 
Widerstand stieß und nach 
unten abzubiegen gezwungen 
war (Fig. 69). Mit zunehmen- 
dem Wachstum mußte sich 
der Knick verschärfen; ein 
Ausweichen war, wie aus 
der schematischen Abbildung 
ersichtlich ist, infolge der 


Anfangsrichtung des Vas 
deferens nur noch nach 
oben möglich. Es mußte 


also der Knick an dem Auge 
irgendwie oben entlang glei- 
ten. Würde es sich nun um 
den Transport gewöhnlicher, 
kleiner Spermatozoen han- 
deln, so könnten diese offen- 
bar den schärfsten Knick 
ungehindert passieren. An- 
ders ist es, wo wir Gebilde 
von einer gewissen Länge 
vor uns haben. Bei diesen 
würde sich beim Passieren 
eines derartig verschärften 
Knickes der Reibungswider- 
stand sehr unangenehm be- 
merkbar machen. Die näch- 
ste Reaktion des Organismus 
würde also darauf hinzielen, 


daß dieser Blindschlauch, wie er nach- 


net u 
Bi - 
ra SE 06 


app: 


Fig. 69. 


Schematische Darstellung des Entstehens der Umkehr bei 


Cyprois monacha. a, b, c,d, e fünf Stadien der zunehmen- 
den Verkürzung der Schale. Bei a können die Spermatozoen 
noch bequem passieren, bei db nur unter bedeutender Rei- 
bung; bei ce beginnende Verschmelzung. Von den Spermato- 
zoen stauen sich die einen in dem entstandenen Blindsack 
und verstopfen diesen; die andern passieren glatt wie bei a. 
Bei d hat die Länge des Blindsackes die Länge des Spermato- 
zoons erreicht. Es können nun die sich im Blindsack stauen- 
den Spermatozoen seitlich ausweichen und umkehren. Bei 
e ist der direkte Weg aufgegeben und die Umkehr zu einer 
definitiven Einrichtung geworden. Daher ist eine weitere 
Verschmelzung nicht mehr eingetreten, 


406 Werner Marchand, 


einen möglichst geraden und glatten Weg für die großen Spermato- 
zoen offen zu halten. Es würde eine teilweise Verschmelzung des 
Knieks und damit eine Erweiterung des Lumens an dieser Stelle ein- 
treten. Damit würde zunächst die bequeme Passage der Spermato- 
zoen gesichert sein. Verlängert sich aber das Vas deferens noch mehr, 
nimmt infolgedessen die Verschärfung des Kniekes beständig zu, so 
muß immer wieder die gleiche Reaktion nötig werden, es wird also 
durch successives Verschmelzen der beiden Schenkel des Knickes und 
beständiges Weiterhinausrücken der verschmolzenen Partien schließ- 
lich ein derartiger Blindsack entstehen. Nun wäre zwar die glatte 
Passage vor dem Auge immer vorhanden, es könnte aber doch nicht 
verhindert werden, daß die Spermatozoen auch in den über das Auge 
weggeschobenen Teil des Lumens hineingeraten. Sie würden es 
immer häufiger tun, je mehr der Knick sich verschärfte, da der 
Blindsack viel mehr in ihre Bewegungsrichtung fällt, als der andre 
Schenkel des Knickes, in den sie eigentlich hinein sollen. Es würde 
anstatt einer glatten Passage eine Stauung entstehen. Der Blindsack 
ist also offenbar ein unzweckmäßiges Gebilde. 

Man kann leicht zeigen, daß die Ansicht, es könne in dieser 
Weise durch (aktive) Verlängerung des Vas deferens ein derartiger 
Blindsack entstehen, unbedingt falsch ist. Bei einem aktiv hinaus- 
geschobenen Knick würde vor allem die nächstliegende Reaktion die 
Rückbildung des unzweckmäßigen Gebildes sein. Es ist aber von 
vornherein ausgeschlossen, daß ein Knick sich durch aktive Ver- 
längerung seines Ganges verschärft, denn der Gang würde sich immer 
in zweckmäßigen Grenzen halten, er würde sich aktiv nur so weit 
krümmen, wie es im Interesse der glatten Passage der Spermatozoen 
noch zulässig ist. Jede kleinste Abweichung würde durch entgegen- 
gesetzte Reaktion sofort ausgeglichen werden. Wenn trotzdem eine 
derartig zunehmende Knickung entsteht, so muß es sich um eine 
passive Bildung handeln. Nicht Verlängerung des Vas deferens, 
sondern Verkürzung der Schale ist die Ursache für das Entstehen 
des Blindsackes. Der Gang, dessen Länge immer die gleiche bleibt, 
wird durch die zunehmende Verkürzung der Schale passiv geknickt. 
Der Knick verschärft sich mehr und mehr. Die aktive Reaktion 
beschränkt sich darauf, immer in der geschilderten Weise einen 
geraden Weg offen zu halten, kann aber nicht das Entstehen des 
Blindsackes verhindern. So lange die Schale fortfuhr sich zu ver- 
kürzen, mußten alle Bemühungen, den Blindsack rückzubilden, er- 
folglos bleiben, da ja immer wieder neu verschmolzen werden mußte. 


Studien über Cephalopoden. 1. 407 


Alle Rückbildungsversuche konnten ihn höchstens spitzer machen. 
Die Spermatozoen werden aber in einem solchen Falle keineswegs 
immer den vorschriftsmäßigen Weg benutzen, sondern geradeaus in 
den Blindsack laufen und sich stauen. Sie werden zwar endlich 
doch herum kommen, aber einen bedeutenden Reibungswiderstand zu 
überwinden haben. Sobald nun der Blindsack die Länge der ihn 
passierenden Gebilde erreicht, ist die Möglichkeit eines seitlichen Aus- 
weichens gegeben, während gleichzeitig die Schwierigkeiten, im 
Fundus des zugespitzten Blindsackes umzubiegen, noch gestiegen 
sind. Die Spermatozoen werden nun, wenn sie sich im Fundus 
stauen, nicht mehr umbiegen, sondern seitlich ausweichen und schließ- 
lich auf diese Weise in den andern Schenkel des Knicks gelangen. 
Von diesem Moment an ist der Blindsack zu einer zweekmäßigen 
Einrichtung geworden. Die weitere Verschmelzung des hinausrücken- 
den Knicks unterbleibt, da es ja keinen Sinn mehr hat, einen direkten 
Weg offen zu halten. Wir finden daher, daß der Knick sich weit 
über das Auge hinweggeschoben hat, ohne daß auf der ganzen Strecke 
seine Schenkel verschmolzen wären. Nur eine Verlängerung der 
Spermatozoen muß auch eine Verlängerung des Blindsackes mit sich 
bringen. Die Länge des Blindsackes entspricht demnach immer der 
Länge der Spermatozoen. Bei ÜUypris punctata mit ihren Riesen- 
spermatozoen umkreist er zweimal die ganze Innenseite der Schale. 

Wir kommen also zu folgendem Resultat: Wenn Gebilde von 
einer gewissen Länge einen passiv sich verschärfenden Knick passieren 
müssen, so entsteht ein Blindsack, der zu einer Umkehrtasche werden 
muß, sobald seine Länge die Länge der ihn passierenden Gebilde 
erreicht hat, unter der Voraussetzung, daß die Verschärfung des 
Knickes schneller vor sich geht als das Eintreten der ausgleichenden 
Reaktion. 

Daß die letztere Voraussetzung zutrifit, ist einleuchtend. Eine 
Verkürzung .oder Verkleinerung der Schale bei Cypriden wäre nichts 
besonders Überraschendes; derartige Erscheinungen sind als An- 
passungen an das Schweben im Wasser ungemein häufig. Wir wissen 
aber, daß auf äußere Einflüsse die äußere Form eines Tieres rascher 
reagiert als die inneren Organe, zumal hier, wo nur die Gestalt und 
Größe der Schale, nicht aber die inneren Organe für die Schwebe- 
fähigkeit von Wichtigkeit sein konnten. | 

Finden wir nun bei Cephalopoden derartige Umkehrtaschen im 
Vas deferens ausgebildet, so können wir mit absoluter Bestimmtheit 
behaupten, daß die zu ihrer Bildung führenden Knicke passiv ent- 

Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. ar! 


408 Werner Marchand, 


standen sind. Wir können nun den Fall einer aktiven Verlängerung 
des Ganges bei gleichbleibendem Abstand der Fixationspunkte be- 
stimmt ausschließen. Das Vas deferens hat seine Länge nicht 
seändert, aber der Abstand zwischen seinen Fixationspunkten hat 
sich verringert. Die Schlangenlinie ist demnach das Produkt einer 
Zusammenschiebung und ihre Ursache eine Verkürzung des ganzen 
Körpers. 

Die passive Entstehung der Windungen hat man sich nicht grob 
mechanisch vorzustellen, sondern als direkte Reaktion. Der Leitungs- 
weg wurde in jeder Ontogenie in der gleichen Länge angelegt, 
während die Gesamtlänge des Körpers von Ontogenie zu Ontogenie 
geringer wurde. Er mußte daher, wenn eine Verkürzung des Ganges 
nicht eintreten sollte, vor allem durch veränderte Lagerung reagieren, 
zunächst ohne Rücksicht darauf, ob dadurch im einzelnen zweck- 
mäßige oder unzweckmäßige Zustände herbeigeführt wurden. Die 
Ontogenie ist nur eine Rekapitulation der Figur, die die phylo- 
genetische Entwicklung des Vas deferens mit Rücksicht auf die 
gegebenen Druckverhältnisse hervorbringen mußte. Ohne die Gültig- 
keit mechanischer Gesetze für die Ontogenie bestreiten zu wollen, 
möchte ich doch daran festhalten, daß sie hier nicht so in die Er- 
scheinung treten. Das Wachstum der Organe ist bereits mit Rück- 
sicht auf ihre definitive Lagerung reguliert, so daß größere Gleich- 
gewichtsstörungen nicht vorkommen. Es sind also auch die passiven 
Krümmungen in letzter Linie aktiv, nur daß sie einer höheren Zweck- 
mäßigkeit gehorchen. Wenn beispielsweise ein Mensch durch eine 
Tür gehen will, die für ihn zu niedrig ist, so wird er sich bücken, 
und zwar ohne Rücksicht darauf, daß sein Magen etwas gedrückt 
wird, obwohl das eigentlich unzweckmäßig ist. Solche sekundäre 
Unzweckmäßigkeiten haben wir hier in der Verschärfung der Knicke. 

Wir haben uns davon überzeugt, daß im Zusammenhang mit 
der Ausbildung eines Wulstes in der Spermatophorendrüse offenbar 
schon Spermatophoren von einer gewissen Länge gebildet wurden, 
ehe die Zusammenschiebung des Ganges stattfand. Die Spermato- 
phoren hatten, wenn sie die Drüse verließei, noch drei Knicke zu 
passieren. Da der distale Teil nicht ein Verschmelzungsprodukt war 
und also wahrscheinlich nur die halbe Dicke der Spermatophoren- 
drüse besaß, mußten hier besonders scharfe Knicke entstehen. Es 
mußte also auch hier wie im Vas deferens von Cypris zu einem 
Widerstand kommen zwischen der fortwährenden Verschärfung der 
Knicke und dem Bestreben, aus Gründen der Sparsamkeit und Zweck- 


Studien über Cephalopoden. 1. 409 


mäßigkeit, den Weg der Spermatophoren immer, unter möglichst 
geringer Reibung an den Wänden, so gerade wie möglich zu gestalten. 
Da nun der Leitungsweg fortfuhr sich zusammenzuschieben, so mußte 
an allen drei Knicken ein derartiger Blindsack entstehen, wie wir 
ihn bei Cypris beobachten. Tatsächlich haben wir in der accessorischen 
Drüse und der Spitze der NeepHAnmschen Tasche solche Blindsäcke 
vor uns, die sich notwendigerweise zu Umkehrstationen herausbilden 
mußten. Die Verschiedenheit ihrer Ausbildung geht auf zweierlei 
zurück. Einerseits wurde die accessorische Drüse zu einer Anhangs- 
drüse umgestaltet und infolgedessen beträchtlich verlängert, ein Prozeß, 
der wahrscheinlich mit einer Verlängerung der Spermatophoren Hand 
in Hand gings, anderseits mußte, sobald die Umkehr einmal feststand, 
eine polare Differenzierung der Spermatophoren Selectionswert be- 
sitzen. Diese konnte wohl dadurch zustande kommen, daß die um- 
hüllenden Secrete so reichlich abgeschieden wurden, daß die Sper- 
matophore beim Passieren der Spermatophorendrüse immer noch einen 
kleinen Schwanz von überschüssigem Secret nach sich zog. Wurde 
nun dieser in gleicher Weise wie der eigentliche Spermaschlauch 
im dritten Abschnitt mit einer Hülle umgeben, so war die polare 
Differenzierung fertig. Wurde die Spermatophore nun gleichzeitig 
verlängert, so war dadurch zwar eine Verlängerung der accessorischen 
Drüse notwendig, nicht aber eine solche der zweiten Umkehrstation. 
Das weichere Schwanzende konnte, wie bei Sepzola gezeigt wurde, 
sich krümmen und somit trotzdem ein seitliches Ausweichen der 
Spermatophore, also eine Umkehr ermöglichen. 

Gegen diese Erklärung der doppelten Umkehr könnte sogleich 
der gewichtige Einwand gemacht werden, warum denn der Blindsack 
des distalen Vas deferens sich nicht zu einer derartigen Umkehr- 
tasche ausgebildet hat. Allerdings hätten unbedingt drei Umkehr- 
stationen entstehen müssen, wenn der Kanal überall die gleiche 
Dicke besessen hätte. Allein er muß eine Differenzierung gezeigt 
haben: der Blindsack bezeichnet die Lage einer drüsigen Verdickung 
des Kanals, die einen so scharfen Knick nicht gestattete, sondern 
der Spermatophore erlaubte, in der gewohnten Weise hindurch- 
zugleiten. Ich möchte hier an das blinde Divertikel erinnern, das 
das distale Vas deferens bei den Decapoden ins Innere des Blind- 
sackes entsendet, und das wahrscheinlich das Rudiment einer früher 
bedeutender entwickelten Anhangsdrüse darstellt. Praktisch käme 
es auf das gleiche hinaus, ob der geknickte Kanal selbst eine Strecke 
weit verdickt war oder ob eine zwischen seinen Schenkeln liegende 


27 


410 Werner Marchand, 


Drüse die Schärfe des Knickes milderte. Diese postulierte Drüse 
verlor offenbar mit dem Übergang zur Getrenntgeschlechtlichkeit ihre 
Bedeutung und wurde schleunigst rückgebildet. Möglich, daß die 
Stelle der ersten Umkehr, wo ja sowieso ein Blindsack entstehen 
mußte, ihre Funktionen übernahm. Die beiden Schenkel legten sich 
mit fortscehreitender Rückbildung der Drüse eng aneinander an, so 
daß nunmehr doch ein scharfer Knick entstand. Zunächst war da- 
dureh die Gefahr vorhanden, daß sich hier doch noch eine Umkehr- 
station bildete, die dann heillose Verwirrung angerichtet hätte, da 
die Spermatophoren soeben angefangen hatten, sich polar zu diffe- 
renzieren. Es ist wohl möglich, daß dieser Fall unter pathologischen 
Umständen eintrat; solche Individuen waren aber von der Fort- 
pflanzung ausgeschlossen, da ihre Spermatophoren nicht funktionieren 
konnten. Durch eine Verlänge- 

Q rung der Spermatophore konnte 
das Unglück noch eine Zeit lang 

1 en hinausgeschoben werden. Inzwi- 
(Eileiterdr.) schen war aber die Zusammen- 
schiebung des Kanals beendigt 

und eine weitere Verchärfung 

dieses Knickes fand nun nicht 

| mehr statt. Wenn die aus öko- 
nomischen Gründen für den Weg 

der Spermatophore notwendige 

Reaktion nun eintrat, kam es 

nicht mehr zur Entstehung eines 

Blindsackes, da das nutzlose 

| Ende jedesmal bei weiterem Zu- 
| rückweichen des Leitungsweges 
sogleich rückgebildet werden 


| 
| 


Fig. 66. konnte. 
Hypothetischer Urleitungsapparat der Dibranchiaten 2 Er 
vor der Bildung der Schlangenwindungen. . Die Folge war die SUCCES- 


siveRückbildung desBlindsackes, 
die wir in der Dibranchiatenreihe beobachten, und die bei Argonauta 
und Opisthoteuthrs endlich zum vollständigen Schwund des nutzlosen 
Gebildes geführt hat. 

Um nun zu der Frage nach der Urform des Leitungsapparates 
zurückzukommen, so müssen wir eingestehen, daß wir unsre ursprüng- 
liche Annahme, es habe sich, als die Zusammenschiebung stattfand, 
um einen undifferenzierten Gang gehandelt, aufgeben mußten. Fig. 66 


Studien über Cephalopoden. 1. | 411 


stellt den Versuch einer Rekonstruktion des männlichen und weiblichen 
Leitungsweges vor der Zusammenschiebung dar. Wir haben im männ- 
lichen Geschlecht ein sehr langes Vas deferens, das sich zu einer 
Spermatophorendrüse schwach erweitert, in der man den Wulst er- 
kennt. Von dieser gehen zwei dünne Gänge aus, von denen einer den 
Leitungsweg bildet und nach kurzem Verlauf eine Strecke weit drüsig 
verdickt erscheint, distalwärts sich aber wieder verengert, während 
der andre, dünnere, die Verbindung mit der leeren und daher viel- 
leicht schon etwas rückgebildeten Tasche vermittelt. Im weiblichen 
Geschlecht dagegen ist diese Tasche noch in voller Funktion. Ich 
glaube nicht fehlzugehen, wenn ich in ihr ein Receptaculum seminis 
erblicke, indem ich daran erinnere, daß die Eileiterdrüse bei vielen 
Cephalopoden zur Aufnahme der Spermatophoren dient. Der Ver- 
bindungsgang ist dieker als der männliche Gang. Die Ausbildung 
des Wulstes und der drüsigen Verdiekungen hat abgenommen, ohne 
daß jedoch eine Rückbildung des männlichen Ganges schon einge- 
treten wäre. Es ist schon auseinandergesetzt worden, wie durch Zu- 
sammenschieben dieser mutmaßlichen Urformen das jetzige Verhalten 
herbeigeführt wurde. Da wir erkannt haben, daß diese Zusammen- 
schiebung eine gemeinsame Ursache in der Verkürzung des Körpers 
hatte, daß aber der Ausgangspunkt in beiden Geschlechtern ver- 
schieden war, so ergibt sich, daß wir es lediglich mit einer Convergenz- 
erscheinung zu tun haben, wenn die Schlangenlinie bei beiden Ge- 
schlechtern nachweisbar ist. Eine gewisse Trennung der Geschlechter 
bestand schon vor der Zusammenschiebung. | | 

Die Trennung der Geschlechter steht offenbar mit der Verkürzung 
des Körpers nicht in ursächlichem Zusammenhang. Es wäre aber 
möglich, daß beide Erscheinungen auf einer gemeinsamen höheren 
Ursache beruhen. Wir wissen, dab derartige Umbildungen den 
Wechsel der Lebensbedingungen zu begleiten pflegen. Es ist nun 
sehr naheliegend zu vermuten, daß die jetzt pelagisch lebenden 
dibranchiaten Cephalopoden, ‚welche rudimentäre Schalen besitzen, 
ursprünglich nicht pelagisch lebten, daß sie erst beim Übergang zur 
pelagischen Lebensweise getrenntgeschlechtlich wurden und dab die 
Verkürzung des Körpers in irgend einer Beziehung zu der Rück- 
bildung der Schale steht. Die jetzt lebenden Decapoden haben eine 
starre, innere Schale, die stets bis ans hintere Körperende reicht. 
Das Vorhandensein einer starren Schale ist die erste Bedingung für 
das Zustandekommen regelmäßiger Windungen. Wenn diese auf 
Verkürzung des Körpers zurückgehen, so muß auch die Schale früher 


412 | Werner Marchand, 


länger gewesen sein. Es scheint, daß Rückbildung der Schale und 
Verkürzung des Körpers immer Hand in Hand gegangen sind. 

Wenn aber alle Umbildungen wirklich durch einen Wechsel der 
Lebensbedingungen hervorgerufen waren, so mußten sie gleichzeitig 
eintreten. Nun es sei! Wie sich aus einem Vergleich eines Sepien- 
schulpes und einer Belemnitenschale ergibt, schritt die Rückhädung 
der Schale von hinten nach vorn fort. Angenommen, die Verkürzung 
des Körpers und die Trennung der Geschlechter begannen gleich- 
zeitig, so begann die Verkürzung des Körpers und damit die 
Zusammenschiebung des Vas deferens am hinteren Ende des Körpers. 
Die Trennung der Geschlechter setzte ein in der Gestaltung der 
distalen (differenzierten) Teile des Leitungsapparates. Als die Zu- 
sammenschiebung diesen distalen Abschnitt erreichte, war schon eine 
gewisse Trennung der Geschlechter eingetreten. Das Resultat mußte 
in beiden Geschlechtern verschieden ausfallen, wie wir tatsächlich 
beobachten. 

Wir kommen also zu dem Schlusse, daß die pelagisch lebenden, 
setrenntgeschlechtlichen Dibranchiaten aus nicht pelagisch leben- 
den, hermaphroditischen Stammformen mit längerem Körper 
und längerer Schale hervorgegangen sind. 

Wie weit wir berechtigt sind, hieraus auf die Organisation der 
Belemniten irgendwelche Schlüsse zu ziehen, darüber will ich mir 
kein Urteil erlauben, da ich keinen sicheren Anhaltspunkt dafür 
sefunden habe, daß es sich in diesen Stammformen wirklich um 
Belemniten handelte. 

Ich halte es für nicht ausgeschlossen, daß eine genauere Unter- 
suchung des Leitungsapparates weitere Aufschlüsse in phylogenetischer 
Beziehung bringen könnte. Es scheint, daß das Studium hoch diffe- 
renzierter Tiere unter Umständen mehr Schlüsse auf ursprüngliche 
Verhältnisse ermöglicht, als das Studium der sogenannten »primitiven 
Formen«. Diese sind nur zu oft das Resultat weitgehender Rück- 
bildungen, während jene die altertümlichen Verhältnisse, wenn auch 
mannigfach ausgestaltet, getreu bewahrt haben. Ich hoffe, nach dem 
Abschluß der histologischen Untersuchung eine klarere Darstellung 
der phylogenetischen Umbildungen des Leitungsapparates geben zu 
können, als es mir zurzeit möglich ist. 


Leipzig, im August 1906. 


1817. 


1842. 


1842. 


1847. 


1847. 


1850. 


1852. 


1852. 


1853. 


1853. 


1856. 
1878. 


1880. 


1880. 


1881. 


1882. 


1884. 


1886. 


1894. 


18%. 


1905. 


Studien über Cephalopoden. 1. | 413 


Literaturverzeichnis, 


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Archiv f. Naturgesch. Jahrg. XIL. Bd. I. 

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Bd. V. 

—— Zur Kenntnis der Morphologie und der Verwandtschaftsverhältnisse 
der Cephalopoden, 

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soma. Arch. d. Zool. exper. (3.) T. I. 

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Chun, Über einen unbekannt gebliebenen Flimmertrichter bei Cephalo- 
poden. (Mit 8 Fig.) Zool. Anz. Bd. XXVII, Nr. 19/20. 


414 Werner Marchand, 


1906. CHux, Über die Geschlechtsverhältnisse der Cephalopoden. Zool. Anz. 
Bd. XXIX. Nr. 25, 26. Mit 5 Fig. 

1906. MARCHAND, Beitrag zur vergleichenden Anatomie des männlichen Ge- 
schlechtsapparates der Cephalopoden. Zool. Anz. Bd. XXIX. Nr. 25, 26. 
Mit 3 Fig. 

1906. W. Tu. MEyER, Über den männlichen Geschlechtsapparat von Opistho- 
teuthis depressa (Ijima und Ikeda). Zool. Anz. Bd. XXIX. Nr. 25, 26. 
(1 Fig.) 

1906. —— Die Anatomie von Opisthoteuthis depressa. Diese Zeitschr. Bd. LXXXV. 
Heft 2. 

(1886. STUHLMANN, Beiträge zur Anatomie der inneren männlichen Geschlechts- 
organe und der Spermiogenese der Cypriden. Diese Zeitschr. Bd. XLIV.) 


Erklärung der bei der Figurenbezeichnung gebrauchten 
Abkürzungen, 


a.(amp.), Ampulle des Vas deferens; 
abor., aboraler Pol; 
an., After; 
app.(Appendix), Blindsack des distalen Vas deferens; 
art., Arterie; 
art.abd., 
art.br., - i : N 
Abdominal-, Kiemen-, Genital- und Mantelarterie; 
art.gen., 
art.pall., 
br.(branchia), Kieme; 
b.(bursa)atr., Tintenbeutel; 
b.gen., Genitaltasche; 
b.N.(Needh.), NEEDHAumsche Tasche; 
e.(can.)ed., Canalis eiliatus, Flimmergang; 
can.vp., Wasserkanal; 
cav.pall., Mantelhöhle; 
coel., Cölom, Visceropericardialhöhle; 
coee.int., Blindsack des Darmes; 
coll., quellende Substanz; 
coll.p., Hals des Penis; 
c.br.(cor.branch.), Kiemenherz; 
div.p.(pen.), Penisdivertikel; 
div.coec., blinder Anhang; 
d.(ductus)b.atr., 
d.gl.atr., 
d.gl.ace., Ausführgang der accessorischen Drüse; 
d.gl.sp., 
d.sp.,) 
f.(fundus), Spitze der NEEDHAMschen Tasche; 


Ausführgang des Tintenbeutels; 


Ausführgang der Spermatophorendriüse; 


Studien über Cephalopoden. 1. 415 


fil., Endfaden; 
gl.(glandula), Drüse; 
gl.ace., accessorische Drüse (Prostata); 
gl.atr., Tintenbeutel; 
gl.Neid., Nidamentaldrüse; 
gl.ov., Eileiterdrüse; 
gl.per., Pericardialdrüse (Kiemenherzanhang); 
gl.sp.I, ITu. III, erster, zweiter und dritter Abschnitt der Spermatophoren- 
drüse (Vesicula seminalis); 
hect., Hectocotylus; 
int., Darm; 
M.retr.cap., 
m.retr.inf.,;, Rückziehmuskel des Kopfes, Trichters, Mantels; 
m.reir.pall.med., 
nephr., Harnsack (Niere); 
or.(orificium), Mündung, oraler Pol; 
p.(pen.), Penis (distaler Teil der NerpHAmschen Tasche; 
rec.sem., Receptaculum seminis; 
rect., Enddarm; | 
res.sp.II, sekundäres Spermatophorenreservoir; 
sept.pall., Mantelseptum = m.reir.pall.; 
st., Magen; 
sp., Sperma; 
t.(testis), Hoden; 
term., Endabschnitt; 
ur., Nierenpapillen (Ureter); 
v.(vena), Vene; 
v.abd., 
“ ER Abdominal-, Mantel-, Kiemen-, Genitalvene; 
v.gen., 
v.d.(v.def.), Vas deferens; 
v.d.dist., distales 
v.d.prox., proximales 
v.p., Visceropericardialhöhle (Cölom). 


Vas deferens; 


Weitere Beiträge zur Kenntnis der Bipaliiden. 
Von 
Prof. Dr. Josef Müller 


(Triest). 


Mit Tafel XIX und XX. 


Wenn in manchen Tiergruppen, speziell bei den Insekten, die 
Copulationsorgane ein wichtiges Kriterium zur Artunterscheidung ab- 
geben, so gilt das für die Würmergruppe der Landtrieladen im all- 
semeinen und der Bipaliiden im besonderen bei dem Mangel von 
charakteristischen äußerlichen Differenzierungen ihres Körpers in viel 
höherem Grade. Leider sind aber gerade in dieser Gruppe sehr viele 
Species anatomisch noch gänzlich unbekannt und nur nach äußeren 
Merkmalen, hauptsächlich nach der Färbung und Zeichnung des 
Körpers, beschrieben 

Um wenigstens in der Gruppe der Bipaliiden, mit denen ich 
mich schon früher beschäftigt habe, diese Lücke teilweise auszufüllen, 
habe ich auf Anregung meines hochgeschätzten Lehrers, Herrn Prof. 
V. GRAFF, etliche bisher bloß dem Exterieur nach beschriebene Arten 
hinsichtlich ihres Copulationsapparates untersucht und die Resultate 
in vorliegender Arbeit niedergelegt. Wie man sich bei der Beurteilung 
einer Species nach bloßen Färbungsmerkmalen täuschen kann, wird. 
in zwei Fällen zu erörtern sein!. 

Auch zwei neue Species (Dipahum sarasini und esnguenidinn) 
werden im nachfolgenden beschrieben. Leider durfte die erstgenannte 
nicht geschnitten werden. Diese beiden Species eingerechnet, sind 
nach dem Erscheinen der v. GrArrschen Monographie der Turbel- 
larien, II. Bd. (Leipzig 1899), 19 neue Bipaliiden beschrieben 


! Bipalium jansei = marginatum var. und Dip. simrothr ex parte = distin- 
guendum noVv. Spec. 


Weitere Beiträge zur Kenntnis der Bipaliiden. ln, 


worden!. Eine Bestimmungstabelle derselben habe ich am Schlusse 
dieser Arbeit zusammengestellt. 

Aus Gründen, die ich in meiner ersten Bipaliiden-Arbeit (in 
dieser Zeitschr., Bd. LXXIII, 1902, S. 76, Fußnote) auseinandergelegt 
habe, wurden auch in nachfolgenden Zeilen die als Placocephalus 
und Perocephalus beschriebenen Arten der großen Gattung Dripalium 
einverleibt und durchwegs unter diesem Namen angeführt. 
Die drei Gattungen Dipalium (s. str.), Placocephalus und Perocephalus 
sind auch durch den Bau der Copulationsapparate nicht auseinander- 
zuhalten. Sehr ähnliche Typen des Copulationsapparates kommen 
bisweilen bei Arten zweier der genannten Gattungen vor und umgekehrt 
sehr verschiedene Typen des Copulationsapparates in einer und 
derselben Gattung. 

Interessant ist das Vorkommen von muskulösen Drüsenorganen, 
die den Adenodactylen von Artioposthia sehr nahe stehen, in der 
Gruppe der Bipaliiden (vgl. S. 452). Als eine phylogenetische Vorstufe 
der Adenodactylen dürften die im Nachfolgenden als » Adenocysten« 
bezeichneten, eigenartigen Drüsenorgane von Dip. graffi und böhmige 
aufzufassen sein (vgl. S. 433). Auch sei erwähnt, daß Oviducte mit 
dorsoventral verschieden hohem und etwas verschieden gestaltetem 
Epithel, wie sie zuerst bei D?p. penzige und einigen andern beschrieben 
wurden, in der Gruppe der Bipaliiden keine Seltenheit zu sein 
scheinen (vgl. S. 423 u. 427). 

Die angewandten Schnitt- und Färbungsmethoden sind genau die- 
selben, wie die in meinem ersten »Beitrag zur Kenntnis der Bipaliiden« 


1 Verzeichnis der einschlägigen Literatur: 

1902. Jos. MÜLLER, Ein Beitrag zur Kenntnis der Bipaliiden. (Diese Zeitschr. 
Bd. LXXII, S. 75—114, Taf. IV— VI) — Enthält die Beschreibungen 
von Bip. wirile n. sp., graffe n. sp., böhmigi n. sp., phebe (?) var. trans- 
versefasciatum n. v., megacephalum n. sp. und penzige n. sp. 

1903. CAmıtLLo MELL, Die Landplanarien der madagassischen Subregion. (Ab- 
handl. SENCKENB. nat. Ges., Bd. XX VII, S. 193— 236, Taf. XXX—XXX]1.) 
— Enthält die Beschreibungen von Bip. tauw n. sp., brauni n. sp., 
grandidieri n. sp. und marenzelleri n. Sp. 

1903. F. F. LAıpLaw, Report on the Land-Planarians. (Fasciculi Malayenses, 
I, S. 115—116.) — Enthält die Beschreibung von Bipalium jalorense n. sp. 

1905. Run. v. RiTTer-ZAHoNy, Landplanarien aus Java und Ceylon. (Mitteil. 
aus dem naturh. Mus. Hamburg, XXII, S. 1653—200.) — Enthält die 
Beschreibungen von Place. niger n. sp., pictus n. sp., kraepelini n. Sp., 

| Bip. weismanni n. sp. uud depressum n. sp. 

1906. ADpoLF MEIXNER, Zwei neue Landplanarien. (Zool. Anz., Bd. XXIX 
S. 665-671.) — Enthält die Beschreibung von Bip. natuennse n. sp. 


418 Josef Müller, 


(in dieser Zeitschr. Bd. LXXIII) verzeichneten, und es sei daher dies- 
bezüglich auf die dortigen Angaben verwiesen. Ich bemerke nur, daß 
die von mir untersuchten Exemplare entweder sehr schlecht oder nicht 
besonders gut konserviert waren, so daß ich mich in den meisten 
Fällen auf feinere histologische Details nicht einlassen konnte. 

Für die freundliche Überlassung des Untersuchungsmaterials, so- 
wie für die Erlaubnis, im zoolog. Institute der Grazer Universität die 
Schnittserien anzufertigen, sei es mir gestattet, dem Vorstande des letz- 
teren meinen wärmsten Dank auszusprechen. Herrn Prof. Dr. J. Corı 
verdanke ich die Erlaubnis zur Benützung von Literatur aus der 
Bibliothek der zoolog. Station in Triest. — 


Bipalium sarasini nov. spec. 
(Taf. XIX, Fig. 1—3.) 

Ziemlich gedrungen gebaut, nach vorn schwach, nach hinten 
fast geradlinig verengt. Kopfplatte mäßig groß, mit deutlich vor- 
tretenden aber nur schwach nach hinten gezogenen Öhrchen. 

Oberseite schwarz, nicht weit hinter der Kopfplatte mit einer 
mäßig breiten, weißlichgelben Querbinde, die nach hinten in der 
Mitte spitzwinkelig vorspringt und an den Seiten je einen fast bis 
zum Hinterende reichenden Submarginalstreifen entsendet. 

Die Unterseite erscheint (wenigstens in Alkohol) olivengrün mit 
grauer Beimengung; die Seitenränder sind gelblich gefärbt, die von 
einem sehr schwach hervortretenden, dunklen Saum umgebene Kriech- 
leiste hat einen fast rein grauen Ton. Hinter der Halseinschnürung 
greift die gelbliche Querbinde der Oberseite auf die Ventralseite über, 
wird aber in der Mitte breit unterbrochen. 

Die Körperlänge des einzigen mir vorliegenden lan 
beträgt 17 mm, die Maximalbreite des Rumpfes fast 4mm; eben- 
sobreit ist die Kopfplatte. Auf der etwa !/, der Körperbreite ein- 
nehmenden Kriechleiste sind zwei in die Quere gezogene Öffnungen 
zu sehen: etwa in der Mitte die Mundöffnung und 2,6 mm da- 
hinter eine kleine Querspalte, die ich für den Geschlechtsporus halte. 
Der Körperquerschnitt erscheint dorsal sehr schwach gewölbt, 
ventral etwas dachförmig vortretend, seitlich schmal abgerundet. 

Durch die schwarze Färbung des Kopfes und des vordersten 
Körperabschnittes erinnert diese Art an Dip. haasei Graff (Turbell. II, 
S. 438, Taf. XVIIL, Fig. 11) aus Bangkok. Doch ist bei dem letzt- 
genannten auf der hell gefärbten Oberseite nur ein schwarzer, breiter 
vorn einfach abgerundeter Medianstreif vorhanden. 


Weitere Beiträge zur Kenntnis der Bipaliiden. 419 


Fundort: Bantimurong (Süd-Celebes). Von P. u. F. SARASIN ge- 
sammelt. — | 


Bipalium wiesneri Graff. 
(Monogr. Turbell. II, 437.) 

Das von mir geschnittene, im nachstehenden beschriebene Exem- 
plar war fast 16 mm lang bei einer Maximalbreite des Körpers (in 
der Pharyngealregion) von 2 mm. Die Kopfbreite beträgt 2,9 mm, 
die des Halses 1,8 mm; die Kriechleiste nimmt etwa !/;s der Körper- 
breite ein. Die Mundöffnung ist fast ”mm vom Vorderende entfernt, 
die Geschlechtsöffnung liegt 2 mm hinter der Mundöffnung. 

Ein zweites Exemplar aus der Sammlung des zoolog. Instituts 
der Universität Graz ist 15 mm lang bei einer Körperbreite von 
1,7mm. Die Breite der Kopfplatte beträgt 2,5, die des Halses 1,5 mm; 
die Kriechleiste ist 1/,; so breit als der Körper. Die Entfernung der 
Mundöffnung vom Vorderende beträgt 7” mm, die des Geschlechtsporus 
von der Mundöffnung 3 mm. 

Daß bei dieser Species die Kriechleiste dunkler sei als der üb- 
rise Teil der Bauchseite, wie v. GRAFF (Turbell. II, S. 438) angibt, kann 
ich wenigstens bei den mir vorliegenden Spiritusexemplaren nicht 
wahrnehmen; ja sie scheint eher etwas heller als die umgebende Bauch- 
fläche gefärbt zu sein, was übrigens auch aus der von STRUBELL 
nach dem Leben entworfenen Fig. 16 auf Taf. X der GrArrschen 
Monogr. d. Turbell., II, hervorgeht. 


Pharyngealapparat. Dieser ist am Ende der vorderen Körper- 
hälfte gelegen und nimmt etwa 1/,;, der Gesamtlänge des Körpers 
ein. In der Mitte der Pharyngealtasche befindet sich die Mundöffnung. 
Nach seiner Form und Insertion kann der Pharynx am besten als 
»kragenförmig« (GRAFF, Turbell. II, S. 99) bezeichnet werden. 


Copulationsapparat. — Ziemlich genau in der Mitte des 
Körpers, das Hinterende der Pharyngealtasche beinahe berührend 
(vgl. Taf. XIX, Fig. 4 und 5), beginnt der Copulationsapparat, der sich 
mit einer Länge von 1,7 mm nach hinten erstreckt und somit fast !/;, 
der Gesamtlänge des Körpers einnimmt. 

Die Geschlechtsöffnung (g) führt durch einen mäßig langen Gang 
in das verhältnismäßig kleine und enge Atrium eommune (ac). Dieses 
wird von einem auf der Ventralseite des Atriums eilientragenden 
Plattenepithel ausgekleidet, welches nur gegen die Peripherie des 
Atriums höher wird. 


nv 


420 Josef Müller, 


Der von der dorsalen Seite her in das Atrium commune ein- 
mündende Drüsengang (drg) ist ungefähr senkrecht zur Längsachse 
des Körpers orientiert, in seinem oberen Teile sackartig ausgeweitet, 
gegen die Mündung zu allmählich verschmälert. Die innere Aus- 
kleidung erfolgt durch ein im unteren Teile etwa kubisches in der 
oberen Ausweitung viel höheres Epithel, das stellenweise Cilien er- 
kennen läßt. Wie gewöhnlich ziehen zum Drüsengang die mit Seeret 
erfüllten Ausführgänge erythrophiler Drüsen. 

Ziemlich kompliziert ist bei dieser Species die Muskulatur des 
weiblichen Begattungsapparates, welche schematisch auf 
Taf. XIX, Fig. 4, dargestellt ist. Der gesamte Drüsengang wird 
zunächst von einer aus innig verflochtenen Längs- und Ringfasern 
bestehenden Musecularis (drm) umgeben. Die übrige Muskulatur des 
weiblichen Begattungsapparates ist nicht gleichmäßig um den Drüsen- 
sang verteilt; es hat vielmehr eine Konzentration der Muskeln um 
den unteren, engen Teil desselben stattgefunden, wodurch eine physio- 
logische Differenzierung des Drüsenganges in zwei Abschnitte erfolgt 
ist: einen oberen, sackartigen Teil, den Drüsengang im engeren Sinne 
und einen unteren, röhrenförmigen, muskelreichen Abschnitt, den wir 
analog wie bei Dip. virdle M.! als »Vagina« bezeichnen können. 
Dieser eigen ist nun zunächst ein mächtiger Sphinetermuskel, der die 
Vagina in ihrer ganzen Ausdehnung umschließt. Am Sphineter selbst 
lassen sich zwei ziemlich scharf abgegrenzte Faserschichten unter- 
scheiden: eine innere, der Vagina zunächst gelegene Schicht von 
derben Muskelfasern (sph') und eine diese umfassende, äußere Hülle 
von viel feineren, gewellten Ringfäserchen (sp%”)., Dieser doppelte 
Sphinetermuskel wird wieder umgeben von der Muskelmasse des weib- 
lichen Bulbus, die hauptsächlich aus dicken, vielfach verflochtenen 
Längsfasern besteht, welche die dorsale Wandung des Atrium com- 
mune mit dem Vaginalsphincter verbinden (zelm). Aber auch radiär 
verlaufende Muskelelemente (wdm) sind im weiblichen Bulbus vor- 
handen; sie spielen offenbar eine Rolle bei der Erweiterung der 
Vagina und sind mithin als Antagonisten des Vaginalsphineters auf- 
zufassen. Der Drüsengang im engeren Sinne wird bloß von einem 
lockeren Geflecht von Muskelfasern verschiedener Richtung (Längs-, 
Ring- nnd Diagonalfasern) umgeben (drm’). 

Die Vereinigungs- und zugleich Einmündungsstelle der Oviducte 
in den Drüsengang befindet sich an dessen dorsaler Wandung. Das 
Epithel der Oviduete ist ringsherum von ziemlich gleicher Höhe. 


1 Jos. Müruer, Bipaliiden (I. e.), 8. 91, Taf. V, Fie. 1. 


Weitere Beiträge zur Kenntnis der Bipaliiden. 421 


Der männliche Copulationsapparat ist mächtig entwickelt; er 
nimmt weitaus den größten Teil des gesamten Copulationsapparates 
ein, was ebenfalls an die Verhältnisse von .Bip. virıle (]. e.) gemahnt. 

Das den kurzen, kegeligen Penis enthaltende Atrium masculinum 
(Fig. 4 und 5 am) führt durch einen mäßig langen Ducetus maseulinus 
in das Atrium ecommune. Das verschieden hohe Epithel des Atrium 
masculinum bzw. Ductus masculinus ist an vielen Stellen von runden 
Löchern durchbrochen, durch die sich das Seeret erythrophiler 
Drüsen entleert. Eine mehrschiehtige Museularis, bestehend aus 
zarten Ring- und Längsfasern, umgibt den Ductus und das Atrium 
masculinum und biegt auf die äußere Wand des Penis über (Fig. 9 amm). 
Von der Muskelmasse des weiblichen Copulationsapparates wird der 
Ductus masculinus durch eine dünne Bindegewebshülle mit zahlreichen 
Zellkernen (Fig. 5 dk) isoliert. 

Äußerst interessante Verhältnisse bietet der Duetus ejaeulatorius. 
Er zerfällt nach der Beschaffenheit seiner Wandung in zwei Ab- 
schnitte: einen vorderen (proximalen), von einem hohen Epithel aus- 
sekleideten Teil (Fig. 5 de’) und einen hinteren (distalen) mit eigen- 
tümlichen Drüsentaschen versehenen Abschnitt (de’”). 

Ein genaueres Bild des letztgenannten Abschnittes gibt uns Fig. 6 
auf Taf. XIX. Hier sieht man zunächst das mit Cilien versehene Epithel 
(ep), in dem ovale Kerne eingestreut sind. Mit dr sind die zahl- 
- reichen Drüsentaschen bezeichnet, von denen eine in der. erwähnten 
Figur ausmündet. Sie stehen so gedrängt, daß sie sich gegenseitig 
abplatten. Was ihre Entstehung betrifft, so handelt es sich um Ein- 
stülpungen des Duetus-Epithels.. Allerdings ist die epitheliale Aus- 
kleidung der Drüsentaschen nunmehr durch das angesammelte Secret 
stark deformiert und daher undeutlich; man erkennt aber wenigstens 
hier und dort in dem Secretbelage an den Wandungen der Drüsen- 
räume eingestreut die Kerne der zerstörten Epithelzellen. (Über das 
Drüsenseeret und die Zuführgänge desselben siehe weiter unten.) 

Das den vorderen Teil des Ductus ejaculatorius auskleidende 
Epithel (Fig. 5 ep’) ist durch hier austretende, dicht gedrängte Secret- 
stränge derartig durchbrochen, daß es auf Tangentialschnitten ein 
netzartiges Aussehen darbietet. Die Zellkerne sind basal gelegen. 
Stellenweise sind noch Cilien vorhanden. 

Beide Abschnitte des Ductus ejaculatorius werden von einer 
gemeinschaftlichen, ziemlich kräftigen Museularis (Fig. 4, 5 und 6 dem) 
eingefaßt, die aus einem Geflecht von Longitudinal-, Diagonal- und 
Circeulärfasern besteht. Außerhalb derselben befindet sich eine aus 


499 Josef Müller, 


zartem Bindegewebe, mit eingestreuten Ringfäserchen bestehende 
Hülle (rf). Den Abschluß gegen das Körpermesenchym bildet eine 
mächtige Lage longitudinaler Muskelfasern (bir), die die Eigenmusku- 
latur des Bulbus penis darstellen. 

Das in den Ductus ejaculatorius sich ergießende Secret stammt 
wie gewöhnlich aus Drüsen, die im Körpermesenchym außerhalb des 
Copulationsapparates gelegen sind. Von allen Seiten dringen die 
Ausführungsgänge dieser Drüsen in den Bulbus penis ein, durch- 
ziehen zunächst als äußerst zarte und daher nicht leicht sichtbare 
Streifen die Längsmuskelschicht desselben und vereinigen sich bei 
ihrem Austritt aus dieser Schicht zu diekeren Strängen, welche durch 
die Ringfaserschicht hindurch in die Muscularis des Duetus ejacula- 
torius eindringen (Fig. 6 sg). Hier biegen sie schräg nach hinten und 
innen, um je nach der Lage entweder zu den Drüsentaschen zu ge- 
langen, oder durch das hohe Epithel des vorderen Ductusabschnittes 
hindurch sich direkt in diesen zu entleeren. Das Secret ist fein- 
körnig und von blaßrötlicher Farbe. 

Die Vasa deferentia vereinigen sich bei * in Fig. 4, an der 
Grenze der Bulbusmuskulatur, zu einem ziemlich langen Ductus semi- 
nalis (Fig. 4 ds), der in das vordere Ende des Ductus ejaculatorius 
einmündet. Auch hierin stimmt die vorliegende Species mit Bep. virzle 
überein, mit dem einzigen Unterschiede, daß bei der letztgenannten 
Art der Ductus seminalis erheblich kürzer ist. 


Bipalium interruptum Graff. 
(Monogr. Turbell. II, S. 454.) 

Von dieser Species wurden drei Exemplare in Schnittserien zer- 
lest. Nur das größte, 13 mm lange Exemplar erwies sich als voll- 
kommen geschlechtsreif, und wurde der unten folgenden Schilderung 
des Copulationsapparates zugrunde gelegt. Ein etwas kleineres, etwa 
li mm langes Individuum hatte noch nicht völlig ausgebildete Copu- 
lationsorgane, aber immerhin so weit entwickelt, daß sich die Über- 
einstimmung im Bau des Geschlechtsapparates mit dem erstgenannten 
Exemplar feststellen ließ. Das dritte Exemplar war bloß 7,2 mm 
lang; vom Copulationsapparat waren bloß die ersten Anlagen vor- 
handen. 

Die Mundöffnung ist vor, die Geschlechtsöffnung hinter der 
Körpermitte gelegen; die Entfernung dieser beiden Öffnungen vonein- 
ander beträgt bei großen Exemplaren 1,3—1,5 mm. Die Kriechleiste 
ist /4—!/s so breit als der Körper. 


Weitere Beiträge zur Kenntnis der Bipaliiden. 4923 


Zur Augenstellung dieser Species möchte ich nur bemerken, 
daß sich außer der Kopfrandzone und den Halsflecken einzelne Augen 
über den ganzen Körper zerstreut (die Kriechleiste natürlich ausge- 
nommen) vorfinden. Beachtenswert ist die Ausdehnung der dorsalen 
Halsflecken bis zum dunklen Medianstreif, ein Verhalten, das an Bey. 
phebe erinnert. 


Pharyngealapparat. — Die etwa 1—!/; der Körperlänge 
einnehmende Pharyngealtasche birgt einen kragenförmigen Pharynx 
mit dorsaler Insertion im hinteren Drittel der Pharyngealtasche. Etwa 
in der Mitte der letztgenannten, an ihrer unteren Wandung, bricht 
die Mundöffnung durch. 


Copulationsapparat. — Unmittelbar hinter dem Pharyngeal- 
apparat, die hintere Aussackung der Pharyngealtasche beinahe be- 
rührend, befindet sich der gedrungene Copulationsapparat, dessen 
mächtige Muskelmassen sich beinahe gleich auf den männlichen und 
weiblichen Abschnitt verteilen. Sowohl die Gesamtkonfiguration als 
auch manche Details erinnern lebhaft an die Verhältnisse bei Bip. 
penzige M.\. 

Die Geschlechtsöffnung (Fig. 7 9) führt durch einen engen Copu- 
lationskanal in das kleine Atrium commune (ac), an dessen dorsaler 
Wandung dieht nebeneinander, aber doch deutlich durch eine schmale 
Brücke getrennt, der männliche Copulationskanal und der Drüsengang 
einmünden. Letzterer (dry) ist etwa senkrecht zur Längsachse des 
Körpers gestellt und wird von einem mäßig hohen, schleimabson- 
dernden Epithel ausgekleidet. Außer Schleim ergießt sich in den 
Drüsengang auch das Secret erythrophiler Drüsen, die sich im Körper- 
mesenchym vorfinden. ’ 

Die Muskulatur des weiblichen Öopulationsapparates 
besteht aus einer mehrschichtigen, äußerst feinfaserigen Ringmuseu- 
laris (drm) und den mächtigen, größtenteils längsverlaufenden Fasern 
(wln) des weiblichen Bulbus, in dem der Drüsengang vollständig 
eingebettet ist. 

Die Oviducte (od) münden sehr nahe aneinander in den obersten 
Abschnitt des Drüsenganges ein. In ihrem Verlauf bis etwa zum 
Copulationsapparat ist das Cilienepithel ventral bedeutend höher als 
dorsal, genau so wie bei Dip. penzigi M.?. 


1 Jos. MÜLLER, Bipaliiden, 8. 85 ff., Taf. VI, Fig. 2. 
are S. 955,Lat. VI, Riee 3 
Zeitschrift f. wissensch, Zoologie. LXXXVI. Bd. \ 28 


424 Josef Müller, 


Das den langen, pfriemenförmig zulaufenden Penis (p) enthal- 
tende Atrium masculinum (am) wird von einer zarten Ringmuscu- 
laris umgeben, die sich gegen die Penisbasis etwas verstärkt. Der 
Duetus ejaculatorius (de) ist im Basalteile des Penis mit zwei 
taschenförmigen Einfaltungen des Epithels versehen, einer dorsalen 
(dr') und einer ventralen (dr”), die durch eine im Medianschnitt zapfen- 
artig erscheinende Brücke getrennt werden. Auch hierin bekundet 
sich die Übereinstimmung mit Bip. penzigi M.\. Offenbar dienen 
die beiden taschenförmigen Falten, so wie bei Dip. penzigi, zur Auf- 
nahme des von Mesenchymdrüsen herstammenden erythrophilen Se- 
cretes, das sich übrigens auch in den eigentlichen Duetus ejaeculatorius 
direkt ergießt. In den Drüsentaschen ist das Epithel mäßig hoch, 
es wird aber dann im Ductus ejaculatorius bedeutend höher und neigt 
hier zur Zottenbildung, um gegen das Ende des Ausspritzungskanals 
wieder an Höhe abzunehmen. 

Die Penisbasis und ein Teil des Atrium masculinum werden von 
der mächtig entwickelten Bulbusmuskulatur umgeben. Den ganzen 
Copulationsapparat von der Dorsalseite umfassend ziehen längsver- 
laufende, gemeinschaftliche Muskelfasern (gr). 

Voneinander schmal getrennt, münden die Vasa deferentia 
(vd) am freien Rande der zwischen den beiden Drüsentaschen ge- 
legenen Gewebsbrücke aus. 


Bipaliuim simrothi Loman. 
(Notes from the Leyden Museum, XVII, 1895, S. 28; Bepalium simrothi Grafi 
ex parte, Monogr. Turbell., II, S. 456, Taf. IX, Fig. 27 u. 28.) 

Nachstehende Schilderung bezieht sich lediglich auf das von 
GRAFF auf Taf. IX, Fig. 27 u. 28 seiner Monographie abgebildete 
Exemplar. Die für eine »Varietät« des simrothi gehaltene, in Fig. 31 
derselben Tafel dargestellte Form erwies sich nach Untersuchung des 
Copulationsapparates als eine grundverschiedene Art, die weiter unten 
unter dem Namen Bipahium distinguendum beschrieben werden soll. 
Wohin die auf Taf. IX, Fig. 29 u. 30 abgebildete Form gehört, muß 
erst eine spätere Untersuchung des Geschlechtsapparates entscheiden; 
nach der Zeichnung ist es wahrscheinlich, daß sie sich als ein Bip. 
distinguendum entpuppen wird. | 

Bezüglich der äußeren Merkmale von Bip. simrothi sei nur be- 
merkt, daß die Geschlechtsöffnung nicht so weit nach hinten ver- 
schoben erscheint, als es in der Monogr. d. Turbell. II, Taf. IX, Fig. 28 


ı Jos. Mürzer, 1. c. 8. 99, Taf. VI, Fig. 2t. 


Weitere Beiträge zur Kenntnis der Bipaliiden. 425 


dargestellt ist; sie liegt tatsächlich genau in der Mitte zwischen der 
Mundöffnung und dem Hinterende. 


Der Pharyngealapparat nimmt fast !/; der Körperlänge ein. 
Er enthält einen typisch kragenförmigen, reich gefalteten Pharynx. 


Copulationsapparat. — Etwa 0,6 mm vom Hinterende der 
Pharyngealtasche entfernt, beginnt der Copulationsapparat (Taf. XX, 
Fig. 7), der in mannigfacher Beziehung merkwürdige Verhältnisse 
darbietet. 

Der männliche und der weibliche Teil nehmen beiläufig den- 
selben Raum ein und schmiegen sich eng aneinander. Die Geschlechts- 
öffnung (9) führt in einen engen Gang, der wenigstens in seinem 
oberen Teil als Atrium commune (ac) bezeichnet werden muß. Öhne 
scharfe Grenze geht dieser Gang in einen reichgefalteten und mit 
Seitentaschen versehenen drüsigen Raum (x) über, der seiner Lage 
nach dem bei den marinen und Süßwassertrieladen als Uterus be- 
zeichneten Abschnitt des weiblichen Copulationsapparates entspricht. 
Ob es sich auch im vorliegenden Falle um einen Uterus im physio- 
logischen Sinne handelt, kann ich nicht entscheiden. Ein Teil des 
diesen Raum auskleidenden Flimmerepithels (in Fig. 7, Taf. XX, 
schwarz gehalten) ist von eyanophilem Drüsensecret in Form von 
länglichen oder rundlichen Klumpen dicht erfüllt, so daß von den 
Epithelzellen selbst und deren Kernen fast nichts zu sehen ist. Ein 
andrer Teil (in der erwähnten Figur doppelt konturiert) entbehrt jeder 
Einlagerung eyanophilen Drüsensecretes und erscheint in den vor- 
liegenden, mit Hämatoxylin-Eosin gefärbten Schnitten intensiv rot. 
Die hier deutlich erkennbaren Epithelzellen sind schmal eylindrisch, mit 
mittelständigem, länglichem Kern; ihr Basalteil erscheint eigentümlich 
homogen und stark lichtbrechend. Der ganze in Rede stehende Raum 
wird von einer aus äußerst zarten Ring- und Längsfasern bestehenden 
Museularis umgeben !. 

Ins Atrium commune mündet von hinten und oben her der 
Drüsengang (drg) ein, der das Secret zahlreicher erythrophiler 
Drüsen empfänst und scheinbar von einer lockeren Muscularis um- 
geben wird. | 

Die Oviducte (od) münden, von vorn und unten kommend, in 
die Seitenteile des oberen Abschnittes des Drüsenganges ein. Ihr 
Epithel ist ventral und dorsal von ziemlich gleicher Höhe; die Kerne 


1 In Fig. 7 auf Taf. XX nicht eingezeichnet. 
28* 


426 Josef Müller, 


der Epithelzellen erscheinen, namentlich an tangential geschnittenen 
Stellen des Oviductes, länglich, stäbchenartig, bisweilen schwach ge- 
knickt. 

Der ganze weibliche Copulationsapparat wird von einem sehr 
lockeren, von Bindegewebe reichlich durchsetzten Muskelgeflecht 
(wm) umgeben. 

Von der vorderen Seite des Atrium commune geht ein mit ein- 
gesenktem Epithel versehenes Divertikel aus, welches den schräg 
aufwärts ziehenden, männlichen Copulationskanal (cc) em- 
pfängt. Dieser ist sowohl durch ein hohes Flimmerepithel als auch 
durch besondere Hüllen scharf abgegrenzt. Dem Epithel unmittelbar 
anliegend befindet sich eine feinfaserige Ringmuscularis (cem), um 
diese in einiger Entfernung eine zweite Ringfaserhülle (cem’)1; da- 
zwischen liegt eine zahlreiche Kerne enthaltende Bindegewebsschicht. 

Das Atrium masculinum (am) wird von einem ziemlich homo- 
genen, intensiv gefärbten Plattenepithel ausgekleidet. Das gleiche gilt 
auch für das Epithel des sehr plumpen Penis (pj, mit Ausnahme 
der Penisbasis, wo das Epithel bedeutend höher und von großen, un- 
regelmäßigen Vacuolen durchsetzt ist. Von Cilien lassen sich sowohl 
am Atrium als auch am Penis nur Spuren erkennen. 

Der Ductus ejaculatorius (de) ist sackartig erweitert, sein 
zottenartig vorspringendes Epithel dicht mit eosinophilem Drüsenseeret 
erfüllt und durch dasselbe ganz zerstört. Im basalen Teil des Duc- 
tus ıst das coagulierte Secret von zahlreichen, dichtstehenden Blasen 
und Kanälen durchsetzt, und daher schwammartig, im apiealen Teil 
dagegen körnig. Reichliche Spermamassen sind im Inneren des Duc- 
tus ejaculatorius vorhanden und ebenso in einer mit diesem in Ver- 
bindung stehenden Blase, die wir als Vesieula seminalis (vs) be- 
zeichnen müssen. In diese münden, voneinander getrennt, die beiden 
Vasa deferentia ein. | 

Der Drüsengang und. die Vesicula seminalis liegen vollständig 
im Penis i. e. S. eingebettet. Daß auch die Bulbusmuskulatur sich 
srößtenteils in den Penis hineinerstreckt,. dürfte wohl damit zu- 
sammenhängen, daß sich der männliche Copulationsapparat bei der 
Fixierung im Ejaculationszustande befand. 

Die Muskelfasern des männlichen Bulbus erscheinen wenig- 
stens auf Sagittalschnitten sehr regelmäßig angeordnet: Lamellen 
von längsverlaufenden Fasern (bir) wechseln ab mit Schichten von 
quer oder schief durchschnittenen Fasern (bgqm). Bei der Penisbasis 


! Siehe die nachträgliche Berichtigung auf S. 445. 


>; 


Weitere Beiträge zur Kenntnis der Bipaliiden. 427 


vorbei ziehen durch die Bulbusmuskulatur zahlreiche Drüsenausführ- 
sänge, die dem Ductus ejaculatorius zustreben (vgl. Taf. XX, Fig. 10). 


Bipalium distinguendum nov. sp. 
(Bipalium simrothi Grafi ex parte, Turbell. II, S. 457, Taf. IX, 
Fig. 31.) 

Wie bereits oben erwähnt, bezieht sich diese neue Art auf die 
von GRAFF (Turbell. II, S. 457) für eine Farbenvarietät des Dip. 
simrothr Lom. gehaltene und auf Taf. IX, Fig. 31 seiner Monographie 
abgebildete Form. Die völlige Verschiedenheit derselben von sim- 
rothi beweist die Anatomie des Copulationsapparates. 

Zu den in der Grarrschen Monogr. d. Turbell. (l. ec.) erwähnten 
äußerlichen Unterschieden kann ich noch hinzufügen, daß bei der 
neuen Art die Kriechleiste nach vorn nur bis zum Vorderrande der 
ersten dunklen Querbinde reicht, während sie sich bei semrothi deut- 
lieh darüber hinaus erstreckt. Wenigstens verhalten sich so die 
beiden mir vorgelesgenen Exemplare. 

Der etwa !/, der Körperlänge erreichende Pharyngealapparat 
birgt einen stark gefalteten, kragenförmigen Pharynx. 


Copulationsapparat. — Die Geschlechtsöffnung (Taf. XIX, 


Fig. 89) führt durch einen mäßig langen Copulationskanal in das 


ziemlich ausgedehnte Atrium commune (ac), in dessen hinterem Teil 
der gemeinsame Genitalwulst zwei zapfenartige Vorsprünge bildet; 
einen größeren, durch den der langgestreckte, männliche Copulations- 
kanal (ce) ausmündet, und einen kleineren, der vom Endteil des 
Drüsenganges (drg) durchzogen wird. 

Ein weiblicher, kompakter Muskelbulbus fehlt hier; der von 
einem mäßig hohen Flimmerepithel ausgekleidete und von einer 
Museularis umsponnene Drüsengang ist vielmehr im lockeren Muskel- 
geflecht des weiblichen Copulationsapparates bzw. des gemeinsamen 
Genitalwulstes (uvm) eingebettet. 

Die Oviducte (od) verschmelzen am Ende (bei * *) zu einem 
kurzen Eiergang, der in das oberste Ende des Drüsenganges ein- 


mündet. Ihr Epithel ist in dem vor der Geschlechtsöffnung ge- 


legenen Abschnitte ventral ein wenig höher als dorsal. 

Das Atrium masculinum (am) sowie der männliche Copulations- 
kanal (cc) werden von einer deutlichen, aus Ring- und Längsfasern 
bestehenden Muscularis umgeben. 

Der langgestreckte, röhrenförmige Ductus ejaculatorius (de) durch- 


428 | Josef Müller, 


zieht den ganzen Penis (p) und den größten Teil des Bulbus. Seine 
mäßig hohe, nicht gefaltete Epithelschicht ist an ihrer dem Ductus 
ejaculatorius zugekehrten Seite mit kugeligen oder länglichen Secret- 
massen teilweise vollgepfropft, die wie gewöhnlich von außerhalb 
des Copulationsapparates gelegenen Drüsen herstammen. Um den 
Ductus ejaculatorius befindet sich im Bulbus penis eine ansehnliche 
feinfaserige Ringmuskelschicht (rn), und zwischen dieser und dem 
Ductus selbst eine dünne Schicht längsverlaufender Fasern, die wahr- 
scheinlich bindegewebiger Natur sind (bg). 

Die Bulbusmuskulatur besteht größtenteils aus diehten Längs- 
fasern (bim), die sich teils an der Ringmuskelschicht des Ductus 
ejaculatorius anheften, teils das Vorderende des Ductus umkreisen. 
Die Vasa deferentia vereinigen sich bei * zu einem ziemlich langen 

Ductus seminalis (ds). 


Bipalium marginatum var. jansei. 
(= Bipalium jamsei Graft, Turbell., I, S. 443.) 

Diese auf Grund der Färbung als eigne Art beschriebene Land- 
planarie erwies sich nach Untersuchung des Copulationsapparates als 
eine Farbenvarietät von Dip. marginatum Loman, genauer als 
eine Varietät jener Species, die GRAFF (Turbell., II, S. 420) nach 
drei. Exemplaren aus Buitenzorg für Dip. marginatum Loman hält. 
In allen wesentlichen Punkten stimmt der Oopulationsapparat 
von Bip. jJanser mit jenem von Dip. marginatum überein, speziell 
auch bezüglich des für die letztgenannte Species so charakteristischen 
Ringmuskelgeflechtes um den Ductus ejaculatorius und der 
in diesen vorspringenden Epithelzotten!. Daß bei dem vorliegen- 
den Exemplar von Drp. janser der Ductus ejaculatorius nicht in 
Schleifen gelegt ist, sondern ziemlich gerade verläuft, und daß das 
Atrium commune durch den Genitalwulst stärker eingeengt erscheint 
als bei dem in Textfig. 61 der Grarrschen Monographie abgebildeten 
Exemplar, fällt nicht in die Wagschale, da dies individuelle Zufällig- 
keiten sind, die von dem verschiedenen Contraetionszustande des 
Tieres abhängen. 

Nur einen scheinbaren Unterschied habe ich konstatieren können. 
Bei Dip. Janser vereinigen sich nämlich die Vasa deferentia vor ihrem 
Eintritt in den Duetus ejaculatorius zu einem kurzen, unpaaren »Duc- 
tus seminalis«, während sie bei Dip. marginatum nach Textfig. 61 


! Vgl. GRAFF, Turbell., I, Taf. XLII, Fig. 2. 


Weitere Beiträge zur Kenntnis der Bipaliiden. 429 


in GRAFFs Monographie separat in den Ausspritzungskanal einmün- 
den. Ob nun dieser Unterschied tatsächlich besteht, oder ob etwa 
der kurze Ductus seminalis bei Dip. marginatum übersehen wurde, 
muß eine nachträgliche Untersuchung der letztgenannten Art ent- 
scheiden. Aber auch im ersteren Falle würde dieser kleine Unter- 
schied bei der sonstigen weitgehenden Übereinstimmung im 
Baue des Copulationsapparates nicht genügen, um etwa Dip. janser 
und marginatum spezifisch zu trennen!. Nicht unerwähnt soll auch 
bleiben, daß die beiden in Rede stehenden Formen an demselben 
Fundort (Buitenzorg auf Java) gesammelt wurden. 

Zur Beschreibung des Copulationsapparates von Dib. marginatum 
in der Grarrschen Monographie (S. 213) habe ich auf Grund der 
Untersuchung der var. janser hinzuzufügen, daß auch hier im Körper- 
mesenchym gelegene, schwach erythrophile Penisdrüsen vorhanden 
sind, deren Ausführgänge in Form zarter Streifen die Bulbusmusku- 
latur durchsetzen und sich durch die Epithelzotten hindurch in den 
Duetus ejaculatorius entleeren. Die Auflösung des Ringmuskelge- 
flechtes des Ductus ejaculatorius in sogenannte »Muskelreifen« (vgl. 
Turbell. II, Taf. XLIH, Fig. 2 mr) wird eben dadurch bedingt, daß 
die Ausführgänge der Penisdrüsen durch die Muskelschicht hin- 
durchtreten. 

Die Färbuug der Bauchseite der von mir geschnittenen Type des 
Bip. (marginatum var.) jansei stimmt nicht mit Fig. 31 auf Taf. XU 
(Turbell. II) überein; es ist fast nichts von den Farbendifferenzen 
zu erkennen, die in obengenannter Figur dargestellt sind, die ganze 
Ventralseite erscheint, mit Ausnahme der äußersten Ränder, die 
braun sind, und der dunklen Halsfiecken, fast einfarbig weißgelb. 
Es ist daher anzunehmen, daß die Färbung durch Einwirkung des 
Alkohols ausgeblaßt ist. 

Die Kriechleiste ist fast !/, so breit als der Körper. (In Fig. 31, 
Taf. XI, Turbell. II, ist sie entschieden zu schmal dargestellt.) 

Nach Aufhellung der vorliegenden Type in Zedernholzöl, konnte 
man am Kopfrande eine Zone äußerst dicht stehender, kleiner Augen 
wahrnehmen, von denen sich aber nur sehr wenige auf die Dorsal- 
fläche der Öhrchen erstreckten. Ventral ist jederseits ein dichter 
»Halsfleck« vorhanden, der sich am Hinterrande der Öhrchen bis zu 


1 Nach Fertigstellung dieser Zeilen konnte ich in Graz die GRAFFschen 
Präparate des Bip. marginatum untersuchen und fand, daß auch bei diesem ein 
unpaarer Ductus seminalis vorhanden ist, womit die völlige Übereinstimmung 
mit jansei erwiesen ist. 


430 | Josef Müller, 


deren Spitze fortsetzt. Von dorsalen »Halsflecken« war nichts zu 
erkennen. | | 
Einzelne, sehr zerstreute Augen finden sich in den seitlichen 
Partien der Ventralfläche fast bis zum Hinterende des Körpers. 
Der Pharyngealapparat hatte nach dem aufgehellten Exemplar 
eine Länge von 12 mm. 


Bipalium strubelli Graff. 
(Monogr. Turbell., II, S. 440.) 

Das von mir anatomisch untersuchte Exemplar aus der Samm- 
lung des Zool. Instituts in Graz war 33,9 mm lang. Die Mundöffnung 
befand sich 20 mm, die Geschlechtsöffnung 25,2 mm vom Vorderende 
entfernt. Die Kopfbreite betrug 7,5 mm, die Halsbreite 3,9 mm, die 
Maximalbreite des Rumpfes 5,2 mm und seine Höhe 2,2 mm. 

Die Zeichnung der Oberseite entsprach genau der Fig. 14 auf 
Taf. XI der Monogr. Turbell. II; nur scheint die Färbung durch den 
Einfluß des Alkohols ausgeblaßt zu sein. Die dunklen Zeichnungen 
waren nämlich nicht schwarz, sondern heller oder dunkler braun und 
die feinen braunen Flecken waren ganz geschwunden!. Die Grund- 
farbe war nicht mehr gelb (wie GRAFF in seiner Monogr. I, 440 be- 
schreibt) sondern weißlich. Die Ventralseite war fast einfarbig weiß- 
lichgelb, die Kriechleiste kaum heller. 

Der Pharyngealapparat nimmt über !/, der Körperlänge ein; 
der Pharynx ist typisch kragenförmig. 


Copulationsapparat. — Bereits GRAFF? hat auf Grund äußerer 
Merkmale die nahen Beziehungen dieser Species zu Dip. marginatum 
hervorgehoben. Daß dieselben auch im inneren Bau begründet sind, 
beweist die Morphologie des Copulationsapparates (Taf. XX, Fig. 1), 
der entschieden dem marginatum-Typus angehört. 

Allgemeine Merkmale dieses Typus sind: ein mehr oder 
minder langgestreckter, männlicher Bulbus; ein ebenfalls langge- 
streckter, röhrenförmiger, mit vorspringenden Epithelzotten versehener 
Duetus ejaculatorius; um diesen eine Ringmuscularis, dann eine Binde- 
sewebsschicht und außerhalb derselben wieder eine ansehnliche Ring- 
muskelhülle, die von den Ausführgängen der Penisdrüsen durchzogen 


ı Bei einem zweiten Exemplar aus der Grazer Sammlung haben sich hingegen 
diese Fleckehen deutlich erhalten und auch die Längsstreifen der Dorsalseite 
sind viel dunkler als beim oben besprochenen Exemplar, fast schwarz. 

2 Turbell., II, S. 420. 


Weitere Beiträge zur Kenntnis der Bipaliiden. 431 


wird und dadurch auf Längsschnitten mehr oder minder deutlich in 
einzelne Faserbündel (»Muskelreifen«) zerlegt erscheint, die aber in 
ihrem weiteren Verlauf um den Ductus ejaculatorius miteinander ana- 
stomosieren!. Drüsengang nach hinten geneigt, mit hohem, zotten- 
‘oder leistenartig vorspringendem Epithel. Schließlich sei erwähnt das 
Vorhandensein eines Ductus seminalis und der Mangel eines kom- 
pakten weiblichen Bulbus. 

Zu diesem Typus gehören: Bipahum marginatum, strubelli, ri- 
gaudıi und haberlandti. Der letztere weicht nur insofern etwas ab, 
als das Epithel des Ductus ejaculatorius keine deutliche Zottenbildung 
aufweist. Sonst treten alle die für den marginatum-Typus charakte- 
ristischen Merkmale gerade bei haberlandti in besonders prägnanter 
Ausbildung hervor. 

Was nun speziell den Copulationsapparat von Dep. strubelli be- 
trifft, so kann ich mich darauf beschränken, auf die Unterschiede, 
die zwischen ihm und marginatum bestehen, hinzuweisen; die ana- 
tomischen Verhältnisse des letztgenannten, speziell seines Copulations- 
apparates, sind in der GrArrschen Monogr. d. Turbell. II, S. 213, 
Textfig. 61, dargestellt. 

Vor allem fällt die relative Größendifferenz des Copulations- 
apparates auf; bei strubelli (Taf. XX, Fig. 1) nimmt derselbe etwa 
ein Drittel, bei marginatum (GRAFF, Turbell. II, Textfig. 61) den 
- größten Teil der Körperdicke ein. Der Duetus ejaculatorius verläuft 
hier wie dort in horizontalen Schleifen?; doch sind die denselben 
umgebenden Hüllen, die Bindegewebshülle (dg) und die äußere Ring- 
faserschicht (mrm) bei Dip. strubelli viel weniger scharf voneinander 
seschieden; auch zeigt die letztgenannte lange nicht so deutlich die 
Zerlegung in Faserbündel, wie bei Dip. marginatum. Schließlich ist 
der Bulbus penis bei Dip. strubeli ärmer an Muskelelementen und 
daher lockerer. 


Bipalium rigaudi Graff. 
(Monogr. Turbell., II, S. 441.) 


Augenstellung. — Auf der Kopfplatte sind die Augen in 
einer dichten Randzone angeordnet, die nach innen zu allmählich 


1 Zur besseren Illustrierung dieser Verhältnisse sei auf Taf. XLI, Fig. 1—3 
und Taf. XLII, Fig. 2 der GrAarrschen Monogr. der Turbell., II, verwiesen, wo 
verschiedene Schnitte durch den Copulationsapparat von Dip. marginatum und 
haberlandti abgebildet sind. Diese beiden Arten zeigen nämlich die sog. 
»Muskelreifen< aufs deutlichste. 

2 In Fig. 1 auf Taf. XX nicht dargestellt. 


4323 Josef Müller, 


lockerer wird; einzelne Augen reichen bis in die Nähe des schwarzen 
Querbandes. Die Öhrchen selbst sind so ziemlich in ihrer ganzen 
Ausdehnung mit Augen bestreut. Die beiden aus äußerst dicht ge- 
drängten Augen bestehenden Halsflecken befinden sich auf der ven- 
tralen Seite des Körpers, unmittelbar hinter den Öhrehen; nach hinten 
lockern sie sich allmählich auf, wobei einzelne Augen in den seit- 
lichen Partien der Ventralfläche fast bis zum Hinterende des Körpers 
verfolgt werden können. 


Copulationsapparat. — Wie bei der Besprechung der vorigen 
Species erwähnt wurde, gehört auch Dip. rigaudi seinem Copula- 
tionsapparat nach zum marginatum-Typus. Die hauptsächlichsten 
Unterschiede der vorliegenden Art von Dip. marginatum im Bau der 
Copulationsorgane sind folgende. 

Der ziemlich gerade verlaufende Ductus ejaculatorius (Taf. XX, 
Fig. 2 de) ist von einem Epithel ausgekleidet, das etwas verschieden 
gestaltete leistenartige Vorsprünge bildet. Dies rührt davon her, daß 
sich hier die den Ductus ejaculatorius umgebende Bindegewebshülle 
(bg) in die vorspringenden Leisten hineinerstreckt, während bei Dip. 
marginatum nur das Epithel an der Leistenbildung beteiligt ist. 
Auch sind die Vorsprünge nicht über den ganzen Duetus ejaculatorius 
verteilt, sondern hauptsächlich im hinteren Abschnitt desselben aus- 
gebildet. Der vordere, ausgesprochener Faltenbildungen entbehrende 
Abschnitt ist dafür von einer verhältnismäßig starken Ringmuseularis 
umgeben, die sich auf den ziemlich langen Ductus seminalis (ds) fort- 
setzt. Die den ganzen Ductus ejaculatorius umgebende, äußere 
Rinsmuskelhülle (mrm) ist gegen die Längsfaserschicht (bl) 
weniger scharf abgegrenzt und weniger regelmäßig in Faserbündel 
zerlegt. 

Besonders charakteristisch für diese Art scheint der Besitz von 
muskulösen Drüsenorganen zu sein, die vom Genitalwulste aus 
papillenartig in das Atrium commune vorspringen und eosinophiles 
Drüsensecret durch einen engen Spalt ins Atrium ergießen. Das eine 
Drüsenorgan (Fig. 2 mdr) liegt unmittelbar hinter der Ausmündungs- 
stelle des Drüsenganges; zwei andre (in der zitierten Figur nicht ein- 
gezeichnete) befinden sich zu beiden Seiten des Endabschnittes des 
männlichen Copulationskanalas. 

Diese muskulösen Drüsenorgane von Dip. rigaudı erinnern sehr 
an die bei Artioposthia vorkommenden, als Adenodactylen bezeich- 


Weitere Beiträge zur Kenntnis der Bipaliiden. 433 


neten Organe!; nur sind sie bedeutend kürzer als diese, und scheinen 
auch histologisch nicht genau übereinzustimmen. 

Drüsige Gebilde von kugeliger oder länglicher Gestalt, die sich 
im gemeinsamen Genitalwulst befinden und durch einen Spalt ins 
Atrium commune einmünden, habe ich in dieser Zeitschr. Bd. LXXII, 
S. 89, bei Bipalium graffi und böhmige beschrieben. Diese hier auf- 
tretenden Organe, die ich mit dem Namen »Adenocysten« be- 
zeichnen möchte, unterscheiden sich von den Drüsenorganen des 
bip. rigaudi eigentlich nur dadurch, daß sie nicht zapfenartig vor- 
springen. Es liegt der Gedanke nahe, daß die Adenocysten eine 
phylogenetische Vorstufe der bei Bip. rigaudi auftretenden papillen- 
artig vorspringenden Drüsenorgane darstellen, und daß auch die 
echten Adenodactylen von Artioposthia von Adenocysten abzuleiten 
sind. 


Bipalium adensameri Graff. 
(Monogr. Turbell., II, S. 431.) 

Mir lag die einzige vorhandene Type dieses bipalium vor. Die 
Untersuchung derselben gibt mir Veranlassung zu folgenden Ergän- 
zungen bzw. Berichtigungen der Originalbeschreibung. Die Entfernung 
der Mundöffnung vom Vorderende des Körpers beträgt 12 mm, die 
der Geschlechtsöffnung vom Vorderende 19,6 mm. Die Kopfplatte 
ist 5 mm breit und ebensoviel beträgt die Maximalbreite des Rumpfes. 
Die Querschnittsform des Körpers ist rein elliptisch, Rücken- und 
Bauchseite sind also gleichmäßig gewölbt; die Kriechleiste tritt nur 
wenig vor. 


Die Augen bilden eine lockere Kopfrandzone, ferner jederseits 
in der Halsregion einen dorso-latero-ventralen Halsfleck, der sich mit 
einzelnen zerstreuten Augen auf die Dorsalseite der Öhrchen fortsetzt. 
Von den Halsflecken an lassen sich einzelne Augen in den Seiten- 
partien des Körpers bis zum Hinterende verfolgen. 


Copulationsapparat. — Charakteristisch für diese Species 
ist das Vorhandensein eines verhältnismäßig großen Darmabschnittes 
unmittelbar vor dem Copulationsapparat. Durch diesen Darmabschnitt 
wird die große Lücke zwischen dem Pharyngeal- und dem Copula- 
tionsapparat (etwa 3,2 mm) vollständig, auch in der Medianebene 
des Körpers, ausgefüllt. 


1 GRAFF, Turbell., I, S. 179 ft. 


434 | Josef Müller, 


Der Geschlechtsapparat (Taf. XX, Fig. 4) ist auf den ersten 
Blick dadurch gekennzeichnet, daß außer dem männlichen auch ein 
weiblicher, kompakter Bulbus vorhanden ist, der den männlichen 
Bulbus nicht berührt!. 

Der Drüsengang (drg) ist langgestreckt, fast überall von gleicher 
Breite und wird von einem verhältnismäßig niedrigen, eilientragenden 
Epithel ausgekleidet. Eine ziemlich dieke, aus sehr feinen Fäserchen 
bestehende Ringmuskelschicht (drm) umgibt den ganzen Drüsengang, 
der außerdem noch in der Muskelmasse des etwa rundlichen, weib- 
lichen Bulbus (wm) eingebettet liegt. Die Beschaffenheit und gegen- 
seitige Lagerung der Muskelfasern des weiblichen Bulbus veran- 
schaulicht Fig. 9 auf Taf. XIX. Die eingezeichneten Kerne sind 
 Bindegewebskerne, die in der Muskelmasse eingestreut sind. Außer- 
dem sieht man darin äußerst feine, ziemlich parallel verlaufende, in 
der Figur rot gezeichnete Fäden; es sind dies feine Secretzüge ery- 
throphiler Drüsen, die durch die Muskelmasse hindurch dem Drüsen- 
gang zustreben. 

Das Atrium masculinum (a”) mündet getrennt vom Drüsen- 
gang in das Atrium commune ein. Es wird von einer sehr deut- 
lichen Museularis umgeben, die aus einer inneren (d. h. der Atrium- 
höhle zugewandten), mehrfachen Ringfaserschicht und einer äußeren 
Längsfaserschicht besteht. 

Der Duetus ejaculatorius (de) ist durchweg einfach, röhren- 
förmig und auf den konischen Penis (p) beschränkt. Sein verhältnis- 
mäßig niederes Flimmerepithel wird von einer Ringmuscularis um- 
geben und diese ihrerseits von einer hellen, bindegewebigen, im 
vorderen Teile des Ductus von Ringfasern durchsetzten Schicht. 
Außerhalb derselben befindet sich wiederum eine Muskelhülle (mrn) 
aus Ringfasern bestehend, welche durch schiefe Spalten in einzelne, 
miteinander anastomosierende Bündel zerlegt erscheint. 

In Form einer Halbkugel umfaßt der männliche Bulbus die 
Basis des Penis. Regelmäßig wechseln Längsfaserlamellen mit quer 
oder schief verlaufenden Faserbündeln ab.. So entsteht eine kom- 
pakte Muskelmasse (b»n), die nur gegen die Penisbasis von den aus 
dem Körpermesenchym hereinziehenden Drüsenausführgängen durch- 
brochen wird. 


ı Ein kompakter weiblicher Muskelbulbus ist auch bei Dep. inierruptum 
(vgl. diese Abhandlung, S. 423, Taf. XIX, Fig. 7) und bei Dip. penzigi (vgl. 
diese Zeitschr., Bd. LXXIIL, Taf. VI, Fig. 2) vorhanden, doch berührt er hier 
den männlichen Bulbus. 


Weitere Beiträge zur Kenntnis der Bipaliiden. 435 


Die Vasa deferentia vereinigen sich zu einem kurzen Ductus 
seminalis (ds), der in den Ductus ejaculatorius hineinführt. Die Ovi- 
ducte (ov), deren Epithel überall ziemlich gleich hoch ist, münden 
dicht nebeneinander in den obersten Teil des Drüsenganges. 


Bipalium semperi (Graff). 
(Placocephalus sempert Graff, Turbell., I, S. 474.) 

Das von mir geschnittene Exemplar aus der Grazer Instituts- 
Sammlung war etwa 90 mm lang, bei einer Maximalbreite von 5 mm. 
Die Breite der Kopfplatte beträgt 3,5 mm, jene des Halses 3 mm, die 
Entfernung der Mundöffnung vom Vorderende 40 mm, jene der Ge- 
schlechtsöffnung vom Vorderende 64 mm. Die Kriechleiste nimmt 
etwa 1/, der Körperbreite ein. 

Die Rückenfarbe ist bräunlichgelb, ohne Spuren von Längs- 
streifen!. Die Seitenteile des Bauches sind ebenso wie die Dorsal- 
seite gefärbt; gegen die weibliche Kriechleiste zu wird hingegen die 
Färbung dunkler, so daß jederseits der Kriechleiste ein fast ebenso 
breiter, schwärzlicher Streif zustande kommt. 

Ein zweites in der genannten Sammlung vorhandenes Exemplar 
ist 120 mm lang bei einer Maximalbreite des Körpers von 5 mm. 
Die Mundöffnung liest 50 mm und die Geschlechtsöffnung 83 mm 
hinter dem Vorderende. Der Körper ist heller als beim ersten Exem- 
 plar, von gelblicher Farbe; zu beiden Seiten der Kriechleiste sind 
ebenfalls die charakteristischen schwärzlichen Längsstreifen vorhanden. 
Von den beiden der typischen Form des Dip. semperi zukommenden 
dunklen Dorsallinien waren nur bei entsprechender Aufhellung Spuren 
zu erkennen. 


Augenstellung. — Die schmale Kopfrandzone verbreitet sich 
über die Öhrchen, indem sie zugleich lockerer wird, und greift auf die 
Halsregion über, wo sie zwei kleine, aus wenigen Augen bestehende, 
seitliche Halsflecken bildet. Beim zweiten, heller gefärbten Exemplar 
konnte man sehen, daß die beiden schmalen Halsflecken nach hinten 
allmählich lockerer werden, wobei einzelne Augen in den Seitenteilen 
‚des Körpers fast bis zum Schwanzende zu verfolgen waren. 


Copulationsapparat. — Wie bei der vorigen Species, ist 
zwischeu Pharynx und Copulationsapparat ein großer Darmabschnitt 


1 Dieses Exemplar gehört somit der in der GrAFFschen Monogr. Turbell., 
II, S. 475 erwähnten Varietät des Beip. semperi an. 


4536 | Josef Müller, 


eingeschaltet. Im Bau der Copulationsorgane herrscht ebenfalls eine 
weitgehende Übereinstimmung mit der vorigen Art, was auch aus 
dem Vergleich der Fig. 4 u. 5 auf Taf. XX sofort hervorgehen dürfte. 
Ich kann mich daher darauf beschränken, auf die geringen Unter- 
schiede, die im Bau der Begattungsorgane von Dip. semperi und 
adensameri bestehen, hinzuweisen. 

Um den Ductus ejaculatorius sind nicht alle jene verschiedenen 
Hüllen (Ringmuscularis, Bindegewebshülle, äußere Ringmuskelschicht) 
zu erkennen, wie sie uns bei Dip. adensameri entgegentreten; der 
Ausspritzungskanal ist vielmehr in einer die Form des Penis nach- 
ahmenden Ringmuskelhülle (rn) eingeschlossen. Ferner sind auch 
in der Verteilung und Anordnung der. Faserbündel im Bulbus penis 
gewisse Unterschiede vorhanden, die sich aber schwer definieren 
lassen. Das Epithel der Oviducte ist in dem vor der Geschlechts- 
öffnung gelegenen Abschnitt nicht überall gleichartig: dorsal ist es 
niedrig und infolge der Tingierung durchweg rötlich gefärbt, ventral 
hingegen fast doppelt so hoch und nach außen fast farblos, so daß 
die basal gelegenen Kerne auf hellem Grunde scharf abstechen. Daß 
die Epithelzellen des Drüsenganges viel höher sind als bei der vorigen 
Species und in das Lumen des Drüsenganges keulenförmig vortreten, 
hängt wohl damit zusammen, daß beim vorliegenden Exemplar das 
Drüsensecret reichlicher vorhanden ist und die Epithelzellen vorwölbt; 
auch sind im Zusammenhange damit die den weiblichen Bulbus durch- 
ziehenden Secretstränge teilweise bedeutend breiter. 

Verschiedenheiten, die die Form des Atrium commune und den 
Verlauf des männlichen Copulationskanals betreffen, sind aus dem 
Vergleich der Fig. 4 u.5 auf Taf. XX zu erkennen, doch ist es sehr 
wahrscheinlich, daß sie bloß durch verschiedene Contractionszustände 
hervorgerufen wurden. 


Bipalium negritorum Graff. 
(Monogr. Turbell., II, S. 433.) 
Das der nachstehenden Schilderung .zugrunde gelegte etwa 
78 mm lange Exemplar ist das größte, welches GRAFF in der Origi- 
nalbeschreibung erwähnt!. 


! In der Grazer Sammlung befindet sich noch ein viel kleineres (29 mm 
langes) Exemplar, welches äußerlich mit dem großen genau übereinstimmt. Trotz 
der relativen Kleinheit dieses Individuums war die Geschlechtsöffnung deutlich 
zu erkennen, und bei entsprechender Aufhellung konnte man auch den Copu- 
lationsapparat durchschimmern sehen. 


Weitere Beiträge zur Kenntnis der Bipaliiden. A337 


Charakteristisch für diese Species ist der Farbenkontrast der 
weißlichgelben, sehr breiten Kriechleiste mit der übrigen gleich- 
mäßig braun pigmentierten Körperfläche. Die Kriechleiste nimmt 

fast ein Drittel der Körperbreite ein. 


Augenstellung. — Eine nach innen ziemlich scharf abgesetzte 
Randzone umgibt die Kopfplatte; die Augen stehen darin sehr dicht, 
namentlich gegen die Sinneskante, so daß sie hier kaum ausein- 
anderzuhalten sind. Ferner sind zwei ventrale Halsflecken vorhanden, 
die unmittelbar hinter den Öhrchen beginnend, ungefähr das äußerste 
Fünftel der Ventralseite einnehmen und deren Augen nirgends so 
dieht stehen, daß die betreffenden Stellen wie bei vielen andern 
Arten dunkel erscheinen würden. Diese ventralen Halsflecken biegen 
mit einzelnen Augen auf die Dorsalseite der Halsregion über, um von 
hier aus je einen dorsolateralen Augenhaufen zu bilden, welcher der 
Hauptsache nach an der Umbiegungsstelle der Öhrchen in die Hals- 
region gelegen ist und sich in die Öhrchen hineinstreekt. Auch hier 
stehen die Augen wie in den ventralen Halsflecken ziemlich spärlich. 
Von den letzteren aus konnte ich bei dem kleinen, in der Fußnote 
erwähnten Exemplar einzelne Augen in den Seitenteilen des Körpers 
weit nach hinten verfolgen. 


Pharyngealapparat. — Auffallend ist die relative Länge des- 
selben: sie beträgt etwa ein Viertel der Gesamtlänge des Körpers!. 
Die Pharyngealfalte muß ihrer dorsalen Insertion nach als »kragen- 
förmig« bezeichnet werden. 


Copulationsapparat. — Unmittelbar hinter der Pharyngeal- 
tasche befindet sich der Copulationsapparat (Taf. XX, Fig. 3)2, der in 
mancher Beziehung eine gewisse Ähnlichkeit mit jenem von Bip. 
adensameri und semperi aufweist. Wie bei diesen ist auch hier der 
Duetus ejaculatorius (de) einfach, röhrenförmig und auf den Penis im 
engeren Sinne beschränkt; die Vasa deferentia bilden ebenfalls einen 
kurzen Ductus seminalis (ds) und um den von einer Ringmuscularis 
‚umsebenen Drüsengang bildet die Muskulatur des weiblichen Copu- 
lationsapparates (wm) eine Art Bulbus, der allerdings erheblich 
lockerer und feinfaseriger als bei den genannten Arten ist. 


1 Über ‘die relative Länge des Pharyngealapparates bei einigen andern 
Bipaliiden vgl. diese Zeitschr., Bd. LXXIII, S. 108. 
2 Siehe die nachträgliche Berichtigung auf S. 445. 


438 | Josef Müller, 


Zum Unterschiede von Dip. adensameri und semperi ist bei der 
vorliegenden Species um den männlichen Copulationskanal (ce) eine 
zwar feinfaserige aber erheblich breitere Ringmuseularis (cem) vor- 
handen, während die Längsfasern hier zurücktreten. Das Atrium 
masculinum im engeren Sinne (am) hingegen ist von einer schwachen 
Ring- und Längsmuscularis umgeben. Der Bulbus penis hat eine 
etwas birnförmige Gestalt; seine Muskelmasse (bm) besteht größten- 
teils aus Längsfaserbündeln, zwischen denen quer und schief gerich- 
tete Faserbündel verlaufen. Der Ductus ejaculatorius wird von einer : 
außerordentlich feinfaserigen, ziemlich ansehnlichen Ringmuskelhülle 
(mrm) umgeben; außerdem scheint aber auch eine unmittelbar dem 
Ductusepithel anliegende, zarte Ringmuscularis vorhanden zu sein. 
| Der männliche Copulationskanal und der Drüsengang münden 

nebeneinander durch getrennte Öffnungen in das Atrium commune 
(ac) ein. Die Oviducte biegen wie gewöhnlich in ihrem Endteil zum 
Drüsengang herab und treten an demselben Punkte in diesen ein. 
Ihr Epithel ist in dem vor der Geschlechtsöffnung gelegenen Abschnitt 
ventral höher als dorsal. 


Bipalium gestroi Graff. 
(Ann. Mus. eiv. di Genova, Vol. XIV, 1894, S. 424.) 

Das mir vorliegende Exemplar aus der Grazer Sammlung ist 
sehr schlecht konserviert, stark eingerollt und läßt nichts von den 
drei Fleckenpaaren erkennen, welche das in der GrArrschen Monogr. 
d. Turbell. I, 8. 455 beschriebene und auf Taf. XII, Fig. 27 ab- 
gebildete Exemplar besaß. Charakteristisch ist der einfarbige, nur 
spärlich pigmentierte Kopf, die ebenso wie die Dorsalseite dunkel 
gefärbte Bauchseite und die durch ihre helle Farbe scharf hervor- 
tretende Kriechleiste. 

Die Körperlänge des von mir untersuchten Individuums läßt sich 
nicht genau angeben, da es stark zusammengerollt ist; sie dürfte 
beiläuig 13 mm betragen. Der Körper ist ziemlich parallelseitig, 
2,9 mm breit; die Verjüngung gegen das Schwanzende beginnt im 
hinteren Drittel. Die Entfernung der Mundöffnung vom Vorderende 
beträgt 7 mm, die der Geschlechtsöffnung von der Mundöffnung 2 mm. 
Die Kriechleiste ist in der Mitte !/,, in der Halsregion !/; so breit 
als der Körper. Die Sinneskante tritt als eine weibliche Randlinie 
auf der Unterseite des Kopfes sehr scharf hervor. 

Auf der Kopfplatte war bei Aufhellung in Zedernholzöl nur eine 
Randzone von Augen zu sehen, wie GRAFF angibt. 


Weitere Beiträge zur Kenntnis der Bipaliiden. ; 439 


Copulationsapparat. — Auffallend ist hier die Form des 
Drüsenganges, der in eine obere, abgeplattete Tasche, den Drüsen- 
gang im engeren Sinne (Taf. XX, Fig. 6 drg) und eine schlauch- 
förmige Vagina (vg) zerfällt. Allerdings scheint hier die schärfere 
Abgrenzung dieser beiden Teile durch die starke Einrollung des 
Tieres und den dadurch verursachten dorsalen Druck begünstigt 
worden zu sein. Doch dürfte auch sonst die Abgrenzung möglich 
sein, da der Drüsengang im engeren Sinne über dem eigentlichen 
Muskelgeflecht des weiblichen Copulationsapparates liegt; nur die 
gemeinsame Faserschicht des Copulationsapparates umfaßt auch diesen 
Abschnitt. 

Die Oviducte (od) münden von der Seite und unten her in den 
hinteren Abschnitt des Drüsenganges. Ihr Epithel ist dorsal und 
ventral von gleicher Höhe. 

Der Duetus ejaculatorius scheint eine sehr komplizierte 
Faltung seiner Wandung aufzuweisen. Soweit ich am vorliegenden, 
schlecht konservierten Exemplar, dessen Penis noch dazu schief liegt, 
erkennen konnte, dürfte der Ductus ejaculatorius in einen centralen 
(de) und einen peripheren Raum (de”) zerfallen. Letzterer scheint 
durch Septen in einzelne Taschen gesondert zu sein. Sämtliche 
Räume des Duetus ejaculatorius sind noch außerdem gefaltet! und 
von einem durch das reichlich austretende Drüsensecret fast gänzlich 
_ zerstörten Epithel ausgekleidet. 

Die Muskulatur des verhältnismäßig kleinen Bulbus penis (bm) 
besteht aus Längsfaserbündeln mit dazwischen gelegenen, schief oder 
quer verlaufenden Fasern. I 

Die Vasa deferentia (vd) münden sehr nahe aneinander in 
den Ductus ejaculatorius. Unmittelbar davor erweitern sie sich (jedes 
für sich) zu einer Vesicula seminalis. 


1 In der halbschematischen Fig. 6 auf Taf. XX nicht dargestellt. 


Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. 29 


440 | Josef Müller, 


Bestimmungstabelle der seit Erscheinen der Graffschen Monographie 
der Turbellarien neu beschriebenen Bipaliiden', | 
(Durch ein * wurden jene Arten gekennzeichnet, deren Copulationsorgane 
bisher beschrieben wurden.) 

1. Dorsalseite gelblich, nur an den Rändern schwarz; in der hin- 
teren Körperhälfte eine hell rostrote, in der Mitte unterbrochene 
Querbinde. — Fundort: Perak, Gunong Inas (Malay Peninsula). 

— (Diese Zeitschr., Bd. LXXIH, S. 81, Taf. IV, Fig. 4 u. 4a.) 
Bip. phebe (?) var. transversefasciatum Jos. Müll. 
— Dorsalseite anders ‘gefärbt . ... 2.2 22.2 vers 2 


2. Kopfplatte einfarbig? oder höchstens mit unregelmäßiger Spren- 
kelung:: ....2=.. ua see 2 ST, 


3. Dorsalseite schwarz, mit zwei gelblichen Submarginalstreifen und 
einer gelblichen Querbinde nicht weit hinter der Kopfplatte. — 
Fundort: Bantimurong (Celebes). — (Diese Zeitschr., Bd. 
LXXXVIL, S. 418, Taf. XIX, Fig. 1-3.) Bip.sarasini Jos. Müll. 


— Dorsalseite ohne gelbliche Submarginalstreifen und ohne Quer- 
binde hinter der Kopfplattez . . > 2 2 a! 
4. Dorsalseite mit einem hellen Medianstreifen und zwei schmalen, 
schwarz eingesäumten hellen Querbinden; hinter diesen je ein 
Querfleckenpaar. — Fundort: Buitenzorg (Java). — (Diese 
Zeitschr., Bd. LXXIII, 1902, S. 233, Taf. IV, Fig. 6, 6a u. 65.) 
* Bip. penzigi Jos. Müll. 


— Dorsalseite ohne Querbinden oder Fleckenpaare, höchstens mit 
zahlreichen, dichtgedrängten Querstrichelchen (.Brp.braun.Mell. 5 


i Zu den in den letzten Jahren beschriebenen Arten gehört auch Bipalkum 
jelorense Laidlaw, von dem leider keine Abbildung publiziert wurde. Nach der 
Originalbeschreibung soll es etwa folgende Merkmale aufweisen. Die Oberseite 
des Körpers in den seitlichen Partien lebhaft gelb, in der Mitte mit einem 
breiten dunklen Band, das an den Rändern fast schwarz ist, und gegen die 
Mittellinie allmählich heller wird. Die seitlichen Teile der Ventralfläche eben- 
falls gelb, weiter nach innen je eine schwarze Längsbinde, die gegen die weiße 
Kriechleiste in ein Weißlichgelb übergeht. Die Kopfplatte am Rande weißlich 
gelb, mit kleinen Augen dicht besetzt; weiter nach innen eine wohlbegrenzte, 
schwarze, haibmondförmige Linie, welche hinter den Ohrchen auf die Ventral- 
seite übergreift. Auf die schwarze Linie folgt ein halbkreisförmiger gelber Fleck. — 
Fundort: Bukit Besar, Jalor — (Faseieuli Malayenses, I, 1903, S. 115—116). 

2 Vgl. auch Bip. kraepelini Ritter-Zahony, dessen Zweifarbigkeit der Kopf- 
platte erst bei genauer Untersuchung wahrzunehmen ist. 


Weitere Beiträge zur Kenntnis der Bipaliiden. 441 


5. Oberseite schwarz. — Fundort: Tjombea (Java). — (Mitteil. 
nat. Mus. in Hamburg, XXII, 1905, S. 165, Taf. I, Fig. la—le; 
als Placocephalus beschrieben.) *Bip. nigrum Ritter-Zahony. 
= z0herseite heller oder dunkler braun... ............ 6 


6. Oberseite dunkel umbrabraun, am Vorderende mit Spuren eines 
Längsstreifens. Kopfplatte unten dunkelbraun, hingegen die üb- 
rige Ventralfläche heller. — Fundort: Tjibodas (Java). — Mit- 
teil. nat. Mus. in Hamburg, XXI, 1905, S. 177, Taf. I, Fig. 6. 

* Bip. weismanni Ritter-Zahony. 


— ÖOberseiteschwarzbraun, gegen die Seitenteile hin mit zahlreichen, 
quergestreckten, hellen Strichelchen, in der Medianlinie mit einem 
feinen hellen Streifen. — Fundort: Fort Dauphin (Madagaskar). 

— (Abhandl. d. SENCKENB. naturf. Ges., Bd. XXVIH, 1903, 
S. 219, Taf. XXX, Fig. 7—8.) Bip. brauni Mell. 


— Oberseite dunkel rotbraun bis schwarz, gegen die Seitenränder 
hellbraun gefärbt, mit einer deutlichen submarginalen Reihe von 
dunkelbraunen Flecken. Kopfplatte unten rötlich gelb, an der 
Basis zu beiden Seiten der Kriechleiste mit je einem hellen runden 
Fleck. — Fundort: Ankotojotsy, Vallee du St. Aug. (Madagas- 
kar). — (Abhandl. d. SENcKEne. naturf. Ges., Bd. XX VII, 1903, 
S. 221, Taf. XXX, Fig. 11—12.) Bip. marenzelleri Mell. 


7. Rückenfläche mit fünf ununterbrochenen hellen Querbinden. — 
Fundort: eine der Natuna-Inseln. — (Diese Zeitschr., Bd. 
LXXXVI, 1907, S. 427; in der v. GrArrschen Monogr. der 
Turbell. II, S. 457 als Farbenvarietät des Dip. simrothi 
beschrieben und in Fig. 31 auf Taf. IX abgebildet.) 

* Bip. distinguendum Jos. Müll. 


— Rückenfläche ohne vollständige Querbinden, höchstens Flecken- 


VaiEL. ED ee ee 8 
8. Kopfplatte dunkel gefärbt mit zwei hellen, rundlichen Brillen- 

Heeken an der Basis der Öhrehen........2........ 9 
— Kopfplatte auf hellem Grunde mit dunkler Zeichnung ... . 10 


9. Die beiden Brillenflecke durch eine helle Querbinde miteinan- 
der vereinigt, von der nach hinten über die ganze Dorsalseite 
des Tieres ein heller Medianstreif ausgeht. — Fundort: Anko- 
tojotsy, Vallee du St. Aug. (Madagaskar). — (Abhandl. SENcKENB. 
naturf. Ges., Bd. XXVII, 1903, S. 218, Taf. XXX, Fig. 3—6.) 

Bip. tau Mell. 
29* 


442 - Josef Müller, 


— Die beiden Brillenflecke nicht verbunden; Dorsalseite dunkel 
schwarzbraun, mit einem schmalen, schwarzen Medianstreifen. 
— Fundort: Ankotojotsy, Vallee du St. Aug. (Madagaskar). — 
(Abhandl. SENCKENB. naturf. Ges., Bd. XXVII, 1903, S. 222, 
Taf. XXX, Fig. 9-—-10.) Bip. grandidieri Mell. 


10. Kopfplatte mit einem breiten hellen Randsaum, der eine große, 
quer halbmondförmige, dunkle Makel umgibt. Die Dorsalseite mit 
zwei breiten, dunkelbraunen Marginalstreifen, dazwischen hell- 
braun gefärbt mit einem doppelten, eine helle Linie einschließen- 
den Medianstreifen. Die helle Mittellinie setzt sich auf die Kopf- 
platte fort und halbiert fast vollständig den erwähnten großen 
Querfleck. — Fundort: Peradenyia (Ceylon). — (Mitteil. aus d. 
nat. Mus. in Hamburg, XXI, 1905, S. 181, Taf. I, Fig. 3a—3c.) 

Bip. depressum Ritter-Zahony. 


— Kopfplatte ohne quere, halbmondförmige Makel ........ 11 


11. Kopfplatte mit einem medianen »Keilfleck« und je einem Seiten- 
fleck; letzterer an der Spitze der Öhrchen gelegen oder von 
da aus fast über die ganze Oberseite der Öhrchen ausgedehnt 
und bis zum Stirnrand reichend =... 2 2 2 pr: 12 


— Kopfplatte mit dunkler »Stirnbinde«, einem medianen »Keilfleck « 
und an der Basis der Öhrchen, den Innenrand derselben be- 
rührend, je einem Seitenfleck, der von der Stirnbinde durch die 
helle Grundfarbe getrennt wird. . 22 ne er 13 


12. Dorsalseite schwarzbraun mit einem doppelten schwarzen Me- 
dianstreifen, der sich auf der Kopfplatte zu einem großen, drei- 
eckigen, ungeteilten Keilfleck erweitert; mit diesem steht vorn 
am Stirnrande je ein über die ganzen Öhrchen ausgedehnter 
schwarzer Seitenfleck in Verbindung. — Fundort: Tjompea 
(Java). — (Mitteil. aus d. nat. Mus. in Hamburg, XXII, 1905, 

Ss. 172, Taf. I, Fig. 24—2c. Als Placocephalus beschrieben.) 
*Bip. kraepelini Ritter-Zahony. 

— Dorsalseite dunkelbraun mit einem gelblichen Mittelstreif Kopf- 
platte an der Basis gelblich, gegen den Rand zu bräunlich, mit 
einem kleinen länglichen, dunkelbraunen Keilfleck und ebenso 
gefärbter Öhrchenspitze. — Fundort: Tjibodas (Java). — (Mit- 
teil. aus d. nat. Mus. in Hamburg, Bd. XXII, 1905, S. 170, 
Taf. I, Fig. 44—4d. Als Placocephalus beschrieben.) 

Bip. pictum Ritter-Zahony. 


13. 


14. 


15. 


16. 


Weitere Beiträge zur Kenntnis der Bipaliiden. | 443 


Der rundliche oder längliche mediane »Keilfleck« der Kopfplatte 
Be eialierte.. . va. a. Se. 14 


Der mehr oder minder ausgesprochen dreieckige Keilfleck steht 
hinten mit der dunkel pigmentierten Körperfläche in Verbindung 15 


Dorsalseite grau gefärbt, in der vorderen Körperhälfte mit fünf 
weißen, schwarz umsäumten Makelpaaren, in der hinteren Hälfte 
mit zwei ebenfalls schwarz umsäumten, weißen Längsbinden. 
Keilfleck längiich. — Fundort: Kwala Aring, Kelantan (Malay 
Peninsula). — (Diese Zeitschr., Bd. LXXII, 1902, S. 85, Taf. IV, 
Fig. 5 u. 5a.) Bip. megacephalum Jos. Müll. 


Dorsalseite schwarz, gelbgrau gesprenkelt, bei mangelnder Epi- 
theldecke mit sechs gelblichen Fleckenpaaren. Keilfleck rund- 
lich. — Fundort: Mte. Ranai auf Groß-Natuna. — (Zool. Anz. 


\ 


Bd. XXIX, 1906, S. 668.) Bip. natunense Meixner. 


Dorsalseite ohne helle Medianbinde, braun, mit drei Gruppen 
von hellen Seitenflecken in der vorderen Körperhälfte. — Fund- 
ort: Baram-Distrikt (Borneo). — (Diese Zeitschr., Bd. LXXIII, 
1902, S. 78, Taf. IV, Fig. 2—2b.) *Bip. graffi Jos. Müll. 


BE leite mit heller Medianbinde . . -.. 2... 2 .... 16 


Auf der bräunlich-olivengrünen Oberseite befinden sich sechs 
Paare scharf hervortretender, weiß gefärbter und dunkel um- 
säumter Seitenflecken. Der helle Medianstreif endet an der 
Kopfbasis. Die schwarzen Flecken an der Basis der Öhrchen 
mäßig groß. — Fundort: Mount Matang, Sarawak (Borneo). — 
(Diese Zeitschr., Bd. LXXIIL, 1902, S. 79, Taf. IV, Fig. 3—3b.) 
*Bip. böhmigi Jos. Müll. 


Dorsalseite schwärzlich-nußbraun, im vorderen Drittel mit zwei 
helleren, queren Seitenflecken, die sich aber ebenso wie zwei 
größere, hellere Partien zu Beginn des hinteren Körperdrittels 
wenig deutlich abheben. Der helle Medianstreif setzt sich in 
den Keilfleck fort. Die dunklen Makeln an der Basis der Öhr- 
chen sehr groß, nur durch einen schmalen gelben Saum von 
der Stirnbinde getrennt. — Fundort: Si Rambe (Sumatra). — 
(Diese Zeitschr., Bd. LXXIII, 1902, S. 76, Fig. 1—1b.) 

* Bip. virile Jos. Müll. 
Triest, im August 1906. 


444 Josef Müller, 


Erklärung der Abbildungen, 


Buchstabenerklärung: 


ac, Atrium commune; gm, gemeinsame Muskelfasern des 
acf, in das Atrium commune vor- Copulationsapparates; 
springende Falte; mdr, muskulöses Drüsenorgan; 
am, Atrium maseulinum; mrm, Ringmuskelschicht des männ- 
amm, Museularis desselben; lichen Copulationsapparates; 
bg, Bindegewebsschicht; od, Oviduct; 
bgk, Bindegewebskerne; ph, Pharynx; 
blm, Längsfasern des Bulbus penis; pht, Pharyngealtasche; 
bm, Muskelmasse des Bulbus penis; rf, Ringfaserschicht; 
bqm, Muskelquerschnitte im Bulbus s, Drüsensecret; 
penis; sg, Drüsenausführgänge; 
cc, männlicher Copulationskanal; sph, Sphinetermuskel; 
ccm, dessen Ringmuscularis; vd, Vas deferens; 
cem', äußere Ringmuskelhülle dessel- vg, Vagina; 
ben; vs, Vesicula seminalis; 
de, Ductus ejaculatorius; wm, Muskelgeflecht des weiblichen 
dem, Musecularis desselben; Copulationsapparates bzw. des 
dr, Drüsentaschen (ebenso dr’ u.dr"); gemeinsamen Genitalwulstes; 
drg, Drüsengang; wlm, Längsfasern d. weiblichen Copu- 
drm, Muscularis desselben; lationsapparates; 
drm', äußere Muskelhülle des Drüsen- zwrdım, Radialfasern desselben; 
ganges; x, gefalteter Drüsenraum (Uterus?) 
ds, Ductus seminalis; des weiblichen Copulationsappa- 
ep, Epithel (ebenso ep’ und ep”); rates von Bip. simrothi. 


9, Geschlechtsöffnung; 


Die halbschematischen Abbildungen der Copulationsorgane stellen ideale 
Medianschnitte dar, wie sie sich durch Kombination aus Sagittalschnittserien 
ergeben. In allen diesen Abbildungen ist in bezug auf das Tier links = vorn, 
rechts — hinten, oben = dorsal, unten = ventral. 

Von den außerhalb der Medianebene verlaufenden Samen- und Eileitern 
wurde höchstens der einer Körperhälfte zugehörige Endabschnitt eingezeichnet. 


Tafel XIX. 


Fig. 1-3. Bipalium sarasini nov. spec. Fig. 1, das Tier von der Dorsal- 
seite; Fig. 2, von der Ventralseite; Fig. 3, Körperquerschnitt. Vergr. etwa 21/3. 

Fig. 4—6. Bipalium wiesneri Graff. | 

Fig. 4. Copulationsapparat, halbschematisch, etwa 50fach vergrößert. Bei 
* ist die Vereinigungsstelle der Vasa deferentia, bei ** jene der Oviducte. 

Fig. 5. Medianschnitt durch den Copulationsapparat, genauer dargestellt. 
REICHERT, Obj. III, Oe. 4. 

Fig. 6. Ein Teil der Wandung aus dem hinteren Abschnitt des männlichen 
Copulationsapparates. REICHERT, Obj. VIIa, Oc. 2. 


Weitere Beiträge zur Kenntnis der Bipaliiden. 445 


Fig. 7. Bipalium interruptum Graff. Copulationsapparat, halbschematisch, 
etwa 100fach vergrößert. dr’ obere, dr” untere Drüsentasche des Ductus eja- 
eulatorius. 

Fig. 8. Bipalium distinguendum nov. spec. Copulationsapparat, halbsche- 
matisch, etwa 7Ofach vergrößert. Bei * vereinigen sich die Vasa deferentia, bei 
** die Oviducte. 

Fig. 9. Bipalium adensameri Graf. Ein Teil der Muskulatur aus dem 
weiblichen Bulbus. REICHERT, Obj. IX*, Oc. 2. Rot gezeichnet sind die feinen, 
schräg durch die Muskulatur hindurchziehenden Secretzüge. 

Fig. 10. Bipalium simrothi Gvaff. Secretzüge (rot) und Muskulatur an 
der Basis des Penis. REICHERT, Obj. VII, Oc. 2. Die in der Figur über dem 
Atrium masculinum (am) gelegenen Gewebe gehören dem Penis im engeren 
Sinne an. Das untere Ende der Secretzüge liegt bereits im Körpermesenchym. 


Tafel XX. 


Fig. 1. Bipalium strubelli Gvaff. Copulationsapparat, etwa 3öfach ver- 
srößert. Der männliche Copulationskanal (ce) und der Drüsengang (drg) münden 
nicht, wie es hier der Einfachheit halber dargestellt wurde, hintereinander, 
sondern fast genau nebeneinander aus. 

Fig. 2. Bipalium rigaudı Graff. Copulationsapparat, halbschematisch, etwa 
3öfach vergrößert. Bei * vereinigen sich die Vasa deferentia. 

Fig. 3. Bipalium negrüorum Graff. Copulationsapparat, halbschematisch, 
- etwa 30fach vergrößert. In ihrem Endabschnitt verlaufen der männliche Copu- 
lationskanal (cc) und der Drüsengang (drg) nicht hintereinander, wie in der Figur 
dargestellt ist, sondern nebeneinander. 

Fig. 4. Bipalium adensameri Graff. Copulationsapparat, halbschematisch 
fast 30fach vergrößert. 

Fig. 5. Bipalium semperi (Graff).. Copulationsapparat, halbschematisch, 
fast 30fach vergrößert. 

Fig. 6. Bipalium gestror Graf. Copulationsapparat, halbschematisch, etwa 
28fach vergößert. 

Fig. 7. Bipahium simrothi Loman. Copulationsapparat, halbschematisch, 
etwas über 40fach vergrößert. 


Nachträgliche Berichtigung. 


Bei der Korrektur der Taf. XX sind leider zwei Fehler übersehen worden, 
die hiermit richtiggestellt werden: 

1) Über der Abbildung links unten soll Fig. 3 statt Fig. 2 stehen. 

2) In Fig. 7, unten, ist nach der ersten »ccm« lautenden (links von cc be- 
findlichen) Abkürzung ein Kommazeichen beizufügen. 


Phylliopodenstudien 


Dr. Nicolaus v. Zograf, 


ord. Professor der Zoologie an der Kaiserlichen Universität zu Moskar. 


Mit Tafel XXI—XXIV und zwei Figuren im Text. 


Seit einigen Jahren opferte ich meine Aufmerksamkeit den 
Phyllopoden, welche mich besonders wegen ıhrer Anpassung an das 
ganz eigentümliche, mit dem frühen Aufschmelzen der Frühlingsge- 
wässer, mit dem Ertragen der Hitze im Sommer und der stärksten 
Fröste im Winter verknüpfte Leben interessierten. 

Ich glaubte erkennen zu können die Art und Weise, in welcher 
sich die Eihüllen, die den Embryo schützen, bilden, die Ursachen, 
warum die »Nauplius«, welche bei vielen andern Crustaceen eine 
ziemlich lange Zeit zur Ausbildung brauchen, bei den Phyllopoden 
so schnell aus dem Ei ausschlüpfen, die Rolle, welche in dem Ei- 
aufbau die Nährzellen spielen. Das waren die Hauptprobleme meiner 
Studien. 

Aber im Laufe der Untersuchung berührte ich noch einige 
nicht uninteressante Fragen, so z. B. den Hermaphroditismus der 
Männchen der Apodidae, einige neue Facta im Baue des Eier- 
stockes und noch andre Seiten der Organisation dieser interessanten 
Crustaceen. 

Das ist die Ursache, warum ich meinen Untersuchungen, welche 
ich »Untersuchungen über den Bau und die, Bildung der Eier und 
der Eihüllen bei den Phyllopoden« nennen wollte, einen weiteren 
Titel gegeben habe, um so mehr, als ich die Untersuchung der 
Phyllopoden mit dieser Schrift nicht abschließen will, sondern ihr 
noch mehr Zeit zu widmen gedenke. 

Als Untersuchungsmaterial brauchte ich folgende Tiere: 

1) Apus caneriformis Schäf. Sie stammten aus der Umgebung 
von Serpuchow, einer großen Fabrikstadt, ungefähr 100 Kilometer 


Phyllopodenstudien. 447 


südlich von Moskau liegend, wo diese Crustaceen an den Ufern des 
sroßen Stromes Oka während einer Exkursion des Studentenvereins 
zur Erforschung der Natur Rußlands an der Moskauer Universität 
sesammelt waren. Auch lieferte mir einige Exemplare Herr N. 
W. WoRoONnkow, Laborant an der hydrobiologischen Station zu Glu- 
boköje Osero (Tiefe See) im Moskauer Gouvernement. Herr WoRoN- 
Kow sammelte die Apus in den Pfützen bei Borschom (Borjom), einem 
bekannten Kurorte in Transkaukasien. Die Apus waren alle mit 
Weingeist fixiert. 

2) Lepidurus productus Bose. Diese Tiere, auch in Weingeist 
fixiert, stammten aus der Umgebung von Rasdelnaja, einer Eisen- 
bahnstation in der Nähe von der großen südrussischen Stadt Woro- 
nesch (Woronej), wo sie vom Herrn Professor G@. A. KOSCHEWNIKOW 
(KOJEWNIKOW) gesammelt waren. Außerdem bekam ich im April 
dieses Jahres durch die Liebenswürdigkeit eines meiner Zuhörer, 
Herrn Studenten Bo@GDAn LiPinskY, drei Exemplare dieses Krusten- 
tieres. Diese Orustaceen wurden mir lebendig geliefert und ich fixierte 
sie mit den Flüssigkeiten von ZENKER, FLEMMING (starkes Gemisch) 
und TELLYESNITZskY. Eins von den drei Exemplaren erwies sich als 
ein Männchen und lieferte mir viel Interessantes. Sie stammten aus 
Nemtschinowka, einer Station der Bahn Moskau-Brest. 

3) Chirocephalus Josephinae Gr. Diese Branchipoden stammten 
_ aus der unmittelbaren Umgegend von Moskau, wo sie meistenteils 
jan den Teichen und Pfützen mit jurassischem Lehmgrunde wohnen. 
Der größte Teil des Materials war mir von meinem Schüler und 
Freunde Herrn WLADIMIR LEPESCHKIN geliefert. Er sammelte es 
in den Teichen der Worobjewy Gory (Sperlingsgebirge), einem Dorfe 
in der nächsten Umgebung von Moskau, und fixierte es mit allen 
ihm zugänglichen Mitteln. Das beste Resultat gab das Fixieren in 
den FLemmin6ssehen und HERMANNSschen Gemischen, sowie die Subli- 
matbehandlung und die Behandlung mit einem sehr komplizierten, 
von Herrn LEPESCHKIN zusammengesetzten Gemisch aus Platinchlorid, 
Überosmiumsäure, Essigsäure und Pikrinsäure. Außer diesem Material, 
welches im Jahre 1904 gesammelt war, brauchte ich noch von mir 
persönlich im Jahre 1905 gesammeltes und von Herrn Studenten 
B. Lıpinsky im Frühjahr von 1906 geliefertes Material, welches ich 
mit den Sublimatlösungen von GILsoN, APATHY und ZENKER, sowie 
mit den Gemischen von FLEMMING, HERMANN und TELLYESNITZSKY 
fixierte. 

4) Chirocephalus carmuntanus Br. Diese ungarische Art war 


448 Nicolaus v. Zograf, 


während einer Exkursion des Studentenvereins in den Pfützen an den 
Oka-Ufern, ungefähr 12 km östlich von Serpuchow gefangen und in 
Spiritus konserviert. 

5) Chirocephalus diaphanus Prevost. Die Exemplare dieser weit- 
verbreiteten, aber aus der Umgegend von Moskau noch nicht be- 
schriebenen Art waren mir von Herren Studenten NATZEWITSCH und 
KASTRATOWITSCH, meinen Zuhörern, geliefert. Sie sammelten diese 
Orustaceen in einem Teiche des Bergmassives Komsim Montenegro, 
auf einer Höhe von ungefähr 1800 m über dem Meere. Die Tiere 
waren in Weingeist konserviert. 

6) Branchipodopsis affinis Sars. Die Exemplare, in Spiritus 
konserviert, stammten aus der Umgebung von La-May-Tei-Tsy, 
einem Dorfe, ungefähr 20 km westlich von der mandschurischen 
Stadt Fyn-Chua liegend. Sie waren mir von Herrn ANDREAS MAR- 
TYNOW, meinem Schüler und Freunde, welcher den letzten russisch- 
japanischen Krieg als Reserveoffizier durchmachen mußte, aus der 
westlichen Mandschurei geliefert. 

7) Streptocephalus auritus Sars. Diese Krustentiere stammten 
aus den Frühjahrsgewässern aus der Umgebung der großen Stadt im 
russischen Südosten Saratow, an den Ufern des größten Stromes des 
europäischen Rußland, der Wolga. Das Material wurde mir von meinem 
Zuhörer, Herrn Student BoLDYREW geliefert. Später sammelte mir 
noch viele Exemplare dieses höchst interessanten Krustentieres die 
Saratowsche Naturforscher-Gesellschaft. Die Tiere waren in den 
Flüssigkeiten von FLEMMING, GILSON, ZENKER, HERMANN und TeL- 
LYESNITZSKY fixiert. Die Gemische von ZENKER und GILSoN hatten 
die besten Erfolge. 

8) Artemia salina Leach. Alle Exemplare waren in den Aqua- 
rien des zoologischen Museums der Moskauer Universität gezüchtet. Sie 
entwickelten sich aus den Eiern, welche mir Herr Professor G. Kc- 
SCHEWNIKOW und mein Schüler und Freund Herr SERGIUS ZERNOW, 
der Hauptlaborant der biologischen Station zu Sewastopol, lieferten. 
Die von Herrn Professor KoscHEwNIKoWw gelieferten Eier stammten _ 
aus dem Kujalnitzkyschen Liman bei Odessa, die von Herrn ZER- 
now aus den Salzseen am Meeresufer in der Umgegend von Se- 
wastopol. Die Eier waren in 8°/,igen Lösungen des gebräuchlichen 
Kochsalzes, des Meersalzes und des Salzes aus den Odessaschen 
Limanen gezüchtet. Alle Lösungen gaben gute Resultate, aber nur 
in den Lösungen des Salzes der Odessaschen Limane gelang es mir, 
die Tiere bis zur Geschlechtsreife zu züchten. 


Phyllopodenstudien. 449 


9) Leptestheria siliqua Sars (dahalacensis Rüpp.. Die Tiere 
waren von Herrn N. W. WoRoNKow in den Umgebungen von Bor- 
chom in Transkaukasien gefangen und in Weingeist konserviert. 

10) Estheria tetracera Kıyn. Diese Krustentiere waren von 
Herrn A. MArTynow, wie die Branchidopsis affinis in der Umge- 
bung von La-May-Tei-Tsy in der Mandschurei gesammelt und in 
Spiritus konserviert. 

11) Limnetis brachyurus Gr. Die Exemplare waren meisten- 
teils in meinem Landgute Mytniki unweit von Rusa, einer Distrikt- 
stadt des Moskauer Gouvernements, gesammelt. Im Frühjahr findet 
man hier diese Crustaceen massenhaft in den Teichen und Pfützen, 
wo sie bis zum Austrocknen der letzten wohnen. Ich fixierte die 
Tierchen mit allen mir zugänglichen Mitteln, finde aber, daß mir die 
FLEumInGsche Flüssigkeit und verschiedene Sublimatgemische die 
besten Dienste lieferten. Im Frühjahr von 1906 lieferte mir einer 
meiner Zuhörer, Herr Student ALEXANDER NOWIKOWw, sehr gut kon- 
serviertes mit Sublimatlösung fixiertes Material, worin ich viele eigen- 
tümliche Zeimnetis-Nauplien, sowie verschiedene ältere Entwicklungs- 
stadien gefunden habe. Die Tierchen stammten aus einer Pfütze 
unweit von Tschuchlinka, einer kleinen Bahnstation der Linie Moskau- 
Nishnij Nowgorod, ungefähr 5 km in südöstlicher Richtung von Moskau. 
Sie konnten aber wegen des zu frühen und zu heißen Sommers 
dieses Jahres nicht bis zur Geschlechtsreife gelangen, da die Pfütze 
schon Mitte Mai ganz ausgetrocknet war. 

Es war der geehrte Christiania-Forscher, Herr Professor G. 
O0. Sars, welcher die Güte hatte, das ihm geschickte Material zu 
bestimmen, und hier spreche ich ihm meinen besten Dank dafür 
aus. Auch der geehrten Gesellschaft der Naturforscher in Saratow, 
dem Studentenvereine zur Erforschung der Natur Rußlands, dem 
Herrn Professor G. A. KoscHEwnıkow und den Herren Studenten 
BOLDYREW, KASTRATOWITSCH, WLADIMIR LEPESCHKIN, LIPINSKY, AN- 
DREAS MARTYNOW, NATZEWITSCH, ALEXANDER NOWIKOW, NICOLAUS 
WORONKOW und SERGIUS ZERNOW spreche ich hier meinen besten 
Dank aus. 

Die Tiere wurden unter einem ziemlich starken Zeissschen stereo- 
skopischen Präpariermikroskop anatomiert oder mittels des Mikro- 
toms von ZIMMERMANN in möglichst vollständige Schnittserien zerlegt. 

Für die anatomische Präparation der Spiritusobjekte waren 
diese zuerst in ein Gemisch von 50%, Glyzerinlösung und 70°), 
Spiritus in gleichen Mengen eingelegt, worin sie von 3 Tagen bis 


450 | Nicolaus v. Zograf, 


zu einer Woche blieben. Später war das Glas, in dem die Objekte 
lagen, geöffnet, und der Lösung noch etwa 500%, Wasser zugegossen. 
Das Objekt wurde dann weich genug, um es mit Erfolg anatomieren 
zu können. 

Die kleineren Objekte wurden in Paraffın eingesehmolzen; was 
aber die größeren Objekte betraf, z. B. ganze Exemplare von Apus, 
Lepidurus, Estheria, Leptestheria oder die weichen im Spiritus lange 
liegenden Exemplare von Dranchipodopsis, Chtirocephalus carnuntanus, 
so wurden diese Objekte zuerst in ein Gemisch von Kollodium duplex 
und Nelkenöl (in gleichen Teilen), bei vorhergegangener Aufklärung 
in Nelkenöl, eingelegt, und da etwa 2 Tage gelassen. Nachdem 
wurde das Glas offen gehalten und das Papierkästehen, wohinein das 
dick werdende Gemisch eingegossen war, nachdem das Objekt in 
entsprechende Lage gebracht war, in Xylol eingelegt. Da blieb das 
Kästchen bis das gehärtete Kollodium ganz kristallklar geworden 
war, dann wurde es auch in Paraffin eingeschmolzen. 

Die Schnitte waren mit Wasser aufgeklebt (molekuläre Auf- 
klebung) und mit verschiedenen Farben gefärbt. Die besten Resul- 
tate gaben BOEHMERs Hämatoxylin, Hämalaun, HEIDENHAINS Eisen- 
hämatoxylin, EHRLICH-BionDI-HEIDENHAINS Dreifarbenmischung. Auch 
die Färbungen mit Boraxkarmin, Pikrokarmin und Alaunkarmin 
gaben vortreffliche Resultate, doch taugten sie wenig zu Photographie- 
aufnahmen. Die mit FremminGs, HERMAnNS oder andern Osmium- 
semischen fixierten Objekte tingierten sich mit vollständigem Erfolge 
mit Safranin oder Dahlia, auch EHRLICH-BIONDI-HEIDENHAINsche Farbe 
lieferte hier vortrefiliche Resultate. 

Alle Präparate waren photographiert mit Hilfe eines einfachen 
vertikalen Apparates von Leitz. Die meisten Photographien sind 
mit Reicuertschem Photographie-Stativ beim Anwenden des Zeıss- 
schen Apochromat F. D. 4 mm, Ap. 0,95 und seines Kompensations- 
oculars 4 aufgenommen. Manchmal brauchte ich dasselbe Objektiv 
mit dem Kompensationsocular 6, oder kombinierte Lerrz’ Objek- 
tiv Nr. 4 oder Harrnacks Objektiv Nr. 2 mit dem Kompensations- 
ocular 4. Diese Kombinationen gaben mir Vergrößerungen von etwa 
30, 100, 260 und 350 mal. 

Alle Photographien sind bei Auers Gasglühlampe und ZETTNOW- 
schem Filter aufgenommen. 


Phyllopodenstudien. = 451 


1. Einige Bemerkungen über den Bau des Eierstockes 
der Phyllopoden. 


Wie bekannt, kennen wir zwei Typen von Phyllopoden-Eier- 
stöcken. Der eine Typus, für die Branchipoden charakteristisch, 
besteht aus einem cylindrischen, am hinteren Ende blind endenden 
Tubus, welcher am vorderen Ende in einen kurzen Oviduct ein- 
mündet. 

Diese Röhren, welche man an unsern Präparaten mehrmals sieht 
(Taf. XXI, Fig.1,2,3,4,6,7,9 u. 15, Taf. XXII, Fig. 17 u. 18), verlieren 
baldihrekreisrunden Konturen (Fig. 1, Taf. XXI) und werden zu platten, 
dicken Streifen, welche stellenweise durch vollständig entwickelte Eier 
stark aufgetrieben werden (Taf. XXI, Fig. 2, 9, 13, Taf. XXIL, Fig. 17). 
Bei Chirocephalus carnuntanus Br. dehnen die Eier die Wände des 
Eierstockes derart aus, daß die letzteren in diesen Stellen ganz 
kugelis erscheinen, was man auch an Schnitten deutlich sieht 
(Fig. 68, Taf. XXIV). Viele frühere Verfasser haben es bemerkt und 
beschrieben. So bildet z. B. Craus (40) solche ausgedehnte Eier- 
stöcke bei Chirocephalus Braueri und Chirocephalus carnuntanus ab, 
und man sieht an seinen Abbildungen die sich rosenkranzförmig fol- 
senden Eier. Zwischen den großen, den Eierstock ausdehnenden 
Eiern, sowie an einer von ihren Seiten liegen zahlreiche Nährzellen. 
"Bei den Formen, welche flache, platte Eierstöcke besitzen, z. B. bei 
Chirocephalus Josephinae Gr. sind diese Nährzellen viel zahlreicher, 
als bei denen, welche ausgebuchtete Eierstöcke haben. Man hat nur 
die Figuren Taf. XXI, Fig. 2, 3, 6, welche die Querschnitte von Chzro- 
cephalus Josephinae darstellen, mit den Figuren Taf. XXIV, Fig. 64 
(Streptocephalus auritus) und Taf. XXIV, Fig. 68 (Chirocephalus car- 
nuntanus) zu vergleichen, um das eben Gesagte zu verstehen. 

Es ist ganz unmöglich zu sagen, wieviel Näbrzellen einer Ei- 
zelle in diesen Eierstocksformen entsprechen; und es ist auch nicht 
möglich hier von einer Regelmäßigkeit zu sprechen. Bei einigen For- 
men, wie bei Ohirocephalus Josephinae kann man direkt beobachten, 
daß das eine Ei mehr, das andre weniger Nährzellen verschlingt. Doch 
sind die Eierstockswandausbuchtungen manchmal so geometrisch 
regelmäßig, und ihre Zwischenräume so untereinander gleich, wie 
ich es besonders schön bei den russischen Formen von Chirocephalus 
carnuntanus gesehen habe, daß man hier die Vermutung aussprechen 
kann, daß in diesen Formen vielleicht eine gewisse Beziehung zwi- 
schen den Mengen der Eizellen und der Nährzellen existiert. 


452 Nicolaus v. Zograf, 


Der andre Typus des Eierstockes, welcher für die schalen- 
tragenden Phyllopoden charakteristisch erscheint, stellt eine Unmasse 
von verzweigten Kanälen vor, welche in sekundäre Kanäle einmünden 
und durch diese ihre Produkte in die Oviducte schicken. 


Dieser Typus, welchen man sehr gut bei Apus beobachtet, ist 
mehrmals, seit dem 18. Jahrhundert beschrieben. Denselben Cha- 
rakter hat auch der Hode dieser Tiere, was vor einem Halbjahr- 
hundert KozusowskY (9) gezeigt hat, wie auch bei den Branchipoden 
dieses Organ ganz dem Bau des Eierstockes entspricht. 


In diesem Typus entsprechen jeder Eizelle gewisse Mengen von 
Nährzellen. Diese Zellen gruppieren sich mit der Eizelle zu einem 
Follikel, was schon von KozuBowskY (9) beschrieben war und später 
von vielen Verfassern, wie von v. SIEBOLD (21), A. WEISMANN (27, 30), 
BERNARD (58), A. BRAUER (59), NOWIKOFF (88) bestätigt war. Es ent- 
sprechen nämlich jeder Eizelle drei Nährzellen, und da diese Zellen, 
was schon A. BRAUER glänzend bestätigt hat, sich so scharf von- 
einander durch den Bau des Kernes unterscheiden, daß man sie bei 
Apus und den Branchipoden nie ‚verwechseln kann, so kann man 
diese Beziehungen immer sehr gut beobachten (Taf. XXH, Fig. 20 
u. 32, Taf. XXIIL, Fig. 41, 48, 52 u. 54). 


Wir haben fast gar keine Untersuchungen über die embryonale 
Entwicklung der Genitalorgane von Phyllopoden. Nur bei Craus 
(20 u. 40) finden wir einige Andeutungen über das Entstehen, nicht 
aber über die weitere Entwicklung der Eierstöcke und Hoden bei 
Apus, Artemva und Branchipus. Die ersten Anlagen der Genitalorgane 
erscheinen als lange, eylinderförmige Gruppen von Zellen embryo- 
nalen Charakters, und wir stellen uns die weitere Entwicklung einer 
Gonade bei schalentragenden Phyllopoden in der Art vor, daß die 
Wandungen dieser Genitalanlagen nach außen taschenförmige Aus- 
wüchse senden, welche noch vielen andern ebensolchen Auswüchsen 
Ursprung geben und so verzweigte Gonaden, welche bei den Apodiden 
so gut ausgesprochen sind, bilden. 


H. M. BERNARD (98) bildet bei Lepedurus glaciahs Gonaden ab, 
welche einen primitiveren Typus vorstellen, indem ihre Auswüchse 
nicht so zahlreich, wie bei Lepedurus productus oder Apus can- 
criformis und auch nicht so stark verzweigt erscheinen. Bei den 
Arten mit sehr verzweigten Eierstöcken, wie z. B. bei Lepidurus 
productus oder Leptestheria siligua begegnen wir Hoden, welche viel 
weniger verzweigt sind, wie wir es auf unsern Abbildungen der 


Phyliopodenstudien. | 453 


Längsschnitte vom Männchen des Lepedurus productus sehen 
(Taf. XXIII, Fig. 42). ; 

Soviel ich weiß, sind Ubergangsformen zwischen den Genital- 
organen des Branchipodentypus und zwischen denen der schalen- 
tragenden Phyllopoden noch nicht beschrieben, obgleich sie schon 
NiıtscHE (25) bei Branchipus Grubü Dyb. gesehen und auf seiner 
Fig. 10 der Taf. XXII abgebildet hat. Bei diesem Branchipus, ganz 
ebenso, wie bei Chirocephalus Josephinae Gr. (Taf. XXI, Fig. 18) 
wachsen die Eier auf der inneren, dem Darmkanal zugewandten 
Wand des Eierstockes. So bekommt man, wenn man einen ganz 
reifen Eierstock herauspräpariert, die innere Wandung des Eierstockes 
mit zapfenartigen Auswüchsen bedeckt zu sehen. 

Die Eier können aber nicht nur an der inneren Wand gebildet 
werden. Auch die äußere Wand kann alles zur Eibildung Nötige 
besitzen. Das sehen wir z. B. bei den ostasiatischen Branchipodopsis 
affinis Sars, welche SArs nicht nur aus der Mandschurei, sondern 
auch aus der Mongolei beschrieben hat. 

Bei diesen Crustaceen treiben die reifen oder reifenden Eier 
die Ovariumwand beiderseits hoch hervor, wie man es z. B. auf 
unsrer Fig. 74 der Taf. XXIV sieht. Diese Ausstülpungen schließen 
von einem bis vier, fünf Eier ein. An wahre Follikel ist hier noch 
nicht zu denken, doch macht dieser Eierstockbau die Entstehung der 
- Follikel einerseits, der verzweigten Eierstöcke und Hoden anderseits 
verständlich. 

Wir können uns also folgende Reihe der Eierstockformen bei 
den Phyllopoden vorstellen. Die Stammform, in welcher auch der 
verzweigte Eierstock bei der Larve von Apus nach CLaus (20) er- 
scheint, ist die cylindrische Röhre wie bei vielen Branchipoden 
(Textfig. 1 A); ihr folgt die rosenkranzförmige Form des Chiro- 
cephalus carnuntanus (Textfig. 1.5); wenn die Eier sich einseitig ent- 
wickeln, kommen wir zum Eierstock von Branchipus Grubiü und im 
kleineren Maße von Chrrocephalus Josephinae (Textfig. 1C). An diese 
Form knüpft sich der beiderseitig entwickelte Eierstock von Branchi- 
podopsis affınıs an (Textfig. 1D). Wenn man sich die zweiseitigen 
Auswüchse verlängert vorstellt, so kommt man zum Schema der 
Gonade des Lepidurus glacialis, wie sie von BERNARD (58) darge- 
stellt und auf unsrer Textfig. 1 E abgebildet ist. Endlich, wenn 
man sich diese Auswüchse noch mehr verzweigt vorstellt, kommt 
man leicht zum gewöhnlichen Typus der beschalten Phyllopoden. 

Es bleibt noch ein Unterschied zwischen den Gonaden der 


454 Nicolaus v. Zograf, 


Branchipoden und der schalentragenden Phyllopoden, nämlich der, 
daß die Eierstöcke des ersten Typus nur aus einem hinteren, ins 
Abdomen sich herabsenkenden Ast bestehen, während die Eierstöcke 
der schalentragenden Phyllopoden zwei gleichartige Zweige tragen. 
Der hintere Eierstockast ist aber bei diesen Tieren meist schwächer 
entwickelt als der vordere. 

Dieser Unterschied muß aber nicht zu hoch verwertet werden. 
Die Branchipoden besitzen auch oft kleine vordere Eierstockäste, wie 


\ NYRF 
N = 
Di 


A B 


& D E F 
Textfig. 1. 
Verschiedene Typen der Eierstöcke der Phyllopoden. A, Branchipus stagnalis; B, Chirocephalus carnun- 
tanuss CO, Branchipus Grubei; D, Branchipodopsis affinis; E, Lepidurus glacialis; F, Lepidurus 
productus. 


es z. B. Craus (20) bei Cherocephalus carnuntanus und Branchipus 
Braueri abbildet. 

Typisch haben also die beiden Gruppen zweiästige Eierstöcke, 
nur wird bei den Branchipoden hauptsächlich der hintere, bei den 
schalentragenden Phyllopoden der vordere Ast entwickelt. 


2. Die Bildung und das Wachstum der Eier bei Phyllopoden. 


Ich spreche in diesem Abschnitte nicht über die Entstehung der 
Phyllopodeneier, sondern über deren Ausbildung aus dem jüngsten 
Stadium im Eierstocke, bis zum definitiven, -zur Ablage fertigen Eie. 
Wie wir aus dem folgenden sehen werden und wie wir es von frü- 
heren Verfassern kennen, erleidet das Ei der Phyllopoden bis zu 
seiner vollständigen Ausbildung viele Vorgänge, von denen einige 
interessant, aber nicht unerwartet erscheinen. 

Es waren hauptsächlich E. van BENEDEN und BesseErs (19), WEIS- 
MANN (28) und H. NırtscHe (25), welche auf die Fähigkeit der Ei- 
zellen bei den Phyllopoden und Cladoceren Nahrung aufzunehmen 


Phyllopodenstudien. ' 455 


ihre Aufmerksamkeit gerichtet haben. Schon im Jahre 1870 fütterten 
E. van BENEDEN und BesseLs die Lernaeideneier mit Erfolg mit 
Karminkörnchen (19, S. 35) und im Jahre 1875 hat WEISMANN ge- 
zeigt, daB bei Leptodora jede vierte Eizelle zum Ei wird, während 
die drei folgenden Zellen ihr zur Nahrung dienen. Nırsche (25) hat 
im Jahre 1875 auch bei Branchipus Nährzellen gefunden, welche in 
demselben Jahre SPANGENBERG (26) für Abortiveier hielt. Aber noch 
10 Jahre später bestreitet ein so berühmter und ausgezeichneter For- 
scher, wie CLAus, die Existenz der Ei- und Nährzellen bei den 
Branchipoden (40). Er will auch keinen Unterschied zwischen dem 
Baue der Kerne der Eizellen und Nähr-, oder, wie sie SPANGENBEG 
nennt, Abortivzellen erkennen. Erst nach der vortrefflichen Arbeit 
von A. BRAUER (59), welche 1892 erschien, — BRAUER untersuchte 
Branchipus Grubei und Apus cancriformis — kennen wir ganz ge- 
nau die Existenz von Ei- und Nährzellen bei den Phyllopoden und 
auch den Unterschied im Bau der Kerne dieser beiden Zellenarten. 


Wenn man aber aufmerksam die Literatur über die Eibildung 
bei Crustaceen studiert, so findet man, daß diese Unterschiede zwi- 
schen Ei- und Nährzellen und die Fähigkeit der Eier, auf die eine 
oder andre Weise Nahrung aufzunehmen, auch vielen andern Crusta- 
ceengruppen zukommen. 


Ich habe diese Erscheinungen hauptsächlich bei Chirocephalus 
Josephinae studiert, und fange die Darlegung meiner persönlichen 
Beobachtungen mit der Beschreibung der Eibildung und Einährung 
bei dieser Art an. 


Der Eierstock des Chirocephalus Josephinae gleicht sehr dem des 
Branchipus Grubei, wie ihn NırscHE (25) beschreibt. 


Er ist nur an seinem hinteren Ende gewölbt (Fig. 1, Taf. XXI), 
weiter nach vorn seitlich komprimiert (Taf. XXI, Fig. 7), und zwar 
in der Weise, daß die freie, als Eileiter dienende Seite lateralwärts 
gerichtet erscheint, indem die die Eier bereitenden, als Keimlager 
dienenden Teile der Bauchmittellinie zugewendet erscheinen. 


Die Dimensionen des Eierstockes sind in seinen verschiedenen 
Teilen sehr verschieden. So mißt der Durchmesser des. hinteren, 
serundeten Endes etwa 0,046 mm, die größere Breite des Quer- 
schnittes im hinteren Teile, wo der Eierstock schon komprimiert zu 
erscheinen anfängt (Taf. XXI, Fig. 7) 0,146 mm, und die größere Breite 
des vorderen Eierstockendes, wo der Eierstock sich zu krümmen an- 
fänst um in den Oviduct einzumünden (Taf. XXI, Fig. 6) 0,339 mm. 


Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. 30 


456 Nicolaus v. Zograf, 


Die kleinere Breite bleibt fast ohne Veränderung (Taf. XXT, Fig. 1, 
2, 3, 4, 6, 7, 9, Taf. XXIL, Fig. 17). Nur da, wo wir reife Eier 
treffen, finden wir scharf ausgesprochene Wandausdehnungen. 

Der Eierstock besitzt eine gut ausgebildete Epithelwandung, 
welcher eine sehr feine Bindegewebsbekleidung anliegt. Die Epithel- 
zellen sind gut an der freien, als Eileiter dienenden Seite des Eier- 
stockes zu sehen, überhaupt da, wo im Eileiter ein nicht zu großes 
Ei liegt, oder da, wo die Eizelle eigentümlich degeneriert und zu 
einer halbflüssigen körnigen Masse geworden ist (Taf. XXI, Fig. 13 oz). 
Da, wo im Eileiter ein größeres, ausgestoßenes reifes Ei durch ein 
kleineres, noch nicht vollständig reifes Ei ersetzt ist, macht die durch 
das Bindegewebe gebundene Epithelwandung zahlreiche, manchmal 
regelmäßig sich legende Falten (Taf. XXI, Fig. 2 ep.od). An einigen 
Schnitten, wo die Eierstockwand schräg zerschnitten ist, sieht man 
die Epithelzellen sehr gut ausgesprochen (Taf. XXII, Fig. 17 ep.od). 

Was den inneren Bau des Eierstockes betrifft, so steht derselbe 
dem Bau des Eierstockes von Branchipus Gruber, wie ihn NITSCHE 
beschreibt (25), und Dranchipus stagnalıs, wie ihn CLAus (40) abbildet, 
sehr nahe. 

An dem ventralwärts gerichteten Ende befindet sich das Keim- 
lager (Fig. 4, 7, Taf. XXI, Fig. 18, Taf. XXH Al. Hier sind die 
Zellen, wie es schon NITscHE (25) und CLAus (40) gezeigt haben, so 
dicht aneinander gedrängt, daß man ihre Konturen schwer unter- 
scheidet, und daß, wie CLaus bemerkt »der Anschein erweckt wird, 
als sei eine Ansammlung feinkörnigen Protoplasmas von einer großen 
Zahl von Kernen dicht erfüllt<«!. Die Kerne sind im Keimlager noch 
sehr klein und messen etwa 0,006 mm: Man kann noch in den 
Kernen keinen Unterschied zwischen den künftigen Ei- oder Nähr- 
zellenkernen bemerken. | 

Das Keimlager bildet, wie es schon NITScHE (25) gezeigt hat, 
keinen langen ununterbrochenen Strang, wie e8 SPANGENBERG (26) 
meint, sondern besteht aus kurzen, spindelförmig aussehenden Zellen- 
gruppen (Taf. XXI, Fig. 18 kl), ganz so, wie es NırscHE (25) auf 
seiner Fig. 10, Taf. XXII zeichnet. 

Auch kann man hier nicht von einer langen, ununterbrochenen 
Eierschnur, wie es SPANGENBERG will, sprechen, sondern wir sehen 
bei Cherocephalus Josephinae, ebenso wie es NITSCHE (25) bei bran- 


chipus Grubei gezeichnet hat, gruppenweise geordnete Eizellen, welche 


1 40, 8. 82 (348). 


Phyllopodenstudien. | 457 


sich vom Keimlager abtrennen und später zu schnurartigen Gruppen 
auswachsen (Taf. XXII, Fig. 18). 

| An Querschnitten sieht man, wie es schon bei Branchipus stag- 
nalis CLaus (40) und bei Branchipus Grubei AuGUsT BRAUER (59) ge- 
zeigt haben, daß die Zellengruppen um so größere Zellen haben, 
je weiter sie vom Keimlager entfernt sind (Taf. XXI, Fig. 3, 4, 6, 
7, Taf. XXII, Fig. 18). Auf denselben Abbildungen sieht man auch 
sanz gut, daß die Zellengruppen durch gut ausgesprochene Spalt- 
räume begrenzt erscheinen. Hier finden wir ganz dasselbe, was 
Craus (40) bei Dranchipus stagnalis beschreibt, und so können wir 
mit demselben wiederholen, daß bei COhzirocephalus Josephinae »zur 
Bildung einer ventralen Zellensäule, die sich durch weitere Differen- 
zierung in den gewundenen Zellenstrang verwandelt, kommt es über- 
haupt nicht, vielmehr ordnet sich die Zellenmasse des Stranges mit 
dem fortschreitenden Wachstum durch Bildung von Spalträumen in 
der Weise, daß in dorsoventraler Richtung Columnen von Zellen aus- 
einanderweichen, welche den Eindruck von einfachen oder doppelten, 
durch eine helle Zwischensubstanz gesonderten Zellreihen machen 
und im optischen Längsschnitt das Bild gewundener Zellenstränge 
bieten<!. Nur die Richtung ist bei CUhzrocephalus Josephinae etwas 
seändert, da hier die Keimlager nicht an der ventralen, sondern an 
der medialen Wand des Eierstockes liegen. 

Im ganz hintersten Ende des Eierstocks, wo, wie es auch 
NITscHE (25) für Branchipus Grubei zeichnet, sich nur die Keim- 
lagerschicht befindet (Taf. XXI, Fig. 1), finden wir nur indiffe- 
rente Keimzellen. Schon in kürzester Entfernung vom hinteren 
Ende, etwa 0,3 mm entfernt, sehen wir schon einige Zellenreihen, 
und in der Höhe eines Halbmillimeters finden wir Zonen, wo man 
schon die typischen Nährzellen unterscheiden kann (Taf. XXI, 
Fig. 7 n2). 

Schon SPANGENBERG (26) und NIrscHE (25) haben den Unter- 
schied zwischen den Eizellen und Nährzellen bei den Branchipoden 
kennen gelernt. Es war aber August BRAUER (99) und später WoL- 
TERECK (82), die dieser Frage mehr Aufmerksamkeit widmeten. 
BRAUER zeigte, daß der größte Teil der Eierstockszellen zu Nähr- 
zellen wird, und nur der kleinste zu Eizellen (82, S. 100-102). 
BRAUER bestätigt gegen die Meinungen von CLaus die älteren An- 
gaben NırscHEs und SPANGENBERGS und findet, daß bei Branchipus 


1 40, 8. 83 (349). 
30* 


458 Nicolaus v. Zograf, 


Grubei zwischen den Kernen der Ei- und Nährzellen ebensolche 
Verschiedenheiten existieren, wie sie V. SIEBOLD (20) und H. Lup- 
wıc (24) für Zeprdurus productus konstatiert haben. »Während in 
den zu Eizellen werdenden Keimzellen der Kern nach kurzem Ruhe- 
zustand zur Ausbildung der Chromosomen schreitet, der eine Nucleo- 
lus bald verschwindet oder wenig hervortritt, und der ganze Kern- 
raum homogen erscheint und sich wenig färbt, bleiben diese Ver- 
änderungen beim Kern der Nährzellen aus, dagegen treten hier andre 
ein. Er wächst rasch und übertrifft bald die auf gleicher Höhe mit 
ihm liegenden Keimbläschen, der ganze Inhalt färbt sich intensiv, 
außer dem einen von Anfang an vorhandenen Nucleolus, der auch 
zu wachsen scheint, treten im Kernraum zerstreut viele andre, meist 
unregelmäßig gestaltete, sich ebenso stark färbende Chromatinbrocken 
auf, oder es liegen überall zerstreut zahlreiche kleine Chromatin- 
körner, die in einem sich ebenfalls stärker als in andern Kernen 
färbenden Netz gelagert sind!.« 

Fast dasselbe Bild zeigen die Ei- und Nährzellen bei Chiro- 
cephalus Josephinae. Auf der Fig. 28 (Taf. XXI) finden wir eine 
typische Eizelle mit ihrem typischen, an Chromatin armen Kerne (oz), 
sowie zahlreiche, mit lebhaft gefärbten Kernen versehene Nährzellen 
(x). Der Durchmesser des Kernes der Eizelle oder des Keimbläs- 
chens mißt etwa 0,008 mm, während der der Nährzellenkerne etwa 
0,015 mm lang erscheint. In dem Keimbläschen unterscheiden wir 
ein stärkeres und drei bis vier schwächere Chromatinkörperchen, 
während die Kernsubstanz der Nährzellen zu größeren Massen der 
sich lebhaft färbenden Substanz zerteilt ist, die sich größtenteils in 
der Mitte und an der Peripherie des Kernes sammelt. Denselben 
Typus des Baues der Kerne der Nährzellen finden wir an andern 
Bildern von Cherocephalus Josephinae, was man auf den Fig. 2, 3, 4, 
6,. 7, 9 Taf.- XXI und Fig. 17, 18, 22, 25 und 28T ER Fehen 
kann. | 

Die früheren Verfasser geben nicht die Weise an, auf welche 
die Nährzellen die Eizelle bei den Branchipoden ernähren. Nur 
A. BRAUER (59) schreibt, daß die Nährzellen »dem Ei wie einge- 
preßt sind«. Auf seiner Fig. 101 der Taf. VI sieht, man auch ein Ei, 
welches der Nährzelle so dicht anliegt, daß man schon zwischen 
ihnen keine Grenze bemerken kann. Es war WOLTERECK (82), wel- 
cher dem Schicksale der Nährzellen viel Aufmerksamkeit geschenkt 


159 (8.7). 


Phyllopodenstudien. | 459 


hat. Er untersuchte zwar keine Phyllopoden, sondern Ostracoden, doch 
zeigen hier viele Erscheinungen große Ähnlichkeit mit dem, was wir 
bei Sireptocephalus auritus gesehen haben, und ich werde später 
dieser höchst interessanten Arbeit noch manche Zeilen widmen. 

Wenn wir sorgfältig ganze Schnittserien der Eierstöcke von 
Chirocephalus Josephinae studieren, so finden wir öfters die von 
A. BRAUER (59) gesehenen ins Ei eingepreßten Nährzellen (Taf. XXII, 
Fig. 22 und 25). Die »eingepreßten« Nährzellen stellen zwei Formen 
vor. Entweder sie unterscheiden sich gar nicht von den massenhaft 
im Eierstocke sich befindenden Zellen (Fig. 25), oder sie unterschei- 
den sich von diesen durch Schwäche, kleinere Größe, endlich voll- 
kommenes Verschwinden der Kerne. 

Wie kann man solche Erscheinungen erklären? Wir sehen hier 
die Nahrungsaufnahme der Eizellen durch die Nährzellen. Die »ein- 
gsepreßten« Zellen haben im Anfange ihres festen Anklebens an die 
sie zum Teil umfassende Eizelle eine Form und einen Bau, womit 
sie von denen andrer Nährzellen in nichts differieren. ‚Aber spä- 
ter dient die Zelle zur Nahrungsbeschaffung für die Eizelle. Wir 
können diese Art noch nicht vom chemischen Standpunkt erklären, 
obgleich wir seit langer Zeit wissen, daß bei den Apodiden die 
Nährzellen ebenso funktionieren. Die sich so intensiv färbende Sub- 
. stanz, welche WOLTERECK mit vollem Recht vom Chromatin, wie es 
von BRAUER angesehen wird, unterscheidet, verschwindet allmählich. 
Wahrscheinlich wird sie durch die chemische Tätigkeit des Orga- 
nismus flüssig, wie es WOLTERECK (82) auch für die Ostracoden 
annimmt und wird in diesem flüssigen Zustande von der Eizelle 
absorbiert. 

Die Kerne der Nährzellen wachsen sehr bedeutend. Beim Strepto- 
cephalus auritus, wie wir später sehen werden, wachsen sie so enorm, 
daß die ganze Zellmasse schließlich zum Kerne wird. Eben das- 
selbe schreibt WOLTERECK auch für die Ostracoden (82). Wenn 
in der Zelle keine sich intensiv färbende Kernsubstanz bleibt und 
die Nährzelle nicht mehr für ihre Nähraufgabe fähig erscheint, 
werden ihre Reste abgestoßen; in der Eizellenwand bleibt noch 
für einige Zeit eine scharf ausgesprochene Einbuchtung, welche 
später bei dem reifen Ei vollständig verschwindet. Unsre Fig. 25 
zeigt uns einen Schnitt durch eine Eizelle, in welche die Nährzelle 
eingeprebt ist, aber in ihrem Bau sich von den übrigen Nährzellen 
noch nicht unterscheidet. Auf der Fig. 22 (Taf. XXII) sehen wir 
eine Eizelle, in welche zwei Nährzellen eingepreßt sind. Bei diesen 


A460 | Nicolaus v. Zograf, 


Nährzellen sind aber die Kerne schon ganz verschwunden, und eine 
von diesen Zellen, nämlich die der linken Seite der Abbildung, von 
denen nur kleine, wie ausgepreßte Reste bleiben, wird von der Ei- 
zelle abgeworfen. 

Solche Nahrungsaufnahmeweise wird auch in andern Tierklassen 
beschrieben. So finden wir in der schönen Abhandlung von Kor- 
SCHELT über Ophryotrocha puerihis Angaben über die Nahrungsauf- 
nahme des wachsenden Eies. Auch hier wird dem Ei eine Nährzelle 
in der Weise angeklebt, daß selbst zeitweise die Grenzen zwischen 
diesen Zellen verschwinden. Der Kern der Nährzelle wird enorm 
groß, er färbt sich höchst intensiv. Bei reiferen Eiern finden wir 
den dem Ei ansitzenden winzigen Rest der Nährzelle, welcher vom 
Ei scharf abgegrenzt erscheint!. 

Diese Art Nahrungsaufnahme wird bei noch reifenden, ziemlich 
großen Eizellen beobachtet, ungefähr von demselben Entwicklungs- 
stadium, wie die größten auf der Fig. 18 unsrer Taf. XXII abgebil- 
deten Eier. 

Reife, aber noch nicht ausgeworfene Eier, sowie der vollstän- 
digen Reife schon sehr nahe, große Eier, ernähren sich auf eine ganz 
andre Weise. | 

Sie nehmen ihre Nahrung auf phagocytäre Weise ein. 

Wenn die Eizelle groß genug ist und genug Nahrungssub- 
stanzen aufgenommen hat, wird sie zum Ei. Diese Verwandlung 
fängt an mit dem Erscheinen von Dotterkörnchen in der Mitte der 
Zelle, und schon bald kann man im Ei scharf zwei Zonen unter- 
scheiden, eine peripherische, keine Dotterkörnchen enthaltende und 
aus feingranulierter Substanz bestehende (Taf. XXI, Fig. 29 px), 
und eine innere aus Dotterkörnchen bestehende (Fig. 29 di). Im 
Anfang sind die Dotterkörnchen noch sehr fein, so daß man sie 
wohl zu unterscheiden, aber noch nicht zu messen im stande ist 
(Taf. XXI, Fig. 3 0x), und nur an der Grenze zwischen dem Dotter 
und der peripherischen Zone unterscheidet man klar genug die sich 
hier etwas lebhafter färbenden Körnchen; später aber werden die 
Dotterkörnchen viel klarer, man ist imstande sie zu messen, und 
ihr Durchmesser hat die Länge ungefähr von 0,0012 mm. Die Grenze 
zwischen der peripherischen Zone und der Dottermasse ist sehr scharf 
zu sehen. Es ist dadurch bedingt, daß an dieser Grenze sich eine 


ı E. KORSCHELT, Über Kernteilung, Eireifung und Befruchtung bei Ophryo- 
trocha puerihis. Diese Zeitschr. 1895. Bd. LX. 


Phyllopodenstudien. | 461 


Reihe von sich sehr intensiv färbenden Strichen bildet (Fig. 29 g7.st). 
Diese Streifchengrenze ist sehr gut auch in den Eiern von andern 
Phyllopoden zu beobachten, z. B. bei Lepidurus productus (Taf. XXII, 
Fig. 30 gr.st), bei Chirocephalus carnuntanus zerfließen die einzelnen 
Streifehen stellenweise zu größeren, ununterbrochenen Streifen, wel- 
che sich an einigen Stellen auf eine gewisse Länge sehen lassen 
(Taf. XXIV, Fig. 68 gr.st). 

So gebaute Eier trifft man auf der ganzen Länge des mittleren 
Drittels des Eierstockes, sowie auch stellenweise in seinem hin- 
teren Drittel; im vorderen Drittel aber sind die Eier so voll von 
Dotter gepfropft, daß die Keimbläschen und die Grenzstreifchen 
dort nicht mehr zu sehen sind (Taf. XXI, Fig. 2, 3, 6, 9, Taf. XXI, 

Fig. 17 e). 

| Die reifen Eier begegnen auf ihrem Wege noch vielen unver- 
brauchten Nährzellen und verzehren dieselben (Fig. 3, 6, 9 der Taf. XXI, 
Fig. 17 der Taf. XXII. Die Nährzellen sind zuerst von der peri- 
pherischen Zone umschlungen, in welche aber aus dem Dotter ein- 
zelne Körnchen eintreten (Fig. 3 ee und rn). ‚Später treten die Nähr- 
zellen vollständig ins Ei ein und ihre Substanz mischt sich mit dem 
Dotter. Oft sieht man im Dotter große, hellere Räume, in welchen 
man noch die Reste der Nährzellenkerne bemerkt (Taf. XXI, Fig. 9 n2). 
Es scheint, daß bei diesem Nährzellenverschlucken eine ziemlich 
große Mannigfaltiskeit herrscht, sowohl in der Art und Weise des 
Vorganges, wie in der Zahl der aufgenommenen Nährzellen. So 
sieht man auf der Fig. 3 der Taf. XXI nur eine Nährzelle (»x), wel- 
che in die Mitte des ihr anliegenden Endes des Eies eintritt; während 
auf der Fig. 17 der Taf. XXII man ebenso aufgeschluckte Nährzellen 
findet, zeigen uns die Fig. 6 u. 9 der Taf. XXI ganze Reihen der 
Nährzellen, welche vom Ei aufgenommen werden. Auf der Fig. 6 
z. B. bemerkt man, wie ein ganzer Teil der »gewundenen Eischnur« 
ins Ei eintritt, während man auf der Fig. 9 mehrere Reste der vom 
Ei assimilierten Nährzellen findet. 

Die chemische Verarbeitung des Nährmaterials findet hier im 
Innern des Eies Platz. Man sieht auf den Fig. 6, 9 u. 17, wie die 
Konturen der Nährzellen im Eidotter blaß werden und endlich voll- 
ständig verschwinden. Auch in den Kernen sieht man viele Ver- 
änderungen, welche aber in nichts an die Veränderungen bei der 
Nahrungszufuhr zur Eizelle erinnern. Dort bemerkt man wie bei 
den Ostracoden nach WOLTERECKS Untersuchungen, gewisse Verände- 
rungen in der sich intensiv färbenden Kernsubstanz, welche mit 


462 Nicolaus v. Zograf, 


deren Verflüssigung endigen, hier sieht man wahre Verdauungs- 
resultate. 

So sehen wir bei Chirocephalus Josephinae zwei Arten von 
Nahrungsaufnahme durch die Eier, die eine Art, welche der Eizelle 
eigen ist, die andre, welche wir bei den reifen Eiern finden. Die 
erste Art ist, wie wir sehen werden, vielen Phyllopoden, sowie auch 
andern Crustaceen gemein, die phagocytäre Ernährung ist aber bei 
den Crustaceen noch nicht beschrieben, obgleich wir Spuren davon 
bei älteren Verfassern finden und gesehen haben, daß E. van BENE- 
DEN und Besseus (18) schon vor ungefähr 40 Jahren die Copepoden- 
eier mit Erfolg mit Karminpulver gefüttert haben. 

Jetzt wenden wir uns zur Nahrungsaufnahme bei Sireptocephalus 
. auritus. Der Eierstock dieses Krustentieres besteht aus denselben 
Elementen, wie der Eierstock von Chörocephalus Josephinae. 

Auch hier finden wir ein Keimlager (Fig. 64, Taf. XXIV XÄl), 
aus welchem sich Zellenreihen (2) abspalten, auch hier wird die 
medianwärts gerichtete Seite des Eierstockes zu einem von Epithel 
bekleideten Eileiter (Fig. 64 ep.od); auch hier treten reife Eier in 
diese Röhre ein, um durch den Oviduct in den Eisack abgeführt zu 
werden (Taf. XXIV, Fig. 59 ee), aber die Art der Nahrungsaufnahme 
der Eizellen und der Eier ist eine ganz andre. 

Man unterscheidet bei Sireptocephalus ganz klar die Eizellen 
(Taf. XXIV, Fig. 70 0x) von den Nährzellen (Taf. XXIV, Fig. 62 u. 
69 nz). Die Unterschiede im Kernbau sind hier noch schärfer als 
bei Chirocephalus Josephinae Die Größe der ausgebildeten Kerne 
ist in den beiden Zellenarten ganz gleich und schwankt gegen 
0,011 mm, aber im Bau merken wir sehr beträchtliche Verschieden- 
heiten. Die Keimbläschen sind bei Strepiocephalus noch ärmer an 
Chromatin, als bei Chirocephalus Josephinae, weswegen sie oft ganz 
blaß erscheinen. Die Kerne der Nährzellen dagegen sind so reich 
an der sich intensiv färbenden Substanz, daß man in ihnen selbst 
gar keine Struktur zu sehen imstande ist. 

In den Kernen der Eizellen (Taf. XXIV, Fig. 70 0x) sieht man 
winzige, wie Staub. zerstreute Chromatinteilchen. Die Nährzellen 
haben Kerne, welche sich mit allen Tinktionsmitteln sehr intensiv 
färben. Diese Kerne wachsen in den Nährzellen sehr stark aus, so 
daß endlich die ganze Nährzelle zum Kern wird (Taf. XXIV, Fig. 62 2). 
Zu derselben Zeit fangen die kernreichen Zellen an in kleinere Stücke 
zu zerfallen und zerbröckeln (Taf. XXIV, Fig. 67 nır), so daß sie 
endlich ganz kleine, meistens kreisrunde Stückchen darstellen. Diese 


Phyllopodenstudien. | 463 


Stückchen verschwinden allmählich und ihr Verschwinden ist eng 
mit dem Wachstum der Eizellen verküpft. 

Hier begegnen wir derselben Nahrungsaufnahme, wie es WOLTER- 
ECK (82) bei den Ostracoden beschreibt. 

WOLTERECK findet bei den Cypriden, daß in den Nährzellen 
»verschwindet der Nucleolus und zerteilen sich die dunklen Chroma- 
tinkugeln«, daß »der ganz geringe Zellleib«, sowie der Kern »behal- 
ten ihren Umfang bei, bis die Zellen am Ende des Ovariums, zur 
Zeit, wenn die Eizelle sich mit der Eischale umgibt, zerfallen«e. Er 
schreibt weiter: »die Zahl der Chromosomen scheint die Normal- 
zahl 12 überschreiten zu können — eine ‚Hyperchromatose‘ —, wie 
sie von degenerierenden Zellen (im Careinom usw.) des öftern be- 
schrieben worden ist«. Später beschreibt er das Gruppieren dieser 
Chromosomen, welche man besser Stücke sich lebhaft färbender 
Kernsubstanz nennen kann, zu Diaden, Tetraden, Kugeln, Astern usw., 
welche schließlich »eine amorphe, tief dunkle Masse bilden, die den 
Kern völlig ausfüllt«!. 

Ich habe keine Gruppierung der Chromosomen zu Diaden, Tetra- 
den usw. beobachtet, kann aber das enorme Wachstum des Kernes, 
seine vollständige Ausfüllung durch eine amorphe tief dunkle Masse 
und seine endliche Zerfällung zu kleinsten Stückchen und Bröckeln 
 konstatieren. 

Ich schließe mich hier der Auffassung von WOLTERECK (82) an, 
nach welcher »es sich um Produkte des Stoffwechsels« handelt, »um 
Substanzen, welche während der aktiven Tätigkeit des Kernes (Chroma- 
tins) in Erscheinung treten und, ohne bei der Bildung obengenannter 
Zellorgane? eine spezielle Rolle zu spielen, in gelöster oder unge- 
löster Form in das Zellplasma übergehen«. 

WOLTEREcK hat vollkommen Recht, wenn er diese Kernprodukte 
mit den Nucleolen, welche HÄcker’ als »Abspaltungsprodukt oder 
Nebenprodukt des Stoffwechsels« bezeichnet und WıLson* »a passive 
material«, »direetly or undireetly derived from the chromatin« nennt, 
vergleicht. Auch hat er Recht, indem er die »proteusähnliche Mannig- 
faltigkeit«, die »Regellosigkeit< dieser »Stoffwechselprodukte« in 

1 82, 8. 604. 

2 D. i. Chromosomen, Achromatin, Centrosomen usw. 

3 HÄCKER, Biologisches Centralblatt. Bd. XVIL. Auch in vielen andern 
seiner Abhandlungen richtet dieser vortreffliche Forscher seine Aufmerksamkeit 
auf die so wichtigen Fragen der Eiernährung und der Produkte des Stoff- 


wechsels. 
* E.B. Wırson, The cell in Development and Inheritance. New York 1902. 


464 | Nicolaus v. Zograf, 


Formen von »Körnchen, Bläschen, Würstchen, Brocken und Kugeln, « 
deren Erscheinung und Verschwinden durch »die chemische und 
physikalische Labilität der Stoffe« erklärt. 

Diesen Anschauungen kann ich mich vollständig anschließen, 
nur möchte ich noch stärker unterstreichen, daß nicht jeder sich 
intensiv färbende Teil des Kernes Chromatin ist, und daß wir es hier 
viel mehr mit den die chemische Tätigkeit der Zellen auslösenden 
Elementen zu tun haben, als mit den die morphologische Tätigkeit 
regulierenden Chromatin- und Centralkörpern. 

Leider sind die Fragen über Zellenernährung, Zellenstoffwechsel, 
die Probleme der Nucleolen noch sehr spärlich bearbeitet, und es 
genügt die Compendien von WILson, OTTo v. FÜRTH? oder GUr- 
WITScH? zu konsultieren, um zu sehen, wie wenig noch in dieser 
Richtung gemacht ist. So ist z. B. die Frage über Pyrenolyse, welche 
in unserm Falle von hoher Wichtigkeit erscheint, noch fast gar nicht 
berührt. 

Wir finden also bei den Branchipoden drei Arten der Eiernährung: 
1) die phagoeytäre Ernährung der Eier bei Chirocephalus Josephinae, 
2) die Absorption der Nährstoffe mit Hilfe der Nährzellen und die 
Assimilation ihrer sich intensiv färbenden Kernstoffe durch die Eizellen 
bei demselben Tiere und 3) die Absorption der in feinste Bröckchen 
zerfallenden und in der Ovariumflüssigkeit sich lösenden in tiefgefärbte 
Substanz umgewandelten Nährzellen bei Strepfocephalus auritus. 

Bei den schalentragenden Phyllopoden erscheint die Ernährung 
der Eier viel einförmiger, obgleich wir auch hier schwache Anklänge 
an das, was wir bei den Branchipoden sehen, finden. 

Bei Lepidurus productus sehen wir im gut entwickelten, aber 
noch jungen Follikel, wie seit lange bekannt, vier Zellen (Taf. XXII, 
Fig. 20). Von diesen Zellen ist die distal liegende (Fig. 20 ox) die 
Eizelle, die andern Nährzellen. H. BERNARD zeichnet auf seinen halb- 
schematischen Abbildungen (58, Fig.33) bei Lepidurus glaciaks proximale 
Zellen als Eizellen. Ich weiß nicht, wie es bei Zepedurus glaciahs in 
Wahrheit ist, doch glaube ich, daß auch bei diesem Tiere die distalen 
Zellen als Eizellen funktionieren, da es so auch bei Apus, Limnetıs, 
Estheria und Leptestheria nach meinen Beobachtungen, sowie bei 
Limnadia lenticularis, nach denen von NOWIKOFF (88) besteht. Die 


1 82, S. 616. 

2 0. v. FÜRTH, Vergleichende chemische Physiologie der niederen Tiere. 
Jena 1903. 

3 A. GurwıtscH, Morphologie und Biologie der Zelle. Jena 1904. 


Phyllopodenstudien. | 469 


Eizelle ist merkbar die kleinste, und ihr Kern ist viel kleiner 
als der der Nährzellen. Er mißt nämlich bei den mit FLEMMING- 
scher Flüssigkeit fixierten Exemplaren (Fig. 20) von 0,015 bis (Fig. 32, 
Taf. XXII) 0,02 mm, bei den in TELLYESsNITzsKys Flüssigkeit fixier- 
ten (Taf. XXII, Fig. 28) von 0,02 bis 0,027 mm, und bei den Wein- 
geistexemplaren von 0,018 bis 0,021 mm (Taf. XXIHI, Fig. 52). Die 
Nährzellenkerne haben einen Durchmesser von 0,035 bis 0,042 mm 
bei der Bearbeitung mit FLemmngs Gemische, von 0,036 bis 0,046 mm 
bei den mit der Flüssigkeit von TELLYESNITzsKY fixierten Follikeln 
und von 0,035 bis 0,043 mm bei den Spiritusexemplaren. 

Über die Verschiedenheit des Baues der Kerne dieser zwei Zellen- 
arten ist schon viel geschrieben, und wir werden darüber nicht viel 
_ sprechen. Wir zeigen nur, daß bei Lepidurus productus beide Kern- 
arten gut ausgesprochene Kernmembranen zeigen (Fig. 20 und 32, 
Taf. XXII), daß die Keimbläschen immer von ein bis drei, am 
häufigsten aber zwei große Nucleolen haben (Taf. XXI, Fig. 20, 21 
und 32, Taf. XXIII, Fig. 52 ox und »x), und daß die Follikel mit 
einer Follikelmembran bedeckt sind, in welcher man da und dort 
auch Epithelzellen erkennt (Taf. XXL, Fig. 21 f.ep). 

Die Keimbläschen bleiben so lange ohne Veränderung, als das 
Eiplasma sich noch nicht zum Dotter verändert. Die Eizelle wächst 
- allmählich; im Follikel der Fig. 20 von Taf. XXII ist sie noch kleiner 
als die Nährzellen, sowie im Follikel, welcher auf der Fig. 32 ab- 
gebildet ist; es steht aber ganz anders mit den andern abgebildeten 
Follikeln. So ist, auf Fig. 21, die Eizelle des unteren Follikels den Nähr- 
zellen gleich, im oberen aber fängt sie an dieselben an Größe zu über- 
treffen, obgleich der Bau des Keimbläschens noch nicht verändert ist, 
aber auf den Abbildungen 24, 26, 33 der Taf. XXI und 47 der 
Taf. XXIII, wo die Eizelle schon zum Ei ausgebildet erscheint und 
die Nährzellen an Umfang weit übertrifft, sieht man auch das Keim- 
bläschen seinen Bau und seine Größe wesentlich verändern. 

Die Kernmembran, welche in den Abbildungen 23 und sogar 47 
noch deutlich zu sehen ist, verschwindet bei den Eiern, welche in den 
Fig. 24, 26 und 35 abgebildet sind. Ganz reife, dem Austreten nahe 
Eier, z.B. das in der Fig. 24, Taf. XXII abgebildete, wo man den 
Kern schwer findet, entbehren der Kernmembran immer. 

Das Chromatin, denn bier ist vom wahren Chromatin zu spre- 
chen, zerteilt sich allmählich in kleinste Partikeln. Bei noch nicht 
enorm ausgewachsenen Eiern, z. B. denen, die auf den Fig. 23 und 26 
abgebildet sind, erscheint es noch in gut sichtbaren Körnchen, seibst 


466 Nicolaus v. Zograf, 


in Nucleolen (Fig. 29). Später sind diese Chromatinpartikeln immer 
schwerer zu sehen (Taf. XXIII, Fig. 47, Taf. XXII, Fig. 33), bis sie 
endlich bei den vollständig reifen Eiern (Taf. XXI, Fig. 24) gar nicht 
zu unterscheiden sind. Bei solchen Eiern erkennt man den Kern 
besser mit den Farben, welche die achromatischen Substanzen färben, 
als mit denen, die das Chromatin färben, und die Fig. 24, Taf. XXII 
ist von einem Präparate, welches mit Birnen UOcıE Een 
Dreifarbenmischung tingiert war, genommen. 

Im Plasma erkennt man äselmän noch ziemlich lange nicht 
den Dotter und die peripherische Zone. So finden wir z. B. bei 
einem Eie, welches im Keimbläschen fast kein Chromatin zeigt und 
das etwa 0,35 mm lang erscheint, noch keine Verteilung des Inhaltes 
in peripherische Zone und Dotter, obgleich andre Eier von derselben 
Länge, z. B. das auf der Fig. 47, Taf. XXIII abgebildete quer ge- 
schnittene Ei, solche Verteilung schon ganz scharf zeigen. 

Die Nährzellen, sowie ihre Kerne, wachsen nicht weiter. »ie 
sind noch gut zu bemerken bei den Eizellen, wo das Chromatin der 
Kerne noch gröbere Stücke zeigt, z. B. wie die in den Fig. 23 und 26 
der Taf. XXII abgebildeten, vergehen aber gänzlich bei den sich zu 
Eiern umbildenden Zellen. So sehen wir in der Fig. 35, Taf. XXII 
ihre Reste, wo schon keine Kerne und selbst nur Spuren des Plasmas 
zu unterscheiden sind. Nach dem völligen Verschwinden der Nähr- 
zellen hört das Ei auf zu wachsen. Es schiebt dann die Nährzellen- 
reste auseinander und sucht sich den Weg durch das Lumen des 
Follikelstieles (Fig. 20, Fig. XXI, »d). 

Das ausgewachsene Ei besteht aus einer peripherischen Zone 
(Fig. 44 und 47, Taf. XXI, Fig. 24, 27, 30, Taf. XXI) und dem 
Dotter (dieselben Figuren dt und d.k). 

Die peripherische Zone ist ebenso feinkörnig wie bei Chrro- 
cephalus Josephinae, erreicht aber eine viel größere Dicke. Sie ist 
hier etwa 0,015 mm breit, während ihre Breite bei Chrrocephalus 
Josephinae nicht über 0,006 mm steigt. 

Auch die Dotterkörnchen sind viel größer als die des Dotters 
von Chirocephalus Josephinae. Bei Lepidurus producius haben die- 
selben einen Durchmesser von etwa 0,002 mm, während die des 
Chirocephalus einen 0,0012 mm langen Durchmesser besitzen. Die 
Keimbläschen wachsen deutlich aus, und man findet im reifen Ei 
Keimbläschen, welche eine Länge von 0,04 mm besitzen (Taf. XXIII, 
Fig. 47) gegen die Dimensionen von zwischen 0,015 und 0,027 mm 
bei den Eizellen. 


Phyllopodenstudien. 467 


Die Strichgrenze zwischen der peripherischen Zone und dem Ei- 
dotter ist manchmal auch bei Zepedurus sehr klar zu sehen (Taf. XXII, 
Fig. 30 gr.st). 

Ich hatte keine Gelegenheit dieselben Strukturen bei Apus caner:- 
formis zu untersuchen, glaube aber, nach einigen nicht gut genug 
konservierten Exemplaren, welche mir zur Untersuchung dienten, daß 
hier der Prozeß der Eibildung und der Eiernährung in derselben 
Weise vorkommt wie bei Lepidurus produetus. 

Es scheint, daß bei den zweischaligen Phyllopoden, wie Estheria, 
Leptestheria, Limnetis und Limnadia, die Bildung und die Nahrungs- 
aufnahme der Eizelle auf dieselbe Weise erfolgt, wie bei Lepidurus. 

Die Limnadia nach NOWIKOFF (88), die Leptestheria, die Esthe- 
ria tetracera (Taf. XXI, Fig. 48) und die Limnetis brachyurus 
(Taf. XXIII, Fig. 41) besitzen ganz solche Follikel, wie wir sie bei 
Lepidurus gesehen haben. Die Unterschiede sind nicht wichtig ge- 
nug, außer in einem Punkte. Er besteht darin, daß man bei diesen 
Phyllopoden keinen Unterschied zwischen der Kernstruktur der Ei- 
zellen und Nährzellen findet. Sowohl NOWIKOFF (88) bei Limnadia, 
wie ich bei ZLeptestheria, Estheria und Limnetis konnten diesen Unter- 
schied nicht beobachten, die Kerne der Eizellen und die der Nähr- 
zellen sind identisch sowohl bei Z#stheria tetracera (Taf. XXIII, 
Fig. 48 0x und nz) als bei Limnetis brachyurus (Taf. XXIII, Fig. 41 
oz und nz). 

Die Follikel von Leimmnetis sind etwas anders gebaut als die von 
Apus, Lepidurus, Estheria und Limnadia. Hier liegen nämlich die 
drei Nährzellen nicht alle unmittelbar unter dem unteren proximalen 
Ende der Eizelle, sondern folgen hintereinander, so daß der Eizelle 
nur eine Nährzelle anliegt (Taf. XXIII, Fig. 41 nz). Es war daher 
sehr schwer zu erkennen, wie viel Nährzellen der Eizelle entsprechen, 
und ich glaube, daß hier die Zahl oft schwankt. 

Außerdem finden wir bei Limnetis manchmal etwas, was an den 
Zerfall der Nahrungselemente bei Streptocephalus und Ostracoden er- 
innert. 

Ich fand nämlich vielmals zwischen den anwachsenden Eizellen 
sich lebhaft färbende Kugeln und Klumpen (Taf. XXIV, Fig. 65 nz), 
und in der Nähe dieser Klumpen und Kugeln fand man immer Zellen- 
reste, Hier ist nicht an Secret von Drüsenzellen zu denken, wie es 
NOWIKOFF (88) für Leimnadia behauptet, denn bei den geschlechts- 
reifen Limnetis findet man keine Oviduct- oder Pedunkelepithelzellen, 
deren Bau an den bei Zimnadia erinnert. 


468 2 Nicolaus v. Zograf, 


Bei den zum Eiwerden fertigen Eizellen sieht man auch scharf 
die peripherische Zone, sowie den centralen Dotter (Taf. XXIII, 
Fig. 40), welcher bei den vollständig reifen Eiern ziemlich große 
Dotterkörnchen zeigt von einem etwa 0,0015 mm langen Durchmesser, 
was bei der winzigen Größe der Limnetis-Eier als groß zu be- 
zeichnen ist. 

Es muß hier noch eine Tatsache erwähnt werden. Bei Chiro- 
cephalus carnuntanus habe ich manchmal an Schnitten gesehen, wie 
die Zellen des Follikelepithels sehr aufgetrieben und in die Eimasse 
eingepreßt erschienen (Textfig. 2). An der Oberfläche des Eies sah 
man dann Einsenkungen, welche gerade den eingestülpten Epithel- 
zellen entsprachen, und die peripherische Zone des Eies war in diesem 
Falle viel dunkler als der ganze Dotter gefärbt. Ich möchte hier 

noch eine Art Nahrungsaufnahme vermuten, nämlich eine Nahrungs- 
zufuhr durch die das Ei bekleidenden Zellen, wie es bei einigen 
Crustaceen schon beschrieben ist. 

So finden wir bei den Phyllopoden drei Arten von Eiernährung: 

1) Die Nahrungsaufnahme mittels der Nährzellen, wie wir es 
bei den Eizellen von Chörocephalus Josephinae, bei den Eizellen von 
Apus, Lepidurus, Estheria, Leptestheria, Limnadia, Limnetis und 
vielleicht von Cherocephalus carnuntanus finden. Hier dient die Nähr- 
zelle als ein Apparat, welcher durch die Tätigkeit seines enorm 
großen Kernes, zur Ein- 
nahme der Nahrungssubstan- 
zen aus den Körperflüssig- 
keiten dient, indem dieser 
Apparat die Flüssigkeiten 


Textfig. 2. in eine Art Kernsubstanz, 
Schnitt eines Eifollikels von Chirocephalus carnuntanus. . 
Vergr. 350/1. verwandelt, welche sich sehr 


lebhaft färbt und damit eine 
erhöhte chemische Tätigkeit aufweist. Später werden diese Substan- 
zen wieder flüssig und werden in dieser Form vom Ei absorbiert. 
Diese Nahrungsform scheint weit verbreitet zu sein; die Fähigkeit 
die Nährsubstanzen dem Ei zuzuführen ist vielleicht nicht nur den 
Nährzellen, sondern auch den Follikelepithelzellen eigen (Ohrrocepha- 
lus carnuntanus) (Textüg. 2). 

2) Die zweite Form der Nahrungsaufnahme, welche so gut bei 
den Cypriden von WOLTEREcK (82) beschrieben ist, und welche wir 
ungefähr in derselben Form beim Streptocephalus auritus gefunden 
haben, steht der ersten Form sehr nahe. Hier werden die Nährsub- 


Phyllopodenstudien. 469 


stanzen auch in den Zellkern ausfüllende, sich lebhaft färbende Sub- 
stanz übergeführt, aber hier wird die Nahrungssubstanz nicht mittels 
der der Eizelle oder dem Ei dicht anliegenden Nährzellen aufge- 
nommen, sondern wird der ganze chemische Prozeß außerhalb der 
Zelle, im Innern der Eierstockshöhle durchgemacht. Auch hier zer- 
fällt schließlich die den Kern und die ganze Eizelle erfüllende Sub- 
stanz in kleinere Stücke und Bröckel, welche sich lösen und von 
den Eiern absorbiert werden. 

3) Endlich haben wir bei den vollkommen reifen Eiern von 
Chirocephalus Josephinae eine typische phagocytäre Nahrungsaufnahme, 
indem das Ei einzelne, oder selbst Gruppen von Zellen auffrißt. 

Jetzt wollen wir sehen, ob wir etwas Ähnliches bei andern 
Urustaceengruppen finden. 

Die Nahrungsaufnahme der Ciadoceren ist schon seit lange be- 
kannt, und wir wissen gut durch die Untersuchungen von WEISMANN 
28, 30) und Häcker (66, 90), daß hier die Nahrungsaufnahme in 
naher Beziehung zur Entwicklungsart steht. So wissen wir, daß bei 
Daphnien und Moinen die Zahl der vom Ei verbrauchten Nährzellen 
eine verschiedene ist, je nachdem wir es mit dem sich leichter ent- 
wickelnden Sommerei oder mit dem Winterei zu tun haben. W. Ost- 
WALD (89) war imstande durch Temperaturänderungen diese Nahrungs- 
_ aufnahme auf die eine oder auf die andre Art hervorzurufen. Obgleich 
der Prozeß der Eiernährung und der Eibildung bei den Cladoceren 
nicht immer dem der andern Phyllopoden entspricht, obgleich man 
bei den Daphnien nicht, wie man es an unsrer Fig. 71 der Taf. XXIV 
sieht, von dem Verschlucken einer schwächeren Nährzelle durch eine 
größere Eizelle, sondern von dem Zusammenfließen zweier äquiva- 
lenter Zellen sprechen muß, bleibt doch der Zweck dieser Vorgänge 
immer derselbe, dem künftigen Ei viel Bildungs- und Nährmaterial 
zu liefern. 

Bei den Daphniden spricht man seit Weısmanns klassischen 
Untersuchungen (28, 30) von zwei Nahrungsaufnahmearten. Weıs- 
MANN selbst nennt die zu diesen zwei Arten Nahrungsaufnahme 
dienenden Zellen primäre und sekundäre Nährzellen. Die ersten 
werden direkt resorbiert, und so entsprechen sie den Nährzellen der 
schalentragenden Phyllopoden und den Nährzellen, welche bei Chzro- 
cephalus Josephinae den Eizellen Nahrung zuführen, die zweiten 
korrespondieren den Nährzellen von Sireptocephalus auritus, indem bei 
"ihnen, wie beim letzten, » die gesamte Protoplasmamasse der betreffenden 
Nährgruppen sich zerteilt und die Teilstücke (sekundäre Nährballen) 


470 Nicolaus v. Zograf, 


sich einzeln auflösen«!. Die letzte Art der Nahrungsaufnahme ist 
nach WEISMANN (30) nur den Wintereiern eigen, während die primäre 
Form bei der Bildung von Sommereiern beobachtet wird. 

Ich kann nicht behaupten, daß bei Streptocephalus auritus auch 
die primäre Nahrungsaufnahme existiert, da ich das Leben dieses 
Tieres nicht genau genug kenne, was aber den Chörocephalus Jose- 
phinae betrifft, so kann ich behaupten, daß hier, außer den von mir 
beschriebenen Nahrungsaufnahmearten keine andern vorhanden waren, 
da ich imstande war die Tiere in verschiedenen Lenzperioden beob- 
achten zu können. 

HÄckeER (62, 66, 90) und SAMmTER (83) fügen nicht vieles dem, 
was von WEISMANN über die Nahrungsaufnahme der Cladoceren ge- 
schrieben war, zu, und so können wir sagen, daß die Cladoceren in 
dieser Hinsicht, wie auch in ihrer gesamten Organisation den übri- 
sen Phyllopoden sehr nahe stehen. 

Ich hatte keine Gelegenheit, Phyllopoden zu untersuchen, welche 
verschiedene Fortpflanzungsarten besitzen. Solche Formen findet 
man unter den Artemien; aber obgleich in Rußland eine Unmasse 
von Artemien vorkommen, pflanzen sie sich alle doch nur auf eine 
Art fort. 

Anders steht die Sache mit den Artemien im südlichen Europa, 
wo man im Winter nur schlechteres Wetter, aber keine Fröste und 
keinen Schnee kennt. So wissen wir schon von JoLy (5), daß man 
in Südfrankreich in den Wintermonaten lebendig gebärende Arte- 
mien findet, während die Sommerformen alle ovipar sind. Diese 
interessante Tatsache war vor kurzem von ArToM (87) für die Salinen 
aus der Umgebung von Cagliari auf der Insel Sardinien bestätigt. 
Es wäre sehr wichtig, wenn die Forscher sich die Mühe gegeben 
hätten die Frage über die Eibildung in beiden Fällen genau zu 
untersuchen. Was die von mir untersuchten russischen Artemien 
betrifft, so wies ihre Ernährung sehr viel Ähnliches mit der von 
Streptocephalus auf. Es ist interessant, daß der Sireptocephalus 
auritus vielleicht auch als ein lebendig gebärendes Tier anzusehen 
ist. Ich habe in seinen Eisäcken öfters Eier mit vollständig aus- 
gebildeten Nauplien gesehen, was man z. B. auf der Fig. 58 der 
Taf. XXIV sehen kann. Außer bei Cladoceren und Phyllopoden 
findet man Spuren der Nahrungsaufnahme der Eizellen auch bei 
einigen andern Crustaceengruppen. 


1 30, S. 167. 


Phyllopodenstudien. | 471 


Ich habe bereits früher erörtert, daß schon E. van BENEDEN und 
Besseus (18) die Fähigkeit der phagocytären Nahrungsaufnahme bei 
Lernaeiden gesehen haben, bei GIESBRECHT (37) findet man die An- 
gabe, daß man bei den Notodelphyiden bemerkt, daß »auch die 
beiden nächst! anliegenden Zellen und auch noch mehrere der folgen- 
den einige wenige Dotterkörnchen einzuschließen pflegen«. Auch 
List (50) berichtet bei den Gastrodelphyiden über die im Eierstock 
sich befindenden Zellen, welche »die Dottermassen wahrscheinlich auf 
dem Wege der Diffusion durch die Oviduetwandung aufnehmen«. 
Auch ein älterer Forscher, L. KERSCHNER (32), spricht über die die 
Eizellen umlagernden Zellen, deren Rolle er aber nicht erklärt. 

Wir sahen schon die von WOLTERECK (82) gut geschilderten 
Vorgänge bei den Ostracoden, können noch hinzufügen, daß auch 
Craus (61) bei den Ostracoden die wahren Eizellen, »welche sogleich 
an dem hellen Keimbläschen kenntlich sind, dessen Centrum von 
einem großen, aus Chromatinkörnern zusammengesetzten rundlich- 
eckigen Nucleolus eingenommen wird«, beschrieben hat, außerdem 
»finden sich hier und da kleinere Zellen mit granuliertem, an Nucleolus- 
substanz reichem Kerne und spärlicher Plasmahülle«?. Hier weicht 
CLAus von seinen früheren Ansichten ab, indem er die Zellen nicht 
nur einfach »abortive Zellen« nennt, sondern behauptet, daß sie zu 
»Dotterbildungszellen werden, deren Plasma zugunsten dieser aufge- 
braucht und als Dottermaterial verwendet wird«. 

Auch für die höheren Crustaceen finden wir Angaben über 
die Nahrungsaufnahme der Eizellen und Eier. So beschreibt IsHI- 
KAwA (39) bei Athyephira compressa de Haan vacuolenartige Räume 
zwischen den Geweben der Ovarienwand, wo er dotterähnliche Ele- 
mente fand, welche als Nahrung dem Eie zugeführt werden sollen, 
HERRICK (4) beschreibt bei dem amerikanischen Hummer ein drüsen- 
artiges Organ, welches vielleicht eine rudimentäre Dotterdrüse 
vorstellt, und- Bumpus (52) zeichnet bei demselben Tiere ein Ei- 
zusammenfließen, welches sehr an das Verschlingen einer Eizelle von 
einer andern erinnert, endlich zeichnet BurscHinskY (69) bei Gebia 
ein wahres Verschlucken der Nährzellen durch die Eizellen und gibt 
eine vollständige Beschreibung dieses Prozesses. 

So sehen wir, daß die Nahrungsaufnahme durch die Eier und 
die Eizellen eine bei vielen Crustaceen beobachtete Erscheinung ist, 
aber nirgends ist sie so gut ausgesprochen wie bei den Phyllopoden, 


1 37, 8. 332. 2 61, S. 166—167 (20—21). 
Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. 31 


472 Nicolaus v. Zograf, 


den ihnen verwandten Cladoceren und den in denselben Verhältnissen 
lebenden Ostracoden. 

Welches sind wohl die Umstände, die die Häufigkeit dieser Ei- 
ernährungserscheinungen bei den Phyllopoden, Cladoceren und Ostra- 
coden hervorrufen ? 

Es sind ohne Zweifel die eigentümlichen Lebensbedingungen. 

Alle diese Tiere führen ein kurzes Leben, sind aber schon so 
hoch entwickelt, daß sie zur vollen Differenzierung viele Arbeit 
des Organismus brauchen, die in möglichst kurzer Zeit ausgeführt 
sein soll. Das ist auch die Ursache, warum diese Tiere im Eistadium 
nicht zu lange verweilen, sondern nach der Eiablage rasch zur Ent- 
wicklung kommen. Wir sehen z. B. an unsrer Fig. 14, Taf. XXI 
ein eben in die Eitasche eingetretenes Ei von Ohzrocephalus Josephinae, 
welches noch von keinen Hüllen bedeckt ist, aber schon zur Ent- 
wicklung kommt und die erste Kernspindel zeigt. Weiter sehen wir 
schon mit den Eihüllen bedeckte Eier von ÜOhirocephalus Josephinae 
(Taf. XXI, Fig. 15, 16), Chirocephalus diaphanus (Taf. XXIH, Fig. 39) 
und Branchipodopsis affınes (Taf. XXIV, Fig. 61), wo das Ei zum 
Blastulastadium gekommen ist, und in diesem, vielleicht auch in mehr 
vorgeschrittenem Stadium den Winter verweilt. Bei Sireptocephalus 
auritus (Taf. XXIV, Fig. 58) sieht man im Inneren der Eihüllen schon 
gut ausgebildete Nauplius-Larven, warum man bei diesem Tiere viel- 
leicht von Viviparität sprechen darf. 

Um die Entwicklung möglichst rasch zu vollenden, was, wie wir 
bei Limnetis brachyurus gesehen haben, doch nicht immer gelingt, 
haben die Tiere den Eiern viel plastisches Nahrungsmaterial zu liefern. 
Das ist die Hauptursache, warum wir bei diesen Tieren so häufige 
und so mannigfaltige Beispiele der Eiernährung finden. 

Es wäre sehr interessant vergleichende Untersuchungen zu machen 
über die Menge des von den Eiern verbrauchten Nahrungsmaterials 
und die Lebensumstände, d. i. die Temperatur-Nahrungsabondanz und 
viele andre Umstände. Wir wissen, daß OstwArLp (89) zu solchen 
Experimenten schon gekommen ist; wir können hinzufügen, daß 
man vielleicht auch in der Natur ähnliche Verhältnisse findet. Man 
beobachtet immer Schwankungen in der Zeit des Auftretens der 
Wintergenerationen bei Aphiden, Coceiden, Cladoceren, Rotatorien, 
und durch die Liebenswürdigkeit meines Schülers, Freundes und Assi- 
stenten, Herrn Privatdozent BOGOIAVLENSKY, welcher die Pamiren 
dreimal besucht hat, und da von der Zeit des Seeauftauens bis zum 
Erscheinen der neuen Eisdecke verweilte, weiß ich, daß in dieser 


Phyllopodenstudien. | 473 


rauhen Gegend die Cladoceren keine Sommereier besitzen, sondern 
sich nur durch Wintereier vermehren. 


3. Der Bau und die Entstehung der Eihüllen bei den Phyllopoden. 


Die Frage nach der Entstehung der Eihüllen bei den Crustaceen 
war in den ‘Öiger und 80iger Jahren des verflossenen XIX. Jahr- 
hunderts besonders eifrig diskutiert. Jetzt hat diese Frage ihre 
Schärfe verloren, und wenn ich sie von neuem aufhebe, so ist es 
gar nicht, um die alten Diskussionen zu erneuern, sondern um zu 
zeigen, wie ganz eigentümlich gebaute Eihüllen, deren Bau mit dem 
Schicksal des Eies fest verknüpft ist, bei den einen und den andern 
Arten auf ganz verschiedene Weise entstehen, obgleich sie einen sehr 
ähnlichen, fast identischen Bau zeigen. 

Hier fange ich wieder mit der Beschreibung vom Entstehen 
der Eihüllen bei Chrirocephalus Josephinae Grube an, da hier die Hüllen 
ziemlich kompliziert gebaut sind, und da ich bei diesen Tieren das 
beste Material zum Untersuchen hatte. 

Bei diesem Tiere kann man zwei Arten Hüllen unterscheiden — 
eine primäre, und die andre, welche man nicht mit KOoRSCHELT als 
sekundäre, sondern als tertiäre Hülle bezeichnen muß. 

Ich nenne primäre Hüllen die Hüllen, welche vom Ei selbst 
ansgeschieden sind, jene Hüllen, welche die Autoren meistenteils 
Dotterhaut oder Dotterhülle nennen, teils auch, im Vergleich mit 
der Zelle, als Membrana propria bezeichnen. 

Unter dem Namen sekundäre Hüllen verstehe ich Hüllen, welche 
nicht vom Ei selbst, doch noch immer im Eierstock oder im Eileiter 
gebildet werden. So fasse ich das Chorion der Insekten und einiger 
Fische als sekundäre Hüllen auf. 

Endlich unter den tertiären Hüllen verstehe ich Hüllen, welche 
außerhalb vom Eierstock und Eileiter gebildet sind. Sie werden 
meistenteils von verschiedenen dazu speziell dienenden Organen oder 
. Zellgruppen gebildet. 

Was die Hüllen betrifft, welche, wie die Kokons bei Oligochäten, 
Hirudineen, Dinophilen usw. zahlreiche Eier einschließen und außer- 
halb der Genitalorgane gebildet werden, so sollen sie schon nicht als 
Eihüllen angesehen werden, sondern als spezielle Gebilde sui generis. 

Also in diesem Sinne des Wortes haben die Eier von Chörocepha- 
lus Josephinae zwei Arten von Hüllen — primäre und tertiäre; und 
ebenso, glaube ich, die andern Branchipoden. 

Die Dotterhaut oder primäre Hülle ist sehr fein und sehr schwer 

Sur 


474 „Nicolaus v. Zograf, 


zu sehen. Man sieht sie nur an den eben aus dem Eileiter ausge- 
tretenen Eiern, bevor sie noch vom speziellen Drüsensecret bekleidet 
werden. Sie ist aber so fein, daß es unmöglich ist sie bei den 
mittelstarken Vergrößerungen zu photographieren. 

Stellenweise liegt sie dem Dotter so dicht an, daß man sie kaum 
messen kann, stellenweise aber erhebt sie sich vom Dotter und bildet 
Risse oder Falten, und dann ist sie gut zu unterscheiden. 

Es gelang mir ein Ei zu treffen, wo man nur kleinste Spuren 
der tertiären Hülle auf der primären bemerken konnte. Es ist 
der in der Fig. 14 der Taf. XXI abgebildete Schnitt, auf welchem 
man sehr gut die etwas von dem schon aufgelagerten Drüsen- 
secret verstärkte primäre Hülle (Taf. XXI, Fig. 14 ph) mit ihren 
Falten und Rissen unterscheidet. Man sieht auf demselben Schnitte, 
daß hier das Ei noch im Anfang der Entwicklung getroffen ist, da 
hier der Segmentationskern nur in der zweiten Phase der Caryo- 
kinese sich befindet (ks).. Man kann daraus, sowie aus den Beob- 
achtungen an andern Tieren schließen, daß die primäre Eihülle eine 
wahre Dotterhaut ist und vom Dotter noch vor dem Beginn der 
Segmentation gebildet wird, und nicht als eine Blastodermhaut im 
Sinne E. van BENEDEns (15—17) erscheint. 

Auf diese Eihülle wird von den Eischalendrüsen eine dieke und 
eigentümliche tertiäre Eihülle abgelagert. 

Sie wird gebildet durch die Entleerung der Produkte von vier 
seit lange bekannten, schon von v. SIEBOLD (21) und von BucCHHOLz 
(11) gut beschriebenen und von CrAus (40) sehr umständlich unter- 
suchten Eischalendrüsen. | 

Diese Drüsen, von denen man, wie es schon ältere Verfasser be- 
schrieben haben, zwei Paare unterscheidet (Taf. XXI, Fig. 5 dr.g), 
sind in vielem den von O. NEBESKY (36) bei Orchestien untersuchten 
Körperdrüsen ähnlich. 

Sie bestehen fast immer aus zwei in einen gemeinsamen Gang 
ausmündenden Drüsenzellen (Taf. XXI, Fig. 11). Bei Ckirocepha- 
hıs Josephinae stehen die Zellen viel inniger zusammen als bei 
Branchipus Grubei, und der gemeinsame Ausmündungskanal dringt 
bis zum Niveau der beiden Zellen, wo er in zwei, manchmal aber 
auch in vier kleinere Kanälchen zerfällt (Taf. XXI, Fig. 11 dxg). Bis 
dahin haben die Kanälchen eine innere, sehr feine euticulaähnliche 
Auskleidung, welche wahrscheinlich, wie bei Orchesti« nach NEBESKY 
(36) aus Chitin besteht. Weiter aber scheinen mir die feineren Äst- 
chen, welche man in den Zellen bemerkt, von ganz anderm Bau zu 


Phyllopodenstudien. | 475 


sein. An den Photographien erscheinen diese Ästchen als feinste, helle 
Kanälchen, welche, das ganze Protoplasma durchziehend, bis zum 
Kern und der Zelloberfläche reichen. Es sind helle Räumcehen zwi- 
schen den Protoplasmapartikeln, in denen sich die Zellausscheidungen 
sammeln, und von wo sie in die größeren Kanäle ausfließen. 

Die Kerne dieser Zellen sind sehr groß, nierenförmig und von 
einer sich nicht so lebhaft, wie z. B. beim Streptocephalus auritus 
(Taf. XXIH, Fig. 50) färbenden, grobkörnigen Substanz gebildet. 

Die Zellen münden, wie es schon CLavs (40) gezeigt hat, in große 
Kanäle aus, deren Wände denselben Bau wie der Eiersack zeigen 
und die als Derivate des letzteren anzusehen sind. 

An der fertigen Eihülle sieht man die primäre Hülle nur mit 
Mühe. Sie ist viel besser bei andern Phyllopoden zu sehen. 

Bei Chirocephalus Josephinae erscheint sie an Schnitten, welche 
nieht die Mitte der Eier treffen, sondern näher an einem der Pole 
des Eies liegen. Dann ist die Hülle nicht quer, sondern etwas 
schief durchgeschniiten, und dann sieht man die primäre Hülle als 
einen stark lichtbrechenden Streifen, welcher bei gewisser Beleuchtung: 
ganz dunkel erscheint und eine sehr kleine, fast unmeßbare Breite 
besitzt (Taf. XXI, Fig. 8 ph). 

Was die übrigen Teile der Eihülle betrifft, so sind sie je nach 
der Behandlung des Objektes von ganz verschiedenem Aussehen. 
Am besten werden sie bei Behandlung mit FLemmines Gemisch oder 
mit Sublimat gesehen. 

Es sind drei Schichten, welche wir innere (Taf. XXI, Fig. 8, 10, 
15, 16 :s), mittlere (Fig. 8 und 16 ns) und äußere (Fig. 8, 10, 15 und 
16 as) nennen. 

Die innere und äußere Schicht sind ganz strukturlos oder zeigen 
sparsam zerstreute gröbere Körnchen in einer strukturlosen Masse, 
was die mittlere Schicht betrifft, so ist sie aus feinster Körnchen- 
masse gebaut. 

Die drei Schichten sind nicht bei jeder Behandlung zu unter- 
scheiden. So wird die mittlere Schicht bei stark kontrahierenden 
Behandlungen so zusammengezogen, daß man sie gar nicht sieht. 
Das sieht man z. B. an unsern Fig. 10 und 15 der Taf. XXI; auf 
der Fig. 10 ist ein Schnitt abgebildet, welcher mit starker alkoholi- 
scher Sublimatlösung nach ArAruy fixiert und dann mit EHRLICH- 
BIonDI-HEIDENHAINS Dreifarbengemisch tingiert war, und auf der 
Fig. 15 ein Schnitt, welcher mit Zexkers Sublimat fixiert, aber mit 


476 Nicolaus v. Zograf, 


HEIDENHAIns Eisenhämatoxylin gefärbt war, wo durch Eisenalaun 
die Gewebe sehr stark geschrumpft sind. 

Die innere Schicht liegt sehr eng der primären Hülle an, ihr 
liegt auch ziemlich fest die mittlere Schicht an. Was aber die äußere 
Schicht betrifft, so hat sie die Fähigkeit sich von der mittleren Schicht 
abzuspalten und dann, wie man es auf der Fig. 10 der Taf. XXI 
sieht, eine Spalte, welche um das Ei sich erstreckt, zu bilden. 

Die äußere Schicht bildet viele sich blasenartig auftreibende 
Höhlen, welche dem Ei ein zierliches Aussehen geben. Die äußere 
Wandung dieser Blasen wird von sehr feinen Poren (Taf. XXI, Fig. 8, 
10, 15, 16 hp) bedeckt. Ich glaube, daß die Poren dazu bestimmt 
sind, der Luft Eintritt in die blasenartigen Kammern zu erlauben, 

was bei dem Aufschwimmen der Eier in den schmelzenden Früh- 
" jahrsgewässern sehr wichtig erscheint. 

Die Poren sind sehr fein, und da das Ei an seiner Oberfläche 
mit einer feinsten, Ölartigen Schicht bedeckt ist, so geht die Luft aus 
den Blasen nicht heraus, und das Ei schwimmt ungehindert auf der 
Wasseroberfläche. 

Die äußersten Teile der äußeren Schicht sind viel fester als die 
andern Teile der Eihülle, und öfters bricht diese Schicht beim Schnei- 
den in kleine Stückchen. Die Oberfläche ist auch dunkelbraun ge- 
färbt, während die andern Teile der Eischale blaßbraun, gelb, oder 
selbst nur blaßgelb gefärbt erscheinen. 

Die Schale des Chrrocephalus diaphanus Pr. ist viel zierlicher 
als die des COhirocephalus Josephinae gebaut. 

Ich hatte keine zahlreichen Stadien der Eihüllenentwicklung dieser 
Art und kann nicht genau genug die Existenz der primären Eihülle 
bestätigen, doch bin ich sicher, daß sich die Sache hier ganz ebenso 
wie bei Chirocephalus Josephinae verhält. 

Man sieht ebensolche Eihüllendrüsen, die ganz auf dieselbe Art 
in die Gänge einmünden, wie bei Okörocephalus Josephinae. Einige 
Details sind sogar bei Chirocephalus diaphanus, obgleich dessen 
Exemplare ungenügend fixiert waren, besser als bei COhirocepha- 
lus Josephinae ausgeprägt. So habe ich die Kerne von der die 
einzelnen Drüsenzellengänge auskleidenden Matrix der Chitinwand 
bei Chirocephalus Josephinae nur mit Mühe gesehen, während bei 
Ohirocephalus diaphanus diese Schicht sehr deutlich zu sehen ist und 
deren Kerne sehr groß und intensiv tingiert erscheinen. Die älteren 
Verfasser, wie BucHnorz (11), Craus (40) und andre beschreiben an 
der Wand eines einzelnen Zellenganges nnr einen Kern, während 


Phyllopodenstudien. | 47 


man bei Chirocephalus diaphanus deren zwei und manchmal selbst 
drei sieht, so daß hier die Drüsenzellengänge, welche bei dieser Art 
besonders stark entwickelt sind, von zwei oder drei Matrixzellen 
bekleidet sind. 


Die fertige Eihülle ist sehr zierlich gebaut und besteht auch 
aus drei Hüllenschichten (Taf. XXIII, Fig. 39). Die Eiform ist nicht 
ganz sphärisch, sondern immer etwas gepreßt, so daß man am Längs- 
schnitte (Taf. XXIII, Fig. 39) einen ellipsoidalen Umriß sieht, wäh- 
rend der der Querschnitte eine kreisrunde Form darstellt. 


Die äußere Oberfläche ist von kleinsten, niedrigen, konischen 
Auswüchsen bedeckt, ganz so, wie es A. BRAUER von Branchipus 
Gruber (59) schildert (A. BrAuzrs Taf. III, Fig. 116 und 121). Die 
Gipfel der konischen Auswüchse verlängern sich in feine, sehr scharfe, 
aber auch sehr kurze Nädelchen ganz ebenso, wie es BRAUER 
für Branchipus Grubei zeichnet. Aber der übrige Bau der Eihülle 
ist von dem von Bbranchipus Gruber ganz verschieden. Bei Drancht- 
pus Gruber zeichnet BRAUER die konischen Auswüchse von Poren 
durchzogen, was für das Ei, welches auf den Grund des Wasserbassins 
fällt, von großer Wichtigkeit erscheint, weil es ihm hilft beim Auf- 
schwimmen durch die Poren Luft zu bekommen. 


Die äußere Schicht der Eihülle bei Chirocephalus diaphanus stellt 
eine feste, aber sehr elastische Haut dar (Taf. XXIII, Fig. 39 as), 
welche an ihrer inneren Oberfläche nach innen feine, radial ver- 
laufende Auswüchse sendet. Die letzten verzweigen sich an dem 
inneren Ende in zwei ebenso dünne Auswüchse. Die Auswüchse von 
zwei benachbarten radialen Lamellen treffen zusammen, wie die 
Lamellen, welche den Grund von Bienenzellen bilden, und so ent- 
steht unter der äußeren Eihaut eine regelmäßig gebaute Schicht, 
welche sehr an die Honigscheibe erinnert. Die unter dieser Schicht 
sich befindende mittlere Schicht (Taf. XXIII, Fig. 39 ms), welche 
wie bei Chirocephalus Josephinae feinkörnig gebaut erscheint, ist an 
ihrer äußeren Oberfläche mit einer großen Zahl von Aushöhlungen 
bekleidet, welche aber nicht so regelmäßige bienenzellenähnliche 
Höhlen darstellen, wie die der äußeren Schicht. 


Was die innere Schicht betrifft, so zeigt diese dasselbe Ver- 
halten wie die äußere, ist ziemlich dick, stark elastisch und, wie die 
äußere Schicht, tief braun gefärbt. 

An einigen Schnitten, besonders an den Stellen, wo der Dotter 
oder die aus demselben entwickelte Blastula (Taf. XXIII, Fig. 39 ».h) 


478 | Nicolaus v. Zograf, 


sich von der Eihülle abhebt, sieht man auch die Spuren der pri- 
mären Eihülle. 

Ich kenne nicht die Lebensweise von Ohirocephalus diaphanus. 
Doch durch Prevosr (1) wissen wir, daß das Tier in den Frühlings- 
sewässern vorkommt, und sein Ei auch auf der Oberfläche des 
Wassers zu schwimmen bestimmt ist. Hier aber dringt die Luft nicht 
durch die Poren, wie bei Ohirocephalus Josephinae, sondern füllt die 
bienenzellenartigen Aushöhlungen, was genügt, um dem sich ent- 
wickelnden Embryo Luft zu bringen und das Ei auf der Wasser- 
oberfläche schwimmen zu lassen. Was für Ursachen aber bei einer 
Art das Lufteindringen unmittelbar durch die Poren, bei der andern 
durch die Eihülle hervorrufen, kann ich nicht sagen, glaube aber, 
daß hier vielleicht die ölartige Decke des Eies von Cherocephalus 
Josephinae eine gewisse Rolle spielt, indem sie das Luftausdringen 
durch die Eihülle hindert. | 

Die Dimensionen, sowohl der Eihülle im ganzen, als ihrer ein- 
zelnen Teile und Schichten sind bei den zwei Arten ganz verschie- 
den. So messen die innere Schicht bei Chrrocephalus Josephinae 
0,0014 mm (bei den mit FuLemuines Flüssigkeit fixierten Exemplaren), 
bei Chirocephalus diaphamus 0,002 mm, die mittlere Schicht 0,0025 
und 0,0015 mm, die äußere Schicht samt der Höhlenzone :0,027 und 
0,0145 mm. 

Bei Streptocephalus auritus werden die Hüllen ganz auf die- 
selbe Weise wie bei den Chirocephalen gebildet. Auch hier finden 
wir Zweizellengruppen in den Hüllendrüsen, aber die Zellen sind 
bei den Streptocephalen etwas anders als bei den Chirocephalen 
gebaut. Hier zeigen die Kerne eine feinkörnige Struktur und wer- 
den von allen Tinktionsmitteln, besonders aber von Hämatoxylin 
und Hämalaun so lebhaft gefärbt, daß man ihre Struktur nur mit 
Mühe unterscheidet (Taf. XXIII, Fig. 50. Man sieht sie besser 
an den Karminpräparaten (Taf. XXIV, Fig. 72), aber die letzten, 
wie bekannt, werden viel schlechter photographiert als die mit 
Hämatoxylin gefärbten. Die Zelle selbst hat einen eigentümlichen 
Bau. Ihr Plasma schließt viele stark lichtbrechende, etwas grün- 
lich gelb gefärbte, sehr kleine Körnchen ein (Taf. XXIII, Fig. 50), 
welche so zahlreich sind, daß sie die feinsten, das Plasma durch- 
ziehenden Kanälchen ‘zu unterscheiden stören. Sie haben einen 
Durchmesser, welcher etwa 0,0008 mm mißt, nnd treiben die Zellen 
so auseinander, daß man öfters ihre Grenzen nicht unterscheidet, 
und es scheint, als ob wir es hier mit einer zweikernigen Zelle zu 


Phyllopodenstudien. 479 


tun hätten (Taf. XXIII, Fig. 50), doch sind in andern Fällen die 
Grenzen zwischen den benachbarten Zellen gut zu unterscheiden 
(Taf. XXIV, Fig. 79). 

Der nach außen gewendete Umfang der Kerne, welcher oft der 
Zellenwand anliegt (Taf. XXIII, Fig. 50), erscheint gleichmäßig ge- 
wölbt, anders steht es mit dem inneren. Hier sind die Kerne oft 
mit gut ausgesprochenen, tiefen Einbuchtungen bedeckt, und diese 
Einbuchtungen teilen das Zellplasma in gewisse Abteilungen ein 
(Taf. XXIV, Fig. 72). 

Bei stärkeren Vergrößerungen unterscheidet man in diesen 
Abteilungen Gruppen, sozusagen Bündelchen von feinsten Zellkanäl- 
chen, durch welche das Zellsecret in die Ausführkanälchen tritt. 
Wir haben hier ein Beispiel des Regulierens der Ausscheidungstätig- 
keit der Drüsenzelle durch den Kern, welche so weit geht, daß es 
sich selbst in den morphologischen Verhältnissen äußert. 

Bei Streptocephalus auritus tritt das Ei in den Eisack nur von 
einer feinsten primären Eihülle bedeckt (Taf. XXIV, Fig. 59 ph). Im 
Eisack trifft das Ei sehr viele Zellausscheidungsprodukte, welche 
nicht nur von den Drüsenzellen (Taf. XXIV, Fig. 59 und 60 dxr), son- 
dern auch von den die Sackwand (Taf. XXIV, Fig. 59 und 60 esw) 
bekleidenden Epithelzellen (eswe) abgesondert werden. Überhaupt 
erscheint der Sireptocephalus auritus als ein Krustentier, welches 
reich an Drüsenorganen ist. So sind auch in den Eileiteraussackungen 
(Taf. XXIV, Fig. 60 od’) viel geronnene Stoffe, und an der Körper- 
oberfläche und an den Extremitäten usw. kann man viele Drüsen- 
zellen unterscheiden. 

Die fertige Eihülle zeigt drei Schichten, nur sind dieselben etwas 
anders gebaut als wir es bei den Chirocephalen gesehen haben. 

Die äußere Schicht ist sehr scharf abgegrenzt. Sie ist hellgelb, sehr 
elastisch, strukturlos, stark lichtbrechend, so daß sie unter dem Mikro- 
skop einen Glanz zeigt, welchen man selbst an den Photographien 
wahrnehmen kann (Taf. XXIV, Fig. 58 und 73 as). Auch die innere 
Schicht ist scharf abgegrenzt, stark lichtbrechend und gelblich ge- 
färbt (Taf. XXIV, Fig. 58 und 73 zs); man unterscheidet unter ihr 
öfters einen dunklen, feinsten Streifen, welcher die primäre Ei- 
hülle darstellt (Taf. XXIV, Fig. 73). Was die mittlere Schicht be- 
trifft, die, wie bei den Chirocephalen, feinkörnig erscheint, so ist 
diese hier am mächtigsten und erstreckt sich von der gut abgegrenz- 
ten äußeren Schicht bis zur inneren. Sie ist in feinste radiär ange- 
ordnete Kämmerchen (Taf. XXIV, Fig. 57 und 73 ms) zerteilt, welche 


480 | Nicolaus v. Zograf, 


aber nicht immer gut zu unterscheiden sind. Es scheint, daß die 
Kämmerchenwände die Fähigkeit besitzen zu schwellen, und bei den 
jüngeren Eiern (Taf. XXIV, Fig. 75) sind sie deswegen besser zu 
unterscheiden als bei den älteren (Taf. XXIV, Fig. 58, wo man 
schon gut geformte Nauplien mit abgeworfener Cuticula (Taf. XXIV, 
Fig. 58 nh) und mit den Cölomsäcken (coel), dem Entoderm (en) und 
den Extremitäten (a2) unterscheiden kann. 

Ich kann nichts über die Entstehung der Eihüllen bei Branchi- 
podopsis affınıs sagen, da die mir zur Untersuchung dienenden Exem- 
plare alle Eier in ähnlichen Entwicklungsstadien einschließen, und 
ihre Conservation so mangelhaft war, daß die Drüsenzellen gar nicht 
zu unterscheiden waren (Taf. XXIV, Fig. 66). Aber die Konstruktion 
der Eier erinnert so sehr an das, was wir bei Sitreptocephalus auri- 
tus sehen, daß wir vielleicht Recht haben auch ähnliche Entstehung 
der Eihüllen vorauszusetzen. 

Wenn wir den Schnitt durch das Ei von Sireptocephalus aurütus 
nochmals ansehen (Taf. XXIV, Fig. 58), so fällt uns die äußere Form 
des Eies in die Augen. Dieselbe ist nicht kreisrund oder rund und 
mit Blasen bedeckt, wie wir es bei den Ohirocephalen gesehen haben, 
sondern zeigt eine Tendenz zur Polyedrie. Wir kennen wahre poly- 
edrisch geformte Eier bei den Branchipoden, z. B. bei Dranchipus 
Gruber, wie von diesem SPANGENBERG (26) die Eier zeichnet, oder 
bei Branchipus australis Richters, wie sie RICHTERS (27) schildert. Da- 
nach sind die polyedrischen Formen der Eier den Branchipoden eigen. 

Bei Streptocephalus sind aber die Eier nicht so scharf polyedrisch 
gebaut, wie wir es bei Dranchipodopsis affinis finden (Taf. XXIV, 
Fig. 65). Vielleicht rührt es von dem Umstande, daß die Wandun- 
sen von Dranchipodopsis-Eiern sehr fest und brüchig erscheinen, was 
feine und gute Schnitte anzufertigen stört. 

Ich konnte durch einen Zufall sicher zeigen, daß auch bei 
Branchipodopsis affinis eine primäre und eine tertiäre Eihülle exi- 
stieren. Auf einer Schnittserie hatte ich einen Eisack getroffen, wo 
das Secret der Drüsenzellen nicht die Eier umflossen, sondern sich 
zu kleinen, regulär sphärischen Partikeln gesammelt hatte. Die 
Partikeln (Taf. XXIV, Fig. 61 ekp) waren von annähernd. gleicher 
Größe und ihr Durchmesser etwa 0,02 mm groß. Sie umgaben das 
Ei, konnten sich aber zur Bildung einer Hülle nicht sammeln. 
Solche pathologische Erscheinungen sehen wir auch bei den Apodi- 
den, und Nowikorr (88) beschreibt dieselben bei Zimnadia lentt- 
cularis. 


Phyllopodenstudien. 481 


Das Ei der Branchipodopsis bleibt aber in diesen Fällen nicht 
ohne Eihülle. Es ist von einer sehr dünnen, aber. ganz distinkten 
primären Eihülle umgeben, welche bei den Eiern, welche sich im 
Blastulastadium befinden, sehr gut zu unterscheiden ist (Taf. XXIV, 
Fig. 61 ph). 

Die Eier von Dranchipodopsis affinis zeigen auch in manchen 
andern Details auffallende Eigentümlichkeiten.. Schon von den 
älteren Zoologen, z. B. GRUBE (7), BucHnorz (11), Craus (20 u. 40), 
NITSCHE (25), SPANGENBERG (26) und andern weiß man, daß in den 
Eiersäcken der Branchipoden nur gewisse Mengen von Eiern sich 
finden, und daß diese immer von einem und demselben Alter sind. 
Dasselbe kann man auch bei Chirocephalus Josephinae, Chirocepha- 
lus carnuntanus, Chirocephalus diaphanus, Streptocephalus auritus 
konstatieren. Bei den Chirocephahıs diaphanus z. B. fand ich bei 
dem Exemplare, von welchem ich Schnitte anfertigte, von denen 
einer auf der Fig. 39, Taf. XXIII abgebildet ist, nur Blastula- 
stadien, bei dem Sireptocephalus auritus, dessen Ei auf der Fig. 58 
auf Taf. XXIV photographiert ist, enthalten alle Eier fertige Nau- 
plien usw. 

Bei dem Branchipodopsis affinıs finden wir dagegen im Eiersack 
Eier, welche von der Eihülle bedeckt sind, und solche, welche deren 
- völlig entbehren (Taf. XXIV, Fig. 66 e& und e'). 

Ich kann keine Erklärung geben, warum eine solche Ausnahme 
zwischen den Branchipoden zu finden ist, kann aber darauf hin- 
weisen, daß hier die Eier unvergleichlich zahlreicher sind als bei den 
übrigen Branchipoden. Man findet deren 10—20 Stück im ganzen 
Eisack des Chirocephalus Josephinage oder Chirocephalus diaphanus, 
während man nur auf einem Schnitte von Dramchipodopsis affınıs, 
welcher auf der Fig. 66 der Taf. XXIV abgebildet ist, deren 28 
Stück aufzählen kann! Die Eier sind etwas kleiner als bei Chiro- 
cephalus Josephinae oder Streptocephalus auritus. So hat das Ei 
des ersten einen 0,25 mm langen Durchmesser, das von Sitrepto- 
cephalus einen 0,22 mm langen, und die Länge des Durchmessers 
von Branchipodopsis affınıs ist etwa 0,19 mm groß, doch ist dieser 
Unterschied nicht so groß, daß man mit dessen Hilfe diese Eigen- 
tümlichkeiten erklären könnte. | 

Bei Dranchipodopsis affınis sehen wir einen aus zwei polster- 
förmigen Wülsten bestehenden Oviductverschlußapparat (Taf. XXIV, 
Fig. 66 o.%), welcher den Austritt der Eier aus dem Eierstock zu 
regeln dient und der, wie es viele Autoren zeigen, bei andern 


482 Nicolaus v. Zograf, 


Branchipoden nur mit Mühe geöffnet werden kann. Vielleicht liegt 
es darin, daß der Apparat selbst, wie auf der Fig. 66 unsrer 
Taf. XXIV, halb geöffnet erscheint, daß. die Eier in den Eiersack 
bei Dranchipodopsis leichter als bei den andern Branchipoden ein- 
dringen. | 

Es ist auch zu beachten, daß der Eisack hier äußerlich vom 
Körper fast gar nicht abgegrenzt erscheint, und daß nur sein hin- 
teres Ende außen vom übrigen Körper zu unterscheiden ist. 

Die vollkommen entwickelten und von den Eihüllen bedeckten 
Eier haben Eihüllen, welche sehr denen von Streptocephalus auritus 
ähnlich sind (Taf. XXIV, Fig. 65). Es ist aber, wie ich schon früher 
gesagt habe, sehr schwer aus ihnen fein genug geschnittene Schnitte 
anzufertigen wegen der Härte der Eihüllen. Auch ist es unmöglich 
an solchen Schnitten die primäre Hülle zu unterscheiden. Aber die 
äußere, mittlere und innere Schicht der tertiären Eihülle sind hier 
ebensogut wie bei Streptocephalus zu unterscheiden und zeigen einen 
ganz identischen Bau (Taf. XXIV, Fig. 63 as, ms, ıs). 

Außer diesen Hüllen sind die Eier von Branchipodopsis affınis 
noch von einer sich sehr stark mit Hämatoxylin färbenden Schleim- 
hülle umgeben (Taf. XXIV, Fig. 63 si.h). Ich weiß nicht, ob diese 
Hülle nur zeitweise die Eier bedeckt, oder auf den mir zur Präpa- 
tion dienenden zwei Exemplaren zufällig auf den Eiern sich befand, 
doch sah ich diese Hülle auf allen meinen Präparaten, und zwar be- 
rührte sie das Ei nicht regelmäßig auf seiner ganzen Länge, sondern 
hob sich stellenweise von der Eioberfläche ab, dieselbe nur an den 
Winkeln des Polyeders berührend. Solche Schleimdecken sind auch 
bei vielen andern Crustaceen beschrieben. 

Bei Chvrocephalus carnuntanus fand ich keine Weibchen mit von 
Eiern gefüllten Eiersäcken, kann deswegen über deren Entstehung 
und Bau nichts mitteilen. 

Die Dimensionen der einzelnen Schichten der Eihüllen bei 
Streptocephalus auritus und Branchipodopsis affınis sind folgende: 
äußere Schicht etwa 0,002 und 0,0018 mm, innere Schicht etwa 
0,0018 und 0,001 mm, mittlere Schicht etwa’ 0,03 mm. 

Artemia salina hat eine weit weniger kompliziert gebaute Eihülle, 
als die früher beschriebenen Branchipoden. Diesem Tiere sind keine 
blasenförmigen Auswüchse, keine Poren, keine bienenzellenähnliche 
Aushöhlungen eigen. Die Bildung der Eischalen geht aber ganz ähnlich 
mit dem, was wir bei den übrigen Branchipoden gesehen haben, vor. 

Bei dem Weibehen bemerken wir einen Eisack, welcher schon 


Phyllopodenstudien. 483 


von JoLY (3) gut beschrieben war, den Branchtpus sehr ähnliche 
Eihüllendrüsen, welche JoLy für die Eierstöcke gehalten hat und 
welche von v. SIEBOLD (21) und CrLaus sehr gut untersucht sind (40). 

Ich hatte keine Gelegenheit, die Bildung der Schale bei der Ar- 
temia zu beobachten. Die von mir aus Eiern gezüchteten Exemplare 
kamen zur vollen Reife, und die Endabschnitte der Eileiter waren 
von den Eiern ganz verstopft. Die Eier schienen durch die trans- 
parente Körpermasse des Tieres als milchweiße, etwas gelblich 
schimmernde Eiklumpen durch. Doch gelangten die Eier nicht in den 
Eisack, und die Tierchen starben, ohne Eier abzulegen. 

Es gelang mir aber, aus den von Odessa gesandten Eiern 
Schnitte anzufertigen. Um die Eier zu fixieren, warf ich sie in 
kochende gesättigte Lösung von Sublimat mit einigen Tropfen von 
Essigsäure, wo sie ungefähr 2 Minuten blieben, später brachte ich 
sie in mit Jodtinktur gefärbten 70°/,igen Alkohol. Die Eier konser- 
vierten sich sehr gut und an fortgeschrittenen Eiern konnte man auch 
sut gewisse Entwicklungserscheinungen beobachten. 

Daß das Artemia-Ei zwei Arten von Eihüllen hat, kannte man 
schon seit lange, und es war Ostroumow (85), welcher vor kurzem 
gezeigt hat, daß bei dem Ausschlüpfen der Nauplien diese zwei 
Arten von Eihüllen verschiedene Schicksale erleiden. Ich konnte 
diese Hüllen auch an meinen Schnitten, besonders an denen, welche 
mit HEIDENHAINs Eisenhämatoxylin tingiert waren, unterscheiden. Die 
eine, sehr dünne, das Ei berührende und ihre stellenweise dicht an- 
liegende Hülle (Tafel XXIII, Fig. 55 p.k) ist die primäre Hülle. Die 
andre ist die tertiäre Eihülle. Sie besteht auch aus den drei Hüllen- 
schichten, der einen äußeren, sehr dieken und sich sehr stark färbenden 
(Taf. XXIII, Fig. 55 as), der zweiten, welche viel weicher erscheint, 
eine Punktstruktur zeigt und sich sehr blaß färbt, in welcher ich 
die mittlere Schicht (ms) erkenne und einer dritten, welche der 
äußeren sehr ähnlich erscheint, auch sich lebhaft tingiert und als 
innere Schicht angesehen werden muß (Taf. XXI, Fig. 55 :s). Die 
Dieke dieser Schichten ist folgende: die der äußeren Schicht 0,002 mm, 
die der mittleren etwa 0,004 mm, die der inneren etwa 0,0015 mm. 
Was die Dicke der primären Eihülle beträgt, so ist die letzte so 
fein, daß man sie mit den mir zugänglichen Apparaten nicht messen 
konnte. | 

So sehen wir, daß bei allen Branchipoden die Eihüllen gleich 
gebaut sind. Sie haben nämlich eine primäre Eihülle, welche vom 
Ei sogleich nach dem Eindringen in den Eisack abgesondert ist 


484 Nicolaus v. Zograf, 


und von der tertiären Hülle bedeckt erscheint. Die letzte wird aus 
dem von den speziellen Hüllendrüsen abgesonderten Secret gebildet 
und besteht aus drei Schichten — einer äußeren, einer mittleren 
und einer inneren. Die mittlere Schicht ist bei allen Branchipoden 
lockerer als die härtere innere und besonders äußere Schicht. Höh- 
lungen, welche zur Aufnahme von Luft dienen, finden sieh in der 
äußeren und der mittleren Schicht, nicht aber in der inneren. 

Jetzt gehen wir zu den schalentragenden Phyllopoden über. 

An erster Stelle begegnen wir hier dem Lepidurus productus, 
dessen Hüllenbau und Hüllenbildung von dem des Apus canecri- 
formis sich gar nicht unterscheidet. 

Hier müssen wir scharf zwei Arten der Eihüllen unterscheiden. 
Die eine Art ist bei den sich noch im Innern der Genitalorgane be- 
findenden Eiern zu beobachten, die andre sieht man nur an den 
abgelegten Eiern und nach einer gewissen Zeit nach der Ablage. 
Diese innere Hülle ist vom Ei selbst gebildet und kann nicht anders 
als eine primäre Hülle angesehen werden (Taf. XXIII, Fig. 45, 56 
und 57 ph). 

Hier ist die primäre Hülle so dick und so stark, daß ich sie 
lange Zeit mit den äußerst dünnen und feinen primären Hüllen von 
Branchipoden zu vergleichen zögerte, doch habe ich viele Beweise 
dafür, daß diese Hülle nur nach der Eiablage unter der starken und 
dieken sekundären Eihülle gebildet wird, und da kann sie nur von 
dem Ei ausgeschieden werden. Sie zeigt einen geschichteten Bau 
(Taf. XXIII, Fig. 56) und ersetzt an dem abgelegten Ei die peri- 
pherische Zone der sich noch in den Genitalorganen befindenden 
Eier (Taf. XXII, Fig. 24, 27, 30, 34, Taf. XXIII, Fig. 35, 36, 44, 
47 2.2). Diese Zone ist bei dem aus den Genitalorganen aus- 
tretenden Ei (Taf. XXII, Fig. 19 92) noch gut zu unterscheiden, 
während man sie bei den ausgeworfenen Eiern gar nicht sieht 
(Taf. XXIIL, Fig. 45, 56, 57). 

Diese primäre Hülle, deren Dieke etwa 0,0055 mm beträgt, liegt 
so dicht dem Eidotter an, daß sie bei der Zusammenziehung des- 
selben beim Fixieren sich von den übrigen Teilen der Eihüllen ab- 
hebt und dem Dotter folgt (Taf. XXII, Fig. 45). 

Da bei den Apodiden die peripherische Zone an Nahrungsauf- 
nahme keinen Anteil nimmt, wie wir es bei den Branchipoden ge- 
sehen haben, da aber diese Zone manchmal sehr diek, ungefähr 
0,016 mm dick erscheint und vom Dotter durch die früher beschrie- 
bene Scheidegrenze (Taf. XXII, Fig. 30 gr.st) abgegrenzt ist, sowie 


Phyllopodenstudien. 485 


einen vom Dotter ganz verschiedenen Bau (Taf. XXII, Fig. 30, 
Taf. XXIII, Fig. 44 9.2 und di oder d.k) zeigt, so komme ich zu der 
Anschauung, daß bei den Apodiden diese peripherische Zone sich 
in die primäre Hülle umwandelt und zwar erst einige Zeit nach der 
Eiablage. 

Solche Dicke und Festigkeit der dem Dotter dicht anliegenden 
primären Eihülle wird durch die Lebensweise der Apodideneier er- 
klärt, welche viele Not dulden müssen, bis sie zur Entwicklung der 
Nauplien günstige Verhältnisse finden. Ich nenne die übrigen Hüllen 
des Eies der Apodiden »sekundäre«, nicht aber »tertiäre«, wie ich 
die äußere Eihülle von den Branchipoden genannt habe. 

Ich habe schon früher geschrieben, daß ich »primäre« Hüllen 
solche nenne, welche vom Dotter selbst gebildet werden, »sekun- 
däre« die, welche noch im Innern der Genitalorgane, aber nicht 
vom Ei selbständig gebildet werden, unter »tertiären« aber verstehe 
ich Eihüllen, welche außerhalb der Genitalorgane von besonderen 
Organen gebildet werden. Es ist selbstverständlich, daß ich hier 
unter den Genitalorganen nur die Eierstöcke und die Oviducte ver- 
stehe, nicht aber mit ihnen verbundene accessorische Apparate, wie 
Eisäcke und Hüllendrüsen. 

Die sekundären Hüllen des Eies bei Lepidurus und Apus bilden 
sich in den Follikelpedunkeln (Taf. XXH, Fig. 20 pd) und in den 
Eileitern. 

Die Pedunkeln sind mit einförmig gebauten, ziemlich hohen 
und dünnen Zellen bekleidet (Taf. XXII, Fig. 27 »d.x, Fig. 34 ».e, 
Taf. XXIII, Fig. 37 und 38 p.ep). Ich traf zufällig solche Eier, 
welche mit einem Teile sich noch im Follikel befanden, wo man auf 
ihnen gar keine Spuren von Hüllen beobachten konnte, während die 
aus dem Follikel ausgetretenen Teile schon von der von den Pedunkel- 
epithelzellen ausgeschiedenen Hülle bedeckt waren. 

Die Pedunkelzellen sind etwa 0,028 mm hoch und 0,012 mm 
dick. Sie haben abgerundete Gipfel, wenn sie ins Pedunkellumen 
frei hineinragen, ziemlich große Kerne, tingieren sich sehr lebhaft. 
mit allen Tinktionsmitteln und zeigen einen gut ausgesprochenen 
Charakter von Drüsenzellen. Sie färben sich am lebhaftesten, wenn 
sie der Eioberfläche anliegen und auf dasselbe die Schale secernieren 
(Taf. XXII, Fig. 27 und 34). Dann wird der Gipfel der Zellen flach 
und die Zellen selbst, von der Eimasse gedrückt, werden niedrig und 
breit, wie man es auf unsrer Fig. 34 der Taf. XXII gut sieht. 

Ich traf ein pathologisch geformtes Exemplar von Lepidurus 


486 . Nicolaus v. Zograf, 


productus, welches, obgleich aur in Spiritus fixiert und konserviert, 
mir die Überzeugung gegeben hat, daß es die Pedunkelepithelzellen 
sind, welche die sekundäre Eihülle ausscheiden. 

Ich traf nämlich einige sehr ausgedehnte Pedunkel, welche keine 
Eier enthielten, deren Epithelzellen aber ihre Ausscheidungsarbeit 
eifrig leisteten. Die Pedunkel waren hier mit einem Netze von 
feinsten Fäden ausgefüllt (Taf. XXIII, Fig. 35 pd.z.ex), und diese 
Fäden hatten ihren Anfang an den Pedunkelepithelzellen. Dieselben 
waren weit voneinander getrennt (Taf. XXI, Fig. 37 ».ep), und nur 
eine feine Conjunctivgewebeschicht (ejt.pd) hinderte sie, sich ganz 
voneinander zu trennen. 

Einige Zellen waren besonders instruktiv, weil man an ihnen 
ein Käppchen aus feinsten Netzmaschen sehen konnte, welche sich 
in einen aus feinsten Fäden gebildeten Schopf verlängerten (Taf. XXIII, 
Fig. 37 pd.x.ex). Diese Schöpfe, wie andre ähnliche von den Zellen 
secernierte Gebilde, steigen bis zur das Pedunkellumen ausfüllenden 
Netzmasse und nehmen Anteil an ihrer Bildung. 

An andern Stellen wird diese Masse als eine brüchige, feste 
Schale ausgeschieden (Taf. XXIII, Fig. 38 pd.z.ex, untere Seite der 
Abbildung), und man sieht unter ihr die sie bildenden Zellen. 

Es bleibt also kein Zweifel, daß die sekundären Hüllen des Eies 
beim Lepidurus productus von den Epithelzellen des Peduneulus ge- 
bildet werden. 

Die Hüllenmasse wird von den Pedunkelepithelzellen auch in 
andern Formen ausgeschieden. Wir finden stellenweise dunkle 
Kugeln und Klümpchen (Taf. XXI, Fig. 31 und 34 pd.z.ex), welche 
manchmal sehr groß erscheinen. So z. B. mißt die Kugel, welche 
auf der Fig. 31 der Taf. XXII abgebildet ist, in der Länge etwa 0,02, 
in der Breite etwa 0,015 mm. Diese Ausscheidungsprodukte sind 
blasig und körnig, aber eine Wabenstruktur, wie es NOWIKOFF für 
Limnadia lenticularıs (88) beschreibt, konnte ich in dem Klumpen 
nicht entdecken. Auch konnte ich zwischen den Epithelzellen der 
Pedunkel und der Oviducte keine unausgebildeten Genitalzellen 
finden, wie sie NOWIKOFF für Limnadia beschreibt, glaube auch, 
daß dieser Forscher sich hier irrt, indem er Epithelzellen für Genital- 
zellen ansieht. | 

Die sekundäre Eihülle des Lepidurus ist im Anfang der Ab- 
sonderung noch sehr schwach und fein, kaum zu unterscheiden 
(Taf. XXIL, Fig. 34 s.h). Später wird sie besser zu sehen (Taf. XXII, 
Fig. 27 und 30 s.h), und bei den in den Eileiter herausgetretenen 


Phyllopodenstudien. 487 


Eiern ist dieselbe schon ganz gut ausgebildet (Taf. XXIII, Fig. 35 
und 36 s.h). 

Die Eihülle wird im Inneren der Genitalorgane als eine sehr 
feste, oft sehr brüchige Eihülle ausgesondert, welche noch keine 
Spuren des Baues erkennen läßt. In solcher Form sieht man z. B. 
die Eihülle des auf der Fig. 19 der Taf. XXII abgebildeten Eies, 
sowie die rechte Eihülle der Abbildung 35 der Taf. XXIH. Nur 
selten bemerkt man schon im Inneren der Genitalorgane die Eihülle 
an ihrer inneren, dem Ei zugewendeten Seite in kleine Aussackungen 
und Aushöhlungen zerfallen, welche an ihrem inneren, das Ei 
berührenden Ende durch eine äußerst feine Membran verbunden er- 
scheinen (Taf. XXIII, Fig. 56). Weit öfter aber bekommt man den 
fertigen Bau der Eihülle nach dem Austritte des Eies aus dem Ei- 
leiter in den Eisack zu sehen, welcher bei den Apodiden, wie be- 
kannt, durch das Zusammenschließen der zwei tellerförmig gebauten 
Anhänge des elften Beinpaares (Taf. XXIII, Fig. 51 ex.II) ge- 
bildet wird. 

Hier trifft das Ei Wasser, und seine Hüllen fangen an aufzu- 
quellen. In den Hüllen erscheinen zuerst unregelmäßig (Taf. XXIII, 
Fig. 51 sh) angeordnete, dann aber zu regelmäßigen Alveolen sich 
bildende Höhlungen. Vielleicht bilden sich manchmal auch im Ei- 
leiter fertige Hüllen durch das Eintreten von Wasser in die Ei- 
leiterhöhle, was bei den ziemlich weiten Genitalöffnungen möglich 
erscheint. 

Bei den ausgebildeten Eiern des Lepidurus productus besteht 
die sekundäre Eihülle auch aus drei Schichten, die aber nicht mit 
den bei den Branchipoden beschriebenen Schichten zu vergleichen 
sind. Es sind nämlich die feinste innere Schicht (Fig. 45 und 56 
der Tafel XXIII zs), welche die radiär verlaufenden Septen, die 
die Alveolen bilden, verbindet, eine sehr dicke, aus einer Reihe 
sroßer Alveolen bestehende mittlere Schicht und eine ziemlich starke 
äußere Schicht (ms und as). Es.gibt keinen Bauunterschied zwischen 
diesen Schichten und deswegen können sie mit den Schichten bei 
Branchipoden nicht verglichen werden. 

Die Dieke der äußeren Schicht beträgt etwa 0,0028 mm, die der 
mittleren etwa 0,025 mm, die der inneren ungefähr 0,0003 mm. 

Die mittlere Schicht zeigt außer einer Reihe großer manchmal 
regelmäßig ausgebildeter Alveolen (Taf. XXIII, Fig. 45, rechte Seite 
der Abbildung) noch eine obere und eine untere Reihe kleinster Aus- 


höhlungen. Zahlreiche große Alveolen, wie sie SPANGENBERG (26) 
Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVL. Bd. 39 - 


488 Nicolaus v. Zograf, 


zeichnet, konnte ich an central ausgeführten Schnitten nicht beobachten, 
wohl aber an excentrisch gelegten. 

Wie wir sehen, ist der Bau der Eihüllen bei Zepidurus dem von 
einigen Branchipoden, z. B. von COhirocephalus diaphanus sehr ähn- 
lich. Hier und dort sehen wir eine feste äußere Schicht, welcher 
eine Alveolarschicht anliegt, deren untere Grenzen durch eine innere 
Schicht verbunden sind. Auch die Anordnung der Alveolen ist ver- 
hältnismäßig ähnlich, indem man bei Lepidurus, wie bei Chiro- 
cephalus diaphanus außer den großen Alveolen auch kleinere, bei 
Chirocephalus diaphanus meistenteils unter den großen Alveolen 
liegende Höhlungen, bei Lepidurus productus sowohl über, als unter 
den letzten beobachtet. Selbst die Größe der großen Alveolen kommt 
sich nah; die regelmäßigen Alveolen bei Zepidurus productus messen 
etwa 0,017 mm in die Länge und 0,012 mm in die Breite, während 
die des Chirocephalus diaphanus 0,014 und 0,012 zeigen. Nur die 
primäre Hülle ist bei dem Lepidurus produetus ganz anders gebaut, 
was mit den eigentümlichen Lebensbedingungen des Tieres zu- 
sammenhängt. 

Die Hüllen der beiden Tiere haben aber ganz verschiedene Ent- 
stehung. Während die von Lepidurus productus im Inneren der 
Genitalorgane gebildet sind und aus den Epitbelzellen der Peduneuli 
der Eifollikel stammen, werden die des Churocephalus diaphanus von 
besonderem von den Drüsenzellen gelieferten Secrete, welches in 
den Eisack ergossen wird, gebildet. Die beiden verschiedenen Arten 
der Hüllenentstehung führen zu demselben Resultate, und hier sehen 
wir noch einmal, wie die Natur auf verschiedenen Wegen zu einem 
und demselben Ziele kommt, wie wir dem so scharf z. B. in der Ent- 
wicklungsgeschichte der Augen der Wirbeltiere und der Cephalopoden 
begegnen. | 

Der Bau der Eihüllen von Apus caneriformis ist dem von Lepi- 
durus productus sehr ähnlich. Hier sehen wir auch eine primäre und 
eine sekundäre Hülle. Die erste ist aber, im Vergleiche mit der von 
Lepidurus productus, sehr fein (Taf. XXIII, Fig. 56 und 57 s.h). Die 
innere Schicht der sekundären Hülle ist stärker als bei diesem 
Tiere und geht unmerkbar in die innersten Teile der von den Alveolen 
ausgefüllten mittleren Schicht über, welche von einer sehr feinen 
äußeren Schicht bedeckt ist. Es scheint, daß Apus caneriformis 
eine Art ist, welche mildere Gegenden Europas bewohnt, als Lepz- 
durus produchıs. In Rußland z. B. treffen wir, bei gut bestimm- 
ten Exemplaren, meistenteils Zepidurus productus. Der Apus caneri- 


Phyllopodenstudien. 489 


formis ist im Gouvernement von Woronesch, Kiew, in Transkaukasien 
gefunden. Die nördlichsten europäischen Apodiden sind wieder die 
Lepidurus, nämlich Lepedurus glacialis, welchen man in Skandina- 
vien und auch auf Island, Spitzbergen und Grönland begegnet hat. 
Das ist vielleicht die Ursache, warum die Eihüllen von Apus canerı- 
formis bei einem sehr ähnlichen Bau viel feiner als die groben 
Hüllen der Eier von Lepidurus productus sind. Diese sind auch, 
wie es schon F. BRAUER (23) gezeigt hat, größer als die von Apus 
cancriformis und so schwer, daß sie lange Zeit unter Wasser bleiben 
ohne anzufangen zu schwimmen. 


Die Eihüllen der echten zweischaligen Phyllopoden sind viel ein- 
facher gebildet als die der übrigen Arten. 


Bei Limneltis brachyurus sehen wir an den eben abgelegten und 
an den Eierträgern der neunten und zehnten Füßchenpaare an- 
seklebten Eiern (GRUBE, 7) eine sehr harte, stark lichtbrechende 
Schale (Taf. XXIII, Fig. 53 sh), welche sehr das Anfertigen der 
Schnitte hindert und beim Schneiden sich wie durch eine Spring- 
feder öffnet. 


Es ist mir nicht gelungen über die Entstehung dieser Hülle klare 
Beobachtungen zu machen. Ich habe aber an den sich im äußer- 
sten Abschnitte des Eileiters befindenden Eiern Beobachtungen ge- 
macht, wonach ihre Eihülle ohne Zweifel vom Eileiterepithel ausge- 
schieden wird (Taf. XXIII, Fig. 46 sh.). Die Eileiterwände sind in 
dieser Region aus einer Menge Drüsenzellen gebildet (Taf. XXIL, 
Fig. 46 di.od). 

Aber die Eihülle ist bei dem Austreten des Eies aus dem Eileiter 
viel dünner, als bei den schon an die Eiträger angeklebten, und an 
den frisch angeklebten, wo man noch gut die peripherische Zone 
. beobachtet (Taf. XXIII, Fig. 40 und 53 2.2), dünner als bei den 
schon seit einiger Zeit abgelegten Eiern. Bei diesen sieht man keine 
peripherische Zone des Eies, und ich meine, daß diese Zone in die 
innerste, primäre Hülle verwandelt ist. Bei Estheria tetracera aus 
Mandschurien, bei der die Eihüllen so hart sind, daß sie keine guten 
Schnitte anzufertigen erlauben, sah ich an Schnittpartikeln sehr klar, 
daß es hier eine sehr dieke, primäre Hülle gibt, welche unter einer 
ebenso dicken sekundären Hülle liest und von dieser sehr leicht ab- 
getrennt werden kann. 


Wie wird aber die beim Ablegen des Eies so dünne sekundäre 
Eihülle dieker, wie bekommt sie ihr lichtbrechendes Ansehen und 
32* 


490 I Nicolaus v. Zograf, 


die kleinen zierlichen Erhöhungen, welche ihrer Oberfläche ein wellen- 
förmiges Ansehen liefern ? 

Schon GRUBE (7) hat hierüber Angaben gemacht. Er meint, daß 
die griffelförmigen Auswüchse, welche die Gipfel der Eierträger be- 
decken, ein besonderes Secret bereiten, welches die Eier bedeckt, 
sie zusammenklebt und später sie an die Oberfläche der Körper- 
schale befestigt. 

Die Griffel der Eierträger haben wirklich an ihren Spitzen 
Öffnungen, welche in lange Drüsengänge führen. Diese kommen 
von den nicht nur in den Griffeln, sondern durch den ganzen 
Eierträger verlaufenden Drüsenzellen, die das oben genannte Secret 
liefern. | 

Die Eier von Limnetis sind wie mit einem Gespinste um- 
seben. Dieses Gespinst ist manchmal in einer so großen Menge vor- 
handen, daß es sich zu einer gemeinsamen Masse verklebt, wonach 
einige Verfasser, z. B. Li&vin (5), eine allen Eiern gemeinsame Schale 
beschreiben. Dasselbe ist auch für Estheria gesagt. 

Dieses Secret wird wahrscheinlich über das Ei ausgegossen, bildet 
seine äußerste Hülle, welche also als tertiäre Hülle erscheint und 
bildet bei einigen zweischaligen Phyllopoden, wie z. B. bei den 
von G. O. Sars (86) erforschten australischen Kulimadıa stanleyana, 
Estheria packardi und Limnetis maclayana, einen zierlichen Eihüllen- 
schmuck. 

Die Eihüllen der zweischaligen Phyllopoden entbehren, wie wir 
sehen, gänzlich der Luft führenden Alveolen oder andrer Höhlungen. 
In dieser Hinsicht entfernen sie sich von den übrigen Vertretern 
dieser Gruppe. Wie ist das zu erklären? 

Ich kenne nicht die Lebensweise von Estheria, Leptestheria und 
Limnadia, habe aber Beobachtungen an Limnetis gemacht, welche 
mir zum Teil diese Besonderheit gut erklären. 

Schon alte Forscher, wie JOLY, LIEVIn, GRUBE, haben beobachtet, 
daß die Eier dieser zweischaligen Phyllopoden an die inneren Wände 
der Schalen des Körpers angeklebt und so vom Weibchen getragen 
werden. GRUBE (7) beschreibt selbst sehr gründlich die Arbeit der 
Eiträger bei diesem Ankleben. 

Was wird aber mit den angeklebten Eiern nach dem Tode des 
Tieres? Sie bleiben ebenso angeklebt wie bei dem lebenden. Das 
tote Tier trocknet ganz aus. Es wird so leicht, daß es vom Winde 
durch die Luft getragen und bei Regen in den einen oder andern 
Wasserbehälter gelangt. Hier schwimmt es, dank der Dünne und 


Phyliopodenstudien. 491 


der Leichtigkeit der Schale, auf der Wasseroberfläche bis die Pfütze 
austrocknet, wo es dann vielleicht wieder weiter geführt wird. 

Ich habe einmal in einem kleinen Zuber, in den während des 
Regens das Wasser von dem Dache meines Landhauses hineinfließt, 
ein vom Wind gebrachtes schwimmendes totes Tierchen von Limnetis 
brachyurus gefunden. En wor 

Danach braucht die Limnetis zum Schwimmen auf der Wasser 
‚oberfläche keine Eihüllenalveolen oder andre Schalenaushöhlungen, 
ihre den Körper bedeckenden Schalen leisten hier dieselbe Arbeit. 

Die Eihüllen der Phyllopoden spielen, wie wir sehen, eine sehr 
wichtige Rolle im Leben dieser Tiere und erklären zum Teil deren 
weite Verbreitung. | 

Sie sind dazu bestimmt, nicht nur die Embryonen vor Hitze und 
Kälte zu schützen, sondern auch um deren Verschleppung durch den 
Wind zu fördern. 

Wir haben gesehen, daß die Limnetisschalen durch den Wind 
fortgetragen werden, dasselbe kann auch mit den Eiern von Dranchr- 
pus, Apus usw. geschehen. 

Diese Eier, welche leichter als viele Staubteile erscheinen, 
können Meilen weit getragen und so ganz unerwartet in der einen 
oder an der andern Gegend gefunden werden. Die französischen 
Zoologen konnten aus dem über das Mittelmeer gebrachten Staub 
Rotatorien züchten, und beim günstigen Zufalle kann dasselbe Schick- 
sal auch ein Phyllopodenei erleiden. Wie weit der Wind den Staub 
bringt, kennen wir durch die Beobachtungen der Brüsseler Meteoro- 
logen, welche in Brüssel bei einem starken Winde Staub mit winzigen 
Turmalinkristallen beobachteten, die nur für einzelne Gegenden der 
Sahara charakteristisch sind. | 

So erklärt es sich, daß man denselben Phyllopodenspecies in so 
entfernten Gegenden wie im Kapland und Transkaukasien (Leptestheria 
siligua) oder in der Mandschurei und bei Charkow (Estheria tetracera), 
in Ungarn und an den Oka-Ufern (Chirocephalus carnuntanıus) be- 
gegnet. ; 

Faunistische Forschungen über Phyllopoden sind noch sehr lücken- 
haft und, so zu sagen, sprungweise und zufällig. Einige Forscher 
haben ihnen ihre Aufmerksamkeit geschenkt, so G. O. Sars, dem die 
Jana-Expedition viel Untersuchungsmaterial gebracht hatte. Meistens 
ist aber diese interessante Tiergruppe, deren Untersuchung zur Ent- 
scheidung nach der Frage der Weite dieses Kosmopolitismus von 
großer Wichtigkeit ist, vernachlässigt. Ich glaube aber, daß man 


492 Nicolaus v. Zograf, 


dauernd angesiedelte Species der Phyllopoden nur in den Gegenden 
findet, wo es kein vollständiges Austrocknen der Gewässer gibt, wo 
folglich ihre Eier oder Körperschalen durch den Wind nicht zerstreut 
werden können. 

Die Frage über die Eihüllen bei den Crustaceen ist eine alte 
und vielmals diskutierte Frage. 

Es war RATHke (2), welcher diese Frage zum ersten Mal gründlich 
und wissenschaftlich bei dem Flußkrebse durchforschte, indem er 
bei diesem Krustentiere drei Eihäute beschrieb. Die eine nannte 
er Dotterhaut, sie entspricht unsrer primären Hülle, die andre 
Lederhaut, welche vielleicht das Chorion darstellt, und endlich die 
äußere Haut, welche als ein Ausscheidungsprodukt der speziellen 
Drüsen erscheint, denn, durch sie ist »das Ei an die verkümmerten 
Beine des Schwanzes der Mutter angeheftet«1. Diese zwei Hüllen, das 
heißt, die Dotterhaut und die Lederhaut, konstatiert auch beim Hummer 
ErDL (4). 

Lievın () beschreibt bei Leimnetis brachyurus, welche er als eine 
von ihm neu entdeckte Species und Genus Hedessa Sieboldii nennt, 
keine wahre Schale, hält aber das durch Alkohol zu einer gemein- 
samen Masse geronnene Fadengespinst als einen für alle Eier der 
einen Seite des Tierkörpers gemeinsamen Eisack. 

P.J. van BEneDen (6) bestätigt die Angaben von RATHKE auch 
für die parasitischen Copepoden (Nicothoe), von denen er eine Dotter- 
haut (Membrane vitelline) und eine äußere Haut (Membrane exterieure) 
beschreibt. | | | 

GRUBE (7) untersucht sehr gründlich die Funktionen der Eierträger, 
d. i. der speziellen Auswüchse des neunten und zehnten Fußpaares. 
Er vermutet, daß diese Organe »vielleicht zur Bereitung der Flüssig- 
keit dienen, welche die äußere nachher so stark einschrumpfende 
Hülle der Eier bildet«2. Er verbessert die Angaben von Lıkvın und 
JoLY über die Existenz eines gemeinsamen Eisackes, macht aber 
selbst einen Fehler, indem er sagt, daß die äußere Hülle »bald einen, 
bald mehrere Dotter« umschließe 3. : 

Meissner (8) findet zwei Eihüllen auch bei den Amphipoden 
und bald nach ihm zeigt CLaus (10), daß bei Cyclops die Eihülle 
nicht als ein Ausscheidungsprodukt des Oviductes, sondern als 
Dottermembran anzusehen ist. Im Jahre 1864 schreibt BucHhHoLz über 

178.0. 


2 8. 56. 
3 Erklärung der Fig. 18. 


Phyllopodenstudien. | 493 


Branchipus Grubei, daß die reifen Eier, »ehe sie in den Uterus 
gelangen, sich in dem Eileiter anhäufen« und »zu dieser Zeit nur 
eine einfache, sehr zarte Hülle« haben. »Erst in dem Uterus selber, 
in welchem sie etwa 2 Tage zu verweilen pflegen, erhalten sie eine 
zweifache Schale.< Diese äußere Schale ist gelb gefärbt und zeigt 
eine sehr regelmäßige Zeichnung (11). 

Die Beschreibung von BucHHOoLz ist ganz klar und führt uns in 
die neuen Beschreibungen der Crustaceeneihüllen ein. 

In demselben Jahre erschien auch die berühmte Schrift von 
Fritz MÜLLER (12), welche ein neues Licht auf die Frage über die 
Eihüllen der Crustaceen wirft und welcher wir viele interessante 
Forschungen darüber verdanken. Frırz MÜLLER richtet die Auf- 
merksamkeit seiner Leser auf eine früher unbeschriebene Tatsache, 
auf das Abwerfen der Körperhäute im Eie. Nach seinen Be- 
schreibungen werfen einige Crustaceen die vom Embryo gebildete Haut 
noch im Eie ab und diese Haut nennt er »Larvenhaut«. Wir haben 
ein ebensolches Hautabwerfen im Eie bei Sirepiocephalus auritus 
gesehen. Dieser wichtige Gedanke hatte einen großen Einfluß auf 
die mit der Schrift von Frrrz MÜLLER gleichzeitigen Arbeiten. So 
fand G. O Sars zweifache Hüllen sogleich bei vielen Crustaceen 
Norwegens?, A. DoHrn verglich, zwar nicht richtig, mit der Larven- 
haut die innere Hülle der Isopodeneier (13). CLAPAREDE findet bei 
den Acariden das Deutovum und bemerkt, daß dessen Membran mit 
der Larvenhaut der Crustaceen zu vergleichen sei (14). 

In den Jahren 1869 und 1870 erscheinen wichtige Arbeiten von 
E. van BEnEDEn (15, 16 und 17) und von E. van BENEDEN und 
Bessers (18), welche die Frage über die Eibildung bei den Copepoden, 
Schizopoden, Cirripedien, Isopoden und Amphipoden diskutieren, 
und seit der Zeit ist diese Frage wirklich wissenschaftlich gestellt 
worden. 

Diese Verfasser kommen nämlich zum Schlusse, daß bei den 
Copepoden, sowohl parasitischen, als auch freilebenden, die Eihülle 
als ein Ausscheidungsprodukt des Eileiters, also als ein Chorion 
gedeutet werden muß, welches noch von einem Exochorion bedeckt 
ist (bei den parasitischen Copepoden). Das Exochorion ist mit dem 
Secret, welches die die Eier enthaltenden Eisäcke bildet, identisch, 
und so macht van BENEDEN-Vater keinen Fehler, wenn er der 

1 Uterus von BUCHHOLZ und andern Verfassern ist Eisack in unserm Sinne. 


2 G. OÖ. Sars, Histoire naturelle des Crustaces d’eau douce de Norvege. 
Christiania 1867. 


494 | Nicolaus v. Zograf, 


Nieothoe zwei Eihüllen zuschreibt (6). Damit entsteht eine Meinungs- 
verschiedenheit zwischen CrAus (10) und E. van BENEDEN, welche 
später von vielen Forschern verfolgt wird. VAw BENEDEN beschäftigt 
sich eingehend mit der vom Blastoderm gebildeten Haut, welche er 
»Blastodermeuticula« (Cuticule blastodermique) nennt und auch bei 
den Copepoden findet (17). | B | 

Bei Cirrhipedien (17) beschreibt E. van BENEDEN eine Dotterhaut, 
unter welcher er in späteren Stadien auch eine Blastodermeutieula 
findet und schreibt, daß der Embryo bald die Dotterhaut zerreißt 
und abwirft und in der blastodermischen Form geboren wird (»näit 
sous la forme blastodermique« 1. 

Bei den Schizopoden (Mysis) beschreibt E. van BENEDEN ein 
Ohorion (16), unter welchem keine Blastodermeuticula, sondern direkt 
eine Larvenhaut oder »Naupliuscutieula« (euticule nauplienne2) sich 
bildet; ebenso von den Isopoden ein Chorion, unter welchem später 
noch eine Hülle gebildet ist. Diese Hülle ist aber nicht der Tätig- 
keit des noch ungeteilten Dotters zuzuschreiben, wie es A. DoHRN (15) 
und G. O. Sars? wollen, sondern sie ist auch nichts andres, als die 
Blastodermeuticula (im Sinne van BENEDENS). 

Auch bei den Amphipoden finden E. van BENEDEN und BESSELS 
(18) nur eine Hülle, das Chorion und nennen die innere Membran, 
die Dotterhaut von MEIssNER (8), eine »Blastodermeuticula«. 

Hier sehen wir aber eine Vermischung in der Deutung der 
Membranen, und E. vav BENEDEN gibt der so wichtigen »Blastoderm- 
cuticula«, welcher man jetzt keine so wichtige Rolle zuschreibt, und 
der Larvenhaut zu große Bedeutung. 

Spätere Verfasser haben diese unklare Deütung aufgeklärt und 
verbessert. Wenn ich hier bei den Arbeiten von E. van BENEDEN 
etwas länger verweilte, so geschah das, weil diese Schriften zu 
ihrer Zeit einen sehr großen Einfluß auf den Lauf der Embryologie 
äußerten. | 

Nach dieser Periode verlasse ich den historischen, chronologi- 
schen Gang dieser Literaturübersicht und werde die Ansichten der 
Verfasser bei den einzelnen Crustaceengruppen behandeln. Ich 
erinnere nur noch daran, daß E. van BENEDEN die »Blastoderm- 
cuticula« auch bei den Laemodipoden (Caprella), Decapoden (Urangon), 


1 S. 105 (S. 9 des Separatabdruckes). 
2 S. 242 (S. 13 des Separatabdruckes). 
3 L.-c. 


Phyllopodenstudien. 495 


Phyllocariden (Nebalia, welche er noch zu den , stellt) 
findet (15 und 171). 

Wenn wir jetzt uns zur Literatur über den Bau und die Ent- 
stehung der Eihüllen bei den Phyllopoden wenden, so finden wir hier 
nicht vieles. VON SIEBOLD (21) beschreibt sehr vollständig die äußere 
Form und die Entstehung der Schale des Dranchipus Grubei. Er 
. ist der erste, welcher völlig die Rolle der Hüllendrüsen erkennt, 
obgleich schon BucHHoLz über ihre Tätigkeit richtige Nachrichten 
gegeben hat (1]). ’ 

SPANGENBERG (26) beschreibt bei Branchipus stagnalis drei Häute, 
»nämlich 1) eine feine durchsichtige Haut, welche das Ei sehr locker 
umhüllt und bei der Ablage meist abgestreift wird, 2) die eigentliche 
schützende Eikapsel, eine sehr starke, aus zwei Lagen bestehende 
Haut von gelbbrauner Farbe und äußerst regelmäßiger Form, 3) das ' 
im Eileiter gebildete Chorion« ?. 

Die erste Haut entspricht der das Ei umgebenden Schleimdecke, 
welche wir bei Dranchipodopsis gesehen haben (Taf. XXIV, Fig. 63sl.h), 
die zweite unsrer tertiären Hülle, die dritte unsrer primären Ei- 
hülle. | 

Was die Bildung dieser Haut aus zwei Lagen betrifft, so 
haben wir auch bei Chirocephalus Josephinae gesehen, daß bei ge- 
wisser Behandlung diese Eihülle in zwei Lagen zerlegt sein kann 
(Taf. XXI, Fig. 10 und 15). Auch den punktierten Bau der Sehale 
sieht SPANGENBERG und unterscheidet ihn von dem Ausdrucke »un- 
gemein kleiner Spitzchen«, welche nach BucHHorLz die Schalen- 
oberfläche von Dranchipus Gruber bedecken. Aber SPANGENBERG 
hat Unrecht, wenn er diese Pünktchen mit den »bei Apus in der 
Haut befindlichen Maschenräumen« vergleicht. Mit den letzten sind 
die großen blasenartigen Aushöhlungen der Eihülle zu vergleichen, 
während die Pünktchen eine besondere Bildung darstellen, welche, 
wie es OSTROUMOW für die Artemien-Eischalen gezeigt hat, eine 
große Rolle für das Eindringen des Wassers ins Innere des Eies 
spielen (85). 

Bei Apus zeichnet SPANGENBERG den Querschnitt der Schale, 
welche nach ihm aus einer Anzahl von Maschenräumen besteht. Auf 
der Fig. 25 seiner Taf. III zählen wir vier bis fünf solcher Reihen 


115,8. 62 (S. 11 des Separatabdruckes), 17, S. 231 (S. 11 des Separat- 
abdruckes). 
2 26, S. 54—56. 


496 Nicolaus v. Zograf, 


und unter dieser Haut unterscheiden wir die von uns beschriebene 
primäre Hülle, welche er als Chorion bezeichnet. 

Bei Artemia findet SPANGENBERG wieder zwei Schalenlagen und 
seine Beschreibungen der Eihüllen dieses Tieres, bei welcher er in 
Spiritus aufbewahrte Exemplare benutzte, steht hinter der viel früher 
gemachten Beschreibung von JoLy (3) zurück. Diese schöne Arbeit, 
welche man ganz vergessen hat, enthält sehr genaue Beschreibungen 
und Abbildungen der Entwicklung von Artemia, und die Abbildungen 
von Nauplius, Metanauplius und weitere Stadien der Metamorphosen 
von Artemia sind so gut abgebildet, daß sie noch heute ganz brauch- 
bar sind. 

SPANGENBERG hat die Bildung des Chorions bei Branchipus, 
Apus und Artemia nicht gesehen und kennt diese Hülle als Chorion 
‘ohne allen Zweifel unter dem Drucke der damals so hochgeschätzten 
Meinungen von E. vAn BENEDEN und FRITZ MÜLLER. 

NITscHe (25) widmet sehr wenig Raum der Frage nach dem Bau 
und der Entstehung der Eihüllen bei branchipus Grubei. Er kon- 
statiert »die völlige Richtigkeit der Beschreibung der Eihüllen, wie 
sie von BUCHHOLZ gegeben wurde«! und begnüst sich mit der An- 
gabe über die Punktierung der Dotterhaut, welche »wohl von feinen 
Porenkanälen« herrührt, sowie über einige unwichtige Details des 
Hautbaues. 

Nach diesen für die Phyllopoden klassischen Arbeiten erwähnen 
den Bau der Eischale meistenteils die Systematiker. So beschreibt 
RICHTERS den eigentümlichen Eihüllenbau ven Dranchipus australis 
(27), SARs zeichnet in manchen seiner Abhandlungen die Eischalen- 
incrustationen bei vielen Phyllopoden, z. B. bei den Phyllopoden 
Australiens und Neuseelands (86); selbst CLaus in seinen berühmten 
Phyllopoden-Abhandlungen (20 und 40) beschäftigt sich gar nicht mit 
dieser Frage, obgleich er viel Raum der Entstehung und Entwicklung 
der Hüllendrüsen widmet (40). Nur auf einer Seite finden wir bei 
ihm die Äußerung, daß der lange, vorn blasenförmige Endabschnitt 
des Oviduets eine gerinnbare Substanz ausscheidet, »welche die ein- 
tretenden Eier umlagert und um dieselben vielleicht eine Hülle bildet« 2. 
Das beobachtete CLaus bei Dranchipus torticornis. 

Nur August BRAUER (59), welcher so viel in der Frage über 
die Erscheinungen der Eireifung bei Branchipus Gruber beigetragen 


Phyllopodenstudien. 497 


hat, widmet einige Zeilen der Frage über die Entstehung der Eihüllen 
dieses Tieres. 

Er beschreibt bei Branchipus Grubei eine Dotterhaut, welche 
ganz dem von mir als primäre Hülle beschriebenen Häutchen entspricht. 
Die Dotterhaut wird stark gefaltet, und dieser Faltung, aber nicht _ 
in solcher Schärfe, begegnen wir auch bei Cheirocephalus Josephinae 
(Taf. XXI, Fig. 14); diese Fältchen entsprechen den Zacken, welche 
sich zwischen der Dotterhaut und der Schale befinden. BRAUER ver- 
mutet selbst, daß auf diese Weise »vielleicht zwischen. Schale und 
Haut eine Art Luftkammer dadurch hergestellt wird«1. Die Eischale 
oder nach unsrer Nomenclatur tertiäre Eihülle erscheint zuerst völlig 
homogen. »Zur Zeit der Entodermbildung aber treten Erhebungen 
und Vertiefungen auf.«< Die Zacken erscheinen als »in gebogenen 
Linien verlaufende, miteinander sich vereinigende oder auch frei 
endende rippenartige Vorsprünge«. An diesen Stellen ist die Schale 
von einem Kanalsystem durchbrochen, »welches vielleicht den Zweck 
hat, zwischen dem Keim und der Außenwelt eine Verbindung herzu- 
stellen«. BRAUER erklärt diese Struktur durch die Erhärtung und 
die hierbei erfolgende Contraction der Schale ganz so »wie die in 
der kalten Nacht sich bildenden und kreuz und quer verlaufenden 

sogenannten Hartborsten einer Eisfläche«. 

| Er vergißt aber andre Ursachen, so z. B. die Imbibition des 
Wassers durch die Eihülle, welche, wie wir bei Lepidurus produetus 
gesehen haben, eine wichtige Rolle in dem Erscheinen der Alveolar- 
struktur der sekundären Eihülle bei diesem Krustentiere spielt. 

Die letzte Arbeit über den Bau der Fortpflanzungsorgane und 
über die Entstehung der Eischalen bei den Phyllopoden ist die von 
NOWwIKOFF (88). 

Der Verfasser unterscheidet in den Ovarialwänden zwei Arten 
von Epithelzellen — Keimzellen und Secretzellen. Leider aber ver- 
folgt er nicht die Umwandlung der Keimzellen in die Eier, und diese 
Keimzellen sind so den Secretzellen bei andern Phyllopoden ähnlich, 
daß man vielleicht noch warten muß, diesen Zellen diese Bedeu- 
tung beizulegen, um so mehr, da man bei dem kurzen Leben der 
ausgebildeten, geschlechtsreifen Phyllopoden über keine in futuro zu 
Genitalzellen werdenden Keimzellen sprechen kann. 

Die fertigen Eier treten in die Follikelpeduneuli oder Ovarial- 
ästchen, wie sie NOWIKKOFF bezeichnet, ein, »wo eine dünne Schicht 
von Ovarialsecret als Schale auf die Eioberfläche abgelagert wird «2. 


DS 288860 


498 | Nicolaus v. Zograf, 


Die weitere Bildung der Eischale schreitet in dem Centralkanale fort, 
»indem sich weitere Secrettröpfehen an die Anlage der Eischale an- 
setzen«. | | 

»Endlich wird das beschalte Ei durch den Oviduct ausgestoßen, 
um in den Brutraum über dem Rücken des Tieres einzutreten. Diese 
Eier sind von einer dieken (bis 25 «) Schale umgeben, deren Ober- 
fläche halbkugelförmige Erhebungen zeigt.« 

Die Schale zeigt regelmäßige Wabenstruktur. 

Hier endigen die Untersuchungen über den Bau und die Ent- 
stehung der Eihüllen der Phyllopoden. Bis jetzt waren sie ausführ- 
lich bei Dranchipus grubei von BRAUER (97) und Limnadia lenticularis 
(85) von NOWIKOFF gemacht. Was aber die früheren Beobachtungen 
betrifft, so ließen sie noch vieles unerklärt. 

Branchipus gruber ist aber eine Branchipodenart, welche ein 
eigentümliches Leben führt, indem seine Eier nicht, wie die der 
andern Branchipoden, auf der Wasseroberfläche schwimmen, sondern 
zugrunde sinken; auch Zimnadia hat eigentümlich gebaute Eier und 
erscheint als ein nicht so verbreitetes Tier, wie z. B. Apus caneriformis 
oder Lepidurus productus. Also, meine ich, erscheint dieser Teil 
meiner Phyllopoden-Untersuchungen für die Wissenschaft nicht unnütz. 

Jetzt gehe ich über zur Literatur der Schalenentstehung und des 
Schalenbaues bei den übrigen Crustaceengruppen. 

Bei den Cladoceren beschäftigte man sich fast gar nicht mit dem 
Schalenbau, da hier wohl das Ephippium der Wintereier und die zu 
dünne Schale der Sommereier diese Frage nicht stellen ließen. Doch 
finden wir einige Andeutungen über diese Eihüllen bei einigen Ver- 
fassern. Ich habe dieselben hei WEISMANN (30), GROBBEN (31) und 
LEBEDINSKY (56) gefunden. , 

Weısmann (30) schreibt allen Daphnoideneiern »eine Dotterhaut, 
d.h. eine eutieulare Erhärtung der äußersten Schicht des Eies, ein 
Umwandlungsprodukt des Protoplasma« zu!. Diese Dotterhaut ist 
strukturlos und sehr zart bei allen Sommereiern, so wie bei den- 
jenigen Wintereiern, welche ins Ephippium eingeschlossen sind, aber 
bei den Daphniden, »deren Wintereier ins Wasser abgelegt werden, 
ist die Dotterhaut derber, entweder nur einfach verdickt, oder aber 
doppelschichtig und häufig noch mit einer accessorischen Hülle um- 
geben«. Hier sehen wir also eine primäre Hülle und auch eine 
diese umgebende sekundäre. 


1 30, 8. 174. 


Phyllopodenstudien. 499 


GROBBEN (31) sieht bei Moina rectirostris nur ein von dem in 
den Brutraum gelangten Eie abgeschiedenes dünnes, glänzendes, 
strukturloses Häutchen, das Dotterhäutchen. 

LEBEDINSKY (56) findet bei Daphnia similis zwei kulaue: » die 
äußere ist ein Chorion, die innere eine Dotterhaut«!. 

Bei den freilebenden Copepoden kennen wir schon seit CLAus’ 
ersten Arbeiten (10) eine Eihülle, welche CLaus als Dottermembran 
deutet. 

Von den späteren Forschern ist es GROBBEN (35), welcher bei 
dem Cetochllus septentirionalis die Entstehung dieser Hülle beobachtet, 
und ihre Ausscheidung von der Eioberfläche bewiesen hat. Spätere 
Beobachter kümmerten sich nicht um die Frage nach der Entstehung 
der Eihüllen bei den freilebenden Copepoden, doch finden wir bei 
einigen Verfassern, z. B. bei HÄcKER, welcher Cyclops und Cantho- 
camptus erforscht hat (62) oder bei MaLaqumn, dessen Arbeiten über 
Monstrilliden den höchst interessanten evolutiven Parasitismus bei den 
Crustaceen kennen gelehrt haben (84), an den Abbildungen eine feine 
Eihülle, in welcher man sehr gut die Dotterhaut von CrAus und 
GROBBEN erkennt. 

Etwas anders stand die Sache bei den parasitischen Copepoden. 
Hier haben E. van BENEDEN (17), und derselbe zusammen mit BEssELs 
(18), zwei Eihüllen gefunden, nämlich Chorion und Exochorion. 

Einer der früheren Forscher, KERSCHNER (92), fand bei den Doro- 
pygen eine Eihülle, über deren Entstehung er aber sich nicht äußert, 
dieselbe gleicht seinen Beschreibungen nach mehr der Dottermembran. 
Der andre Notodelphyidenforscher GIESBRECHT (37) bestätigt, daß 
die Eimembran schon in den Eisäcken, also nur von den Eiern 
selbst gebildet wird, während List (51) die Meinung äußert, daß 
die Eimembranen von Gastrodelphyiden von den Eileiterdrüsen aus- 
geschieden werden. PEDASCHENKO (68) findet bei Lernaea keine von 
E. van BENEDEN beschriebenen Eihüllen und SCHIMKEWITSCH (46, 80) 
erwähnt deren gar nicht, zeichnet aber auf seinen Abbildungen eine 
Hülle, die sehr der kennen ähnlich ist, wie diese von CLAUS 
und en abgebildet ist. 

Die Eischale der Ostracoden, Crustaceen, welche eine der der 
Phyllopoden sehr ähnliche bebänäwäike zeigen, ist wie bei diesen ge- 
baut. Nach den Zeichnungen von WOLTERECcK (82) sind die Schalen 
der Cypriden »sehr widerstandskräftig und stehen denjenigen der 


1 56, 8. 150. 


500 Nicolaus v. Zograf, 


Daphnidendauereier darin nicht nach. _ Auch gegen völlige Aus- 
trocknung bieten sie genügenden Schutz, wie durch einen Versuch 
bewiesen wurde<!. 

Die Cyprideneier werden von WOLTERECK als eine feste, Kalk 
enthaltende Schale tragende Eier beschrieben. Sie sollen aus »zwei 
Schichten mit dazwischen liegenden Hohlräumen« bestehen. »Diese 
Maschen oder Lamellen sind bei verschiedenen Arten verschieden 
entwickelt. Erst wenn das Ei abgelegt ist, treten die beiden Schich- 
ten auseinander, indem die Schale gleichsam ‚aufquillt‘ und die 
Hohlräume sich mit Wasser füllen.« 

Über die Entstehung der Eischalen spricht aber WOoLTEREcK 
nicht. Wir finden darüber auch keine Angaben, weder bei G. W. 
MÜLLER (72) noch bei CLaus (49 und 61). Nur schreibt Craus (49), 
daß der Oviduct der Öypriden »mittels seines Drüsenepithels ähnlich 
wie die Ovarialröhre der Insekten die Schalenhaut der aufgenomme- 
nen Eier absondert<2. 

Das Aufquellen der abgelegten Ostracodeneier, welches WOLTER- 
ECK schildert, ist derselben Erscheinung bei Lepidurus productus sehr 
ähnlich und hat dieselbe Ursache, da die Ostracoden auch temporär 
austrocknende Gewässer bewohnen. Wir können aber nicht sagen, ob 
es hier eine Dottermembran gibt. 

Über die Cirripedien finde ich Angaben bei E. van BENEDEN (17), 
P. Hoek (29), Nussgaum (43) und GRroonm (73). Alle diese Autoren 
sehen die Eihülle der Cirripedien als eine Dottermembran, d.h. eine 
primäre Hülle in unserm Sinne des Wortes an. GROooM (73) schreibt 
selbst, daß diese Hülle nur nach dem Auswerfen der Richtungskörper 
erscheint, also in keiner Weise anders, als vom Ei selbst gebildet 
sein kann. 

Bei den Phyllocariden findet CLAus (44) eine Eihülle, welche bei 
dem in den Brutraum eintretenden Eie »eine einfache ist und daher 
auch lediglich aus dem Dotter ausgeschieden sein kann«3. Der 
spätere Forscher der Entwicklung von Nebalia BUTSCHINSKY (76) sagt 
gar nichts über die Eihüllen, zeichnet aber auf seinen schematischen 
Figuren drei sehr eigentümliche Zellen, in welchen man vielleicht 
Reste von Chorion, von Nährzellen oder von ganz andern Gebilden 
vermuten kann. | 

Die rätselhafte Gruppe der Ascothoraeiden war in dieser Richtung 


1 82, 8. 600. 
2 49, S. 60. 
3 44, 5. 114. 


Phyllopodenstudien. 501 


gar nicht erforscht und nur bei Knıpowitsch (63) finden wir eine 
Erwähnung, daß die Eier von Laura gerardiae von einer ziemlich 
festen Hülle bedeckt seien. 

Bei den Malacostraken sind die Deutungen der Eihüllen ver- 
schieden. 

Bei den Schizopoden beschreibt BurscHIinskyY, welcher Paropo- 
dopsis cornuta ausführlich untersucht hat, gar keine Eihüllen (48), 
während JosEF NUSBAUM bei Mysis eine sehr feine Eihaut schildert (42). 
Am andern Orte (41) bemerkt derselbe Verfasser an der Außenfläche 
des Dotters eine sehr dünne Schicht des homogenen Protoplasma, 
dentet sie aber nicht als eine künftige primäre Hülle, sondern als 
eine Anlage für das künftige Blastoderm. 

Bessere Tatsachen haben wir für die andern Malacostraken, be- 
sonders für Macruren und Arthrostraken, von denen ziemlich viele als 
Untersuchungsobjekte gedient haben. 

Wir haben gesehen, daß es schon RATHEE (2) und ERDL (4) waren, 
welche die Eihüllen beim Flußkrebse und dem Hummer um 1829 und 
1843 beschrieben haben. Es dauerte aber noch lange, bis A. DoHRN (15) 
im Jahre 1867 dieses Thema wieder aufgenommen hatte. 

Er beschrieb bei vielen Crustaceen, besonders aber bei Asel- 
lus aquaticus, Seyllarus, Palinurus und Portunus außer der äußeren 
Hülle eine wahre Dottermembran, wie SArs! bei den Isopoden. 

E. van BENEDEN hatte, glaube ich, unrecht, diese Membran mit 
seiner »Blastodermeutieula« oder der Larvenhaut zu vergleichen. Die 
erste von ihnen ist von späteren Forschern nicht nachgewiesen, was 
aber die Larvenhaut beträgt, so differiert dieselbe so sehr von der 
Dottermembran, daß sie mit der letzten nicht zu verwechseln ist, 
und daß sie von Sars wirklich schon im Jahre 1867 gesehen war. 
E. van BENEDEN sieht seine »Blastodermeuticula« bei vielen Crusta- 
ceen, auch bei den höheren Malacostraken, wie bei Orangon (16) 2, 
doch gelingt es den späteren Forschern nicht sie immer zu sehen. 
Es scheint, daß diese Hülle von dem berühmten Forscher mit der 
wahren primären Hülle oder der Dottermembran vielmals ver- 
wechselt ist. 

Bis zum Jahre 1885 habe ich keine Angaben über die Eihüllen 
und deren Entstehung bei höheren Malacostraken gefunden. In 
diesem Jahre erscheint die Untersuchung IsHIkAwAs (39). Der ja- 
panische Forscher beschreibt bei einem macruren Krebse, der Atyephira 


Bike, 
2 16, S. 242, Separatabdruck 8. 13. 


502 Nicolaus v. Zograf, 


compressa de Haan, eine wahre Dottermembran, welche von dem peri- 
pherischen Protoplasma des Eies — unsrer peripherischen Schicht — 
gebildet wird und welche von ihm mit einem indifferenten Namen 
»indifferent name«! primäre Eimembram »primary egg-membrane« 
— unsre primäre Eihülle — benannt wird. Im Oviduet wird durch 
die epithelialen Zellen, welche nach den Zeichnungen von IsHIKAwA? 
sehr an die Zellen der Follikelpedunkeln des Lepidurus productus 
erinnern, eine zweite Membran ausgeschieden, welche IsHIKAwA 
auch ganz indifferent eine sekundäre Membran »secondary egg- 
membran« ? — unsre sekundäre Eihülle — nennt. 

Weitere Forscher, welche die Entstehung und den Bau der Ei- 
hüllen bei den Malacostraken untersuchten, gaben fast dieselben Tat- 
sachen wie IsHIKAwWA, doch deuten sie dieselben nicht immer so, wie 
es IsHIkAwA will. 

So beschreibt CAno (47) bei Homola zwei Eihüllen; er nennt 
die erste Ohorion, während er die äußere von den im Receptaculum 
seminis sich befindenden Zellen, welche er Cementdrüsen »glan- 
dole di cimento«* nennt, bilden läßt. Die letzte Beobachtung scheint 
ganz richtig zu sein, während man an der ersten zweifeln kann, so 
wie an der Richtigkeit der Äußerung, daß zum Schlusse sich eine 
Blastodermhaut bilde — »in ultimo si forma l’involuero interno 
blastodermico«5. Hier fühlt man einen gewissen Einfluß der Autori- 
täten. 

Bumpus (52) bestätigt die Angaben von IsuıkawA auch für den 
Hummer. Hier haben die Eier eine primäre Hülle, welehe von dem 
Secrete der Oviduetzellen mit einer sekundären Hülle bedeckt wird, 
die so dicht an die primäre angelegt wird, daß sie beide zusammen 
eine Kapsel — »capsule«® bilden. PAUL MAYER soll ebensolche Bil- 
dung bei Eupagurus gesehen haben, aber leider konnte ich den Band 
der Jenaer Zeitschrift, n dem diese Arbeit gedruckt ist, wegen seines 
Fehlens in Moskau nicht benutzen. Dieselben Verhältnisse sah 
Bumpus bei Libissia, dem Crangon soll aber die Dotterhaut fehlen. 

HERRICK beschreibt bei demselben amerikanischen Hummer in 
einer Schrift zwei (54), in der andern drei Eihäute (67). Er deutet 
sie aber ganz anders, als Bumpus. Er nennt die äußerste Membran 
eine Anheftungshaut, membrane of attachement”?; sie wird von den 
Cementdrüsen, welche mit denen von CAno beschriebenen identisch 


1 39, S. 403. 2 39, Fig. 15. 3 39, 8. 403. 4 47, 8. 525. 
5 47, S. 526. 6 52, 8. 228. 7 54, S. 134—155. 


Phyllopodenstudien. 503 


sind, ausgeschieden. Diese Tatsache war von LEREBOUILLET im Jahre 
1860 und Braun im Jahre 1875 bestätigt!. Die innere Eihülle wird 
als Chorion gedeutet, und was die innerste betrifft, so sieht sie HER- 
RICK als eine dem Embryo, und nicht dem Eie angehörende Membran 
an. Diese Membran wird bei dem langen Leben des Embryos durch 
ihn absorbiert und ist bei dem Ausschlüpfen des Embryos nicht mehr 
zu sehen. HERRICK benennt diese Membran nicht als Larvenhaut oder 
als primäre, sekundäre oder einen gewissen Namen tragende Hülle, 
gibt ihr aber dieselbe Deutung, welche E. van BENEDEN vielen Ei- 
membranen der Crustaceen gegeben hat; man muß in ihr die »Larven- 
haut« der älteren Autoren sehen. 

WELDoN (65) erwähnt nur eine einzige delikate, transparente 
Hüllmembran bei Orangon, BUTscHInskY (69) verwechselt bei Gebia 
die Nomenclatur, indem er die transparente, elastische und dicke 
Haut, welche sich in einen Stiel fortsetzt, durch den die Eier an die 
abdominalen Extremitäten geheftet sind, Chorion nennt; solche Hülle 
ist ohne Zweifel von den Cementdrüsen gebildet, kann also nicht 
als Chorion, welches von den Follikelzellen abgesondert wird, an- 
sesehen werden. Bei /phinoe findet BurscHinskyY, daß unter den 
ÖOvariumzellen es nicht nur Ei- und Nährzellen gibt, sondern daß 
einige von den Ovariumzellen auch an der Bildung des Chorion An- 
teil nehmen. 

Also auch bei den Decapoden werden die Eihüllen auf zwei 
Weisen gedeutet, indem die einen Verfasser, wie IsmIkAwA und 
Bumpus, die. primäre Hülle als eine Dottermembran ansehen, die 
andern, wie HERRICK und BUTSCHINSKY, sie als Chorion auffassen. 

Am meisten Material für die Eihüllenfrage lieferten die Arthro- 
straceen. Das findet Erklärung in dem Umstande, daß die ersten 
Forscher, welche diese Frage untersuchten, viel Aufmerksamkeit die- 
sen Gruppen schenkten. So untersuchte MEIssnER (8) Isopoden, 
A. DoHrN (15) widmete ihnen viele Seiten, E. van BENEDEN (15) 
. schrieb seine erste Hüllenuntersuchung über Asellus aquaticus, E. 
VAN BENEDEN und Bessers (18) untersuchten meistenteils Amphi- 
poden. 

Wir kennen schon die Ansichten dieser Verfasser. In demselben 
Jahre wie die bekannte Arbeit von E. van BENEDEN und Be&ssEts, 
erschien eine Arbeit, in welcher FrAısse (19) über die Eihaut des 


1 Diese Arbeiten waren mir leider, wie die von PAuL MAYER unzu- 
gänglich. 
Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. 3 


504 | Nicolaus v. Zograf, 


Entoniscus Cavoliniw die Meinung äußert, daß sie als Secretions- 
produkt der Kittdrüsen, welche aber nicht genau beschrieben wer- 
den, entsteht. Fünfzehn Jahre später erscheint eine Arbeit von 
Craus, den Tanaiden gewidmet (33), in welcher der Wiener Forscher 
bei Apseudes Latreillü Edw. zwei Eihüllen findet, von denen die 
eine aus der Epithelialbekleidung des Eies im Eierstocke entsteht, 
also als Chorion im Sinne E. van BENEDENs angesehen werden soll, 
der aber »eine zarte, aus dem Dotter ausgeschiedene Dottermembran 
anliegt<!. In demselben Jahre beschreibt NegEsky (36) eine feine 
Dottermembran bei den sich im Ovarium befindenden Eiern von 
Örchestia und Corophrum, aber eine zweite, sekundäre Membran hat 
dieser Forscher nicht beschrieben, obgleich man bei den Amphipoden 
der Adria dieselben »Zellplatten, welche sich zwischen die einzelnen 
Eier einschieben und sie zum Teil voneinander separieren« ?, wie sie 
bei Asellus aquaticus von E. VAN BENEDEN beschrieben sind, be- 
obachtet. Es ist wahrscheinlich, daß wir auch hier ein Chorion 
haben. 

Warz (38) findet bei Phryxus abdominalis und weiter auch bei 
Bopyrus squilarum eine gut ausgebildete Dotterhaut, welche »un- 
zweifelhaft als ein Produkt des Protoplasmas des Eies anzusehen «3 ist. 

Frau RosSIJSKAIA-KOSCHEWNIKOWA und Frau KATHERINE WAGNER 
(45, 57 und 78), welche sich mit der Embryologie der pontischen 
Amphipoden beschäftigten, halten die einzige, das Ei von Orchestia 
und Caprella bedeckende Membran für ein Chorion (45); allein sie 
erwähnen sie entweder gar nicht, obgleich sie in den Abbildungen 
gezeichnet ist (78) oder geben ihr gar keinen Namen, wie bei Sunam- 
phitöe valida (45), oder sagen endlich, wie es Frau ROosSIJsKAIA- 
KOSCHEWNIKOWA macht, daß es zwei Membranen an dem Eie von 
Gammarus pulex gibt, eine Dottermembran und eine Embryomem- 
bran. Man sieht hier keine begründete Meinung, und es scheint 
sicher, daß diesen Verfassern die embryologische Terminologie nicht 
ganz klar war, da die Frau RossiJssKAIA-KOSCHEWNIKOWA die Dotter- 
membran Chorion nennt, indem sie schreibt*: »la membrane vitelline 
(chorion) du @. pulex est parfaitement homogene, de m&me que pour 
tous les autres amphipodes, de sorte que le ‚micropyle du chorion‘, 
mentionne par moi chez l’Orchestia et la Sunamphitoe, ne peut Etre 
autre chose que la coupe d’un pli de la membrane vitelline contracte 


par l’effet de la preparation .. .< 


1 33, 8. 60 (198). 2736, 8. 29139): 3 38, 8. 45 (169). 4 78, 8.4, 


Phyllopodenstudien. | 505 


MacMurricH,- welcher im Jahre 1892 bei dem Isopoden Jaera 
nur ein Hüllenchorion fand (64), beschreibt 1894 bei demselben Tiere 
zwei Hüllen (70), wie es schon vor zwanzig Jahren für Oniseus murarius 
BOBRETZKY (22) gezeigt hatte. 

Dieser gründliche Verfasser gibt einen Beweis, daß wir es bei 
Jaera wirklich mit einem Chorion und einer primären Hülle, der 
Dotterhaut, zu tun haben, indem: er solche Eier gefunden hat, wo die 
Riehtungskörperchen zwischen den zwei Hüllen liegen, was beweist, 
daß die innere, primäre Hülle vom Eie selbst und nach dem Abstoßen 
der Richtungskörperchen abgeschieden wird. 

In einer kritisch-historischen Übersicht sagt mern daß 
den Crustaceen ein Chorion immer zukommt, daß es nur Ausnahmen 
sind, wenn, wie bei Moina und Cetochilus die Eier sich mit einer 
Dotterhant Einen, 

In gewissem Sinne hat er Recht, nur muß er die Hüllen nicht 
als Dotterhaut und Chorion bezeichnen, sondern sie, wie es ISHIKAWA 
macht, als primäre und sekundäre Hüllen deuten oder, wie ich es 
vorschlage, als primäre, vom Ei abgesonderte, sekundäre — in den 
Genitalorganen entstandene, und tertiäre — von speziellen Organen 
ausgeschiedene Hüllen benennen. 

Spätere Verfasser, wie GARBOWSKY (77), ROULE (79) oder Miss 
LANGENBECK (81) bringen keine neuen Tatsachen zur Entscheidung 
der Frage über die Eihüllen der Crustaceen. 

Wenn wir jetzt fragen, wie es zur Zeit mit der Frage über den 
Bau und die Entstehung der Eihüllen bei Crustaceen steht, so kommen 
wir zu folgenden Schlüssen. Wir sehen bei vielen Crustaceen drei 
Arten von Hüllen der Eier — eine primäre Hülle, eine sekundäre 
und eine tertiäre. 

Die primäre Hülle findet sich unter den Phyllopoden bei Chiro- 
cephalus, Streptocephalus, Artemia, Apus, Lepidurus, Limnetis, Esthe- 
ra, Leptestheria;, unter den Cladoceren bei Moina, Daphnia similis 
und andern Daphnoiden. Unter den freilebenden Copepoden be- 
gegnen wir der primären Eihülle bei Cetochilus und Cyelops und bei 
den Notodelphyiden nach GIESBRECHT, während List bei den Gastro- 
delphyiden eine sekundäre Hülle erwähnt, PEDASCHENKOo ihre Exi- 
stenz, sowie die andrer Hüllen leugnet, und SCHIMKEWITSCH sie 
aur zeiehnet, aber nicht beschreibt. Danach sehen wir, daß hier die 
Frage noch unentschieden bleibt, wenn schon ihre Existenz von so 
einem tüchtigen Forscher wie GIESBRECHT bestätigt wird. Bei den 
Ostracoden war die Frage über die Existenz der primären Hülle noch 

39* 


506 | Nicolaus v. Zograf, 


gar nicht aufgeworfen. Bei den Cirrhipedien beschreiben alle Beob- 
achter eine primäre Hülle. 

Danach ist bei dem größten Teile der Einsom oki in der 
Regel eine primäre Eihülle vorhanden. 

Bei den höheren Crustaceen steht die Frage unentschiedener. 
Auch hier treffen wir viele Forscher, welche die primäre Hülle der 
Eier anerkennen, und zwar sind es Forscher der neueren Zeit, wie 
IstikAwA, Bumpus, MAcMurricH, während andre ihre Existenz 
leugnen. 

Vermutlich wird man bei gründlicheren Untersuebungen auch 
bei diesen Krebstieren diese Hülle finden, wie sie von Macruren, 
Brachyuren und Arthrostraceen beschrieben ist: 

Ich meine, daß diese primäre Eihülle bei allen Crustaceen sich 
finden wird, und daß wir es hier nicht mit den speziellen Stimula- 
tionen des Protoplasmas — »stimulation of the protoplasma« (70), 
wie es MacMurricH will, zu tun haben, obgleich HERBST gezeigt 
hat, daß, wie es MAcMurrich beschreibt!, einige chemische Reize, 
wie die von Benzol, Toluol oder Xylol eine Art Dottermembran an 
der Außenfläche der Zelle bilden. Ich bin weit entfernt, die Tätig- 
keit innerer chemischer Reize zu leugnen, doch glaube ich, daß 
wir hier ‘die Frage nicht so scharf zu stellen haben, wie es Mac 
MurricH will, und daß bei weiteren, gründlichen Untersuchungen 
wir die primäre Eihülle, die Dottermembran, bei noch sehr vielen 
Crustaceen finden : und ihr Vorieandensen: all die Regel ansehen 
werden. 

Was die andern Eihüllen betrifft, so finden wir nur wenige 
Crustaceen ohne sekundäre und tertiäre Eihüllen. Es sind solche 
Formen, deren Eier ganz frei im Planeton schwimmen, wie bei 
einzelnen Copepoden, oder die in Säcken mitgeschleppt werden, wie 
bei andern Copepodenformen, oder in Bruträume gelegt werden, wie 
bei den Cladoceren, den Cirripedien, mit einem Worte, solche For- 
men, deren Eier einen guten Schutz haben oder die frei in unge- 
heuren Massen von Wasser schwimmen. { 

Ganz anders steht die Sache bei andern Crustaceen-Formen. 
Hier sehen wir meistenteils äußere Eihüllen. Wenn wir dann, z. B. 
bei einigen Isopoden oder Amphipoden, Eier mit einer dünnen Ei- 
hülle untersuchen, so finden wir meistens auch eine zweite dünne 
Hülle. Wir können aber auch die Abwesenheit der äußeren oder 


170, 8. 70. 


Phyllopodenstudien. 507 


‘der inneren Hülle verstehen, da bei diesen Tieren die Eier in die 
'Bruttaschen gelangen, wo sie gut geschützt sind und wo die sich 
entwickelnden Embryonen bis zur definitiven Bildung bleiben. Hier 
-sind die doppelten Hüllen selbst nachteilig, und wenn solche er- 
scheinen, so sind es Resultate von Erbeinflüssen, da die Arthrostra- 
ceen aller Wahrscheinlichkeit nach von stomatopodenartigen Vor- 
fahren abstammen. 

Die äußeren Hüllen zeigen ungleiche Zustände. Sie erscheinen 
entweder, wie bei den die Eier unter dem Schwanze tragenden 
Decapoden als sehr feste Häute, selbst Kapseln, welche das Ei 
‚mehr vor mechanischen als Schädigungen andrer Art schützen, oder 
es sind spezielle Einrichtungen zum Ertragen der Kälte, Hitze, der 
Austroeknung oder des Verweilen in aufschmelzenden Gewässern. 
Hier begegnen wir einem fast identischen Bau bei Tieren, deren 
Schalen vom Oviductepithel (Ostracoden), vom Epithel der Follikel- 
pedunkel (Apodiden) oder von speziellen Eihüllendrüsen (Cherocepha- 
lus diaphanus) gebildet werden. Da haben wir ein gutes Beispiel des 
Parallelismus zwischen Bauarten von verschiedener Entstehung. 


4. Hermaphroditismus beim Männchen von Lepidurus productus. 


Ich hatte zweimal’ Gelegenheit gehabt, die Männchen von Lepr- 
durus productus zu untersuchen. Das erste Mal habe ich ein Männchen 
in einer großen Zahl von weiblichen Exemplaren, einigen hunderten, 
gefunden. Die Tiere waren im April 1876 in den Rinnen und Pfützen 
der Gemüsegärten von Butyrki, einer Vorstadt Moskaus, gefangen, 
wo sie so zahlreich waren, daß von ihnen selbst die Rinnen, welche 
von den Rädern der Wagen auf den ungepflasterten Wegen stammten, 
gefüllt waren. Seitdem verschwanden die Tiere aus dieser Gegend 
vollständig, da die Gemüsegärten Häusern und Straßen Platz gemacht 
haben. 

Die Tiere hatten seit 25 Jahren in Spiritus gelegen, waren 
schlecht konserviert und gelangten erst im Jahre 1901 in meine Hände. 
Das Männchen zeigte gut geformte acinöse Hoden mit Sperma gefüllt 
und stellte nichts Hervorragendes vor. 

Das andre Exemplar war mir Mitte Mai 1906 vom Studenten 
Bo@DAn LipinskY geliefert, welcher drei Exemplare Lepidurus pro- 
ductus bei Nemtschinowka, einer Eisenbahnstation der Moskau-Brester 
Eisenbahn, etwa zwölf Kilometer von Moskau entfernt, gefangen hatte. 
Die Tiere schwammen in einer fast vollständig ausgetrockneten Pfütze, 
die schon nach zwei Tagen ganz ausgetrocknet war. ne 


508 | Nicolaus v. Zograf, 


Ich hatte die Tiere nicht näher angesehen und opferte sie für 
die Herstellung von Schnittserien. Ich warf die Exemplare in die 
Gemische von FLEMMING, TELLYESNITZKY und ZENKER und zerlegte 
das erste Exemplar in Querschnitte, das zweite in frontale Längs- 
schnitte, das dritte in sagittale Längsschnitte. Die Schnitte waren 
dick, zwischen 10 und 15 «; die Serien waren vollständig, fast ohne 
Verlust eines einzigen Schnittes angefertigt. 

Beim Betrachten der Schnitte im Mikroskop erwies sich das 
in ZENKERS Flüssigkeit fixierte Exemplar als ein Männchen, das 
letzte beim näheren Studieren als ein Hermaphrodit. 

Die Hoden sind seit KozuBowsKY (9), welcher zuerst die Männ- 
chen von Apodiden gesehen hat, ihrer äußeren Form nach gut be- 
kannt; ich habe außer den Angaben von BERNARD (53, 98, 75) keine 
neueren Beschreibungen von ihnen gefunden. 

Sie bestehen aus einem Kanal, dem an der dorsalen und lateralen, 
selten auch an der ventralen und dorsalen Wand viele Ästehen an- 
sitzen. Die letzten zerteilen sich in zahlreiche, ziemlich weite 
Endzweige acinösen Charakters. Die regelmäßig kugeligen oder 
länglich-ovalen Endzweige sind ziemlich groß, sie messen nämlich 
im Durchmesser zwischen 0,13 und 0,21 mm und ihre Wände zeigen 
eine Dicke von etwa 0,01 mm. 

Die Ductus ejaculatorü sind sehr dick, wenn sie von dem sie 
füllenden Sperma blasenartig angeschwellt sind. Sie messen dann 
im Durchschnitt ungefähr 0,4 mm, während ihr nicht angeschwellter, 
von den sphincterartig wirkenden Muskeln geschlossener Endabschnitt 
zehnmal so eng erscheint, mit 0,04 mm breitem Durchmesser. 

Den Eindruck, welchen ein Schnitt durch die Hoden bei nicht 
starken Vergrößerungen (etwa 100 mal) macht, kann man an unsrer 
Figur 42 der Tafel XXIII wahrnehmen. Bei beiden von mir unter- 
suchten Exemplaren waren die Hodenwände mit einem Epithel, 
welches schon ganz von Spermien gefüllt erschien, bekleidet (Taf. XXII, 
Fig. 42, 45, 49 Tw). An manchen Stellen traten von der Wand 
ins Innere des Hodens einzelne, etwa 0,002 mm messende Grup- 
pen von Spermien, welche sehr eng zusammenhingen. Ich meine, 
daß es Spermatocyten sind, welche die Spermien bilden (Tai. XXIII, 
Fig. 49 spe). Solche Spermiengruppen wurden in einzelnen Stellen 
der Hoden, besonders in den kleineren, engeren Acini ziemlich 
oft gefunden, während man sie im centralen Kanale des Hodens 
(Taf. XXIII, Fig. 42 e.ac.test) fast niemals findet. Wenn es wirklich 
Spermatocyten sind, so ist ihr Fehlen im Centralteile des Hodens, 


Phyllopodenstudien. 509 


welcher als Sammelbassin des reifen Spermas anzusehen ist, ganz 
verständlich. 

Die Spermien selbst erscheinen als winzige kreisrunde, scheiben- 
artige Körperchen (Taf. XXIII, Fig. 49 sp). Ich gebe keine nähere 
Beschreibung dieser Elemente, da meine Schnitte zu dick waren 
und ich sie im nicht konservierten, frischen Zustande nicht gesehen 
habe. Ihre Größe schwankt zwischen 0,0002 und 0,0004 mm und 
in ihrem Innern unterscheidet man selbst bei mittelgroßen Vergröße- 
rungen einen sehr kleinen, sich sehr lebhaft färbenden Kern. Solche 
Kerne erkennt man selbst an den bei der Vergrößerung von 260 mal 
aufgenommenen Photographien, welche zur Herstellung der Abbil- 
dungen 43 und 49 der Tafel XXIII dienten. 

- Ich kann nichts zu dem, was F. BRAUER über die Verschieden- 
heiten im äußeren Bau zwischen den Männchen und Weibchen von 
Lepidurus productus schreibt (23), hinzufügen, und bestätige seine 
Angaben, daß bei Zepidurus die Männchen nicht kleiner, sondern 
größer als die Weibchen sind, und daß dieser Unterschied auch ande- 
ren Phyllopoden eigen ist. So sind bei ZLeptestheria siligqua die Männ- 
chen fast zweimal so groß wie die Weibchen, auch bei Cherocephalus 
Josephinae, carnuntanus, diaphanus, bei Streptocephalus auritus und 
Branchipodopsis affıinıs sind die Männchen größer und kräftiger ge- 
baut als die Weibchen, und dieses Verhalten scheint sich bei den 
Phyllopoden als die Regel zu erweisen. 

Auch sind die Männchen der Phyllopoden, welche ich im Leben 
untersuchen konnte, viel lebhafter als die Weibchen, was man auch 
nach den von F. BRAUER publizierten Angaben über die Männchen 
von Leptdurus productus erwarten konnte. 

Leider kann ich gar nichts über die Lebensweise und den 
äußeren Bau der mir vom Studenten BoGpAan LirinskY gebrachten 
Männchen von Lepidurus sagen. Ich wiederhole, daß das Exemplar 
ohne näheres Betrachten fixiert, konserviert, eingeschmolzen, tingiert 
war, und nur das Studium der Schnitte mich lehrte, daß ich es hier 
mit einem Männchen zu tun hatte. 

Wenn man sich erinnert, daß v. SteBoLD, F. BRAUER und andre 
Forscher tausende von Exemplaren von Apus durchgesehen haben, 
ohne Männchen zu finden, daß Kozupowsky (9), welcher das Glück 
hatte, die Männchen von Apus caneriformis im Juli zu finden, unter 
den 160 Exemplaren nur 16 Männchen traf, so versteht man wohl, 
warum ich die Tiere ohne nähere Betrachtung in Schnitte zerlegt 
habe. — Ich hatte dabei einen wichtigen Umstand nicht ins Auge 


510 Nicolaus v. Zograf, 


gefaßt. Das Frühjahr, sowie der Sommer des Jahres 1906 war in 
Centralrußland so ungemein heiß, daß alle phänologischen Erschei- 
nungen um drei bis vier Wochen früher beobachtet wurden, als es 
gewöhnlich der Fall ist. — Da die Männchen von Apus und Lepi- 
durus nach den Angaben von KozuBowskY und BRAUER in einer 
späteren Zeit vorkommen, so wären die Verhältnisse der Wasser- 
pfützen im Mai 1906 in der Umgegend von Moskau vielleicht als 
solche aus der Mitte Juni anzusehen gewesen, und so konnte man 
auch bei den Apodiden Männchen zu finden erwarten. 

Schon bei kleineren Vergrößerungen, wie z. B. von 30mal, 
konnte ich in den Hoden des zweiten Tieres, sowohl in den Acini, 
als auch im Centralkanale sparsam zerstreute, mit BOEHMERs Häma- 
toxylin sich sehr lebhaft färbende Zellengruppen (Taf. XXIII, Fig. 42 
und 49 fl.test) beobachten. 

Diese Zellengruppen, von denen ich in den beiden Hoden 29 
zählen konnte, waren sehr groß, ihre Durchmesser schwankten zwischen 
0,09 und 0,04 mm und näherten sich sehr den Größen der Eifollikel 
bei den Weibchen, deren Follikeldurchmesser zwischen 0,127 und 
0,18 mm schwankt. 

Die Zellengruppen bestanden immer aus vier Zellen, was man an 
einigen Schnitten sehr gut wahrnehmen konnte (Taf. XXIII, Fig. 43). 
Eine der Zellen zeigte den scharf ausgesprochenen Charakter einer 
Eizelle, die drei übrigen den der Nährzellen. 

Der Kern der ersten Zelle (Taf. XXIII, Fig. 45 0.x) enthielt zwei 
größere Kernkörperchen, was man bei den Eizellen von Lepedurus 
productus am häufigsten beobachtet; auch waren in seiner Flüssig- 
keit kleinere Chromatinpartikel zerstreut. Selbst die Größe des Kern- 
durchschnittes (0,00165 mm gegen 0,0016 der Fig. 20, Taf. XXII und 
0,0019 der Fig. 52, Taf. XXIII) ist fast dieselbe, wie bei den wahren 
Eizellen des Eierstockes. 

Dasselbe können wir auch über die Nährzellen sagen. Man ver- 
gleiche nur unter sich die Figuren 54 und 45 der Tafel XXIII. 

Wir haben hier also wahre weibliche Geschlechtsprodukte in 
den Hoden des Lepidurus productus. Aber die Geschlechtsprodukte 
kommen nicht zur Funktion. Sie erfahren keine geschlechtliche 
Reife. | 

Sowohl die Kerne der Eizellen (Taf. XXII, Fig. 45), als auch die 
der Nährzellen (Taf. XXIII, Fig. 42, 49, nx), erleiden einige Prozesse, 
welche als Degenerationserscheinungen gedeutet werden können. 

Ihr Inhalt wird nämlich blasig, also werden sie von Flüssigkeit 


Phyllopodenstudien. 511 


gefüllt, die Chromatinpartikel werden weniger scharf konturiert, als 
‚ob sie zu zerfließen anfingen, die an den noch nicht degenerierenden 
Follikeln stark ausgesprochenen Kernmembranen (Taf. XXI, Fig. 43) 
verschwinden. 

Diese blasenartige oder vacuolenartige Degenerierung findet nicht 
nur in den Kernen statt, man beobachtet sie auch in dem Protoplasma, 
zuerst in der unmittelbaren Nachbarschaft der Kerne, später auch an 
andern Orten der, Zelle. 

Es ist wohl sicher, daß diese Follikel vollständig degenerieren; 
doch hatte ich keine Gelegenheit noch andre hermaphroditische Männ- 
chen von Lepidurus zu untersuchen. 

Wir kennen viele Beispiele vom Hermaphroditismus bei den 
Crustaceen. So wissen wir seit lange, daß die Cirripedien herma- 
phroditisch sind. Später machten BuLLAR und PAuL MAYER, sowie 
auch LEICHMAnN Angaben über den Hermaphroditismus bei den 
Isopoden, besonders den parasitischen!. Bei den Cirripedien sind 
es aber Individuen, die als Weibchen mit den Formen des getrenn- 
ten Geschlechts, welche als Hermaphroditen erscheinen, dasselbe 
kann man auch von den Isopoden sagen. Hier sind also auch die 
weiblich gestalteten Exemplare hermaphroditisch. 

Aber auch bei männlich gestalteten Crustaceen findet Hermaphro- 
‘ ditismus statt. Es sind nämlich Orchestia zwischen den Amphipoden 
(36), Gebia zwischen den Decapoden (55), und nun treffen wir den 
Lepidurus als Repräsentanten der Phyllopoden. 

Schon vor Jahren schrieb Kurz?, daß man bei den Daphniden, 
wenn man auf natürlichem Wege oder künstlich die von ihnen be- 
völkerten Wasserbehälter austrockret, Männchen findet, von denen 
einige Spuren von Hermaphroditismus zeigen. 

BERNARD (53, 58 und 75) hat eingehende Untersuchungen dem 
Hermaphroditismus bei Apodiden gewidmet. Er fand aber herma- 
phroditische Weibchen bei Lepidurus glacialiıs, sowie bei andern 
Apodiden. Seine Beschreibungen aber erweckten bei einigen Zoo- 
logen, hauptsächlich englischen, z. B. bei BEnHAMm (74) Zweifel, und 
da die Zeichnungen von BERNARD vieles zu wünschen lassen, so 
bleiben diese Zweifel noch bis zu unsrer Zeit. Meiner Meinung nach 
hat er vollkommen mit Recht in vielen Fällen, wenn auch nicht in 
allen, in seinen Präparaten Spermien gesehen. Ich glaube, daß wir 

{ Wir finden bei BERNARD (75) die vollständige Literatur dieser Frage. 


2 Kurz, Über androgyne Mißbildung bei Cladoceren. Sitzungsbericht der 
Wiener Akademie. LXIX. 1. Abth. 1874. 


512 Nicolaus v. Zograf, 


baldigst Beweise für Hermaphroditismus bei Weibchen der Apodiden 
bekommen werden, obgleich ich selbst, trotz aller Bemühungen, zwi- 
schen den mir zur Untersuchung dienenden zahlreichen Tieren keinen 
hermaphroditischen Weibchen begegnet bin. 

Danach bestehen bei den Crustaceen, außer dem einseitigen 
pathologischen Hermaphroditismus, wie ihn LAVALETTE ST. GEORGES! 
beschrieben hat, folgende Formen des wahren Hermaphroditismus, 
d. h. solehen, wo der Hermaphroditismus als normale Erscheinung 
existiert, oder wo zwischen den Geschlechtselementen eines Ge- 
schlechts andre Geschlechtselemente vorkommen: 

1. Crustaceen mit hermaphroditischen Weibchen (Cirripedien, 

einige Isopoden). 


2. Crustaceen mit hermaphroditischen Männchen — ÖOrckestia, 
Gebia. 

3. Crustaceen mit hermaphroditischen Männchen und Weibchen — 
Apodidae. 


Wenn wir bei den ersten einen physiologischen Hermaphroditis- 
mus finden, insofern als die Geschlechtsdrüsen vollständig funktionieren, 
bleibt es fraglich, ob hermaphroditische Männchen als physiologische 
Hermaphroditen angesehen werden können. Bei den Amphipoden 
gelangen nach NEBESKY (36) die weiblichen Elemente nicht zur Reife, 
für Gebia finde ich bei IsmIkAwA (95) keine Angaben über die Reife 
der weiblichen Produkte, was aber meinen Fall von Hermaphroditis- 
mus des Männchens von Zepidurus productus betrifft, so bleibt auch 
hier die volle Reife der weiblichen Geschlechtsprodukte aus. 

Wir können also sagen, daß Hermaphroditismus der Männchen 
bei den Crustaceen potentiell erscheint, während er bei den Weibchen 
nach dem, was wir für Cirripedien, Isopoden und, nach den Angaben 
von BERNARD, auch für Apodiden kennen, ein wahrer, physiologisch 
funktionierender ist. 

Was ist denn die Ursache solches potentiellen Hermaphro- 
ditismus? Ich glaube sagen zu können, daß es eine mütterliche 
Erbschaft ist, wobei die Männchen von Lepedurus, einer Gattung, in 
der die Weibehen so ungemein zahlreich gegenüber den Männchen 
erscheinen, von denselben auch die Fähigkeit zur Eibildung geerbt 
haben. Ferner glaube ich, daß die mütterlichen Geschlechtsorgane, 
als Organe einer weniger differenzierten und mehr produzierenden 
Stase, leichter als die männlichen zu vererben sind. 


! LA VALETTE SAINT GEORGES, Innere Zwitterbildung beim Flußkrebs. 
Arch. für mikrosk. Anatomie. Bd. XXXIX. 189. 


Phyllopodenstudien. 5183 


Von Bedeutung ist es, daß, wie es Kurz! zeigt und wie es für 
einige Tiergruppen, wie z. B. die Rotatorien, seit lange bekannt ist, 
sich sowohl Männchen als auch männliche Hermaphroditen bei mangel- 
haften Lebensbedingungen bilden. Das gilt auch vielleicht für die 
Crustaceen. Mein Fall von ZLepidurus-Männchen war in solchen Be- 
dingungen gefunden. 

Wie wir sehen, liegt hier ein weites Feld zu experimentellen 
Untersuchungen, welche, an den leichter sich dem Experimente unter- 
werfenden Formen, z. B. den Cladoceren, gemacht werden können und 
die uns vielleicht die Ursache eines solchen Hermaphroditismus der 
Männchen erklären werden. 


Mytniki bei Rusa (Gouvern. Moskau), den 6. August (23. Juli) 1906. 


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® 


n 


UT. ce. = 


514 


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20. 


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76. 


1. 


78. 
2: 
80. 
8. 
82. 
83. 
= 


85. 


86. 
87. 
88. 


89. 


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518 


Nicolaus v. Zograf, 


Erklärung der Abbildungen, 


Buchstabenerklärung: 


ac.test, Acini des Testiculus; 

as, äußere Schicht der Eihülle; 

ble, Blastocöl; 

biz, Blastulazellen; 

c.ac.tes', centraler Teil des Testieulus; 

cjt.pd, Bindegewebemembran des Fol- 
likelpeduneulus; 

dk, Dotterkörnchen ; 

drg, Eihüllendrüsen; 

drk, Drüsenzellenkerne; 

dr.od, Oviductdrüsenzellen ; 

dt, Dotter; 

d.v, Dottervacuolen; 

dxg, Drüsenzellengänge; 

dxh, Eihüllendrüsenzellen ; 

ehp, Partikeln des Eihüllensecretes; 

ei, Ei; 

eik, Eikern; 

ep.od, Epithel des Oviductus; 

ep.ov, Epithel des Ovarium; 

es, Eisack (Eitasche); 

esw, Eisackwand; 

eswe, Eisackwandepithel; 

ex, Extremität; 

ex.1l, Wand der Extremität des elften 
Paares; 

fl, Follikel; 

fl.ep, Follikelepithel; 

fl.test, Follikel im Testiculus; 

gr.st, Grenzstreifen zwischen der peri- 
pherischen Zone des Eies und dem 


int, Darm; 

ts, innere Schicht der Eihülle; 

kh, Kernhülle; 

kl, Keimlager; 

ks, Kernspindel; 

kw, Körperwand; 

m.ex, Extremitätenmuskeln ; 

m.l und !m, Längsmuskeln; 

ms, mittlere Schicht der Eihülle; 

n%, Nährzellen; 

nx', eingeschluckte Nährzellen; 

nr, Nährzellenreste; 

o, indifferente Zellen des Eierstockes; 

od, Eileiter; 

od’, Aussackungen des Eileiters; 

o.k, Eileiterpolster; 

ov, Ovarium; 

oz, Eizelle; 

pd, Follikelpedunculus; 

pd.x, Zellen des Follikelpedunculus; 

pd.x.ex, Exeret der Zellen des Follikel- 
pedunculus; 

p-h, primäre Eihülle; 

p%, peripherische Zone des Eies; 

qm, Quermuskeln; 

s.h, sekundäre Eihülle; 

sl.h, Schleimhülle;; 

sm, Sarcolemm; 

sp, Spermien; 

spec, Spermatocyte; 

ss, Stäbehensaum des Darmepithels; 


Dotter; test, Testiculus; 
hp, Poren der Eihülle; T.w, Wand des Testiculus; 
hx, Herz; xl, Zellenreihen des Eierstockes. 
Tafel XXI 
Fig. 1. Querschnitt durch das hinterste Ende des Eierstockes von Ohiro- 


cephalus Josephinae Gr. Vergr. etwa 260/1. FrLemm. Flüss., Safranin. 

Fig. 2. Querschnitt des Eierstockes von Chirocephalus Josephinae, unge- 
fähr 1,5 mm vor dem hintersten Ende. Vergr. und Behandlung wie Fig. 1. 

Fig. 3. Querschnitt des mittleren Teiles des Eierstockes von Chirocephalus 
Josephinae. Vergr. und Behandl. wie Fig. 1 und 2. 

Fig. 4. Querschnitt des Eierstockes von Chirocephalus Josephinae, unge- 
fähr 0,75 mm vor dem hintersten Ende. Vergr. und Behandl. wie Fig. 1. 


Phyllopodenstudien. | 91:9 


Fig. 5. Querschnitt durch Ohirocephalus Josephinae im Niveau der Ein- 
mündung der Eileiter in den Eisack. FLEMM. Gem., Safranin. Vergr. 30/1. 

Fig. 6. Querschnitt des vordersten Teiles des Eierstockes von Chirocepha- 
lus Josephinae. Vergr. und Behandl. wie Fig. 1. 

Fig. 7. Querschnitt des Eierstockes von Ohirocephalus Josephinae, ungefähr 
0,3 mm vor dem hintersten Ende. Vergr. und Behandl. wie Fig. 1. 

Fig. 8. Teil eines Schnittes durch das Ei von Chirocephalus Josephinae. 
ZENKERS Gemisch, BÖHMERS Hämatoxylin. Vergr. etwa 350/1. 

Fig. 9. Querschnitt des Eierstockes von Chirocephalus Josephinae im vor- 
deren Dritteil. FLemm. Gem., Safranin. Vergr. etwa 260/1. 

Fig. 10. Schnitt durch ein Ei von Chirocephalus Josephinae im Morula- 
stadium. ApArays Sublimat, EHRLICH-BIONDI-HEIDENHAINS Dreifarbengemisch. 
Vergr. 260/1. 

Fig. 11. Vier Zellen der Eihüllendrüse von Ohirocephalus Josephinae:- 
ZENKERS Gemisch, BÖHMERS Hämatoxylin. Vergr. etwa 260/1. 

Fig. 12. Teil eines Schnittes durch den Eierstock von Chirocephalus Jose- 
phinae. GıLsons Sublimat, BÖHMERs Hämatoxylin. Vergr. etwa 260/1. 

Fig. 13. Querschnitt des Eierstockes von Chirocephalus Josephinae mit 
einem pathologisch deformierten Ei. FLEMM. Gem., Safranin. Vergr. etwa 260/1. 

Fig. 14. Schnitt durch ein in den Eisack eingetretenes, aber von den Ei- 
hüllen noch unvollständig bekleidetes Ei von Chirocephalus Josephinae. FLEMMINGS 
Gemisch, Safranin. Vergr. etwa 260/1. 

Fig. 15. Schnitt durch ein Ei von Chirocephalus Josephinae im Blastula- 
stadium. ZENKERS Gemisch, HEIDENHAINs Eisenhämatoxylin. Vergr. etwa 260/1. 

Fig. 16. Schnitt durch ein Ei von Chirocephalus Josephinae im Blastula- 
stadium. Osmiumsäure mit Holzessig reduziert. Vergr. etwa 260/1. 


Tafel XXTII. 


Fig. 17. Querschnitt des Eierstockes von Chirocephalus Josephinae im vor- 
deren Dritteil. FLEMMInGs Gemisch, Safranin. Vergr. etwa 260/1. 

Fig. 18. Teil eines Längsschnittes durch den Eierstock von Chirocephalus 
Josephinae. ZENKERS Gemisch, BÖHMERs Hämatoxylin. Vergr. etwa 260/1. 

Fig. 19. Schnitt durch ein aus dem Eileiter in den Brutraum austretendes 
Ei von Lepidurus produetus. TELLYESNITZKYS Gemisch, BÖHMERs Hämatoxylin. 
Vergr. etwa 260/1. 

Fig. 20. Längsschnitt des Eifollikels von Lepidurus produetus. FLEMM. 
Gemisch, Safranin. Vergr. etwa 260/1. 

Fig. 21. Schnitt durch zwei Eifollikel von Lepedurus productus. TELLYES- 
NITZKYs Gemisch, BÖHMERs Hämatoxylin. Vergr. etwa 260/1. 

Fig. 22. Teil eines Schnittes durch den Eierstock von Ohirocephalus Jose- 
phinae. GiLsons Sublimat, BÖHMERs Hämatoxylin. Vergr. etwa 260/1. 

Fig. 23. Längsschnitt durch einen fortgeschrittenen Eifollikel von Lepidurus 
productus. TELLYESNITZKYS Gemisch, BöÖHMERs Hämatoxylin. Vergr. etwa 206/1. 

Fig. 24. Querschnitt durch ein aus dem Follikel ausgetretenes Ei von 
Lepidurus productus. Alkohol, EHRLICH-BIONDI-HEIDENHAINS Dreifarbengemisch. 
Vergr. etwa 260/1. 

Fig. 25. Teil eines Querschnittes durch den Eierstock von Ohrrocephalus 
Josephinae. GıILsoNs Sublimat, BÖHMERsS Hämatoxylin. Vergr. etwa 260/1. 

Fig. 26. Längsschnitt durch einen etwas mehr als den auf der Fig. 25 

Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. i 34 


520 Nicolaus v. Zograf, 


abgebildeten entwickelten Eifollikel von Lepidurus productus. Alkohol, BÖHMERS 
Hämatoxylin. Vergr. etwa 260/1. 

Fig. 27. Teil eines Schnittes durch das im Follikelpeduneulus befind- 
liche Ei von Lepidurus productus. Alkohol, BÖHMERsS Hämatoxylin. Vergr. 
etwa 260/1. 

Fig. 28. Schnitt durch den Eierstock von Chzrocephalus Josephinae. GILSONS 
Sublimat, BÖHMERs Hämatoxylin. Vergr. etwa 260/1. 

Fig. 29. Schnitt durch ein reifendes Ei von Chirocephalus Josephinae. 
ZENKERsS Gemisch, BÖHMERs Hämatoxylin. Vergr. etwa 260/1. 

Fig. 30. Teil eines Schnittes durch zwei in den Oviduct eingetretene Eier 
von Lepidurus productus. Alkohol, BÖHMERs Hämatoxylin. Vergr. etwa 260/1. 

Fig. 31. Schnitt durch einen Secretklumpen im Eileiter von Lepedurus pro- 
ductus. Alkohol, BöÖHMmErs Hämatoxylin. Vergr. etwa 260/1. 

Fig. 32. Schnitt durch einen Eifollikel von Leprdurus produetus. Alkohol, 
Böunmers Hämatoxylin. Vergr. etwa 260/1. 

Fig. 33. Längsschnitt durch ein zum Austreten aus dem Follikel Pzes 
Ei von Lepidurus productus. TELLYESNITZKYS Gemisch, BÖHMERS Hämatoxylin. 
Vergr. etwa 260/1. 

Fig. 34. Schnitt durch verschiedene Follikelpeduneuli und ein im Follikel- 
pedunculus sich befindendes Ei von Leprdurus productus. 'TELLYESNITZKYS Ge- 
misch, BÖHMERs Hämatoxylin. Vergr. etwa 260/1. 


Tafel XXIII. 


Fig. 35. Schnitt durch zwei sich im distalen Ende des Oviduets befin- 
dende Eier von Lepidurus productus. Alkohol, BÖHMERs Hämatoxylin. Vergr. 
etwa 260/1. 

Fig. 36. Schnitt durch ein zum Austreten aus dem Eileiter fertiges Ei von 
Lepidurus productus. Alkohol, BÖHMERs Hämatoxylin. Vergr. etwa 260/1. 

Fig. 37. Teil eines Schnittes durch einen aufgetriebenen, kein Ei enthal- 
tenden, aber das Eihüllensecret secernierenden Follikelpedunculus von Lepedurus 
productus. TELLYESNITZKYsS Gemisch, BÖHMERS Hämatoxylin. Vergr. etwa 350/1. 

Fig. 38. Längsschnitt durch einen aufgetriebenen, kein Ei enthaltenden, 
aber das Eihüllensecret ausscheidenden Follikelpeduneulus von Zepedurus produc- 
tus. TELLYESNITZKYS Gemisch, BÖHMERs Hämatoxylin. Vergr. etwa 260/1. 

Fig. 39. Längsschnitt durch ein sich in dem Eisack befindendes Ei von 
Ohirocephalus diaphanus im Blastulastadium. Alkohol, BÖHMERs Hämatoxylin. 
Vergr. etwa 260/1. 

Fig. 40. Schnitt durch ein reifes Ei von Limnetis brachyurus. APATHYS 
Sublimat, EHRLICH-BIONDI-HEIDENHAINs Dreifarbengemisch. Vergr. etwa 260/1. 

Fig. 41. Längsschnitt durch einen Eifollikel von Limnetis brachyurus. APA- 
rHYs Sublimat, Boraxkarmin. Vergr. etwa 260/1. - 

Fig. 42. Längsschnitt durch den Hoden von Lepedurus productus. ZENKERS 
Gemisch, BÖHMERs Hämatoxylin. Vergr. etwa 100/1. 

Fig. 45. Schnitt durch einen Eifollikel aus dem Hoden von Lepidurus pro- 
ductus. ZENKERS Gemisch, BÖHMERs Hämatoxylin. Vergr. etwa 260/1. 

Fig. 44. Schnitt durch ein zum Austreten aus dem Eifollikel fertiges Ei 
von Lepidurus productus. Alkohol, EHRLICH-BIONDI-HEIDENHAINS Dreifarben- 
mischung. Vergr. etwa 260/1. 


Fig. 45. Schnitt durch ein sich im Brutraume schon ziemlich lange be- 


Phyllopodenstudien. | 521 


findendes Ei von Lepidurus productus. Alkohol, BÖHMERsS Hämatoxylin. Vergr. 
etwa 260/1. \ 

Fig. 46. Querschnitt durch ein sich in der Nachbarschaft der Einmündung 
des Eierstockes befindendes Ei von Limnetis brachyurus. FLEMMINGsS Gemisch, 
Safranin. Vergr. etwa 260/1. 

Fig. 47. Querschnitt durch ein aus dem Follikelpedunculus eben ausge- 
tretenes Ei von Lepidurus produetus. Alkohol, BÖHMERs Hämatoxylin. Vergr. 
etwa 260/1. 

Fig. 48. Längsschnitt durch einen Eifollikel von Zstheria tetracera. Alko- 
hol, BöHnmers Hämatoxylin. Vergr. etwa 260/1. 

Fig. 49. Schnitt durch den Hoden von Lepedurus productus mit einem 
degenerierenden Eifollikel. ZENKERS Gemisch, BöHMmers Hämatoxylin. Vergr. 
etwa 260/1. 

Fig. 50. Teil eines Schnittes durch die Eihüllendrüse von Streptocephalus 
auritus. Essigsäuresublimat, Bönmers Hämatoxylin. Vergr. etwa 260/1. 

Fig. 51. Schnitt durch ein eben in den Brutraum eingetretenes Ei von 
Lepidurus productus. Alkohol, BÖHMERs Hämatoxylin. Vergr. etwa 260/1. 

Fig. 52. Schnitt durch eine Eizelle von Lepidurus productus. Alkohol, 
BÖHMERs Hämatoxylin. Vergr. etwa 260/1. 

Fig. 53. Schnitt durch ein abgelegtes Ei von Limnetis brachyurus. APATHYS 
Sublimat, EHRLICH-BIONDI-HEIDENHAINS Dreifarbengemisch. Vergr. etwa 260/1. 

Fig. 54. Schnitt durch eine Nährzelle von Lepidurus productus. Alkohol, 
BÖHMERs Hämatoxylin. Vergr. etwa 260/1. 

Fig. 55. Schnitt durch ein abgelegtes Ei von Artemia salina. Osmium mit 
Holzessig reduziert, Dahlia-Violett. Vergr. etwa 260/1. 

Fig. 56. Teil eines Schnittes durch das Ei von Leprdurus productus. Alko- 
hol, BöHMErRs Hämatoxylin. Vergr. etwa 350/1. | 

Fig. 57. Teil eines Schnittes durch die Eihülle von Apus caneriformis 
Alkohol, Hämatoxylin. Vergr. etwa 350/1. 


Tafel XXIV. 


Fig. 58. Querschnitt durch ein Ei von Streptocephalus aurıtus, welches 
einen fertigen Nauplius enthält. ApArHys Sublimat, Hämatoxylin. Vergr. 
etwa 260/1. 

Fig. 59. Querschnitt durch den Eisack von Streptocephalus aurıtus mit 
zwei eben eingetretenen Eiern. ZENKERS Gemisch, Boraxkarmin. Vergr. etwa 
.260/1. 

Fig. 60. Querschnitt durch einen noch leeren Eisack von Streptocephalus 
auritus. ZENKERS Gemisch, BöHMERs Hämatoxylin. Vergr. etwa 260/1. 

Fig. 61. Schnitt durch ein sich im Blastulastadium befindendes Ei von 
Branchipodopsis affınıs, bei welchem die sekundäre Eihülle nicht ausgebildet, 
sondern in Form von feinsten Kügelchen ausgeschieden war. Alkohol, BÖHMERS 
Hämatoxylin. Vergr. etwa 260/1. 

Fig. 62. Längsschnitt durch den Eierstock von Strepiocephalus auritus. 
Essigsäuresublimat, BÖHMERs Hämatoxylin. Vergr. etwa 260/1. 

Fig. 63. Schnitt durch ein Ei von Branchipodopsis affınis, welches von 
den ausgebildeten Eihüllen bedeckt ist. Alkohol, BöHMERs Hämatoxylin. Vergr. 
etwa 260/1. 

Fig. 64. Querschnitt des Ovarium von Chirocephalus carnuntanus Br. 
Alkohol, BÖHMERs Hämatoxylin. Vergr. etwa 260/1. 


34* 


522 | Nicolaus v. Zograf, Phyllopodenstudien. 


Fig. 65. Schnitt durch den Eierstock und den Eileiter von Lömmetis 
brachyurus. APATHYs Sublimat, Boraxkarmin. Vergr. etwa 260/1. 

Fig. 66. Querschnitt durch Dranchipodopsis affınis im Niveau der Aus- 
mündungen der Eileiter in den Eisack. Alkohol, BÖHMErRs Hämatoxylin. Vergr. 
etwa 30/1. 

Fig. 67. Längsschnitt durch den Eierstock von Streptocephalus auritus. 
Essigsäuresublimat, BÖHMERs Hämatoxylin. Vergr. etwa 260/1. 

Fig. 68. Querschnitt durch den Eierstock von Chirocephalus carmumtanus. 
Alkohol, BöHMERs Hämatoxylin. Vergr. etwa 260/1. 

Fig. 69. Zwei zerzupfte Zellen aus dem Eierstock von Sireptocephalus 
auritus. ZENKER£E Gemisch, BÖHMERsS Hämatoxylin. Vergr. etwa 260/1. 

Fig. 70. Teil eines Längsschnittes durch das Ovarium von Streptocephalus 
auriüus. Essigsäuresublimat, BÖHMERs Hämatoxylin. Vergr. etwa 260/1. 

Fig. 71. Querschnitt durch den Eierstock von Daphnia magna. APATHYS 
Sublimat, Hämatein. Vergr. etwa 260/1. 

Fig. 72. Schnitt zweier Zellen aus der Eihüllendrüse von Streptocephalus 
auritus. Essigsäuresublimat. Boraxkarmin. Vergr. etwa 350/1. 

Fig. 75. Schnitt durch ein jüngeres, aber sich schon im Eisacke längere 
Zeit befindendes Ei von St£reptocephalus auritus. APATHYs Sublimat, Hämatein. 
Vergr. etwa 260/1. 

Fig. 74. Längsschnitt durch den Eierstock von Branchipodopsis affınıs. 
Alkohol, BÖHMERs Hämatoxylin. Vergr. etwa 100/1. 


Be 


#9 


Zeitschrift | 


für 


WISSENSCHAFTLICHE ZOOLOGIE 


begründet 


Carl Theodor v. Siebold und Albert v. Kölliker 


herausgegeben von 


Ernst Ehlers 


Professor a. d. Universität zu Göttingen 


Sechsundachtzigster Band 8 


Viertes Heft 


Mit 8 Tafeln und 21 Figuren im Text 


LEIPZIG | 
Verlag von Wilhelm Engelmann 


IM 

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Be, 
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Ausgegeben den 28. Mai 1907 


Inhalt 


Seite 
Paul Fechner, Beiträge zur Kenntnis der Kiemenspaltenbildung der As- 


cidien. (Mit Taf. XXV, XXVI und 2 Fig. im Text). rss 523 
Walter Richter, Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren. 

(Mit Taf. XXVII-XXIX und 13 Fig.- Im Text.) Sea SE 597 
E. Ballowitz, Die Form und Struktur der Schuppentierspermien. (Mit 

Tat. ARX). 2.0 un. 619 
Clara Hamburger, Das Männchen von Lacinularia socialis Ehrbg. (Mit 

Taf. XXXI u 3 Eig. m Text... . ;. „200 2 Zr 625 


Hermann Jost, Beiträge zur Kenntnis des Entwieklune ER der Larve 
von Hypoderma bovis de Geer. (Mit Taf. XXXII u. 3 Fig. im Text.) 644 


Mitteilung. 


Beiträge für die Zeitschrift bitten wir an Herrn Prof. Ehlers 
in Göttingen einzusenden. Im Interesse einer raschen und sicheren 
Veröffentlichung liegt es, daß die Manuskripte völlig druckfertig 
eingeliefert werden, da mit nachträglichen Einschiebungen und aus- 
gedehnten Abänderungen während der Korrektur Zeitverlust und 
sonstige Unzuträglichkeiten verbunden sind. Bei der Disponierung der 
Zeichnungen ist darauf zu achten, daß der Raum des in der Zeitschrift 
üblichen Tafelformates nicht überschritten wird. Für Textfiguren 
bestimmte Zeichnungen sind auf besonderen Blättern beizulegen. 


Die Verlagsbuchhandlung Der Herausgeber 
Wilhelm Engelmann. Ernst Ehlers. 


Die Herren Mitarbeiter der »Zeitschrift für wissenschaftliche 
Zoologie« erhalten von ihren Abhandlungen und Aufsätzen 40 Sonder- 
abdrucke unberechnet. Weitere Exemplare werden auf Wunsch 
gegen Erstattung der Herstellungskosten geliefert unter der Voraus- 
setzung, daß sie nicht für den Handel bestimmt sind. 


” 


Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig 


Soeben ist erschienen: 


Das 
Kausalitätsprinzip der Biologie 


von: 


Dr. med. Friedr. Strecker 


Privatdozent in der Anatomie und Biologie 
und 
I. Assistent am Kgl. anatomischen Institut der Universität Breslau 


e VIII. u. 153 S. 8. Geheftet M. 3.— ER 


Beiträge zur Kenntnis der Kiemenspaltenbildung 
der Ascidien, 
Von 


Paul Fechner 


aus Bremen. 


Mit Tafel XXV, XXXVI und 2 Figuren im Text. 


Noch vor etwa 10 Jahren war man in bezug auf die Entstehung 
des Peribranchialraumes der Ascidien geteilter Ansicht. Während die 
einen Forscher annahmen, daß lediglich das Enntoderm sich an der 
Bildung des Peribranchialraumes beteilige, behaupteten andre, die Peri- 
branchialräume würden vom Ectoderm ausgekleidet. Nachdem nun 
diese Frage zugunsten der letzteren Ansicht als geklärt gilt, stellt sich 
eine ähnliche Meinungsdifferenz betreffs der Entstehung der Kiemen- 
spalten heraus, weshalb ich auf Anregung des Herrn Prof. Dr. SEELIGER 
diese Frage einer eingehenden Untersuchung unterzog in der Hoffnung, 
sie ihrer definitiven Lösung entgegenzuführen. 

Als Untersuchungsmaterial dienten Ecteinascidia turbinata Herd- 
mann, Polyeyclus renieri Lam., Pyrosoma atlanticum Peron und Stye- 
lopsis grossularıa P. J. van Beneden, welche mir sämtlich in reichlicher 
Menge und wohl konservierten Exemplaren zur Verfügung standen. 
Das Material von Zcteinascidia stammt von der Insel Menorca, aus 
dem Hafen von Mahon, das von Polycyclus und Pyrosoma aus Rovigno 
bzw. Villa Franca; ersteres wurde von Herrn Prof. Dr. WILL gesammelt, 
während ich das der beiden letzteren Tiere der Liebenswürdigkeit des 
Herrn Prof. Dr. SEELIGER verdanke. Die Exemplare von Styelopsis 
grossularıa wurden in der Ostsee, einige Seemeilen vor ee 
gefischt und von mir selbst konserviert. 

Als Fixierungsflüssigkeiten sind Sublimat, er Pikrinsäure, 
Pikrinschwefelsäure, schwache Chromsäure und Osmiumsäure ver- 
wendet worden. 


Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. 


[JP) 
[or 


524 Paul Fechner, 


Nachdem der Kiemenkorb der Ascidien das nach SEELIGER (BRoNNs 
Klassen und Ordnungen III. Bd. Suppl. Tunicata) allen Ascidienlarven 
zukommende Stadium mit zwei Kiemenspalten jederseits durchlaufen, 
weicht die weitere Entwicklung des Kiemenkorbes, wie ich, mit Rück- 
sicht auf die nachfolgenden Befunde, SEELIGER durchaus bestätigen 
kann, nach zwei verschiedenen Richtungen auseinander. Der erste 
Entwicklungsmodus ist dadurch charakterisiert, daß die neu auftreten- 
den Kiemenspalten (Spiracula) durchaus selbständig und unabhängig 
von den bereits vorhandenen entstehen. Beim zweiten Entwicklungs- 
modus dagegen werden nur sehr wenige selbständige Perforationen an- 
gelegt, und diese selbst bilden den Ausgang für alle neuen Spalten, die 
teils durch Teilung, teils durch Abschnürung von den zuerst angelegten 
entstehen. 

Über die Entstehung der Kiemenspalten nach dem ersten Typus 
liegt nur eine sehr geringe Literatur vor. Im wesentlichen beruht sogar 
unsre gesamte Kenntnis von demselben auf den Arbeiten SEELIGERs (16), 
nach welchen bei den Larven sämtlicher Synascidien (Botryllus und 
Thylacium ausgenommen), sowie bei allen Ascidienknospen die Kiemen- 
spalten als selbständige, voneinander unabhängige Perforationen auf- 
treten. Selbst die Knospen solcher Ascidienformen sind hiervon nach 
SEELIGER nicht ausgenommen, deren Larven hinsichtlich der Kiemen- 
spaltenbildung dem zweiten Modus folgen. 

Damas (Contribution & l’etude des Tuniciers. Archives de Bio- 
logie XX. 1904) kann hier insofern angezogen werden, als er — wenig- 
stens für die dritte Kiemenspalte bei Molgula, sowie für die ersten 
15 Kiemenspalten bei Styelopsis — eine selbständige Entstehung dartut, 
dann aber annimmt, daß alle weiteren Kiemenspalten und Kiemen- 
spaltenreihen durch Teilung aus diesen ersten, die er als Protostigmata 
bezeichnet, entstehen. | 

Gegenüber dieser positiven Angabe nimmt JULIN (9) in einer um- 
fangreichen, 1904 erschienenen Arbeit über die Phylogenie der Tunicaten 
einen völlig negierenden Standpunkt ein. Er leugnet das Vorkommen 
der selbständigen Entstehung überhaupt. »Or, mes recherches actuelles, « 
so lauten seine eigensten Worte, »demontrent que ce second mode de 
formation des stigmates branchiaux n’existe pas.« Dieser Widerspruch 
Jurins wird noch dadurch in ein besonders grelles Licht gerückt, daß 
die Untersuchungen des belgischen Forschers außer auf den Gattungen 
Perophora und Distaplia vor allem auch auf Clavellina, also auf dem- 
selben Objekt basieren, an dem SEELIGER seine Beobachtungen an- 
gestellt hat. Nicht selbständig, wie letzterer es will, sollen die Kiemen- 


Beiträge zur Kenntnis der Kiemenspaltenbildung der Ascidien. 525 


spalten der ÜOlavellina entstehen, sondern sämtlich sich entwicklungs- 
geschichtlich ableiten lassen von den zwei primären Spaltenpaaren, die 
er als wahre »fentes branchiales« (= primäre Protostigmata von SELYS 
und Damas) bezeichnet. Zwar kann JULIN einen Zusammenhang der 
neuen Spaltenlumina mit den alten nicht erweisen, doch soll nach ihm 
das Epithel, das die neuen Spalten umgrenzt, von dem Epithel der bereits 
bestehenden, ın letzter Instanz also von dem der beiden primären 
Spaltenpaare sich ableiten. Dementsprechend läßt er dann alle in einer 
Reihe liegenden Spaltanlagen durch einen Querstreifen verdickten 
Kiemendarmepithels miteinander verbunden sein. 

Wenn nun auch SEELIGER in Veranlassung dieses Widerspruchs 
bei Bearbeitung des Bandes »Tunicata« in Bronns Klassen und Ord- 
nungen des Tierreichs die Verhältnisse bei Clavellina aufs neue einer 
eingehenden Untersuchung unterzogen und die Darstellung JuLıns in 
bezug auf die erörterten Punkte als irrig erwiesen hat, so zeigen doch 
diese Kontroversen nichtsdestoweniger, wie sehr neue Untersuchungen 
über die Kiemenspaltenbildung der Ascidien im gegenwärtigen Augen- 
blick am Platze sind. 

Beim zweiten Typus der Kiemenspaltenbildung, bei dem die de- 
finitiven Spiracula sich sämtlich von wenigen primären Spalten her- 
_ leiten, aus denen sie durch Teilung und Spaltung entstehen, tritt nach 
einem meist schnell vorübergehenden Stadium mit zwei Spaltpaaren 
ein solches mit drei Paaren von Spalten auf, die in der neueren Literatur 
als primäre Protostigmata bezeichnet werden und sich zu sehr langen, 
‘fast die ganze Breite des Kiemendarmes einnehmenden Querschlitzen 
ausdehnen. Aus der Teilung jeder der primären Protostigmata entstehen 
dann im ganzen sechs Querschlitze, die sekundären Protostigmata 
(= Primärstismata van BENEDENs). Indem sodann die sekundären 
Protostigmata sich wiederholt senkrecht zu ihrer Längserstreckung 
teilen, entstehen die sechs ersten Querspaltstreifen, deren jede 12 bis 
18 Spiracula aufweist. 


1. Ecteinascidia turbinata Herdmann. 

Ich beginne meine Schilderung mit Ecteinascidia turbinata, einer 
Mittelmeerform, die als Beweis für die Existenz des ersten Kiemen- 
spaltenbildungstypus von besonderem Werte sein dürfte. Während 
selbst bei Clavellina, bei der SEELIGER das Vorkommen dieses Modus 
dargetan, die selbständige Entstehung der Kiemenspalten zwar die 
vorherrschende, doch nicht die alleinige Form der Kiemenspaltenbil- 
dung darstellt, indem bei der Bildung neuer Spaltreihen die Teilung 


35* 


526 Paul Fechner, 


bestehender Spalten ebenfalls vorkommt, so wird sich aus der Schilde- 
rung der entsprechenden Verhältnisse bei Hcteinascidia ergeben, daß hier 
der erste Bildungstypus, d.h. die selbständige Entstehung sämtlicher 
Kiemenspalten ganz rein durchgeführt ist. 

Ich beginne meine Darstellung mit einer etwa 21/, mm langen, 
in Fig. 1 abgebildeten Knospe, deren Ingestions- (”) und Egestions- 
öffnung (e) beide noch nicht zum Durchbruch gekommen sind, so daß 
also die Knospe in bezug auf Atmung und Nahrungsaufnahme noch 
vom Muttertier abhängig ist. In der angezogenen Figur sieht man die 
Kiemenspalten in zwei Gruppen auf den Kiemendarm verteilt. Die 
größere Gruppe nimmt den mittleren Teil des Kiemensackes ein und 
wird von im ganzen neun Reihen gebildet, die, annähernd parallel ver- 
laufend, den Darm dorsoventral umgürten. Im ganzen sind die Kiemen- 
spalten der mittleren Reihe am größten, um sowohl gegen das Vorder- 
wie auch das Hinterende an Größe abzunehmen. Jedenfalls weisen die 
beiderseitigen Endreihen die kleinsten und mithin auch die jüngsten 
Kiemenspalten auf. Die höchste Zahl der in einer Querreihe aufgefun- 
denen Kiemenspalten beträgt acht (Reihe 7), andre Reihen weisen 
sieben, sechs, fünf Kiemenspalten auf und in der obersten sind sogar 
nur vier angelegt. Die Verschiedenheit der Zahl dürfte sich teils durch 
das Alter der Reihen, teils dadurch erklären, daß innerhalb der einzelnen 
Reihen Unregelmäßigkeiten in bezug auf die Zeit des Auftretens der 
einzelnen Kiemenspalten bestehen. So finden wir z.B. in manchen 
Reihen (3, #, 6) zwischen einzelnen Kiemenspalten Zwischenräume, 
die doppelt so groß als diejenigen zwischen den benachbarten sind, 
so daß man wohl mit Rücksicht auf die spätere gleichmäßige An- 
ordnung anzunehmen berechtigt ist, daß hier die Kiemenspaltenbildung 
nur verzögert ist. Auch innerhalb der einzelnen Reihen weisen die 
Größenverhältnisse allerlei Verschiedenheiten auf. Während sie in 
Reihe 7 alle von ziemlich gleicher Größe sind, finden wir manche andre 
Reihen, innerhalb welcher neben oder zwischen größeren sich kleinere 
finden, die sich oft erst als die erste erkennbare Anlage einer Kiemen- 
spalte dokumentieren, was allerdings bei dem geringen Maßstab der 
Figur nur unvollkommen zum Ausdruck kommen kann. 

Die Anordnung der Spalten auf dem betreffenden Stadium von 
Ecteinascidia wird nun dadurch zu einer besonders bemerkenswerten, 
daß außer der eben beschriebenen größeren Gruppe, durch einen weiten, 
spaltenlosen Raum von ihr getrennt, noch eine einzelne Reihe von 
im ganzen fünf Spalten am hintersten Ende des Kiemensackes vorkommt, 
die an Größe etwa den größten der Mittelgruppe gleichen und daher 


- a En 2 Em E32 un u u 


Beiträge zur Kenntnis der Kiemenspaltenbildung der Ascidien. Dam 


mit diesen wohl gleichalterig sein dürften. Die weite Entfernung beider 
auch künftig sich ganz verschieden verhaltenden Gruppen beweist jeden- 
falls ihre völlige genetische Unabhängigkeit voneinander. 

So finden wir also bei Eeteinascidia auf diesem Stadium eine Anord- 
nung der Kiemenspalten, wie sie eigenartiger nicht gedacht werden 
kann und bisher noch bei keiner andern Ascidie beobachtet wurde. 

Da in meinem Material jüngere Knospen fehlten, so lassen sich aus 
der vorliegenden Figur natürlich nur ungefähre Schlüsse auf die Reihen- 
folge im Auftreten der Spalten und Reihen ziehen. Sicher dürfte wohl 
sein, 1) daß die einfache Reihe der hinteren Gruppe gleichalterig mit 
einer oder einigen mittleren Reihen der vorderen Gruppe ist, 2) daß die 
Vermehrung der Reihen nur am vorderen und hinteren Ende der vor- 
deren Gruppe stattgefunden hat, 3) daß auch innerhalb der einzelnen 
Reihen die Spalten durchaus nicht gleichalterig sind, sondern neben und 
zwischen älteren (z. B. Reihe 3, 2, 8) neue auftreten können, 4) daß 


das Neuauftreten von Spalten innerhalb einer Reihe ohne erkennbare 


Regelmäßigkeit vor sich geht: weder das dorsale noch das ventrale Ende 
der Reihe ist bevorzugt, sondern die neuen Spalten treten meistens 
intercalar auf, ebenfalls ohne Spur irgendwelcher Regelmäßigkeit. 

Sehr interessant für die Beurteilung der. hier zunächst ins Auge 
gefaßten Vermehrung der Spaltreihen ist nun der Vergleich des eben 
behandelten Stadiums mit den Oberflächenbildern eines älteren von 
im ganzen 25 Spaltreihen (Fig. 5 a—c), die den Kiemendarm vollständig 
bedecken, so daß nunmehr die Zwischenräume zwischen den beiden 
Regionen des vorigen Stadiums in Wegfall kommen (Fig. 5 c), und auch 
die Kiemenspalten nach vorn sich bis in die vorderste Region des Peri- 
branchialraumes erstrecken. Trotzdem aber beide Kiemenspalten- 
resionen unmittelbar aneinander grenzen, hat die Abgrenzung und 
Unterscheidung beider keineswegs an Schärfe verloren. 

Die hinterste Region (Fig.5c) besteht nach wie vor ım wesentlichen 
aus einer Reihe von Spalten (25 in Fig. 5 c), die nur dorsalwärts sich auf 
eine kurze Strecke zweireihig gruppieren. Die Zahl der Kiemenspalten 
hat sich innerhalb dieser Region von 5 auf 13 vermehrt, und außerdem 
haben die einzelnen Spalten, mit Ausnahme einzelner erst in Anlage 
begriffener (ks,, kss), mit dem Größenwachstum des Gesamttieres an 
Größe zugenommen und kommen in dieser Beziehung nach wie vor den 
mittleren Kiemenspalten der vorderen Region gleich (13, 14 in Fig. 5 b), 
sind aber um ein Vielfaches größer als die hintersten Kiemenspalten 


J 


(24 in Fig.5 c) letzterer Region, wodurch eben die scharfe Abgrenzung 


beider Regionen ermöglicht wird. 


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Textfig. I. 


Oberflächenbilder eines Kiemendarmes einer etwa 

5 mm langen Knospe von im ganzen 25 Spalt- 

reihen, dieden Kiemendarm vollständig bedecken. 

Fig. Ia vier Kiemenspaltenreihen der obersten, 

Fig. Ib vier der mittleren, Fig. Ic der untersten 
Region. Oc. 2, Obj. 4. 


Paul Fechner, 


Die Vermehrung der Kiemen- 
spaltenreihen auf der Oberfläche des 
Kiemendarmes fällt also ausschließ- 
lich auf Rechnung der an Umfang 
zunehmenden vorderen Region, in- 
nerhalb welcher sich die Reihenzahl 
vom vorigen Stadium zum vor- 
liegenden von 9 auf 24 erhöht hat. 

Da die Spaltengröße der einzel- 
nen Reihen in der Mitte dieser Re- 
gion am bedeutendsten ist (Fig. 5b), 
nach vorn (Fig.5a) und hinten 
(Fig.5c) aber allmählich abnimmt, 
so ergibt sich auch aus diesem 
Stadium, 1)daßan der Vermehrung 
der Reihenzahl nur die vordere Re- 
sion beteiligt ist, 2) daß die neu 
entstehenden Reihen ausschließlich 
am vorderen und hinteren Ende 
dieser Region auftreten. 

Fast noch klarer alsin der eben 
geschilderten Figur treten die be- 
sprochenen Verhältnisse, im beson- 
deren die allmähliche Größenab- 
nahme der Kiemenspaltenreihen der 
vorderen Regionen, von der Mitte 
nach beiden Enden hin an Text- 
fig. Ia—c hervor. Dieselbe stellt 
gleichfalls Oberflächenbilder des 
Kiemendarmes eines gleichaltrigen 
Stadiums mit 25 Spaltenreihen dar. 
Wegen des Umfanges des Kiemen- 
sackes sind, wie bei voriger Figur, 
auch hier nur die vordersten vier 
(Textfig. Ia), die mittleren drei 
(Textfig. [db) und die hintersten. 
vier Spaltenreihen (Textfig. Ic) 
zur Abbildung gekommen. 

Von der hintersten, auch hier 
nur aus einer Spaltenreihe bestehen- 


Beiträge zur Kenntnis der Kiemenspaltenbildung der Ascidien. 529 


den Region (25 in Fig. Ic) waren hier allerdings nur vier Spalten und 
eine Spaltenanlage zu übersehen, weil die übrigen durch Faltenbildung 
und den Verdauungstractus verdeckt waren, aber diese vier sichtbaren 
Spalten genügen doch, um den außerordentlich bedeutenden Größen- 
unterschied gegenüber Reihe 24, der jüngsten und drei Spaltanlagen 
aufweisenden Reihe der vorderen Region darzutun. Die jüngsten Spalt- 
reihen am Vorderende der vorderen Region findet man in Fig. Ta, in 
der Reihe ! ebenfalls erst fünf winzige Spaltanlagen aufweist. Von den 
ältesten Spaltreihen der vorderen Region sind drei in Fig. Ib abgebildet; 
die vollentwickelten Spalten derselben haben fast die gleiche Größe 
wie die Spalten der hinteren Region (25 in Fig. Ic). Besonders deutlich 
aber erkennt man an Fig. Ib das intercalare Auftreten neuer Spalten 
in den Zwischenräumen zwischen alten, bereits recht ansehnlichen. 


1597 
[597 


Textfig. II. 


Die hintersten drei Spaltreihen einer Knospe mit im ganzen 24 Spaltreihen. 


Schließlich gebe ich in Textfig. II noch eine Abbildung der hintersten 
Spaltreihe einer Knospe mit 24 Spaltreihen, besonders um die in voriger 
Figur nicht ganz übersehbare hintere Region noch einmal einwandsfrei 
zu demonstrieren. Man erkennt, daß diese Region immer einreihig 
bleibt und ihre Spalten sich auf diesem Stadium durch ihre Größe ganz 
bedeutend von den letzten der vorderen Region (23 in Fig. II) abheben. 

Die im vorstehenden geschilderten Verhältnisse des Kiemendarmes 
erfahren nun eine um so größere Veränderung, je mehr wir uns dem 
definitiven Zustand nähern. Ist die definitive Reihenzahl hergestellt, 
so beobachten wir, außer intercalar neu auftretenden Spalten, nur noch 
das Größenwachstum der Spalten selbst als einzige Veränderung des 
Gesamtbildes. Haben die ältesten Spalten ihre Maximalgröße erlangt, 
so verharren sie natürlich in diesem Zustand, die Spalten der jüngeren 
Reihen folgen aber allmählich im Wachstum nach, bis im ausgebildeten 
Zustand dann die Spalten in sämtlichen Reihen ihre Maximalgröße 


530 Be * Paul Fechner, 


gewonnen haben. Damit hört dann natürlich ein Unterschied der 
Spalthöhe der einzelnen Reihen allmählich ganz auf, und auch der 
Unterschied zwischen den früher unterscheidbaren beiden Regionen ist 
vollständig geschwunden. So sind auf dem Kiemendarm, von dem 
die Fig. 6 einige mittlere Reihen darstellt, alle Reihen von annähernd 
gleicher Spalthöhe. 

Auch nach Herstellung der definitiven Reihenzahl hat jedoch die 
Neubildung von Spalten keineswegs aufgehört. Wie in den Fig. 5, 
I und //, treffen wir auch im ausgebildeten Zustand, wie ihn Fig. 6 
darstellt, noch immer neu sich bildende Spaltanlagen zwischen den alten 
Spalten an. Wie bisher, treten sie auch ferner intercalar auf und fallen 
natürlich an diesem alten Stadium um so mehr als Neubildungen auf, 
als sie durch ihre Kleinheit um so bedeutender mit den alten Spalten 
kontrastieren müssen, je größer diese letzteren inzwischen geworden 
sind (ks in Fig. 6). 

Was nun endlich die von JuLIn für Clavellina und andre Ascidien 
behauptete genetische Beziehung der jungen und alten Spiracula, sowie 
auch der neu auftretenden Reihen zu den bisher existierenden anlangt, 
so muß ich gestehen, daß ich für Zeteinascidia auch nicht die leiseste 
Andeutung einer solchen auffinden konnte. Teilungsstadien von Kie- 
menspalten kommen, so viel Präparate ich auch zu dem Behuf durch- 
gesehen habe, überhaupt nicht vor, weder zur Vermehrung der Spalten- 
zahl, noch zur Bildung neuer Spaltreihen. Aber auch die von JULIN 
für Olavellina behaupteten verbindenden Epithelleisten zwischen den 
einzelnen Kiemenspalten bzw. ihren Anlagen fehlen gänzlich, und wenn 
man in den verschiedenen Oberflächenbildern die zwischen den bereits 
bestehenden Kiemenspalten auftretenden Neuanlagen genau unter- 
sucht, so kann man nur konstatieren, daß sie durchaus selbständige 
Bildungen sind und mit den alten nicht in dem geringsten Zusammen- 
hang stehen. 

Um zu zeigen, in welcher Weise sich die bei der Bildung der Spalten 
innerhalb jeder Anlage abspielenden Zellverlagerungen im Flächenbilde 
darstellen, habe ich in Fig. 2 einen Teil der mittleren Region des oben 
besprochenen Kiemendarmes von Fig.1 bei stärkerer Vergrößerung dar- 
gestellt. Jede Spaltanlage erscheint als ein dunkel gefärbter, rundlicher 
Haufen von an sich unregelmäßigen und noch ungeordneten Zellen (Xs), 
die erst kurz vor dem Durchbruch einer Spaltöffnung sich im Kreise 
anordnen, in dessen Mitte sodann das Lumen auftritt (ks}). 

Ähnliche Bilder ergeben auch die jungen Spaltanlagen von aus- 
gebildeten Tieren (Fig. 6). Die in dieser mit ks bezeichneten beiden 


Beiträge zur Kenntnis der Kiemenspaltenbildung der Ascidien. 531 


Neubildungen habe ich in Fig. 7 bei stärkerer Vergrößerung dargestellt. 
Man sieht, wie beide, vollständig unabhängig voneinander und von dem 
Epithel und Lumen der benachbarten großen Spalten, intercalar zwischen 
diesen sich bilden. Während ks noch als unregelmäßiger Zellhaufen 
erscheint, beginnen bei ks, die Zellen sich schon im Kreise zu ordnen, 
woraus hervorgeht, daß letztere Spaltenanlage älter und entwickelter 
ist, als die andre. 

- Zu dem gleichen Resultat kommt man, wenn man die Anlagen auf 
Schnitten untersucht. Die Bilder von Fig.3 und 4, die etwa 21/, mm 
langen Knospen entnommen wurden, zeigen solche Spaltanlagen auf 
dem Durchschnitt. In Fig.3, welche die jüngsten Spaltanlagen auf- 
weist, treffen wir das Entoderm (en) des Kiemensackes als ein gleich- 
mäßig dickes Epithel von niedrigen Cylinder- bzw. kubischen Zellen an. 
Die rundlichen, relativ großen Kerne, zwischen denen die Zellgerenzen 
nur hier und da sichtbar sind, sind durch Zwischenräume voneinander 
getrennt, und nur an den Spaltanlagen selbst liegen sie dicht aneinander- 
gedrängt. Von den beiden Spaltanlagen ist die eine (As) am lehrreichsten 
für das Verständnis des Entstehungsprozesses.. Wir sehen, wıe an der 
betreffenden Stelle das entodermale Kiemendarmepithel (en) eine kurze, 
taschenförmige Ausstülpung gegen die innere Wandung des Penbran- 
chialraumes getrieben hat; diese letztere, dem Ectoderm (ec) angehörig, 
_ wird von einem äußerst niedrigen Plattenepithel gebildet, das nur ın 
größeren Zwischenräumen Anschwellungen erkennen läßt, die durch 
die Lage der Kerne bedingt werden. Während bei den Ascidien sich 
im allgemeinen beide Keimblätter, sowohl das Entoderm des Kiemen- 
sackes, wie das Ectoderm der inneren Peribranchialwand, an der Bildung 
der Spalten beteiligen, so sehen wir hier die Spaltenanlage ausschließlich 
durch die Vorstülpung des Entoderms bedingt, während das Ectoderm 
platt über die Kuppe dieser Vorstülpung hinwegzieht. So kann jeden- 
falls nach diesem und ähnlichen andern Schnitten dem Ectoderm nur 
eine ganz untergeordnete Rolle bei der Bildung einer Kiemenspalte 
zukommen. 

Die nebenliegende Spalte ks, ist etwas seitlich getroffen, so daß 
die Wandung der Vorstülpung angeschnitten, das Lumen selbst aber nicht 
sichtbar ist. Dagegen erkennt man, daß das über der Vorstülpung 
hinwegziehende Ectoderm, das sehr markant und dunkel gefärbt war, 
gerade über der Vorstülpung eine Lücke zeigt. Offenbar handelt es 
sich hier um einen Durchbruch der Kiemenspalte in den Peribranchial- 
raum. 
| Bemerkenswert an diesem Präparat ist, daß sich im Bereich der 


532 Paul Fechner, 


im Kiemensack auftretenden Spaltanlagen nirgends eine besondere Zell- 
verdickung findet. Das Entoderm ist überall von gleichmäßiger Dicke, 
und wenn infolgedessen zwischen zwei benachbarten Spaltanlagen, wie 
in Fig. 3, das Entoderm ebenso dick ist, wie dasjenige, welches die Vor- 
stülpung selbst bildet, so hieße es doch den Tatsachen Zwang antun, 
wollte man hieraus einen Zusammenhang der Spaltanlagen durch eine 
Zellverdickung herauslesen, wie JULIN das für Olavellina gefunden haben 
will. Meiner Überzeugung nach kann der Schnitt nur beweisen, daß 
die Spaltanlagen völlig selbständig und unabhängig von- 
einander entstehen. 
Wenn wir mit der eben besprochenen Figur eine wenig ältere Spalt- 
anlage vergleichen, wie sie Fig. 4 darstellt, so erkennen wir hier, wie die 
Spalte soeben durchgebrochen ist und infolgedessen nicht nur das Ento- 
‘derm (en), sondern auch das Ectoderm mit dem den Spalt selbst aus- 
kleidenden Epithel in Zusammenhang stehen. Nach dem vorangegan- 
genen Stadium müssen wir das Spaltepithel in der Hauptsache als 
Entoderm, aus einer Ausstülpung des Kiemendarmes hervorgegangen, 
ansehen; wir sehen aber, daß sich das Entoderm nicht nur morpholo- 
gisch, sondern auch histologisch differenziert hat, indem die in das 
Spaltepithel übergegangenen Zellen bedeutend an Höhe und Kernsröbe 
zugenommen haben, so daß sie sich nunmehr von ihrem Mutterboden, 
dem Kiemensack-Entoderm, histologisch so sehr unterscheiden, daß der 
Zellcharakter keine Schlüsse in genetischer Beziehung mehr zuläßt. 


2. Styelopsis grossularia (P. J. van Beneden). 

Styelopsis grossularia ist von P. J. van BENEDEN 1846 entdeckt 
worden und seitdem häufig Gegenstand eingehender Untersuchung ge- 
wesen. Vor allem führe ich hier die Arbeiten von P. J. van BENEDEN (2), 
JULIN (9), De LACAZE-DUTHIERS und DELAGE (11) und RIEDLINGER (14) 
an. Wenn somit Styelopsis grossularia auch zu den bestbekannten 
Formen der Cynthiiden gerechnet werden muß, so lagen doch über die 
Entwicklung der Kiemenspalten zur Zeit, als ich meine nachfolgenden 
Beobachtungen zum Abschluß brachte, nur die Angaben von GAR- 
STANG (8) und JULIN (9) vor. GARSTANG, der seine Untersuchungen an 
Thylacium sylwani anstellte, einer Form, die sich inzwischen als identisch 
mit Styelopsis grossularia herausgestellt hat, fand, daß auf jeder Seite 
des Pharynx acht Protostigmata entstehen »and, although I have not 
actually observed their earliest stages, they give every appearance of 
having been formed in regular order from before backwards« Die 
Protostigmata zerfallen dann weiter durch einen Teilungsprozeß, der 


Beiträge zur Kenntnis der Kiemenspaltenbildung der Ascidien. 539 


dorsal beginnt und ventralwärts fortschreitet, in ebenso viele Reihen 
von sekundären Stigmata. Auch dieser Prozeß beginnt am Vorderende 
und schreitet nach hinten fort. Leider sind die GARsTAnGschen Unter- 
suchungen nicht von Abbildungen begleitet, so daß sie uns, da auch 
im Text hierauf nicht eingegangen wird, keinerlei Aufschluß über die 
Bildungsweise der Kiemenspalten geben. 

Eingehender hat Jurın (9) die Kiemenspaltenbildung bei Stye- 
lopsis grossularıa untersucht. Der belgische Autor lenkt zuerst die 
Aufmerksamkeit darauf, daß Styelopsis sich hinsichtlich der bei ihr 
auftretenden Zahl der sekundären Protostigmata von allen bisher be- 
kannten Monascidien ganz bedeutend unterscheidet. Während bei 
diesen, soweit bekannt, nur sechs sekundäre Protostigmata auf jeder 
Seite des Kiemendarmes entstehen, um sich dann sofort insechs Kiemen- 
spaltenreihen aufzulösen, sah er bei Siyelopsis zwölf sekundäre Proto- 
stismata sich anlegen und hält es sogar für nicht unmöglich, daß die 
Zahl derselben im Laufe der Entwicklung noch eine weitere Steigerung 
erfährt. Indem er nun die Entstehung der einzelnen sekundären Proto- 
stigmata genauer untersucht, glaubt der Verfasser einen prinzipiellen 
Unterschied in der Entwicklung zwischen den ersten sechs und den 
späteren konstatieren zu können, infolgedessen er sich berechtigt glaubt, 
die auf die ersten sechs folgenden Protostigmata als »surnumeraires « 
bezeichnen zu dürfen. Hiernach kommt er dann zu dem Gesamtergebnis, 
daß bei Styelopsis grossularıa die Bildung der sechs ersten sekundären 
Protostigmata sich nach demselben Typus, wie bei den Molguliden, 
durch Teilung von drei hufeisenförmigen primären Protostigmata 
(fentes branchiales) vollzieht. Im Gegensatz hierzu ist jedes der »proto- 
stigmates surnum£raires« das Produkt der Ablösung eines kurzen Di- 
vertikels vom unmittelbar vorhergehenden Protostigma. Nachdem sich 
die sechste Kiemenspalte gebildet hat, entsteht aas siebente Proto- 
stigma durch eine kleine Ausstülpung, die ungefähr in der Mitte 
von der quergestreckten Hinterwand auftritt und sich abschnürt. 
An der Hinterwand dieser siebenten Spalte wiederholt sich dieser 
Vorgang und ebenso immer wieder bei dem zuletzt gebildeten Proto- 
stigma, bis die Gesamtzahl dieser jederseits ein Dutzend und mehr 
beträgt. 

Erst nach dem Abschluß meiner eignen, im Gegensatz zu JULIN 
stehenden Ergebnisse erschienen im Jahre 1904 ausführliche Angaben 
von Damas (3) über die Entstehung der Kiemenspalten von Styelopsis, 
die für mich um so wichtiger sind, als sie sich mit meinen Ergebnissen 
völlig decken und daher in Verbindung mit meinen eignen nachfolgenden 


534 Paul Fechner, 


Angaben die Unrichtigkeit der Ergebnisse JuLins wohl unzweifelhaft 
erweisen. 

Damas hat seine Untersuchungen vollständig unabhängig von JuLın 
angestellt. Wie letzterer findet auch er eine große Anzahl Protostigmata, 
jedoch mindestens 15, ohne daß damit wahrscheinlich die Maximalzahl er- 
reicht ist, denn obwohl natürlich eine Grenze für das Wachstum der Kieme 
und damit die Entstehung neuer Protostigmata besteht, so hält er doch 
theoretisch dieses Wachstum für unbestimmt (indefini) und glaubt, daß 
es sich bis zum Tode fortsetzt. Auch er findet, daß die Bildung der 
neuen Protostigmata von vorn nach hinten fortschreitend vor sich geht, 
und daß die neuen Spalten sich hinter den früher entstandenen, in- 
zwischen zu langen Querschlitzen ausgewachsenen anlegen. Aber — 
. und darin liest der Hauptgegensatz zu JuLIn — die Protostigmata ent- 
stehen nicht in genetischer Abhängigkeit voneinander, sondern alle, 
vom ersten bis zum letzten nehmen als durchaus selbständige und 
voneinander unabhängige Perforationen ihren Ursprung. 

Mir standen leider nur wenige Entwicklungsstadien zur Verfügung. 
Ich begann meine Studien mit der Untersuchung der Entstehung der 
sechsten Spalte, die nach JuLın wahrscheinlich als sekundäres Proto- 
stigma entstehen soll: »Bien que je n’aie pas observe directement le 
fait, je ne doute pourtant pas que la 3%me fente branchiale, se compor- 
tant, a son tour, comme l’ont fait precedemment la le et la 2°me, 
ne se recourbe, en arriere, en un fer a cheval (le 3®me) par son extremite 
ventrale, pour fournir ensuite, en se divisant au nıveau de sa courbure, 
les protostigmates V et VI, que j’ai observes. « | 

In Fig. 25 habe ich die linke Kiemendarmseite einer jungen Siye- 
lopsis wiedergegeben, bei der gerade die sechste Kiemenspalte (As, in 
Fig. 25) — Protostigma — sich angelegt hat. Sie entsteht am hinteren 
Ende des Darmes, nicht genau hinter der Mitte der vorhergehenden 
Spalte, sondern ist vielmehr zwischen dieser und dem ventralen Ende 
derselben, aber durchaus nicht unmittelbar am ventralen Ende gelegen, 
wie JULIN will. Trotz Durchsicht mehrerer gleichaltriger Präparate 
konnte ich eine Verbindung mit der fünften ‚Spalte nicht feststellen. 
Sie entsteht zweifellos, entsprechend den obigen Angaben von Damas, 
als selbständige Perforation vollständig unabhängig von der vorher- 
gehenden. Schon unmittelbar nach Anlage dieser sechsten Spalte 
(Protostigma) fangen ‘die vorderen Protostigmata an, wie es die oben 
erwähnten Autoren schon vor mir beobachteten, sich senkrecht zu ihrer 
Längsrichtung zu teilen und damit sich allmählich in ebenso viele Quer- 
reihen von Kiemenspalten aufzulösen, wie vorher Protostigmata vor- 


Beiträge zur Kenntnis der Kiemenspaltenbildung der Ascidien. 535 


handen waren. So sieht man in Fig. 25, in der das sechste Protostigma 
noch sehr winzig ist, doch schon das erste quergeteilt und in Fig. 26, 
einem Stadium mit sieben jederseitigen Querspalten, von denen die 
jüngste, die siebente, allerdings in der Zeichnung vom Magen bedeckt 
ist, weist außer dem ersten, auch das zweite Protostigma schon Quer- 
teilung auf. 

Sehr eingehend beschreibt JuLin die Entstehung des siebenten 
Protostigmas, das nicht, wie das sechste, vom ventralen Ende, sondern 
von der hinteren Wand (nach der Zeichnung in Mitte derselben) des 
sechsten Querschlitzes sich abschnüren soll. Hier soll eine nach hinten 
gerichtete hohle Ausstülpung gebildet werden, welche zur Anlage der 
neuen Spalte Veranlassung gibt. Auifallenderweise wird der Vorgang 
nicht von der sechsten Spalte selbst, sondern von der zehnten abgebildet. 
In gleicher Weise sollen auch alle weiteren »protostigmates surnume- 
raires« ihre Entstehung nehmen. 

In Fig. 27 habe ich das untere Ende des Kiemensackes eines Stadiums 
abgebildet, auf dem soeben erst die siebente Spalte (ks,) zur Anlage ge- 
kommen ist. Die neue Spaltanlage liest allerdings hinter der Mitte der 
vorhergehenden, aber nichts deutet an dieser Figur, wie auch an andern 
gleichaltrigen Stadien, auf eine Abschnürung von der sechsten Spalte 
hin. Wohl zeigt diese letztere einen schräg nach hinten gerichteten 
 Fortsatz, allein dieser liegt nicht in der Mitte, sondern am dorsalen 
Ende, also in größerer Entfernung von der jungen siebenten Spalte, 
kann also nichts mit der Entstehung dieser zu schaffen haben. 

Außer dem sechsten und siebenten konnte ich auch die Entstehung 
des achten Protostigmas verfolgen, von der Fig. 28, die ebenfalls nur 
die letzten Spalten des Kiemensacks wiedergibt, einen Fall illustriert. 
Auf keinem der untersuchten Präparate konnte ich irgendeinen Zu- 
sammenhang von Spalte 8 (ks, in Fig. 28) mit der vorhergehenden 
wahrnehmen, so daß auch für die achte Spalte nur die selbständige 
Eintstehung als einzige Entstehungsmöglichkeit übrig bleibt. 

Somit gelang es mir, wenigstens für die Protostigma 6, 7 und 8 
die völlig unabhängige selbständige Entstehung und damit 
die Unrichtigkeit der diesbezüglichen Angaben Juris dar- 
zutun. Ältere Stadien standen mir leider nicht zur Verfügung. 

Erst nachdem meine Untersuchung von Styelopsis abgeschlossen 
war, erschien die besprochene Arbeit von Damas, der, wie erwähnt, 
zu Ergebnissen kam, die die meinigen vollständig bestätigen und er- 
gänzen, so daß für die sämtlichen bei Siyelopsis angelegten Proto- 
stigmata ihre selbständige Entstehung zweifellos feststeht. 


536 | Paul Fechner, 


Die weitere Entwicklung des Kiemenkorbes kann auf Grund der 
Arbeiten der zitierten Autoren, unter denen wieder Damas eine hervor- 
ragende Rolle einnimmt, als hinreichend geklärt gelten. Die definitiven 
Kiemenspalten entstehen durch Querteilung der Protostigmata und 
Auflösung derselben in je eine Reihe von Spalten. Damit ist aber nicht 
gesagt, daß man aus der Zahl der definitiven Spaltreihen auf die Zahl 
der Protostigmata schließen kann, denn nach Damas gehen neue Spalt- 
reihen nicht nur aus der Querteilung eines Protostigmas, sondern auch 
dadurch hervor, daß sich schon fertige Spaltreihen in der Richtung ihrer 
Längserstreckung teilen. 


3. Polyeyclus renieri Lam. 

Das Auftreten der Kiemenspalten bei Boiryllus ist schon wiederholt 
der Gegenstand von Untersuchungen gewesen, doch legten bisher die 
Forscher ausschließlich die Oozooide ihren Studien zugrunde. Vor 
allem ist hier GARSTANG (8) zu nennen, der die Oozooide von Botryllus 
aurolineatus Giard untersuchte. Er fand das jüngste Stadium, das er 
beobachtete, mit jederseits einer Knospe versehen und bereits im fest- 
sitzenden Zustand. Der Kiemendarm wies vier Paar senkrecht zum 
Endostyl stehende Protostigmata auf, die, etwa neunmal so breit als 
lang, fast die ganze Breite des Kiemendarmes einnehmen und als selb- 
ständige Perforationen entstanden sind. Auf späteren Stadien zerlegen 
sich die vorderen Protostigmata in Reihen von definitiven Spiracula, 
während am Hinterende des Darmes noch eine fünfte Querspalte sich 
bildet. Diese wandelt sich, wie Damas (3) in einer kürzlich erschienenen, 
schon mehrfach erwähnten Arbeit feststellte, ebenfalls in eine fünfte 
Querreihe um, indem sie sich senkrecht zu ihrem größten Durchmesser 
teilt. Auch SEELIGER (22) hat bei einem festsitzenden Oozooid, das nur 
eine Knospe an der rechten Seite trug und wahrscheinlich zu Botryllus 
violaceus gehörte, fünf schlitzförmige Protostigmata beobachtet, die 
aber noch alle ungeteilt waren. Damit stimmt nach SEELIGER (22) voll- 
kommen überein die Abbildung, die Pızon (1900) von Botryllus 
Schlosseri gegeben hat, während nach diesem Autor das Oozooid von 
Botrylloides rubrum jederseits sieben querverlaufende Protostigmata 
besitzt. 

Wenn somit über die Kiemenspaltenbildung von Botryllus schon 
allerlei, wenn auch keineswegs vollständige Kenntnisse vorliegen, so 
betreffen diese doch ausschließlich die Oozooide, während die Entstehung 
der Spiracula in den Knospungsstadien noch ganz unbearbeitet geblieben 
ist. Nur SEELIGER (16) interpretiert eine Abbildung Pızons von Bo- 


Beiträge zur Kenntnis der Kiemenspaltenbildung der Ascidien. 537 


trylloides rubrum dahin, daß bei dieser Botrylloide nicht nur die Oozooide, 
sondern auch die erste Knospengeneration querschlitzförmige Proto- 
stigmata zu tragen scheinen. Bei solcher Sachlage glaube ich mit den 
nachfolgenden Zeilen, die ausschließlich der Entstehung der Kiemen 
in der Knospe gewidmet sind, eine wesentliche Lücke auszufüllen. 


Als Material dienten Stöcke von Polycyclus renieri Lam. 


Zur Orientierung über die allgemeine Konfiguration der Organe 
gebe ich in Fig. 8 das Bild einer jungen, etwa 1/, mm langen Knospe, 
deren Ingestions- und Egestionsöffnung noch nicht durchgebrochen sind. 
An dem ziemlich geräumigen Kiemendarm (kd), dessen Ventralwand in 
ihrer ganzen Länge den Endostyl (es) trägt, fallen vor allem dunkle Strei- 
fen (pv) auf, die, quer zur Darmrichtung, den Darm mit Ausnahme des 
hinteren Teils in dorsoventraler Richtung durchziehen. Es sind dies 
ungefähr zehn wellenbergförmige Erhebungen oder Faltungen des Peri- 
branchialepithels, in denen, wie wir weiter unten sehen werden, die 
Kiemenspalten durchbrechen. Senkrecht zu ihnen verlaufen von vorn 
bis hinten am Kiemendarm drei ähnliche, aber schmälere Streifen, die 
drei inneren Längsgefäße (vl). An den Kiemendarm schließt sich der 
Oesophagus (oe) und der übrige Teil des Digestionstractus (Magen, 
Mitteldarm und Enddarm) an. Gehirn (g) und Flimmergrube (/g) sind 
leidlich zu erkennen, desgleichen auffallenderweise die Anlage der Ge- 
schlechtsorgane (gl). 


Um möglichst klare Bilder der Vorgänge der Kiemenspaltenbildung 
bei den Polycyclus-Knospen zu erhalten, präparierte ich aus dem mir 
zur Verfügung stehenden Material Knospen verschiedensten Alters 
heraus und legte Längs- und Querschnitte durch dieselben. Ich begann 
mit der Untersuchung der Längsschnitte und will auch bei der Be- 
sprechung meiner Befunde mit diesen anfangen. 


In Fig. 9 habe ich einen Frontalschnitt (parallel zum Endostyl) 
wiedergegeben, der einer Längsschnittserie durch eine noch jüngere 
Knospe, als der in Fig. 8 abgebildeten, entnommen ist; gezeichnet ist 
der vordere und mittlere Teil der rechten Kiemendarmseite. Während 
das entodermale Kiemendarmepithel (en) einen Streifen gleichförmiger 
kubischer Epithelzellen darstellt, erscheint das ectodermale innere Peri- 
branchialepithel (ec) in wellenförmige Faltungen gelegt. Man erkennt 
leicht, daß diese Erhebungen den dunklen Querstreifen (pv) in Fig. 8 
entsprechen, welch letztere sich demnach als Epithelfaltungen bzw. 
Verdickungen des inneren Peribranchialepithels darstellen. Untersucht 
man nun diese eben erwähnten Faltungen des Ectoderms bei stärkerer 


538 Paul Fechner, 


Vergrößerung (Fig. 10)!, so sieht man schon hier auf diesem jungen 
Entwicklungsstadium, daß mit der Faltung des Peribranchialepithels 
auch eine Verdickung desselben Hand in Hand geht, die auf dem Wellen- 
berg am bedeutendsten ist, nach dem Wellental zu aber allmählich 
abnimmt. 

Nichtsdestoweniger stellt aber das peribranchiale Eetoderm nach 
wie vor ein einschichtiges Epithel dar. Wie aus der Zeichnung (Fig. 9) 
auch hervorgeht, ist diese Faltenbildung des Peribranchialepithels in 
der vorderen Kiemendarmregion am kräftigsten ausgeprägt, in der 
mittleren Region werden die Falten niedriger, um noch weiter nach 
hinten völlig zu verschwinden. Einen Schnitt durch diese hintere 
Kiemendarmpartie durch ein sogar noch etwas älteres Stadium stellt 
Fig. 11 dar,und man sieht hier in der Tat Ectoderm (ec) und Entoderm 
(en) als einschichtiges Epithel völlig glatt nebeneinander herlaufen. 

Ohne Zweifel stellen die beschriebenen Faltungen des inneren Peri- 
branchialepithels höchst auffallende Bildungen dar, und ich war, ohne 
Kenntnis der späteren Stadien, zunächst geneigt, sie mit der Anlage 
der von mir als Vorläufer der definitiven Kiemenspalten vermuteten 
Protostigmata in Verbindung zu bringen, indem ich erwartete, auf dem 
nächsten Stadium diese Protostigmata im Grunde der Faltentäler zum 
Durchbruch kommen zu sehen. Allein nichts Derartiges stellte sich 
zu meiner großen Überraschung ein: Protostigmata, wie sie doch 
im Oozooid nach allen zitierten Autoren angelegt werden, treten in 
der Entwicklung der Knospen überhaupt nicht auf, die 
Faltungen treten wieder zurück und, wenn sie auch nicht spurlos 
verschwinden, so nehmen sie doch einen so andersartigen Charakter 
an, daß damit der Begriff einer Faltung ın Wegfall kommt. Wenn 
sodann in ihrem Bereich Kiemendurchbrüche stattfinden, so handelt 
es sich dann nicht um Protostigmata, sondern um definitive Kiemen- 
spalten, und diese brechen auch nicht an Stelle der Faltentäler, sondern 
im Gegenteil auf den Erhebungen selbst durch. 

Bevor das geschieht, haben die geschilderten Peribranchialfalten 
eigentümliche Umwandlungen durchzumachen, die wir bereits in den 
Fig. 12—14 angebahnt sehen, welche sämtlich Frontalschnitten durch 
verschiedene Regionen einer und derselben Knospe entnommen sind, 
die an Alter ungefähr der in Fig. 8 gezeichneten gleichkommt. Fig. 13 


1 Nicht uninteressant ist es, daß man auch hier Muskelfasern (mz) zwischen 
den beiden die Kiemen bildenden Blättern vorfindet. Die Muskelzellen, aus 
Mesenchymelementen entstanden, liegen strangartig aneinander gereiht und 
lassen hier und da einen Kern erkennen. 


Beiträge zur Kenntnis der Kiemenspaltenbildung der Ascidien. 539 


entstammt der mittleren Region des Kiemendarmes. Zwar sehen wir 
- auch hier noch das innere Peribranchialepithel sich zu ausgesprochenen 
Falten erheben, allein diese Falten sind, gegenüber dem vorigen Stadium, 
niedriger geworden, während anderseits die Ectodermzellen selbst höher 
geworden sind und zwar am höchsten auf dem Rücken der Falte. Außer- 
dem beobachtet man aber auch Differenzierungen im Entoderm des 
Kiemendarmes, indem dieses (Fig. 13) den Ectodermfalten entsprechende 
Epithelverdickungen aufweist, die ebenso wie jene auf dem Flächenbilde 
sich als quere Verdickungsleisten des Kiemendarmes darstellen. Auch 
auf etwas späteren Stadien, auf denen der Charakter der Ectodermfalten 
bereits eine Abänderung erfahren hat, bleiben diese Entodermleisten 
gleichwohl immer deutlich ausgeprägt (Fig. 12, 14, 15) und erfahren 
sogar vielfach eine schwache rinnenförmige Krümmung nach außen, 
sich auf diese Weise innig der Curvatur der Ectodermfalten anlegend 
(Fig. 15). Wie die Ectodermfalten, treten auch die Entodermleisten 
zunächst in der vorderen und mittleren Region des Kiemendarmes auf, 
so daß man sie an demselben Präparate in der hinteren Region noch 
vermißt. 

Neben Bildern, wie ich sie an der Hand der Fig. 13 geschildert, 
traf ich in der gleichen Region derselben Serie gelegentlich solche, wie 
sie Fig. 12 darstellt. Auf Grund dieser, und ohne noch den Zusammen- 
hang der Entwicklung zu kennen, neigte ich mich anfangs der Ansicht 
zu, daß die beschriebenen Ectodermfalten im Laufe ihrer Weiterent- 
wicklung vorübergehend ein mehrschichtiges Stadium durchmachten, 
in dem man nicht von einer Falte, sondern vielmehr von einer soliden 
mehrschichtigen Epithelleiste sprechen könne. Ein genaues Studium 
der Fig. 12 und ähnlicher Schnittbilder lehrt jedoch, daß die anschei- 
nende Mehrschichtigkeit der Ectodermleisten nur eine scheinbare ist. 
Neben Zellgrenzen, welche polygonale Bezirke umgrenzen, treffen wir 
auch radial verlaufende Linien (mittlere Leiste), welche die Leiste von 
oben bis unten durchsetzen und nur auftreten können, wenn das Epithel 
in Wirklichkeit ein einschichtiges, aus einzelnen Cylinder- oder, richtiger 
ausgedrückt, aus Pyramidenzellen bestehendes ist. Ich habe in der 
Tat die Überzeugung gewonnen, daß Bilder, wie Fig. 12, nur infolge 
schiefer Schnittrichtung zustande kommen können, und daß es sich in 
Wirklichkeit immer um Faltungen eines einschichtigen Epithels handelt, 
dessen Zellen in den Faltungsbergen stark in die Länge gewachsen sind, 
wie das auch in Fig. 13 hervortritt. Nur durch Annahme einer bald 
schiefen, bald senkrechten Schnittrichtung ist es erklärlich, daß un- 


mittelbar nebeneinander Bilder, wie Fig. 12 und 13, auftreten können. 
Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. _ 36 


540 Paul Fechner, 


Jedenfalls müssen wir als feststehende Tatsachen im Auge behalten, 
1) daß die Ectodermfalten vom Stadium der Fig. 10 sich bei der Weiter- 
entwicklung abflachen (Fig. 13), indem gleichzeitig die Zellen an den 
Faltenbergen gegenüber jenen in den Faltentälern, an Höhe zunehmen, 
2) daß vom Stadium der Fig. 10 zu dem der Fig. 13 auch entsprechend 
der Lage der Ectodermfalten Verdickungsleisten im Entoderm auf- 
treten. 

Noch weiter sehen wir beide Prozesse in der folgenden Fig. 14 fort- 
geschritten, die mit Fig. 13 derselben Frontalschnittserie, jedoch dem 
vordersten, also dem am weitesten entwickelten Teile des Kiemendarmes 
entnommen ist. Hier ist nun das eingetreten, worauf die Höhenabnahme 
der Falten in Fig. 13 schon hindeutet, nämlich der vollständige Schwund 
der Faltungen des Ectoderms. Die bisherigen Ectodermfalten haben 
sich zu einfachen Verdickungsleisten des inneren Peribranchialepithels 
umgewandelt, die nach wie vor aus einer einfachen Schicht von Eeto- 
dermzellen bestehen, die aber nunmehr viel regelmäßiger angeordnet 
sind und vor allem auch gegenüber dem in Fig. 13 dargestellten Zustand 
bedeutend an Höhe gewonnen haben. Die einzelnen queren Ectoderm- 
leisten, die an ihren oberen und unteren Enden nur wenig an Höhe 
abnehmen, werden ziemlich unvermittelt durch schmale Streifen außer- 
ordentlich niedrigen Epithels verbunden. Auch das Entoderm zeigt die 
entsprechenden Verdickungsleisten ebenfalls deutlicher ausgeprägt, als 
in Fig. 13; sie korrespondieren genau mit den Ectodermleisten, denen 
sie sich überdies noch auf das engste angelegt haben. 

Während wir auf dem soeben geschilderten Stadium Verhältnisse, 
wie sie Fig. 14 erläutert, nur in der vordersten Region antreffen, finden 
wir an wenig älteren Knospen, bei denen jene dunklen Querstreifen 
(pv) der Figur auch auf dem hintersten Abschnitt des Kiemendarmes 
vorhanden sind, diese Streifen bereits in allen Regionen des Präparates 
in Form von Ecetodermleisten im Sinne der Fig. 13. Fig. 15 und 16 
stellen Stücke von Frontalschnitten durch eine solche Knospe dar, 
und zwar Fig. 15 eine Partie aus dem vorderen, Fig. 16 eine solche aus 
dem hinteren Kiemendarmabschnitt. Beide lassen im wesentlichen 
dasselbe erkennen, was ich an Fig. 14 bereits erläutert, nur sehen wir 
in Fig. 16 den Differenzierungsprozeß naturgemäß weniger weit Vor- 
geschritten, als in Fig. 15. Das Entoderm läßt hier von Verdickungen 
überhaupt noch nichts erkennen, dagegen sehen wir die den Eetoderm- 
leisten gegenüberliegenden Entodermteile schwach rinnenförmig dem 
Ectoderm entgegen gewölbt. Auch sind die beiden Zellschichten keines- 
wegs so eng aneinander gelagert, wie in Fig. 14, ein Verhalten, 


Beiträge zur Kenntnis der Kiemenspaltenbildung der Aseidien. 541 


das dagegen im unteren Teile der Fig. 15 (bei a) bereits ange- 
bahnt ist. 

Was für eine Bedeutung haben nun diese beschriebenen, im Ecto- 
derm und Entoderm des Kiemendarmes auftretenden Querleisten? 
Schon oben habe ich erwähnt, daß ich, ohne noch die späteren Schick- 
sale derselben zu kennen, vermuten mußte, daß sie mit der Anlage der 
für das Oozooid von den verschiedenen Autoren nachgewiesenen Proto- 
stigmata zu tun hätten, und dab diese letzteren in den zwischen den 
Leisten gelegenen verdünnten Epithelpartien zum Durchbruch ge- 
langen würden. Es stellte sich jedoch heraus, daß Protostigmata über- 
haupt nicht zum Durchbruch kommen, daß vielmehr bei der Knospe 
das Stadium offener Protostigmata übersprungen wird und 
innerhalb der Querleisten direkt die definitiven Kiemen- 
spalten zur Anlage kommen. Es hat demnach die Kiemen- 
bildung der Knospe gegenüber der des Oozooids eine Abkür- 
zung erfahren, und die Querfalten und späteren Querleisten, 
welche zweckmäßig als Protostigmafalten bzw. Protostigma- 
leisten bezeichnet werden, stellen die letzten Andeutungen der 
verschwundenen Protostigmata dar. Vermutlich kam diese 
Abkürzung dadurch zustande, daß die Knospenentwicklung im ganzen 
schneller von statten ging, als die Entwicklung aus dem Ei, und daß 
infolgedessen der Durchbruch der definitiven Stigmata immer früher 
und schließlich bereits zu einer Zeit eintrat, wo die Bildung der Proto- 
stigmata eben erst durch den Faltungsprozeß eingeleitet, aber noch 
nicht abgeschlossen war. 

Wenn wir die Bildung der definitiven Kiemenspalten selbst studieren 
wollen, so müssen wir uns Querschnittsbildern zuwenden. 

Querschnitte durch die zuletzt betrachteten Stadien zeigen ein ver- 
schiedenes Bild, je nachdem sie eine Protostigmaleiste, oder den 
Zwischenraum zwischen solchen getroffen haben. Geht der Schnitt 
durch einen Zwischenraum, so treffen wir das innere Blatt des Peri-. 
branchialraumes als dünnes, flaches Epithel, hat er dagegen die Leiste 
selbst getroffen, so finden wir an derselben Stelle ein beträchtlich hohes 
Cylinderepithel, das von der Gegend des Endostyls bis nahe zur Dorsal- 
falte reicht. Ich habe davon abgesehen, solche Querschnitte abzubilden, 
weil die gleich zu besprechende Fig. 17, die bereits dem folgenden Sta- 
“ dium angehört, völlig geeignet ist, die geschilderten Verhältnisse zu 
illustrieren. 

Diese Fig. 17 zeigt insofern einen Fortschritt der Entwicklung, als 
hier bereits die definitiven Kiemenspalten durchzubrechen beginnen. 

36* 


542. Paul Fechner, 


\ 


Im Centrum der Figur treffen wir den Kiemendarm mit der Dorsal- 
falte (ds) und dem Endostyl (es), rechts und links davon die beider- 
seitigen Peribranchialräume (p). Der Schnitt ist so geführt, daß nur 
auf der linken Kiemendarmseite der verdickte Streifen des Ectoderms (ec), 
die Protostigmaleiste, getroffen ist, während auf der rechten Seite der 
Schnitt durch den Zwischenraum zwischen zwei Leisten gegangen ist, 
so daß also an dieser Seite das innere Peribranchialepithel von äußerst 
niedriger Beschaffenheit ist. An der linken Seite treffen wir nun inner- 
halb der Protostigmaleiste die Anlagen von drei Kiemenspalten, die im 
einzelnen an andern, in größerem Maßstab gehaltenen Abbildungen 
erläutert werden sollen; wichtig ist mir hier nur, außer der allgemeinen 
Übersicht, der Nachweis, daß diese Kiemenspalten auf den Leisten selbst, 
nicht zwischen ıhnen durchbrechen. Wie ich im voraus bemerken will, 
treten die ersten Kiemenspalten teils an den Längsgefäßen (el der Fig. 8), 
teils aber in der Nachbarschaft einerseits des Endostyls, anderseits der 
Dorsalfalte auf. Die drei Kiemenspalten der vorliegenden Fig. 17 liegen 
je. an der Stelle eines in Anlage begriffenen Längsgefäßes. Die Anlagen 
dieser, jederseits drei an Zahl, bestehen aus entsprechend zahlreichen 
Falten des Entoderms (zl), die durch ein besonders hohes Oylinderepithel 
ausgezeichnet sind. Während das Ectoderm im Bereich der Protostigma- 
leisten sonst dem Kiemendarmepithel dicht anliegt, sehen wir es nur 
an der Stelle der Gefäßfalten durch einen Zwischenraum vom Entoderm 
getrennt, in dem häufig isolierte Zellen, Blutzellen, angetroffen 
werden. 

Ich hatte nun Gelegenheit, eine Reihe von Knospen vom Alter der 
Fig. 17 und auch noch ältere Knospungsstadien auf kontinuierlichen 
Serienschnitten zu untersuchen. Alle zeigen Kiemenspalten auf den 
verschiedensten Stadien ihrer Entwicklung, und schon eine einzelne 
Knospe ähnlicher Altersstufen erlaubt daher, sich ein vollständiges Bild 
von dem Zustandekommen einer definitiven Kiemenspalte zu machen. 
Am frühesten setzt die Bildung der Kiemenspalten in der mittleren Region 
des Kiemendarmes ein, denn hier trifft man in den erwähnten Knospen 
die zahlreichsten Spaltanlagen. In Fig. 17 sehen wir dieselben ausschließ- 
lich an den inneren Längsgefäßen auftreten; an andern gleichaltrigen 
oder wenig älteren Präparaten treten sie aber außer an den Längsgefäben 
auch ventral in der Nähe des Endostyls (Fig. 23) und dorsal an der 
Dorsalfalte (Fig. 21) auf. Am hinteren Ende des Kiemendarmes jedoch, 
an dem auch die Protostigmaleisten zuletzt entstanden, treffen wir 
dagegen erst wenige Spaltanlagen an und zwar hier zunächst ausschließ- 
lich neben der Dorsalfalte einerseits, anderseits ventral in nächster 


Beiträge zur Kenntnis der Kiemenspaltenbildung der Ascidien. 543 


Nachbarschaft des Endostyls. Erst allmählich schreitet die Spalt- 
bildung von der mittleren nach der hinteren Region zu vor. 

Betrachten wir zunächst, wie die Spaltbildung in der Nähe der 
Dorsalfalte und des Endostyls vor sich geht, an den Stellen also, wo die 
Komplikation durch die Längsgefäßanlagen wegfällt. 

Fig. 20 a—c stellen drei aufeinanderfolgende Querschnitte durch 
eine junge Spaltanlage dar, die in unmittelbarer Nachbarschaft des 
Enndostyls gelegen und dem hinteren Ende des Kiemendarmes entnommen 
ist. Die Schnitte a und 5 haben die Spaltanlage selbst getroffen, während 
20c das Verhalten des nächsten Schnittes vor und hinter der Spalte 
illustriert. Wir sehen an diesem letzteren besonders, wie der ectoder- 
male Peribranchialraum (ec) überall, besonders aber an der kritischen 
durch +#- bezeichneten Stelle, durch einen deutlichen Zwischenraum vom 
Pharyngealepithel getrennt ist. In Fig. 20a ist an eben dieser Stelle, 
da wo das innere verdickte Peribranchialepithel, die Protostigma- 
leiste (ec), in das äußere peribranchiale Ectoderm (ec},) übergeht, eine 
Eetodermfalte entstanden, deren Spaltlumen (ks,) das zurzeit noch nicht 
durchgebrochene Lumen einer jungen, in Bildung begriffenen Kiemen- 
spalte darstellt. Im Nachbarschnitt 20 5 ist nun an der kritischen (+) 
Stelle eine Verwachsung der Spitze dieser Ectodermfalte mit dem 
gegenüberliegenden Entoderm des Kiemendarmes eingetreten, und inner: 
‚halb dieser Verwachsungsstelle wird nun auf dem nächsten Stadium 
die Spalte (ks,) zum Durchbruch kommen. Bevor das aber geschieht, 
tritt unmittelbar neben der geschilderten Spaltanlage eine schmale, 
spaltförmige Einsenkung (ks,) auf der Protostigmaleiste auf, welche 
die Anlage für die nächste Kiemenspalte darstellt. Das Folgestadium 
des Prozesses treffen wir in Fig. 23 an, in der wir rechts neben dem 
Endostyl (es) die beiden während ihrer Bildung beobachteten Anlagen 
bereits durchgebrochen finden (ks,, %ksg). Namentlich die nächst dem 
Endostyl gelegene Spalte ks, ist der unmittelbare Folgezustand zu ks} 
in Fig. 20a und b. Infolge des Durchbruchs geht nunmehr das Ento- 
derm (en) des Kiemensackes ganz kontinuierlich in das äußere Blatt (ec}) 
des Peribranchialraumes über. 

Genau so, wie am Endostyl, spielt sich der Prozeß auch an der 
Dorsalfalte ab, wie Fig. 18 in besonders einfacher, klarer Weise zeigt. 
Den ersten Anstoß zur Spaltbildung gibt auch hier eine Faltenbildung 
im Ectoderm (bei ks,), die gegen das sich völlig passiv verhaltende 
Enntoderm (en) vorwächst. So einfach das Bild dieser Faltung hier, 
sowie in Fig. 20, sich auch darstellt, so ist ihr Zustandekommen doch 
keineswegs so ohne weiteres verständlich. Wenn es sich wirklich um 


544 Paul Fechner, 


eine gewöhnliche Faltung der Protostigmaleiste handelte, so müßten 
auch die Wandungen der Falte dieselbe Dicke haben, wie die Leiste 
selbst. Dies ist aber keineswegs der Fall, wie ein Blick auf die Figuren 
beweist, und deshalb möchte ich annehmen, daß die Faltung nur Hand 
in Hand mit gleichzeitiger Zellumlagerung an der betreffenden Stelle 
der Protostigmaleiste vor sich gehen kann. So erkefnen wir in Fig. 18 
neben der ersten Spaltanlage bei ks, schon den leichten Beginn einer 
zweiten, die im wesentlichen nur erst durch eine leichte Einsenkung 
der Oberfläche, sowie durch veränderte Stellung der Zellkerne angedeutet 
ist. Beide Spaltanlagen der Fig. 18 sehen wir sodann in Fig. 21 rechts 
von ds bereits in vollendetem Durchbruch (ks,, ks,). In Fig. 19 dagegen, 
in der man schon drei Spalten in der Anlage erkennt (ks,, ks,, ksz), ist 
nur die mittlere durchbrochen, während die erste, noch geschlossen, 
so recht deutlich erkennen läßt, wie hier bei Polycyclus das Eetoderm 
fast das gesamte Spaltlumen auskleidet, während dem 
Entoderm nur eine untergeordnete Rolle zukommt. 

Wie schon das Übersichtsbild Fig. 17 erkennen läßt, geht die Spalt- 
bildung an den Gefäßfalten in prinzipiell übereinstimmender Weise, 
wie an der Dorsalfalte und dem Endostyl, vor sich. Auch hier sind es 
Faltungen innerhalb der ectodermalen Protostigmaleisten, die den 
Prozeß nicht nur einleiten, sondern überhaupt das wesentliche Bau- 
material für das Spaltepithel liefern. Den Anfang des Prozesses erkennen 
wir in Fig. 21 bei ksy4; die Falte der. Protostigmaleiste erstreckt sich 
tief in die Gefäßleiste hinein, hier einen dreieckigen Raum freilassend, 
in dem wir gerade eine Blutzelle antreffen. Das Entoderm der Gefäß- 
falte zeigt sich nach der Spitze zu (bei en) verdickt, und unterhalb dieser 
treffen wir regelmäßig an der einen Seite ein kleines, vom Entoderm 
gebildetes (mit * bezeichnet) Grübchen. Man könnte daran denken, 
daß es sich um eine Entodermeinstülpung handle, die, der Ectoderm- 
falte entgegenwachsend, in diese durchbreche, um gemeinsam mit ihr 
die Kiemenspalte zu bilden. Dem ist jedoch nicht so, indem der Durch- 
bruch der Spalte unterhalb des Grübchens an der Seite der Gefäßfalte 
erfolgt, wie dieselbe Figur bei ks, (*), sowie Fig. 22 bei * zeigt. 

Über den Durchbruch der Spalte selbst ist im ganzen wenig zu 
sagen, die Abbildungen (Fig. 21 ks,, Fig. 22) erläutern ihn ohne weiteres. 
Die Ectodermausstülpung der Protostigmaleiste wird länger und erfährt 
hierbei eine Knickung, so daß sie an ihrer Spitze mit dem Enntoderm 
an der Gefäßfalte in Berührung tritt, mit ihm verschmilzt, worauf auch 
die Entodermzellen an der Spitze auseinanderweichen, womit die Spalte 
hergestellt und die Kommunikation zwischen Pharyngeal- und Peri- 


Beiträge zur Kenntnis der Kiemenspaltenbildung der Ascidien. 545 


branchialraum eingetreten ist. Stets erweist sich das Spaltlumen der 
ersten an der Gefäßfalte auftretenden Kiemenspalte nahezu recht- 
winklig geknickt, stets ist ferner die Mündung in den Pharyngealraum 
auf einer kleinen papillenförmigen Erhebung gelegen, die von einer 
Ringfurche umgeben ist, an deren Zustandekommen wohl auch das 
vorhin besprochene Entodermgrübchen beteiligt sein mag. Wesentlich 
ist, daß auch diese an den Gefäßfalten auftretenden Kiemenspalten 
ebenso, wie diejenigen an der Dorsalfalte und am Endostyl, räumlich 
voneinander getrennt und durchaus selbständig und un- 
abhängig voneinander entstehen, ferner, daß an der Bildung 
der Spalten das Ectoderm fast ausschließlich beteiligt ist, 
während dem Entoderm nur ein nahezu verschwindender 
Anteil zuerkannt werden kann. 

Wie Fig. 17, sowie Fig. 21, 22 gezeigt haben, treten die Kiemen- 
spalten an den Gefäßfalten immer zunächst einseitig und in der Einzahl 
auf; jedoch ist das ein vorübergehender Zustand, indem im nächsten 
Stadium auch an der andern Seite der Gefäßfalte eine zweite Spalte zur 
Ausbildung kommt. Angebahnt sehen wir dieselbe in Fig. 24 und er- 
kennen, wie von der Knickungsstelle der ersten Spalte, in halber Höhe 
des Spaltkanals, ein neues kurzes Spaltlumen sich abzweigt, das mit 
dem bereits vorhandenen eine y-förmige Figur bildet. Unser Bild ist 
ein unmittelbarer Folgezustand von ks, in Fig. 21 und anderseits das 
Vorstadium zu Fig. 23 ks, und ks,, wo wir auch diese zweite Spalte 
nunmehr durchgebrochen sehen. Auch diese zweite Spalte ver- 
dankt wesentlich dem Ectoderm den Ursprung, sie entsteht 
jedoch nicht selbständig, sondern in enger Abhängigkeit 
von derjenigen Kiemenspalte, die zuerst an der Gefäßfalte 
auftrat. Die enge genetische Beziehung beider Spalten zueinander 
prägt sich auch noch im fertigen Zustand dadurch aus, daß, wie Fig. 23 
deutlich zeigt, nur die Einmündung in den Kiemendarm eine doppelte 
ist, während die nach dem Peribranchialraum zu gelegene Spalthälfte 
und Ausmündung für beide Spalten eine gemeinsame bleibt. 

Die Ausbildung dieser zweiten Kiemenspalte hat zur Folge, daß 
dadurch die Gefäßfalten im Bereich der Spalte zu einem röhrenförmigen 
Gefäß abgeschnürt werden, in dessen Lumen häufig Blutzellen ge- 
funden werden. 

Überblicken wir noch einmal die an Polyeyclus gewonnenen Er- 
gebnisse, so ergibt sich: 

1) Daß bei dieser Botryllide, im Gegensatz zu den von andern 
Autoren am Oozooid gemachten Beobachtungen, bei der Entwicklung 


546 Paul Fechner, 


der Knospen weder Protostigmata auftreten, noch auch die Querreihen 
der definitiven Kiemenspalten durch Teilung der Protostigmata ihre 
Entstehung nehmen. Vielmehr erleidet der Prozeß der Kiemenbildung 
in der Knospe eine Abkürzung, bei der wir das Stadium der im Oozooid 
offenen Protostigmata nur durch die oben beschriebenen Protostigma- 
leisten bzw. -Falten angedeutet finden. 

2) Die Protostigmaleisten bilden die gemeinsame Grundlage je 
einer Reihe von Kiemenspalten, die im übrigen völlig selbständig und 
unabhängig voneinander entstehen. So beweist auch die Knospen- 
entwicklung von Polycyclus, im Gegensatz zu JULINs Ansichten, das 
verbreitete Vorkommen der Spaltbildung nach dem ersten Typus. Die 
einzigen Kiemenspalten, welche bei vorliegender Tierform abhängig 
von andern entstehen, sind die zweiten Spiracula an den Gefäßfalten, 
welche durch Knospung aus den ersten hervorgehen und auch dauernd 
zu diesen in einem Abhängigkeitsverhältnis stehen bleiben. 

3) Die definitiven Kiemenspalten von Polycyclus kommen der 
Hauptsache nach durch Ausstülpung des ectodermalen Peribranchial- 
epithels zustande, während das Entoderm nur in sehr geringem Maße 
beteiligt ist. Es ist das eine Erscheinung, die bisher unter den Ascidien 
nur bei Pyrosoma von JULIN beobachtet wurde. Damit fallen aber 
die gesamten Spekulationen JuLıns, der auf Grund dieses Verhaltens 
Pyrosoma von den übrigen Ascidien abtrennen möchte, in sich selbst 
zusammen. 


4. Pyrosoma atlanticum Peron. 


Über die Kiemenspaltenentwicklung bei Pyrosoma hat erst kürzlich 
JULIN in der schon mehrfach erwähnten Arbeit (Recherches sur la 
phylogenese des Tuniciers, diese Zeitschrift, Bd. LXXVI, 8. 597) um- 
fangreiche Untersuchungen veröffentlicht. 

Bevor überhaupt irgendeine Kiemenspalte durchgebrochen ist, 
zeigt sich nach ihm die innere Peribranchialwand, gegenüber der äußeren, 
verdickt und weist überdies eine umfängliche ovale Zone auf, welche 
infolge Zellproliferation besonders mächtig geworden ist und sich mit 
der anliegenden entodermalen Kiemendarmwandung verlötet hat. Auf 
dem nächsten Stadium ist in der inzwischen vergrößerten ovalen Zone 
eine solche Vereinigung beider Epithelien jederseits nur noch an drei 
Stellen vorhanden, die sich auf Flächenbildern durch ein viertes Stadium 
als die Anlagen der drei ersten Kiemenspalten ergeben. Jede Kiemen- 
spaltenanlage wird von einer transversalen, faltenförmigen Einstülpung 
des inneren Peribranchialepithels, also des Ectoderms gebildet. Auf 


Beiträge zur Kenntnis der Kiemenspaltenbildung der Ascidien. 547 


einem Stadium mit neun Spaltanlagen ist dann bei zwei in der Mitte 
gelegenen Kiemenspalten zuerst der Durchbruch erfolgt. Das Entoderm 
verhält sich hierbei ganz passiv und kann nach Zeichnung und Text 
nur einen ganz minimalen Anteil an der Auskleidung der fertigen Spalten 
nehmen, deren vordere und hintere Wandungen nach unserm Autor 
vielmehr »derivent manifestement de l’epithelium peribranchial interne «. 

Nach diesem Stadium mit neun Spaltanlagen wird noch ein solches 
mit 13 Spalten geschildert, die, entsprechend meiner Fig. 40, in der 
Mitte breite Querschlitze darstellen, um nach vorn und hinten allmählich 
im Durchmesser abzunehmen. Die Stigmata sind bereits sämtlich per- 
foriert, mit Ausnahme zweier am Vorderende und eines am hinteren 
Ende des Kiemendarmes, die erst ganz junge Anlagen darstellen. Aus 
dem Vergleich dieses Stadiums mit den bereits beschriebenen, sowie 
mit älteren, die beträchtlich mehr Spalten aufweisen, schließt er, daß 
jene vorhin erwähnte und von dem belgischen Forscher so sehr in den 
Vordergrund geschobene ovale Zone an ihren Enden beständig weiter- 
wächst und hier, ihren ursprünglichen Charakter bewahrend, immerfort 
neue Kiemenspalten in derselben Weise entstehen läßt, wie bisher. 

Das ist in kurzem das Tatsachenmaterial, das JULIN zu einer Reihe 
“ weittragender Folgerungen Veranlassung gegeben. Ich lasse jedoch 
diese zunächst beiseite, um zuvor die Tatsachen einer Prüfung zu 
unterziehen. 

Ein Stadium ohne jede Spur einer Kiemenspaltenanlage stand mir 
nicht zur Verfügung, dagegen konnte ich mehrere Präparate unter- 
suchen, in denen die erste Kiemenspalte kurz vor dem Durchbruch 
stand, bzw. eben durchgebrochen war. Die Fig. 29 und 30 stellen zwei 
aufeinander folgende Schnitte durch den rechten Peribranchialraum 
eines solchen Stadiums dar. In beiden Bildern weist das Entoderm (en) 
des Kiemendarmes in den seitlichen, dem Peribranchialraum benach- 
barten Partien recht hohe, stattliche Cylinderzellen auf, die bedeutend 
ansehnlicher sind, als irgendeine Stelle des Peribranchialepithels. Der 
Peribranchialraum (p) wird von einem dem Ectoderm angehörigen 
Epithel gebildet, das an der äußeren Peribranchialwand (ap) flach ist, 
während es an der inneren Wand des Peribranchialraumes (ip) eine 
annähernd doppelte Höhe erreicht und hier von ausgesprochen kubischen 
Zellen gebildet wird. Hierbei ist besonders zu beachten, daß dieses 
kubische Epithel nicht etwa nach der Peripherie des Peribranchial- 
raumes zu an Höhe abnimmt, so daß etwa eine ovale Zone im Sinne 
JuLins entstehen könnte, die nur den mittleren Teil der inneren Peri- 
branchialwand einnimmt, sondern im Gegenteil erstreckt sich dieses 


548 Taul Fechner, 


kubische Epithel in diesen, wie in allen andern durchgesehenen Schnitt- 
serien in gleichmäßiger Höhe über die gesamte innere Peribranchial- 
wand, ja, es setzt sich sogar noch in gleicher Dicke bis auf die Um- 
biegungsstelle zur äußeren Peribranchialwand fort, um erst an den 
peripheren Grenzen dieser sich allmählich zum Plattenepithel zu ver- 
jüngen. 

So existiert also die von JuLIN beschriebene ovale ver- 
dickte Zone, die »ebauche de la fente branchiale«, die er zum Aus- 
gangspunkt so weittragender Schlußfolgerungen macht, tatsächlich 
nicht. 

Ebensowenig, wie die ovale Zone selbst, lassen die vorliegenden 
Schnitte sowie andre gleichaltrige Präparate ein dichtes Aneinander- 
liegen von Kiemendarm und innerer Peribranchialwand erkennen, viel- 
mehr gilt für das vorliegende Stadium mit einer Kiemenspalte das, 
was JULIN für ein solches mit drei Spaltanlagen schildert, daß nämlich 
ein Zusammenhang der beiden in Frage kommenden Blätter nur an der 
Spaltanlagestelle selbst existiert, im übrigen sind sie an meinen Prä- 
paraten sogar durch einen recht weiten Zwischenraum getrennt. Ganz 
dasselbe zeigen die Fig. 31, 32, die zwei aufeinanderfolgende Schnitte 
durch die betreffende Stelle der linken Peribranchial- und Pharyngeal- 
wand darstellen. Auch hier bemerkt man denselben Zwischenraum 
zwischen Ectoderm (ec) und Entoderm (en), während ein Zusammen- 
hang beider Blätter nur an der Spaltanlage selbst existiert. 

Während nun nach Jurın, sobald überhaupt Kiemenspalten- 
anlagen sich bemerkbar machen, diese letzteren gleich in der Dreizahl 
auftreten, zeigen meine in Fig. 35 —38 abgebildeten Schnitte, daß hier 
nur eine einzige Spaltanlage jederseits vorhanden ist. Sie zeigen 
ferner, daß der Durchbruch der Spalte rechtsseitig (Fig. 30) bereits 
angebahnt, linksseitig sogar schon vollendet ist (Fig. 32), während nach 
JuLIns Schilderung die ersten Durchbrüche erst beobachtet werden, 
wenn bereits neun Spaltanlagen jederseits vorhanden sind, und auch 
dann sollen sie erst an zweien erfolgt sein. 

Meinem Material folgend, ist überhaupt die Reihenfolge im Auf- 
treten der Spalten eine ganz andre, denn in der in Fig. 33 abgebildeten 
Knospe ist neben der ersten Spalte (ks,) nur noch eine weitere auf- 
getreten (ks,), und in einem noch älteren Stadium (Fig. 34) treffen wir 
im ganzen vier Spalten an — alles Tatsachen, die beweisen, daß auch 
die ersten Spalten nicht gleichzeitig, sondern nacheinander auf- 
treten. 

Auch in bezug auf die Formverhältnisse der jungen Kiemenspalten 


Beiträge zur Kenntnis der Kiemenspaltenbildung der Ascidien. 549 


lassen sich meine Befunde in keiner Weise mit denen JuLins in Über- 
einstimmung bringen. Nach den Zeichnungen und Angaben des belgi- 
schen Forschers haben bereits die jüngsten Spaltanlagen eine ganz be- 
deutende Querausdehnung und erstrecken sich fast über die gesamte 
Breite des Peribranchialraumes, während sie in meinen Präparaten 
(Fig. 33, 34) als kleine ovale Durchbrüche erscheinen, die, wie auch die 
in Fig. 29—32 gezeichneten Querschnitte ergeben, nur von ganz geringer 
Ausdehnung sind. 

Das alles aber sind Widersprüche so mannigfacher Art, daß ich 
außerstande bin, sie zum Ausgleich zu bringen, aus denen ich aber 
die Berechtigung ableite, auch die JurLinschen Angaben über die Bil- 
dungsweise dieser ersten Spalten in Zweifel zu ziehen, deren Anbahnung 
der belgische Forscher wohl abbildet und beschreibt, deren tatsäch- 
liehen Durchbruch er jedoch keineswegs gesehen — denn, wenn er 
erst auf dem Stadium mit neun Spaltanlagen zwei Durchbrüche kon- 
statiert, so dürfte die Annahme, daß diese den ersten Spaltanlagen ent- 
sprechen, wohl nur auf Vermutung beruhen. 

Tatsächlich findet nun aber, wie meine Fig. 29—32 beweisen, dieser 
Durchbruch schon statt, bevor überhaupt die nächste Spaltanlage auf- 
getreten ist. In Fig. 30 ist das Spaltlumen allerdings noch durch Proto- 
plasma verklebt, allein an der linksseitigen Kiemenöffnung (Fig. 32) ist 
_ die Spalte bereits passierbar. 

In den Fig. 29, 30, von denen Fig. 30 die Mitte der Spaltanlage 
trifft, während Fig. 29 letztere nur schneidet, sucht man vergeblich 
nach einer irgendwie ins Auge fallenden Beteiligung des Ectoderms, 
vielmehr lassen beide Figuren, besonders aber Fig. 29, eine wesentliche 
Beteiligung auch seitens des Entoderms erkennen, so daß man wohl 
den Tatsachen am besten gerecht werden dürfte, wenn man annımmt, 
daß, wenigstens bei Bildung der ersten Spalte, das Entoderm 
mindestens in gleichem Maße wie das Ectoderm beteiligt 
ist. Schon hier möchte ich kurz anführen, daß, wie sich aus dem Fol- 
genden ergeben wird, der Bildungsprozeß der späteren Kiemenspalten 
etwas anders zu verlaufen scheint und in der Tat der JuLinschen Schil- 
derung entspricht. 

Bevor ich jedoch auf die späteren Stadien eingehe, möchte ich 
bemerken, daß die Oberflächenbilder der ersten Kiemenspalten darauf 
hinweisen, daß diese durchaus als selbständige, voneinander 
unabhängige Bildungen auftreten und daß nicht die Spur eines 
Zusammenhangs erkennbar ist. Sie treten im Flächenbilde (Fig. 33, 34) 
als kleine rundliche oder ovale, bald mit einer Perforation versehene 


550 Paul Fechner, 


Stellen auf, die durch einen ansehnlichen Zwischenraum voneinander 
getrennt sind. Entsprechend diesen Oberflächenbildern muß ich an- 
nehmen, daß das zwei- bzw. dreispaltige Stadium sich aus dem ein- 
spaltigen ableitet, und daß an den Punkten X und XX in Fig. 30—32, 
an denen Entoderm und innere Peribranchialwand sich genähert Babe 
die Bildung der neuen Spalten vor sich gehen wird, ohne daß Fe 
Abhängigkeit von der alten Spalte erkennbar ist. 

In bezug auf die Bildung der späteren Kiemenspalten möchte ich 
hervorheben, daß ich für diese die JuLıinsche Schilderung in wesentlichen 
Punkten bestätigen kann. In der Tat treten die späteren Kiemenspalten 
immer an den vorderen und hinteren Enden des Kiemendarmes auf und 
zwar in Form ebenso kleiner ovaler Anlagen (Fig. 39, 40, 41), wie ich 
selbst sie für die erste Spalte geschildert habe, die erst nachträglich zu 
ihrer definitiven Breite auswachsen. In Fig. 41 sieht man zwei solcher 
jungen Spaltanlagen vom Vorderende eines Stadiums mit etwa 16 Kie- 
menspalten, die eng aneinander gedrängt liegen und von denen %ks, die 
ältere, As, die Jüngere ıst. In den Fig. 35—38 sind Schnitte durch 
diese beiden Spalten wiedergegeben. Aus allen vier Schnitten, speziell 
an der Spalte ks,, geht mit Deutlichkeit hervor, daß an der Bildung 
dieser das Ectoderm im Sinne JuLins tatsächlich einen hervorragenden 
Anteil genommen haben muß; ferner geht aber aus den Schnitten durch 
die jüngste Anlage ks,, deren Lumen, wie Fig. 37 zeigt, noch nicht 
ganz geöffnet, sondern noch durch Protoplasma verklebt ist, auch 
hervor, daß das Entoderm doch auch hier nicht ganz unbeteiligt ist; 
denn wie sollte man sich die Entodermverdickung (en) auf den seitlichen 
Schnitten 35, 36 und 38 anders erklären können, als durch eine Betei- 
ligung auch des Entoderms an der Bildung der neuen Kiemenspalten. 
Wenn demnach die späteren Kiemenspalten von Pyrosoma unzweifel- 
haft in ähnlicher Weise, wie ich es im vorigen Kapitel für Polycyclus 
dargetan, im wesentlichen einer Ectodermausstülpung des inneren Peri- 
branchialepithels den Ursprung verdanken, so kann dennoch eine, wenn 
auch beschränkte, Beteiligung des Entoderms ebensowenig dort, wie 
hier, in Abrede Bestell werden. 

Schließlich bleibt mir nur noch zu sen, ob denn diese späteren 
Kiemenspalten in Abhängigkeit voneinander oder selbständig entstehen. 
Anälteren Präparaten sind zwar die jungen Spalten sehr eng aneinander 
sedrängt, wie in Fig. 41, aber bei etwas jüngeren kommt es doch des 
öftern vor, daß auch die jüngste Spalte von der nächst älteren durch 
einen ansehnlichen Zwischenraum getrennt ist (Fig. 39). Offenbar hängt 
die mehr oder weniger gedrängte Lage lediglich von der Schnelligkeit ab, 


Beiträge zur Kenntnis der Kiemenspaltenbildung der Ascidien. 551 


mit der die Spalten sich nacheinander anlegen, so daß bei schneller 
Gangart des Prozesses der geringe verfügbare Raum allein die An- 
einanderdrängung bedingt. Von einer Ableitung der neueren Spalten 
aus einem Knospungsprozeß an den nächst älteren kann aber keines- 
falls die Rede sein, denn auch die Schnitte 35—38 geben für eine solche 
Annahme nicht die geringsten Anhaltspunkte an die Hand. 

Die verdickte innere Peribranchialwand gibt für alle Kiemenspalten 
das gemeinsame Baumaterial ab und die einzelnen Spalten werden un- 
abhängig voneinander angelegt. Die Spaltbildung beginnt ın der Mitte 
und schreitet nach den Enden fort. Indem gleichzeitig die beiden Epi- 
thelien, von der Mitte nach dem Vorder- und Hinterende zu, sich aus 
dem indifferenten primitiven Zustand zu dem definitiven histologischen 
Charakter differenzieren, bleibt an den beiden äußersten Enden für 
lange Zeit eine Zone indifferenten bildungsfähigen Epithels bestehen, 
das dann das Material für die spätesten Spalten liefert. 

Und nun zu den Folgerungen, die JULIN aus seinen Beobachtungen 
zieht, die zum Teil so weittragender Natur sind, daß sie, wenn sie richtig 
wären, Pyrosoma einen ganz andern Platz im System anweisen würden. 

Alle die queren Kiemenspalten derselben Seite des Kiemensackes 
sollen sich nach Jurın auf Kosten der »ebauche commune« jener ovalen, 
peripher von den Randteilen der inneren Peribranchialwand deutlich 
abgegrenzten Zone anlegen, und diese »ebauche commune est l’homo- 
logue de la fente branchiale correspondante d’une Salpe et de l’une 
des 2 ou 3 fentes branchiales d’un Ascidien«. Ich habe nun aber nach- 
gewiesen, daß solche ovale Zone tatsächlich nicht existiert, daß vielmehr 
die gesamte innere Peribranchialwand das Zellmaterial für die sämt- 
lichen Kiemenspalten einer Seite liefert, ohne irgendwie nach der Peri- 
pherie zu scharf umgrenzt zu sein; daher fällt denn auch gleichzeitig der 
Jutissche Vergleich mit einem primären Protostigma (fente branchıale) 
vollständig ins Wasser und ebenso der durch gesperrten Druck auch 
bei JuULIN hervorgehobene Satz: »Pyrosoma est done un Tunicier 
pourvu d’une seule paire de fentes branchiales«. 

Diese auf der einen irrigen Voraussetzung basierenden Fehlschlüsse 
JULINs mußten notgedrungen zu der weiteren Folgerung führen, daß 
die Gesamtheit der queren Kiemenspalten von Pyrosoma als eine einzige 
Längsreihe von Kiemenspalten aufzufassen sei, die als solche homolog 
ist der Summe der definitiven Kiemenspalten, in welche bei den übrigen 
Ascidien ein einziges Protostigma zerlegt wird. 

»L’ensemble des stigmates branchiaux transverses«, heißt es wört- 
lich bei JuLIN, »disposes en une rangee longitudinale unique, que pre- 


552 | Paul Fechner, 


sente chaque paroi laterale du sac branchial, est ’homologue de l’en- 
semble des stigmates qui, chez un Ascidien derivent d’une m&me fente 
branchiale obligque ou transversale«. Selbstverständlich ist dieser 
Schluß ebenso falsch, wie die Basis, auf der er aufgebaut ist. Da die 
ovale Zone, die JuLın als Homologon seiner »fente branchiale« auffaßt, 
nicht existiert, können auf Grund meiner Ergebnisse die queren Kiemen- 
spalten von Pyrosoma nur den Protostigmata der übrigen Ascidien 
homolog sein, deren weitere Teilung in definitive Kiemenspalten bei 
Pyrosoma ausnahmsweise unterblieben ist. 

Schließlich will ich nicht unterlassen, noch einmal darauf hinzu- 
weisen, daß die von JULIN zuerst nachgewiesene Faltenbildung und 
hervorragende Beteiligung des Ectoderms bei der Bildung der späteren 

Kiemenspalten tatsächlich nicht auf Pyrosoma beschränkt ist, wie der 
| belgische Forscher glaubt, sondern, wie ich im vorigen Kapitel nach- 
weisen konnte, unter den übrigen Ascidien auch bei Polycyclus vor- 
kommt. Damit entfällt denn auch jeder Grund, Pyrosoma den übrigen 
Ascidien gegenüberzustellen. 


Am Schlusse meiner Ausführungen gestatte ich mir, meinem hoch- 
verehrten Lehrer, Herrn Prof. Dr. SEELIGER, für die Anregung zu dieser 
Arbeit, für die mir bei meinen Untersuchungen in reichstem Maße er- 
wiesene Unterstützung durch Rat, Material und Literatur meinen ehr- 
erbietigsten Dank auszusprechen. 

Nicht minder bin ich Herrn Prof. Dr. Wırr für das der Arbeit 
entgegengebrachte rege Interesse, für Materialüberlassung und tat- 
kräftige Unterstützung zu herzlichem Dank verpflichtet. 


Rostock, den 1. Juli 1906. 


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554 Paul Fechner, 


Erklärung der Abbildungen, 


Buchstabenbezeichnung. 


ap, äußere Peribranchialwand; 9, Ganglion; 

dl, Blutzellen ; gl, Anlage der Geschlechtsorgane ; 
ce, Cellulosemantel; i, Ingestionsöffnung; 

d, Darm; il, inneres Längsgefäß; 

dd, darmumspinnende Drüse; ip, inneres Peribranchialepithel; 

ds, Dorsalfalte ; ks, Kiemenspalte, bez. Anlage ders.; 
e, Egestionsöffnung;; mg, Magen; 

eb, Eläoblast; mz, Muskelzelle, Mesenchymzelle; 
ec, Ectoderm; o, Ei; 

ed, Enddarm ; », Peribranchialraum ; 

en, Entoderm; po, Verdickungen des Peribranchial- 
ig, Flimmergrube; epithels. 


Tafel XXV und XXVI 


Sämtliche Zeichnungen wurden mit dem Zeichenapparate entworfen. Bei 
den Untersuchungen wurde ein WINnKkErsches Mikroskop benutzt. 

Die Figuren 1—7 beziehen sich auf Ecteinascidia, Fig. 8—24 auf Poly- 
cyclus, Fig. 25—28 auf Styelopsis, Fig. 29—41 auf Pyrosoma. 

Fig.1. Etwa 21/,;,mm lange Knospe von Ecteinascidia turbinata Herd- 
mann, von der linken Seite gesehen. Ocul. 2. Obj. 2. 

Fig. 2. Ein Teil der mittleren Region des Kiemendarmes von Fig. 1 bei 
stärkerer Vergrößerung. Ocul.2. Obj. 7. 

Fig. 3. Junge Spaltanlagen, einer anderen etwa 21/, mm langen Knospe 
entnommen, auf dem Längsschnitt; ks,, etwas seitlich getroffen. Ocul. 4. Obj. 8. 

Fig. 4. Junge, eben durchgebrochene Spaltanlage einer etwa 21/, mm langen 
Knospe. Spaltränder noch durch Protoplasma miteinander verklebt. Ocul. 2. 
Obj. 8. | 

Fig. 5 a—c. Oberflächenbilder eines Kiemendarmes einer etwa 5mm langen 
Knospe von im ganzen 25 Spaltreihen, die den Kiemendarm vollständig bedecken. 
a, vier Kiemenspaltenreihen der obersten, 5b, vier der mittleren, c, drei der unter- 
sten Region. Ocul.2. Obj. 4. 

Fig. 6. Teil des Kiemendarmes einer ausgebildeten Ecieinascidia turbinata 
Herdm. mit neuen intercalar auftretenden Kiemenspalten in verschiedenen Größen. 
Ocul. 2. Obj. 2. \ 

Fig. 7. Die beiden Spaltanlagen ks von Fig. 6 bei stärkerer Vergrößerung. 
Ocul. 4 Obj. 8. 

Fig. 8. Totalbild einer jungen etwa !/, mm langen Knospe von Polyeyclus 
Renieri Lam. Ocul.2. Obj. 4. 

Fig. 9. Vorderer und mittlerer Teil eines Frontalschnittes durch die rechte 
Kiemendarmseite einer jungen etwa 1/,;, mm langen Knospe. Ocul.2. Obj.5. 

Fig. 10. Ein Teil der mittleren Region voriger Figur bei stärkerer Vergrö- 
Berung. Ocul.2. Obj. 8. 


Beiträge zur Kenntnis der Kiemenspaltenbildung der Ascidien. 555 


Fig. 11. Hinterer Teil eines Frontalschnittes durch die rechte Kiemen- 
darmseite einer etwa 1/, mm langen Knospe. Ocul.2. Obj.7. 

Fig. 12. Mittlerer Teil eines Frontalschnittes durch die linke Kiemendarm- 
seite einer etwa 1/, mm langen Knospe. Ocul.2. Obj. 8. 

Fig. 13/14. Hinterer bez. vorderer Teil eines Frontalschnittes durch die 
rechte Seite einer etwa !/, mm langen Knospe. Ocul.2. Obj. 8. 

Fig. 15. Vorderer Teil eines Frontalschnittes durch die linke Kiemendarm- 
seite einer etwa 1 mm langen Knospe. Ocul.2. Obj. 7. 

Fig. 16. Hinterer Teil eines Nachbarschnittes derselben Serie. 

Fig. 17. Querschnitt durch eine Polycyclus-Knospe. Links ist die Proto- 
stigmaleiste getroffen. Ocul. 3. Obj. 4. 

Fig. 18. Dorsalregion eines Querschnittes durch den vorderen Teil der Knospe. 
Ocul. 2. Obj. 8. 

Fig. 19. Querschnitt derselben Region eines etwas älteren Stadiums. 
Ocul. 2. Obj. 8. 

Fig. 20 a—c. Drei aufeinanderfolgende Querschnitte durch die erste Kiemen- 
spaltenanlage in der Nähe des Endostyls. Ocul. 2. Obj. 8. 

Fig. 21. Region, links an die Dorsalfalte anschließend, aus einem Quer- 
schnitt durch den mittleren Teil einer Polycyelus-Knospe. Ocul.2. Obj.7. 

Fig. 22. Spaltenanlage in der Nähe eines inneren Längsgefäßes der rechten 
Kiemendarmseite. Querschnitt. Ocul.2. Obj. 7. 

Fig. 23. Region links vom Endostyl eines Querschnittes durch den mitt- 
leren Teil einer Polycyclus-Knospe. Ocul.2. Obj.7. 

Fig. 24. Das innere Längsgefäß mit den Spaltanlagen auf einem Querschnitt. 
Deul. 2. Obj. 7. 

Fig. 25. Linke Kiemendarmseite einer jungen Siyelopsis grossularia, bei 
der gerade die 6. Kiemenspalte sich angelegt hat. Ocul. 2. Obj. 2. 

Fig. 26. Kiemendarm einer jungen Styelopsis mit sieben Protostigmata. Das 
siebente ist in der Zeichnung vom Magen bedeckt. Ocul. 0. Obj. 2. 

Fig. 27. Unteres Ende des Kiemensackes einer jungen Styelopsis, auf dem 
soeben die siebente Spalte zur Anlage gekommen ist. Ocul. 2. Obj. 5. 

Fig. 28. Unteres Ende des Kiemensackes eines Stadiums von Siyelopsts, 
auf dem nur das 6., 7. u. 8. Protostigma wiedergegeben sind. Ocul. 2. Obj. 5. 

Fig. 29/30. Zwei aufeinanderfolgende Querschnitte durch den rechten 
Peribranchialraum eines Stadiums von Pyrosoma atlanticum, auf dem die erste 
Kiemenspalte kurz vor dem Durchbruch ist. In Fig. 30 sind die Spaltenränder 
nur noch durch Protoplasma verklebt. Ocul.2. Obj. 7. 

Fig. 31/32. Zwei aufeinanderfolgende Querschnitte durch die linke Peri- 
branchial- und Pharyngealwand eines Stadiums, auf dem die erste Kiemenspalte 
soeben durchgebrochen ist. Ocul.2. Obj. 7. 

Fig. 33. Junge Knospe von Pyrosoma atlanticum Peron mit zwei Kiemen- 
spalten. Ocul.2. Obj.5. | 

Fig. 34. Etwas älteres Stadium von Pyrosoma atlanticum Peron mit 
vier Kiemenspalten. Ocul. 2. Obj. 5. 

Fig. 35—38. Vier aufeinanderfolgende Frontalschnitte, parallel zum Endo- 
styl, durch die jüngste Spaltanlage des Hinterendes eines Stadiums mit im ganzen 
15 Spalten. Ocul.2. Obj. 8. 

Fig. 39. Vorderer Teil der linken Kiemendarmseite von Pyrosoma atlan- 

Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. 37 


556 Paul Fechner, Beitr. zur Kenntn. der Kiemenspaltenbild. der Ascidien. 
ticum Peron mit einer jungen selbständig entstandenen Spaltanlage. Ocul. 3. 
Obj. 5. 

Fig. 40. Kiemendarmwand. eines Stadiums von Pyrosoma mit 16 Spalten, 
Ocul. 2. Obj. 4. 

Fig. 41. Vorderende des Kiemendarmes eines Stadiums mit 16 Kiemen- 
spalten mit zwei jungen Spaltanlagen, die eng aneinander gedrängt liegen und 
von denen ks} die ältere, ks, die jüngere ist. Ocul.2. Obj. 4. 


Die Entwicklung der Gonophoren einiger 
Siphonophoren. 
Von 
Walter Richter 


(Rudolstadt-Thüringen). 


Mit Tafel XXVII—XXIX und 13 Figuren im Text. 


(Aus dem zoologischen Institut Straßburg.) 


Nach der heute noch allgemein geltenden Anschauung verläuft 
die Entwicklung der Hydromedusen in der schon von Acassız (1862) 
auf Grund seiner Untersuchungen von Syncoryne mirabilis (Coryne 
mirabilis Agassız) geschilderten Weise. Acassız fand am Scheitel 
der jungen Medusenknospen eine Verdickung des Ectoderms (Glocken- 
kern), die sich in das Innere einsenkt und den Entodermschlauch 
so einstülpt, daß er die Gestalt eines doppelwandigen Bechers annimmt. 
Die beiden Entodermblätter dieses Bechers (primäre Entoderm- 
lamelle, WEISMANN) verschmelzen in vier Längsstreifen miteinander 
(sekundäre Entodermlamellen, WEISMAnN), so daß zwischen ihnen 
vier mit der Leibeshöhle (Magen) kommunicierende Hohlräume ent- 
stehen, die sog. Radialkanäle. In der weiteren Entwicklung höhlt sich 
der Glockenkern aus, legt sich dem Entoderm dicht an, und bildet die 
Auskleidung der so entstandenen Glockenhöhle. Indem sich der Boden 
der Höhle zum Manubrium erhebt, und ihre obere Wand nach außen 
durchbricht, ist die Grundform einer Meduse erreicht. 

Diese Anschauung wurde, wie gesagt, allgemein als richtig an- 
erkannt, nur zwei Autoren: ALLmAan (1871) und F. E. ScHuLze (1873) 
wichen in ihren Abhandlungen über die Entwicklung der Medusen mehr 
oder weniger von Agassız ab, ihre Angaben fanden aber wenig Anklang. 

Im Jahre 1878 wies Craus für die Schwimmglocken von Hali- 
stemma tergestinum die Existenz der Entodermlamelle nach, und über- 
trug damit die Acassızsche Auffassung auch auf die medusoiden 
Individuen der Siphonophoren. Eine weitere Bestätigung und einen 

37*F 


558 i Walter Richter, 


vollkommeneren Ausbau erfuhr diese Lehre durch WEISMANN (1883), der 
in seiner großzügigen Untersuchung über die Entstehung der Keimzellen 
der Hydrozoen seine bekannten weitgehenden Folgerungen über die 
Entstehung der Gonophoren aus rückgebildeten Medusen und die 
selbständige Wanderung der Keimzellen zog. 

Alle diese bisherigen Angaben werden hinfällig durch den von 
GoETTE (1904) erbrachten Nachweis, daß in den jüngsten Medusen- 
anlagen niemals ein doppelwandiger, einheitlicher Entodermbecher vor- 
liegt, sondern stets vier getrennte Entodermschläuche. Diese Schläuche 
entstehen aus vier durch Täniolen getrennte Rinnen des Entoderms, 
indem die Zipfel dieser Magenrinnen völlig unabhängig vom Glocken- 
kern als vier getrennte Schläuche (Radialschläuche) emporwachsen. 
Sie können sich einander sehr nähern, so daß es den Anschein erweckt, 
als ob sie zusammenstießen, sind aber in Wahrheit stets durch eine 
allerdings oft sehr feine Grenzlamelle voneinander geschieden. Der 
Glockenkern paßt sich bei seinem meist gleichzeitigen Vordringen ins 
Innere der Gestalt der Kanäle an, erscheint also anfangs vierkantig, 
da er auch in die zwischen den Kanälen liegenden Spalträume vordringt. 
Während der Ausdehnung der Umbrella platten sich die Radial- 
schläuche ab, ihre Kanten werden zu soliden, immer breiter werdenden 
Platten, die dann sekundär in den Interradien miteinander verschmelzen, 
und so erst die sekundäre Entodermlamelle WEISMANNs, von GOETTE 
»Umbrellarplatte« genannt, bilden. Die weitere Entwicklung erfolgt, 
wie bisher angegeben, durch Erhebung des Manubrium usw. 

Diese Feststellung des tatsächlichen Entwicklungsganges der Me- 
dusen muß naturgemäß die ganze bisherige Anschauung über die Be- 
ziehungen der Hydrozoa untereinander von Grund auf umgestalten, 
da durch sie nicht allein die Acassızsche Lehre, sondern auch alle aus 
dieser abgeleiteten Folgerungen über die erste Entstehung der Medusen 
aus Polypen, und die Beziehungen der Medusen zu den Gonophoren, 
hinfällig werden. 

Da sich die Untersuchungen GOETTES a nur auf die Hydro- 
medusen erstreckten, war es wünschenswert, auch die Siphonophoren 
auf diese Befunde hin zu studieren; ich folgte daher gern der Aufforde- 
rung meines hochverehrten Lehrers, Herrn Prof. Dr. GOETTE, eine 
Bearbeitung der Entwicklung der Gonophoren bei Siphonophoren vor- 
zunehmen. Meine ursprüngliche Absicht, eine möglichst große Zahl 
von Siphonophoren speziell auf diese Frage hin zu untersuchen, konnte 
ich leider für die vorliegende Arbeit nicht durchführen, da sich un- 
erwartete technische und systematische Schwierigkeiten einstellten. 


Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren. 559 


Ich möchte mich daher darauf beschränken, von all den untersuchten 
Formen hier nur von Rhizophysa, Physalia und Hippopodius eine mög- 
licehst eingehende Beschreibung der Entstehung der Keimzellen und 
der Entwicklung der Gonophoren zu geben. 

Meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Prof. Dr. GoETTE, bin ich 
für seine wertvollen Anregungen und zahlreichen Ratschläge zu großem 
Dank verpflichtet, desgleichen danke ich Herrn Privatdocenten Dr. E. 
BRESSLAU für die ebenso liebenswürdige wie unermüdliche Unterstützung, 
die er mir bei der Anfertigung der Arbeit zuteil werden ließ. 


Rhizophysa filiformis Forskal. 


Die anatomischen und histiologischen Verhältnisse der Geschlechts- 
organe von Rhizophysa machen diese Form ganz besonders zum Stu- 
dium der Entwicklung der Gonophoren geeignet. Die verschiedensten 
Entwicklungsstadien sowohl männlicher als weiblicher Geschlechtsindi- 
viduen sind an einer Kolonie zu finden, und infolge der frühen Bildung 
der Grenzlamelle zwischen Ecto- und Entoderm werden außerordentlich 
klare Bilder erzielt. 

Trotzdem wurde diese Form bisher einer genaueren Untersuchung 
kaum unterworfen. Bei den älteren Autoren finden sich nur unklare 
_ Angaben, und auch GEGENBAUR (1854) gibt nur eine eingehende Be- 
schreibung des Aufbaues und der einzelnen Anhänge des Stammes. 
Ausgebildete Geschlechtsorgane hat er nicht gefunden, doch glaubt er 
ihre Anlagen in »ein bis vier zwischen je zwei Einzeltieren stehenden 
Bläschen« erkannt zu haben. Er beobachtete, daß diese einfachen Aus- 
stülpungen der Stammeswand sich in an der Basis eingeschnürte Bläschen 
verwandeln, die an der Oberfläche stumpf konische Erhabenheiten 
zeigen, so daß das Ganze die Gestalt der mittelalterlichen Morgensterne 
annimmt. Indem diese Erhabenheiten weiter auswachsen, zeigt das 
ganze Organ in der entwickeltsten Form, in der GEGENBAUR es antraf, 
die Gestalt eines Träubchens. 

Nachdem KEFERSTEIN und EHLERS (1861) ebenfalls ein Exemplar 
ohne Geschlechtsorgane geiunden hatten, glaubt Cru (1882) die auch 
von ihm beobachteten Träubchen mit größter Wahrscheinlichkeit als 
die späteren Geschlechtsindividuen bezeichnen zu können, da die Seiten- 
äste dieser Trauben in ihrem Aufbau völlig den entsprechenden Teilen 
von Physalia gleichen. | 

Während bis dahin immer nur junge, noch nicht voll ausgebildete 
Kolonien untersucht waren, fand Cuun (1897) endlich ausgewachsene 


560 Walter Richter, 


Exemplare, deren Geschlechtsorgane er ausführlich beschreibt. Bei den 
jüngeren Exemplaren alternieren nach ihm die Geschlechtsträubchen 
regelmäßig mit den Polypen, während sich bei den älteren gelegentlich 
zwei bis sechs und mehr Trauben in den Internodien finden. Die Größe 
der Trauben nimmt stets von dem Pneumatophor nach dem unteren 
Ende des Stammes zu. Die Knospungszone für die Gonophoren rückt 
auffällig weit an dem Luftschirm des Pneumatophors in die Höhe; die 
jüngsten Knospen bestehen aus einer einfachen Hervorwölbung des 
Ecto- und Entoderms, letzteres von Anfang an mehrschichtig, den 
Binnenraum der Knospe fast ganz ausfüllend. »Erst später weitet sich 
die anfänglich spaltförmige Knospenleibeshöhle aus, und die ovale 
Form annehmenden Genitalanlagen treten als zweischichtige umfäng- 
liche Säckchen entgegen. « 


An diesen Genitalsäckchen entstehen halbkugelige Knospen, die 
dem Ganzen eine maulbeerförmige Gestalt verleihen und aus diesen 
die 20—30 Seitenzweige der Genitaltraube. An jedem dieser Zweige 
wölbt sich eine relativ große Knospe vor, »welche durch Ausbildung 
eines Glockenkerns sich als die Anlage der voraussichtlich weiblichen 
Medusenglocke erweist«, die nun, »nach dem für knospende Antho- 
medusen bekannten Modus ihre Subumbrella, die Gefäßlamelle mit den 
vier in einem Ringkanal einmündenden Radiärgefäßen und das Velum 
anlegt«. Der von der Medusenglocke an gerechnete proximale Abschnitt 
des Seitenzweiges wird zum späteren Stiel mit den männlichen Gono- 
phoren, der distale hingegen zum Genitaltaster. Die männlichen Gono- 
phoren entstehen als einfache Erhebungen mit leicht verdicktem Ento- 
derm, das aber bald fast den ganzen Binnenraum als mehrschichtige 
Lage erfüllt. »Schon aus diesen frühen Stadien ergibt es sich, daß die 
an das Ectoderm angrenzenden Entodermzellen als männliche Keim- 
zellen aufzufassen sind, welche bei der durch Anlage des Glockenkerns 
bedingten Umformung in ein Medusoid, sich allmählich von dem eigent- 
lichen Spadix-Epithel sondern und zwischen beide Schichten, nämlich 
dem dünnen ectodermalen Überzug des Manubriums und dem Spadix 
zu liegen kommen.« Eine Einwanderung in den Glockenkern konnte 
er nicht nachweisen. Außer der Kritik dieser Cuunschen Angaben 
von K. C. ScHNEIDER (1898), die sich hauptsächlich gegen die Auf- 
fassung der Genitaltrauben als verzweigte Blastostyle wendet!, 
liegen neuere Untersuchungen über die Geschlechtsorgane von Ahr- 
zophysa nicht vor. 


1 Vgl. die Anmerkung auf S. 578. 


Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren. 561 


Eigne Untersuchungen. 


Da die Ergebnisse meiner Untersuchungen über die erste Anlage 
der Geschlechtsknospen und deren Entwicklung zu Geschlechts- 
träubchen mit den Befunden von Chun (bis auf seine Angaben über 
die Stellung des weiblichen Gonophors und des Genitaltasters, auf die 
ich später zurückkomme) übereinstimmen, so begnüge ich mich da- 
mit, auf dessen oben zitierte Angaben darüber hinzuweisen und be- 
sinne mit der Entwicklung der an den Seitenästchen der Traube 
knospenden Gonophoren. 


Weibliche Gonophoren. 


Die Anlage der weiblichen Gonophoren geht der Bildung der männ- 
lichen voraus. An den Seitenästchen der Genitaltraube, die ein ein- 
schichtiges Ectoderm besitzen, während das Innere fast ganz mit dicht- 
sedrängten Entodermzellen angefüllt ist, zeigt sich jeweils ungefähr in 
der Mitte eine Vorwölbung aus einschichtigem Ecto- und Entoderm. 
Diese Knospe, deren Größe ungefähr ein Drittel der Dicke des Seiten- 
ästchens erreicht, ist die Anlage des weiblichen Gonophors. Schneidet 
man eine solch jüngste Knospe quer, so kann man auf den Schnitten 
gut verfolgen, wie das anfänglich kreisrunde Lumen der Knospe in ein 
vierzipfeliges übergeht. Ich gebe auf Taf. XXVII, Fig. 1 zwei Schnitte 
einer solchen Serie wieder. Der erste Schnitt (a) zeigt den untersten 
Teil der jungen weiblichen Knospe; sie ist hier noch nicht völlig aus 
dem Seitenast, aus dem sie entspringt, herausgewachsen, daher wird 
derselbe im Längsschnitt sichtbar. Im zweiten Schnitt (b) ist das vorher 
kreisrunde Lumen (Z) deutlich vierzipfelig, vom Seitenast ist nur noch 
das Ectoderm getroffen. Auf den nächsten Schnitten verschwindet das 
Lumen völlig, und es zeigt sich nur noch eine gleichmäßige Entoderm- 
schicht; vom Glockenkern ist noch nichts zu sehen. Diese Befunde 
schließen sich durchaus an die Beobachtungen GoETTEs an, der bei 
den Hydromedusen gleichfalls schon in dem unteren Ende der jüngsten 
Knospe, dem späteren Stiel des Gonophors, die durch vier getrennte 
Verdickungen des Entoderms (Täniolen) hervorgerufenen vier Magen- 
rinnen fand. | | 

Im nächst älteren Stadium haben die Vorgänge, die zum medusoiden 
Bau führen, schon begonnen. Untersuchen wir Längsschnitte einer 
solchen Knospe, da Querschnitte in diesem Stadium begreiflicherweise 
(vgl. Fig. 2) nur schwer instruktive Bilder ergeben, so finden wir, daß 


562 Walter Richter, 


die Zipfel der vier Magenrinnen zu vier getrennten Radialschläuchen 
emporzuwachsen beginnen, während gleichzeitig, aber völlig unabhängig 
davon, die Bildung des Glockenkerns einsetzt. Fig. 2 stellt den mittel- 
sten Schnitt einer solchen Längsschnittserie dar. Man erkennt, daß 
auf der rechten Seite ein feiner entodermaler Kanal (rad.) sich aus der 
Magenhöhle (Z. 4.) erhebt, während auf der linken Seite eine derartige 
Ausstülpung nicht sichtbar ist. Wenn auch damit selbstverständlich 
nicht ohne weiteres bewiesen wird, daß dieser rechts emporwachsende 
Kanal eine direkte Fortsetzung der entsprechenden Magenrinne des 
Stieles ist, so zeigt dieser Befund doch immerhin, daß das Entoderm 
sich auf keinen Fall becherförmig einsenkt, um die sog. primäre 
Entodermlamelle zu bilden, sonst müßte sich ja notwendigerweise auch 
auf der andern Seite ein Lumen, d.h. ein Zwischenraum zwischen den 
beiden angeblich eingebuchteten Entodermblättern finden. 

Nach der bisherigen Anschauung konnte allerdings in derart jungen 
Knospen eine solche Entodermlamelle noch gar nicht vorhanden sein, 
da ja, wie die Fig. 2 zeigt, der Glockenkern (@Ik.), der diese Lamelle 
bilden soll, sich noch gar nicht in das Innere der Leibeshöhle eingesenkt 
hat. Er liegt noch ziemlich eben über dem Entoderm und entsteht 
nicht durch eine Einstülpung des gesamten Eetoderms, sondern durch 
eine rege Teilung einzelner basaler Ectodermzellen, die sich radiär an- 
ordnen, und so den Anfang zur Bildung eines Lumens im Inneren an- 
deuten, während das eigentliche Eetoderm (ect) ununterbrochen über 
die Glockenkernanlage hinwegzieht. 

Aber auch in dem nächsten Stadium, in dem sich der Glockenkern 
bereits völlig eingesenkt hat, ist von einer primären Entodermlamelle 
nichts zu sehen; wiederum zeigt sich in einem Längsschnitt (Fig. 3) 
auf der rechten Seite die Lichtung des jetzt bereits hoch emporgewach- 
senen Kanals (rad.), während erst auf den nächsten Schnitten der linke 
Kanal sichtbar wird und der rechte wieder verschwindet. Beweisen schon 
derartige Längsschnitte, daßes sich auch hier nicht um eine primäre Einto- 
dermlamelle handeln kann, sondern höchstens um eine sekundäre, so 
zeigt ein Querschnitt durch ein gleichaltes Stadium, daß auch eine solche 
nicht vorliegt. Ich bilde in Fig. 4 absichtlich einen etwas schräg ge- 
troffenen Schnitt ab, da er mir instruktiver erscheint. Der Glockenkern, 
der nach der bisherigen Anschauung in den jüngsten Stadien sich unbe- 
dingt als ein kreisförmiges Gebilde zeigen müßte, während erst nach der 
Verschmelzung der Entodermlamelle die oft angetroffene vierzipfelige 
Gestalt als sekundäre Bildung verständlich wäre, tritt hier von Anfang 
an vierzipflig auf. Da die Enden dieser Zipfel bis an das Betoderm 


Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren.- 563 


reichen, so kann eine ununterbrochene Entodermschicht auch hier nicht 
vorliegen. Von den Kanälen (rad.) sieht man in der Fig. 4 nur den 
unteren und den linken deutlich, während die beiden andern gar nicht 
getroffen sind, da der Schnitt hier durch den höher gelegenen Teil der 
Knospe ging, wo die Lichtungen noch fehlten. — Die in den Fig. 3, 4 
sichtbaren Nesselzellen (n) bilden sich schon frühzeitig im Ectoderm der 
Seitenästchen (Fig. 1). Bei der Hervorwölbung der Gonophoren ge- 
langen sie auch in diese, wo sie sich besonders in den männlichen 
Gonophoren an der Spitze derselben anhäufen. 

Dadurch, daß wir in diesen jüngsten Knospen zuerst einen bereits 
emporwachsenden Kanal ohne Glockenkern (Fig. 2), dann den einge- 
sunkenen Glockenkern mit vier getrennten Radialschläuchen (Fig. 3 
und 4), also weder eine primäre, noch sekundäre Entodermlamelle ge- 
funden haben, wird wohl hinreichend bewiesen, daß die von GOETTE 
angegebene Art der Entwicklung durch vier getrennte Radialschläuche 
auch bei Rhizophysa vorliegt. Immerhin könnte noch behauptet werden, 
daß zwischen den von mir abgebildeten Knospen ein Stadium existiere, 
in dem die primäre wie sekundäre Entodermlamelle nachweisbar sei. 
Diesen Einwand muß ich für Rhizophysa bestehen lassen. Da aber, 
dieses Zwischenstadium vorausgesetzt, der in der jüngsten Knospe 
(Fig. 2) deutlich sichtbare Kanal nicht erklärt werden könnte, da wir 
ferner bei der so nah verwandten Physalia sehen werden, daß ein der- 
artiges hypothetisches Zwischenstadium nicht existiert, und da endlich 
die sog. sekundäre Entodermlamelle erst in den jetzt zu besprechenden 
Stadien auftritt, so halte ich die bisherige Auffassung der Entwicklung 
für widerlegt, so lange nicht in so jungen Stadien, wie die besprochenen, 
eine ununterbrochene Lamelle auf Querschnitten nachgewiesen wird. 

Wir haben bisher nur die ganz jungen Knospen untersucht, die be- 
sonders für Querschnitte nicht leicht zu orientieren waren, da sowohl 
weibliche, wie männliche Gonophoren nicht rechtwinklig aus dem 
Seitenast, sondern schräg nach oben gerichtet hervorwachsen. Schon 
in den nächstälteren Knospen haben sich die bisherigen ursprünglichen 
Verhältnisse völlig geändert. Der Glockenkern, dessen Zellen sich schon 
im vorhergehenden Stadium (Fig. 3) radiär geordnet hatten, und so 
deutlich den Anfang der späteren Glockenhöhle (@1.A.) zeigten, hat 
sich vom Ectoderm zurückgezogen, und die jetzt erst zusammenstoßen- 
den Entodermschläuche sind miteinander zur Bildung der Umbrellar- 
platte, wie GoETTE die sekundäre Entodermlamelle WEISMANNSs nennt, 
verwachsen. Doch kann man auch hier noch auf Querschnitten deutlich 
sehen, daß die Kanäle ursprünglich getrennt waren, da bisweilen (in 


564 | Walter Richter, 


Fig. 5 oben rechts) die Verbindung des Glockenkerns mit dem äußeren 
Ectoderm noch durch eine dünne Lamelle aufrecht erhalten ist. In 
gleicher Weise spricht hierfür auch die aus der Lage der Kerne gut er- 
kennbare radiäre Anordnung der Entodermzellen um das Lumen der 
einzelnen Kanäle. Selbst wo diese Anordnung nicht mehr so klar her- 
vortritt, wie in den älteren Stadien (Fig. 6), ist doch niemals eine un- 
unterbrochene Zweischichtigkeit des Entoderms nachweisbar. 

So zeigt also Arhizophysa in zwei in der Entwicklung nur wenig 
voneinander getrennten Stadien erstens und zwar gerade in den jüngsten 
Knospen, die von GOETTE für die Hydromedusen angegebenen ursprüng- 
lichen, getrennten vier Radialschläuche, anderseits erst in den etwas 
älteren Knospen die zusammenhängende Entodermschicht, die bisher 
als Entodermlamelle für die ursprüngliche Bildung galt. 

Bei.der weiteren Entwicklung kommt es zur Bildung des Ringkanals 
in der Spitze des Gonophors. Dies geschieht hier nicht dadurch, daß 

| die Kanäle nach oben zu sich 
de De T. einander nähern und dann ver- 
£- a gest N wachsen, sie verlaufen vielmehr 
el a. .\ bis an ihr Ende getrennt. All- 
5 mählich treten in dem zwischen 
den oberen Enden der Kanäle 
liegenden Entoderm Spalträume 
auf (Fig. 6 **), die nach und nach 
mit den Kanälen in Verbindung 
treten und so zu einer völligen Ver- 
schmelzung führen. Der Glocken- 
kern, der seine vierkantige Gestalt 
noch ziemlich lange beibehält, 
rundet sich allmählich mehr und 
mehr ab, während in seinem 
| Inneren die Glockenhöhle sich 
: immer weiter ausweitet. Zuletzt 
ee, bildet der Glockenkern nur mehr 
Ausgebildeter Seitenast einer Genitaltraube von = 
Rhizophysa. G.T., Genitaltaster. & männliche, ein einschichtiges Epithel } das 
Q weibliche Gonophoren. Vergr. ungefähr 15x. Sich dem aen eng anlegt 
(Fig. 7 ect). Esist somit der medusoide Bau des weiblichen Gonophors 
im wesentlichen erreicht, zu einer Erhebung des Entodermbodens und 
zur Bildung des Manubriums kommt es bei den von mir untersuchten 
ältesten Formen nicht, auch ein vollständiger Durchbruch des Ecto- 
derms an der Spitze, und somit eine Öffnung’ der Glockenkernhöhle 


Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren. 965 


nach außen, wurde nicht beobachtet; das Ectoderm verdünnt sich dort 
zwar außerordentlich, doch bleibt die Höhle immer durch eine starke 
Lamelle verschlossen (Fig. 7). 

Betreffs der Stellung des weiblichen Gonophors am ausgebildeten 
Seitenast kann ich die Angaben Cauns (1897a) nicht bestätigen. Bei 
den von mir untersuchten größten Genitaltrauben waren, wie ein Blick 
auf Textfig. 1 lehrt, an den Seitenästchen stets drei Regionen zu unter- 
scheiden. Das unterste Drittel bildet der lang ausgezogene Stiel, das 
zweite Drittel die Ansatzstelle der Gonophoren, weibliche wie männliche, 
das letzte Drittel endlich der durch eine Einschnürung deutlich abge- 
hobene Genitaltaster. In der Region der Gonophoren steht die weibliche 
nicht an der Spitze, sondern an der Basis desoberen Drittels dieser Region, 
so daß oberhalb ihrer Ansatzstelle noch zwei bis drei männliche Gono- 
phoren entspringen. 

Wenn CHun schreibt: »Die Medusenglocke markiert die Grenze 
zweier Abschnitte des Seitenzweiges, welche verschiedene Bedeutung 
gewinnen, insofern die proximale Hälfte den späteren Stiel mit den 
männlichen Gonophoren umfaßt, die distale hingegen zum Genitaltaster 
sich umbildet«, und auch eine entsprechende Figur abbildet (Verh. 
Deutsch. Zool. Gesellsch. 1897 S. 103), so muß ich, da ein Versehen 
bei der Größe der Objekte nicht anzunehmen ist, eine Deutung dieser 
so verschiedenen Befunde dahingestellt sein lassen. 

Über den Ort der Entstehung der Keimzellen herrscht noch immer 
tiefes Dunkel. Selbst bei den ältesten bisher untersuchten weiblichen 
Gonophoren konnte nicht eine Andeutung der beginnenden Differen- 
zierung beobachtet werden. Es wird daher allgemein angenommen, 
daß die Eizellen erst nach der Loslösung der ganzen Genitaltraube oder 
einzelner Stiele während ihres freien Lebens zur Reifung kommen; ich 
werde bei der Besprechung der weiblichen Gonophoren von Physalia 
näher auf die Frage eingehen. 


Entwicklung der männlichen Gonophoren. 


Die männlichen Gonophoren von Rhizophysa, wie die einiger andrer 
Siphonophoren zeigen im ausgebildeten Zustand nur zwei Radialkanäle, 
und bieten dadurch ein interessantes Objekt für die Frage, wie sich in 
diesem Falle einesteils die Magenrinnen in den Knospen, anderseits der 
Glockenkern bei seinem Vordringen ins Entoderm verhalten. Wie wir 
bei den weiblichen Gonophoren gesehen haben, setzt die Entwicklung 
in den jüngsten Knospen stets mit der Entstehung von vier Magen- 


566 Walter Richter, 


rinnen ein, die dann zu den Radialkanälen überleiten. Für die nur 
zwei Kanäle besitzenden männlichen Gonophoren hätten wir also eine 
entsprechende Reduktion der Magenrinnen in den jüngsten Knospen 
zu erwarten. Schneidet man eine ganz junge männliche Knospe quer, 
so findet man zunächst an der Basis ein vierzipfeliges Lumen, wie in 
den weiblichen Gonophoren (Fig. 8a). Verfolgt man die Schnittserie 
bis an die Spitze der Knospe, so verschwinden zwei einander gegenüber- 
liegende Zipiel (Fig. 8b) und das Lumen des Stieles wird deutlich zwei- 
zipflig, d. h. schlitzförmig (Fig. 8 c), bis es dann in den letzten Schnitten 
völlig verschwindet und nur noch ein einheitliches Entoderm vorliegt. 

Diese Übereinstimmung in der Zahl der Magenrinnen und der aus 
ihnen, wie wir sehen werden, hervorgehenden Radialschläuche beweist 
zur Genüge, daß das Auftreten und die Zahl der letzteren ausschließlich 
von der Bildung der Magenrinnen! abhänst. 

Der Übergang der Magenrinnen in die Schläuche, den ich bei den 
weiblichen Knospen auf Querschnitten nicht verfolgen konnte, ist hier 
gut zu beobachten, wie z. B. Schnitt a der in Fig. 11 abgebildeten Serie 
zeigt, der gerade die Ebene getroffen hat, in der sich die Kanäle von 
der Magenhöhle der Knospe abzweigen. In den nächsten Schnitten 
finden sich dann nur noch die beiden Kanäle, die innerhalb der sehr 
starken Entodermschicht zur Knospenspitze hinziehen und sich dabei 
immer mehr dem Ectoderm nähern (Fig. 115, rad.). Wenn auf diesen 
Schnitten die Kanäle in der Regel nur als einfache Löcher im Entoderm 
(ohne deutliche Zellabgrenzung) erscheinen (Fig. 115), so liegt dies 
daran, daß die Kanäle infolge der starken Krümmung, in der sie nach 
oben ziehen (Fig. 10 rad.), meist nicht genau quer getroffen werden. 
Der Glockenkern wird erst auf noch höher durch den Apex der Knospe 
geführten Schnitten sichtbar (Fig. 1lc, @l.K.), da er, wie wir sehen 
werden, überhaupt nicht tief in das Entoderm vordringt. 

Seine Bildung beginnt, wie bei den weiblichen Gonophoren, mit 
einer Vermehrung der Ectodermzellen am Scheitel der Knospe, wie dies 
Fig. 9, das jüngste beobachtete Stadium, aufs deutlichste erkennen läßt. 
Nachdem sich die tiefer liegenden Zellen radiär geordnet haben, dringt 
ihre Masse nach innen gegen das centrale Entoderm zwischen den beiden 


1 Derartige Magenrinnen, d. h. Einbuchtungen des Entoderms, finden 
sich auch in den andern Anhängen des Siphonophorenstockes, besonders in 
den Tastern, z. B. bei Physalia, wo ihre Zahl zwischen 3 und 8 variiert. Für 
die Gonophoren hat sich im Laufe der Zeit die Vierzahl der Magenrinnen fixiert, 
die sich dann sekundär (bei den männlichen Knospen von Rhizophysa) wieder 
auf zwei reduzieren. 


Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren. 567 


Kanälen vor, und höhlt sich sackförmig aus (Fig. 10). Nach der bis- 
herigen Anschauung müßte dieser gerade in das Innere vordringende 
Glockenkern stets einen kreisförmigen Querschnitt haben, da er ja das 
Entoderm becherförmig einstülpen soll. Wir sahen aber bei den weib- 
lichen Gonophoren bereits, daß dies nicht der Fall ist, dort erschien er 
vielmehr, den vier getrennten Radialschläuchen entsprechend, vier- 
zipflig. In einer ganz neuen Gestalt aber erscheint er bei den männlichen 
Gonophoren. Da er bloß zwischen zwei Radialschläuchen liegt, nimmt 
er in Anpassung an diese im Querdurchschnitt eine ovale Form an. Im 
Schnitt ce der Fig. 11, der durch das obere Ende des Gonophors geht, 
ist diese Gestalt des Glockenkerns gut erkennbar. Er stößt oben und 
unten an das Ectoderm an, ein Zeichen, daß auch hier wieder die Kanäle 
getrennt auftreten. Die in diesem Schnitt auftretende seltsame Ver- 
zerrung nach der einen Seite (Fig. 11 links unten) ist daraus zu 
erklären, daß der Glockenkern niemals genau senkrecht in das Innere 
vordringt, sondern immer nach einer Seite hin verschoben, wie dies ja 
aus Fig. 10 ersichtlich ist. Diese Asymmetrie ist oft so stark ausgebildet, 
daß dadurch die Querschnitte bei der ersten Durchsicht fast unver- 
ständliche Bilder geben. 

In dem Längsschnitt durch ein solches etwas jüngeres Stadium 
(Fig. 10) sieht man, wie schon erwähnt, deutlich den nur auf einer Seite 
in weitem Bogen bereits hoch emporgewachsenen Kanal (rad.), während 
der Glockenkern noch nicht völlig ins Innere vorgedrungen ist. Ich 
habe diese Verhältnisse, die das selbständige Emporwachsen der Kanäle 
so schön demonstrieren, schon bei den weiblichen Knospen besonders 
hervorgehoben. Ich glaube, daß so klare Befunde, wie sie hier die 
männlichen Gonophoren bieten, die Lehre von der Existenz einer 
primären doppelwandigen Entodermlamelle bei den Siphono- 
phoren endgültig beseitigen müssen. Denn wie sollte sich hier 
der Kanal durch Verschmelzung der Lamelle gebildet haben, wo doch 
der Glockenkern, der diese Lamelle erst bilden soll, noch nicht einmal 
um ein Drittel der ganzen Länge des Kanals vorgedrungen ist. 

Die weitere Entwicklung des Gonophors zum medusoiden Bau ge- 
schieht hier in sehr einfacher Weise, wie auch bei den andern von mir 
untersuchten Siphonophoren gerade von den männlichen Gonophoren 
oft die einfachsten Wege zur Erreichung dieses Zieles eingeschlagen 
werden, was allerdings nicht ausschließt, daß in andern Fällen diese 
Entwicklung bis zur Unkenntlichkeit kompliciert sein kann. Die Ver- 
anlassung zu dieser vereinfachten Entwicklung geben die bei Ahizo- 
physa sehr früh auftretenden Keimzellen. Sie differenzieren sich nicht 


568 Walter Richter, 


erst in den Gonophoren, sondern schon in den Seitenästehen, an denen 
diese knospen. Schneidet man ein derartiges Ästehen ungefähr in dem 
Alter, in dem die weibliche Gonophorenknospe sich gerade anlegt, längs, 
so findet man in dem vielschichtigen Entoderm zahlreiche Kernteilungen, 
wie sie gerade für die Spermatogenese typisch sind. CHUN scheint diese 
Stadien übersehen zu haben, denn er schreibt (1897a, 8. 69): »Sobald 
die männlichen Gonophoren sich halbkugelig abrundeten, erfüllt das 
Entoderm fast den ganzen Binnenraum als mehrschichtige Lage. Schon 
auf diesen frühen Stadien ergibt es sich, daß die an das Ectoderm 
angrenzenden Entodermzellen als männliche Keimzellen aufzufassen 
sind. « 

Aus dem Seitenast wandern die Keimzellen mit den noch indiffe- 
renten Entodermzellen nun in Mengen in die jungen Gonophorenknospen 
' ein, wo sie sich besonders in dem oberen Teil anhäufen. Infolgedessen 
findet der Glockenkern bei seinem Vordringen ins Innere schon eine 
vielschichtige solide Lage von Zellen vor, und wird an seiner weiteren 
Entwicklung zur typischen Glockenhöhle gehindert. Während sonst 
erst die Glockenhöhle durch die einwandernden Keimzellen sekundär 
wieder verdrängt wird, bleibt sie hier von Anfang an spaltförmig, so daß 
der Glockenkern der Entodermkuppe wie eine Calotte aufsitzt (Fig. 12). 

Die bisher abgebildeten Längsschnitte (Fig. 10 u. 12) waren aiie 
so getroffen, daß die Schnittrichtung die längere Seite des ovalen Gono- 
phors traf, so daß also auch die beiden in dieser Ebene liegenden Kanäle 
zugleich, oder kurz hintereinander in der Serie sichtbar wurden. Solche 
Schnitte sind jedoch ohne spezielle Orientierung verhältnismäßig selten 
zu sehen, viel häufiger wird das Gonophor in einer andern, zu der oben 
beschriebenen Richtung mehr oder minder rechtwinkelig stehenden 
Ebene getroffen, also etwa parallel der Linie A—B der Fig. 115. Eine 
Längsschnittserie durch ein in dieser Richtung getroffenes Gonophor, 
das etwas älter ist, wie das der Fig. 12, gebe ich in Textfig. 2 wieder. In 
Schnitt a ist der Übergang der Leibeshöhle (Z. Z7.), die nur in ihrem 
oberen Ende getroffen ist, in den schon halb quer getroffenen ersten 
Kanal (rad.) zu sehen. In dem zweitnächsten Schnitt b kommuniciert 
die Leibeshöhle, bis unten sichtbar, mit der des Stammes, der Kanal 
ist jetzt ganz quer getroffen und liegt dem Ectoderm dicht an; der 
Glockenkern ist auf diesem Schnitt noch nicht sichtbar. Der Schnitt c 
geht bereits durch die Mitte des Gonophors, es ist hier natürlich von 
den Kanälen nichts zu sehen, wohl aber erkennt man den Zusammen- 
hang des Glockenkerns mit dem äußeren Ectoderm. Von dem Glocken- 
kern selbst ist in diesen Stadien immer nur die obere Wand, die bei 


Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren. 569 


normaler Entwicklung das Subumbrellareetoderm (ect') bilden würde, 
gut erkennbar, sie liegt in diesem Schnitt dem Ectoderm, in dem Schnitt, 
wo der zweite Kanal sichtbar wird (d), dem Entoderm desselben dicht 
an. Der Boden des Glockenkerns, der in dem etwas jüngeren Stadium 
(Fig. 12) noch nachweisbar war (ekt'), ist hier so dünn geworden, daß 
er nicht mehr als gesonderte Schicht nachzuweisen ist. Der zweite 
Kanal, der auf Schnitt d zuerst auftrat, erscheint hier und auf den 
folgenden Schnitten (e) quer getroffen, genau wie in dem entsprechenden 
Schnitt b der erste Kanal, nur daß jetzt die Glockenhöhle und die obere 
Wand des Glockenkerns gut erkennkar sind. In diesen, wie in den 


Textfig. 2. 
Ausgewählte Schnitte einer Längsschnittserie durch ein männliches Gonophor von 
Rhizophysa. eci., Eetoderm; ent., Entoderm; L.H., Leibeshöhle; @2.H., Glockenhöhle; 
rad., Radialkanal. Verer. ungefähr 154x. 


weiteren Schnitten, ist das wohl auf dieser Seite etwas gekrümmte 
Gonophor schräg getroffen, man sieht daher den Kanal nicht mehr in 
der Mitte, sondern nach rechts verschoben. Auf dem letzten Schnitt / 
endlich geht der Kanal in die Leibeshöhle über. — Fig. 13 zeigt einen 
Querschnitt durch ein etwas älteres Gonophor, und ist wohl aus den 
Längsschnitten (Fig. 12 und Textfig. 6) ohne weiteres verständlich. 

Die wesentlichste Erscheinung der nun folgenden Entwicklungs- 
vorgänge besteht in einer starken Vermehrung der Keimzellen innerhalb 
des Entoderms der Gonophoren, wie ein Blick auf die im gleichen Maß- 
stabe gezeichneten Textfig. 3—6 ohne weiteres erkennen läßt. Infolge 
dieser Vermehrung der Keimzellen werden die ganzen Gonophoren 


570 Walter Richter, 


außerordentlich stark in die Länge gestreckt, bis sie etwa das Vier- bis 
Fünffache ıhrer ganzen ursprünglichen Höhe erreichen (Fig. 6). Gleich- 
zeitig findet dabei eine stetig fortschreitende Verwachsung der Täniolen- 
ränder nach unten zu statt, so daß schließlich die Abzweigung der auf 
diese Weise sehr stark verlängerten Radialkanäle von der Leibes- 
höhle ganz unten am Stiel des Gonophors (Textfig. 5, 6 rad.) erfolgt, 
während sie früher (Textfig. 4) etwa in der Mitte des Gonophors 
sich befunden hatte. Auf Längsschnitten sind die Radialkanäle in 


Textfig. 3. Textfig. 4. 


Textfig. 5. 


Verschieden alte männliche Gonophorenknospen von Rhizophysa 

im gleichen Maßstab gezeichnet. Z.K, Entodermkuppe; G@!l.K., 

Glockenkern; GIH., Glockenhöhle; L.H., Leibeshöhle; n., Nessel- 
zellen; rad., Kanal; Sp., Spadix. Vergr. 110x. 


diesen Stadien (Textfig. 5, 6) allerdings kaum 
nachweisbar, wie leicht begreiflich ist, da in- 
folge der gewaltigen Ausdehnung des Gonophors 
die drei Schichten des Glockenmantels zu Textfig. 6. 
äußerst dünnen Epithelien ausgezogen werden, 

die alsdann, dicht aneinander gelagert, als eine einzige Schicht er- 
scheinen. Nur auf Querschnitten gelingt es in diesen Stadien bisweilen 
noch bei Anwendung starker Vergrößerung die Radialkanäle und die 
einzelnen Schichten ihrer Umgebung zu unterscheiden. 

Mit diesen Vorgängen, die gleichzeitig das ganze Aussehen der 
Knospen von Grund aus verändern, hat die medusoide Ausbildung 
des männlichen Gonophors ihren Abschluß erreicht. Da nach dem 
sanzen Bau derselben eine Spadixplatte nicht auftreten konnte, so 
entsteht hier naturgemäß der sog. Spadix auch nicht durch Ausstülpung 
einer solchen Bildung, sondern passiv aus dem die Keimzellen um- 
schließenden Entoderm (Textfig. 4, 5 $p.). — Die männlichen Keim- 
zellen haben also bei Rhizophysa ihre definitive Lage im Entoderm 


Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren. 57 1 


bzw. zwischen Entoderm und innerem Blatt des Glockenkerns früh- 
zeitig erreicht. Von einer Auswanderung derselben in das Ectoderm 
kann hier nicht die Rede sein. Die Bildung eines Ringkanals und 
die Öffnung des Glockenkernmantels an der Spitze des Gonophors 
wurden nicht beobachtet, es bilden sich vielmehr am Scheitel reichlich 
Nesselzellen, so daß der Mantel, der sich fast immer an der Spitze etwas 
von der Keimzellenschicht abhebt, hier bedeutend verdickt erscheint 
(Textfig. 5). 


Physalia physalis Linne. 


Die von mir untersuchten Exemplare verdanke ich der Freund- 
lichkeit des Assistenten am hiesigen Institut, Herrn Privatdocen- 
ten Dr. E. BreEssLAU, der auf einer Reise nach Brasilien an der 
Küste von Pernambuco Hunderte von Physalien vom Wind an den 
Strand geworfen fand. Die in einer 4%igen Formollösung konser- 
vierten Tiere ergaben bei meinen Untersuchungen recht gute Präpa- 
rate, so daß ich auch bei den feinsten Schnitten noch tadellose Bilder 
erhielt. 

Systematische Untersuchungen konnte ich nicht vornehmen, da mir 
nur atlantische Formen zur Verfügung standen. Ich muß mich daher 
auf CHuun beziehen, der (1897a) schreibt: »Mir liegt ein reichhaltiges 
Material (reichhaltiger vielleicht, als je einem Beobachter zur Ver- 
füsung stand) von Physalien aus dem Atlantischen, Indischen und 
Pacifischen Ocean vor. Da ich zudem an den Kanarischen Inseln Ge- 
legenheit fand, mich mit dem wechselnden Habitus der lebenden Ko- 
lonien vertraut zu machen und verschiedene Jugendformen zu beob- 
achten, so werde ich immer mehr in meiner schon früher geäußerten 
Auffassung bestärkt, daß nur zwei große Faunengebiete: das atlantische 
und indo-pacifische sich umgrenzen lassen, welche durch je eine charak- 
teristische Art ausgezeichnet sind.« Demgemäß unterscheidet CHUN 
nur die indo-pacifische »Physalia utriculus« und die atlantische, bisher 
meist Physalia Caravella genannte Form, die er Physalia Arethusa 
nennt, da dieser Name bereits im Jahre 1756 von PArTRick BROWwNE 
eingeführt wurde Wenn CHun damit auch den Grundsätzen der Prio- 
rität folgt, so haben doch nach den neuen Nomenclaturregeln erst die 
seit Linn&s Systema Naturae, 10. Aufl. (1758) gegebenen Namen An- 
spruch auf Gültigkeit. Da Linn& hier die atlantische Physalıa »Holo- 
thuria physalis« nennt, so müssen, wie dies auch SCHNEIDER (1898) 
schon betont, die atlantischen Formen als »Physalia physalis« be- 
zeichnet werden. 

Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. 38 


72 Walter Richter, 


Die erste eingehende Beschreibung der Geschlechtsorgane von 
Physalia findet sich bei LEUCKART (1851). Er beobachtete besondere 
. rötlich gefärbte Träubchen, die zwischen den einzelnen größeren Saug- 
röhren versteckt sind. Vermittels eines Stieles sitzen diese Träubchen 
in mehrfacher Anzahl den einzelnen Saugröhren an; der Stiel zeigt 
zahlreiche Verästelungen, deren Zweige (vgl. Textfig. 7) in ebenso viele 
längliche, blindgeschlossene Schläuche oder Bläschen auslaufen. »Daß 
diese Schläuche bloße unentwickelte Saugröhren sind, wird durch die 
Anwesenheit von Leberzellenhaufen im Inneren außer Zweifel gesetzt. « 
An den verästelten Stielen sitzen zahlreiche, bald kleine, eiförmige oder 
kugelrunde, bald große, am äußersten Ende abgeflachte, und selbst 
mit einem grubenförmigen Eindruck versehene, glockenartige Bläschen. 
Über den feineren Bau dieser Bläschen führten LEUCKARrTs Unter- 
suchungen zu keinem Resultat, er kann daher nach Analogie mit ent- 
sprechenden Bildungen verwandter Tiere nur behaupten, »daß diese 
Bläschen keine Geschlechtsorgane darstellen, sondern mehr oder minder 
entwickelte Individuen einer zweiten Generation, die an derselben auf 
ungeschlechtlichkem Wege durch Knospenbildung entstehen und zu 
einer geschlechtlichen Fortpflanzeng befähigt sind, während die Röhren- 
quallen beständig geschlechtslos bleiben «. 

Einen Schritt weiter in der Deutung dieser Bildungen geht 
Huxrey (1858), der die kleineren Bläschen bestimmt als männliche 
Gonophoren erkennt, während er die neben diesen sitzenden medusen- 
artigen Knospen für die Anlage der weiblichen Geschlechtstiere hält, 
die sich erst nach der Ablösung von der Kolonie weiter entwickeln. 
Dieser Vermutung stimmt Crun (1882) bei, da er in den hin und wieder 
an reifen Geschlechtstrauben gefundenen Gallertstielen die unteren 
stielförmigen Abschnitte bereits abgelöster weiblicher Medusen zu er- 
kennen glaubt. Später (1897a) überzeugte er sich an jungen Ge- 
schlechtstrauben, daß diese Deutung eine irrtümliche war, und beschreibt 
die vermeintlichen Stiele jetzt als eigenartige Polypoide, für die er die 
Bezeichnung »Gallertpolypoide« vorschlägt, da diese Bezeichnung an 
ihre definitive Gestaltung anknüpft, ohne über die völlig rätselhafte 
physiologische Bedeutung etwas zu sagen. Diese Auffassung wird von 
SCHNEIDER (1898) sehr heftig zurückgewiesen; er hält die fraglichen 
Gebilde für junge Medusenanlagen vor der Einstülpung der Subum- 
brella, und glaubt, daß diese, wie die distal gelegenen, vollkommener 
ausgestatteten Anlagen nach Loslösung der ganzen Genitaltrauben zur 
völligen Entwicklung gelangen. 

Eine eingehende Darstellung der Entwicklung der Geschlechts- 


Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren. 573 


organe findet sich weder bei Cuun, noch bei SCHNEIDER; die von beiden 
gegebene Beschreibung des Aufbaues der Geschlechtstrauben und der 
Gonophoren werde ich bei der Besprechung meiner Befunde näher 
berücksichtigen; es bleiben mir, da WEısmann Physalia nicht unter- 
suchte, nur noch die recht interessanten Angaben SEITARO GoTos (1897) 
zu erwähnen übrig. 

Das jüngste von GoTo beobachtete Entwicklungsstadium der 
männlichen Gonophoren ist eine einfache aus Ecto- und Entoderm be- 
stehende zitzenförmige Knospe des Stieles. Eine mit der Leibeshöhle 
kommunicierende Öffnung des Entoderms ist nicht nachweisbar, und 
dieser Mangel nach der Ansicht von GoTo auf die sehr früh beginnende 
starke Wucherung der Entodermzellen, die zur Keimbildung führt, 
zurückzuführen. Der Glockenkern senkt sich daher bei seinem Vor- 
dringen direkt in die solide Masse des Entoderms ein. Er hat meist 
eine mehr oder weniger verlängerte, zuweilen aber auch eine abgeflachte 
Kegelform und besitzt gewöhnlich eine verschieden stark ausgebildete 
geräumige Höhle. Seinen Ursprung verdankt er der Einwanderung 
interstitieller Zellen des Ectoderms, die die Stützlamelle zwischen Ecto- 
und Entoderm vor sich herstülpen, das eigentliche Ectoderm bleibt 
dabei völlig unberührt. Die durch dieses Vordringen bewirkte Ein- 
stülpung des Entoderms sieht GoTo nicht als eine bloße mechanische 
Wirkung des Glockenkerns an, sondern sucht sie zu erklären durch ein 
»vom Mechanischen unabhängiges, dem Entoderm ein- 
wohnendes Wachstumsgesetz« »Diese Ansicht«, schreibt GoTo 
weiter, »wird dadurch wesentlich gestützt, daß in fast allen Schnitten 
des ersten Entwicklungsstadiums des männlichen Gonophors ein Raum, 
sei er groß oder klein, schon vorhanden ist, und daß die interstitiellen 
Zellen in diesen Raum einzuwandern scheinen. « 

Die Entstehung der Radialkanäle in den zwei einander entgegen- 
gesetzt liegenden, stark verdickten Quadranten der Entodermlamelle 
erfolst nach GoTo durch eine »auf bestimmte Gebiete eingeschränkte 
Verwesung der Zellen der Entodermlamelle«, indem jede Zelle zu einem 
bläschenartigen Gebilde wird, und die chromatische Kernsubstanz in 
der Mitte dieses Bläschens zu einer einzigen Masse verschmilzt. Dann 
verschwindet die Kernmembran (?), der Raum vergrößert sich, das 
Körperchen löst sich in eine körnige Substanz auf und verschwindet 
zuletzt gänzlich. »Obgleich durch die örtliche Verwesung der Zellen 
gebildet, besitzen die Radialkanäle in diesem Stadium eine deutliche 
dünne Membran, welche entweder von dem umliegenden Protoplasma 
ausgeschieden worden ist, oder doch wohl nur eine Verdickung desselben 

38* 


574 Walter Richter, 


darstellt.« Auf einen ähnlichen Verwesungsprozeß führt GoTo auch 
teilweise die Entstehung der Subumbrellarhöhle zurück. 

Sofort nach der Einsenkung des Glockenkerns beginnt die Einwan- 
derung der Keimzellen. GoTo gibt an, sämtliche Stadien der Einwande- 
rung in das Ectoderm beobachtet zu haben. Da aber die ganze Arbeit 
in äußerst schwerfälligem Deutsch geschrieben ist, so erhält man aus 
GorTos Darstellungen von diesen an sich schon so verwickelten Vor- 
gängen leider nur ein höchst unklares Bild. Soweit ich GoTo verstanden 
habe, wandern die nicht allein in den seitlichen Teilen des Gonophors, 
sondern auch in der Entodermkuppe entstehenden Keimzellen aktiv 
auf die den Glockenkern abgrenzende Stützlamelle zu, durchbrechen 
diese und sammeln sich in der Glockenhöhle an. Nachdem sie die Höhle 
fast ganz ausfüllen, erhebt sich von dem in das Gonophor vorgedrungenen 
Entoderm der Leibeshöhle der Spadix, der in die Keimzellenschicht 
vordringt. Erst in diesem Stadium endigt auch die Einwanderung der 
interstitiellen Ectodermzellen des Glockenkerns, die zurückbleibende 
Öffnung wird durch das Verwachsen des Randes der Stützlamelle, die 
vordem ganz wie ein Velum aussieht, geschlossen. Die weitere Aus- 
bildung geschieht durch rege Teilung der Keimzellen und Wachstum 
des Gonophors in die Länge. Die Radialkanäle verschwinden völlig, 
das Ectoderm der Knospe zeigt an deren Gipfel eine Verdickung mit 
scheinbaren Drüsenzellen. 

Das jüngste von GoTo beobachtete Stadium der weiblichen Gono- 
phoren zeigte schon den völlig ausgehöhlten Glockenkern im Innern 
des Gonophors, doch glaubt GoTo, daß dieser auch hier durch Einwande- 
rung interstitieller Ectodermzellen entsteht. Desgleichen konnte er in 
der Subumbrellahöhle wiederum jene körnige Substanz nachweisen, die 
letzten Reste der verwesenden Ectodermzellen. Neu ist jedoch die 
Beobachtung, daß nicht alle interstitiellen Ectodermzellen in die Glocken- 
höhle einwandern, sondern daß einige von ihnen Protoplasma-Fortsätze 
nach der Oberfläche, wie nach der Stützlamelle schicken, und so an der 
Bildung des definitiven Ectoderms teilnehmen. GoTo glaubt, daß ein 
solcher Umwandlungsprozeß in eingeschränkterem Maße nicht nur auch 
in den männlichen Gonophoren, sondern in allen sich entwickelnden 
Teilen des Tierstockes stattiindet. | 

Die vier Radialkanäle, sowie der Ringkanal waren bereits völlig 
ausgebildet, in den älteren Stadien zeigt sich das Manubrium als schwache 
Hervorwölbung des an der Basis der Subumbrellarhöhle gelegenen Ecto- 
derms, das Velum ist gut ausgebildet und hängt lose von dem Ostium 
herab. Ectoderm und Entoderm sind von einer gallertartigen Stützschicht 


Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren. 575 


von wechselnder Dicke voneinander getrennt, im ersteren zeigen sich 
nach innen zu zahlreiche Muskelfibrillen. Das Exumbrellarepithel zeigt 
dieselbe Beschaffenheit, wie das Ectoderm des Stieles, bei dem Über- 
sang zum Subumbrellarepithel aber ändert es sich auffallend: die Kerne 
sind von wechselnder Größe, ihre Färbbarkeit ist ungleichmäßig ge- 
worden und das Plasma ist reich an Vacuolen; Muskelfibrillen kommen 
hier nicht mehr vor, statt ihrer zahlreiche, stark sich färbende Körner, 
deren Bedeutung jedoch nicht aufgeklärt werden konnte. Weibliche 
Keimzellen konnten nicht nachgewiesen werden. 

Ich werde viele dieser Angaben bestätigen können, leider geht die 
mich besonders interessierende Anschauung GoTos über die ersten Ent- 
wicklungsvorgänge in den männlichen Gonophorenknospen aus der un- 
klaren Darstellung nicht deutlich hervor. Offenbar verbindet GoTo 
die alte Agassızsche Lehre von dem Glockenkern und der Entoderm- 
lamelle mit dem allerdings völlig unklaren »eignen Wachstumsgesetz 
des Entoderms« Auch die Angaben über die Entstehung der Kanäle 
erscheinen recht seltsam, wenigstens konnte ich die von GoTo angegebene 
Verwesung einzelner Entodermzellen bei den von mir untersuchten 
Formen nicht nachweisen. Allerdings sind die Verhältnisse in den 
jüngsten männlichen Knospen in der Tat so kompliziert, daß man bei 
Anwendung von Längsschnitten allein eine klare Vorstellung der Vor- 
‚gänge nicht gewinnen kann. 


Eigne Untersuchung. 


Betreffs des so reichhaltigen und verwirrenden Aufbaus der ver- 
schiedenen Anhangsgruppen von Physalia verweise ich auf die ein- 
gehende Beschreibung von SCHNEIDER (1898). Wie dort angegeben, 
liegen alle Anhänge in elf Hauptgruppen an der Unterseite der Schwimm- 
blase, doch ist ihre Anordnung keine so gesetzmäßige, wie es sich bei 
den Knospungsverhältnissen von Rhizophysa zeigte. In ihrem jüngsten 
Stadium besteht jede Anhangsgruppe aus einem Polypen, einem Fang- 
faden und einer Genitalgruppe (nicht Genitaltraube!). Die Genital- 
sruppe spaltet sich dicht unterhalb ihrer Ansatzstelle in fünf Zweige, 
die sich (nach SCHNEIDER) wiederum in fünf Unterzweige spaltet, 
welche Zweige die eigentlichen Genitaltrauben, die mit denen von 
Rhrzophysa zu homologisieren sind, darstellen. Nach meinen Befunden 
verhält es sich aber anders, jeder dieser fünf Zweige zeigt vielmehr, wie 
auch Caux (1897 a) angibt, eine starke Tendenz zu dichotomer Gabelung, 
die sich bei den von mir untersuchten Genitalgruppen siebenmal wieder- 


576 Ä Walter Richter, 


holte, bis die letzten Endzweige erreicht sind. Nur die ersten Seiten- 
ästchen zeigten sich frei von Anhängen, dann aber treten vereinzelt 
sitzende männliche Gonophoren auf, bis meist nach der vierten Gabelung 
die Crunschen Gallertpolypoide und Genitaltaster sich zeigen. Doch 
kommen bei dem ganzen Aufbau dieser polypoiden und medusoiden 
Anhänge vielfache Variationen vor, wie auch CHUN und SCHNEIDER 
hervorheben. — Die Anordnung der Endzweige jedoch ist fast durchweg 
eine feststehende, ich gebe in Textfig. 7 einen Endzweig in der fünften 
Gabelung wieder. CHun sagt von diesen Endzweigen, daß sie in zwei 
Taster auslaufen, die in ungleicher Höhe stehen. Zwischen ihnen tritt 
eine langgestielte Medusenglocke auf, in deren Umkreis sowohl proximal, 
wie auch distal dicht gedrängt etwa acht bis zwölf männliche Gono- 
phoren sitzen. Diese Endzweige sind ohne weiteres mit den Konsti- 
tuenten eines Seitenzweiges von Rhizophysa zu homologisieren, typisch 
für Physalia ist allein das am proximalen Ende des Seitenzweiges sitzende 
Polypoid, das CHun, wie wir sahen, Gallertpolypoid nennt. 

Nach SCHNEIDER, der diese Gallertpolypoide ja als noch nicht 
ausgebildete weibliche Gonophoren auffaßt, und die Cuunschen Genital- 
taster Blastostyle oder Polypen nennt, sitzen jedem Endast ein end- 
ständiger, und ein bis zwei seitenständige Blastostyle an. Jedem 
Blastostyl ist proximalwärts am Stiel eine Medusenknospe benachbart, 
jedoch ist nur die distal gelegene, selten auch die zweite mit einem 
Schwimmsack versehen. Die weiter proximalwärts befindlichen sind 
zwar im übrigen von vollständig gleichem Bau, zeigen aber keine distale 
ectodermale Einstülpung, dürften sich daher vielleicht überhaupt nicht 
weiter entwickeln. 

Wie aus der Übersichtsfigur (Textfig. 7) ersichtlich, stimmen die 
Angaben CHuns mit meinen Befunden überein. Bei a ist die fünfte 
Gabelung eines Hauptzweiges zu sehen. Unterhalb derselben sitzt rechts 
ein Gallertpolypoid (Gpl), links ein männliches Gonophor (2). Ver- 
folgen wir den linken Seitenweg nach der Gabelung aufwärts, so zeigt 
sich zunächst wieder ein männliches Gonophor (x), doch ist von diesem 
nur noch der in der Leibeshöhle des Stammes liegende Teil zu sehen, 
während an dem direkt darüber liegenden rechten Gonophor auch die 
dazugehörige, äußere Hervorwölbung (g') zu erkennen ist. — Das 
Nähere über diese Verhältnisse wird bei der Besprechung der männlichen 
Gonophoren angeführt werden. — Bei 5b, vollzieht sich die sechste 
Gabelung, bis dann bei c,, c, die letzte Gabelung eintritt, die zu den 
Endzweigen E.Z,, E.Z,, E.Z, und E.Z, führt. 

Jeder dieser Endzweige zerfällt wieder in einen endständigen und 


Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren.- 577 


einen tiefer stehenden seitenständigen Genitaltaster (@.7.), zwischen 
ihnen sitzt das noch eine Strecke mit dem Stamm verwachsene lang- 
gestielte weibliche Gonophor (@). Unterhalb des seitenständigen 
Tasters sitzt das Gallertpolypoid (Gpl.), doch kann dieses auch weit 
von ihm entfernt liegen, wie der Endzweig 1 zeigt. Auch das Gallert- 
polypoid ist in seinem unteren Teil mit dem Stamm verwachsen. 


Textfig. 7. 
Endzweige einer entwickelten Genitaltraube von Physalia von der fünften Gabelung an. 
b1,b>, sechste, c, —Ca, siebente Gabelung; E.Z., Endzweig; G.T., Genitaltaster; Gpl., Gallert- 
polypoid; ©, weibliches Gonophor; z, älteres, x, jüngeres männliches Gonophor, die Keim- 
zellen liegen noch im Stamm; JS, die zu den männlichen Gonophoren gehörigen äußeren 
Hervorwölbungen. Verer. 11x. 


Derselbe Aufbau wiederholt sich in dem rechten Seitenzweig nach 
der fünften Gabelung, nur daß hier bisweilen die Endzweige 5 und 6 
kein weibliches Gonophor und keinen seitenständigen Genitaltaster 
ausgebildet haben. Es erklärt sich dieser Mangel wohl aus der ungün- 
stigen Stellung dieser Zweige. Da in natürlicher Lage alle diese Anhänge 
dicht zusammengedrängt sind, mag es gerade den in der Mitte befind- 
lichen Endzweigen an Platz zur vollen Ausbildung gefehlt haben. 

Die Angabe SCHNEIDERs, daß ein bis zwei seitenständige Blasto- 
style (Genitaltaster) dem Endzweig ansitzen, habe ich nicht bestätigen 
können, doch lege ich diesen wie andern Differenzen keinen Wert bei, 
da ja bekanntlich vielfache Variationen im Aufbau vorkommen, und mir 
nur daran gelegen war, in der Abbildung den am häufigsten angetroffenen 


578 Walter Richter, 


Aufbau eines entwickelten Endzweiges wiederzugeben. Betreffs der 
strittigen Frage über die Deutung der Genitaltaster (Cuun) und Blasto- 
style (SCHNEIDER) möchte ich mich für Physalia! der bereits von 
LEUCKART (1851) ausgesprochenen Ansicht, »daß diese Schläuche nur 
unentwickelte Saugröhren (d. h. Polypen) sind« anschließen. Wir 
dürfen bei der Beurteilung dieser Verhältnisse nicht außer acht lassen, 
daß es sich um noch nicht ausgebildete Gruppen handelt. Wie ja alle 
Befunde andeuten, und wie es jetzt auch allgemein angegeben wird, 
lösen sich die Genitaltrauben von der Kolonie los, um erst im freien 
Leben ihre völlige Entwicklung zu durchlaufen. Da sich nun, auch bei 
den ältesten hisher untersuchten Tieren, niemals eine Andeutung von 
weiblichen Keimzellen zeigte, so müssen wir den abgelösten Trauben 

doch noch eine längere, selbständige Existenz zuschreiben, um jene zur 
Reife bringen zu können. Es muß daher auch für ein nahrungsaufneh- 
mendes Organ Sorge getragen werden, und ich glaube ziemlich sicher 
zu gehen, wenn ich diese Funktion den strittigen Genitaltastern bzw. 
Blastostylen zuschreibe. Dafür spricht auch die Beobachtung, daß bei 
den ältesten Schläuchen fast regelmäßig an der Spitze eine auffällige 
Wucherung der Stützlamelle gegen das Ectoderm sich zeigte, die wohl 
‚als Beginn einer Mundbildung angesehen werden kann. 

Wir hätten alsdann die interessante Erscheinung, daß die in ihrem 
Gesamtaufbau so verwickelten Physalien in ihren losgelösten Geschlechts- 
trauben die denkbar ursprünglichsten Verhältnisse zeigen: ein einfacher 
als Magenschlauch (Freßpolyp) dienender Schlauch treibt am unteren 
Ende männliche und weibliche Gonophorenknospen, während er gleich- 
zeitig durch die reichlich in seinem Eetoderm entwickelten Nesselorgane 
als Schutzorgan (Genitaltaster, Tentakel usw.) dient. 

Betreffs der fraglichen von C#un Gallertpolypoide genannten Ge- 
bilde scheint es mir müßig, irgendwelche Deutung zu geben, so lange 
nicht Befunde vorliegen, die nach irgendeiner Richtung hin eine Ent- 
scheidung erlauben. Wichtig wäre der Nachweis einer tatsächlichen 
Glockenkernbildung, ich konnte jedoch bei den von mir auf Schnitt- 
serien untersuchten jüngsten und ältesten Stadien keine solche Anlage 
nachweisen. SCHNEIDER sagt, daß der Schwimmsack gelegentlich doch 
nachweisbar sei, wenigstens in unvollkommenem Zustande, und dann 
das Entoderm proximalwärts vor sich herschiebe; da aber nicht angegeben 
ist, ob diese Befunde durch Schnittserien gewonnen wurden, oder bloß 


1 Ich werde auf die Frage, ob bei den von mir untersuchten Siphono- 
phoren Blastostyle überhaupt auftreten, erst bei der Besprechung der Stamm- 
knospe von Hippopodius näher eingehen. 


Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren. 579 


in optischen Schnitten, die allerdings eine solche Bildung vortäuschen 
können, kann ich diesen kurzen Angaben keinen entscheidenden Wert 
beilesen, und behalte daher vorläufig die indifferente Cuunsche Be- 
nennung »Gallertpolypoid « bei. 


Die weiblichen Geschlechtsorgane. 


Um die jüngsten weiblichen Geschlechtsknospen zu finden, muß 
man eine junge Anhangsgruppe aufsuchen, an deren Haupttentakel sich 
an der Basis eine vielfach gelappte mit einem breiten Stiel dem Tentakel 
ansıtzende Ausbuchtung zeigt. Diese fächerförmig erscheinende Aus- 
buchtung ist die Anlage der Geschlechtstraube, hat also zunächst nicht 
die entfernteste Ähnlichkeit mit der maulbeerförmigen Anlage der 
Genitaltraube von Rhizophysa, wie dies SCHNEIDER (1898) angibt. Jede 
dieser Ausbuchtungen zerfällt sehr bald in eine Menge einzelner Ver- 
zweigungen, so daß das ganze Gebilde dann ein baumförmiges Ansehen 
bekommt. Es ist schwierig, in diesem 
dicht gedrängten Wirrwarr der ver- 
schiedensten Anlagen sich zurecht zu 
finden, erst durch sorgfältiges Ab- 
präparieren all der kleinen Zweige nd 
ergibt sich ein klares Bild. Wir finden x | \ In 
bereits in diesen jüngsten Stadien a mb x = 5 | yaa=t 
den typischen Aufbau der ent- | i n So “ AR en 
wickelten Geschlechtstrauben ange- Eu , 
legt, wie dies auch CHnun (1897) er- \ 
wähnt. Untersuchen wir das letzte j 
Ende einer solchen Verzweigung, so Textfig. 8. 


zeigen sich zwei meist parallel ZU- Jüngstes Stadium eines Endzweiges von 

. “= Physalia in der letzten Gabelung. a, Anlage 
einander verlaufende Schläuche, der des endständigeu Magenschlauches; db, weib- 
eine mit zwei rundlichen Knospen ad, liche Gonophorenknospe; c, Anlage des Gallert- 


und b auf der nach innen gerichteten Br Se 
Seite, der andre mit einer nach ab- 

wärts gerichteten spitzen Knospe c, an der Basis” der Außenseite wie 
dies aus der Textfig. 8 ersichtlich ist. Die oberste Knospe a ist die 
Anlage des späteren endständigen Magenschlauches, die darunter 
stehende Knospe b bildet das weibliche Gonophor, während c zu dem 
Gallertpolypoid wird. Indem die Knospe a sich rechtwinklig in der 
Richtung des Schlauches nach oben streckt, sich an ihrer Ansatzstelle 
einschnürt und unterhalb dieser Einschnürung die männlichen Gono- 


580 | Walter Richter, 


phoren entstehen, während die weibliche Knospe zwischen den beiden 
Magenschläuchen a und d emporwächst, ergibt sich das Bild eines aus- 
gewachsenen Endzweiges, wie ich ihn in Textfig. 1 (z. B. E.Z.,, E.Z,) 
abgebildet habe. 

Untersuchen wir die Knospe 5b, die Anlage des weiblichen Gono- 
phors, in dem eben beschriebenen jüngsten Stadium, so stellt sie sich 
auf Längsschnitten als eine einfache zweischichtige Ausbuchtung des 
stark entwickelten Ecto- und Entoderms dar. Wiederum (wie bei 
Rhrzophysa) zeigt sich schon in diesen jungen Knospen auf Quer- 
schnitten der Übergang des ursprünglich runden Lumens in ein vier- 
kantiges. In dem nächst älteren Stadium beginnt die getrennte Er- 
hebung der Radialschläuche, so daß die Liehtungen derselben nach- 
einander in den Längsschnitten der Serie sichtbar werden, genau so wie 
ich es bei Rhizophysa beschrieben und abgebildet habe (Fig. 2). Mit 
‚dem weiteren Emporwachsen der Schläuche erfolgte bei Rhizophysa 
auch gleichzeitig die Einsenkung des Glockenkerns, so daß ich ihn hier 
schon in sehr jungen Stadien bereits völlig zwischen die Entoderm- 
schläuche vorgedrungen fand. Ich mußte daher den allerdings höchst 
unwahrscheinlichen Einwand, daß die in diesen so jungen Stadien ge- 
trennt erscheinenden Kanäle bereits eine sekundäre Bildung seien, 
bestehen lassen (vgl. das bei den weiblichen Gonophoren von Rhizo- 
physa Gesagte), für Physalia jedoch kann ich diesen Einwand völlig 
widerlegen. In Fig. 14 bilde ich einen Längsschnitt durch ein aller- 
dings sehr seltenes Stadium ab. Im Schnitt vorher sind beide Kanäle, 
die bereits weit emporgewachsen sind, nur im Anschnitt getroffen, der 
hier abgebildete Schnitt geht gerade durch die obere Lichtung des rechten 
Kanals. Aufs deutlichste sieht man zwischen den Kanälen die ersten ein- 
dringenden Ectodermzellen des Glockenkerns, während die Hauptmasse 
desselben noch außen im Ectoderm liegt. In den nächsten Schnitten 
erscheint dann die Leibeshöhle, die auf diesem Schnitt noch nicht ge- 
troffen ist, und die andern Kanäle im Anschnitt, von dem Glockenkern 
ist aber auf keinem der Schnitte im Inneren noch etwas nachweisbar. 

Im nächstälteren Stadium ist der Glockenkern bereits mit seiner 
Hauptmasse ins Innere vorgedrungen, doch lassen sich auch hier auf 
einer Längsschnittserie die vier getrennten Kanäle gut nachweisen. In 
Schnitt a der Textfig. 9 zeigt sich der erste Kanal (rad.,) in seiner 
Lichtung getroffen, der zweite nur im Anschnitt. Im darauffolgenden 
Schnitt b sieht man den zweiten Kanal (rad.,); zwei Schnitte weiter (c) 
tritt der dritte Kanal hervor (rad.,), bis endlich in den nächsten Schnitten 
wieder auf der rechten Seite der vierte Kanal sichtbar wird. 


Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren. 581 


Diese bisher besprochenen Verhältnisse stehen wiederum durchaus 
im Einklang mit der von GOETTE angegebenen Entwicklungsweise der 
Gonophoren bei den Hydrozoen. Zeigt der in Fig. 14 abgebildete 
Schnitt, wie die Kanäle als getrennte Schläuche schon weit empor- 
gewachsen sind, ohne vom Glockenkern irgendwie beeinflußt zu sein, so 
beweisen die Schnitte 
der Textfig.9, daß auch 
nach dem Vordringen 
des Glockenkerns die 
Kanäle noch getrennt 
vorliegen. Dadurch 
aber, daß diese beiden 
Stadien in der Ent- Textfig. 9. 


wicklung dicht aufein- Längsschnittserie eines jungen weiblichen Gonophors von Physalia. 
ander folgen (denn in ect., Ectoderm; ent., Entcderm; G!.K., Glockenkern; L.H., Leibes- 
höhle; rad., Radialkanal; S, künstlicher Spaltraum. Vergr. 252 x. 


Fig. 14 beginnt eben 

das Einwandern des Glockenkerns, in Textfig. 9 ist er erst zur Hälfte 
ins Innere vorgedrungen), wird bewiesen, daß ein Stadium, in dem 
eine zusammenhängende Entodermlamelle zu sehen wäre, nicht existiert. 

Schneidet man eine Knospe in demselben Alter, wie die in Textfig. 9 
abgebildete quer, so ergeben sich Bilder, die auf den ersten Blick mit 
den bei Rhizophysa Gesagten nicht im Einklang zu stehen scheinen. 
Wir fanden dort, daß der Glockenkern bei seinem Vordringen stets die 
Gestalt annimmt, die ihm von den bereits emporgewachsenen Kanälen 
vorgeschrieben wird. Da wir nun hier, wie bei Rhizophysa, vier getrennte 
Radialschläuche haben, so müßte auch der Glockenkern wiederum vier- 
zipfelig erscheinen. Dies ist aber nicht der Fall, er erscheint bei Phy- 
salıa auf Querschnitten kreisrund (Fig. 15). Dieser Widerspruch ist 
jedoch nur ein scheinbarer, während nämlich bei Rhrzophysa die im 
Querschnitt spitz-oval erscheinenden Kanäle bloß mit ihren Zipfeln 
zusammenstießen, und ihre Wand nur von »einer« Schicht von Ento- 
dermzellen gebildet wurde (Fig. 4), zeigen sich bei Physalia die Ento- 
dermschläuche als diekwandige, mehrschichtige Gebilde, die mit ihren 
Breitseiten dicht aneinander stoßen (Fig. 15). Demzufolge kann auch 
der Glockenkern in diesem Falle auf Querschnitten nicht vierzipflig 
sein, sondern muß kreisförmig erscheinen. 

So hätten wir denn hier tatsächlich einmal den Bahn als allein 
sültig angenommenen Befund, daß der Glockenkern, anstatt wie bisher 
vier- bzw. zweizipflig zu erscheinen, in völlig kreisrunder Gestalt auf- 
tritt, also genau so, wie es nötig wäre, um die Existenz einer primären 


582 | Walter Richter, 


Entodermlamelle möglich zu machen. Trotzdem kann aber auch hier 
nicht im geringsten von einer zusammenhängenden Lamelle die Rede 
sein, wie aus dem bisher Ausgeführten zur Genüge hervorgeht. — Einen 
ausdrücklichen Beweis für die Getrenntheit der Kanäle lieferten übrigens 
auch einige Präparate, bei deren Einbettung infolge zu rascher Über- 
führung aus dem Vorharz in Paraffin Schrumpfungen aufgetreten waren. 
Auf Querschnitten durch derartig geschrumpfte Objekte zeigten sich 
die Radialschläuche sehr häufig, und vollkommen deutlich mehr oder 
minder weit voneinander getrennt (Fig. 16), ein Verhalten, das bei einer 
zusammenhängenden Entodermlamelle in dieser Regelmäßigkeit vollstän- 
dig ausgeschlossen wäre. Auf eine derartige Schrumpfung ist auch 
der in Textfig. 9, Schnitt a und 5b sichtbare Spaltraum S zwischen den 
Kanälen zurückzuführen. 

Die weitere Entwicklung verläuft wie bei Rhizophysa. Die Kanäle 
verschmelzen miteinander, während der Glockenkern sich weiter aus- 
höhlt und sein dünnes Epithel sich dicht an diese anlegt. In der Gegend 
des oberen Teiles der Kanäle entstehen im Entoderm Spalträume, die 
mit dem Kanallumen in Verbindung treten und so zur Bildung des 
Ringkanals führen. 

Damit ist die medusoide Gestalt im wesentlichen erreicht, eine Er- 
hebung des Entoderms zum Manubrium fand ich bei all den von mir 
untersuchten weiblichen Gonophoren nur einmal deutlich ausgeprägt, 
wie der in Fig. 17 abgebildete Längsschnitt durch dieses Gonophor 
zeigt. Das Velum hingegen war bei den meisten Gonophoren gut zu 
sehen, es bildet sich einfach aus der Decke der Glockenhöhle dadurch, 
daß nach dem Einreißen derselben zur Glockenöffnung eine ringförmige 
Falte der beiden Ectodermschichten bestehen bleibt. Die von Weıs- 
MANN (1883) angegebene, glockenkernähnliche Einsenkung des Ecto- 
derms, aus deren Boden das Velum entstehen soll, liegt hier nicht vor. 
Dieses Auftreten eines typischen Velum bei Siphonophoren gibt uns 
auch einen Hinweis, daß wir die Siphonophoren eher von den Hydro- 
medusen abzuleiten haben, als von den eines Velum völlig entbehrenden 
Trachomedusen. — Betreffs der Umbildung der Subumbrellar-Ectoderm- 
zellen, der Anordnung der Muskelfibrillen und vor allem des auffälligen 
Aufbaues des langgestreckten Stieles der weiblichen Gonophoren, ver- 
weise ich auf die Angaben GorTos, die ich bestätigen kann, bis auf die 
oben angegebene Verwesung der Ectodermzellen der Glockenhöhle und 
den ebendort beschriebenen Umwandlungsprozeß gewisser interstitieller 
Ectodermzellen. Weibliche Keimzellen wurden auch hier nicht gefunden. 
Ich habe bei der Besprechung des Aufbaues der Genitaltrauben schon 


Dıe Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren. | 583 


darauf hingewiesen, daß wir wohl sicher annehmen dürfen, daß die- 
selben erst nach der Loslösung der ganzen Trauben entstehen. 

Der Vollständigkeit halber möchte ich jedoch hier noch anführen, 
daß Broo&s und ConkLın (1891) bei 40—50 untersuchten Physalien 
feststellten, daß dieselben nur männlichen Geschlechts waren, »the 
structures described by HAECKEL as the female gonophores of Physalia 
are not gonophores, but swimmbells, as is shown by an examination 
of living expanded specimens« Nach dieser Auffassung wären uns 
also die weiblichen Geschlechtsanlagen von Physalia noch völlig unbe- 
kannt, oder, wenn sie schon aufgefunden und beschrieben worden sind, 
»it has probably classed as a wholly different genus«. So seltsam diese 
Auffassung auch zuerst erscheinen mag, so darf man immerhin nicht 
außer acht lassen, daß wir bis jetzt keinerlei Beweise haben, daß die 
allgemein als weibliche Gonophoren gedeuteten medusoiden Bildungen 
tatsächlich die weiblichen Geschlechtsorgane sind. 


‘ 


Die männlichen Gonophoren. 


Die männlichen Gonophoren entstehen zeitlich viel früher, als die 
weiblichen, da sie, wie die Textfig. 7 zeigt, nicht nur an den letzten 
Enden der Verzweigungen auftreten, sondern bis an die letzte Gabelung 
der Geschlechtsgruppe zu verfolgen sind. Anderseits entstehen die zu 
der eigentlichen Geschlechtstraube gehörigen männlichen Gonophoren 
wiederum später, als die weiblichen (s. Textfig. 8), so daß sie hierin den 
entsprechenden Verhältnissen von Rhizophysa gleichen. 

In ihren ersten Anlagen zeigen sie sich auf Längsschnitten als 
schwache Vorwölbung des Ectoderms. Das Innere der Wölbung scheint 
völlig von regellosen Entodermzellen angefüllt zu sein. In dieser Ento- 
dermmasse zeigen sich bald die seltsamsten Spalträume (5), meist 
zwei, wie ich es in Fig. 18 abgebildet habe, doch sind auch des öftern 
drei oder nur einer erkennbar. Da ein Zusammenhang dieser Spalt- 
räume mit der Leibeshöhle nur sehr selten nachweisbar ist, ist man 
wohl zuerst geneigt, die Annahme GoTos, daß es sich um durch lokale 
Verwesung einzelner Entodermzellen entstandene Spalträume handelt, 
die sich zu den später sicher nachweisbaren zwei Radialkanälen um- 
bilden, anzuerkennen. Da ich aber niemals Spuren solcher aufgelöster 
Zellen finden konnte, blieben mir die Vorgänge in den jüngsten Knospen 
lange Zeit unklar. Erst als ich die Entwicklung der männlichen Gono- 
phoren von Rhizophysa untersucht hatte und mit den hierbei gewon- 
nenen Anschauungen die Untersuchungen an Physalia wieder aufnahm, 


584 Walter Richter, 


zeigte sich bei genauer Durchsicht einer großen Anzahl von Querschnitten, 
daß der Beginn der Entwicklung hier genau derselbe ist, wie bei Rhizo- 
ohysa. 

In allen Gonophoren lassen sich die im Entoderm liegenden ge- 
trennten Lichtungen der Kanäle, meist dem Ectoderm genähert, auf 
Querschnitten nachweisen, seltener hingegen findet sich der Über- 
sang des ursprünglich runden Lumens der Magenhöhle in ein zwei- 
zipfeliges, und der Übergang dieser Zipfel in die Kanäle. Ich gebe in 
der Textfig. 10 fünf aufeinander folgende Schnitte einer solchen Serie. 
Im Schnitt a ist das Ectoderm des Stammes, an dem die Gonophoren 


e 


Textfig. 10. 


Querschnittserie einer jungen männlichen Gonophorenknospe von Physalia. ect., Ecto- 
derm; ent., Entoderm; L.H., Leibeshöhle; rad., Radialkanal. Vergr. ungefähr 326x. 


knospen, im Anschnitt getroffen (ect.), in der Mitte zeigt sich das Ento- 
derm der Gonophorenknospe mit kreisrtundem Lumen (ZL.H.). Im 
nächsten Schnitt (b) ist die Knospe rechts völlig aus dem Stamm her- 
vorgewachsen, während links noch das Ectoderim desselben angeschnitten 
ist, das Lumen des Entoderms aber zeigt sich jetzt deutlich schlitz- 
förmig. Im dritten Schnitt erkennt man den Übergang der Leibes- 
höhle (Z.H.) in die beiden Kanäle (rad.), bis endlich im Schnitt d diese, 
voneinander getrennt, im Entoderm liegen (rad.), von wo aus sie immer 
mehr sich dem Ectoderm nähern (e). (Vgl. hierzu auch die Tafelfig. 8 
und 11 der entsprechenden Verhältnisse von Rhizophysa.) Während 


Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren. 58 


bei Rhizophysa in diesen Stadien der Glockenkern immer, wenn auch 
nur wenig, bereits in das Entoderm vorgedrungen war, konnte ich bei 
Physalia an mehreren Präparaten die Kanäle auf Querschnitten bis 
ganz nach oben verfolgen, ohne daß auch nur eine Spur des Glockenkerns 
nachweisbar war. Ich habe bereits bei Ahrzophysa auf die Bedeutung 
dieser Befunde aufmerksam gemacht und kann wohl jetzt behaupten, 
daß diese Vorgänge bei Physalia durchaus einwandsfrei klar liegen, daß 
es sich hier, um mit GoTo (1897) zu sprechen, tatsächlich um ein »vom 
Mechanischen unabhängiges, im Entoderm einwohnendes Wachstums- 
gesetz« handelt. 

Bei den Knospen, bei denen eine eigne Leibeshöhle des Gonophors 
nicht nachweisbar ist (Fig. 18), lassen sich die Kanäle auf Querschnitten 
bis an die Leibeshöhle des Stammes verfolgen, wo sie sich immer mehr 
einander nähern; eine Verschmelzung derselben konnte nicht beobachtet 
werden, doch ist dies wohl nur auf einen Mangel in der Konservierung 
zurückzuführen, da ja das Aneinanderrücken der Kanäle beweist, daß 
sich hier sicher dieselben Vorgänge abspielen, wie bei den zuletzt be- 
sprochenen Knospen. Den hier auftretenden Mangel einer mit der 
Leibeshöhle kommunizierenden Öffnung des Entoderms führt GoTo auf 
die sehr früh beginnende starke Wucherung der Entodermzellen, die 
zur Keimbildung führt, zurück. Diese Ansicht kann ich nicht bestätigen, 
da ich niemals im Entoderm eine einwandfreie Differenzierung zu Keim- 
zellen gefunden habe. Wir werden sehen, daß nach meinen Befunden 
die Keimzellen gar nicht aus dem Entoderm stammen, sondern ecto- 
dermalen Ursprungs sind. 

Die Einsenkung des Glockenkerns erfolgt genau in der Weise, wie 
ich es für Rhizophysa ausführlich geschildert habe. Nur ist bei den 
ganz jungen Knospen dessen ursprüngliche, den beiden Entoderm- 
schläuchen angepaßte längliche Gestalt viel klarer zu erkennen (Fig. 19). 
Während jedoch bei Rhizophysa die bereits massenhaft angehäuften 
Keimzellen dem vordringenden Glockenkern frühzeitig Halt geboten, 
erfolgt bei Physalia ein so starkes Herabwachsen desselben, daß sich 
in der weiteren Entwicklung des Gonophors höchst seltsame und vor 
allem auf Querschnitten anfangs ganz unverständliche Bilder ergeben. 
Die hier sich abspielenden und in ihrer Erscheinung gerade bei den halb 
entwickelten Geschlechtstrauben schon auf Totalpräparaten so auf- 
fälligen Vorgänge (siehe die in der Stammhöhle liegenden dunklen 
Körper der Textfig. 7) haben seltsamer Weise die Aufmerksamkeit 
der Beobachter nicht auf sich gelenkt, ich finde wenigstens in der Lite- 
ratur nur bei CHnun (1897 a) eine Bemerkung, die sich auf diese Vorgänge 


586 Walter Richter, 


zu beziehen scheint. Er schreibt 8.67: »An den jüngeren Genital- 
trauben der pacifischen Physalia (weniger ausgeprägt an jenen 
der atlantischen Form [?]) zeigt das entodermale Epithel des Spadix 
ein eigentümliches Verhalten, insofern es wie ein Wurzelschopf weit 
in die Leibeshöhle des Stammes vorspringt. Offenbar handelt es 
sich um Schaffung günstiger Ernährungsbedingungen von seiten 
der resorbierenden Entodermzellen für die rasch wuchernden Hoden- 
anlagen. An älteren, nahezu reifen Gonophoren treten die Spadix- 
zellen allmählich wieder zurück und nehmen die gewöhnliche Anord- 
nung an.« 

In der Tat handelt es sich hier um ein Vordringen der ursprünglich 
in dem äußeren Gonophor gelegenen Zellen in die Leibeshöhle des 
Stammes, doch sind nicht allein die entodermalen Epithelzellen des 
Spadix daran beteiligt, wie CHuun angibt, sondern auch die ectodermalen 
Zellen des Glockenkerns, ja es wird sich zeigen, daß gerade diese der 
Anlaß zu dieser seltsamen Einstülpung sind. Um diese Vorgänge im 
einzelnen verfolgen zu können, empfiehlt es sich, nicht die in der Nähe 
des weiblichen Gonophors liegenden männlichen Geschlechtsknospen 
zu untersuchen, sondern die unten an den Anfangsverzweigungen der 
Genitaltrauben sitzenden, da hier das Entoderm des Stammes vom 
Ectoderm durch die dazwischen liegende, bereits stark entwickelte 
Gallertschicht beträchtlich entfernt liegt, und durch diese Trennung 
für die zu besprechenden Vorgänge sich klarere Bilder ergeben, als bei 
den oberen Gonophoren-Knospen. 

Wir hatten gesehen, wie der Glockenkern in einer länglichen Gestalt 
in das Innere vordrang; untersuchen wir ein etwas älteres Stadium, so 
finden wir hier jene seltsame Einstülpung bereits eingeleitet. Auf 
Längsschnitten (Fig. 20) sehen wir, wie der Glockenkern sich nach 
unten zu zapfenförmig ausbreitet, und nun bei seinem weiter fort- 
schreitenden Wachstum nach innen das zwischen den Kanälen liegende 
Entoderm, dem er wie eine Calotte aufsitzt, immer mehr nach unten in 
die Leibeshöhle des Stammes zurückdrängt. Schneidet man ein Gono- 
phor eines solchen Stadiums quer, so ergeben die Schnitte durch die 
nach außen vorspringenden Teile des Gonophers meist dieselben Bilder, 
wie in Fig. 19, verfolgt man aber die Schnitte nach dem unteren Teile 
der Knospe zu, so zeigt der Stamm, der natürlich im Längsschnitt ge- 
troffen wird (Ectoderm, Gallertschicht und Entoderm), in der Mitte 
der Leibeshöhle eine längliche Anhäufung von Entodermzellen. Der 
in Fig. 21 gegebene Schnitt, der ungefähr durch die Ebene A—B der 
Fig. 20 geht, ist etwas schräg getroffen, daher zeigt sich das Entoderm 


Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren. 587 


nicht in der Mitte der Stammhöhle, sondern an der einen Seite dem 
Entoderm des Stammes genähert. 

Da mit dem weiteren Wachstum des Glockenkerns nach abwärts 
keine Streckung des Gonophors nach entgegengesetzter Richtung, also 
in die Länge, erfolgt, wie wir dies bei Rhrzophysa sahen (vgl. die Größen- 
verhältnisse der äußeren Gonophoren in Fig. 20 und Fig. 22), so muß 
notwendig das ganze Entoderm in die Leibeshöhle zurückgedrängt 
werden, wie wir dies auch in Fig. 22 verwirklicht sehen. Infolge- 
dessen zeigen die Querschnitte, solange die äußere Hervorwölbung ge- 
troffen ist, zwar dasselbe Bild wie bisher, sobald jedoch die Leibeshöhle 
des Stammes angeschnitten wird, ändert sich das Bild völlig. Die im 
Innern gelegene Zellenmasse (Fig. 23 ectod.) besteht jetzt nicht mehr 
aus Entoderm, sondern aus Ectodermzellen, und wird nach außen 
von einem hier einschichtigen, in den tiefer gelegenen Schnitten mehr- 
schichtigen Entoderm-Epithel (entod.) umgeben. Verfolgt man die 
Schnitte weiter nach oben, so zeigt sich an der Grenze zwischen dem 
äußeren Gonophor und der inneren Einstülpung der Übergang der kreis- 
runden Leibeshöhle des Stammes in die beiden Kanäle. 

Schon in diesem Stadium zeigen die auf diese Weise ins Innere 
gelangten Ectodermzellen eine starke Vermehrung (ectod.), die sich 
auch weiterhin fortsetzt. Wenngleich es mir nicht möglich war, bereits 
hier untrügliche Beweise einer Differenzierung dieser Ectodermzellen 
zu Keimzellen zu finden, so glaube ich doch mit großer Wahrschein- 
lichkeit behaupten zu können, daß mit dem Vordringen des Ecto- 
derms in die Leibeshöhle des Stammes die Bildung der männlichen 
Keimzellen beginnt. Denn einmal sind bereits im nächsten von mir 
beobachteten Stadium diese im Inneren liegenden Ectodermzellen un- 
zweifelhaft als Spermazellen erkennbar, anderseits konnte in keinem 
Stadium eine Einwanderung aus dem Entoderm nachgewiesen werden. 

Das nächste Stadium gebe ich in Textfig. 11 wieder, es ist dies ein 
aus mehreren Schnitten kombinierter Längsschnitt durch die Mitte 
des Gonophors. Das in der Leibeshöhle des Stammes liegende Ento- 
derm (entod.), das im vorhergehenden Stadium noch mehrschichtig war 
(Fig. 22), hat sich bedeutend vergrößert, und ist zu einem einschich- 
tigen, aber starken Epithel geworden (vgl. hierzu und zu dem folgenden 
auch Fig. 24 Taf. XXVIII), das von ihm eingeschlossene Ectoderm 
(ectod.) hingegen zeigt die in mehreren Schichten übereinanderliegenden 
dicht gedrängten Spermazellen. In dem äußeren Gonophor zeigen sich 
die beiden Radialkanäle (rad.), deren Übergang in die Leibeshöhle des 


Stammes (Z.H.St.) man hier sehr gut verfolgen kann. Nach innen 
Zeitzchrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. _. 39 


588 Walter Richter, 


zu sind sie von dem Ectoderm des Glockenkerns (ect.”) begrenzt, wie 
dies auch ein Querschnitt durch ein solches äußeres Gonophor zeigt 
(Textfig. 12). In diesem Stadium der Entwicklung zeigen die Genital- 
trauben jenes charakteristische Bild, das ich in der Übersichtsfigur 
(Textfig. 7) schematisch wiedergegeben habe. Die in der Leibeshöhle 
des Stammes liegenden Keim- 
zellen, umgeben von dem star- 
ken Epithel, erscheinen als 
RAR dunkle, dicht aneinander lie- 
N / gende Körper, während außen 

ont hier und da das durchsich- 
tige, dünne Gonophor (g') 
sichtbar ist. 

In der zuletzt besproche- 
nen Textfig. 11 ist auch schon 
der Beginn der weiteren Ent- 
wicklung zu erkennen. Es 
S handelt sich hier um Vor- 
Nr Tod. gänge, die durchaus mit der 
\ Spadixbildung eines normal 
sich entwickelnden Gonophors 
übereinstimmen. Wiesich dort 
der Boden des Entoderms 
(Spadixplatte) erhebt und 


m 

A 
N 
? 
\ 


Bien - © i | Ast zwischen die Keimzellen ein- 
entod. > schiebt, so geschieht dies auch 
Textfig. 11. hier, d.h. der Boden des in 


Aus mehreren Schnitten kombinierter Längsschnitt die Leibeshöhle hineinragen- 


durch die Mitte eines männlichen Gonophors von 
Physalia. ect., Ectoderm; ect£.', das in dem äußeren den Eintodermsackes (entod..) 


Gonophor liegende Eetoderm des Glockenkernes, die hebt sich empor und stülpt 


spätere Subumbrella; ent., Entoderm; ectod., die im . ® . . 
Inneren liegende Ecetodermschicht, das Keimzellenlager; die auf ihm liegende Keim- 


entod., die in der Leibeshöhle des Stammes (L.H.8t.) zellenschicht becherförmig ein 


liegende Entodermschicht, der spätere Spadix; ga., Gal- . . 
lertschicht; @2.H., Glockenhöhle. Verer. 174 x. (Textfig. 11). Indem dieses 
{ nach oben, bzw. nach außen 


| 
gerichtete Vordringen weiter geht, stülpt sich schließlich das gesamte 
Entoderm und mit ihm die von ihm eingeschlossene Keimschicht (ectod.) 
wieder in das äußere Gonophor vor, so daß in der Leibeshöhle des 
Stammes nichts mehr zurückbleibt. In Fig. 24 bilde ich einen nahezu 
medianen Längsschnitt ab, in dem gerade das Entoderm (entod.) in das 


Gonophor vordringt; der Vorgang wird nach dem Gesagten und im 


Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren. 589 


Vergleich mit der Textfig. 11 verständlich sein. Die Liehtungen der 
Radialkanäle (rad.) sind nur teilweise sichtbar, so auf der linken Seite 
in ihrem Ende, auf der rechten Seite nur oben, als kleiner Abschnitt. 
Natürlich wırd durch dieses Eindringen des Entoderms und der 
Keimzellen das äußere Gonophor beträchtlich ausgebuchtet, es behält 
äußerlich ungefähr dieselbe birnförmige Gestalt der Fig. 24 bei, nur die 
äußeren Schichten, der sog. Glockenmantel, er- 
fahren eine starke Dehnung, so daß sie auf Quer- 
schnitten (Fig. 25) nur als dünne Epithelien auf- 
treten. Dieselben Vorgänge sollen auch in der 
Textfig. 7 schematisch angedeutet sein, indem 
bei dem Gonophor y gerade das Vordringen 
beginnt, während bei 2 die Einwanderung voll- 
endet ist. Wie die Fig. 25 zeigt, liegen die Keim- Textfig. 12. 
zellen (‚Spl.) anfangs nur einschichtig dem noch a nen 
sehr stark entwickelten Entoderm, bzw. Spadix Physalia. Die Bezeichnung 
an, nur in dem unteren Teil des Gonophors ls N 
zeigen sie sich mehrschichtig. Bald ändert sich 
jedoch dieses Bild völlig, durch eine außerordentlich starke Teilung der 
Keimzellen wird das Gonophor beträchtlich ın die Länge gezogen (Fig. 26), 
so daß es jetzt walzenförmig erscheint. Die Spermatoblasten liegen 
in einer dicken Schicht dem bedeutend dünner gewordenen Spadix an, 
die Schichten der Glockenwand sind nur noch an vereinzelten Stellen 
(Fig. 26*) nachweisbar. Eine Öffnung der Glockenhöhle nach außen 
wurde auch an den ältesten, von mir untersuchten Formen nicht beob- 
achtet, wohl aber verdickt sich das Ectoderm an dem oberen Ende des. 
Gonophors regelmäßig. Die von GoTo in dieser Verdickung angegebenen 
einzelligen Drüsen konnte ich nicht wahrnehmen. 


Hippopodius hippopus Forskal. 


Das von mir untersuchte Material war teilweise aus Neapel be- 
zogen, teils von mir in Ville-Franche gesammelt. Da die Streitfrage 
über die Artberechtigung der beiden Mittelmeerformen: Hippopodius 
neapolitanus und Hippopodıus gleba noch immer nicht allgemein 
geklärt zu sein scheint, und die Unterscheidung hauptsächlich auf 
der variierenden Anordnung der Gonophoren beruht, so erschien es mir 
angebracht, die darauf bezüglichen Angaben noch einmal nachzuprüfen. 
Von den älteren Autoren wurden teilweise nur Bruchstücke von 
Hippopodiiden aufgefunden und beschrieben. So bildet ForskAL (1775) 

39* 


590 _ Walter Richter, 


eine nur unvollständige, von ihm Gleba hippopus genannte Form ab, 
während Orro (1823) die Schwimmglocke eines Hippopodius als ein 
selbständiges Geschöpf (Gleba excısa) beschreibt. Auch in den ge- 
naueren Angaben von QuoyY et GAIMARD (1827), die ihre Form Hippo- 
podwus luteus nennen, und DELLE ÜHIAJE (1829), der bald von einem 
Hippopodius excısus, bald von einem Arppopodius luteus spricht, werden 
Geschlechtsorgane noch nicht erwähnt. Erst von KöLLıker (1853) 
erhalten wir eine eingehende Beschreibung über Stellung und Zahl 
der Geschlechtsindividuen, und zwar fand er stets je ein männliches 
und ein weibliches Gonophor zusammen am Polypenstamm. Er führt 
für die von ihm beschriebene Form den neuen Namen Hrppopodius 
neapolitanus ein, obwohl sie dem Hippopodıus von QuUoY et GAIMARD 
und DELLE CHIAJE sehr nahe steht. 

Ein Jahr später erklärt LeuckArT (1854), daß trotz der großen 
Verschiedenheit zwischen Aıpp. luteus und den KöLuıkerschen Hipp. 
neapolhtanus eine Artunterscheidung nicht möglich sei, da er sich an 
zahlreichen Exemplaren überzeugt habe, daß sich die Verschiedenheiten 
durch zahlreiche Zwischenformen völlig ausgleichen lassen. Nur betreffs 
der Geschlechtsorgane wiederholt er die bereits 1853 gegebene Be- 
schreibung, wonach männliche und weibliche Gonophoren an demselben 
Stock vereinigt, aber an »verschiedenen« Stellen verteilt sind. Die 
männlichen Gonophoren, die in geringerer Zahl vorhanden sind, stehen 
unterhalb der weiblichen, sind aber gleich diesen gruppenweise zu drei 
bis sechs an der Wurzel der Magensäcke befestigt. Er glaubt die Be- 
nennung von QuoY et GAIMARD fallen lassen zu müssen und restituiert 
den alten Forskauschen Namen Hippopodius gleba. 

Trotzdem durch diese Befunde von LEUCKART alle bisher beschrie- 
benen Formen unter dem Namen Hrppopodius gleba zusammengefaßt 
werden müssen, dauert die Konfusion in der Benennung noch an. Schon 
der nächste Untersucher, P. E. MÜLLER (1871) wendet wieder den Namen 
Hippopodius luteus an, obwohl er sich betreffs der Geschlechtsorgane 
den Angaben LEUCKARTSs anschließt. WEISMANN (1883) wiederum nennt 
die von ihm beschriebene Form Hippopodius neapolitanus, indem er die 
Angaben KöLuıkers, daß männliche und weibliche stets zusammen 
vorkommen, bestätigt, im Gegensatz zu diesem aber hervorhebt, daß 
die Geschlechtstrauben regelmäßig aus einem an der Spitze stehenden 
weiblichen und zwei darunter folgenden männlichen Gonophoren be- 
stehen. Auf Grund dieser Befunde glaubt er, daß die alte Streitfrage 
über die Artberechtigung der beiden Mittelmeerformen wieder in Fluß 
gebracht sei, da er die Annahme, daß die Zahl und Stellung der Ge- 


Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren, 591 


schlechtsorgane bei ein und derselben Art so variierten, gerade bei 
Siphonophoren für hinfällig hält. 

Wie man schon aus dieser Übersicht ersieht, haben tatsächlich 
alle Autoren, die sich mit der Zahl und der Anordnung der Gonophoren 
befaßten, verschiedene Angaben gemacht. Untersuchen wir diese Ver- 
schiedenheiten genauer, so fallen uns vor allem die von den andern Be- 
funden erheblich abweichenden Angaben LEUCKARTs und MÜLLERS auf, 
nach denen männliche und weibliche Gonophoren stets an verschiedenen 
Stellen des Stammes vorkommen sollen, und zwar die männlichen unter- 
halb der weiblichen. Ich glaube jedoch, daß diese Angaben nur auf 
einem Irrtum beruhen, da man die kleinen Anlagen der männlichen 
Gonophoren leicht übersieht und es dann tatsächlich scheint, als ob im 
oberen Teil des Stockes nur weibliche Gonophoren vorhanden wären; 
anderseits aber in dem unteren Teil nur männliche Gonophoren an- 
getroffen werden können, da hier die weiblichen oft schon zugrunde 
gegangen sind. 

Die Widersprüche zwischen den Angaben von KÖLLIKER und 
WEISMANN hingegen scheinen mir ihre Erklärung darin zu finden, daß, 
entgegen der Annahme WEIsMmAnns die Zahl und die Stellung der Ge- 
schlechtsorgane bei ein und derselben Art tatsächlich variieren, denn 
auch WEISMAnNs Angabe, daß »immer« je ein weibliches mit zwei 
männlichen Gonophoren zusammen vorkommen, kann ich, wie wir sehen 
werden, in dieser Allgemeinheit nicht bestätigen. 

Ich glaube daher, daß es verfehlt ist, auf Grund von doch nur un- 
bedeutenden Verschiedenheiten in der Anordnung der Geschlechtsorgane 
zwei Arten aufzustellen, und schließe mich den Angaben SCHNEIDERS 
(1898) an, der sowohl Hippopodius neapolitanus, wie Hippopodius gleba 
unter dem allein den neuen Nomenclaturregeln entsprechenden Namen 
»Hippopodius hippopus Forskal« zusammenfaßt. 

Über die Entstehung der Keimzellen und die Entwicklung der 
Gonophoren liegen genauere Untersuchungen nur von P. E. MÜLLER 
(1871) und WEısmann (1883) vor. Die neueren Arbeiten von SCHNEIDER 
(1896), Cuun (1897 a und b) und ScHAeppI (1898) berühren diese Fragen 
nicht, ich werde auf sie aber bei der Besprechung der Stammknospe 
zurückkommen. 

Nach den Angaben von P. E. MÜLLER (1871) entstehen die weib- 
lichen Keimzellen im Ectoderm des Manubriums, indem das hier ur- 
sprünglich homogene Plasma sich allmählich in Zellkörper spaltet, in 
denen sich dann je ein Keimbläschen bildet. 

Diese Anschauung weist WEISMANN zurück. Nach ihm zeigt sich 


592 Walter Richter, 


die jüngste Anlage von Geschlechtsknospen »als schwache Ausbuchtung 
eines vom Stamm entspringenden doppelwandigen Blindsackes, der 
nichts andres ist, als der Stiel der späteren kleinen Gono- 
phoren-Traube, d.h. als das Individuum, welches die Geschlechts- 
knospen hervorbringt«. Das Ectoderm solcher Knospen ist einschichtig 
und nur dünn, das Entoderm zeigt dagegen zwei bis drei Schichten 
heller Zellen übereinander, die sich anfänglich alle gleich verhalten; 
erst später erfolgt die äußerlich kenntliche Differenzierung in Geschlechts- 
und Epithelzellen. — WEISMANnN verweist hierbei auf die Abbildung 
einer männlichen Knospe. — ‘Die differenzierten jungen Eizellen 
liegen anfänglich in zwei Schichten übereinander, meist nach innen 
von Epithelzellen bekleidet, nicht selten aber bilden auch die Eizellen 
selbst die Begrenzung der Leibeshöhle. Allmählich ordnen sich die 
Eizellen einschichtig an, nach innen nunmehr völlig von einem anfänglich 
dünnen Epithel überwachsen; dieses Epithel wird später zu einem dicht 
gedrängten Cylinderepithel, nur an der Spitze der Knospe, wo die Ei- 
zellen auf beiden Seiten auseinander weichen, tritt dieses Cylinder- 
epithel früh auf und bildet so die Entodermkuppe. 

3 Gerade über diesem Entodermgewölbe entsteht, nach WEIsMmann, 
zuerst völlig solid, dann sich in eine flache, linsenförmige Blase ver- 
wandelnd, der ectodermale Glockenkern. Seine weiteren Schicksale — 
schreibt WEISMAnn — sind die bekannten: »er veranlaßt die Bildung 
der primären (doppelwandigen) Entodermlamelle, aus der 
dann später vier Radialkanäle und ein Ringkanal hervor- 
gehen« — Eine genauere Beschreibung dieser so wichtigen Vorgänge 
findet sich leider nicht. Die Eizellen wandern nun in das innere Blatt 
des Glockenkernes ein, indem sie von der Entodermkuppe aus in das 
Ectoderm vordringen und dabei dessen Wand so stark vortreiben, daß 
die Höhle der Glocke nur als schwacher Spalt erscheint. Wie sie aus 
dem Magenentoderm in die Entodermkuppe gelangen, zwischen denen 
doch die doppelwandige Lamelle liegt, erfährt man nicht. 

. Während dieser Wanderung beginnt die Entodermkuppe zu wachsen 
und sich zum Spadix zu erheben. Wenn dieser eine gewisse Höhe er- 
reicht hat, lagern sich die Eizellen in einer Schicht um ihn und werden 
nun von dem Entoderm bis auf die Außenseite völlig umwachsen, so 
daß es den Anschein hat, als ob jetzt die Eizellen im Entoderm lägen. 
‘Die fehlende Außenwand aber wird vom Ectoderm-Mantel des Manu- 
briums gebildet, die Eizellen liegen daher im Ectoderm. 

Innerhalb des Ringkanals bildet sich ein Glockenmund, aus dem 
das mit Eizellen beladene Manubrium hervortritt. Die Glocke tritt 


Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren. 595 


zuerst weit zurück, umwächst aber dann das im Wachstum voraus- 
geeilte Manubrium wieder. 

Die jüngsten männlichen Knospen ähneln nach WEISMANN durchaus 
den jungen weiblichen Knospen und sind nur durch ihre Stellung unter- 
halb des weiblichen Gonophors als männliche zu erkennen. Aus dem 
mehrschichtigen Entoderm differenzieren sich die Sexualzellen, die 
sich dann in der Seitenwand des Gonophors zusammendrängen, während 
sich an der Spitze wiederum das epitheliale Gewölbe der Entodermkuppe 
ausbildet. Über diesem hat sich bereits der Glockenkern gebildet, der 
sehr bald als Hohlknospe die Entodermkuppe gegen die Leibeshöhle 
vortreibt. Sobald sich der Hohlraum zur Linsenform ausgeweitet hat, 
wandern die männlichen Keimzellen aus der Seitenwand der Geschlechts- 
knospe in den Glockenkern aus, und umgeben den sich emporhebenden 
Spadix als massiger Hoden. Die Glockenwand verdünnt sich mehr 
und mehr, die vier Radialschläuche aber sind deutlich sichtbar, nur 
manchmal scheinen sie zu fehlen. Endlich bildet sich ein Glockenmund, 
aus dem, nach Durchreißen der dünnen Membran des Manubriums, die 
zu reifen Spermatozoen umgewandelten Spermatoblasten austreten. 


Eigne Untersuchungen. 
Beschreibung der weiblichen Gonophoren. 


Nach meinen Untersuchungen kann ich weder die Angaben MÜLLERS 
noch die WEısmanns bestätigen. Die Bildung der Eizellen erfolst viel- 
mehr unzweifelhaft schon im basalen Teil jener Ausbuchtung des 
Stammes, die WEısmAann als doppelwandigen Blindsack und späteren 
Stiel der Gonophoren-Traube beschreibt; geht also der Bildung der 
weiblichen Gonophoren-Knospen voraus. Diese Ausbuchtung des 
Stammes, die CHun (1897 a) Urknospe nennt, der ich aber lieber den 
indifferenten Namen »Stammknospe« geben möchte, konnte ich leider 
in ihrer ersten Anlage nicht beobachten; in den mir zugänglichen jüngsten 
Kolonien zeigte sich dieselbe bereits als größere Ausbuchtung und war 
stets schon mit Eizellen gefüllt. 

Über die Lage der Stammknospe finden sich in der Literatur ver- 
schiedene Angaben, teils wird sie direkt unter der Bildungsstätte der 
Schwimmzone, teils in einiger Entfernung davon beschrieben; Weıs- 
MANN findet sie an dem Vorderende des Stammes. Da gerade über 
die Frage, wo bei Hippopodius das vorderste Ende des Stammes sich 
befindet, erst neuerdings verschiedene Ansichten vertreten wurden — 
vgl. Caun (1897 b), SCHNEIDER (1896) —, so versuchte ich mir über diese 


594 Walter Richter, 


Frage Klarheit zu verschaffen, soweit dies an ausgebildeten Kolonien 
möglich ist. 

Wie bekannt, unterscheidet man bei Hıppopodius zwei verschiedene 
Stämme, den Stamm der Schwimmsäule, und den eigentlichen Körper- 
stamm, Stamm der Nährzone genannt. An dem beim Schwimmen nach 
vorn gerichteten Ende der Kolonie gehen beide Stämme ineinander 
über; genaue Angaben, wo dies geschieht, liegen nicht vor, auch die 
Abbildungen von CHUN, HAECKEL, CLAUS und SCHAEPPI lassen darüber 
ım unklaren. Die Harckersche Abbildung (1888) läßt sich mit meinen 
Befunden am allerwenigsten in Einklang bringen, sie wird allenfalls 
verständlich, wenn man annimmt, daß HAEcKEL die Stammknospe 
für die »Reifungsstätte der Schwimmzone« gehalten hat. Was er dann 
als Reifungsstätte der Nährzone bezeichnet, würde den bereits am 
Stamme herabgerückten, schon weit entwickelten Gonophoren ent- 
sprechen. Die Cuunsche Abbildung (1897 b) ist zur Orientierung aus- 
gezeichnet, ich gebe sie daher nebenstehend wieder, nur läßt sie, wie 
auch die andern Abbildungen, über die tatsächliche Lage der Knospungs- 
stätte der Nährzone, also der Stammknospe, im unklaren. 

In der auf Taf. XXVIII, Fig. 27 gegebenen Abbildung ist nur der 
obere Teil der Kolonie wiedergegeben und von den Schwimmglocken 
jeweils nur die Ansatzstelle gezeichnet, um ein möglichst übersichtliches 
Bild zu gewinnen. Eine Orientierung über das Gesamtbild wird durch 
einen Vergleich mit ‘der nebenstehenden Textfigur leicht ermöglicht. 
Verfolst man den Stamm von der Knospungsstätte der Schwimmzone 
(Kn. Schw.Z.) an nach abwärts, so findet sich unterhalb der Ansatz- 
stelle der Schwimmglocke 8, eine Trennung. Die meisten Fasern gehen 
spiralig gedreht direkt nach unten weiter, und bilden so den Stamm 
der Nährzone, andre Fasern biegen nach rechts ab und verlaufen in der 
Ansatzstelle der Schwimmglocke S,. Von hier aus geht der Hauptteil 
der Fasern über den Nährstamm hinweg zur Ansatzstelle der Schwimm- 
glocke S, (sie sind in der Zeichnung nur punktiert angegeben, um die dar- 
unter ziehenden direkten Fasern des Nährstammes sichtbar zu machen), 
während einige sich bei c wieder abzweigen, unterhalb des Stammes 
nach abwärts ziehen und sich direkt oberhalb der Stammknospe (S.Kn.), 
in der Zeichnung links bei a mit dem Nährstamm (N. St.) vereinigen. 
Wir haben also unterhalb der Ansatzstelle der Glocke S, die tatsächliche 
Trennung von Nährstamm und Schwimmstamm. Da der Hauptteil 
der Fasern des oberen Schwimmstammes, den ich zum Unterschied von 
dem unteren, freien Schwimmstamm (Schw. St.) als Hauptschwimm- 
stamm (H.Schw. St.) bezeichne, direkt in den Nährstamm übergeht, 


Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren. 595 


und die andern Fasern, die sich rechts abgezweigt haben, als selbstän- 
diger Schwimmstamm weiter gehen, glaube ich, daß es nur irreführend 
ist, von einer Umbiesung des Nährstammes in den Schwimmstamm zu 
sprechen. Es handelt sich vielmehr augenscheinlich um eine sekundäre 
Abzweigung des freien Schwimmstammes vom eigentlichen Haupt- 
stamm. | 

cd, 52 53 e.ols 


. eo; 


Textfig. 13. 
Längsschnitt durch die Schwimmsäule von Hipvpopodius. (Aus Caun: Über den Bau und 
die morphol. Auffassung der Siphonophoren. In Verh. D. Zool. Ges. 1897, Figur 11.) Die 
Bezeichnungen wurden entsprechend der Fig. 27, Taf. XXVIII abgeändert. c.ol., Ölbehälter; 
N.St., Nährstamm; Schw.St., Schwimmstamm; St.Kn., Stammknospe; S., Schwimmglocken. 


Den von SCHNEIDER (1896) angegebenen »Befund von fundamen- 
taler Bedeutung«, nach dem das Vorderende des Stammes nicht am 
Vorderende des Tieres liegt, sondern gegen die Nährzone zurückgeschla- 
sen, dort, wo die älteste, größte Deckglocke sich befindet, kann ich 
somit nicht bestätigen. Nach meiner aus Schnittserien und Total- 
präparaten gewonnenen Vorstellung verhält sich der zunächst so kom- 
pliziert erscheinende Aufbau einfach so: Das Vorderende des Stammes 


596 Walter Richter, 


liegt auch hier, wie bei den: Physophoren, an der Knospungsstätte der 
Schwimmzone. Von hier aus setzt sich der stark spiralig gedrehte 
Hauptschwimmstamm nach unten fort. Erst nachdem an ihm mehrere 
(bei den von mir untersuchten Tieren stets vier) Schwimmglocken 
entstanden sind, findet eine Trennung statt, der Hauptteil geht direkt 
inden Nährstamm über, der andre Teil bildet den freien Teil der Schwimm- 
säule. Etwas unterhalb der Verzweigung, also am Beginn des eigent- 
lichen Nährstammes, findet sich die Knospungsstätte der Nährzone, 
das ist die Stammknospe. Es lassen sich diese Verhältnisse ganz un- 
gezwungen mit denen andrer Siphonophoren vergleichen, der einzige 
Unterschied liegt eben darin, daß der Schwimmstamm bei seinem 
Übergang in den Nährstamm bei Hippopodius noch einen Seitenzweig 
bildet, der nun zur freien Schwimmsäule auswachsend sich über den 
Nährstamm ausbreitet, und so der eigentlichen Nähr- und Geschlechts- 
kolonie einen vortrefflichen Schutz gewährt. 

Über den Aufbau der Stammknospe und der sich von ihr abschnü- 
renden Gonophoren kann man sich leicht an der Übersichtsfigur (Fig. 27) 
orientieren. Bei 5 liegt der basale Teil der Knospe, hier ist der Ent- 
stehungsort der Eizellen. Indem diese an Größe zunehmen, rücken 
sie immer mehr nach dem oberen Teil, wo sie in Ausbuchtungen der 
Knospe eintreten, um dann, sich immer weiter von der Knospe abschnü- 
rend und in einer spiralen Drehung über den Stamm erhebend in der 
Nähe der Ansatzstelle der Knospe den Stamm wieder zu erreichen und 
nun an den gleichfalls spiralig gewundenen Nährstamm herabzurücken. 

Zerlest man den basalen Teil der Stammknospe in Schnitte, so 
zeigen sich in dem teils einschichtigen, teils mehrschichtigen Ectoderm 
verschiedene Arten von Zellen; unter diesen befinden sich einige, die 
den jungen Eizellen sehr ähnlich sehen. Öfters zeigte sich hier auch 
die Grenze zwischen Ecto- und Entoderm unterbrochen. Es macht 
daher wohl zuerst den Eindruck, als ob die Eizellen aus dem Ectoderm 
in das Entoderm einwanderten; dies ist aber nicht der Fall, da einmal 
nirgends ein solcher tatsächlicher Übergang nachweisbar ist, anderseits 
solche ectodermale Eizellen auch in den schon viel älteren ausgebildeten 
Gonophoren gefunden werden, und schließlieh auch die tatsächliche 
Bildungsstätte unzweifelhaft im Entoderm nachweisbar ist. Ob diese 
im Ectoderm liegenden abortiven Eizellen nicht darauf zurückzuführen 
sind, daß früher die Keimstätte nicht auf das Entoderm beschränkt 
war, konnte ich nicht feststellen, da ich keine jungen Exemplare, bei 
denen ich die Entstehung der Stammknospe untersuchen konnte, zur 
Verfügung hatte. 


Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren. 3m 


Das vielschichtige Entoderm begrenzt einen mit der gemeinsamen 
Leibeshöhle des Stammes kommunizierenden Hohlraum. In dem apica- 
len Teil der Knospe ist es völlig mit schon weit entwickelten Eiern ange- 
füllt, die nach unten zu immer mehr an Größe abnehmen, bis im basalen 
Teil der Knospe (Fig. 27 b) die eigentliche Bildungsstätte der Eizellen folst. 
Es läßt sich hier die Eibildung in ihren einzelnen Stadien auf das schönste 
verfolgen. Doch möchte ich, da ich in einer späteren Arbeit eine aus- 
führliche Beschreibung der Reifungserscheinungen der Keimzellen von 
Siphonophoren zu geben gedenke, hier nur einige besonders interessante 
Stadien dieses Prozesses abbilden. In Fig. 28 gebe ich zwei der jüngsten 
von mir beobachteten Stadien wieder. Die Zelle A zeigt wohl den 
ersten Anfang der Eibildung, der Kern hat an Größe zugenommen, 
und fällt mit seinem hellen, ungefärbten Plasma, das im Inneren den 
kleinen Nucleolus enthält, als Keimbläschen sofort auf. In der dicht 
daneben liegenden Eizelle 5 hat das Keimbläschen fast die ganze Größe 
der Zelle erreicht, sein Nucleolus ist bereits in mehrere einzelne Brocken 
zerfallen. In den folgenden Stadien sind die Zellgrenzen nicht mehr 
sichtbar, die Kerne sind erheblich gewachsen, ihr Plasma ist ganz mit 
kleineren Chromatinbrocken angefüllt, die sich zu einem dunklen Körper 
in der Mitte des Zellkernes anhäufen (Synapsis) (Fig. 29). Weiterhin 
nehmen die Kerne noch immer beträchtlich an Größe zu, während das 
Chromatin in zahlreichen Fäden geordnet dieselben ganz erfüllt (Fig. 30). 
Allmählich rückt dann das Chromatin zum größten Teil an die Peri- 
pherie der Kerne (Fig. 30 b, c), während in der Mitte ein immer größer 
werdender Nucleolus entsteht (Fig. 31 a, b). Dabei verleiht das Chro- 
matin, das sich am Rande des Kernes als eine fast homogen erscheinende 
Schicht anordnet (Fig. 31 c), dem ungefärbten Kernplasma eine mehr 
oder weniger lappig-zackige Gestalt. Es ist dies die Gestalt, die für 
die in die Gonophoren einwandernden Eizellen charakteristisch ist 
(Fig. 32). In diesem Stadium werden auch die Zellgrenzen wieder 
sichtbar. 

Mit dem weiteren Wachstum des Eies und der Ansammlung von 
Dottermasse im Eiplasma beginnt dann ein eigentümlicher Pro- 
zeß, der in einem Austritt des an der Peripherie angesammelten 
Chromatins aus dem Kern besteht. In Fig. 33 sieht man oben zwei 
Chromatinbröckchen noch innerhalb des Kernes, während das andre 
Chromatin in Gestalt rundlicher Körperchen der Kerngrenze außen 
dicht anliegt. Diese an eine Chromatinreduktion erinnernden Bilder 
sind bis in die ältesten Gonophoren zu verfolgen. In Fig. 34 bilde 
ich ein solches Ei ab, das bereits von dem Ectoderm des Manubriums 


598 Walter Richter, 


(man.) follikelförmig umgeben ist. Das Keimbläschen hat sich mehr 
und mehr abgerundet, an seiner Peripherie sitzen die größeren 
oder kleineren ausgeschiedenen Chromatinkörperchen, während im 
Inneren sich ein großer, dunkel gefärbter Nucleolus befindet mit einem 
vacuolenartigen hellen Bläschen in der Mitte, das zuweilen an seiner 
Peripherie noch ein kleines Bläschen zeigt. 

Nach dieser kurzen Übersicht über die bei der Entwicklung der 
Eizellen zu beobachtenden Bilder, auf deren Bedeutung ich hier nicht 
weiter eingehe, kehre ich zu den Keimzellen in der Stammknospe zurück. 
Wir sahen, wie sie immer an Größe zunehmend, bis an das apicale Ende 
der Knospe vorrücken, und nun in die Divertikel, die zu den späteren 
Gonophoren führen, eintreten. Daß die Eizellen selbst die Veranlassung 
zur Ausbuchtung des Ectoderms geben, scheint mir unwahrscheinlich, 
da ich den weichen, allen Widerständen nachgebenden Eizellen eine 
solche Wirkung nicht zutrauen kann. Ich glaube vielmehr, daß durch 
das allgemeine, auch im Eetoderm herrschende, nach einer Richtung 
fortschreitende Wachstum der Anlaß zu einer Ausbuchtung bedingt ist. 
Aus diesem »einseitig« fortschreitenden Wachstum wird auch die bereits 
besprochene Anordnung der Gonophoren und ihre spirale Erhebung über 
den Stamm allein verständlich. Daß es sich bei diesen Vorgängen tat- 
sächlich um ein selbständiges »allgemeines« von den Keimzellen un- 
beeinflußtes Wachstum handelt, wurde mir zur Gewißheit, durch die 
Beobachtung, daß die Bildung der Divertikel durchaus nicht zuerst er- 
folgt. Bevor diese auftreten, zeigt sich vielmehr eine von den Eiern 
völlig unabhängige, starke Wucherung des Ecto- und Entoderms, die 
zu einer anfangs stets zweischichtigen Knospe mit ganz engem Lumen 
führt (Fig. 35 M. St.,). Erst wenn diese Knospe, die Anlage des späteren 
Nährpolypen, eine gewisse Größe erreicht hat (M.st.,), beginnt das 
Ectoderm, das sich an dieser Knospe staut, sich auszubuchten (Fig. 35 
Gon..). Ist dieses Stadium einmal erreicht, dann ist es erklärlich, ja 
notwendig, daß die von unten her unter starkem Druck heraufwandern- 
den Eizellen in diese Ausbuchtung eintreten; damit erst beginnt die 
Gonophorenbildung. Während sich das erste Divertikel nun in die 
Länge ausdehnt, entsteht neben ihm an der 'Stammknospe eine neue 
Knospe, und, wie oben, eine neue Ausbuchtung. Durch diese immer 
weiter gehenden, stets paarweis auftretenden Anlagen von Nährpolyp 
und Gonophor rücken die ersten, bereits weit über die Stammknospe 
hervortretenden Gonophoren (Gon.z, @on.,), der Form der Stamm- 
knospe folgend, in einer Spirale vor, bis sie den Stamm unterhalb 
ihres Entstehungsortes wieder erreicht haben, wo sie mit dem jetzt 


Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren. _ 599 


nach unten fortschreitenden Wachstum langsam am Stamme herab- 
rücken (Fig. 27). 

- Aus den oben geschilderten Vorgängen ist wohl ohne weiteres er- 
sichtlich, daß die Stammknospe zeitlebens am Stamm erhalten bleibt, 
tatsächlich findet man sie auch in den ältesten Kolonien stets neben 
den verschiedenen Entwicklungsstadien der Gonophoren. Diese Per- 
sistenz der Stammknospe weist Cuun (1892), für die Monophyiden und 
Diphyiden nach; betreffs der Calycophoriden hebt er, auf WEISMANN 
gestützt, ausdrücklich hervor, daß die von ihm untersuchte Stephano- 
phyes superba die einzige Calycophoride mit persistierender Urknospe 
sei. Da sich nun WEIsMmAnNs Angabe, daß die Keimdrüse von Hıppo- 
podius zum Stiel der späteren Gonophoren-Traube würde, durch meine 
Untersuchung als irrig ergeben hat, so muß also auch Aippopodius zu 
den Siphonophoren mit bleibender Stammknospe gerechnet werden. Das 
von CHun für die Mono- und Diphyiden abgeleitete Knospungsgesetz, 
nach dem die Gonophoren sich stets nach links und rechts alternierend 
abschnüren, hat für Hippopodius keine Gültigkeit. 

Ich bin bisher auf die Frage, wie wir diese Stammknospe und die 
ihr entsprechenden Genitaltrauben von Rhizophysa und Physalia auf- 
zufassen haben, nicht eingegangen. Über die Deutungen derartiger 
Geschlechtsanlagen bei Siphonophoren stehen sich die Ansichten von 
CHUN und SCHNEIDER einander schroff gegenüber. CHun (1897 a) 
deutet sowohl die Stammknospe (Geschlechtsdrüse WEISMANN, 
Urknospe Chun), wie auch die Genitaltrauben als verschiedentlich 
rückgebildete bzw. umgebildete Blastostyle, die den »bei Hydroiden 
weit verbreiteten und vielfach blindgeschlossenen gleichnamigen Bil- 
dungen durchaus homolog sind«. Die von HaAEckEL (1888) als Blasto- 
style gedeuteten langen Hohlschläuche an den Genitaltrauben der 
Auronekten nennt CHun Genitaltaster, die »durchaus nichts mit den 
hier in Rede stehenden Bildungen gemein haben. Niemals knospen 
an den Genitaltrauben (soll wohl Genitaltastern heißen) die Gono- 
phoren, niemals erhalten sie von seite der letzteren ihre Genitalprodukte 
zuerteilt« »Ich glaube wohl nicht im Unrecht zu sein, wenn ich das 
Vorkommen von mit Keimzellen erfüllten Blastostylen als einen all- 
gemeinen Charakterzug der Calycophoriden und Physonekten hinstelle. 
Ob die Blastostyle sich lang ausziehen oder kugelige, knospenförmige 
Auftreibungen bilden, ob sie einfache Hohlschläuche repräsentieren oder 
sich vielfach verzweigen, ist für ihren morphologischen Charakter ir- 
relevant.« 

Gegen diese Auffassung wendet sich SCHNEIDER (1898), indem er 


600 Walter Richter, 


schreibt: »Es sei hier nochmals erwähnt, daß CHun die Stiele der Genital- 
polypen, nicht diese selbst, wie es doch richtig ist, für Blastostyle erklärt 
und zu dieser merkwürdigen Auffassung durch falsche Beurteilung der 
Genitaltrauben der Oalycophoren und Physophoren veranlasst wurde. « 
» Unter Blastostyl versteht man einen mehr oder minder reduzierten Po- 
lypen, an dem Gonophoren knospen.« »In der Definition ist gar nicht 
eingeschlossen, daß der Blastostyl der Bildner der Keimzellen sei.« 
»Wenn bei den Calycophoren und Physophoren die Keimstätte als 
buckelförmige Vortreibung des Stammes erscheint, so ist deshalb, weil 
hier die Keimzellen entstehen, diese Vortreibung noch lange nicht als 
reduzierter Polyp aufzufassen. « 

Nach SCHNEIDER sind also die Stammknospen als lokalisierte Keim- 
stätten, die Genitaltrauben als reich verzweigte Gonophorenstiele an- 
zusehen. »Blastostyle sind allein die polypoiden Schläuche, welche 
Ansicht auch HAEcKEL teilt. «— Wie SCHNEIDER sich in seiner Deutung 
der Blastostyle der Physalien und Rhizophysen auf HAECcKEL (1888) 
berufen kann, ist mir unverständlich. Sowohl im Text (S. 323, 346), 
als auch auf den Abbildungen (Taf. XXVI) bezeichnet HAEckEL (1888) 
die letzten Enden der Zweige (vgl. @.T. Textfig. 7) ausdrücklich als 
»Gonopalpon« (Sexualpalpon), während er die unter diesen Tastern be- 
findlichen Enden der Zweige »Gonostyle« (Blastostyl) nennt (Taf. XXVI 
Fig. 8 gs). Daß HaEcKkEL aber nicht bloß diese letzten Verzweigungen 
(also etwa von Cı, Ca, Ca, c, der Textfig. 7 ab), sondern die ganze Genital- 
traube (gonodendra HAEcKEL) als verzweigtes Blastostyl auffaßt, geht ja 
daraus hervor, daß er S. 312 schreibt: » All Cystonectae possess monoe- 
clous corns, monoclinic cormidia, and monostylic gonodendra, male 
and female gonophores arısing from the same ‚branched gonostyle‘.« 
»The stem of the gonostyle is always richly ramified, and bears on 
each branch one or several sexual palpons, a single gsynophore or 
female medusome, and a great number of androphores or male medu- 
somes. « 

Die Ansichten über die Deutung der Blastostyle bei Siphonophoren 
sind, wie man sieht, noch keineswegs geklärt. Ich kann auf die Frage 
im allgemeinen nicht näher eingehen, da ich noch nicht eine genügend 
große Zahl von Siphonophoren untersucht habe. Wenn wir jedoch von 
der Bedeutung der Blastostyle bei den Hydropolypen ausgehen, so 
müssen wir mit SCHNEIDER ein Blastostyl als einen mehr oder minder 
reducierten Polypen, an dem Gonophoren knospen, definieren. Gemäß 
dieser Auffassung kann ich mich in der Beurteilung der Verhältnisse 
von Hippopodius der Ansicht SCHNEIDERSs anschließen. In der Stamm- 


Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren. - 601 


knospe erkenne ich die scharf lokalisierte Keimzone. Früher mag diese 
Zone allgemein im Stamm verbreitet gewesen sein, so daß die Keimzellen 
überall in die frühzeitig am Stamm entstandenen Polypen einwanderten, 
sie so im Blastostyle verwandelten und an ihrem Stiel die Bildung der 
Gonophoren veranlaßten. Im Laufe der Zeit hat sich die Keimzone 
an einer Stelle fixiert, und veranlaßte durch die jetzt hier massenhaft auf- 
tretenden Keimzellen eine Ausbuchtung des Stammes (Stammknospe). 
Dadurch, daß diese Keimzone sich sehr früh differenzierte, fiel schließ- 
lich die Auswanderung der Keimzellen mit der Bildung der Polypen 
zusammen, so daß wir noch jetzt die regelmäßige, von mir näher aus- 
geführte gleichzeitige Entstehung von je einer Knospe des späteren 
Magenschlauches und dem dazugehörigen, weiblichen Gonophor an- 
treffen. Ursprünglich haben die Gonophoren an dem Stiel der Polypen 
gesessen, daher findet man noch jetzt bei den jüngeren Knospen zu- 
weilen die Gonophoren so nah am Stiel, daß es nicht möglich ist, zu 
unterscheiden, ob sie am Stamm selbst, oder an dem Polypen sitzen. 
Die weiter entwickelten Geschlechtsgruppen sitzen zwar am Stamm, 
aber stets dicht an der Wurzel des Polypen. 

Bei Rhizophysa und Physalia liegen die Verhältnisse ähnlich. Auch 
hier möchte ich die Genitaltrauben als reich verzweigte Keimzone auf- 
fassen. Die Keimzellen entstehen im Vergleich mit Hippopodius sehr 
spät; bei Rhizophysa in den Seitenästchen der Traube, bei Physalıa erst 
in den Gonophoren. Echte Blastostyle aber gibt es hier nicht. Wollen 
wir, mit SCHNEIDER, wenn ich ihn recht verstanden habe, die unterhalb 
der polypoiden Schläuche befindlichen letzten Enden der Genitaltraube 
als Blastostyle bezeichnen (Textfig. 7 c,, c,), dann wäre nicht einzu- 
sehen, warum man nicht auch die nächst tiefer liegenden Verzweigungen 
mit zu solchen Blastostylen rechnen solite, um so mehr als sie ja alle noch 
vereinzelte Gonophoren tragen. Damit wäre aber dann die Cmunsche 
Auffassung der stark verzweigten Blastostyle gegeben. 

Ich halte es daher für angebracht, den Ausdruck »Blastostyl« für 
Rhizophysa und Physalia fallen zu lassen. Die letzten polypoiden End- 
zweige (G.T.) bezeichne ich mit den Cuunschen indifferenten Namen 
»Genitaltaster«, da wir noch gar nicht wissen, was aus ihnen im Laufe 
ihrer freien Entwicklung wird. 

Wir hatten gesehen, wie die Gerepharsn als einfache Divertikel 
sich jeweils mit der Anlage eines Nährpolypen von der Stammknospe 
abschnürten und am Stamm herabrückten. Die anfänglich das Lumen 
des Divertikels prall anfüllenden Eizellen legen sich mit dessen Wachs- 
tum in die Länge einschichtig an das Ectoderm an, während sie von 


602 Walter Richter, 


der Leibeshöhle durch ein feines Epithel von Entodermzellen begrenzt 
werden. Einzelne Entodermzellen sind aber auch noch ziemlich lange 
zwischen den Eizellen nachweisbar. Jetzt beginnt das Entoderm aus- 
zuwachsen, drängt die an der Spitze gelegenen Eizellen zurück, und 
bildet direkt unter dem Ectoderm eine einzellige solide Schicht (Ento- 
dermkuppe — WEISMANN), die aber in der hier auftretenden Gestalt und 
entsprechend ihrer weiteren Entwicklung nach dem Vorschlag von 
GOETTE besser Spadixplatte genannt wird (Fig. 36 Sp.Pl.). 

Durch das Auftreten des Glockenkernes, der angeblichen Einbuch- 
tung des Entoderms, Erhebung des Spadix und Wanderung der Eizellen 
tritt nunmehr das Gonophor in das medusoide Stadium ein. Über diese 
wichtigen Vorgänge liegen als Untersuchungen an weiblichen Gonophoren 
nur die von WEISMANN und CHun (1891) vor. CHUN bestätigt die An- 
gaben WEISMANNS durchaus, nur hebt er hervor, daß junge Gonophoren- 
anlagen selten sind, daß es ihm daher nicht möglich war zu verfolgen, 
wie die Wanderung der Eizellen in den Glockenkern vor sich geht. Seine 
Hoffnung, diese Lücke durch die Entwicklungsvorgänge der männlichen 
Gonophoren ausfüllen zu können, scheint sich nicht erfüllt zu haben, 
wenigstens weist er dort nur auf die gegebene ausführliche Beschrei- 
bung der weiblichen Gonophoren hin. 

Es ist mir nun gelungen, auch für Hippopodius die von GOETTE 
für die Hydromedusen angegebene Entstehung der Radialkanäle durch 
vier von Anfang an getrennte Radialschläuche nachzuweisen. Aller- 
dings waren die genaueren Verhältnisse der weiteren Entwicklung bei 
der Größe der Eier und der dadurch bedingten Verzerrung aller Schichten 
schwierig festzustellen. Fig. 36 zeigt ein sehr instruktives Bild, das 
ich auf meinen Präparaten häufiger beobachtete. Der Glockenkern 
(Gl.K.) erscheint als eine nach außen gerichtete Verdickung der basalen 
Schicht des Ectoderms, so daß seine Unterseite ganz eben erscheint. 
Die Spadixplatte hingegen ist gegen den Rand hin etwas aufwärts ge- 
krümmt, und bildet so mit dem Entoderm der Seitenwände des Gono- 
phors eine Falte. Diese erste Aufwärtskrümmung des Entoderms bildet 
die Wurzel der Radialschläuche, und entsteht also durchaus unab- 
hängig vom Glockenkern. 

Erst in der Folge dringt der deutlich zweischichtige, mit einem 
Lumen in der Mitte versehene Glockenkern gegen die Spadixplatte vor, 
wo er sich linsenförmig zwischen dem aufwärts gekrümmten Entoderm 
ausbreitet, in dem man gleichzeitig vier getrennte Radialschläuche 
erkennen kann. Fig. 37 zeigt einen Längsschnitt einer Serie durch ein 
solches Stadium. Links ist ein Kanal getroffen, während rechts nicht 


Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren. 603 


die Spur davon zu sehen ist. Es geht hier das seitliche Entoderm der 
Knospe ununterbrochen, also nicht in eine zweischichtige Entoderm- 
lamelle, sondern direkt in die Spadixplatte über. Verfolgt man die 
Serie weiter, so verschwindet der Kanal auf der linken Seite, während 
jetzt der rechte Kanal sichtbar wird. 

In diesem Stadium beginnt die Überwanderung der Eizellen in den 
Spadix. Dies geschieht in den Interradien, wo die vorgerückten Eizellen 
an die Spadixplatte direkt anstoßen. Das auf der Fig. 37 angeschnittene 
Ei a beginnt eben in die Spadixplatte (Sp.Pl.) überzuwandern, wobei 
es also eine zweischichtige Entodermlamelle gar nicht zu passieren 
braucht. 

Die in die Spadixplatte eingedrungenen Eier dringen nun in die 
Glockenhöhle ein. Die Frage, ob sie hierbei tatsächlich in die ecto- 
dermale untere Wand des -Glockenkernes einwandern, wie es WEISMANN 
annimmt, oder nur diese Wand vor sich herschieben und zwischen 
Eetoderm und Entoderm liegen bleiben, wie es OHun (1896, S. 623 Anm. 2) 
für wahrscheinlich hält, muß ich hier unentschieden lassen. Ich halte 
es bei der Größe der Eier und der dadurch bedingten außerordentlichen 
Verdünnung der in Frage kommenden Schichten für ausgeschlossen, 
eine durchaus einwandfreie Entscheidung zu fällen. So zeigt der in 
Fig. 38 abgebildete Schnitt wohl sehr schön auf der rechten Seite die 
Stelle eines Interradiums, in dem die Eizellen aus dem Entoderm der 
Leibeswand direkt in die Spadixplatte vordringen können, während 
auf der linken Seite dieser Weg durch die Leibeshöhle, die in den Kanal 
übergeht (die Fortsetzung des Kanals selbst ist nicht sichtbar) unter- 
brochen ist, läßt ferner zwei noch in der Spadixplatte liegende Eier, das 
rechte nur im Anschnitt und zwei bereits in die Glockenhöhle hervor- 
gedrungene gut erkennen, gibt aber über die Art, wie dieselben dahin 
gelangt sind, keinen Aufschluß. 

Eher könnte wohl der in Fig. 39 abgebildete Schnitt eine Erklärung 
der Vorgänge geben. Dieser, wie der vorher besprochene Schnitt 
(Fig. 38) sind etwas schräg getroffen, so daß der proximale Teil des 
Gonophors geschlossen erscheint. In diesem jüngeren Stadium ist zwar 
noch keine Eizelle gegen die Glockenhöhle vorgedrungen, wohl aber hat 
die einzige bisher in die Spadixplatte übergewanderte Eizelle (auf diesem 
Schnitt nur im Anschnitt zu sehen) eine starke Einbuchtung des Glocken- 
kernes hervorgerufen. Es erweckt dies wohl den Anschein, als ob die 
nun folgenden Eizellen den Boden des Glockenkerns weiter einbuchten 
und dadurch zu einer dünnen Lamelle ausdehnen müßten, doch ist 


eine Einwanderung in das Glockenkerngewölbe durch diesen Befund 
Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXV]. Bd. 40 


604 Walter Richter, 


noch nicht völlig widerlegt. Wenn WEISMAnN behauptet, gerade bei 
Hippopodvus sich mit aller Bestimmtheit überzeugt zu haben, daß 
die Eizellen in das innere Blatt des Glockenkerns auswandern, so ver- 
misse ich den Beweis dafür. Die Abbildungen, auf die er verweist, 
würden ebenso gut das Gegenteil erläutern können, und im Text gibt 
er selbst einige Zeilen später zu, dab einige Eizellen dieWand des Glocken- 
kernes stark vor sich hertreiben. 

Die anfänglich dicht gedrängt gegen die Glockenhöhle vorgescho- 
benen Eier ordnen sich mit dem Wachstum des Gonophors in eine Schicht. 
Zu gleicher Zeit wächst der Glockenkern nach abwärts, während das 
die Eier im Inneren begrenzende Entoderm sich zu einer soliden Schicht 
entwickelt und so zum Spadix wird (Fig. 40). Wenn aber das Gonophor 
weiter an Größe zugenommen und die erst eng aneinander gepreßten 
Eier anfangen auseinander zu rücken, dringt der Spadix in die Zwischen- 
räume zwischen ihnen ein, und umwächst die Eier mehr und mehr. 
Dieses Umwachsen der Eizellen vom Entoderm geht so weit, daß sie 
zuletzt völlig von ihm eingeschlossen sind; nur die kleine Strecke, wo 
das Ei an das Ectoderm anstößt, bleibt frei, es ist dies die Stelle, wo 
später das Ei nach außen austritt (Fig. 42). Die in den jüngeren Stadien 
(Fig. 40) noch erkennbare Glockenkernschicht (ect.”’) ist hier nicht 
mehr zu sehen. 

Die Eizellen haben jetzt, fast völlig im Entoderm eingebettet, ihre 
bleibende Stelle erreicht, und das Gonophor tritt in das letzte Stadium 
seiner Entwicklung ein. Auf Querschnitten läßt sich der medusoide 
Bau des Gonophors nur noch bei sehr günstigen Objekten und auch 
hier nur schwer nachweisen, da die Glockenwand mit ihren drei Schichten 
und den vier Radialkanälen sehr dünn ist (Fig. 41). Zuweilen erkennt 
man auf Längsschnitten durch jüngere Stadien (Fig. 40) außer den nicht 
unterscheidbaren drei Schichten der Glockenwand (Glw.) die den Eiern 
dicht anliegende dritte Ectodermschicht (ect.”'). Nachdem aber an der 
Spitze der Glocke der Mund durchgebrochen ist (Fig. 42), zieht sich der 
Glockenmantel über das mit Eiern angefüllte Manubrium zurück, faltet 
sich kranzförmig um den Stiel des Gonophors und nimmt wieder be- 
deutend an Dicke zu. Schon in Fig. 42 kann man an dem oberen Teil 
des Glockenmantels die ursprünglichen Schichtungsverhältnisse wieder 
deutlich erkennen (ect.', ent., ect. ), noch schöner aber lassen sie sich 
nachweisen, wenn der Mantel sich völlig bis an den Stiel des Gonophors 
zurückgezogen hat (Fig. 43). 

Schneidet man den unteren Teil eines Gonophors in diesem Stadium 
quer, so ergibt sich ein Bild, wie ich es in Fig. 44 wiedergebe. Dieser in 


Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren. 605 


der Richtung A—B der Fig. 43 gefallene Schnitt zeigt deutlich die drei 
Schichten der Glockenwand: das Exumbrellarectoderm (ect.’), das Ento- 
derm (ent.) mit den vier Kanälen (rad. _,) und das Subumbrellarecto- 
derm (ect.”). Es folgt dann der freie Raum (R.) zwischen dem Mantel 
und dem Gonophor und die die Eizellen umgebende Schicht (ect.’”), 
während in der Mitte gerade die die einzelnen Eier umschließende Ento- 
dermschicht des Spadix (Sp.) angeschnitten ist. In den ältesten Gono- 
phoren ist die Glockenwand wieder emporgewachsen, hat sich völlig 
abgeplattet und umschließt so das Gonophor wieder. Das sich auf 
meinen Schnitten öfter zeigende Austreten der Eier oder gar nur der 
Kerne allein, kann nur Kunstprodukt sein. 


Entwicklung der männlichen Gonophoren. 

Die männlichen Gonophoren entstehen am Stiel der weiblichen 
Gonophoren derart, daß zuerst »ein« Gonophor als Ausbuchtung der 
unteren Wand des weiblichen Gonophors entsteht (Fig. 37 gon.), während 
später an der Basis dieses ersten männlichen Gonophors (Fig. 45 Gon.ı) 
das zweite Gonophor (Gon.,) entsteht. In einer ausgebildeten Ge- 
schlechtsgruppe zeigt sich also ein schon weit entwickeltes weibliches 
Gonophor, an dessen Stiel wieder zwei junge männliche. Die Angabe 
WEISMAnNs, daß diese Anordnung eine regelmäßige sei, kann ich 
jedoch nicht bestätigen. Ich fand vielmehr bisweilen nur ein, bisweilen 
aber auch drei männliche Gonophoren an einem Stiel vereinigt, und 
ich glaube, daß nach diesen und den Befunden der früheren Autoren 
die Annahme, daß bei den Siphonophoren die Zahl und Stellung der 
Geschlechtsorgane eine feststehende und für die Art charakteristische 
sei, fallen gelassen werden muß. 

Die jüngsten Knospen der männlichen Gonophoren sind als Salldhe 
von Anfang an durch ihr mehrschichtiges Entoderm leicht zu erkennen. 
In den jüngsten Gonophoren füllt das Entoderm das Innere völlig aus 
(Fig. 45 Gon.,), erst mit dem weiteren Wachstum bildet sich ein Lumen 
in der Mitte (Fig. 37 Gon.), das sich dann bis an die Spitze des Gonophors 
ausdehnt. Hier ordnet sich, wie bei den weiblichen Gonophoren, das 
Entoderm direkt unter dem Ectoderm zu einer einzelligen, soliden 
Schicht, der sog. Spadixplatte (Fig. 45 Sp.Pl.). Die übrigen Entoderm- 
zellen häufen sich in der Mitte des Gonophors zusammen. In dieser, 
das Gonophor in der Mitte wie ein Gürtel umziehenden, dicken Zone 
(Fig. 45 K.Z.) beginnt die Differenzierung der Entodermzellen zu Keim- 
zellen. Es lassen sich auch hier wieder an den Kernen ähnliche Vor- 
gänge nachweisen, wie sie bei den Eizellen näher besprochen wurden. 

40* 


606 | Walter Richter, 


Die Anlage des Glockenkerns als linsenförmiges Gebilde an der 
Spitze des Gonophors, seine Einsenkung ins Innere und die vier ge- 
trennten Radialschläuche bilden sich genau, wie bei den weiblichen 
Gonophoren. Fig. 46 zeigt einen Schnitt, wo wieder auf der einen Seite 
der Kanal (rad.) getroffen, auf der andern Seite das Entoderm inter- 
radial ununterbrochen in die Spadixplatte (Sp.Pl.) übergeht. Auf 
Querschnitten zeigen sich wiederum die vier durch die Umbrellarplatte 
getrennten Radialkanäle. Die Wanderung der Spermatoblasten nach 
der Glockenhöhle erfolgt hier direkt, d.h. sie rücken nicht erst in die 
Spadixplatte vor, sondern wandern in den Interradien direkt zwischen 
die entodermale Spadixplatte und den ectodermalen Boden der Glocken- 

höhle. Hier buchten sie den keinen Widerstand leistenden Boden der- 
selben ein und verdrängen allmählich die Höhle ganz (Fig. 47). Die 
Bildung des Spadix erfolgt wie bei den weiblichen Gonophoren. 

Damit erreichen auch die männlichen Gonophoren den medusoiden 
Bau, besonders die vier Radialkanäle lassen sich auf Querschnitten 
durch das obere Ende älterer Stadien gut nachweisen. In der weiteren 
Entwicklung treten dieselben merkwürdigen Vorgänge auf, wie bei den 
weiblichen Gonophoren: der Glockenmund bildet sich an der Spitze, 
die Glockenwand zieht sich weit über das Manubrium zurück (Fig. 48), 
bis sie sich dann wieder über das enorm ausgedehnte Manubrium vor- 
stülpt. 


Rückblick. 


Bei allen von mir untersuchten, männlichen wie weiblichen Gono- 
phoren konnte ich die Entstehung der vier, bzw. zwei Radialkanäle aus 
den in entsprechender Zahl auftretenden Magenrinnen durch selb- 
ständiges Wachstum, ohne Einfluß des Glockenkerns nachweisen. 

Die Keimzellen entstehen wie bisher allgemein angenommen im 
Entoderm, nur bei Physalia konnte die ectodermale Abstammung der 
Spermatoblasten, wenn nicht ganz bestimmt, so doch mit großer Wahr- 
scheinlichkeit nachgewiesen werden. Die Differenzierung der Eizellen 
erfolgt bei Hippopodius sehr früh, in der Stammknospe. Viel später 
entstehen die männlichen Keimzellen; bei Rhizophysa konnten sie ent- 
gegen CHUN schon in den Seitenästchen der Geschlechtstrauben nach- 
gewiesen werden, während sie sich bei Physalıa und Hippopodius erst 
in den Gonophoren selbst differenzieren. 

Eine Auswanderung der Keimzellen in das Ectoderm findet bei 
keiner Form statt. Die männlichen Keimzellen lagern sich allgemein 
zwischen den ectodermalen Glockenkern und den entodermalen Spadix 


Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren. 607 


des ausgebildeten Gonophors, auch die Eizellen von Hippopodius nehmen 
aller Wahrscheinlichkeit nach dieselbe Lage ein. Die Wanderung aus 
den Seitenwänden des Gonophors gegen den Glockenkern erfolgt ent- 
weder in der Weise, daß die Keimzellen auf den Interradien in die Spadix- 
platte vordringen, und von dort aus ihre definitive Stätte erreichen, 
oder durch ein direktes Vordringen gegen die Glockenhöhle. 

Die Entwicklung der Gonophoren zum medusoiden Bau geht bei 
den weiblichen Gonophoren und den männlichen von Hippopodius in 
der bekannten Weise vor sich. Die männlichen Gonophoren von Rhizo- 
physa hingegen zeigen eine Vereinfachung, indem eine typische Glocken- 
höhle nicht zur Ausbildung kommt. Auch die weitere Entwicklung ge- 
schieht hier nicht wie üblich, sondern durch ein nach unten gerichtetes 
Wachstum mit gleichzeitiger nach abwärts zunehmender Verschmelzung 
der Täniolenränder. Ganz eigenartige Verhältnisse finden sich endlich 
bei den männlichen Gonophoren von Physalia. Durch das tiefe Vor- 
dringen des Glockenkerns gelangen die Keimzellen mit dem sie um- 
schließenden Entoderm in die Leibeshöhle des Stammes, von wo aus 
sie dann später wieder in die äußeren Gonophoren vordringen. 

Betreffs der Entwicklung und des Aufbaues der Geschlechtstrauben 
von Rhizophysa und Physalia konnte ich mich den Angaben CHuns 
anschließen, nur die weiblichen Gonophoren von Rhizophysa wurden 
nicht an der Grenze von Gonophoren und Geschlechtstaster angetroffen, 
sondern weiter unterhalb zwischen den männlichen Gonophoren. Der 
Auffassung der Geschlechtstrauben als reich verzweigte Blastostyle 
kann ich nicht zustimmen, es erscheint mir vielmehr richtiger, sie von 
einer Verzweigung der Keimzone herzuleiten. Echte Blastostyle gibt 
es bei Rhizophysa und Physalıa nicht.- Für die schlauchförmigen Enden 
der Zweige empfiehlt es sich, solange deren Entwicklung noch unbekannt 
ist, den indifferenten Namen Genitaltaster beizubehalten. 

Auch in der Stammknospe von Arippopodius erkenne ich die scharf 
lokalisierte Keimzone. Sie wird niemals zum Stiel der späteren Gono- 
phorentraube, sondern bleibt zeitlebens am Stamm erhalten, während 
sich die Gonophoren von ihr abschnüren. — Der Aufbau des Stammes 
von Hippopodius entspricht dem der Physophoriden. Die auffällige 
Bildung des freien Schwimmstammes ist nicht einem dem Wachstum 
des Nährstammes entgegengesetzten Wachstum zuzuschreiben, sondern 
kann nach den anatomischen Befunden nur als ein Seitenast (Schein- 
stamm Chun) des Hauptschwimmstammes gedeutet werden. 

Das wichtigste Ergebnis der vorliegenden Arbeit endlich ist der 
Nachweis, daß die alte Acassız-WEısmAnnsche Lehre über die Ent- 


608 Walter Richter, 


stehung der Medusen für die Siphonophoren nicht anerkannt werden 
kann, wie dies in gleicher Weise GoETTE für die Hydromedusen nach- 
wies. Daß durch diesen Befund auch ein neues Licht auf die Frage der 
Abstammung der Siphonophoren von Hydromedusen geworfen wird, 
mag hier nur angedeutet sein. 


Straßburg i/Els., im Juli 1906. 


Nachtrag. 


Nachdem diese Untersuchung bereits im Juni 1906 abgeschlossen, 
und mein Manuskript schon dem Druck übergeben war, erschien im 
ersten Hefte des vorliegenden Bandes eine Arbeit von Dr. med. OTTO 
STECHE: »Die Genitalanlagen der Rhizophysalien«, in der die Ent- 
stehung der Gonophoren von Rhizophysa und Physalia ebenfalls ein- 
gehender geschildert werden. Da sich in den beiden Parallelarbeiten 
einige auffallende Verschiedenheiten zeigen, möchte ich die wichtigsten 
Punkte hier kurz besprechen. 


Leider finde ich in der Arbeit von STECHE keine genaueren syste- 
matischen Angaben. Der Verfasser spricht nur von Physalia ohne 
irgend eine Speciesangabe, auch bei Rhizophysa ist nicht angegeben, 
an welcher der drei genannten Formen die Untersuchungen angestellt 
wurden. DBetreffs Rhizophysa glaube ich jedoch annehmen zu können, 
daß es sich hauptsächlich um die gewöhnlichste Form, die auch von 
mir untersuchte Rhizophysa filiformis handelt, und will deshalb auf 
die abweichenden Befunde kurz eingehen. 


Über das Auftreten und den Aufbau der Geschlei e von 
Rhizophysa stimmen unsre Angaben überein, meine Beobachtungen 
über die Entstehung der Geschlechtszellen werden hingegen durch die 
Befunde von STECHE ergänzt. Ich hob hervor, daß die Differenzierung 
einzelner Entodermzellen zu Geschlechtszellen nicht erst in den Gono- 
phoren selbst, wie bisher angegeben, sondern bereits in den Seiten- 
ästchen, an denen diese entstehen, vor sich geht. STECHE stellt nun 
fest, daß schon viel früher, in den jüngsten Anlagen der Genitaltraube, 
gewisse »interstitielle Zellen« im Entoderm nachweisbar sind, die in 
Nestern unmittelbar unter der Stützlamelle zusammenliegen, und die, 
wie ihr späteres Schicksal ergibt, schon jetzt als »wohl differenzierte 
Keimzellen« anzusehen sind. 


Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren. 609 


Ich konnte diese so frühe Differenzierung nicht feststellen, da lei- 
der an dem von mir untersuchten Exemplar der obere Teil des Stam- 
mes verletzt war, so daß mir die jüngsten Knospen nicht zur Ver- 
fügung standen. Da ich aber in den jungen Seitenästehen regellos 
unter den Entodermzellen verteilt zahlreiche Kernteilungen fand, die 
den in der Spermatogenese häufig angetroffenen Bildern sehr ähnlich 
waren, glaubte ich, daß hier die Differenzierung der Entodermzellen 
zu Keimzellen vor sich geht, und konnte dies um so mehr, als ich in 
dem jungen Stiel der Genitaltraube nur sehr selten derartige auf- 
fallende Kernteilungen beobachtete. Nach aen Befunden von STECHE 
ist es jetzt allerdings wahrscheinlich, daß auch bei dem von mir unter- 
suchten Exemplar der eigentliche Entstehungsort in der jüngsten 
Knospe der Genitalanlage zu suchen ist. — Da ich die von STECHE 
beschriebene Differenzierung des Entoderms des Stammes und der 
Seitenästchen in zwei Zellarten: eine »einfache Lage dunkler typischer 
Entodermzellen« und eine darüber liegende Lage mehrschichtiger 
>heller interstitieller Zellen« auf meinen Präparaten nicht feststellen 
kann, muß ich diese Verschiedenheit unsrer Befunde in der Anord- 
nung der Entoderm- und Keimzellen vorläufig dahingestellt sein lassen. 
Richtig ist, daß das Entoderm sowohl des Genitaltasters, wie des 
bisher sogenannten weiblichen Gonophors, bei Khrzophysa einschichtig 
ist und niemals Keimzellen zeigt. 

In der Beschreibung der Vorgänge, die zur Umbildung der an 
den Seitenästchen entstehenden männlichen Gonophoren zu medusoi- 
den Gebilden führen, läßt die Arbeit von STECHE völlig in Stich. 
Trotz des außerordentlich reichen und sicherlich gut konservierten 
Materials ist dem Verfasser der tatsächliche Entwicklungsgang, auf 
den ja bereits durch die vorläufige Mitteilung von GoETTE (1904) hin- 
gewiesen war, entgangen. Er hält vielmehr den bisher hauptsächlich 
für die Hydromedusen gültigen Entwicklungsverlauf, nach dem durch 
Einsinken eines ectodermalen Glockenkerns das Entoderm becherförmig 
eingesenkt wird, und aus dieser so entstandenen primären Entoderm- 
lamelle durch stellenweise Verwachsung die Radialkanäle entstehen, 
auch bei Rhrzophysa für vorliegend. 

Dem entgegen habe ich in meiner Arbeit nachgewiesen, daß eine 
solche Entwicklung nicht vorkommt. Der Glockenkern hat mit der 
Entstehung der Radialkanäle nichts zu tun. Diese sind vielmehr 
zurückzuführen auf gesetzmäßig (meist in der Vierzahl) auftretende 
Verdickungen des Entoderms (Täniolen) und den von diesen Täniolen 
eingeschlossenen Magenrinnen. Die Zipfel dieser Magenrinnen wachsen 


610 Walter Richter, 


empor und bilden die von Anfang an voneinander getrennten Radial- 
kanäle. Eine primäre Entodermlamelle kann niemals nachgewiesen 
werden. | 

Betreffs der Wanderung der Keimzellen aus dem Entoderm nach 
ihrer Reifungsstätte gibt STECHE für Rhizophysa an, daß die »inter- 
stitiellen Zellen in geschlossener Schar in den Glockenkern übertreten«. 
Einen Beweis für diese Wanderung ist der Verfasser jedoch schuldig 
geblieben, konnte ihn auch nicht erbringen, da er die in Betracht 
kommenden Stadien nicht untersuchte. Er sagt selbst, daß dieser 
Prozeß sehr rasch verläuft, so daß nach dem Exemplar, das erst 
»einen ganz kleinen Glockenkern zeigt, an der nächst älteren Geni- 
taltraube schon alle interstitiellen Zellen in das Ectoderm übergetreten 
sind«. — Ich habe des Näheren ausgeführt, wie hier die Entwick- 
lung zum medusoiden Bau sehr vereinfacht ist, daß der Glockenkern 
gar nicht zur vollen Entwicklung kommt, und die Keimzellen ohne 
weitere Wanderungen ihre anfängliche Lage im oberen Entoderm der 
Gonophoren beibehalten. An und für sich lege ich der Frage, ob die 
Keimzellen tatsächlich in dem ectodermalen Überzug des Manubriums 
liegen, oder sich nur zwischen das untere Blatt des ectodermalen 
Glockenkernes und das entodermale Manubrium lagern, keine allzu 
große Bedeutung bei. Gerade bei Rhizophysa erscheint mir aber eine 
Auswanderung der in so großen Mengen angehäuften Keimzellen in 
die von Anfang an schwach ausgebildete untere Schicht des Glocken- 
kernes ausgeschlossen. Die StEcHEschen Angaben und Zeichnungen 
können auch keineswegs eine tatsächliche Lage im Ectoderm beweisen. 

Sehr interessante Beobachtungen, die endlich eine Aufklärung über 
den Ort der Entstehung der bisher noch völlig unbekannten weiblichen 
Keimzellen zu geben scheinen, konnte STECHE an älteren Exemplaren 
von Rhizophysa und Physalia machen. Die bisher als männliche 
Gonophoren angesehenen Bildungen sind nach ihnen nur indifferente 
Geschlechtsanlagen, in denen sich erst später, und zwar getrennt an 
verschiedenen Exemplaren, männliche und weibliche Keimzellen ent- 
wickeln. — Bei den von mir untersuchten ältesten Exemplaren waren 
die von STECHE genauer beschriebenen Umbildungen nicht zu beob- 
achten. Meine Präparate zeigten vielmehr durchweg eine stark ent- 
wickelte Keimzellenschicht, in der immer zahlreiche Kernteilungen zu 
beobachten waren. — Die von STECHE angegebene eigentümliche Er- 
scheinung der letzten Stadien der männlichen Keimzellen, nach der 
sich das Chromatin »halbmondförmig an einer Seite der Kernmembran 
anlagert«, konnte ich auf allerdings schon viel jüngeren Stadien der 


Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren. 611 


Entwicklung ebenfalls feststellen. Da ich jedoch, wie auch STECHE, 
nicht ganz sicher war, ob es sich nicht um durch die Konservierung 
hervorgerufene künstliche Bilder handelte, beabsichtigte ich, die ja an 
sich schon so interessanten Differenzierungs- und Reifeerscheinungen 
der Keimzellen der Siphonophoren später an eigens für solche Zwecke 
konserviertem Material eingehender zu untersuchen. 

Unsre Untersuchungen über die Entwicklung der Gonophoren von 
Physalia führten zu durchaus verschiedenen Resultaten. Auch hier 
findet STECHE die Entwicklung zum medusoiden Gonophor entsprechend 
der bei Rhizophysa, während ich das selbständige Emporwachsen der 
Radialkanäle ganz unabhängig vom Glockenkern hier sehr schön nach- 
weisen konnte. Von dem von mir weiterhin eingehend beschriebenen 
auffälligen Prozeß, infolge dessen durch das frühzeitige und energische 
Vordringen des Glockenkernes Ecto- und Entodermzellen in das Innere 
des Stieles, an dem die Gonophoren entstehen, vorgeschoben werden, 
dort ihre Entwicklung zu Keimzellen durchmachen, um dann wieder 
in das äußere Gonophor einzudringen, ist bei den von STECHE unter- 
suchten Exemplaren scheinbar nur das Anfangsstadium, wo »das Ento- 
derm noch zapfenförmig in den Hohlraum des gemeinsamen Stieles 
der Genitaltraube vorspringt«, zu beobachten gewesen. Es zeigt sich 
daher in der ganzen weiteren Entwicklung eine durchgängige Ver- 
schiedenheit unsrer Befunde. Selbst der Ursprung der Keimzellen, 
den ich mit großer Wahrscheinlichkeit ins Ectoderm legen konnte, 
wird von STECHE im Enntoderm gefunden. 

Ob diese abweichenden Beschreibungen sich dahin erklären lassen, 
daß STECHE eine andre Species als die von mir beschriebene atlantische 
Physalia physalis untersuchte, oder aber, was ich keineswegs für un- 
wahrscheinlich halte, daß hier eine verschiedene Entwicklung der Gono- 
phoren vorliegt, können erst weitere Untersuchungen an möglichst 
zahlreichen Exemplaren entscheiden. Vorläufig sind betreffs Physalia 
die Befunde von STECHE und mir, da ein Versehen in der Beobachtung 
doch atısgeschlossen ist, nicht in Einklang zu bringen. 

In der Frage der Beurteilung der Genitaltrauben und ihrer Anhänge 
ergeben die Erörterungen von STECHE keine neuen Gesichtspunkte. 

Auf histologische Fragen endlich bin ich in meiner Arbeit nicht 
eingegangen. Es ist daher hier nicht der Ort auf einzelne Punkte, in 
denen ich mit STECHE nicht übereinstimme, näher einzugehen. Das- 
selbe gilt für die von STECHE beschriebene, »ins Lumen vorspringende 
Klappe im Entodermkanal an der Grenze von Stiel und Schirmteil der 
Meduse« des sogenannten weiblichen Gonophors von Physalia. — Die 


612 Walter Richter, 


Frage, welche Bedeutung dem so hoch organisierten sogenannten weib- 
lichen &onophor jetzt zuzuschreiben ist, da es als Träger der später 
entstehenden Keimzellen nicht mehr angesehen werden kann, vermag 
STECHE vorläufig nicht zu beantworten, so daß »an Stelle des alten 
Problems nur eine Reihe von neuen Fragen getreten ist«. So zwingen 
denn auch diese Ausführungen zu einer weiteren Beschäftigung mit 
der so interessanten Gruppe der Rhizophysalien. 


Straßburg i/Els., im März 1907. 


Literaturverzeichnis, 


Es sind hier nur die Bücher angeführt, die in der Arbeit erwähnt wurden; 
ein ausführliches Verzeichnis über die Literatur der Siphonophoren findet sich 
bei Cuun, 1897 a. 


1862. Lovıs Acassız, Contributions to the natural history of the United States 
of America. Vol. 4. Boston. 

1871. G. J. ALLmay, A monograph of the Gymnoblastic or Tubularian Hydroids. 
London. 

1891. W. K. Broo&ks and E.G. ConkLIin, On the Structure and Development 
of the Gonophores of a certain Siphonophore belonging to the Order 
Auronectae, Haeckel. Johns Hopkins University Circulars. Vol. 10. 
Baltimore. 

1756. PATRICK BROWNE, The civil and natural history of Jamaica. London. 
— 2. Auflage 1789. 

1882. C. Cuun, Über die cyclische Entwicklung und die Verwandtschaftsverhält- 
nisse der Siphonophoren I. Sitzungsber. Akad. Wissensch.. Berlin. 

1885. — Über die cyclische Entwicklung der Siphonophoren II. Ibid. 

1886. — Über Bau und Entwicklung der Siphonophoren III. Ibid. 

1887. — Zur Morphologie der Siphonophoren. 2. Über die postembryonale Ent- 
wicklung von Physalia. Zool. Anzeiger. Bd.X. 

1888. — Bericht über eine nach den kanarischen ‚Inseln im Winter 1887—88 
ausgeführte Reise. Sitzungsber. Akad. Wissensch. Berlin. 


1891. — Die kanarischen Siphonophoren in monographischen Darstellungen. 
I. Abh. SENCKENBERG. Naturf. Ges. Bd. XV. 
1892. — Die kanarischen Siphonophoren in monographischen Darstellungen. 


II. Ibid. Bd. XVII. 
1896. — Der Polymorphismus der Siphonophoren. Bronns Klassen und 
Ordnungen des Tierreiches. II. Bd. 2. Abteil. 11.—14. Lief. Leipzig. 
1897a. — Die Siphonophoren der Plankton-Expedition. Ergeb. d. Plankton- 
Exped. d. Humboldt-Stiftung. Bd. II. 
1897b. — Über den Bau und die morphologische Auffassung der Siphonophoren. 
Verh. Deutsch. Zool. Gesellsch. 
1898. — Über K. C. ScHNEIDERs System der Siphonophoren. Zool. Anz. Bd. XXI. 


Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren. 613 


1860. C. Craus, Über Physophora hydrostatica nebst Bemerkungen über andere 
Siphonophoren. Diese Zeitschr. Bd. X. 

1863. — Neue Beobachtungen über die Struktur und Entwicklung der Siphono- 
phoren. Ibid. Bd. XII. 

1878. — Über Halistemma tergestinum n. sp. nebst Bemerkungen über den feineren 
Bau der Physophoriden. Arb. Zool. Inst. Wien, Bd. I. 

1829. DELLE CHIAJE, Memoria sulla Storia nat. di regno de Napoli. Tom. IV. 

1829. FR. EscHscHoLTz, System der Akalephen. Eine ausführliche Beschreibung 
aller medusenartigen Strahltiere. Berlin. 

1775. P. FORSKAL, Descriptiones animalium, quae in itinere orientali observavit. 
Hafniae. 

1854. G. GEGENBAUR, Beiträge zur näheren Kenntnis der Schwimmpolypen, 
Siphonophoren. Diese Zeitschr. Bd. V. 

1861. — Neue Beiträge zur näheren Kenntnis der Siphonophoren. Nova acta. 
Bd. XXVII. Jena. 

1904. A. GoETTE, Über die Entwicklung der Hydromedusen. Zoolog. Anzeiger. 
Bar X VIE. Nr. 15. 

1897. SEITARO GoTo, Die Entwicklung der Gonophoren bei Physalia maxima. 
Abdruck aus dem Journal of the College of Science, Imperial Univer- 

sity, Tokyo, Japan. Vol. X. 

1888. E. HAEcKEL, System der Siphonophoren auf phylogenetischer Grundlage 
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Übersetzt von W. PETERS in MÜLLERS Archiv für Anat. u. Physiol. 

1858. — The oceanic Hydrozoa, a description of the Calycophoridae und, Physo- 
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1861. W. KErFERSTEIN, und E. EHuLers, Zoologische Beiträge, gesammelt im 
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1853a. A. KöÖLLIKER, Bericht über einige im Herbst 1852 in Messina angestellte 
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1853b. — Die Schwimmpolypen oder Siphonophoren von Messina. Leipzig. 

1884. A. KoRoTNEFF, Zur Histologie der Siphonophoren. Mitth. Zool. Stat. 
Neapel. Bd.V. 

1851. R. LeucKkARrT, Über den Bau der Physalien und der Röhrenquallen im 
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1853. — Zoologische Untersuchungen. I. Die Siphonophoren. Gießen. 

1854. — Zur näheren Kenntnis der Siphonophoren von Nizza. Archiv f. Natur- 
gesch. 20. Jahrgang. 

1871. P. E. MÜLLER, Jagttagelser over nogle Siphonophorer. Kopenhagen. 
1823. A. N. Orro, Beschreibung einiger neuer Mollusken und Zoophyten. Nova 
acta Acad. Caes. Leopoldinae Carol. Bd. XI. pars2. Bonn. 

1827. Quoy et GAIMARD, Observations Zoologiques. Annales des Sciences Nat. 
Tom. X. 2 

1898. THEODOR SCHAEPPI, Untersuchungen über das Nervensystem der Sipho- 
nophoren. Jena. Zeitschr. Naturw. Bd. XXXII. 

1896. K.C. ScnEIDEr, Mitteilungen über Siphonophoren. II. Grundriß der 
Organisation der Siphonophoren. Zool. Jahrb. Bd. IX. j 


614 | Walter Richter, 


1898. K. C. SCHNEIDER, Mitteilungen über Siphonophoren. III. Systematische 
und andere Bemerkungen. Zool. Anz. Bd. XXI. 

1873. FRANZ EILHARD SCHULZE, Über den Bau von Syncoryne Sarsii. Leipzig. 

1851. C. VocT, Über die Siphonophoren. Diese Zeitschr. Bd. III. 

1854. — Recherches sur quelques animaux inferieurs de la Mediterranee. I. Les 
Siphonophores de la mer de Nice. Mem. Inst. Nation. Genevois. Bd. 1. 

1883. A. WEISMANN, Die Entstehung der Sexualzellen bei den Hydromedusen. 
Zugleich ein Beitrag zur Kenntnis des Baues und der Lebenserschei- 
nungen dieser Gruppe. Jena. 

1890. H. E. ZIEGLER, Über den Bau und die Entwicklung der Siphonophoren. 
Humboldt, Monatsschrift f. Naturwissensch. 9. Jahrgang. 


Erklärung der Abbildungen. 
Allgemeine Bezeichnungen. 


bist., Blastostyl; Kn.Schw.Z., Knospungsstätte der 
c.ol., Ölbehälter; Schwimmzone; 


ect., Ectoderm ; 

eiz., Eizelle; 

ent., Entoderm; 

ga., Gallertschicht; 
GI.H., Glockenhöhle; 
GI.K., Glockenkern; 
Glw., Glockenwand;; 


Kn.N.Z., Knospungsstätte der Nährzone. 
K.Z., Keimzone; 

L., Lumen. 

L.H., Leibeshöhle (Magen); 

Mn., Manubrium; 

n., Nesselzellen ; 

rad., Radialkanal; 


Gon., Gonophor; Sp., Spadix; 
G.T., Genitaltaster ; St.Kn., Stammknospe; 
ve., Velum. 


Tafel XX VII. 
Fig. 1—13. ARhizophysa filiformis. 
Fig. 14—18. Physalia physalis. 

Fig. 1. Rhrzophysa. Zwei Querschnitte einer Serie durch eine ganz junge 
weibliche Gonophorenknospe. Im Schnitt a ist das Lumen (Z.) der Knospe noch 
völlig kreisrund, in dem höher gelegenen Schnitt 5b deutlich vierzipflig. 252x. 

Fig. 2. Längsschnitt einer etwas älteren Gonophorenknospe.. Aus der 
Magenhöhle (Z.A.) erhebt sich nur auf der rechten Seite ein Radialschlauch (rad.). 
Der Glockenkern (G1.K.) hat sich im Ecetoderm eben angelegt. 252x. 

Fig. 3. Längsschnitt durch ein noch älteres Stadium. Der Radialschlauch 
(rad.) ist rechts bedeutend emporgewachsen, während er auf der linken Seite nicht 
zu sehen ist. Der Glockenkern hat sich ins Innere eingesenkt und zeigt deutlich 
die Anlage der Glockenhöhle (G1.H.). 252x. 

Fig. 4. Querschnitt eines weiblichen Gonophors von demselben Alter. Der 
Schnitt ist etwas schräg getroffen, so daß nur der untere und der linke Kanal (rad.) 
zu sehen sind. Der Glockenkern ist deutlich vierzipflig und steht zwischen den 
Kanälen mit dem Ectoderm in Verbindung. 252x. | 

Fig. 5. Querschnitt eines älteren, weiblichen Gonophors. Der Glockenkern 


Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren. 615 


(GI.K.) hat sich vom Ectoderm zurückgezogen und die Radialschläuche sind 
miteinander zur Bildung der Umbrellarplatte verwachsen. 252x. 

Fig. 6. Querschnitt durch ein weibliches Gonophor, etwas älter wie in Fig. 5. 
Man erkennt die im Entoderm auftretenden Spalträume**, die zur Bildung des 
Ringkanals führen. Der Glockenkern beginnt sich abzurunden. 252x. 


Fig. 7. Ältestes von mir untersuchtes weibliches Gonophor, Längsschnitt. 
Der medusoide Bau ist im wesentlichen erreicht, die Glockenhöhle (G1.A.) hat 
sich bedeutend ausgeweitet, so daß der Glockenkern nur als dünnes Epithel dem 
Entoderm dicht anliegt (Subumbrella). 84x. 

Fig. 8. Drei aufeinanderfolgende Querschnitte einer Serie durch eine jüngste 
männliche Gonophorenknospe. Im Schnitt a zeigt sich das Lumen (Z.) der Knospe 
noch vierzipflig, im folgenden Schnitt b ist der linke Zipfel, im Schnitt c auch der 
rechte verschwunden, so daß nur ein zweizipfliges, d.h. schlitzförmiges Lumen 
bleibt. 232x. 

Fig. 9. Längsschnitt durch ein ungefähr gleich altes Stadium. Der Glocken- 
kern (G1.K.) entsteht durch eine Vermehrung und radiäre Anordnung der tiefer 
liegenden Ectodermzellen am Scheitel der Knospe. 232x. 

Fig. 10. Längsschnitt eines älteren, männlichen Gonophors. Der Radial- 
kanal (rad.) der linken Seite zieht in starker Krümmung nach oben, während auf 
der rechten Seite nur das ununterbrochene Entoderm sichtbar ist. Der Glocken- 
kern ist erst zur Hälfte ins Innere vorgedrungen. 232x. 


Fig. 11. Einige Querschnitte einer Serie eines etwas älteren Gonophors. 
Schnitt a zeigt die Abspaltung der Radialkanäle (rad.) von der Magenhöhle (2.A.), 
die eben noch im Anschnitt zu sehen ist. Im Schnitt b sieht man allein die beiden 
Radialkanäle innerhalb der starken Entodermschicht. In dem durch das obere 
Ende des Gonophors geführten Schnitt c erscheint der Glockenkern (@I.K.) mit 
_ der schon weiten Glockenhöhle (@/.H.), oben und unten an das Ectoderm an- 
stoßend, und so die beiden Kanäle voneinander trennend. 232x. 


Fig. 12. Längsschnitt durch ein etwas älteres Stadium. Der linke Kanal 
ist in seiner ganzen Länge sichtbar, der rechte (rad). nur im oberen Ende ange- 
schnitten. Der Glockenkern, der oben noch mit dem Ectoderm (ecz.’) in Verbin- 
dung steht, hat sich bereits in ein dünnes Epithel ausgezogen, das teils dem Ento- 
derm der Radialschläuche anliegt (ec#.”’), teils wie eine Calotte der Entoderm- 
kuppe (E.K.) aufsitzt (ect.””’). Die Glockenhöhle zeigt sich nur als schmaler 
Spalt. 232x. 

Fig. 13. Querschnitt eines noch älteren männlichen Gonophors. Man erkennt 
deutlich die beiden Radialkanäle. Der Glockenkern hat sich zu einem ganz feinen 
Epithel (ect.”’) ausgezogen. 232 x. 

Fig. 14. Physalia. Längsschnitt eines jungen weiblichen Gonophors. Von 
den Kanälen ist der linke nur im Anschnitt, der rechte (rad.) gerade in seiner 
oberen Lichtung getroffen. Der Glockenkern, dessen Hauptmasse noch außen 
im Ectoderm liegt, dringt gerade ins Innere zwischen die Kanäle vor. Die Leibes- 
höhle ist auf diesem Schnitt nicht sichtbar. 252x. | 


Fig. 15. Querschnitt eines jungen weiblichen Gonophors. Die vier Radial- 
kanäle stoßen so dicht aneinander mit ihren Breitseiten, daß der Glockenkern 
hier nicht vierzipflich, sondern rund erscheint. 252x. 


Fig. 16. Querschnitt durch ein gleich altes, aber beim Einbetten geschrumpf- 


616 Walter Richter, 


tes Gonophor. Der Schnitt zeigt, daß hier keine zusammenhängende Entoderm- 
lamelle vorliegt, sondern vier getrennte Radialschläuche. 252x. 

Fig. 17. Ältestes von mir untersuchtes weibliches Gonophor; aus zwei Schnit- 
ten kombinierter Längsschnitt. Zwischen Ectoderm und Entoderm hat sich eine 
starke Gallertschicht (ga.) entwickelt. Die Glockenhöhle ist gut entwickelt, die 
Erhebung eines Spadix (Sp.) wurde jedoch nur an diesem Gonophor beobachtet. 
Das Velum (ve.) bildet sich stets als ringförmige Falte der beiden Eetodermschich- 
ten. 74x. 

Fig. 18. Längsschnitt einer ganz jungen männlichen Gonophorenknospe. 
Das Entoderm (eni.) zeigt unregelmäßige Spalträume ($.). Die Gallertschicht (ga.) 
zwischen Ecto- und Entoderm ist schon gut ausgebildet. 252x. 


Tafel XX VIII. 


Fig. 19—26. Physalia physalis. 
Fig. 27—34. Hippopodius hippopus. 

Fig. 19. Querschnitt eines älteren männlichen Gonophors. Der Glocken- 
kern (@GI.K.) zeigt gut die den hier nur in der Zweizahl auftretenden Radialschläu- 
chen angepaßte längliche Gestalt. 252x. 

Fig. 20. Längsschnitt eines etwas älteren Gonophors, wie das vorhergehende. 
Der Glockenkern breitet sich nach unten zu zapfenförmig aus, und drängt bei 
seinem Wachstum nach innen das Entoderm (entod.) immer mehr in die Leibes- 
höhle des Stammes (L.H.st.) zurück. 252x. 

Fig. 21. Querschnitt ungefähr in der Höhe A—B der Fig. 20. Der Stamm, 
an dem das Gonophor sitzt, ist in seinen drei Schichten: Ectoderm (ec2.), Gallert- 
schicht (ga.) und Entoderm (ent.) längs getroffen. In seiner Leibeshöhle liegt 
das nach innen gedrängte Entoderm (entod.) des Gonophors. 252x. 

Fig. 22. Aus zwei Schnitten kombinierter Längsschnitt durch ein etwas 
älteres Stadium. Der in der äußeren Ausbuchtung des Gonophors liegende Teil 
des früheren Glockenkerns zieht sich zu einem dünnen Epithel, der späteren Sub- 
umbrella (eci.’’) aus, während die in der Leibeshöhle des Stammes (L.H.$t.) lie- 
genden Ectodermzellen (eciod.) sich stark vermehren. 252x. 

Fig. 23. Querschnitt durch den in der Leibeshöhle des Stammes liegenden 
Teil eines gleich alten männlichen Gonophors, entsprechend der Fig.21 des jün- 
geren Gonophors. Entoderm, Gallertschicht und Ectoderm wie in Fig. 21. Die 
in der Leibeshöhle des Stammes (L.AH.Sst.) liegende Zellenmasse (eciod.) besteht 
hier jedoch aus Ectodermzellen, und wird von einem in diesem Schnitt einschich- 
tigen Entodermepithel (entod.) umgeben. 252x. 

Fig. 24. Längsschnitt eines beträchtlich älteren männlichen Gonophors. 
Das in der Leibeshöhle des Stammes (L.H.St.) liegende Entoderm (entod.) ist 
zu einem einschichtigen, aber starken Epithel geworden, dem späteren Spadix. 
Die von dem Glockenkern abstammenden und in den Stamm vorgerückten Ecto- 
dermzellen (ectod.) haben sich zu in mehreren Schichten übereinander liegenden 
Spermazellen differenziert. Der Boden des im Inneren liegenden Entoderms 
(vgl. Textfig. 11. entod.) hat sich emporgehoben ($7.) und stülpt so, indem er immer 
weiter nach oben bez. nach außen vordringt (in der Fig. dringt er eben in das 
äußere Gonophor ein), schließlich das gesamte Entoderm und mit ihm die von 
diesem eingeschlossene Keimschicht (ectod.) wieder in die Glockenhöhle (G1.H.) 
des äußeren Gonophors vor. 168x. 


Die Entwicklung der Gonophoren einiger Siphonophoren. 617 


Fig. 25. Querschnitt eines etwas älteren Gonophors. Die Keimzellen ($pl.) 
liegen nur einschichtig dem stark entwickelten Spadix (Sp.) an. Die drei Schichten 
des Glockenmantels: ect., ent., ect”” erscheinen nur als dünne Epithelien, sind aber 
hier noch gut erkennbar. 168x. 

Fig. 26. Längsschnitt eines fast entwickelten, aber noch nicht reifen männ- 
lichen Gonophors. Die Keimzellen (S8pl.) liegen in einer dicken Schicht dem 
Spadix (Sp.) an. Die Schichten der Glockenwand sind nur an einer Stelle* nach- 
weisbar. 84x. 

Fig. 27. Hippopodius. Oberer Teil einer Kolonie von Hippopodius, die 
älteren Schwimmglocken sind abpräpariert. 8) S,, junge Ersatzschwimm- 
glocken. S;, Sı Ansatzstellen der entfernten Schwimmglocken mit den ent- 
sprechenden Ölbehältern (c.ol.). Kn.Schw.Z., Knospungsstätte der Schwimmzone, 
das Vorderende des Stammes. Von hier aus setzt sich der stark spiralig 
gedrehte Haupt-Schwimmstamm (H.Schw.St.) nach unten fort. Unterhalb 
der Ansatzstelle der vierten Schwimmglocke (84) geht der Hauptteil des 
Schwimmstammes direkt in den Nährstamm (N.St.) über, ein andrer Teil zweigt 
sich ab, und, bildet den freien Teil der Schwimmsäule (Schw.St.), die sich um 
den Nährstamm windet. Unterhalb der Übergangsstelle von Hauptschwimm- 
stamm zum Nährstamm findet sich die Stammknospe ($t.Kn.), von der sich die 
Gonophoren (x) mit den entsprechenden Nährpolypen (M.St.) abschnüren, um 
dann, in einer spiralen Drehung über den Stamm sich erhebend, unterhalb der 
Stammknospe diesen wieder zu erreichen und an ihm herabzurücken. 22x. 

Fig. 23—34. Verschiedene Stadien der Eibildung von Hippopodius. 


Tafel XXIX. 
Hippopodius hippopus. 
Fig. 35. Ein aus drei aufeinanderfolgenden Schnitten rekonstruierter Quer- 
schnitt durch die Knospungsstätte der Nährzone (Kn.N.Z. der Fig. 27). Der 
Stamm der Kolonie (S£.), sowie die Stammknospe ($1.Kn.) sind quer getroffen. 
Die sich von der Stammknospe abschnürenden Gonophoren (Gon.) mit ihren Po- 
lypen (Mg.st.) in den verschiedenen Altersstufen sind längs getroffen. Eiz., 
Eizellen. 232x. 

Fig. 36. Längsschnitt eines jungen weiblichen Gonophors. Der Glocken- 
kern (Gl.K.) zeigt sich als eine nach außen gerichtete Verdickung der basalen 
Schicht des Ectoderms. Die Spadixplatte ($p.Pl.) ist gegen den Rand, etwas 
aufwärts gekrümmt, diese Krümmung bildet die Wurzel der Radialschläuche. 232 x, 

Fig. 37. Längsschnitt durch ein etwas älteres Stadium. Der Glockenkern 
hat sich eingesenkt, auf der linken Seite erkennt man deutlich den einen 
Kanal (rad.), während rechts das seitliche Entoderm der Knospe ununterbrochen 
in die Spadixplatte übergeht. Auf dieser Brücke (Interradium) wandert eben das 
hier nur im Anschnitt getroffene Ei a in die Spadixplatte (Sp. Pl.) über. Auf 
dem Schnitt ist gleichzeitig eine junge männliche Gonophorenknospe (3 Gon.), 
sowie das untere Ende des Nährpolypen, der sogenannte Magenstiel (Mg.St.) längs 
getroffen. 232x. 

Fig. 38. Längsschnitt eines noch älteren weiblichen Gonophors. Auf der 
rechten Seite sieht man wiederum die Stelle eines Interradium, an der die Eier (eiz.) 
in die Spadixplatte vordringen können. Zwei Eier, das rechte nur im Anschnitt, 
liegen noch in der Spadixplatte (S$p.Pl.), zwei sind bereits in die Glockenhöhle 


618 Walter Richter, Die Entw. der Gonophoren einiger Siphonophoren. 


(@l.H.) vorgedrungen. Von den Kanälen ist nur rechts einer in seinem oberen 
Ende angeschnitten (rad.). Die Leibeshöhle (L.A.) erscheint nur als schmaler 
Spalt, da der Schnitt schräg getroffen ist, so daß ihre Verbindung mit der Leibes- 
höhle des Stammes nicht sichtbar ist, und das Gonophor unten geschlossen er- 
scheint. 232x. 

Fig. 39. Längsschnitt eines etwas jüngeren Gonophors, wie das der Fig. 38. 
Der Schnitt zeigt die Einbuchtung des Bodens des Glockenkerns durch das ein- 
zige bisher in die Spadixplatte (Sp.Pl.) eingewanderte Ei. 252x. 

Fig. 40. Längsschnitt eines Gonophors von mittlerem Alter. Die Eizellen (eiz.) 
haben sich in eine Schicht geordnet, während gleichzeitig der Glockenkern nach 
abwärts gewachsen, und nur noch schwer als feines Epithel (ect.”””) nachweisbar 
ist. Das Entoderm hat sich zum soliden Spadix (S$p.) entwickelt. 176x. 

Fig. 41. Querschnitt eines etwas älteren weiblichen Gonophors. Die drei 
Schichten der Glockenwand (ect’., ent., ect”’.) sind nur als ganz dünne Epithelien 
nachweisbar, dagegen sind die Radialkanäle (rad.) gut zu sehen. 252x. 

Fig. 42. Oberes Ende eines noch älteren weiblichen Gonophors. Der Spa- 
dix (Sp.) beginnt die Eizellen zu umwachsen. Der Glockenmantel ist oben ein- 
gerissen, die drei Schichten desselben sind hier gut erkennbar. 232x. 

Fig. 43. Ein aus zwei Schnitten kombinierter Längsschnitt eines fast ausge- 
wachsenen weiblichen Gonophors. Die Eizellen sind fast ganz vom Entoderm (Sp.) 
umgeben. Der Glockenmantel (G/.M.) hat sich völlig über das Gonophor zurück- 
gezogen und kranzförmig um den Stiel gefaltet. 84x. 

Fig. 44. Querschnitt in der Höhe A—B der Fig. 43. Die drei Schichten 
der Glockenwand, sowie die vier Radialkanäle sind aufs deutlichste zu sehen. 84x. 

Fig. 45. Längsschnitt durch eine ganz junge männliche Gonophorenknospe 
(Gon.2) und ein älteres männliches Gonophor (Gon. 1). In dem jüngeren Gono- 
phor füllt das Entoderm das Innere völlig aus, in dem älteren haben sich die 
Entodermzellen in der Mitte des Gonophors gürtelförmig an der Seitenwand an- 
gehäuft (K.Z.), während sie sich an der Spitze direkt unter dem Ectoderm zu 
einer einzelligen Schicht, der Spadixplatte (Sp.Pl.) anordnen. 232x. 

Fig. 46. Längsschnitt eines etwas älteren Gonophors. Auf der linken Seite 
ist gerade ein Kanal angeschnitten, während rechts die Stelle eines Interradiums 
getroffen ist, in dem die Keimzellen zwischen die entodermale Spadixplatte (Sp.P1.) 
und den ectodermalen Boden der Glockenhöhle (@1.H.) einwandern. 232x. 

Fig. 47. Längsschnitt eines noch älteren männlichen Gonophors. Die 
Keimzellen sind fast alle aus den Seitenwänden des Gonophors in die Glocken- 
höhle eingewandert. Der Boden der Höhle war in diesen Stadien nicht mehr 
nachweisbar. 232x. | 

Fig. 48. Längsschnitt des ältesten mir zugänglichen männlichen Gonophors; 
aus zwei Schnitten kombiniert. Die Glockenwand hat sich völlig über das prall 
mit Spermatoblasten angefüllte Manubrium zurückgezogen. 84x. 


Die Form und Struktur der Schuppentierspermien, 
Von 
E. Ballowitz 


in Münster i. W. 


Mit Tafel XXX. 


Die Spermien der Edentaten waren bis vor kurzem völlig un- 
bekannt geblieben. Erst jüngst haben G. Rerzıus! und ich? die 
Samenkörper der Gürteltiere (Dasypus vellosus Desm.) beschrieben. 
Wie G. RErzıus und ich fanden, weichen Form und Bau der Samen- 
körper dieser Edentatengruppe nicht wesentlich von dem Spermien- 
typus der meisten, insbesondere der höheren Mammalien ab. 

Der Kopf ähnelt in seiner Form derjenigen vieler Mammalien 
und zeichnet sich nur durch seine bedeutende Größe und sehr starke 
Abplattung aus. 

Es bietet nun ein besonderes Interesse, die Samenkörper der 
übrigen, in ihrem Bau so differenten Gruppen der Edentatenordnung 
kennen zu lernen. 

Ich hatte das Glück, die frischen Spermien eines Schuppentieres 
(Manis longicaudata Shaw) untersuchen zu können. Das ausgewach- 
sene, prächtig erhaltene Tier war von der Westküste Afrikas in ge- 
frorenem Zustande importiert worden und mehrere Monate im Gefrier- 
raum aufbewahrt gewesen. Ich erhielt es in steinhart gefrorenem 
Zustande. Nachdem es vorsichtig aufgetaut war, stellte es sich her- 
aus, daß alle Organe ganz vorzüglich frisch erhalten waren, von 
Fäulnis war nirgends eine Spur. Jedenfalls war es frisch erlegt in 
den Gefrierraum gebracht worden. Es war ein Männchen, dessen 
sroße, weißliche Hoden außerhalb der Bauchhöhle lagen. Ohne 


1G. Rerzıus, Biologische Untersuchungen. Neue Folge. Bd. XIII. 1906. 

2 E. BaLtowItz, Über Syzygie der Spermien bei den Gürteltieren, ein 

Beitrag zur Kenntnis der Edentaten-Spermien. Anat. Anz. Bd. XXIX. Nr. 13 

u. 14. 1906. 
Zeitschrift f. wissensch. Zoologie, LXXXVI. Bd, - 41 


620 E. Ballowitz, 


Zweifel hatte es sich bei der Tötung in brünstigem Zustande befunden, 
denn der Nebenhoden enthielt zahlreiche entwickelte Samenkörper. 
Daß diese letzteren bei der nach dem Auftauen sofort in physio- 
logischer Kochsalzlösung vorgenommenen Untersuchung keine Be- 
wegung mehr zeigten, kann nach der langen Dauer des Gefrorenseins 
nicht befremden. 

Ich fertigte nun eine Anzahl von Präparaten an, indem ich 
Stücke der Nebenhoden in physiologischer Kochsalzlösung zerzupfte 
und ausdrückte. Die verdünnte, zerteilte Spermamasse, die auch mit 
Zellen durchsetzt war, fixierte ich durch Osmiumsäuredämpfe, färbte 
sie mit Gentianaviolett und untersuchte in Wasser oder in zugesetzter 
Kaliacetieumlösung. Die Untersuchung wurde mit der Zeı1ssschen 
homogenen Immersion Apochromat 1,5 Apert. 1,50 und 2,0 Apert. 
1,40, Kompensations-Ocular Nr. 12 ausgeführt. Die Zeichnungen der 
Tafel sind in einer Vergrößerung hergestellt, die etwa doppelt so 
eroß ist, als die Figuren der Tafeln meiner früheren Arbeit über die 
Struktur der Säugetierspermien!. 

Schon bei Untersuchung mit schwachen Systemen fällt sofort die 
vom Spermientypus der meisten andern Mammalien ganz abweichende 
Kopfform auf. Der Kopf ist nämlich langgestreckt, schmal und ceylin- 
drisch, vielleicht ganz wenig abgeplattet. Während sein hinteres 
Ende quer abgestutzt ist, verschmälert er sich im vorderen Teile, 
um mit einer kleinen Spitze aufzuhören. Die vordere Verschmälerung 
kann aber auch nur gering sein, so daß das vordere Ende mehr ab- 
gerundet erscheint und die Spitze ganz minimal wird oder ganz 
schwindet. Das letztere ist der Fall bei den kleineren Köpfen, die 
vorn abgerundet ohne Spitze endigen. 

Die Länge des Kopfes variiert nämlich und beträgt gewöhnlich 
0,0072—0,009 mm; seltener wurde sie etwas größer, bis 0,0108 mm, 
gefunden, häufiger dagegen kleiner, 0,0054—0,0063 mm, bisweilen 
sogar noch ein wenig kleiner. 

Aber auch die Form des Kopfes ist Schwankungen unterworfen. 
Fig. 1—5 zeigen die gewöhnlichen Kopfformen, welche bei weitem 
vorherrschen. Diese schmalen, länglichen Köpfe sind nicht selten 
ein wenig nach der einen Seite umgebogen (Fig. 4 u. 5). In den 
Fig. $—11 erscheinen die Köpfe etwas gequollen und in ihrer Struk- 
tur schon ein wenig verändert. An den etwas kürzeren Köpfen 


! E. BatLowItz, Weitere Beobachtungen über den feineren Bau der 8 


Säugethierspermatozoen. Diese Zeitschr. Bd. LII. 1891. 


Die Form und Struktur der Schuppentierspermien. 621 


Fig. 6 u. 7) ist das vordere Ende, wie oben schon erwähnt, mehr 
abgerundet. | 

Auffallende Abweichungen von diesen gewöhnlichen Kopfformen 
wurden nun von mir des öftern beobachtet, wenn auch im Vergleich 
mit der Zahl der andern im allgemeinen recht selten. In den 
Fig. 16—18 habe ich solche abweichenden Kopfformen dargestellt. 
In Fig. 17 ist der Kopf kurz, breiter als gewöhnlich und fast drei- 
eckig. In Fig. 18 erscheint er eigentümlich beilförmig. Das Sper- 
mium der Fig. 16 besitzt einen abgeplatteten, kurzen, breiten, vorn 
abgerundeten Kopf, welcher an die typische Kopfform der meisten 
Säugerspermien erinnert. Sein hinterer Rand ist ausgeschweift und 
besitzt eine besonders vorspringende, fast hakenartige Ecke; auch 
an den normal geformten, langen Köpfen habe ich einige Male eine 
solche vorspringende Ecke gesehen. Die Kopfformen der Fig. 16 
und 15 beobachtete ich übrigens nur ein einziges Mal. 

Hinsichtlich der Struktur ist zunächst auf die kurze Spitze der 
länglichen Köpfe aufmerksam zu machen. Ich sah nämlich, daß sie 
an diesen meist als dunkles, kleines, fast punktartiges Stück auftrat, 
das sich aber nicht scharf von dem übrigen Hauptteil des Kopfes 
abgrenzte (vgl. Fig. 1—3 u. 8—10). Auch gelang es mir nicht, diese 
Spitze durch Färbung besonders zu differenzieren. Ich kann daher 
nieht mit Bestimmtheit behaupten, daß hier ein wirkliches »Spitzen- 
stück«, wie ich es an den Spermienköpfen niederer Vertebraten und 
besonders von Wirbellosen beschrieben habe,, vorhanden ist. Viel- 
mehr scheint die Anlage eines solchen nur erst angebahnt oder das- 
selbe rückgebildet zu sein. Dazu kommt, daß diese punktartige 
Spitze den kurzen Köpfen mit abgerundetem Vorderende (Fig. 6 u. 7) 
und den unregelmäßigen Köpfen (Fig. 16—18) fehlte. 

Das Innere des Kopfes scheint nun eine besondere Struktur zu 
besitzen. An den langen schmalen Köpfen machte sich häufig eine 
undeutliche wolkige Querbänderung bemerkbar (Fig. 1 u. 2). Nicht 
selten sah es aus, als ob sich im Inneren des Kopfes zahlreiche kleine 
hellere Vacuolen befänden, die zwischen einem dunkleren Gerüst 
lagen, welches letztere auch ein körniges Aussehen annehmen konnte 
(Fig. 3). Deutlicher wurde diese Struktur an etwas gequollenen oder 
in Zerfall begriffenen Köpfen, wie sie in diesem Sperma des lange 
in gefrorenem Zustande aufbewahrten Tieres häufig waren (Fig. 10), 
besonders wenn nach Fixierung durch Osmiumsäuredämpfe mit Gen- 
tianaviolett tingiert war (Fig. 5, 9 u. 11). Alsdann wurde im Kopfe 
ein Gerüstwerk mit hellen Lücken dazwischen sichtbar. In. dem 

41* 


622 E. Ballowitz, 


Gerüst erschienen Körnchen (Fig. 9) und Verdiekungen, welche sich 
oft zu Streifen und Bändern zusammenlagerten. Dadurch entstand 
eine Quer- und Schrägstreifung, welcher eine spiralige Anordnung 
der Masse zugrunde zu liegen schien (Fig. 8, 9 u. 11). Diese Struk- 
tur war jedenfalls auch die eigentliche Ursache der zarten Zeich- 
nungen, welche für die Fig. 1—3 oben beschrieben wurden. 

Während sich das Hauptinteresse bei diesen Schuppentiersper- 
mien auf den abweichend geformten Kopf konzentriert, bietet ihre 
Geißel weniger Bemerkenswertes. 

An ihr konnte ich ein Halsstück (7), Verbindungsstück (V) und 
Hauptstück (Hst der Figuren) unterscheiden (vgl. Fig. 1, 2 und 11). 

Das Halsstück (H der Figuren) ist sehr deutlich und grenzt den 
Hinterrand des Kopfes von dem Vorderrand des Verbindungsstückes 
scharf ab. Bei genauer Einstellung sieht man schon am intakten 
Spermium im Halsstüick zwei Fäden, welche vom Kopf zur Achse 
des Verbindungsstückes hinziehen. Deutlicher werden die Fäden, 
wenn der Kopf sich von der Geißel abgelöst hat, wie es des öftern 
beobachtet wurde (Fig. 12—15). Alsdann erscheinen auch die Oentral- 
körperchen (Endknöpfehen des Achsenfadens, Zk der Figuren), von 
denen je eines je einem Faden entspricht und dem freien Ende des 
Fadens aufsitzt (Fig. 13 u. 14). Außer diesen beiden Knöpfehen fand 
ich häufig zwischen beiden noch ein drittes, welches beide mitein- 
ander verband (Fig. 12 u. 15). An den gequollenen Köpfen (Fig. 11) 
waren meist die beiden Centralkörperchen am Hinterrande des Kopfes 
schon in situ wahrnehmbar (#% der Fig. 11). Sonst erschien der 
Hinterrand des Kopfes etwas intensiver gefärbt. 

Wie ich schon früher an den Spermien von Rhimolophus und 
dem Dachs beobachtete, sah ich auch hier bisweilen dicht hinter den 
vorderen Centralkörperchen an dem Halsstück des Achsenfadens zwei 
kleinere körnchenartige Pünktchen (Fig. 14). 

Von dem Verbindungsstück ist zunächst hervorzuheben, daß die 
Länge desselben auffällig variirte; sie schwankte zwischen 0,0117 
—0,0162 mm. £ 

Sodann zeigt das Verbindungsstück das Bild einer dichten Quer- 
streifung mit eingekerbten Rändern. Es ist mir nun des öftern ge- 
lungen, die Querstreifen optisch miteinander in Verbindung zu bringen, 
so daß daraus eine Spiralzeichnung wurde. Es kann daher keinem 
Zweifel unterliegen, daß die den Achsenfaden umgebende Hülle aus 
einem in engen Windungen den Achsenfaden umgebenden Spiralfaden 
und geringer die Windungen miteinander verbindender Zwischen- 


Die Form und Struktur der Schuppentierspermien. 6923 


. substanz besteht (vgl. Fig. 4, 12 u. 16). Einigemale sah ich an solchen 
‚Spermien, welche einige Zeit unter dem Deckglase in Wasser gelegen 
-und sich der Glasfläche dieht angelagert hatten, daß die Substanz 
der Hülle des Verbindungsstückes sich zu beiden Seiten des Achsen- 
fadens abgelöst hatte und in Querstücke zerfallen war; dabei wurde 
der das Verbindungsstück durchsetzende Achsenfaden sehr deutlich. 

Der letztere konnte auch dadurch sichtbar werden, daß aus der 
Hüllsubstanz des Verbindungsstückes ein Abschnitt herausbrach (vgl. 
Fig. 8. Bisweilen war auch der Achsenfaden in ganzer oder fast 
ganzer Ausdehnung entblößt, wie z. B. in Fig. 10, wo der vordere 
Abschnitt des Verbindungsstückes sich abnorm verhält und das ganze 
Halsstück einnimmt. 

Die hintere Begrenzung des Verbindungsstückes er scheint eine Spur 
dunkler. Hier traf ich auch einmalin der Nähe des hinteren Randes des 
Verbindungsstückes an dem isolierten Achsenfaden eine kleine, dunkel 
sefärbte, körnchenartige Querscheibe, welche mich an einen ähnlichen 
Befund bei einigen Reptilien und zwar Laceria, Testudo! erinnerte. 

Das Hauptstück, über welches ich wenig auszusagen habe, ist 
sehr dünn und etwa 0,045—0,054 mm lang. Ein deutlich abge- 
setztes Endstück habe ich nicht gesehen, ich habe aber auch nicht 
besonders daraufhin untersucht, so daß möglicherweise ein solches 
doch vorhanden ist. 

Aus den obigen Befunden ist die sehr beachtenswerte Tatsache 
hervorzuheben, daß die Spermien von Manis besonders durch die 
abweichende Form und Struktur ihres Kopfes sich wesentlich von 
der typischen Spermienform der meisten Mammalien unterscheiden 
und Spermienformen der Sauropsiden ähnlich sind. Insbesondere er- 
innert die langgestreckte, schmale Kopfform und die innere Zusammen- 
setzung des Kopfes an die Samenkörper vieler Reptilien, z. B. der 
Saurier und Chelonier und unter den Vögeln an diejenigen der 
Gallinacei und Longipennes, wenn auch bei Manis das Spitzenstück 
noch nicht ausgebildet und langgestreckt ist, vielmehr höchstens erst 
angedeutet erscheint. 

Diese Feststellung gewinnt dadurch noch ein besonderes Inter- 
esse, als auch sonst in dem gröberen Bau der Manidae von manchen 
Autoren auf »Reptilienähnlichkeiten« hingewiesen ist. 


1 Vgl. E. BALLOWITZ, Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen. 
Teil III. Fische, Amphibien und Reptilien. Archiv f. mikr. Anat. Bd. XXXVI. 
Taf. XII, Fig. 89—91. 

2 Vgl. Max WEBER, Die Säugetiere. Jena 1904. S. 420. 


624 E. Ballowitz, Die Form und Struktur der Schuppentierspermien. 


| Nur noch bei einem Säugetier und zwar bei Echidna hystrix ist 

kürzlich durch G. Rerzıus! eine Spermienform aufgefunden worden, 
welche sich mit der von Manıs longicaudata oben beschriebenen ver- 
gleichen ließe. Wie der genannte Autor beschreibt und abbildet, ist 
der Kopf hier lang, schmal und ceylindrisch, sich von hinten nach 
vorn allmählich verschmälernd. An seinem vorderen Ende sitzt ein 
ziemlich langes, schmales, fein zugespitztes Spitzenstück, welches sich 
dunkel färbt und gegen den eigentlichen Kopf scharf abgesetzt ist. 
Durch den Besitz dieses wohlausgebildeten schmalen Spitzenstückes 
gleichen die Samenkörper der Echidna, noch mehr als diejenigen von 
Manis, den Spermienformen der Sauropsiden, insbesondere der Rep- 
tilien, eine Ähnlichkeit, auf die G. Rerzıus selbst in seiner zitierten 
Mitteilung aber nicht hingewiesen hat. 


Münster i. W., im Oktober 1906. 


Erklärung der Abbildungen. 


Tafel XXX. 


Die sämtlichen Figuren stammen von Manis longicaudata Shaw und sind 
etwa doppelt so groß gezeichnet wie in meiner früheren Abhandlung über die 
Spermatozoen der Säugetiere (vgl. E. BALLOwWITZ, Weitere Beobachtungen über 
den feineren Bau der Säugetierspermatozoen, diese Zeitschr., Bd. LII, 1891). 

Fig. 1,2 und 11 stellen ganze Spermien dar, die übrigen Figuren nur deren 
vorderen Teil; an letzteren ist. bei * die Fortsetzung der Geißel zu denken. 
K, Kopf; H, Halsstück; V, Verbindungsstück; Ast, Hauptstück der Geißel; #%, 
Centralkörper (Endknöpfehen am vorderen Ende des Achsenfadens). In Fig. 8 
ist ein kleines Stück der Hülle des Verbindungsstückes herausgebröckelt, so 
daß der Achsenfaden an dieser Stelle isoliert ist. 

In den Fig. 8—11 sind die Köpfe ein wenig gequollen und im Zerfall be- 
griffen. Fig. 10 zeigt den Achsenfaden im größten Teil des Verbindungsstückes 
entblößt. i . 

In den Fig. 12—15 ist der Kopf von der Geißel abgefallen, so daß die 
Centralkörpermasse am vorderen Ende des Halsstückes des Achsenfadens deut- 
lich ist. | 

Fig. 16—18 zeigen abweichend geformte Spermienköpfe. 


1 G. Retzıus, Biologische Untersuchungen. Neue Folge. Bd. XIII. 1906. 
S. 75 und Taf. XXIX, Fig. 1 u. 2. 


Das Männchen von Lacinularia socialis Ehrbg. 
Von 


Clara Hamburger 
(Heidelberg). 


Mit Tafel XXXI und 3 Figuren im Text. 


Im Sommer 1904 fand ich im Neckar bei Heidelberg an einer, mir 
durch Herrn Prof. SCHUBERG bekannt gewordenen, Stelle reichliches 
Material von Lacinularıa socialis; zunächst nur Weibchen. Von Anfang 
bis Mitte August traten jedoch auch Männchen in größerer Zahl auf, 
so daß es mir möglich war, sie eingehender zu studieren. 

Es schien mir dies wünschenswert, weil die feiınere Anatomie der 
männlichen Rädertiere nie mit den Mitteln der modernen Technik 
untersucht worden ist, und ich beim Studium der Literatur sehr bald 
bemerkte, daß auch die gröbere Anatomie, speziell die der Männchen 
von Lacinularıa, nur lückenhaft bekannt ist, und die Befunde der frü- 
heren Autoren in mancherlei Punkten nicht mit den meinigen über- 
einstimmen. 

Hunpson hat die Lacinularie-Männchen ım Jahre 1874 entdeckt, 
kurz beschrieben und sehr mangelhaft abgebildet; 1885 berichtigte 
PLATE einige seiner Angaben und fügte eigne Beobachtungen hinzu, 
gab aber keine Abbildungen und ließ viele Fragen offen. Er sagt selbst 
im allgemeinen Teile seiner Arbeit: »Über die meisten Männchen wissen 
wir freilich noch sehr wenig« und zählt zu diesen mit Recht auch die 
von Lacinularia. 

Unsre Kenntnis der Spermatozoen der Rotatorien wurde seit den 
Arbeiten von Levpie (51 u. 55), und F. Corn (56 u. 63), die beide nur 
lebendes Material studierten und im wesentlichen die äußere Bildung 
der Spermien berücksichtigten, sehr unerheblich bereichert. Über die 
Spermatogenese ist nichts bekannt. Leider blieben auch meine Unter- 
suchungen bezüglich der Spermatogenese recht lückenhaft, was zum 


626 Clara Hamburger, 


Teil an der Schwierigkeit der Materialbeschaffung, zum Teil an der 
Kleinheit des Objekts liegt. Ich habe mich trotzdem zur Veröffent- 
lichung meiner Studien entschlossen, da ich glaube, daß sie bei der 
Untersuchung verwandter Formen mit größeren Zellelementen vielleicht 
von Nutzen sein können, und so immerhin zur Förderung unsrer Kennt- 
nisse über Bau und Entstehung dieser von den typischen sehr abweichen- 
den Spermatozoenformen beitragen können. 


Wie bekannt leben die weiblichen Lacinularia sociahs in Gesell- 
schaften vereint. Die aus dem Ei schlüpfenden Jungen schwimmen 
zunächst frei umher, setzen sich aber sehr bald mit ihrem bewimperten 
Hinterende fest, vorzugsweise an im Wasser flottierenden Pflanzen, 
und vereinigen sich so zu kugeligen Gesellschaften, die schon mit un- 
bewaffnetem Auge leicht sichtbar sind. An ihrem hinteren Ende 
scheiden die Weibchen eine farblose Gallerte aus, in die sie sich zurück- 
ziehen können, und in die sie auch die unbefruchteten weıblichen und 
männlichen Sommereier ablegen. 

:>> Von Anfang bis Mitte August, d. h. etwa 8—-10 Tage lang, fand ich 
bei Untersuchung dieser Gesellschaften, zwischen den Weibchen herum- 
schwimmend, die sehr viel kleineren Männchen, zuerst in geringerer, 
dann in größerer Zahl. 


.a,'. Da das Wetter in dieser Zeit nicht sehr günstig war und ich des- 
halb stets befürchten mußte, am nächsten Tage kein neues Material 
mehr zu finden, so konnte ich das Material zu Studien am lebenden 
Objekt nicht rationell genug ausnutzen und habe zu viel Zeit auf die 
recht mühsame und umständliche Konservierung verwendet. 1905 
und 1906 war ich leider außer Stand, nochmals Material zu sammeln, 
wie ich gehofft hatte. 


Ich untersuchte den Bau der lebenden Männchen, ferner in toto 
präprarierte und in Serienschnitte von 2—5 u zerleste Exemplare; 
ebenso den Bau der reifen Spermatozoen lebend und konserviert, sowie 
ihre Entwicklung an Schnitten durch männliche Eier. 


Zur Betäubung der Tiere verwandte ich die RousseLetsche Me- | 
thode (99), welche darin besteht, daß man dem die Tiere enthaltenden 
Wasser tropfenweise eine Mischung von 3 Teilen 2% Cocain, 1 Teil 
90% Alk. und 6 Teilen Wasser so lange zusetzt, bis die Cilien aufhören 
zu schlagen. Konserviert wurden die betäubten Tiere in Sublimat- 
Alkohol oder meist in Sublimat, welches erst nach kurzem Auswaschen 
des Cocains in Wasser geschehen darf, da sonst ein weißer Niederschlag 
entsteht. Gefärbt wurde mit Borax-Karmin, nach BLocHMANN, MAL- 


Das Männchen’ von Lacinularia socialis Ehrkg. | 627 


-LORY und mit HEIDENnHAINschem Eisenhämatoxylin mit und ohne 
Nachfärbung. 

Eine Abbildung des Männchens gab meines Wissens außer HuDsoNn 
(74 u. 86) nur Hrava (04,), der ebenso wie Hupson die äußere Form 
‚ganz gut darstellte, aber die innere Organisation, so weit sich dies 
beurteilen läßt, nicht genügend berücksichtigte. Da Hravas Abhand- 
lung und auch die Erklärungen der Figuren (die Herr K. THox so 


freundlich war, mir leihweise zu überlassen) in böhmischer Sprache ab- 


rh u 
ERWEITERTE 
NN TS ea FRUNSF 
AN EEE REN 
IQ ET A 


Ban 


Textfig. 1. Textfig. 2. 
Fig. 1. Männchen, von der Dorsalseite, etwas schematisiert. A, Augen; C, Cilienbüschel über den 
Ausen; Dr!,'eroße Drüsenlappen der Fußdrüsen; Dr?, kolbenförmige Ausstülpung derselben; r.D, 
rudimentärer Darm; Exec, Excretionsorgan; Fl, Fliimmerlappen; G, Gehirn; @.Ö, Geschlechtsöffnung; 
H, Hoden; K.M, Körnermasse; M, Ringmuskel; m!, Muskel, der vom Vas deferens zum Hoden zieht; 
Mr?, Muskelring am Ausgang des Vas deferens; Mr°, Zellring an der Geschlechtsöffnung; Pr, Pro- 
istatadrüsen; S, Saugnapf; St.K, stäbchenförmige Körper; T, Tastorgan; v.D, Vas deferens. 
Fig. 2. Männchen im Profil etwas schematisiert. Erklärung s. Fig. 1. 


gefaßt ist, so ist sie dem Verständnis der Mehrzahl der Zoologen und 
leider auch dem meinigen unzugänglich. 


Ich gebe zwei etwas schematisierte Abbildungen des Männchens, 
eine von der Dorsalseite (Textfig.1) und eine Profilansicht (Textfig.2), 


628 Clara Hamburger, 


die teils nach Skizzen lebender, teils nach solchen präparierter Exem- 
plare angefertigt sind. ' 

Das Männchen hat eine etwa walzenförmige, hinten zugespitzte 
Gestalt. Das vordere Körperende wölbt sich beinahe halbkugelig aus 
dem kontinuierlich das Kopfende umziehenden Wimperkranz des 
Räderorgans hervor; es trägt an seinem Scheitel über den Augen ein 
Cilienbüschel (Textfig. 1 u. 2 C), sowie mehr unregelmäßig angeordnete 
Cilien. Da die Scheibe des Räderorgans häufig eingezogen wird, so 
finden sich die ıhr anliegenden beiden Augen (Textfig. 1 u. 2 A) bald 
ganz vorn, bald mehr im Inneren des Körpers. Die Cilien tragenden 
Zellen des Räderorgans (Fig. 1 RZ) sind ansehnlich groß und sym- 
metrisch angeordnet. Von den Zellen der Scheibe des Räderorgans 
nehmen Muskeln ihren Ursprung, die das Einziehen des Räderorgans, 
sowie Kontraktionen des ganzen Körpers bewirken. Da ich ihren 
Verlauf leider nicht genau verfolgen konnte, so habe ich sie auf den 
Abbildungen nicht näher berücksichtigt. Durch sieben oder acht in 
gleichmäßiger Entfernung voneinander angeordnete Ringmuskeln (Text- 
fig. 1 u. 2 M) erscheint der Körper äußerlich in acht, bzw. neun Ringe 
geteilt. 

Die Länge der Tiere schwankte bei den von mir gemessenen zwischen 
200 und 350 u; die größte Breite zwischen 90 und 115 «. Die Größe 
kommt also etwa der eines Paramaecium caudatum gleich, die BLocH- 
MANN (95) zu 120 bis 350 u. angibt. 

Bei der äußeren Betrachtung tritt als einzige Körperöffnung die 
dorsal gelegene Geschlechtsöffnung hervor (s. Fig. 4 und Textfig. 1 
u.2 @.Ö). An der hinteren Körperspitze findet sich ein Saugnapf (S auf . 
Fig. 4 u. 5 und Textfig. 1, 2), dessen äußere Wand von Muskelfibrillen 
gebildet wird, während er innen von Cilien ausgekleidet ist. In das 
proximale Ende des Saugnapfes mündet eine sehr ansehnliche Drüse. 
Zwei große Lappen sind rechts und links von dem Ausführgang der 
Geschlechtsorgane sichtbar (Textfig. 1 u. 2, Fig. 1 u. 5 Drt); sie füllen 
den Raum zwischen diesen und den seitlichen Körperwänden voll- 
ständig aus und erstrecken sich vorn bis zum Hoden (7), so daß sie 
mehr als 1/, der ganzen Körperlänge einnelimen. Ventral von dem 
Vas deferens (Fig. 1V.D) in der Längsachse des Körpers vereinigen sich 
diese beiden Drüsenlappen zu einem Endteil. Das ganze Gebilde besitzt 
eine schwammartige Struktur und stellt ein Syneytium mit zahlreichen 
unregelmäßig eingelagerten Kernen dar. Am Aufbau dieser Drüse 
nehmen ferner zwei mehr dorsal gelegene kolbenförmige Gebilde teil, 
die eine Reihe sehr regelmäßig angeordneter Kerne enthalten, und sich 


Das Männchen von Lacinularia socialis Ehrbg. 629 


mit Kernfarbstoffen stark färben (Dr? Fig. 4, 5, Textfig. 1, 2); mit 
ihrem schlankeren Ende, welches ein Lumen enthält, münden sie dicht 
nebeneinander in den Saugnapf. Ihr Zusammenhang mit den großen 
Drüsenlappen ist nur schwer zur Anschauung zu bringen. Nach dem 
von mir an verschiedenen Schnittserien Beobachteten erschien es jedoch 
ziemlich sicher, daß diese beiden Kolben die eigentlichen Ausführgänge 
sind, und wahrscheinlich auch Reservoire des Drüsensecrets darstellen, 
welches von den beiden großen Drüsenlappen (Dr!) secerniert wird. 

Das Männchen bedient sich des Saugnapfes, um sich bei der Be- 
gattung an der Körperwand des Weibchens festzusaugen und das aus 
der Drüse in den Saugnapf sich ergießende Secret bewirkt die innigere 
Befestigung an dieser oder einer andern Unterlage, auf der das Männ- 
chen sich gelegentlich festsetzt. Das ganze Organ entspricht also der 
Fußdrüse andrer Rädertiere, obgleich von einem eigentlichen Fuß hier 
nicht gesprochen werden kann. Am lebenden Männchen konnte ich 
wiederholt einen am hinteren Körperende ansitzenden langen Schleim- 
faden beobachten, den das aus der Ruhe aufgeschreckte Tier hinter sich 
her zog. 

Vorn dicht unter dem Räderorgan sehen wir zunächst das recht 
ansehnliche Cerebralganglion (Textfig. 1, 2 G). Es hat, von der 
Fläche betrachtet, die Gestalt eines Vierecks, dessen vier Ecken aus- 
gezogen sind. Von den zwei vorderen Ecken gehen die zu den Augen 
(Textfig. 1 A) führenden Nerven ab, die hinteren Ecken ziehen sich 
in lange Nervenfasern aus, die zu zwei Tästorganen führen, welche 
zwischen dem zweiten und dritten Muskelring rechts und links aus der 
Körperoberfläche hervortreten (Textfig. 1 7). Derartige seitliche Tast- 
organe sind auch von andern männlichen Rädertieren bekannt, während 
die Weibchen sie meist auf dem Rücken tragen; sie wurden daher von 
PLATE auch für die männliche Lacinularia postuliert, aber nicht be- 
obachtet; er beschreibt hingegen, wie auch Hupson, ein dorsales Sinnes- 
organ, während ich etwas Derartiges nie beobachtet habel. 

Fig. 7 zeigt ein solches Tastorgan wie es am lebenden Tier sich 
darstellt. Fig. 6 ist nach einem konservierten und gefärbten Exemplar 
gezeichnet. Es hat die Gestalt eines mit einem Deckel versehenen 
Bechers. Im Grunde dieses Bechers an der Stelle, wo der Nerv eintritt, 
liest ein von Protoplasma umgebener Kern. Der Deckel erscheint nach 


1 Nach beendeter Niederschrift fand ich auf einem aus altem Material an- 
gefertigten Präparate zum erstenmal eine dorsale Ausstülpung des Körpers, welche 
wohl ein Tastorgan enthalten mag. Da das Exemplar leider sehr schlecht konser- 
viert war, will ich auf diese Beobachtung nicht näher eingehen. 


630 | Clara Hamburger, 


der Konservierung und Einschluß in Kanadabalsam hyalin (s. Fig. 6), 
im Leben zeigt er, sowie der Becher eine streifige Struktur (Fig. 7). 
An der Spitze des Deckels findet sich eine Öffnung, aus der die Sinnes- 
haare hervortreten. Der zutretende Nerv ist etwa in seiner Mitte mit 
einer ganglıösen Anschwellung versehen, die einen Kern enthält (s. 
Fig. 6). | 
Der histologische Bau des Cerebralganglions stimmt mit dem vieler 
niederer Evertebraten überein. Die äußere zellige Umhüllung (@. Z Fig. 1) 
unterscheidet sich bei der Färbung nach Matrory von der inneren Punkt- 
substanz (P.S) dadurch, daß sie sich blau färbt, während die innere 
Partie rot gefärbt erscheint. Die Ganglienzellen enthalten große Kerne 
und wenig Plasma. Über die unzweifelhaft vom Ganglion zum Räder- 
organ ziehenden Nerven konnte ich nichts Genaues feststellen, dagegen 
schien es mir auf einigen Präparaten und bei Beobachtung des lebenden 
Männchens sehr wahrscheinlich, daß von dem 
Gehirn ventralwärts ein Nervenring entspringt, 
der zwei Nerven zum Hoden sendet (Text- 
fig. 3). Dieser Ring wäre der Schlundcom- 
missur und dem unteren Schlundganglion im 
Nervensystem der Anneliden vergleichbar. 
Ganglienzellen konnte ich allerdings auf der 
Ventralseite nicht nachweisen. 
Bei den Weibchen von Callidina und 
Textfig. 3. Discopus (ZELINKA, 86 u. 88) und Conochrloides 
A; Auge; @, Gehirn; N!,zu den (HLAVA, 06) wurde ein subösophageales Gan- 
A er av; zum olion beschrieben, so daß meine Beobachtung 


seitlichen Tastorgan führender 
Nerv; N°, zum Hoden führender an den Männchen der Zacinularıa nicht: iso- 


Nerv; S, Schlundeommissur; U.S, 

untere Schlundeommissur.  liert dasteht; daß Ganglienzellen fehlen, steht 
jedenfalls mit der bei den männlichen Räder- 
tieren fast allgemeinen Rückbildung des Darmes in ursächlichem Zu- 

sammenhang. | 
Das Excretionsorgan der Rädertiere ist schon sehr häufig unter- 
sucht worden. Die Frage, ob seine Wimperorgane in offener Kommuni- 
kation mit der Leibeshöhle stehen, ist als endgültig gelöst zu betrachten, 
indem eine solche nicht besteht, vielmehr ein Plasmapfropf die Flimmer- 
organe gegen die Leibeshöhle abschließt. Ein Gleiches konnte auch 
ich konstatieren. Das Exeretionsorgan der Lacinularie-Männchen be- 
steht aus zwei Längsstämmen, die, wie es scheint, ebenso wie beim 
Weibchen, vorn, in der Höhe des Gehirns quer verbunden sind; denn 
ich konnte am lebenden Tier, ventral vom Gehirn eine lebhafte Flimme- 


Das Männchen von Lacinularia socialis Ehrbg. 631 


rung wahrnehmen. Die Seitenstämme (Textfig. 1 u. 2, und Fig. 1 Exec) 
ziehen rechts und links vom Hoden zwischen diesem und der Körper- 
wand hin und münden hinten getrennt, mit größeren Endzellen 
(Fig. 1 E.Z) rechts und links von der Einmündungsstelle des Hodens 
in das proximale Ende des Vas deferens. 

Am lebenden Tier hatte ich den Eindruck, daß die seitlichen Flim- 
merorgane, wie sie in Textfig. 1 F.L dargestellt sind, den Haupt- 
kanälen seitlich ansitzen. 

An den in toto präparierten und den in Schnittserien zerlegten 
‘ Tieren konnte ich allerdings von diesen seitlichen Ausstülpungen der 
Kanäle nichts wahrnehmen und nur die Treibwimpern (Fig. 1 7.W) 
im Inneren des Hauptkanals sehen. In Fig.1 ist das rechte Gefäß 
sut getroffen; man sieht die Kerne, von denen die Treibwimpern 
(Fig. 1 7.W) ihren Ursprung nehmen und eine eigentümliche Struktur 
der Wand, die meiner Ansicht nach von einer spiralig verlaufenden 
muskulösen Wandverdickung herrührt. 

Es wäre demnach möglich, daß die Verhältnisse den von HravA (04) 
für das Weibchen von Lacinularia beschriebenen entsprechen, daß 
nämlich neben den Hauptkanälen noch capillare Röhren einherlaufen, 
von denen die seitlichen Flimmerorgane ausgehen, und die mit den 
Hauptstämmen nur an deren oberen und zuweilen auch an deren unteren 
Enden in Verbindung stehen. 

Für die Männchen bedarf diese Angabe indes noch weiterer Be- 
stätigung, da HravA hierauf nicht näher eingeht und ich beim lebenden 
Tier diese Verhältnisse nicht genügend berücksichtigt habe. Beı der 
Kleinheit des Objektes wird es mit Schwierigkeiten verbunden sein, 
völlig ins klare zu kommen. 

Etwas hinter dem Gehirn erweitern sich die beiden Kanäle zu 
großen Zellen, welche nach dem Kopfende und dem Gehirn zu Aus- 
läufer senden, vermittels deren sie miteinander und mit der Scheibe 
des Räderorgans verbunden sind (s. Fig. 1). 

Das ansehnlichste Organ des Männchens ist der Hoden (4 in Fig. 1, 
5, Textfig. 1 u. 2), der mit seinem Ausleitungsapparat fast den ganzen 
Körper ausfüllt, namentlich so lange er prall mit Spermatozoen gefüllt 
ist. Nach der Entleerung fällt er etwas zusammen, worauf die Bänder 
sichtpar werden, die ihn an der Körperwand befestigen. 

Im Inneren des Hodens findet man die zahlreichen Spermatozoen 
in lebhafter Bewegung ‚ihre Gestalt kann zunächst nıcht erkannt werden, 
da sie vielfach eingerollt und dicht aneinander gepreßt sind. Sehr 
auffallend und an allen studierten Exemplaren bemerkbar ist eine 


632 Clara Hamburger, 


scheinbare Längsstreifung des hinteren Hodenabschnitts (Textfig. 1 u. 
2 St.K), die sich von seiner Ausmündungsöffnung in den Samenleiter 
nach vorn strahlig ausbreitet und etwa das hintere Viertel des Hodens 
auszeichnet. Nach meinen Erfahrungen rührt sie von lanzettförmigen, 
frei im Hoden liegenden Gebilden her, die sich durch Druck leicht aus 
dem Männchen herauspressen lassen, doch soll hierüber später genauer 
berichtet werden. 

Vorn setzt sich an den Hoden eine Zellmasse von grobvacuolärem 
Bau an (Fig. 2, Textfig. 1 r.D), die zuerst PLATE als rudimentären 
Darm angesprochen hatte, welche Deutung wohl auch die einzig mög- 
liche und allgemein anerkannte ist. 

Sehr regelmäßig und symmetrisch angeordnete Zellen mit deut- 
lichen Kernen (x Fig. 2 u. 5) stellen die Verbindung zwischen diesem 
rudimentären Darm und dem vorderen Körperende her und sind viel- 
leicht als letzte Reste eines rudimentären Kauapparates aufzufassen. 

Auf dem hinteren Abschnitte des Hodens sah ich am lebenden 
Männchen die von früheren Autoren erwähnte, schwarze Körnermasse 
(Textfig. 1 KX.M), die sehr verschieden gedeutet wurde. Da ich, ebenso 
wie PLATE (85, bei Brachionus amphiceros) einen Zusammenhang der 
Körnermasse mit dem vorderen Teile des rudimentären Darmes fest- 
stellen konnte, stehe ich nicht an, mich der Deutung dieses Autors, der 
sie als Reste des Enddarmes anspricht, anzuschließen. Daß ich diese 
Körner an konservierten Exemplaren nie fand, mag seinen Grund darin 
haben, daß sie in einem der verwendeten Reagentien löslich sind. 
An seinem hinteren Ende steht der Hoden durch einen sehr schmalen 
und kurzen Kanal (Fig. 1 u. 4 Mr!), dessen Wände muskulös verdickt 
sind, mit dem Vas deferens (Fig. 1 V.D) in Verbindung,. welches ein 
relativ weites Lumen hat. 

Die Wand des Vas deferens wird von Ringmuskelfibrillen gebildet 
(Fig. 1), deren Zellen nicht deutlich voneinander gesondert, der Wand 
außen anliegen (Fig. 3, 4 M.Z); innen ist die Wand mit langen Cilien 
ausgekleidet, welche im Leben lebhaft hin und her schlagen. Rechts 
und links von dem kurzen Verbindungskanal zwischen Hoden und 
Vas deferens (Fig. 1 u. 4 Mrt), der durch seine stark verdickten Wände 
schon im Leben deutlich sichtbar ist, münden die beiden Hauptstämme 
des Excretionsorgans mit den schon erwähnten großen Endzellen 
(Fig. 1 E.Z) in dasselbe ein. Nur wenig caudalwärts davon sieht man 
bei Einstellung auf die dorsale Wand des Samenleiters zwei zwei- bis 
mehrzellige Drüsen (Pr Textfig. 1 u. 2, Fig. 1), dicht nebeneinander 
einmünden, welche schon bei andern Rädertiermännchen als Prostata- 


Das Männchen von Lacinularia socialis Ehrbg. 633 


drüsen bezeichnet wurden. Am hinteren Ende des Samenleiters be- 
festigt sich rechts und links je ein Muskel (Fig. 1 und Textfig. 1 m!), 
der nach vorn zum Hoden zieht, und, wie mir scheint, bei der Austrei- 
bung der Spermatozoen eine Rolle spielt. Der gleichen Funktion dient 
wohl auch ein muskulöser Ringwulst (Mr? Fig. 1, 3, 4), der unmittelbar 
hinter der Ansatzstelle der eben erwähnten Muskeln das Vas deferens 
umzieht. Innerhalb des vorderen Teiles des Ringwulstes, der hier 
fibrillär differenziert ist (Fr Fig.1,3,4), verengt sich das Vas deferens 
nach hinten zu trichterförmig bis zu einer feinen Öffnung, welche hierauf 
in einen weiten, kuppelförmigen Raum führt, der von der caudalen 
Hälfte des Ringwulstes umschlossen wird. Die Innenwand dieser 
kuppelförmigen Erweiterung wird von einer ziemlich starken Cuticula 
ausgekleidet. An diese Erweiterung schließt sich endlich der zur äußeren 
Geschlechtsöffnung (G.Ö Fig. 1, 3, 4) führende letzte Abschnitt des 
‚Ausführganges an, der trichterförmig gestaltet und innen bewimpert 
ist (4.@ Fig. 1, 3, 4). Unweit der Ausmündungsstelle ist dieser Ab- 
schnitt, der nur als eine Einstülpung der äußeren Körperwand zu be- 
trachten ist, noch von einem Zellring (Fig. 3, 4 Mr?) mit deutlich sicht- 
baren, sehr regelmäßig angeordneten Kernen umgeben. 

Ein ausstülpbarer Penis konnte nicht aufgefunden werden und ich 
muß die Existenz eines solchen verneinen, obgleich PLATE (85) ihn 
beobachtet haben will. Er hält den auch von mir beobachteten Ring 
(Mr! Fig. 1u.4) an der Einmündungsstelle des Hodens in das Vas defe- 
rens für den »handschuhfingerförmig umgestülpten und eingezogenen 
Penis«, der gewöhnlich eingestülpt getragen werde. Doch gibt PLATE 
selbst zu, daß er über den feineren Bau des Begattungsorgans nicht 
völlig ins klare kam, weil es ihm nie gelang, dasselbe durch Druck 
frei zur Ansicht zu bringen. Auch Hupson (86) spricht von einem aus- 
streckbaren Penis; auf seiner Abb. Taf. VIII, Fig.1 ist jedoch nichts 
Derartiges zu sehen. 

Wie gesagt kann bei Lacinularia von einem Begattungsorgan nicht 
gesprochen werden; das was man bisher dafür hielt, ist das Vas deferens. 
Die Verhältnisse nähern sich denen, wie sie PLATE (86, S.110) bei Hert- 
wigia und einigen andern Formen beschreibt, bei denen das hintere, 
retractile Körperende als Penis funktionieren soll; sie sind bei Lac- 
nularia etwas anders, weil die Geschlechtsöffnung nicht wie bei Hert- 
wigia terminal, sondern dorsal liegt (Textfig. 2 @.Ö). 

Der Akt der Begattung geht meiner Ansicht nach folgendermaßen 
vor sich: Durch Contraction der beiden oben beschriebenen Muskeln 
(Fig. 1 m!) werden die Spermatozoen aus dem Hoden in das Vas 


634 Clara Hamburger, 


deferens getrieben; durch Contraction zweier weiterer Muskeln (Fig. 1 
m?2), welche an dem muskulösen Ringwulst (Mr?) inserieren, sowie 
durch die Contractionen des Ringwulstes und des Vas deferens selbst 
wird die austreibende Tätigkeit der Cilien im Samenleiter unterstützt, 
wodurch die Spermatozoen in den äußeren Geschlechtsgang (A.@ 
Fig. 1, 3, 4) gelangen und von hier in die Leibeshöhle des Weibchens, 
wo man sie oft schon bei jugendlichen, noch nicht geschlechtsreifen 
Tieren in größerer Zahl antrifft. Das Eindringen der Spermatozoen 
in das Weibchen konnte ich leider nie beobachten, obgleich ich mehrere 
Mal sah, wie ein Männchen sich mit seinem Saugnapf an verschiedenen 
Körperstellen des Weibchens festsaugte. Mir scheint, daß die männliche 
Geschlechtsöffnung sich an irgend einer beliebigen Stelle des Weibchens 
andrückt und in der oben beschriebenen Weise die Spermatozoen mit 
großer Gewalt herausgepreßt werden. Gar nicht unwahrscheinlich 
erscheint es mir, daß die lanzettförmigen, an beiden Enden zugespitzten 
Gebilde, welche im hinteren Ende des Hodens liegen (Textfig. 1 u. 2 
St.K), und zuerst aus demselben herausgelangen, zum Durchbohren 
der Körperwand des Weibchens beitragen, und daß hierin vielleicht 
ihre Hauptfunktion besteht. 

Diese lanzettförmigen Gebilde sind schon DALRYMPLE (49) als eine 
vermeintliche Längsstreifung des Hodens bei Notommata anglıca auf- 
gefallen und wurden von ihm als ein Muskelbündel gedeutet. LEYDIG 
(55) machte auf diesen Irrtum aufmerksam, erkannte sie bei Notommata 
als Samenelemente, konnte jedoch nicht darüber schlüssig werden, ob 
sie in den Entwicklungskreis der Spermatozoen gehören, welche den 
Hauptinhalt des Hodens bilden oder ob sie eine zweite Form von Sper- 
matozoen darstellen, wie solche von Paludına und andern Gastropoden 
bekannt sind. Später (83) äußerte er sich jedoch dahin, daß sie End- 
stadien im Entwicklungsgang der Spermatozoen seien. ÜoHN wendete 
sich 1856 gegen diese Auffassung; er sagt S. 453 bei der Beschreibung 
des Männchens von Hydatına senta: »Am hinteren Ende zeist der Hoden 
eine dichte parallele Längsstreifung; LEevvıg deutet sie als Spermato- 
zoenmassen, ich erkläre sie jedoch durch die eigentümliche Anordnung 
der Muskelfasern wie dies auch DALRYMPLE getan. « 

Später wurden diese Körper auch von CLaus (76 u. 80) bei Seison 
grubei gefunden; er glaubt, daß sie den von Levpre beschriebenen 
homolog sind, aber im Samenleiter entstehen, weiß sich jedoch ihre 
Funktion nicht zu erklären. 1886 spricht zuerst PLATE die soeben auch 
von mir geäußerte Vermutung über die Funktion der fraglichen Gebilde 
aus, was mir um so interessanter ist, als ich ohne Kenntnis seiner 


Das Männchen von Lacinularia socialis Ehrbg. 635 


diesbezüglichen Äußerung auch zu derselben gekommen war. Neuerdings 
(88) kam WEBER wieder auf die ganz unhaltbare Ansicht der älteren 
Autoren zurück, daß es sich um ein Muskelbündel handle. Die Ansicht 
Hravas (042), der auch Längsstreifung abbildet, blieb mir leider unbe- 
kannt. 

Diese steifen Gebilde sind, wie schon erwähnt, lanzettförmig und 
an beiden Enden scharf zugespitzt (Fig. 8, 9, 10). Der eine ihrer beiden 
Pole zieht sich in einen Faden aus, der etwa die gleiche Länge hat wie 
der Körper selbst, d.h. durchschnittlich 10 «u; er scheint im Leben 
beweglich zu sein, da er sowohl an lebenden als auch an konservierten 
Exemplaren nicht immer ganz gestreckt, sondern zuweilen etwas ge- 
bogen erschien. Die Achse des Körpers durchzieht ein mit Kernfarb- 
stoffen färbbarer Faden und an der breitesten Stelle des Körpers findet 
sich zuweilen ein mit Eisenhämatoxylin stark färbbares Körnchen 
(Fig. 10). Am lebenden Material konnte ich den axialen Faden nicht 
wahrnehmen, hingegen die auf Fig. 8 dargestellten, stark lichtbrechen- 
den Körnchen, die wohl dem Körnchen in Fig. 10 entsprechen; ferner 
trugen die lebenden, bei schwacher Vergrößerung stäbchenförmig er- 
scheinenden Gebilde seitlich eine helle Blase, die ich an konservierten 
Exemplaren nie fand. Ich vermute jedoch, daß es vielleicht noch nicht 
sanz ausgebildete Stadien waren, die ich vor Augen hatte, denen noch 

ein Rest der Bildungszelle anhing. 
Über den morphologischen Wert dieser Gebilde läßt sich nichts 
Sicheres aussagen, da ihre Genese nicht bekannt ist, welche allein Auf- 
schlüsse über die Herkunft der einzelnen Bestandteile geben könnte; 
doch möchte ich auch schon nach meinen lückenhaften Beobachtungen, 
sowie auf Grund einer noch später zu erwähnenden, auffallenden Ähn- 
lichkeit dieser Gebilde mit den Spermatozoen andrer Organismen nicht 
anstehen, sie als den Spermatozoen homologe, aus Spermatiden hervor- 
gegangene Zellen zu betrachten, deren axialer Faden von dem Kern 
herzuleiten ist. 

Das Vermögen der Rädertiere in ihrem Hoden zweierlei Zellelemente 
zu entwickeln, steht nicht vereinzelt da. Von Paludina und andern 

Prosobranchiaten waren derartige Verhältnisse schon länger bekannt, 
und in neuester Zeit fand Mevazs (02) auch bei Pyygaera, einer Lepidoptere, 
verschieden geformte Samenelemente, von denen die einen sich durch 
das völlige Fehlen eines Kernes auszeichnen und von ihm daher als 
apyrene Spermien bezeichnet werden. Über die Funktion dieser Ele- 
mente, sowie über die der sog. oligopyrenen Spermien der Gastropoden 


ist man noch völlig im unklaren; alle früher aufgestellten Hypothesen 
Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. - 42 


636 Clara Hamburger, 


erwiesen sich als unhaltbar (s. hierüber KoRscHELT und HEIDER [02 
S. 461], Meves [02]. KorscHerr hält es jedenfalls für sicher, daß 
diese abweichend geformten Spermatozoen bei der Befruchtung des 
Eies keine Verwendung finden. 

Daß die bei den Rädertieren vorkommenden, sog. stäbchenförmigen 
Körper den oligopyrenen und apyrenen Spermien nahe stehen, scheint 
mir sehr wahrscheinlich und das von mir über ihre vermutliche Funk- 
tion Geäußerte daher vielleicht von allgemeinerem Interesse. 

Die mit Sicherheit als männliche Geschlechtszellen funktionieren- 
den Elemente des Hodens wurden zuerst von LEyvDie (51) in der Leibes- 
höhle des ZLacinularia-Weibehens, welches damals noch für einen 
Zwitter galt, flottierend gefunden und als parasitische Protozoen be- 
schrieben. Nachdem ihm die von DALRYMPLE schon 1849 gemachte 
Entdeckung der männlichen Rädertiere bekannt wurde, und er selbst 
die Männchen von Notommata sieboldi im Jahre 1855 eingehend studiert 
hatte, fiel ihm die Ähnlichkeit der vermeintlichen Parasiten mit den 
Spermatozoen dieser Form auf, wodurch er selbst von seinem Irrtum 
bei Lacinularia zurückkam. Leypıscs schon im Jahre 1851 gegebene 
Abbildung und die Huxıeys (53) sind die einzig existierenden der Sper- 
matozoen von Lacinularia. Sie gaben beide die äußere Gestalt richtig 
wieder; von dem Inhalt hat Huxrey gar nichts, LevDie nichts Sicheres 
gesehen; letzterer berichtet nur, daß mehrere Kügelchen im Inneren 
des Körpers unterschieden werden können. Von späteren Autoren 
wurden die Spermatozoen der Rädertiere entweder gar nicht näher 
untersucht oder im besten Falle nur bei so schwachen Vergrößerungen 
betrachtet und abgebildet, daß man höchstens notdürftig über die 
äußere Gestalt orientiert wird. Die innere Organisation wurde bisher 
überhaupt kaum berücksichtigt. Nur Conn (63) und WEBER (88) 
geben Abbildungen der Spermatozoen von Conochilus vowox und Hy- 
datina senta, in denen ein länglich gestreckter Inhaltskörper zu sehen 
ist; im ganzen aber zeigen auch diese beiden Abbildungen nichts 
Bemerkenswertes. | 

Das einzige, was wir aus den bisherigen, recht ungenügenden Ab- 
bildungen und Beschreibungen entnehmen können, ist, daß die äußere 
Gestalt der Spermatozoen innerhalb der Gruppe der Rädertiere nicht 
immer die gleiche ist; wenn sie auch auf einen gemeinsamen Grund- 
typus zurückgeführt werden kann (s. die Abb. von DALRYMPLE [49], 
Hvxrev [53], Levyoıe [55], Comm [56 u. 63], Hupson [74, 83], JoLIET 
[83], WEBER [88], Marks and Wesch& [03], Montsomery [03]. Nach 
dem Gesagten erscheint es nicht wunderbar, daß KoRSCHELT weder 


Das Männchen von Lacinularia socialis Ehrbg. 637 


in dem allgemeinen Teil seines Lehrbuches (02) noch in seinem Vor- 
trage vor der Deutschen Zoologischen Gesellschaft (06) die Spermatozoen 
der Rädertiere erwähnte. 

Ich beobachtete die Spermatozoen im lebenden Männchen, wo sie 
sich lebhaft bewegen, ihre Gestalt aber nicht zu erkennen ist. Um diese 
näher zu studieren, preßte ich sie durch sanften Druck auf das Deckglas 
aus dem Hoden heraus und sah nun zahlreiche cercarienartig geformte 
Gebilde, die sich mit ihrem Ruderschwanze hin und her bewegten. 
Bei näherer Betrachtung mit starker Vergrößerung erwies sich dieser 
Schwanz als der mit einer undulierenden Membran besetzte Schwanz 
des Spermatozoons, dessen feinerer Bau nach Abtöten und Färben des 
Präparates noch deutlicher sichtbar wurde. 

Auf Fig. 24—27 sind fertig ausgebildete Spermatozoen abgebildet, 
wie sie sich nach Abtöten mit Sublimat-Alkohol und Färbung mit 
HEIDEnHAINnschem Eisenhämatoxylin darstellen. Der undulierende 
Saum zieht sich wellenförmig den Schwanz entlang, das Protoplasma 
ist deutlich wabig strukturiert. Der länglichrunde, keulenförmige 
Körper mit dem ansehnlichen Schwanz stellt ein Gebilde dar, welches 
von den typischen Spermatozoenformen stark abweicht. Das Vor- 
handensein von reichlichem Protoplasma, sowie das Fehlen einer Geißel 
ist eine bei den Spermatozoen wenig verbreitete Erscheinung. 

Der kolbenförmige vordere Abschnitt, den wir der Kürze wegen 
als Kopf bezeichnen wollen (ohne ihn dem Kopf andrer Spermatozoen 
zu homologisieren), wird von einem eigentümlichen bandartigen Axial- 
körper durchzogen, welcher sich bis in den Anfangsteil des Schwanzes 
erstreckt und nach hinten spitz ausläuft. Vorn krümmt er sich haken- 
förmig um und man kann an diesem vorderen Ende, welches einen 
Querschnitt des Bandes zeigt, wahrnehmen, daß er der Quere nach 
eingerollt ist und eine halbkreisförmige Rinne darstellt, deren Kon- 
kavität gegen die Konkavseite des Achsenkörpers gerichtet ist. Aus 
dem hakenförmig nach hinten gebogenen Vorderende dieser Rinne tritt 
ein peitschenartig gewundener Faden (Fig. 24—28 F) hervor, der 
mannigfache Windungen beschreibt, innerhalb der Rinne setzt sich 
der Faden nach hinten fort und ıst hier, besonders auf Querschnitten, 
deutlich wahrnehmbar (s. Fig. 29 F). Das hintere Ende des Fadens 
war nicht sicher erkennbar. 

Der Achsenkörper wird zunächst von einer Schicht helleren Proto- 
plasmas umgeben, dessen Waben nach Art eines Alveolarsaumes an- 
geordnet sind; nach der Peripherie zu wird das Protoplasma dichter 
und feinwabiger (s. bes. Fig. 25). Die Gestalt des Kopfes, sowie die des 

; 42* 


638 Clara Hamburger, 


Schwanzes, der sich in verschiedener Weise einrollt, zeigt einige Varia- 
tionen. Das Vorderende des Kopfes zieht sich z. B. zuweilen in eine 
Spitze aus, wie es in Fig. 27 dargestellt ist; ob dies eine normale oder 
durch die Präparation hervorgerufene Erscheinung ist, kann ich nicht 
sagen. Der Schwanz ist von verschiedener Länge, meist jedoch weit 
länger als der Kopfabschnitt. Das ganze Spermatozoon hat etwa eine 
Länge von 40—60 ut. 

Soweit ließ sich die Morphologie mit ziemlicher Bestimmtheit fest- 
stellen, dagegen stößt die Homologisierung der verschiedenen Bestand- 
teile des so abweichend gebauten Spermatozoons mit denen andrer 
Formen auf nicht unerhebliche Schwierigkeiten und es schien mir 
hierzu von vornherein wichtig, an der Hand der Entwicklungsgeschichte 
Näheres zu ermitteln. Zu diesem Zweck konservierte ich möglichst 
zahlreich männliche Eier, da die Männchen, deren Lebensdauer ja nur 
nach Tagen zählt, schon mit ganz oder doch nahezu reifen Sperma- 
tozoen geboren werden!. Leider erwiesen sich die Zellelemente als 
ganz außerordentlich klein und die konservierten Stadien als schon zu 
weit vorgeschritten, um ganz sichere Schlüsse zu ziehen; immerhin 
ließen sich doch einige wesentliche Punkte ziemlich klar stellen. 

Die frühesten von mir gefundenen Stadien der Spermatide zeigten 
noch einen völlig regulär ausgebildeten Kern von wabigem Bau, mit 
einem Nucleolus und zahlreichen, der Kernoberfläche angelagerten, mit 
Zisenhämatoxylin färbbaren Körnchen (Fig. 11). Indem sich diese 
Körnchen einander nähern, verschmelzen sie zu einem einheitlichen 
Körper, der den Kern einseitig wie ein Mantel umgibt (Fig. 12, 13) und 
dessen beide Enden, später, während der Kern seine Gestalt nicht ver- 
ändert, anwachsen, so daß sie als Fortsätze frei in das Plasma der Sper- 
matide vorspringen. Der fragliche Körper stellt nun eine einseitige 
Hülle des Kerns dar, die weit größer ist als dieser selbst. Indem dieser 
Körper weiter auswächst, entwickelt er sich zu dem oben beschrieberen 
bandartigen Axialkörper (Fig. 25 A.). Die Fig. 14—23 zeigen mehrere 
Stadien seines Wachstums, wie sie sich bei verschiedener Schnittführung 


1 Die männlichen Eier sind von den weiblichen durch ihre geringere Größe 
unterschieden. Größe der männlichen: 70 u breit 110 u lang, Größe der weiblichen 
110: 150 u. In der Gallerte einer Kolonie finden sich beide Arten von Eiern 
vor; ob ein Tier stets nur männliche oder nur weibliche Eier entwickelt, wie es 
CoHn (56) für Conochilus volvox und JOLIET (83) für Melicerta beschreibt, oder beide 
Arten (WEBER [88] bei Floscularia campanulata), ließ sich daher nicht nachweisen. 
Da alle Weibchen einer Kolonie der gleichen Temperatur ausgesetzt sind, kann für 
Lacinularia jedenfalls der Einfluß der Temperatur auf die Geschlechtsbestimmung 
nicht so groß sein wie es MAupas (90) für Hydatina senta angibt. 


Das Männchen von Lacinularia socialis Ehrbg. | 639 


darstellen. Die Schnitte sind 2—3 u dick. Die Breite des Kerns 
beträgt in allen Stadien etwa 3 u, seine Länge in Fig. 17, 18, 19 etwa 
6 u. Der Achsenkörper hat in Fig. 18 eine Länge von 12 ı erreicht; 
man sieht an dieser Figur, welche den ganzen axialen Körper im Profil 
zeigt, die vordere Krümmung und die Art, wie der Kern eingelagert ist. 
Die Vergrößerung ist etwa doppelt so stark als die Figuren der reifen 
Spermatozoen. In Fig. 17 ist die Schnittrichtung die gleiche; der 
Schnitt ist jedoch etwas oberflächlicher geführt und trifft nur den Teil 
der Hülle, der den Kern umschließt. Die Fig. 20 und 21 stellen ähnliche 
Stadien dar, auf Schnitten, welche etwa der Linie a«—b Fig. 18 parallel 
gehen; sie bringen daher auch einen Querschnitt der Hülle (®) zur 
Wiedergabe und zeigen wie der Kern von ihr umschlossen wird; der 
Kern ist nicht ın der Mitte, sondern mehr oberflächlich durchschnitten 
und erscheint daher relativ klein. In Fig. 23 ist ein ähnlicher, etwas 
schräg geführter Schnitt abgebildet. 

Später ist der Kern, von dem sich der Nucleolus am längsten erhält, 
nicht mehr wahrnehmbar (Fig. 24) und an seine Stelle tritt der in dem 
Achsenkörper verlaufende und aus ihm hervortretende Faden. Die 
dazwischen liegenden Stadien habe ich leider nicht gefunden. 

Trotz dieser Lücke, und obgleich ich die Genese der einzelnen Be- 
standteile der Spermatozoen nicht weiter zurückverfolgen konnte als 
ich es im obigen darzustellen versuchte, scheint es mir doch nach den 
Erfahrungen früherer Autoren und auch nach den neueren Arbeiten 
von Meves (00) und DEPDOLLA (06) wahrscheinlich, daß der dem Kern 
der Spermatide anliegende Körper (M Fig. 11 u. f.) einen Nebenkern 
(Mitochondrienkörper) darstellt und der ganze von ihm umhüllte Teil 
des Fadens, der dann als Achsenfaden aufzufassen wäre, dem Mittel- 
stück entspräche. Ob dieser Achsenfaden in seiner Gesamtheit dem 
Kern entspricht oder nur sein aus dem Achsenkörper vorn hervor- 
tretender Teil den Kern repräsentiert, während der übrige Teil des 
Achsenfadens einem von mir übersehenen Centrosoma seinen Ursprung 
verdankt, darüber kann ich leider nichts Sicheres aussagen. Die end- 
gültige Entscheidung darüber, ob die Spermatozoen der Lacinularia 
einen Kern und Achsenfaden oder nur einen fadenförmigen Kern ent- 
halten, bleibt daher noch offen. | 

Weitere entwicklungsgeschichtliche und vergleichende Unter- 
suchungen können hier allein zum Ziel führen, und ich werde auch ver- 
suchen die zahlreichen Lücken meiner Beobachtungen auszufüllen, 
sobald mir wieder Material zur Verfügung steht. Da die Erlangung 
des Materials mit Schwierigkeiten verbunden und vom Zufall abhängig 


640 Clara Hamburger, 


ist, so wollte ich die schon vor 2 Jahren angestellten Untersuchungen 
trotz ihrer Lückenhaftigkeit nicht länger zurückhalten. 

In dem Bestreben, für die Gestalt der von mir untersuchten Sper- 
matozoen in andern Tierklassen einige Vergleichspunkte zu finden, 
orientierte ich mich, so gut es ging, über die diesbezügliche Literatur. 
Die Arbeiten von GRAFF (82) und BöHnmıe (90) über rhabdocöle Tur- 
bellarien erregten mein größtes Interesse, weil einige der hier abge- 
bildeten und beschriebenen Spermatozoenformen unverkennbare An- 
klänge an die beiden Arten der Spermien im Hoden der Rädertiere zeigen. 
Ich möchte nicht näher auf einen Vergleich eingehen, da es mir voreilig 
erscheint, nach meinen noch lückenhaften Untersuchungen und der 
immerhin recht unvollständigen Kenntnis der Morphologie und Genese 
der Turbellarien-Spermatozoen weitergehende Schlußfolgerungen zu 
ziehen. Immerhin ist es von Interesse, daß die Spermatozoen zweier 
Tierklassen, deren phylogenetische Beziehungen schon wiederholt Gegen- 
stand der Diskussion gewesen sind, schon äußerlich vielerlei Überein- 
stimmendes zeigen, und ich bin fest überzeugt, daß ein eingehenderes 
Studium dieser Verhältnisse auch für die Rückführung der mannig- 
faltigen Spermatozoen-Formen, in diesen beiden Tierklassen auf einen 
. gemeinsamen Grundtypus von großem Erfolge sein wird. 

Die geschwänzten Spermatozoen der Lacıinularia erinnern lebhaft 
an die von GRAFF Taf. I Fig. 6 u. 11 abgebildeten Spermatozoen von 
Proporus venenosus und rubropunctatus. Die von CoHN (63) beschrie- 
benen und abgebildeten Spermatozoen von Conochilus volvox, sowie 
die von MONTGoMERY (03) abgebildeten, mehr bandförmig gestalteten 
von Floscularia ähneln denen von Macrorhynchus helgolandicus und 
nägeli Graff, während die stäbchenförmigen Körper der Rotatorien, 
nach den Abbildungen zu urteilen, eine weitgehende Ähnlichkeit mit sog. 
geflügelten Spermatozoen von Allostoma monotrochum (GRAFF, Taf. XIX 
Fig. 21) u.a. zeigen. 

In allerneuester Zeit wurden von Hasswer (05) bei einer Turbel- 
larie (Heterochoerus) zwei verschiedene Arten von Spermatozoen ge- 
funden, die sich jedoch nicht in ihrer Gestalt, sondern nur in ihrer Größe 
voneinander unterscheiden, so daß hierin wohl kaum eine Analogie mit 
dem Verhalten der Rädertiere vorliegt. 

Am Schlusse der Arbeit danke ich Herrn Prof. BürschHLi für seine 
freundliche, gelegentliche Unterstützung bei der Ausführung dieser 
Arbeit. 


Heidelberg, November 1906. 


95. 


RD. 


76. 


80. 
56. 


63. 


49. 


06. 


83. 


82. 
05. 


04. 


04. 


06. 


74. 
83. 


86. 


53. 


83. 


06. 


02. 


3l. 


Das Männchen von Lacinularia socialis Ehrbg. 641 


Verzeichnis der zitierten Literatur, 


F. BLocHmann, Mikroskopische Tierwelt des Süßwassers. I. Protozoa. Ham- 
burg, 2. Aufl. 1895. 

L. BöHnmıg, Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. Plagiostomina 
und Cylindrostomina v. Graff. Diese Zeitschrift Bd. LI. 1890. 

C. CLavs, Über die Organisation und systematische Stellung der Gattung 
Seison Gr. Festschr. d. k. k. zool. bot. Ges. in Wien 1876. 

— Zur Kenntnis der Organisation von Seison. Zool. Anz. Bd. III. 1880. 

F. CoHn, Über die Fortpflanzung der Rädertiere. Diese Zeitschrift Bd. VII. 
1856. 

— Bemerkungen über Rädertiere. III. Diese Zeitschrift Bd. XII. 1863. 

S. DALRYMPLE, Description of an infusory animalcule allied to the genus 
Notommata of Ehrbg. hitherto undescribed. Philos. Transact. of the 
royal society. 

PH. DePrDoLLA, Beiträge zur Kenntn. der Spermatogenese beim Regenwurm. 
Diese Zeitschrift Bd. LXXXI. 1906. 

R. EcKSTEIN, Die Rotatorien der Umgegend von Gießen. Diese Zeitschrift 
Bd. XXXIX. 1883. 

v. GRAFF, Monographie der Turbellarien. I. Rhabdocoelida Leipzig 1882. 

W. A. HasswELı, Studies on Turbellaria I. u. II. Quarterly Journ. mikr. Se. 
Na. V. 49.,.1905. 

S. Hrava, Einige Bemerkungen über die Excretionsorgane der Rädertier- 
familie Melicertidae und die Aufstellung eines neuen Genus Conochiloides 
Zool. Anz. Bd. XXVII. 

— Rotatorien Böhmens. Monographie der Familie Melicertidae. (Böhmisch.) 
Arch. f. Landesdurchforschung Böhmens. Bd. XIII. 1904. Ref. v. 
K. Tuox. Zool. Centralbl. 1905. Nr. 184. 

— Beiträge zur Kenntn. der Rädertiere. I. Über die Anatomie von Conochi- 
loides natans. Diese Zeitschrift Bd. LXXX. 1906. 

C. F. Huwpsos, On some male rotifers. Monthly mikr. Journ. XIII. 1874. 

— On Asplanchna ebbersborni n. sp. Journ. of royal mikr. Soc. Ser. II. 
Vol. III. 1883. 

Hupson and Gosse, The rotifera or Wheel animalcules. London 1886. 
Supplement 1889. 

T. H. Hvxrey, Lacinularia socialis, a contribution to the anatomy and 
Physiology of the Rotifera. Transact. of the mikrosk. Society London 
1853. 

L. JoLIET, Monograph of the Melicertidae. Arch. de Zool. exp. et gen. Bd. I. 
1883. 

E. KoRscHELT, Über Morphologie und Genese abweichend gestalteter Sper- 
matozoen. Verh. der Deutsch. Zool. Gesellsch. Leipzig 1906. 

E. KoRscHELT u. K. HEIDER, Lehrbuch der vergl. Entwicklungsgeschichte 
der wirbellosen Tiere. Allgem. Teil. 1. Lief. Jena 1902. 

F. LeypıG, Zur Anatomie und Entwicklungsgeschichte der Lacinularia so- 
eialis. Diese Zeitschrift Bd. III. 1851. 


642 Clara Hamburger, 

55. F. Leyvıe, Über den Bau und die systematische Stellung der Rädertiere. 
Diese Zeitschr. Bd. VI. 1855 

83. — Untersuchungen zur Anatomie und Histologie der Tiere. Bonn 1883. 

03. J. K. MArks and W. WESCHE, Further observations on male Rotifers. Journ. 
of Queck. Mikr. Club 1903. 

91. M. Mavpas, Sur le determinisme de la sexualite chez l’Hydatina senta. C. R. 
d. seances de l’Ac. des sc. 1891. 

00. F. Meves, Über den von La VALETTE St. GEORGE entdeckten Neben- 
kern (Mitochondrienkörper) der Samenzellen. Arch. f. mikr. Anat. u. 
Entwicklungsgesch. Bd. LVI. 1900. 

02. — Über oligopyrene und apyrene Spermien und über ihre Entstehung nach 
Beobachtungen an Paludina und Pygaera. ibid. Bd. LXI. 1902. 

03. H. MOoNTGoMERY, On the morphology of the rotatorian family Floscularidae. 
Proc. of the acad. of nat. science of Philadelphia. 1903. 

85. L. PLArTe, Beiträge zur Naturgeschichte der Rotatorien. Jen. Zeitschr. 
Bd. XIX. 1885. 

87. — Über einige ectoparasitische Rotatorien des Golfes von Neapel. Mitt. d. 
Zool. Stat. zu Neapel. Bd. VII. 1887. i 

97. CH. F. RoussELET, On the male of Rhinops vitrea. Journ. of royal mikr. 
Society London 1897. 

97. — On the male of Proales wernecki. Journ. of Queck. microse. Club. V. 6. 
1897. 

99. — Note on preserving Rotifers. Proc. IV. Intern. Congr. Zool. Cambridge. 
1899. 

88. E. F. WEBER, Notes sur quelques Rotatores des environs de Geneve. Arch. 
de Biol. 1888. 

97. E. F. WEBER, Note sur quelques males de Rotateurs. Rev. suisse de Zool. 
"PB. V.1897 

86. C. ZELINKA, Über die Symbiose und Anatomie von Rotatorien aus dem Ge- 
nus Callidina. Diese Zeitschrift Bd. XLIV. 1886. 

88. — Der Raumparasitismus und die Anatomie von Discopus synaptae n. Q. 


n. sp. Diese Zeitschrift Bd. XLVII. 1888. 


Erklärung der Abbildungen. 


Allgemeine Bezeichnungen der Figuren 1—5. 


A.G, äußerer Geschlechtsgang. 

C, Cilien des Vas deferens. 

Dr! in den Saugnapf mündende 
Dr? Drüsen. 

r.D, rudimentärer Darm. 

Exc, Exeretionsorgan. 


E.Z, Endzellen des Excretionsorgans. 
Fr, fibrilläre Differenzierung des Ring- 
wulstes am Ende des Vas deferens. 


@.Ö, Geschlechtsöffnung. 

G.Z, Ganglienzellen des Gehirns. 

H, Hoden. 

m! dem Vas deferens ansitzende Mus- 
keln. 

m? dem Ringwulst Mr2 ansitzende 
Muskeln. 

Mr: Muskelring am Verbindungskanal 
zwischen Hoden und Vas deferens. 


Das Männchen von Lacinularia socialis Ehrbg. | 643 


Mr? Muskelring am Ausgang des Vas SS, Saugnapf. 
deferens. St.K, stäbchenförmige Körper. 
Mr3 Zellring an der Geschlechtsöffnung. 7.W, Treibwimpern. 
M.Z, Muskelzellen des Vas deferens. V.D, Vas deferens. 
Pr, Prostatadrüsen. X, Zellen des rudimentären Kauappa- 
P.S, Punktsubstanz des Gehirns. rates. 
R.Z, Zellen des Räderorgans. 


Tafel XXXTI. 


Fig. 1. Frontaler Längsschnitt durch das Männchen. Kombination von 
mehreren Schnitten einer Serie. Schnittdicke 3 u. Fix. Sublimat; Färbung nach 
MALLORY. 

Fig. 2. Mehr ventral geführter Schnitt der gleichen Serie. Vordere Partie 
des Körpers zur Demonstration des rudimentären Darmes. Beh. wie vorige. 

Fig. 3. Medianschnitt durch die Ausführgänge des Geschlechtsorgans. 
Beh. wie vor. 

Fig. 4 Medianer Sagittalschnitt durch das hintere Körperende. Ausführ- 
gänge d. Geschlechtsorg., Saugnapf und Drüsen. Beh. wie vor. 

Fig. 5. Frontaler Längsschnitt. Kombination von zwei Schnitten einer 
Serie. Zur Demonstration des Saugnapfs und der Fußdrüse. Fix. Sublimat. 
Färb. Eisenhämatox. n. HEIDENHAIN. Schnittdicke 3 u. Vergr. 400x. 

Fig. 6. Laterales Tastorgan. Fix. Sublimat. Färb. nach BLOCHMANN. 

Fig. 7. Desgl. nach dem Leben gezeichnet. 

Fig. 8. Stäbchenförmiger Körper nach dem Leben gezeichnet. 

Fig. 9 u. 10. Desgl. nach Fix. mit Sublimat und Färbung mit Eisenhäm. 
wie oben. Länge 16—20 u. Br. 2 u. Vergr. 2250 x. 

Fig. 11-23. Verschiedene Entwicklungsstadien der Spermatiden. Fix. 
Sublimat. Färb. 15 u. 16 MaArrory, die andern Eisenhämatox. Schnittdicke 
2—3 u. 

Fig. 24-27. Reife Spermatozoen. Fix. u. Färb. wie vor. Vergr. 1500 x. 

Fig. 28. Längsschnitt durch den Kopfabschnitt eines Spermatozoons. Beh. 
wie vor. Schnittdicke 3 u. 

Fig. 29. Querschnitt durch einen Achsenkörper (s. Fig. 25 A). Beh. wie vor. 


Beiträge zur Kenntnis des Entwicklungsganges der Larve 
von Hypoderma bovis De Geer. 


Von 


Hermann Jost 


(Göttingen). 


Mit Tafel XXXII und 3 Figuren im Text. 


Einleitung. 


Angeregt durch die überraschenden Resultate, welche die Fleisch- 
beschau innerhalb der beiden letzten Jahrzehnte in bezug auf die Er- 
forschung der Dasselplage des Rindes aufzuweisen hat, und veranlaßt 
durch die sich trotzdem noch vielfach widersprechenden Ansichten über 
den Entwicklungsgang des hierbei in Frage kommenden Schmarotzers — 
der Bremsenfliege — Hypoderma bovis —, habe ich im Königlichen 
Veterinär-Institut der Universität Leipzig die verschiedensten Unter- 
suchungen über diese Hypoderma-Larve und über die durch die Wande- 
rung derselben hervorgerufenen pathologisch-anatomischen Verände- 
rungen der einzelnen Gewebsteile des Rindes vorgenommen. 

Gerade durch die neuesten Forschungen auf diesem Gebiete ist die 
Dasselplage des Rindes, insbesondere das Jugendstadium der sie ver- 
ursachenden Larve, zu einer einerseits veterinärmedizinisch-sanitäts- 
polizeilichen, anderseits aber auch zoologisch-landwirtschaftlichen 
Tagesfrage geworden. 

\ Vom veterinärmedizinischen Standpunkte aus betrachtet, erregt 
diese Schmarotzerkrankheit insofern ein vermehrtes Interesse, als nach 
dem Auffinden der Larven von Hypoderma, bovis in der Schlund- und 
Magenwand und im Wirbelkanal des Rindes gewisse Krankheitserschei- 
nungen des Schlundes, die Blähsucht und einzelne Lähmungserschei- 
nungen der Weidetiere in einen ursächlichen Zusammenhang mit den 
durch diesen Parasiten hervorgerufenen krankhaften Veränderungen der 
erwähnten Körperteile gebracht werden. — Neben dieser Bedeutung für 
die klinische Diagnostik und Therapie werden auch vom patho- 
logisch-anatomischen Standpunkte aus derartig krankhafte Umbildungen 


Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 645 


von Gewebsteilen unter Berücksichtigung ihrer jetzt erst bekannt 
gewordenen parasitären Ursache einer ganz andern Beurteilung wie 
früher unterworfen werden. 

In sanitätspolizeilicher Hinsicht erfordert die Invasion dieses 
Schmarotzers eine vermehrte Beachtung dadurch, daß die Aypo- 
derma-Larve nunmehr nicht allein zu gewissen Jahreszeiten als ständiger 
Gast einzelner Organe von Weideschlachttieren bestimmter Gegenden 
erkannt ist und durch ihr oft massenhaftes Auftreten an diesen 
Stellen an und für sich schon ekelerregend wirkt, sondern daß sie 
auch infolge der durch sie verursachten krankhaften Veränderungen 
nicht selten zur Minderwertigkeits- und Untauglichkeitserklärung dieser 
Fleischteile Veranlassung gibt. 

In landwirtschaftlichen Kreisen hat man von jeher der Erforschung 
der Dasselplage des Rindes große Aufmerksamkeit entgegengebracht; 
dies erklärt sich durch den jährlichen Schaden dieser Schmarotzerkrank- 
heit speziell für die Bevölkerung, welche fast ausschließlich auf die Hal- 
tung von Weidevieh angewiesen ist. Da sich der rationelle Viehzüchter 
bewußt ist, daß erst dann wirksame Mittel zur Bekämpfung der weiteren 
Ausbreitung dieses Parasiten angewandt werden können, wenn der ge- 
samte Entwicklungsgang der Larve von Hypoderma bovis hinreichend er- 
forscht ist, hat sich nach der Veröffentlichung der neuesten Forschungen 
auf diesem Gebiete das Interesse der Landwirte an dem weiteren Erfolg 
der diesbezüglichen Untersuchungen noch wesentlich gesteigert. — Der 
Schaden, welchen die Dasselkrankheit des Rindes alljährlich der Land- 
wirtschaft, der Lederindustrie und dem Fleischergewerbe bringt, äußert 
sich in der mannigfachsten Weise. Verletzungen infolge der ungeheuren 
Aufregung, in welche die Weiderinder durch die Annäherung der Brem- 
senfliege versetzt werden, gleichzeitig dadurch verursachter Rückgang 
im Nährzustande und in der Milchergiebigkeit der Tiere, Entwertung 
des Fleisches durch die Wanderung der Larven im Tierkörper und in 
der Umgebung der Dasselbeulen nebst Wertminderung der Haut infolge 
der Durchlöcherung sind, kurz zusammengefaßt, die von Jahr zu Jahr 
wiederkehrenden Begleit- und Folgeerscheinungen dieser Schmarotzer- 
krankheit. In England soll der jährliche Schaden, welchen die Dassel- 
 plage anrichtet, etwa 160 Millionen Mark betragen. Für Deutschland 
fehlen bislang derartige Erhebungen, obgleich es vom national-ökonomi- 
schen Standpunkte aus dringend geboten erscheint, dieser Frage ein- 
mal näher zu treten!. 


1 Nach den neuesten Schätzungen beläuft sich für das Deutsche Reich 
der jährliche Schaden der Dasselplage auf etwa 6 Millionen Mark. 


646 Hermann Jost, 


Da die exakte Fleischbeschau über das so lange unbekannt gebliebene 
erste Stadium der Hypoderma-bovis-Larve wesentliche Aufklärungen 
gebracht hat, und in allen größeren Schlachthöfen hinreichendes Unter- 
suchungsmaterial zu Gebote steht, wird auch der Zoologe mit erneutem 
Eifer dem Entwicklungsgang dieses Parasiten im speziellen weiter nach- 
zuforschen suchen. 

Obwohl im Laufe der letzten Jahre in veterinärmedizinischen und 
entomologischen Schriften Vieles über das Werden und Leben der 
Bremsenfliege und ihrer Larve veröffentlicht ist, finden sich doch noch 
manche unrichtige Anschauungen und streitige Punkte über die Einzel- 
heiten der Wanderung der Larve. Die veralteten Anschauungen zu 
widerlegen und die Meinungsverschiedenheiten der neuesten Forschungen 
durch weitere Untersuchungen nach Möglichkeit zu klären, möge als 
Hauptzweck vorliegender Arbeit betrachtet werden. 

Gern nehme ich an dieser Stelle Veranlassung, dem Direktor des 
Veterinär-Instituts der Universität Leipzig, Herrn Prof. Dr. A. EBER 
für die Anregung und die gütige Förderung dieser Arbeit, dem Direktor 
des zoologischen Instituts der Universität Göttingen, Herrn Geheimen 
Regierungsrat Prof. Dr. EHLERS, Herrn Generaloberarzt Dr. von Lin- 
stow in Göttingen und Herrn Dr. Voss am zoologischen Institut daselbst 
für die vielfachen Ratschläge meinen verbindlichsten Dank auszu- 
sprechen. | 

Eine reichhaltige Literaturangabe über dieses Thema findet sich 
in BRAUERs »Monographie der Oestriden« vom Jahre 1863; in derselben 
greift der Verfasser zurück bis zu VALLISNIERIS Opera 1710, verzeichnet 
alsdann in chronologischer Reihenfolge die Beobachtungen, Beschrei- 
bungen und Untersuchungen der bedeutendsten Hypodermenforscher 
und beendigt seine verdienstvolle Zusammenstellung mit SCHINERS 
»Fauna Austriaca« I. S. 396 vom Jahre 1861. Das am Schlusse meiner 
Arbeit angebrachte Verzeichnis der später erschienenen Schriften möge 
als ein Versuch betrachtet werden, die BrAuvErsche Literaturangabe 
bis zu den neuesten Arbeiten auf diesem Gebiete zu vervollständigen 
bzw. fortzusetzen. 


A. Theorien über den Entwicklungsgang des Krankheitserregers 
— der Hypoderma bovis. 


Bis zum Jahre 1863 hielt man fast allgemein an der von altersher, 
besonders aber von J. W. MEIGEN 1824 in seiner Arbeit über die »Syste- 
matische Beschreibung der bekannten europäischen zweiflügeligen 


Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 647 


Insekten « aufgestellten Ansicht fest, daß das Weibchen von Hypoderma 
bovis in den Monaten Juni bis September — also während der Schwärm- 
zeit — mittels seiner Legeröhre die Haut der Weiderinder durchbohre 
und alsdann seine Eier in die Subcutis derselben lege. Unter dem 
Schutze der Haut sollten aus den Eiern die Larven schlüpfen und sub- 
cutan im Verlaufe der nächsten Monate ihre weitere Umwandlung durch- 
machen. Nach dieser Auffassung fand somit der gesamte Entwicklungs- 
gang der Larve von Hypoderma bovis — im Gegensatze zu der Wanderung 
der übrigen Oestridenlarven — in und unter der Haut und nicht in den 
tiefer gelegenen Organen der Wohntiere statt. 

Trotzdem schon vor der Zeit MrıGEns durch die speziellen For- 
schungen VALLISNIERIS 1710, durch die Arbeiten R£Aumurs 1733 und 
durch die Beobachtungen GrEvEs 1818 der anatomische Bau der Lege- 
röhre des Hypoderma bovis-Weibchens einigermaßen bekannt und 
das Verhalten der Bremsenfliege während der Schwärmzeit gewissen- 
haft beobachtet und beschrieben worden war, blieb die Theorie MEIGENs 
Jahrzehnte hindurch unangefochten bestehen. — Erst CLARK, STRICKER 
und BRAUER, besonders letzterer in seiner »Monographie der Oestriden « 
vom Jahre 1863, traten, gestützt auf ein eignes, reiches Forschungs- 
material, und unter Zuhilfenahme des schon lange vorher durch die 
Wissenschaft und die Erfahrung gesammelten Stoffes der Auffassung 
MEIGENs entgegen und stellten die neue Lehre auf, die Hypoderma bovis- 
Fliege lege ihre Eier nicht in und unter die Haut, sondern an die Haut 
oder die Haare der Wohntiere, und erst die ausgeschlüpften jüngsten 
Larven bohrten sich zur Weiterentwicklung durch die Haut bis zur 
Subeutis ein. 

Da die von CLARK, STRICKER und BRAUER gegen die Anschauung 
MEIGENs angeführten Gründe nicht überzeugend und erschöpfend genug 
waren, um letztere als eine irrtümliche Lehre ein für allemal verdrängen 
zu können, bestanden seit dem Jahre 1863 diese beiden Auffassungen 
über die Metamorphose der Hypoderma bovis nebeneinander. 

Die neuesten Forschungen vom Jahre 1884 bis zu diesen Tagen haben 
beide Theorien erschüttert, und wenn auch noch nicht vollständig, so doch 
nahezu den Beweis erbracht, daß weder das Aypoderma bovis-Weibchen 
noch die jüngste Larve desselben die Haut der Wohntiere durchbohren, 
sondern, daß entweder dasEi oder die auf der Haut ausgeschlüpfte Larve 
per os in den Tierkörper gelangt, daß letztere denselben alsdann monate- 
lang durchwandert und endlich in der Subcutis Halt macht, um von 
hier aus, in eine Dasselbeule gebettet, wieder mit der Außenwelt in 
Verbindung zu treten. 


648 Hermann Jost, 


Die Bremsenfliege — Hypoderma bovis — mit besonderer 
Berücksichtigung ihrer Legeröhre. 


Bevor auf die nähere Widerlegung der älteren Theorien von MEIGEN 
und BRAUER und die eingehendere Begründung der neuesten Auffassungen 
über den Entwicklungsgang der Larve von Hypoderma bovis eingegangen 
werden kann, erscheint es zur Vollständigkeit dieser Arbeit erforderlich, 
ganz kurz die Beschreibung der Bremsenfliege zu streifen. Da dieses 
Insekt vielfach beschrieben worden ist, beschränke ich mich auf die 
zum Verständnis des Entwicklungsganges notwendigen Angaben, um 
ausführlicher auf das Organ der Fliege eingehen zu können, welches 
für die Widerlegung der alten Anschauungen von der größten Be- 
deutung ist. | 

Die Rinderbremse, Bremsenfliege, Hautbremse, Biesfliege, Dassel- 
fliege — Hypoderma bovis De Geer, Oestrus bovis — gehört zur Familie 
der Bies- oder Dasselfliegen — Oestridae —. Von allen Ochsenbremsen 
ist sie die verbreitetste in Europa und kommt je nach den Weidever- 
hältnissen bald früh, bald spät — bei uns in Deutschland fast regel- 
mäßig zwischen Juni und September — zur Entwicklung. Die Länge der 
Fliege beträgt 15— 17mm. Sie lebt nur einige Tage und nimmt während 
dieser Zeit keine Nahrung auf, sondern ist einzig und allein auf die 


Erhaltung ihrer Art bedacht. 


Am fünften Ringe des Weibchens befindet sich, einem Fernrohre ähn- 
lich (s. Textfig. 1), die aus vier Gliedern 
bestehende cylindrische Legeröhre ZL, 
welche fälschlich als Bohrer bezeichnet 

wird. Dieselbe ist hornig. In der Regel 
sind die drei letzten, nach hinten all- 
mählich kleiner werdenden Glieder in 
das Anfangsglied eingezogen; erst beim 
Schwärmen schiebt das Weibchen die 
einzelnen Glieder der Legeröhre lebhaft 
einundaus. Die Glieder selbst sind nackt, 
nur an den Verbindungsringen (Text- 
fis. 1a) und an dem vorletzten Gliede 
befinden sich Haare und Haardornen 
(Textfig. 2 h), welche mit ihren Spitzen 
nach hinten gerichtetsind. Das Ende des 

letzten Gliedes (Textfig. 2) läuft, bei starker Vergrößerung betrachtet, in 


Textfig. 1.! 


Nach RE Aaumur (stark vergrößert). 


Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis, 649 


drei Anhänge (Textfig. 2, c, v) aus. Die beiden seitlichen Anhänge 
(Textfig. 2», v) verjüngen sich nach ihrem Ende hin, sind hakenförmig 
nach einwärts gebogen und greifen zangenartig gegeneinander. Der 
mittlere Anhang (Textfig. 2 c) dagegen ist breit und löffelförmig nach 


Textfig. 2. 


Nach Joy (stark vergrößert). 


- unten abgerundet. Die Oberfläche der Seitenteile, welche zusammen 
eine Zange darstellen, ist gleichfalls mit Haardornen (Textfig. 2 h) be- 
setzt, deren Spitzen nach dem Ende der Legeröhre zeigen. Die Ränder 
sämtlicher Anhänge sind an ihrem hinteren Ende konvex. 


1. Widerlegung der älteren Theorien. 


Diese genaueren Untersuchungen des anatomischen Baues der 
Legeröhre der Bremsenfliege, welche im Jahre 1846 durch N. Jory be- 
schrieben sind, und die exakten Beobachtungen beim Schwärmen des 
Insektes beweisen, übereinstimmend mit den von CLARK und BRAUER 
gegen MEIGEN angeführten Gründen, daß die Auffassung MEIGENs von 
dem Legeakt der Hypoderma bovis schon dem damaligen Standpunkte 
der Wissenschaft nicht mehr entsprach. 


a. Die Theorie MEIGENSs. 


Nur bei oberflächlicher Betrachtung und infolge ungenügender 
Beobachtungen während der Schwärmzeit dieser Fliege war es möglich, 
daß Meıgen die Legeröhre des Weibchens von Hypoderma bovis als 


650 Hermann Jost, 


einen runden Hohlbohrer betrachtete, dem es wegen seiner Form und 
der Fähigkeit, die einzelnen Glieder vor- und zurückzuschieben, mög- 
lich sei, die Haut der Weiderinder zu durchbohren, um als- 
dann auf dem Grunde des Bohrkanals oder in demselben 
reife Eier abzulegen. 

Das unter dem Namen »Biesen« bekannte wilde Gebahren der 
Weiderinder beim Herannahen des Insekts wurde von den Anhängern der 
alten Theorie alsinstinktive Furcht vordem bevorstehenden Schmerz, den 
das Hypoderma bovis-Weibchen beim Einstechen in die Haut verursachen 
sollte, gedeutet und sprach, wenn auch nur scheinbar, der Erklärung 
MEIGEns das Wort. — Diese Deutung des Verhaltens der Weidetiere 
erscheint aus den verschiedensten Gründen nicht ganz richtig. Da die 
Hypodermenfliegen nicht stechen, aber in der gleichen Weise summen, 
wie andre wegen ihres Stiches gefürchtete Insekten, läßt sich die Furcht 
der Weidetiere beim Hören dieses Tones viel leichter erklären. Würde 
die Fliege stechen, dann müßte die mittels der Legeröhre — eines 
derartig ungeeigneten Instruments — ausgeführte Verwundung wäh- 
rend der ganzen Dauer des Legeaktes eine außerordentliche Schmerz- 
haftigkeit hervorrufen, welche das gequälte Tier zu sofortigen Schmerz- 
äußerungen und energischen Gegenmaßnahmen, wie Scheuern, Aus- 
schlagen, Wälzen usw., veranlaßten. In bezug hierauf ist aber durch 
fortgesetzte, mühevolle Beobachtungen gerade das Gegenteil von dem 
vorher Gesagten festgestellt, nämlich daß das Weidetier nur solange 
die bekannte Unruhe und Angst zeigt, als das Summen das Herannahen 
der Bremsenfliege ankündigt; sobald sich das Insekt auf der Körper- 
oberfläche des Rindes niedergelassen hat, äußert das letztere weder 
Schmerzempfindung, noch verrät es die geringste Unruhe, — sichere 
Zeichen dafür, daß der Legeakt ohne tätlichen Eingriff in die Haut, und 
ohne Schmerz zu verursachen, stattfindet. Bislang sind auch trotz der 
sorgfältigsten Untersuchungen von keinem Forscher Veränderungen auf 
der Haut der Weiderinder, — Anschwellungen, Verwundungen, Blut- 
austritte und Schorfbildung — wie man sie häufig nach Insektenstichen 
sieht, unmittelbar nach dem Schwärmen der ‚Fliege beobachtet worden. 

Der bei obiger Auffassung nach dem Legeakt zurückbleibende 
Bohrkanal, dessen Ränder infolge der eigenartigen Beschaffenheit des 
Bohrers unrein, d. h. zerfetzt sein müßten, wäre alsdann die geeig- 
netste Eingangspforte für Mikroorganismen, die, begünstigt durch den 
Schmutz und die Secrete der Haut, eine heftige Eiterung veranlaßten. 
Auch die Eier selbst verursachten sehr bald als Fremdkörper in der 
Subeutis einen ständigen Reiz, der zur Entzündung des umliegenden 


Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 651 


Gewebes und allmählich zur bindegewebigen Abkapselung der Eier — 
ähnlich der späteren Dasselbeule — führen müßte. Die nach dieser 
Richtung hin vorgenommenen Untersuchungen an Weidetieren, welche 
von Dasselfliegen heimgesucht waren, haben gleichfalls stets ein nega- 
tives Resultat gehabt. 

Abgesehen von der Konstruktion der Endteile der Legeröhre, 
welche zum Bohren durchaus ungeeignet ist, macht es die dornenbesetzte 
Oberfläche einzelner Teile derselben der Bremsenfliege ganz un- 
möglich, in die außerordentlich widerstandsfähige und ungewöhnlich 
dicke Cutis einzudringen. Wollte man es aber dennoch annehmen, dann 
müßte zu dieser Verrichtung — zum Legeakt — in Anbetracht aller der 
erwähnten ungünstigen Umstände eine sehr lange Zeit erforderlich sein. 
Im Gegensatz hierzu stehen die zuverlässigen Beobachtungen GREVES, 
nach welchen das Weibchen das Legegeschäft ohne großen Zeitaufwand 
besorgt, jedenfalls nicht solange auf der Oberfläche des Tieres verweilt, 
um die Haut durchbohren zu können. GREVvE gibt an, daß die Bremsen- 
fliege beim Schwärmen einige Zeit über dem Weidetier schwebt, sich 
dann rasch niederläßt und ihre Eier ablegt. Diesen Akt soll sie etwa 
12 mal innerhalb einer halben Stunde wiederholen. 

Erwähnt sei außerdem, daß die Legeröhre von Hypoderma bovis 
in vollständig ausgestrecktem Zustande nur eine Länge von 4-5 mm 
hat, die Dicke der Rinderhaut aber etwa 10mm beträgt; ein Eindringen 
der Legeröhre bis zur Subeutis ist somit auch aus diesem Grunde gänz- 
lich ausgeschlossen. Noch unwahrscheinlicher wird diese Theorie, wenn 
man berücksichtigt, daß gerade die Partien der Haut, welche sich das 
Weibchen nach MEıGEns Meinung zum Legeakt auswählt, — Rücken, 
Lende und Kruppe —, das sog. Kernleder liefern, also am dicksten und 
widerstandsfähigsten sind. Abgesehen davon, daß sich an diesen Stellen 
das Rind am leichtesten mittels seines Schwanzwedels lästiger Fliegen 
erwehren könnte, hat die Beobachtung zuverlässiger Forscher ge- 
lehrt, daß sich die Bremsenfliege gar nicht an den von MEIGEN er- 
wähnten Körperstellen, an welchen später die Larven in den Dasselbeulen 
zum Vorschein kommen, zum Legeakt während des Schwärmens nieder- 
läßt, sondern an weit von diesen Stellen entfernt liegenden Körper- 
teilen, an den Beinen, Fersen usw., ihre Eier ablegt. 

Form und Bau der Anhängsel der Legeröhre von Hypoderma bovis 
deuten in Übereinstimmung mit den beim Schwärmen der Fliege ge- 
machten Beobachtungen bestimmt darauf hin, daß die Aufgabe der 
Enndteile, speziell die der Zangen, lediglich darin besteht, das beim Lege- 


akt aus dem Mittelstück — dem Löffel (Textfig. 2 c) — austretende Ei 
Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. 43 | 


652 Hermann Jost, 


so lange festzuhalten, bis der passende Augenblick zum Ablegen desselben 
gekommen ist. Zur Bestätigung hierfür sei angeführt, daß BRAUER 
bei einem während des Schwärmens eingefangenen Hypoderma bovis- 
Weibchen beobachtete, wie es ein aus der Legeröhre bereits ausgetretenes 
Ei mit den Zangenästen festhielt. 

Wenn trotzalledem die Meıgensche Theorie richtig wäre, dann 
müßten jedenfalls in den Monaten direkt nach dem Schwärmen der 
Fliege — von Juni bis November — entweder Eier oder ausgeschlüpfte 
Larven im jugendlichsten Stadium in großer Zahl in der Subeutis 
gefunden werden; um so mehr müßte dies der Fall sein, als MEıGEN die 
aktive Wanderungsfähigkeit der jungen Larven nicht kannte, sondern 
von denselben im jüngsten Stadium ebenso wie BRAUER einen monate- 
langen Ruhezustand unter der Haut — im subcutanen Gewebe — 
voraussetzte. Diesbezügliche Befunde sind aber bislang nicht gemacht 
worden. Die sehr wenigen Ausnahmefälle von dem Auffinden ganz 
vereinzelter junger Larven der Hypoderma bovis in der Subcutis des 
Rindes vom Monat November an können nicht als Unterlage hierfür 
betrachtet werden. | 

Den schlagendsten Beweis gegen MEIGENs Annahme liefert die in 
den letzten Jahren gemachte Beobachtung, daß nach dem Schwärmen 
der Fliege Monate hindurch die jungen Larven in den verschiedensten 
innersten Körperteilen, wohin sie nur per os des Rindes gelangen können, 
regelmäßig und zahlreich gefunden werden. 

Hätte das Hypoderma bovis-Weibchen die Aufgabe, mittels Ein- 
bohrens seine Bier in die Subeutis des Rindes zu betten, dann wäre ihm 
zur Erfüllung seiner Mutterpflichten — zur Erhaltung seiner Art — auch 
die erforderliche Ausrüstung zuteil geworden; so weist uns aber nicht 
nur die beim Schwärmen der Fliege gemachte Beobachtung und der 
Bau der Legeröhre, sondern auch die eigenartige Beschaffenheit des 
Eies dieses Insektes auf eine ganz andre Deutung des Legeaktes hin. 


b. Die Theorie BRAUERS. 


Nach BRAUER, JoLy u.a. sind die Eier der Hypoderma bovis von 
länglicher, elliptischer und flachgedrückter Form (Textfig. 3). Sie haben 
eine Länge von 1,25 mm und sind von einer dicken, widerstandsfähigen 
Schale umgeben. Die Farbe der Eier ist weiß, im höchsten Reifestadium 
sieht man die im Ei eingebettete Larve durchscheinen. Am hinteren 
Eipole befindet sich ein dicker, bräunlicher und klebriger Anhang, der 
nach BRAUER in der Mitte eine Längsfurche hat und nach RıLry aus 
zwei Lappen — den Haftapparaten — besteht (Textfig. 3 a). 


Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 653 


Mit Hilfe der beim Schwärmen der Fliege gemachten Beobach- 
tungen stützen CLARK und BRAUER auf diesen eigentümlichen Bau der 
Eier den ersten und bislang auch unbestrittenen Teil ihrer Theorie, 
nach welchem die Bremsenfliege Eier legt und diese Eier 
während des Legeaktes an die Haut oder Haare der Weide- 
tiere klebt. Auch die späteren Beobachtungen haben dies bestätigt 
und des weiteren gelehrt, daß das Weibchen von Hypoderma bovis mit 
Vorliebe seine Eier an die Haare der Beine, der Keulen, 
der Weichen und der unteren Bauchgegend der Weide- 
tiere befestigt. Die Bauart und die Struktur der Eier unter- 
stützen diese Beobachtung in vollem Maße. Der am hin- 
teren Pole des Eies befindliche Aufsatz (Textfig.3a) tritt, 
wie von BRAUER durch das Ausdrücken eines Bierstockes 
festgestellt worden ist, beim Eierlegen zuerst aus der 
Legeröhre und ist infolge dieses Umstandes, besonders 
aber mit Hilfe seiner zweilappigen, klebrigen Beschaffen- 
heit ganz dazu geeignet, sich um die Haare zu legen und 
daran festzuheften. Die Festigkeit der Eihülle, welche 
das Ei gegen von außen einwirkende Schädlichkeiten Textfig. 3. 
hinreichend zu schützen vermag, und die Ähnlichkeit a 
der Eier von Hypoderma bovis mit den Gastrophrlus-Eiern, 
welche man immer an die Haarspitzen geklebt findet, bekräftigen die 
Richtigkeit der BrAauzrschen Auslegung. Berücksichtigt man hierbei 
noch den Bau der Legeröhre der weiblichen Fliege und die Kürze der 
Zeit, welche dieselbe beim Legeakt auf dem Wohntiere verharrt, dann 
wird auch der letzte Zweifel an der Richtigkeit dieses ersten Teiles 
der BrAuzrschen Theorie schwinden müssen. 

Zur Zeit des Schwärmens bzw. beim Legeakt ist die Larve in 
der Eihülle bereits vollständig entwickelt. Verschiedene Beobachter 
wollen sogar in einigen Fällen gesehen haben, daß die junge Larve 
im direkten Anschluß an den Legeakt aus ihrer Hülle schlüpfte, 
ja sogar ohne Eihülle geboren wurde. Dies sind jedoch seltene Aus- 
nahmen. Zuverlässige Beobachtungen über die Zeit, innerhalb welcher 
aus den an die Haardecke der Wohntiere geklebten Eiern die Larven 
schlüpfen, fehlen bislang, auch ist es noch keinem Forscher gelungen, 
aus den Eiern, mit welchen die verschiedensten Versuche gemacht 
worden sind, Larven zu züchten. Während einerseits die Festigkeit und 
Stärke der Eihaut mit aller Wahrscheinlichkeit darauf hindeuten, daß 
die Bier, bevor die Larven ausschlüpfen, vielleicht längere Zeit äußeren 
Einflüssen ausgesetzt sein mögen, die sie ohne diesen Schutz vernichten 

43* 


654 Hermann Jost, 


würden, legt anderseits der bei der Eiablage bereits vollentwickelte 
Zustand der Larven die Vermutung nahe, daß die letzteren sich schon 
in ganz kurzer Zeit ihrer Eihülle entledigen können. Faßt man beide 
Gesichtspunkte zusammen, dann wird man zu der Meinung kommen 
müssen, daß im Falle der Einwirkung der erforderlichen günstigen Um- 
stände die Larve sehr bald das Ei verläßt, in Ermangelung derselben aber 
das Ei durch seine dicke Schale auch geeignet sein wird, ohne Schaden 
solange an den Haaren haften zu können, bis sich die für das Ausschlüpfen 
der Larve notwendigen Bedingungen einstellen. BRAUER sagt hierüber, 
daß mit dem Eierlegen eine Periode des Lebens der Hautbremsen be- 
sinnt, welche in völliges Dunkel gehüllt ıst, und hinsichtlich der jungen, 
eben ausgeschlüpften Larven bemerkt er, daß es Aufgabe der zukünf- 
tigen Untersucher sei, diese auf ihrer ersten Wanderung zu überraschen. 


Trotzdem BRAUER in seiner Beschreibung der Oestriden zugesteht, 
daß ihm das erste Stadium und seine Dauer von der Larve der Hypo- 
derma bovis unbekannt geblieben sei, nimmt er an, daß das Aus- 
schlüpfen der Larve aus dem Ei auf der Körperoberfläche 
des Wohntieres erfolgt, und daß diese jüngsten Larven als- 
dann die Haut durchbohren, um in das subeutane Gewebe, 
ja bis in die Hautmuskeln und bis in die Fascien der ober- 
flächlichen Rückenmuskeln zu gelangen. Die durchbohrte 
Hautstelle soll sich nach seiner Ansicht sehr bald wieder spurlos schließen, 
die Larve selbst aber im Unterhautbindegewebe in Ruhe und vorerst 
ohne jede Weiterentwicklung die längste Zeit ihres Lebens, etwa 7 bis 
8 Monate, verbleiben. Eine Irritation des Gewebes finde, da die Larve 
nicht wandere, sondern an der Einbohrstelle liegen bleibe und außerdem 
fast nackt sei, also eine glatte Oberfläche habe, nicht statt. 

Da BRAVER diese Wahrscheinlichkeitstheorie von dem Entwick- 
lungsgang der Larve von Hypoderma bovis vorwiegend mit dem ana- 
tomischen Bau der ihm bereits bekannten Larve des ersten Stadiums 
von Hypoderma Diana, welche beim Hirsche und Rehe vorkommt, 
begründet, muß zum besseren Verständnis der BrAuverschen Schluß- 
folgerungen eine kurze Beschreibung der von ihm angezogenen Teile 
dieser Larve vorausgeschickt werden. | 

BRAUER stützt seine Theorie in erster Linie auf die Beschaffenheit 
des Mundapparates der Larve, dem er mit Recht die Fähigkeit zu- 
schreibt, Gewebe durchbohren zu können. Die Mundwerkzeuge sitzen 
am vordersten Gliede der etwa 14 mm langen Larve. Die ventralwärts 
gelegene Öffnung für den Mund ist trichterförmig, oben ragt ein gerader 


Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 655 


Spieß heraus, der auf einem im Schlunde verborgenen, queren Chitin- 
balken ruht. Neben dem Spieß liegt außerhalb zu beiden Seiten je ein 
Haken, welcher rechtwinklig gebogen ist, und dessen freie Spitze nach 
außen und unten sieht. Diese beiderseitigen Haken können so bewegt 
werden, daß sie mit dem Spieß in der Mitte parallel stehen und als eine 
Spitze verwendbar sind. BRAUER zieht aus dem Bau dieser Mundteile 
den Schluß, daß, sobald die Haken mit dem Spieß parallel nach vorn 
gerichtet sind, ein Einstechen möglich sei, und daß, nachdem der Ein- 
stich geschehen, durch Abbiegen der Haken vom mittleren Spieß ein 
Rückschreiten verhindert und ein Vorschieben der Larve veranlaßt 
werde. Weiter müsse hierbei berücksichtigt werden, daß die Larve 
in dieser Entwicklungsperiode fadendünn sei, wodurch das Eindringen in 
die Haut erleichtert werde. Das Einbohren soll im Spätsommer, jeden- 
falls aber noch vor dem Herbsthaarwechsel der Tiere stattfinden. 
BrAuvER fand 7—8 Monate nach dem Schwärmen der Fliege Larven 
von Hypoderma Diana frei — also nicht eingekapselt — ım Unterhaut- 
zellgewebe und Hautmuskel eines Rehes. In der Nähe des Analendes 
der Larven zeigte weder die Haut noch die Fascie des Muskels eine 
Öffnung. Diesen Befund zieht BRAUER irrtümlich mit zur Begründung 
seiner Annahmeheran. Einige eifrige Anhänger seiner Lehre wollen außer- 
dem noch beobachtet haben, daß die Aypoderma bovis-Fliege instinktiv 
_ dünnhäutige Weidetiere, bei welchen die Bohrtätigkeit für die schwache 
Larve viel leichter sei, zur Erhaltung ihrer Art aussuche. 

Dies ist der zweite Teil der Lehre BRAUERs, dem sich alle nam- 
haften Gelehrten mit nur geringen Meinungsverschiedenheiten (STRICKER, 
BoAs usw.) angeschlossen hatten, und der auch nahezu allgemein fast 
bis zum Ende des vorigen Jahrhunderts als richtig anerkannt wurde. 

So einwandsfrei der erste Teil der Brauzrschen Theorie erscheint, 
so viele Gegengründe und Gegenbeweise lassen sich seinen weiteren 
Schlußfolgerungen, die er aus dem Entwicklungsgange der Larve von 
Hypoderma Diana zieht und auf die ihm gänzlich unbekannte Larve des 
ersten Stadiums von Hypoderma bovis überträgt, entgegenstellen. Ganz 
abgesehen davon, daß der Lebensgang von Hypoderma Diana auch 
noch mancher Klarstellungen bedarf, BRAUER sich also auf zum Teil 
unsichere Voraussetzungen stützt, bringt er für seine Mutmaßungen 
über den Aufenthalt des jüngsten Stadiums der Larve von Hypoderma 
bovis weder durch Versuche noch durch Beobachtungen irgendwelche 
überzeugende Beweise. 

Vorerst erscheint es nicht nur fraglich, sondern, wie aus dem später 
Gesagten hervorgehen wird, sogar höchst unwahrscheinlich, daß die 


656 Hermann Jost, 


Larven von Aypoderma bovis auf der Körperoberfläche der Wohntiere 
aus den Eihüllen schlüpfen. Schon der Umstand, daß es trotz der 
häufigen und eifrigsten Bemühungen weder ihm, dem bedeutendsten 
Forscher auf diesem Gebiete, noch einem andern bislang gelungen ist, 
junge Larven auf der Körperoberfläche von Weidetieren zu entdecken, 
obgleich sie sowohl wegen ihrer Größe als auch ihrer großen Zahl, welche 
durch die massenhafte Eiablage — angeblich vier bis fünf Eier an einem 
Haare — bedingt ist, bei sorgfältiger Untersuchung schon dem bloßen 
Auge nicht hätten entgehen können, läßt es als wahrscheinlicher er- 
scheinen, daß die Larven nicht auf der Hautfläche der Rinder aus den 
Eiern schlüpfen. — Eine gewisse Bestätigung findet diese Annahme 
dadurch, daß bisher alle Versuche, die Eier der Bremsenfliege künstlich 
— vielleicht würde man besser sagen außerhalb des Körpers der Wohn- 
tiere — zur Larvenentwicklung zu bringen, fehlgeschlagen sind. Einige 
von mir zur Begründung der neuesten Auffassungen über den Lebens- 
gang des ersten Stadiums der Hypoderma bovis-Larve ausgeführte Ver- 
suche, die ich später eingehend beschreiben werde, geben einen Anhalt 
dafür, daß auf der Haardecke des Rindes manche Bedingungen fehlen, 
welche zur Entwicklung der Larve aus dem Ei erforderlich erscheinen. 
Weist uns schon die widerstandsfähige Eihülle darauf hin, daß das Eı 
hinreichend ausgerüstet ist, um ohne Einbuße abwarten zu können, bis 
der Moment kommt, der es in das zu seiner Weiterentwicklung geeig- 
nete Medium bringt, so gibt uns einen weiteren diesbezüglichen Finger- 
zeig die neuerdings hervortretende Auffassung über die im Inneren 
des Wohntieres stattfindende Entwicklung der den Bremsenlarven ver- 
wandten Gasirophilus-Larven aus dem Ei. Wir werden vermutlich nicht 
die Haut und Haardecke, sondern ganz andre Körperteile der Wirte 
als die Stellen zu betrachten haben, welche für die Entwicklung der 
Larve aus dem Ei geeignet sind. 

Wenn auch zugegeben werden kann, daß die Larven mittels ihrer 
Mundwerkzeuge befähigt sind, sich in Gewebe einzubohren, so muß doch 
bezweifelt werden, daß diese Fähigkeit der jüngsten Larven so weit geht, 
um die außerordentlich widerstandsfähige Cutis der Rinder durch- 
dringen zu können, und zwar an den Hautstellen, die am dicksten und 
festesten sind. Obgleich man einen ähnlichen Vorgang bei den neu- 
geborenen Larven der Gattung Oestromyia, welche die Dasselkrankheit 
der Mäuse verursacht, beobachtet hat, so lassen sich aus dieser Beob- 
achtung doch nicht ohne weiteres die gleichen Konsequenzen für den 
Entwicklungsgang der jungen Larven von Hypoderma bovis ziehen. 

Daß die Bremsenfliege, damit die Larve sich leichter einbohren 


Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 657 


kann, vorwiegend dünnhäutige Tiere zur Eiablage auswählt, ist zwar 
eine etwas eigenartige Behauptung, sie wird aber dessenungeachtet von 
einigen Anhängern der Brauzrschen Theorie angeführt. Das Resultat 
der von mir zur Aufklärung dieser Frage an nahezu 1000 Rinderfellen 
in den Häutesalzereien der Schlachthöfe zu Leipzig und Göttingen vor- 
genommenen Untersuchungen stimmt mit obiger Mutmaßung nicht 
überein. Die Dasselbeulen finden sich nicht nur in gleicher Zahl sowohl 
bei dünnhäutigen als auch bei diekhäutigen Tieren, sondern sind wie 
immer am zahlreichsten an den dicksten Hautstellen — Rücken- und 
Lendengegend — vorhanden. Das häufigste Vorkommen der Dassel- 
beulen gerade an diesen Stellen spricht gleichfalls gegen das Einbohren 
der jüngsten Larven in die Haut, denn nach den schon früher angeführten 
Beobachtungen setzt die Bremsenfliege ihre Eier gar nicht an diesen 
Körperteilen, sondern an den weit davon entiernt gelegenen Weichen, 
Beinen usw., ab, demzufolge müßten die jungen Larven entweder auf 
der Oberfläche bzw. Haardecke des Tierkörpers bis zur Lendenpartie 
wandern und dann hier in die Haut eindringen, oder sie wären genötigt, 
sich sofort an der Legestelle in die Haut einzubohren und subcutan 
den weiten Weg bis zum Rücken zurückzulegen. Das erstere ist kaum 
möglich und nie beobachtet worden, das letztere aber, da man weder 
direkt noch innerhalb der nächsten Monate nach der Schwärmzeit 
Larven oder Larvenspuren in der Subcutis entdeckt hat, höchst unwahr- 
scheinlich. Da der Bohrakt mit Rücksicht auf die zarten Mundwerk- 
zeuge der jüngsten Larven ganz gewiß längere Zeit in Anspruch nehmen 
würde, müßten nach der Schwärmzeit der Bremsenfliege die Larven 
auf der Haut oderim Bohrkanal der Haut unbedingt zu finden sein. Der- 
artige Wahrnehmungen sind aber noch nicht gemacht worden. Selbst 
wenn man während der Schwärmzeit durch Beobachtung den Zeitpunkt 
des Ablegens der Eier genau feststellen konnte, so kam doch nach 
diesem Akt eine Zeit von etwa 6 Monaten, innerhalb welcher der Parasit 
ganz und gar verschwunden war. BRAUER nennt diese Periode das 
Stillstandsstadium der Larve. Da derselbe weiter annımmt, dieser 
Ruhezustand finde im subeutanen Gewebe der Wohntiere statt, so 
müßten doch innerhalb dieser langen Zeit unter allen Umständen 
hier Larven vorhanden sein. Dies ist jedoch auch nicht der Fall. 
Wenn BRAUER zur weiteren Begründung seiner Auffassung anführt, 
die jüngste Larve von Hypoderma bovis sei wahrscheinlich wie die von 
Hypoderma Diana nackt und könne infolgedessen leicht und ohne 
Irritation des sie umgebenden Gewebes in die Subeutis zur Ruhelage 
eindringen, so sind dies gleichfalls Irrtümer, die neben den bereits be- 


658 Hermann Jost, 


sprochenen durch die Begründung der neuen Theorie in der Weise 
berichtigt werden, daß die jüngsten Larven von Hypoderma 
bovis nicht die Haut der Wohntiere durchbohren, sondern 
durch eine andre Eingangspforte in die innersten Organe 
derselben eindringen, daß sieim ersten Stadium nicht ruhen, 
sondern zu ihrer Selbsterhaltung wandern müssen, daß sie 
im Anschluß an die Schwärmzeit nicht im subcutanen Ge- 
webe, sondern an ganz andern inneren Körperstellen zu 
finden sind, daß ihre Oberfläche nicht nackt, sondern voll- 
ständig bedornt ist, und daß sie auf ihrer Wanderung die 
Gewebe in der heftigsten Weise irritieren. 


 @. Die Modifikationen der Lehre BRAUERS von STRICKER und 


Boas. 


STRICKER modificiert das Eindringen der jüngsten Larven in die 
Haut in der Weise, daß er auf Grund seiner mikroskopischen Unter- 
suchungen der Dasselbeulenwandungen annimmt, die Hypodermenbrut 
benutze als Weg durch die Haut physiologische Vorgebilde, nämlich 
die Haartaschen, die sich mit Hilfe der Hypertrophie ihrer Wände all- 
mählich der Entwicklung der Larve anpaßten. BRAUER selbst zieht 
diese Modifikation in Zweifel, denn er hält die Haartaschen zum ersten 
Sitz der immerhin einige Millimeter großen Hypoderma-Larven für 
viel zu klein und meint weiter, daß es wegen der Größe der Larven bei 
dem dicht gedrängten Stand der Haartaschen nicht zu vermeiden sei, 
wenn die eine oder andre Haartasche zufällig mit in den Bereich des 
Bohrkanals gezogen werde. Gelegentlich der Beschreibung der Dassel- 
beulen (S. 702) werde ich auf die Darlegungen STRICKERS noch einmal 
zurückkommen und mit Hilfe meiner mikroskopischen Befunde deren 
Haltlosigkeit näher zu begründen suchen. 

Boas stellt sich im allgemeinen gleichfalls auf den Standpunkt 
BRAUERSs, weicht jedoch darin ab, daß er nicht unbedingt an dem Still- 
standsstadium der jüngsten Larven von Hypoderma bovis in der Sub- 
cutis festhält, sondern zugibt, daß ausnahmsweise die Larven sowohl 
im subeutanen Gewebe als auch nach tiefer gelegenen Stellen des Wohn- 
tierkörpers wandern können. Diese abweichende Meinung von Bo4As 
neigt schon ein wenig den neueren Anschauungen über die aktive Wan- 
derung dieses Larvenstadiums zu; soweit Boas aber den Auffassungen 
BrAuErs über das Eindringen der Parasiten in die Haut huldigt, gelten 
zu deren Widerlegung die bereits angeführten Gründe. 


Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 659 


2. Die neueren Forschungen mit ihren Schlußfolgerungen über die 
Wanderung der Larve von Hypoderma bovis im Körper des Rindes. 


Die Ergebnisse der exakten Fleischbeschau vom Jahre 1884 bis 
jetzt haben die Hypothese BRAUERs mit all’ ihren Modifikationen über 
den Entwicklungsgang der Larve von Hypoderma bovis stark ins Wanken 
gebracht und zum großen Teil die Aufgabe, welche BRAUER selbst an 
die zukünftigen Untersucher stellte, erfüllt; denn durch dieselben wird 
das Dunkel, in welches bislang die jugendlichste Form der Hypoderma 
bovis-Larve gehüllt war, immer mehr gelichtet und über den Entwicklungs- 
gang dieser Larve im ersten Stadium eine Auffassung angebahnt, deren 
Richtigkeit durch das von Tag zu Tag zunehmende Beweismaterial 
weiter bestätigt wird. 

Zur Vervollständigung des Bildes von der Metamorphose der Hypo- 
dermen-Larven erinnere ich kurz an folgende Tatsachen. DieHäutung 
der Larven vollzieht sich, während sie als Parasiten im Wohntiere 
leben, zweimal, und, diesen Häutungen entsprechend, unterscheidet 
man dreierlei Larvenformen oder Stadien. An den Verschiedenheiten 
in bezug auf Größe, Aufenthaltsort, Bau, Farbe und Körperoberfläche 
lassen sich die einzelnen Stadien voneinander unterscheiden. Die Häu- 
tung der Hypodermenlarven soll in der Weise vor sich gehen, daß sich 
die alte Haut nicht gegen das Hinterende, sondern gegen das Kopfende 
hin zusammenschiebt und dann zusammengefaltet abfällt. Das erste 
Stadium beginnt mit dem Ausschlüpfen der Larve aus dem Ei und 
endist nach etwa 7—8 Monaten mit der ersten Häutung. Das zweite 
Stadium hat eine Zeitdauer von etwa 1 Monat. In dem nach der zweiten 
Häutung folgenden dritten Stadium erreichen die Larven ihre volle 
Größe und nehmen zuletzt eine ganz veränderte Farbe an. In diesem 
Stadium verbleibt die Larve etwa 2—3 Monate, alsdann verläßt sie das 
Wohntier und verwandelt sich innerhalb der nächsten 2—3 Tage in die 
Puppe oder Tonne. Nachdem dieselbe ungefähr 30 Tage in der Erde 
zugebracht hat, entwickelt sich aus ihr die bereits beschriebene Bremsen- 
fliege. 


Durch die mit der Fleischbeschau verbundenen Untersuchungen 
der einzelnen Gewebe und Organe des Tierkörpers sind innerhalb der 
letzten 20 Jahre in zahlreichen Fällen von HınrıcHhseEn, HoRNE, 
CuRrTIcE, JENSEN, RUSER, KOOREVAAR, NEUMANN, SCHNEIDEMÜHL 
und KocH je nach dem Zeitpunkte der vorgenommenen Unter- 
suchung in und an der Oesophaguswand, am Mageneingang, unter 


660 Hermann Jost, 


dem Brust- und Bauchfell, in der Milz und der Nierenkapsel, im Fett 
zwischen Dura mater und dem Periost des Wirbelkanals der Weide- 
rinder junge Larven gefunden worden, die zu weiteren Forschungen, 
speziell aber wegen ihrer Ähnlichkeit zu einem Vergleich mit den bereits 
bekannten ersten Stadien andrer Hypodermenlarven herausforderten. 
Bevor ich auf die Ergebnisse meiner eignen diesbezüglichen Unter- 
suchungen näher eingehe, lasse ich vorerst eine kurze Inhaltsangabe der 
neueren Veröffentlichungen und der von den angeführten Autoren daraus 
gefolgerten Schlüsse über den Entwicklungsgang der Larve vorangehen. 
Bereits im Jahre 1884 fand Kreistierarzt HıInRicHsen in Husum im 
subperiostalen Fett des Wirbelkanals eines Ochsen einen an dieser 
Stelle bislang gänzlich unbekannten Parasiten in Form einer Larve. 
Dieselbe lag nach seiner Angabe vollkommen frei im Fettgewebe, und 
ihre Umgebung zeigte im Gegensatz zu den späteren Beobachtungen 
andrer Forscher keine pathologischen Veränderungen. Eine nähere 
mikroskopische Beschreibung dieser Larve gibt HINRICHsEN nicht, er 
beschreibt nur seinen makroskopischen Befund, zieht aber schon damals 
die bisherige Anschauung über den Lebensgang der Larve von Hypo- 
derma bovis in Zweifel. Eine vollständig neue Ansicht über die Ent- 
wicklung dieser Larve wurde erst angebahnt, als HinRIcHsen nach 
wiederholten Befunden und Untersuchungen trotz manches Wider- 
spruches im Jahre 1888 behauptete, daß es sich hier um das bisher 
unbekannte erste Stadium der Larve von Hypoderma bovis handle. Er 
stützt seine Annahme vorwiegend auf ein angebliches Urteil von BRAUER 
und begründet dieselbe außerdem mit Hilfe der Ähnlichkeit dieses 
Parasiten mit der Larve von Hypoderma bovis im zweiten Stadium 
des weiteren damit, daß die Zahl der im Wirbelkanal zu findenden 
Larven mit der Zahl der später auftretenden Dasselbeulen nahezu über- 
einstimmt und zuletzt mit dem Zeitpunkte des Auftretens dieses Schma- 
rotzers im Fett des Wirbelkanals. HıwricHsen zieht alsdann den wei- 
teren Schluß, daß die Eier bzw. die dem Ei entschlüpften Larven durch 
die Maulhöhle, den Magen und den Darm ihres Wirtes nach dem Wirbel- 
kanal gelangen, um nach 5 bis 6 monatelangem Aufenthalt daselbst 
bis unter die Haut zu wandern. Zu dieser Wanderung sollen die seit- 
lichen Wirbellöcher als willkommene Durchgangsöffnungen benutzt 
werden. | 
Eine teilweise Begründung findet diese Auffassung durch seine 
Befunde. Offen bleiben die Fragen, ob es die Eier oder die Larven sind, 
welche das Wohntier aufnimmt, wo sie sich zuerst im Verdauungskanal 
festsetzen, welchen Weg die Larven zu ihrer Wanderung nach dem 


Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 661 


Wirbelkanal einschlagen und welche Gewebe der Parasit, nachdem er 
die Wirbellöcher verlassen hat, durchquert, um zur Subcutis zu ge- 
langen. Außerdem hat HiINnRIcHsen nicht zweifellos nachgewiesen, 
daß es sich bei seinen Befunden um das erste Larvenstadium von 
Hypoderma bovis handelt. 

Als zweiter auf dem Gebiete dieser Forschungen erscheint HoRNE- 
Christiania, der unabhängig von Hrnrichsens Beobachtungen im Jahre 
1894 nicht nur im Wirbelkanal, sondern auch subserös in der Brust- 
und Bauchhöhle und in einzelnen darin gelegenen Organen das Vor- 
handensein ähnlicher Larven innerhalb kürzerer oder längerer Zeit nach 
dem Schwärmen der Bremsenfliege festgestellt hat. Er beschreibt mit 
Hilfe mikroskopischer Untersuchungen eingehender als HINRICHSEN 
die Larve, welche nach seinen Beobachtungen weitgehende Wande- 
rungen im ganzen Tierkörper macht, den Wirbelkanal aber als normalen 
Aufenthaltsort wählt. Von hier aus sollen die Schmarotzer durch die 
Wirbellöcher zwischen den Dornfortsätzen, den Muskeln und den Apo- 
neurosen nach dem Unterhautbindegewebe ihren Weg nehmen. Die 
angeblich von ihm in diesen Geweben gefundenen Larvengänge und 
die ödematöse Beschaffenheit der Rückenmuskulatur haben HorneE zu 
dieser Annahme geführt. Der Hınrıcasenschen Invasionstheorie der 
Larve per os kann er nicht beistimmen, sondern er neigt zu der Ansicht, 
daß die Larven durch die Haut in den Körper des Wohntieres eindringen 
und begründet dies mit dem häufigen Auffinden derselben im Binde- 
gewebe, Fettgewebe oder längs der Fascien, die mit der Haut und dem 
subeutanen Gewebe in Verbindung stehen. 

Die Frage über das Eindringen der Larve in den Tierkörper beant- 
wortet HoRNE demnach mit der bekarinten BrAuzzschen Theorie, läßt 
dagegen unaufgeklärt, auf welche Weise die Larve zur Schlundwand 
und von derselben zum Wirbelkanal gelangt. Die von ihm gegebene 
Beschreibung der Larve gibt keine Gewißheit darüber, daß es sich 
tatsächlich um das erste Stadium von Hypoderma bovis handelt. 

CoOPER-CURTICE, der sich speziell mit der Erforschung der in 
Amerika bei Weiderindern vorkommenden Hypoderma lineata beschäf- 
tigte, und JENSEN waren diejenigen, welche zuerst auf das Vorkommen 
kleinster Larven in der Oesophaguswand von Weidetieren aufmerksam 
machten. Der erstere fand im Herbste des Jahres 1890 die Parasiten 
zwischen der Schleimhaut und der Muskelhaut des Schlundes, Ende 
Februar waren dieselben samt den durch sie verursachten entzündlichen 
Veränderungen aus demselben verschwunden und zeigten sich nunmehr 
unter der Rückenhaut. — Er folgert aus seinen Beobachtungen, daß 


662 | Hermann Jost, 


die Eier oder die Larven verschluckt werden, und die von ihrer Eihülle 
befreiten Larven alsdann von der Schlundwand aus zur Rückengegend 
wandern. 

Auch CurTIcE, dessen Angaben sich nicht auf Hypoderma bovis, 
sondern auf Hypoderma lineata beziehen, weshalb sie auch nur 
unter Vorbehalt hier zu verwerten sind, kommt nicht über die Frage 
hinaus, ob und wie das Ei oder die bereits ausgeschlüpfte Larve in 
das Innere des Wohntieres gelangt und von ihrem ersten Sitz, der Speise- 
röhre, aus unter die Haut der Rücken- und Lendengegend wandert. 

Ruser-Kiel hat im Jahre 1895 auf HinRIcHsEns Anregung gleich- 
falls diesbezügliche sehr exakte Untersuchungen bei geschlachteten 
Weidetieren vorgenommen und dabei im epiduralen Fett des Wirbel- 
kanals, welches an diesen Stellen ödematös durchtränkt war, kleine 
Larven entdeckt. Auch im Wirbelkanal fand er Larven, welche nach 
seiner Ansicht ihre Auswanderung vorbereiteten, denn sie hatten schon 
Querstellungen angenommen und waren bereits in die Zwischenwirbel- 
löcher vorgedrungen. RUSER nimmt an, daß die Larven von hier aus 
mit Hilfe ihrer Bewaffnung und Bewegungsfähigkeit die Wanderung 
bis zur Rückenhaut fortsetzen. Seine späteren mit dem Tierarzt KLerP 
gemeinsam vorgenommenen Untersuchungen ließen ihn in zahlreichen 
Fällen auch Larven in der Schlundwand von Weidevieh entdecken, 
die in Übereinstimmung mit den Befunden andrer Beobachter zwischen 
Muscularis und Mucosa gelagert waren und das sie umgebende Ge- 
webe stark ödematös verändert hatten. 

Nach seinen weiteren Wahrnehmungen ist er allmählich zu der 
Überzeugung gekommen, daß die Aufnahme der Oestrus-Larven durch 
die Maulhöhle erfolgt, daß dieselben nach Durchbohrung des Schlundes 
oder, wie er sich ausdrückt, vom »Anfangsverdauungsschlauch« aus 
durch das mediastinale Fettgewebe im Verlaufe der Gefäße und Nerven 
zur Wirbelsäule und von dort durch das intermuskuläre Bindegewebe 
der Rückenmuskeln bis in die Subeutis weiter wandern. 

Sehr wertvolle und außerordentlich genaue Angaben macht Koo- 
REVAAR-Amsterdam in den Jahren 1896 und 1898 über die Frage, ob 
die Parasiten aus dem Wirbelkanal des Rindes unwiderleglich die Larven 
von Hypoderma bovis sind. Die von Hınrichsen, Ruser u.a. für die 
Identität dieser Larven gebrachten Gründe betrachtet er nicht als beweis- 
kräftig genug. Durch die Übertragung von spinalen Larven eines 
Rindes unter die Haut einer Ziege, die zur Entwicklung kamen, und 
aus deren Puppen er die Hypoderma bovis-Fliege züchtete, gelang es 
ihm, den bislang einzigen experimentellen Nachweis dafür zu erbringen, 


Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 663 


daß der im Rückenmarkfett der Weidetiere gefundene Parasit ein 
Larvenstadium von Hypoderma bovis ist. Um die Fähigkeit der Larven 
zur aktiven Wanderung zu beweisen, brachte er die im Fett des Wirbel- 
kanals gefundenen Schmarotzer unter die Haut von Hunden. Die 
nach der Schlachtung derselben vorgenommene Untersuchung ergab, 
daß die Parasiten außerordentlich beweglich sind und schon in ganz 
kurzer Zeit ihren Weg nach den verschiedensten inneren Körperteilen 
nehmen können. KooREVAARs Larvenübertragungen per os haben ein 
negatives Ergebnis gehabt. Durch seine zahlreichen Untersuchungen 
von Schlunden geschlachteter Weidetiere konnte er feststellen, daß 
schon während der Schwärmzeit der Bremsenfliege kleinste Larven in 
der Oesophaguswand, zum Teil auch in der Nähe der Rachenhöhle 
zu finden sind. — Einige Wochen oder Monate später traf er diese 
Lärvchen, zwischen Muscularis und Mucosa gebettet, in der ganzen 
Länge des Schlundes vom Pharynx bis zur Cardia an. In einer noch 
späteren Zeit wurden sie bereits auf der Außenseite der Muskel- 
schicht des Schlundes und im epiduralen Fett des Wirbelkanals wahr- 
genommen. 

Durch diese Befunde befestigte sich bei KooREVAAR die Meinung, 
daß die Aufnahme der Larven durch die Maulhöhle stattfinden muß. 
Die Parasiten sollen sich alsdann durch die Pharynxmucosa bohren, 
in das submucöse Bindegewebe des Oesophagus gelangen und von hier 
aus ihren Weg durch den ganzen Körper bis zur Rückenhaut nehmen. 
Bei Kälbern und Jungvieh will KoorEvAAr verhältnismäßig mehr 
Larven gefunden haben, als bei älteren Tieren. Eine eingehende Be- 
schreibung der sowohl in der Oesophaguswand als auch im Fett des 
Wirbelkanals gefundenen Larven hat KooREVAAR nicht gegeben. 

NEUMANN-Toulouse hat an ihm zugesandten Präparaten die von 
HiInRIicHsEen, RUSER, HoRNE usw. im Wirbelkanal und unter der Haut 
von vorwiegend holsteinischen Weidetieren gefundenen Larven mikro- 
skopisch genau untersucht und seine Wahrnehmungen im Jahre 1895 
in der »Revue veterinaire« veröffentlicht. Die von ihm gegebene Be- 
schreibung stimmt bis auf einen Unterschied fast genau mit dem BRAUER- 
schen Untersuchungsergebnisse über das erste Larvenstadium von 
Hypoderma Diana überein. Die Befunde weichen nur darin voneinander 
ab, daß BRAUER am vorderen Rand des zweiten Segmentes der zuletzt 
genannten Larve zwei Vorderstigmen festgestellt hat, die NEUMANN an 
seinem Präparat nicht wahrnehmen konnte. 

NEUMANN kommt nach dem Ergebnis seiner Untersuchung zu der 
Meinung, daß es sich bei den in den innersten Körperteilen der Weide- 


664 / Hermann Jost, 


tiere gefundenen Larven nicht um Hypoderma bovis, sondern um Hypo- 
derma lineata handelt. Nach seiner Ansicht nehmen die jüngsten Larven 
dieser Fliege ihren Weg durch die Haut zum Wirbelkanal und wandern 
von hier aus nach einem gewissen Zeitraum wieder zur Subeutis zurück. 

SCHNEIDEMÜHL-Kiel bringt in einer ausführlichen Abhandlung über 
die Entwicklungsgeschichte der Bremsenfliege keine Ergebnisse eigner 
Forschungen, sondern gibt eine übersichtliche Darstellung der bis zum 
Jahre 1897 auf diesem Gebiete gemachten neueren Untersuchungen und 
der verschiedensten daraus abgeleiteten Ansichten, aus welchen er dann 
seine Schlußfolgerungen mit entsprechender Begründung zieht. Die- 
selben drückt er in dem folgenden Satze aus: »Ich bin deshalb jetzt 
zu der Ansicht gekommen, daß die Eier bzw. die Larven von den Rindern 
teils von der Haut, teils mit dem Futter vom Erdboden aufgenommen 
werden, und daß dann die Larven schon von der Rachenhöhle aus in 
das submucöse Bindegewebe des Schlundes eindringen, in demselben 
bis in die Nähe des Zwerchfells vorwärts kriechen, um von hier aus die 
Schlundwand zu durchbohren und alsdann den bereits geschilderten 
Entwicklungsgang (Mediastinum, Wirbelkanal, Subeutis) abzuschließen. « 

KocH-Silkeborg faßt in seiner hervorragenden Abhandlung vom 
Jahre 1903 über die Entwicklung der Larve von Hypoderma bovis und 
ihre Wanderung durch den Tierkörper die über dieses Thema in den 
Fachschriften bereits vorhandenen Veröffentlichungen zusammen, um 
sie an passender Stelle beim Vergleich mit seinen eignen vielseitigen 
Beobachtungen entweder zu bestätigen oder zu widerlegen. — Er gibt 
eine sehr sorgfältige Beschreibung seiner makroskopischen und mikro- 
skopischen Wahrnehmungen über die von ihm je nach den Jahreszeiten 
in den verschiedensten Körperteilen — Schlund, Brusthöhle, Magen, 
Darmfett, Milz, Bauchhöhle, Fett des Wirbelkanals und Rücken- 
muskel — geschlachteter Weidetiere gefundenen Larven; dabei berück- 
sichtigt er die durch die Larven während der Dauer ihres ersten Stadiums 
— des Wanderstadiums — in den einzelnen Geweben bewirkten patho- 
logischen Veränderungen. Seine Beobachtungen bestätigen die Angabe 
KoorkEvAars, daß die jüngeren Weidetiere durchschnittlich mit mehr 
Parasiten behaftet sind, als die älteren; er erklärt diese Tatsache durch 
den ständigen Weidegang des Jungviehes und die vorwiegende Stall- 
haltung älterer Zucht- und Milchtiere. 

Da direkt nach: der Schwärmzeit der Bremsenfliege die kleinsten 
Larven an keiner andern Körperstelle als in der Wand der Speiseröhre 
gefunden werden, vermutet KocH, daß die Einwanderung in den Tier- 
körper durch den Verdauungskanal und nicht durch die Haut vor sich 


Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis, 665 


geht. Bezüglich der speziellen Frage, ob die Eier oder die bereits aus- 
geschlüpften Larven in die Maulhöhle des Weidetieres aufgenommen 
werden, stimmt er RıLeys Ansicht zu, die dahin geht, daß nicht die 
Larven, sondern die Eier von der Körperoberfläche abgeleckt werden. 
Die im Wirte alsdann ausgeschlüpften Larven sollen in der ersten 
Abteilung des Magens die Wände desselben ganz oder teilweise durch- 
bohren, um in die Submucosa, dann an die Oberfläche des Oesophagus 
und in die Bauchhöhle zu gelangen. Von hier aus sei es für die 
Larven nicht schwer, alsbald durch die Nervenöffnungen in den 
Wirbelkanal zu wandern. Ganz unzweifelhaft erscheint es ihm, daß 
die Parasiten nunmehr von hier aus ihren Weg durch die Wirbellöcher 
zurück und zwischen dem intermuskulären Bindegewebe der Rücken- 


Fall 


muskeln zur Haut nehmen. r>} 

Die vorerwähnten Arbeiten können als die bedeutendsten in bezug 
auf die neuesten Forschungen über den Entwicklungsgang der Hypo- 
derma bovis betrachtet werden. Alle andern innerhalb der letzten Jahre 
über dieses Thema erschienenen Abhandlungen sind nicht von solcher 
Bedeutung und haben nicht den criginellen Wert, daß ihrer an dieser 
Stelle noch besonders Erwähnung getan werden müßte. 

Vergleicht man die Folgerungen, welche die einzelnen Forscher 
aus dem reichen Material ihrer Beobachtungen und Untersuchungen 
gezogen haben, so wird man finden, daß in manchen seither offenen 
Fragen eine einheitliche Lösung erzielt ist, daß aber auch noch in vielen 
Punkten erhebliche Meinungsverschiedenheiten bestehen. 

In bezug auf den wesentlichsten Punkt ist die Aufgabe, deren 
Lösung BRAUER der Zukunft überließ, erfüllt, man hat endlich nach 
langen, zuverlässigen Beobachtungen die jugendlichsten Larven von 
Hypoderma bovis auf ihrer Wanderschaft durch den Tierkörper über- 
rascht. — Wenn auch alle neueren Forscher darin einig sind, daß die- 
selben nicht auf und unter der Haut, sondern tief im Innern des Wohn- 
tieres, in steter Wanderschaft begriffen, ihre erste Entwicklung durch- 
machen, so herrscht doch noch mehr oder weniger Unklarheit darüber: 

Ob das Ei oder die bereits ausgeschlüpfte Larve vom 
Wirte aufgenommen wird, — auf welche Weise dies geschieht, 


ob durch Lecken oder mittels des Futters, — ob der neuer- 
dings in den Schlachttieren gefundene Schmarotzer nicht 
doch die Larve von Hypoderma lineata ist, — welche cha- 


rakteristischen Merkmale das erste Larvenstadium von 
Hypoderma bovis aufzuweisen hat, — welche Veränderungen 


666 Hermann Jost, 


mit diesem Parasiten während der Dauer des ersten Sta- 
diums vor sich gehen, — wovon er lebt, — wie er atmet, — 
an welcher Stelle im Innern des Tierkörpers nach Abstreifung 
der Eihülle die Lärvchen sich einbohren, — wo sie durch die 
Wand des Verdauungskanals wieder austreten, — ob sie 
bestimmte Bahnen zur Weiterwanderung innehalten oder 
auf den verschiedensten Wegen zur Endstation — der Sub- 
cutisdesRückens — gelangen, und wodurch die pathologisch- 
anatomischen Veränderungen der von den Schmarotzern 
berührten Gewebe hervorgerufen werden. 


B. Eigne Untersuchungen und Beobachtungen. 


Die Schlachttiere, welche das erforderliche Material für meine 
Untersuchungen lieferten, stammten von Holsteiner Marschgegenden 
(Wilster Marsch) und von Oldenburger Weiden des linken und rechten 
Weserufers (Butjadingen, Landwüren), an welchen die Zypoderma bovis 
heimisch ist und die Weiderinder alljährlich heimsucht. Sie waren von 
verschiedenem Alter, der größte Teil derselben zählte 4—5 Lebensjahre, 
nur wenige waren jünger, andre dagegen hatten bereits ein Alter von 
6 Jahren erreicht. Für meine Untersuchungen war der Umstand be- 
sonders günstig, daß die Tiere teils während, teils unmittelbar nach der 
Schwärmzeit der Ochsenbremse direkt von der Weide nach dem Unter- 
suchungsort kamen und deshalb mutmaßlich an ihrer Haardecke oder 
Hautoberfläche entweder noch Eier oder Veränderungen infolge von 
Belästigungen vonseiten der Bremsenfliege während des Schwärmens 
zeigten. 


1. Die Larvenentwicklung aus dem Ei. 


Gemeinsam mit einem durchaus zuverlässigen Hilfspersonal habe 
ich von Juli an sofort nach Ankunft und der Sicherheit wegen noch 
einmal vor der Schlachtung der Tiere eine genaue Durchsuchung nicht 
allein aller derjenigen Stellen der Körperoberfläche — Weichen, Bauch, 
Beine, Keule — vorgenommen, welche angeblich von der Oestrus-Fliege 
mit Vorliebe zur Eiablage ausgesucht werden, sondern auch jener 
Partien — Rücken- und Lendengegend —, an welchen im Frühjahr 
die Larven nach Bildung der Dasselbeulen wieder mit der Außenwelt 
in Verbindung treten. Um nichts zu versäumen, wurden auch noch die 
hier weniger in Betracht kommenden andern Körperstellen mit der 
gleichen Sorgfalt untersucht. 

Trotz aller Bemühungen sowohl mit dem bloßen Auge, als auch mit 


Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 667 


der Lupe waren weder Eier an den Haaren noch junge Lärvchen auf der 
Körperoberfläche oder irgendwelche Veränderungen auf und in der 
Haut der Weidetiere wahrzunehmen. Um die Besichtigung noch ge- 
nauer vornehmen zu können, ließ ich die Haare an den von der Fliege 
‚bevorzugten Körperstellen abscheren und mittels der Lupe nachunter- 
suchen, obgleich die Eier infolge ihrer Größe von 1,25 mm und ihrer 
Zahl dem bloßen Auge nicht hätten entgehen können. — Die nach 
dieser Richtung hin resultatlose Untersuchung einiger hundert Weide- 
tiere zu einer so günstigen Zeitperiode bestätigt die Angabe BRAUERSs, 
nach welcher es außerordentlich selten gelingt, die Hypodermen-Eier an 
dem Haarkleide der Weidetiere zu entdecken. — Auch der weitere Um- 
stand, daß es trotz der Belohnung, die ich dem glücklichen Finder 
aussetzte, keinem der Kuhknechte in den erwähnten Weidegegenden 
während der Schwärmzeit der Fliege gelungen ist, Haare mit angeklebten 
Eiern zu finden, bestätigt obige Angabe, ohne daß ich hierdurch die 
Beobachtungen einzelner Forscher, welche vier bis sechs Eier an einem 
Haare gefunden haben, in Zweifel ziehen möchte. Meinen vergeblichen 
Bemühungen könnte vielleicht entgegengehalten werden, daß die von 
mir vor der Schlachtung untersuchten Tiere zufällig nicht von der 
Fliege befallen worden seien. Dieser Einwand wäre berechtigt, wenn es 
sich um die Untersuchung nur ganz vereinzelter Tiere gehandelt hätte, 
aber bei der großen Zahl der mir zur Verfügung stehenden Rinder und 
- in anbetracht der schon im Monat Juli nach der Schlachtung bei vielen 
dieser Weidetiere gemachten Wahrnehmung, daß die Schlundwand mit 
Larven durchsetzt war, dürfte die angeführte Entgegnung als hin- 
fällig zu betrachten sein. Dieses negative Ergebnis erklärt sich viel 
einfacher dadurch, daß wahrscheinlich ein großer Teil der Eier, ob- 
gleich dies nicht unbedingt erforderlich ist, sehr bald oder sofort nach 
dem Legeakt der Oestrus-Fliege von dem Wohntiere abgeleckt wird, 
und auf diese Weise die Brut von der Oberfläche verschwindet. — In 
einem auffallenden Gegensatz steht dieses häufig vorkommende erfolg- 
lose Suchen nach Hypodermen-Eiern auf der Haardecke des Wirtes zu 
den Beobachtungen, die man während der Sommerzeit an den von der 
Gastrophilus-Fliege heimgesuchten Weidepferden machen kann. Schon 
mit dem unbewaffneten Auge nimmt man ohne Mühe in dieser Zeit 
an den Haarspitzen des Halses, der Schulter und der Mähne dieser 
Pferde die Eier des zuletzt erwähnten Schmarotzers massenhaft wahr. 

Ich bezweckte durch diese Untersuchungen, mich einerseits von der 
Richtigkeit des ersten Teils der Braverschen Theorie durch eigne 


Beobachtung zu überzeugen, anderseits aber auch im Falle eines posi- 
Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. 44. 


668 Hermann Jost, 


tiven Resultates die bislang allseits mißglückten Versuche wieder auf- 
zunehmen, entweder durch die ausschließliche Einwirkung trockener 
Wärme oder mit Hilfe von Feuchtigkeit — sterilisiertem Speichel oder 
Magensaft — und einer der Körpertemperatur entsprechenden Wärme 
künstlich aus den Eiern Larven zu züchten. Da mir trotz aller Be- 
mühungen keine Hypodermen-Eier zur Verfügung standen, muß auf die 
negativen Ergebnisse der bereits von andrer Seite nach dieser Richtung 
hin gemachten Versuche hingewiesen werden. — Anderseits erbringen 
meine Untersuchungen der lebenden Weidetiere den Nachweis, daß im 
Anschluß an die Schwärmzeit der Oestrus-Fliege weder ausgeschlüpfte 
Larven — die infolge ihrer Mindestgröße von 1,50 mm nicht hätten 
übersehen werden können — noch Bohrkanäle oder sonstige Verwun- 
dungen auf der Hautoberfläche aufzufinden sind. 

Das bislang stets vergeblich gewesene Suchen nach jungen Larven 
auf der Haar- oder Hautdecke der Weiderinder während und unmittelbar 
nach der Schwärmzeit der Fliege beweist zwar für sich allein nichts, 
es erregt aber immerhin schon berechtigte Zweifel darüber, daß die 
Larven außerhalb des Tierkörpers, speziell auf der Körperoberfläche des 
Wohntieres, ihre Eihüllen abstreifen und hier ihre passive Weiterbeförde- 
rung abwarten. — Ich führte schon früher an, daß es trotz der verschie- 
densten Versuche noch nicht gelungen ist, künstlich aus den Hypodermen- 
Eiern Larven zu züchten — ein Ergebnis, welches darauf hindeutet, 
daß äußere Einflüsse kaum imstande sein werden, die Larven aus den 
Eiern zur Entwicklung zu bringen. Viel erklärlicher erscheint es, daß 
sich die Schalen der in die Maulhöhle bzw. in den Verdauungsschlauch 
aufgenommenen Eier unter der ständigen Einwirkung der Drüsensecrete 
— des Speichels, des Magensaftes — leichter lösen, und die Larven durch 
den günstigen Effekt einer stets gleichmäßigen Körpertemperatur 
sicherer und rascher zur Entwicklung kommen, als an der Körperober- 
fläche, auf welcher alle diese Bedingungen fehlen. — Das Ei ist durch 
seine dicke Hülle widerstandsfähig genug, um längere Zeit — sagen wir 
bis zum Zeitpunkte des Ableckens — äußeren Einwirkungen trotzen 
zu können, die eben ausgeschlüpfte zarte Larve aber wird infolge der 
mangelnden Widerstandsfähigkeit ihrer dünnen Cutiecula und wegen 
des Fehlens aller zu ihrer Erhaltung notwendigen Lebensbedingungen 
sich auf der Hautdecke ihres Wirtes nicht nur nicht weiter entwickeln 
können, sondern daselbst bald zugrunde gehen. 

Die Larve nährt sich (s. 8. 672), soweit ich dies in Übereinstimmung 
mit den Ergebnissen andrer Forscher durch Untersuchungen des Darm- 
inhaltes allerjüngster Oesophagus-Larven feststellen konnte, im ersten 


Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 669 


Stadium von den Säften und entzündlichen Exsudaten der sie umgebenden 
lockeren Gewebe, welche deshalb auch mit Vorliebe von ihr durchwandert 
werden. Da sie jedenfalls für nur ganz kurze Zeit Dottermassen als em- 
bryonale Mitgift mit sich schleppt, ist sie sehr bald auf die zu ihrer 
Nahrungsaufnahme geeigneten, aber nur im Inneren des Körpers der 
Wohntiere gelegenen Gewebe angewiesen. Der zarte Mundapparat, unter- 
stützt durch die außerordentliche Bewegungsfähigkeit der Larve, macht 
dieses Schmarotzerleben nur in den weniger widerstandsfähigen Binde- 
gewebsmassen, nicht aber auf der Oberfläche der derben Cutis möglich. 
Da sich der Atmungsapparat (s. S. 671) dieser Larven erst im dritten 
Stadium zur vollen Funktionsfähigkeit entwickelt, so ist das sog. Atmen 
derselben im ersten Stadium ganz bestimmt nicht an den Aufenhalt in 
der Luft gebunden, sondern kann als intramoleculäre Respiration in den 
tiefsten Gewebsschichten vor sich gehen, d. h. die Schmarotzer erhalten 
durch die in ihrem Inneren vor sich gehenden Spaltungsprozesse der 
aufgenommenen Nahrungsstoffe den zu ihrer Erhaltung erforderlichen 
Sauerstoff und scheiden die sich bildende Kohlensäure durch ihre dünne 
Cutieula, vielleicht auch durch die schon im ersten Stadium vorhandenen 
Tracheen bzw. hinteren Stigmen aus. Die Atmung ist also von der 
Nahrungsaufnahme abhängig, diese vollzieht sich aber — wie der stän- 
dige Aufenthalt der Larven des ersten Stadiums lehrt — nur in dem 
submucösen, subserösen, intermuskulären und subcutanen Gewebe. 
Um diese Frage noch weiter zu prüfen und um gleichzeitig fest- 
zustellen, an welcher Stelle des Verdauungsschlauches sich die entweder 
im Inneren der Wohntiere zur Entwicklung kommenden oder bereits 
auf der Oberfläche ausgeschlüpften Larven zur Weiterwanderung ein- 
bohren, ist von mir an einer Ziege, einem Kalbe und einer Kuh, die 
nie auf die Weide gekommen waren, nachfolgender Versuch ausgeführt 
worden. In den Monaten August, September und Oktober habe ich 
allerjüngste Larven der Submucosa lebenswarmer Schlunde frisch ge- 
schlachteter Weidetiere entnommen und den Versuchstieren sofort in 
der Weise in die Maulhöhle gebracht, daß sie die Schmarotzer von der 
Hand ebenso ableckten, wie dies angeblich von der Haardecke geschieht. 
Ich nahm nunmehr nach dieser Einverleibung per os an, daß — falls die 
stets in der Schlundwand geschlachteter Weidetiere zu findenden Larven 
von der Haardecke im bereits ausgeschlüpften Zustande abgeleckt 
werden —, dann auch die den Versuchstieren künstlich, aber in der 
gleichen Weise beigebrachten Larven nach einiger Zeit an ihrem Lieb- 
lIinssaufenthaltsort, unter der Schleimhaut der Speiseröhre, vielleicht 
auch an einer andern Stelle des Verdauungsapparates lebens- und 
44” 


670 Hermann Jost, 


weiterentwicklungsfähig wieder zu finden seien oder anders gesagt, daß 
sie nach dem Ablecken denselben Weg im Wohntiere einschlagen 
würden, wie die auf natürliche Weise aufgenommenen Larven. — Meine 
Voraussetzung wurde durch die einige Tage nach der Impfung statt- 
gehabte Schlachtung der Versuchstiere nicht bestätigt, denn trotz der 
genauesten Untersuchung aller inneren Organe, speziell des Oesophagus, 
fanden sich weder Larven noch Larvenspuren, obgleich an jedes Tier 
18 Stück verabreicht worden waren. Die Schmarotzer mußten zugrunde 
gegangen und auf dem Wege der Verdauung abgegangen sein. Da die 
Larven mit der größten Sorgfalt — also unter Vermeidung jeglicher Ein- 
wirkung, welche ihre Lebensfähigkeit hätte beeinträchtigen können — 
der Submucosa des Oesophagus entnommen und ferner von den sie 
umgebenden Gewebsanhängseln so befreit waren, daß ihre Bewegungs- 
fähigkeit hierdurch nicht gehemmt sein konnte, ist das negative Er- 
gebnis dieses Versuches nicht auf Impffehler zurückzuführen, sondern 
kann damit begründet werden, daß nicht die ausgeschlüpften Larven, 
sondern die Eier von der Körperoberfläche abgeleckt werden, und 
daß aus diesen an geeigneter Stelle im Verdauungsschlauche Larven 
schlüpfen, welche befähigt sind, sich an dem Ort ihrer Entwicklung 
sofort einzubohren. Ob der Impfversuch vielleicht deshalb kein posi- 
tives Ergebnis hatte, weil die bei der Impfung verabreichten Larven 
schon zu sehr entwickelt waren, mag dahingestellt bleiben. 

Ein weiterer Beweis für die vorerwähnte Annahme dürfte die von 
mir gemachte Beobachtung sein, daß sich die jüngsten, dem Schlunde 
entnommenen Larven, auf die Hautoberfläche von Rindern gebracht, 
nicht am Leben erhalten können, sondern schon in ganz kurzer Zeit 
absterben. Der Tod läßt sich, ganz abgesehen von dem deutlichen 
Hervortreten andrer Kennzeichen, wie Schrumpfung und Festkleben, 
sehr leicht und sicher dadurch feststellen, daß man die zu untersuchen- 
den Larven auf eine mäßig angewärmte und leicht angefeuchtete Glas- 
platte bringt; noch lebende Larven werden sehr bald Bewegungen 
machen, die vermutlich durch die Einwirkung der Wärme und Feuchtig- 
keit hervorgerufen werden. 

Die vom Monat Juli bis zum April an  nladhiessn Weidetieren 
zu machende Beobachtung, daß Larven des ersten Stadiums bereits ın 
der Subeutis sitzen, während andre in großer Zahl in der Schlundwand, 
im Wirbelkanal und an andern Körperstellen zu finden sind, läßt zwei 
Deutungen zu. Da die Schwärmzeit der Bremsenfliegen 3 Monate lang 
dauert, ist es nicht ausgeschlossen, ja vielleicht ein sehr häufig vor- 
kommender Fall, daß das Weidetier innerhalb der Schwärmperiode zu 


Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 671 


verschiedenen Zeiten von Biesfliegen heimgesucht wird; deshalb ist es 
auch möglich, daß die früheste Larvenbrut vom Monat Juni schon zu 
einer Zeit ihr Wanderziel im Inneren des Wirtes erreicht haben kann, 
während welcher eine spät schwärmende Bremsenfliege erst — etwa 
anfangs September — ihre Eier an die Haardecke absetzt. Die Larven 
dieser verspäteten Eiablage werden dann immer einige Monate in 
ihrem Entwicklungsgang zurück sein. Außerdem wırd es selbst in 
dem Falle, in welchem das Weidetier von der Fliege innerhalb der 
Schwärmzeit nur ein einziges Mal befallen worden ist, ausnahmsweise 
vorkommen, daß die Eier dieses einmaligen Legeaktes nicht gleich- 
zeitig, sondern zu verschiedenen Zeiten von dem Wirt abgeleckt wer- 
den, und dieselben infolgedessen in ganz unbestimmten Intervallen 
zur Larvenentwicklung im Wohntiere gelangen. 

Die hin und wieder zu findende Erklärung, das auf der Körper- 
oberfläche ausgeschlüpfte Lärvchen verursache auf der Haut einen 
Juckreiz, der das Wohntier zum sofortigen Ablecken veranlasse, läßt 
- sich bei dem Mangel an der hierzu erforderlichen Empfindlichkeit des 
Rindes kaum aufrecht erhalten. Viel wahrscheinlicher ist der Nach- 
satz der hier folgenden von BARFOD gegebenen Auslegung: » Dadurch 
aber, daß die Dasselfliege mit ihrem Summen die durch ihren Stich 
gefürchteten aculeaten Hymenopteren! nachahmt, wird das Rind 
veranlaßt, die Stelle, an der das Tier ein(?) Ei abgelegt hat, 
zu er das Ei ot soın den Schlund und eemiolselt 
sich dort schnell zur Larve.« 

Die Frage, ob das Ei mittels Ableckens oder durch die Futter- 
aufnahme in das Innere des Wohntieres gelangt, ist durch das vorher 
Gesagte bereits zum großen Teil beantwortet, die Möglichkeit, daß auch 
das Futter als Zwischenträger dienen kann, ist schon deshalb aus- 
geschlossen, weil die Hypoderma bovis-Fliege erfahrungsgemäß ihre Eier 
nicht an Pflanzen, sondern nur an die Haardecke der Weidetiere absetzt. 

Zum Schlusse könnte noch in Erwägung gezogen werden, ob die 
Larve, falls sie auf der Körperoberfläche aus dem Ei schlüpft, nicht 
vielleicht aktiv von der Legestelle aus bis zur Maulhöhle auf der Haut- 
decke wandert, um auf diesem Wege rascher in das Innere des Wirtes 
zu gelangen. Auch dieser Modus erscheint aus den bereits früher über 
den Aufenthalt und die Existenzfähigkeit der Larven auf der Körper- | 
oberfläche erwähnten Gründen ausgeschlossen. 


1 Mir scheinen hier weniger die Hymenopteren als die Stechbremsen — 
Tabaniden — in Betracht zu kommen. 


672 ' Hermann Jost, 


Nach allen angeführten Beobachtungen, und gestützt 
auf die einzelnen Begründungen, ziehe ich mit RıLEy, Koch, 
BAaRrFOD usw. den Schluß, daß nicht die Larven, sondern die 
Eier der Hypoderma bovis von der Haardecke abgeleckt 
werden, und letztere erst im Innern der Wohntiere zur Lar- 
venentwicklung kommen. 


2. Die Larve des ersten Stadiums von Hypoderma bovis im 
submucösen Gewebe des Schlundes der Weidetiere. 


Da von einigen Autoren bei Beschreibung der Dasselplage angegeben 
worden ist, daß der Schlund der Weiderinder infolge der in der Sub- 
mucosa desselben stattfindenden Wanderung der Hypoderma-Larven 
hochgradig irritiert werde und mitunter um das Doppelte seines nor- 
malen Umfanges in Form einer Wurst oder in der Dicke eines Armes 
anschwelle, untersuchte ich vor der Schlachtung bei allen Weidetieren 
den Verlauf des Oesophagus an der linken Halsseite, konnte aber — 
trotzdem sich bei einzelnen Tieren nach der Schlachtung eine beträcht- 
liche Invasion und eine starke ödematöse Schwellung in der ganzen 
Länge des Schlundes zeigte — zu Lebzeiten nie irgendeine auffallende 
Veränderung oder Schmerzhaftigkeit der Speiseröhre feststellen. Die 
durch den Reiz der eingewanderten Larven veranlaßten starken Ödeme 
des Schlundes hatten auch auf die physiologische Tätigkeit desselben — 
Abschlucken des Bissens, Wiederkäuen — keinen hemmenden Einfluß. 
Ob die infolge der hochgradigen Schwellung der Submucosa hervor- 
gerufene Verengung oder Verlegung des Schlundlumens zur Blähsucht 
Veranlassung geben kann, war von mir wegen der Kürze der Beob- 
achtungszeit an den Weidetieren nicht wahrzunehmen; daß sich aber 
derartige nachteilige Begleiterscheinungen einstellen können, ist nicht 
nur wahrscheinlich, sondern auch schon von andrer zuverlässiger 
Seite beobachtet worden. 

Bei den innerhalb der Schwärmperiode der Hautbremsen geschlach- 
teten Weidetieren wurde ganz besondere Sorgfalt auf die Untersuchung 
der Mucosa und Submucosa der Rachenhöhle verwandt. Wie schon 
SCHNEIDEMÜHL in seinem Sammelreferat über die Entwicklungsgeschichte 
der Bremsenlarven anführt, eignet sich die Rachenhöhle wegen der in 
ihrer Schleimhaut befindlichen Drüsen ganz besonders zum Einbohren, 
vorausgesetzt, daß die jüngsten Schmarotzer zum Eindringen in die 
Gewebe auf derartige physiologische Vorgebilde angewiesen sind. 
Aber nicht der Drüsenreichtum allein macht diesen Vorhof des. Verdau- 
ungsschlauches der Larvenwanderung allem Anscheine nach besonders 


Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 673 


günstig, sondern er bietet auch durch seine Schleimhautfalten geschützte 
Ruhepunkte, in denen sich die aufgenommenen Eier unter der Ein- 
wirkung von Feuchtigkeit — Speichel und Schleim — und Körper- 
wärme zu Larven entwickeln können. 

So günstig die Bedingungen in der Rachenhöhle für die ee 
entwicklung und Larvenwanderung erscheinen mögen, und außer 
SCHNEIDEMÜHL auch andre Autoren zu der Annahme verlockt haben, 
daß hier die von der Natur gegebene Stelle sei, an welcher das Ei zur 
Larve werde, und die letztere sich unter Benutzung der Schleimdrüsen 
einbohre, so wenig wird diese Vermutung durch die tatsächlichen Be- 
funde bei geschlachteten Tieren bestätigt. 

Weder von andern Beobachtern noch von mir sind beim Beginn 
der Schwärmzeit der Hautbremse unter der Schleimhaut der Rachen- 
höhle oder im submucösen Gewebe des vordersten Schlundteiles regel- 
mäßig die jüngsten Lärvchen gefunden worden, dagegen waren in dem 
dem Magen zunächst gelegenen Schlundteile die im Anfangsstadium 
ihrer Entwicklung begriffenen Schmarotzer samt ihren Spuren bei sorg- 
fältiger Untersuchung fast immer zuerst anzutreffen. Die Rachenhöhle 
kann deshalb auch nicht — trotzdem sie hierzu prädisponiert erscheint — 
als die Stelle betrachtet werden, an welcher sich die ausgeschlüpite 
Larve zur Submucosa durchbohrt. Mit Rücksicht darauf, daß die vor- 
erwähnten Befunde an keiner andern Stelle des Weidetieres früher ge- 
macht werden, als in der Nähe der Einmündungsstelle des Schlundes 
in den Magen, erlangt die Annahme, die Larve dringe von hier 
aus durch die innerste Schicht des Verdauungskanals zur Submucosa 
durch, eine viel größere Berechtigung. Unterstützt wird diese Meinung 
noch dadurch, daß fast gleichzeitig mit dem ersten Auftreten der Larven 
im Magenendteile der Speiseröhre auch in den demselben zunächst ge- 
legenen Teilen, der ersten Magenabteilung, dem Zwerchfell usw., jüngste 
Schmarotzer oder die von denselben verursachten, sulzigen, gelatinösen 
Ödeme gefunden werden. HiNkIcHsen, Ruser und Koch sind auf 
Grund ihrer Beobachtungen zu den gleichen Schlußfolgerungen ge- 
kommen, KOo0REVAAR dagegen, der »trotz eifrigen und gewissenhaften 
Suchens« bei stark invasierten Tieren in zwei Sommern die Larven im 
Pharynx nicht hat antreffen können, aber einigemal im submueösen 
Gewebe der oberen Schlundlage jüngste Larven zur Sommerzeit — 
ein näheres Datum gibt er nicht an — gefunden hat, nimmt auf Grund 
dieses letzteren Befundes mit SCHNEIDEMÜHL an, daß die jüngsten 
Schmarotzer durch die Pharynxmucosa in die Sohnuebea des Oeso- 
phagus eindringen. 


674 Hermann Jost, 


Bevor ich näher darauf eingehe, welchen Weg die dem Ei ent- 
schlüpfte Larve von der Submucosa der Speiseröhre aus zu ihrer Weiter- 
wanderung fast regelmäßig einschlägt, schicke ich eine eingehende Be- 
schreibung meiner mikroskopischen Untersuchungen der hierselbst ge- 
fundenen jüngsten Larven und der während der Dauer ihrer Wanderung 
in der Speiseröhre gemachten Beobachtungen voraus. Die Beschrei- 
bung des Schmarotzers möge gleichzeitig durch einen Vergleich mit den 
bereits bekannten andern Hypodermen-Larven des ersten Stadiums den 
Nachweis liefern, daß der im Anschluß an die Schwärmzeit der Haut- 
bremse sich in der Schlundwand usw. unsrer einheimischen Weidetiere 
regelmäßig zu findende Parasit nichts andres sein kann, als das erste 
Stadium der Larve von Hypoderma bovıs. 

Die von mir vom Monat Juli bis zum April vorwiegend in dem 
submucösen Gewebe der Speiseröhre in größerer oder geringerer 
Zahl gefundenen Larven (Taf. XXXII, Fig. 1) sind je nach ihrem 
Alter 2—16 mm lang und etwa 2mm breit. Ihre Gestalt ist cylin- 
drisch, nach dem vorderen Teile hin mehr und dem hinteren End- 
gliede (Taf. XXXII, Fig. 1%) hin weniger verjüngt. Das Aussehen 
der Larven im jüngsten Zustande ist glasartig durchscheinend bis weiß- 
lich; im weiteren Verlaufe ihrer Entwicklung nehmen sie allmählich 
eine weißgelbliche Färbung an. Vorn und hinten sind sie durchsichtig 
und zeigen bei ganz genauer Besichtigung schon mit dem bloßen Auge 
an diesen Endteilen schwarze Pünktchen. Am vorderen Ende ist die 
durchscheinende Stelle länger als hinten. Man unterscheidet an den 
Larven zehn Querfurchen, wodurch dieselben in elf Glieder geteilt wer- 
den. Während die mittleren Glieder oder Ringe fast gleich groß sind, 
erscheinen die Enndglieder, insbesondere das vordere, bedeutend kleiner. 
Die äußere Haut besteht aus einer chitinösen Cuticula, welche wenig 
widerstandsfähig ist. 

Am vordersten Gliede bemerkt man bei mikroskopischer Unter- 
suchung, ventralwärts gelegen, eine trichterförmige Einziehung, in 
welcher sich der dem bloßen Auge als schwarzes Pünktchen erscheinende 
chitinöse Mundapparat der Larve befindet (Taf. XXXII, Fig.2). Er 
besteht aus einem mittleren, nach vorn gerichteten, stilettähnlichen 
Teile (Taf. XXXII, Fig. 3), der sich an seinem Grunde spindelförmig 
nach hinten fortsetzt, und zwei zu beiden Seiten dieses Stiletts gelegenen 
Haken (Taf. XXXII, Fig. 3 h, h), die nach BRAUER gestreckt und 
zurückgezogen werden können. Nach ihrer vorderen Spitze hin zeigen 
die Haken an der Außenseite je ein kleines Widerhäkchen (Taf. XXXII, 
Fig. 3w), welches der Larve die Fähigkeit verleihen soll, sich zeitweise 


Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 675 


an einer Stelle mit dem vorderen Teil zu verankern und den hinteren 
Körperteil nachzuziehen. Die Haken sind gleichfalls — oft parallel 
mit dem Stilett — nach vorn und nach außen gerichtet, ragen meistens 
über das letztere hinaus und haben eine Länge von etwa 0,12 —0,13mm. 
Am Ende ihrer inneren Schenkel sind sie gegabelt. Von dem Querstück, 
auf welchem das Stilett ruht, gehen nach hinten zu beiden Seiten des 
Pharynx zwei lange Bogen (Taf. XXXII, Fig. 2/ u. 3f), welche sich 
schaufel- oder flügelförmig verbreitern und gegenüber den schwarz- 
braunen vorderen Mundteilen hellbraun erscheinen. In der nächsten 
Umgebung des Mundapparates sieht man zahlreiche schwarzbraun ge- 
färbte Dornen (Taf. XXXII, Fig. 2). 

Die gesamte Oberfläche der Larve ist bedornt, und zwarsiehtmanan 
jedem Segment etwa acht bis neun Reihen kleiner Dornen (Taf. XXXII, 
Fig. 4), die am vorderen Rande jedes Gliedes stark entwickelt sind, nach 
der hinteren Partie des Segmentes aber kleiner werden und dann ganz 
verschwinden. Am deutlichsten sind diese Gebilde am zweiten vorderen 
Gliede wahrzunehmen. Die Spitzen derselben sind nach dem hinteren 
Ende der Larve gerichtet. Die Bedornung ist bei den jüngsten Larven 
leichter zu erkennen, als bei den älteren. Dies erklärt sich einesteils 
dadurch, daß sowohl die einzelnen Dornen als auch die Dornenreihen 
bei den weniger entwickelten Larven dichter zusammenstehen, als bei 
den bereits herangewachsenen Larven, die infolge der Erweiterung ihres 
 Umfanges die Dornen auseinandergedrängt haben, andernteils aber 
auch dadurch, daß mit dem zunehmenden Alter der Larve der glashelle 
Untergrund sich in einen gelblichen umwandelt, von welchem die 
braunen Dornen sich weniger deutlich abheben. Die Vermutung Kochs, 
daß sich die Dornen mit dem zunehmenden Alter der Larve abnutzen, 
läßt sich sehr leicht durch einen Vergleich von mit Kalilauge behandelten 
Hautpräparaten jüngerer und älterer Larven widerlegen; dieser Ver- 
gleich ergibt, daß die Dornen mit dem Wachstum der Larve in bezug 
auf ihre Größe sich nicht verändern, aber aus den erwähnten Gründen 
scheinbar kleiner und schwerer zu erkennen sind. 

Das letzte Glied der Larve ist muldenförmig eingezogen. In dieser 
Einsackung liegen zwei schwarzbraune, unregelmäßig geformte Stigmen- 
platten (Taf. XXXTII, Fig. 5). Dieselben stellen fein-poröse Chitinplatten 
dar, welche erst in einem späteren Stadium der Larve die Atmung ver- 
mitteln, aber zur Ausscheidung gasförmiger Stoffwechselprodukte jetzt 
schon geeignet erscheinen. Die Stigmenplatten sind mit zahlreichen 
schwarzen Dornen umgeben (Taf. XXXII, Fig. 5 u. 6), welche hier an 
ihrer Basis besonders stark entwickelt sind. In jeder Stigmenplatte 


676 _ Hermann Jost, 


befindet sich ein Luftloch (Taf. XXXII, Fig. 7 1, !), von welchem je ein 
Haupttracheenstamm dorsal fast bis zum vorderen Ende der Larve führt. 
Diese beiden Hauptstämme (Taf. XXXII, Fig. 7i, t) sind hinten durch 
einen starken Querast (Taf. XXXII, Fig.5 5) miteinander verbunden; 
sie verästeln sich im ganzen Körper, und ihre kleinsten Verzweigungen 
endigen in der Form eines Reisigbesens. Schon bei schwacher Ver- 
größerung kann man die Tracheen an ihrer spiraligen Struktur er- 
kennen (Taf. XXXII, Fig. 7 t, t), am deutlichsten treten sie an den Prä- 
paraten durch Zusatz von Glyzerin oder verdünnter Kalilauge hervor. 
Die Tracheen samt ihren Verzweigungen sind schon bei den jüngsten 
Larven mit Gas gefüllt. 

Die Muskulatur der Haut ist quer gestreift (Taf. XXXII, Fig. 8) und 
verteilt sich auf die für die Insekten typischen drei Regionen, die ventrale 
mit vorwiegend längslaufenden Muskelbündeln, die dorsale gleichfalls 
mit längslaufenden, aber kräftigeren und weniger zahlreichen Bündeln, 
und schließlich die laterale, in welchen sich Muskelbündel vielfach 
diagonal kreuzen. Am vorderen und hinteren Ende der Larve differen- 
ziert sich die Muskulatur, ihrer Funktion entsprechend, in verschie- 
dener Weise. Die Muskeln sitzen an Chitinleisten der Cuticula und 
sind verhältnismäßig sehr stark entwickelt; hierdurch erklärt sich auch 
die außerordentliche Bewegungsfähigkeit der jungen Larven im Gewebe. 

Der Verdauungskanal ist von außen durch die Cutieula hindurch 
sichtbar, er zeigt sich als eine mit grünlichem Inhalt gefüllte und in der 
Mitte stark erweiterte Röhre, die aus dem Schlund, dem Mitteldarm und 
dem Enddarm besteht. Der Schlund stellt einen dünnen Schlauch dar, 
welcher vom Munde aus zwischen die Flügel des Schlundgerüstes und 
die Commissuren des oberen und unteren Schlundganglions tritt und 
ventral in scharfem Ansatz — also ohne allmählichen Übergang — in 
das vordere Ende des Mitteldarmes mündet. Zu beiden Seiten des 
Schlundes liegen die verhältnismäßig sehr großen Speicheldrüsen 
(Taf. XXXII, Fig. 9s), die durch ihre Ausführungsgänge mit dem 
Schlunde verbunden sind und vermutlich mittels ihrer starken Secretion 
einen außerordentlich heftigen Reiz auf die durchwanderten Gewebe 
ausüben (s. S. 689). — Der erweiterte Mitteldarm beginnt vorn im dritten 
und endet hinten im letzten Segment. Der Darminhalt ist hellgrün- 
gelb und durchscheinend. Bei der Untersuchung desselben fanden sich 
keine Dotterauflösungszellen; er besteht also nicht aus Dottermassen, 
sondern ist eine homogene, dem Blutserum, der Lymphe und dem ent- 
zündlichen Exsudat ähnliche Masse, welche die Larve auf ihrer Wan- 
derung durch die lockeren Gewebe als Nahrung aufnimmt bzw. ab- 


Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 677 


scheidet. Der dünnere Enddarm setzt sich gleichfalls scharf an den 
Mitteldarm an, legt sich in Form einer Schleife über den hintersten Teil 
desselben und endet in einem Analloch zwischen und unterhalb der 
beiden hinteren Stigmenplatten. Das Lumen des Enddarmes ist häufig 
mit einer grünlichgelben Masse gefüllt. — Der Verdauungskanal mit 
den Speicheldrüsen und dem Bauchmark läßt sich nach Färbung mit 
Boraxkarmin sehr deutlich darstellen. 

Der Bau der soeben beschriebenen Larve zeigt bei einem Vergleich 
mit demjenigen der bereits bekannten Larven von Hypoderma Diana 
und Hypoderme lineata nur geringfügige Abweichungen, die sich eines- 
teils auf die Bedornung, andernteils auf die vordere Stigmenplatte er- 
strecken. Im jüngsten Alter der drei Larvenarten ist zwar die Dornen- 
bekleidung sämtlicher Glieder übereinstimmend festgestellt, im weiteren 
Verlaufe der Entwicklung des ersten Stadiums von Hypoderma Diana 
und Aypoderma lineata soll sich die Bedornung bis auf den ersten und 
letzten Ring allmählich verlieren, während sie bei der von mir beschrie- 
benen Larve während der ganzen Dauer des ersten Stadiums vorhanden 
ist. Daß die Dornen, wenn sie nicht nach vorheriger Befreiung von 
den Gewebsstoffen des Wohntieres sorgfältig mittels mikroskopischer 
Untersuchungen vom embryonalen Alter der Larve an bis zum Ende 
des ersten Stadıums derselben verfolgt werden, leicht übersehen werden 
können, und sich dann scheinbare Unterschiede zwischen den Larven- 
arten ergeben, ist bereits erwähnt worden. Während bei. den jüngsten 
Larven von Hypoderma Diana und Hypoderma lineata am vorderen 
zweiten Ringe Stigmen gefunden worden sind, konnte ich bei den von 
mir untersuchten Larven auch bei Zusatz von Kalilauge und trotz der 
Anfertigung von Serienschnitten niemals Spuren davon entdecken. 
Sollten weitere Untersuchungen der jüngsten Formen dieser drei Larven- 
arten jene vielleicht nur scheinbaren Unterschiede nicht beseitigen, dann 
müssen dieselben als Unterscheidungsmerkmale der einzelnen Arten 
aufgefaßt werden. 

Durch den Vergleich istaber zweifellos festgestellt, daß 
dieim submucösen Gewebe des Schlundes der Weiderinder 
gefundene Larve eine Hypoderma-Art im ersten Stadium ist. 
Da nun die Weiderinder in Deutschland fast ausschließlich 
von der Hypoderma bovis-Fliege heimgesucht werden, so 
kann dieser Parasit, wie aus den späteren Darlegungen noch 
‚bestimmter hervorgehen wird, nur das solange unbekannt 
gebliebene erste Larvenstadium von Hypoderma bovis sein. 

In meinen früheren Ausführungen ist schon des Näheren besprochen 


678 Hermann Jost, 


worden, daß das frühzeitige oder spätere Auftreten der Schmarotzer in 
den einzelnen Körperstellen hauptsächlich abhängig ist von der Zeit des 
Schwärmens der Hautbremse, und daß die Zeit der Invasion außer- 
dem noch durch mancherlei Nebenumstände und Zufälle bedingt wird. 
Ich habe bei meinen Untersuchungen beispielsweise gefunden, daß die 
Parasiten bei den Tieren, welche von Oldenburger Weiden stammten, 
durchschnittlich früher zum Vorschein kamen, als bei den Rindern der 
Holsteiner Marschgegenden. Während KoorEvAAR und Koch die ersten 
Larven schon Ende Juni und anfangs Juli in der Submucosa des Magen- 
teiles der Speiseröhre und der diesem Teil zunächst liegenden Umgebung 
fanden, ist es mir, da ich meine Untersuchungen in Ermangelung 
derartigen Weideviehes nicht früher beginnen konnte, erst im Juli 
gelungen, die Schmarotzer in dem submucösen Gewebe der Schlund- 
wand zu entdecken. Alle andern Organe der geschlachteten Weidetiere 
waren zu dieser Zeit noch vollkommen frei von Larven. Die daselbst 
zuerst gefundenen Lärvchen hatten eine Länge von ungefähr 2 mm und 
waren schon deshalb — insbesondere aber wegen ihrer durchsichtigen, 
glashellen Farbe — sehr schwer von dem sie umgebenden Gewebe zu 
unterscheiden. Die Stellen, an welchen sie lagen, oder welche sie 
bereits durchwandert hatten, erschienen im Vergleich zu den in der 
späteren Wanderperiode auftretenden starken Gewebsveränderungen 
nur ganz geringgradig ödematös geschwollen. Am frühesten und auf- 
fallendsten traten diese pathologischen Erscheinungen am Zwerchfell- 
teile des Schlundes hervor. Schon kurze Zeit nach diesem Befunde 
konnte ich auch in dem mittleren und vorderen Teile der Speiseröhre 
kleinste Larven antreffen, sie befanden sich ausschließlich im submu- 
cösen Gewebe und waren am leichtesten zu finden, wenn man den 
Schlund so umstülpte, daß die Schleimhaut nach außen kam. Wurde 
die Oesophaguswand nunmehr gespannt, dann sah man die Schmarotzer, 
meistens in der Längsrichtung der Speiseröhre gelegen, als helle, an ihren 
Enden abgerundete Stäbchen durch die Schleimhaut durchscheinen. 
Von Mitte August an waren fast alle Schlunde der geschlachteten Weide- 
tiere in ihrer ganzen Länge mehr oder weniger mit Larven behaftet; 
in manchen Fällen konnte ich über 30 Stück aus der Submucosa prä- 
parieren. Dieses ständige, von den ersten Monaten der Schwärmzeit 
der Fliege an zu beobachtende Vorkommen der Parasiten im submucösen 
Bindegewebe der Speiseröhre und das zu der gleichen Zeit fast stets ver- 
gebliche Suchen derselben in allen andern inneren Organen waren mir 
sichere Zeichen dafür, daß hier, speziell in der Nähe des hinteren End- 
teiles des Oesophagus, die Invasion am frühesten und regelmäßig statt- 


Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 679 


findet und nicht etwa zufällig ist. — Im submucösen Gewebe des 
Schlundes zeigen sich die Larven nach unsern derzeitigen Kenntnissen 
nicht allein am frühesten, sondern sie halten sich in demselben auch 
am längsten auf. Ich habe bis zum April Speiseröhren gefunden, welche, 
wenn auch gerinsgradig, so doch noch mit Larven behaftet waren. 

Zur Zeit ihres Aufenthaltes in diesem Organe sind sie verschieden 
groß; während die im Juli und anfangs August daselbst gefundenen 
Parasiten durchschnittlich nur 2 mm lang waren, hatten dieselben im 
Oktober schon eine Durchschnittsgröße von etwa 8mm und im De- 
zember bereits eine solche von etwa 16 mm erreicht. Außer der zu- 
nehmenden Größe samt der dadurch sich schärfer abgrenzenden Seg- 
mentierung und dem schon erwähnten ganz geringen Farbenwechsel 
sind bei den älteren Larven in der Schlundwand auch nach etwa 8 Monate 
langer Wanderung keine Veränderungen wahrzunehmen. Des am Ende 
dieser Wanderungsperiode weniger deutlichen Hervortretens der Be- 
dornung der einzelnen Segmente ist bereits Erwähnung getan. 

An dem zahlreichen Untersuchungsmaterial, welches mir zu Gebote 
stand, habe ich feststellen können, daß vom Monat Juli bis Oktober 
etwa 70%, der geschlachteten Weidetiere mit durchschnittlich 10 Larven, 
vom Monat Oktober bis Januar nahezu 98% mit etwa 18 Larven, vom 
Januar bis April 50% mit ungefähr 8 Larven in der Schlundwand behaftet 
waren. — Auffallend ist die Erscheinung, daß mit dem zunehmenden Alter 
der Larven die von denselben durchwanderten Gewebe mehr und mehr 
irritiert werden, infolgedessen auch im November, Dezember und Januar 
die entzündlichen Veränderungen der Submucosa des Oesophagus in 
Form von bernsteingelben, stark serös durchfeuchteten Ödemen oft in 
srößter Ausbreitung hervortreten. Die Speiseröhre kann zu dieser Zeit 
bei starker Invasion bisweilen um das Dreifache ihres normalen Um- 
fanges verdickt sein. — Die am stärksten veränderten Stellen lassen sich 
an dem umgestülpten Schlunde schon an ihrer Hervorwölbung und 
an ihrer graugrünlich durchschimmernden Farbe erkennen. Beim Ein- 
schneiden in dieselben findet man entweder eine oder mehrere Larven 
fast regelmäßig in der nächsten Umgebung der Ödeme, in manchen 
Fällen auch in dem krankhaften veränderten Gewebe selbst. Die Sub- 
mucosa ıst dann derart mit entzündlichen Exsudaten durchtränkt, daß 
sie schon bei einem Einschnitt in die Schleimhaut hervorquillt und 
sich bei leichtem Druck eine blutserumähnliche Flüssigkeit entleert. 
Hin und wieder finden sich in diesem ödematösen Gewebe auch blutige 
Streifen. Die stärkste pathologische Gewebsveränderung zeigt sich 
erklärlicherweise da, wo entweder mehrere Larven in der Nähe liegen, 


680 Hermann Jost, 


oder eine Larve Querstellung zur Längsachse der Speiseröhre ein- 
genommen hat. — Ob diese mit dem zunehmenden Wachstum des 
Schmarotzers stärker hervortretende Irritation eine Folge der ver- 
mehrten Tätigkeit der Mundwerkzeuge ist, welche vielleicht durch das 
erhöhte Nahrungsbedürfnis der Larve bedingt wird, oder ob mit dem 
zunehmenden Wachstum ein verstärkter Reiz durch den Gesamtkörper 
der Larve verursacht wird, oder ob eine reichlichere Secretion und Ex- 
cretion derselben die Veranlassung gibt, vermag ich vorerst nicht zu 
entscheiden, am wahrscheinlichsten erscheint mir neben der bohrenden 
Tätigkeit als Hauptursache die Einwirkung der Secrete auf die Gewebe 
(s. S. 689). In einem späteren Abschnitte wird versucht werden, die 
letztere Annahme näher zu begründen. Eine weitere Erklärung ließe 
sich ja auch durch die längere Zeit des Aufenthalts und die zunehmende 
Anzahl der sich in der Schlundwand ansammelnden Larven geben, denn 
ein monatelanges Hin- und Herwandern zahlreicher Parasiten in der 
Submucosa wird naturgemäß eine ausgebreitetere Irritation hervor- 
rufen wie ein kurzes Wandern weniger Schmarotzer. — Wenn die 
Larven die Oesophaguswand verlassen haben, verschwinden auch all- 
mählich die entzündlichen Veränderungen. Die Schleimhaut zeigt dann 
niemals und die Muskelhaut, auch wenn auf ihr Larven angetroffen 
werden, höchst selten Spuren irgendeiner vorher durch Schmarotzer 
verursachten Irritation. 

Trotz fortgesetzter Bemühungen an einem überaus zahlreichen 
Material habe ich niemals beobachten können, daß die Larven — wie 
SCHNEIDEMÜHL angibt — im submucösen Gewebe des Schlundes mehr 
oder weniger reihenweise in der Richtung nach dem Magenende der 
Speiseröhre hin gelagert sind. Im Gegenteil, solange Larven im Oeso- 
phagus anzutreffen sind, liegen sie stets ganz unregelmäßig in der Sub- 
mucosa zerstreut, die meisten in der Längsrichtung, einzelne aber auch 
in der Querachse der Speiseröhre. Mit besonderem Interesse habe ich 
vom Monat Juli bis zum März bei jeder einzelnen Larve der etwa 300 
untersuchten Schlunde mittels Lupe die Kopfrichtung festgestellt; ich 
bin dabei zu dem Ergebnis gekommen, daß- von Juli bis Dezember 
etwa 50% Larven ihr Kopfende nach dem Anfangsteile, und die andern 
50% ihr Kopfende nach dem hintern Endteile der Speiseröhre hin ge- 
richtet, dagegen von Dezember bis Ende Februar etwa 85% der Larven 
ihre Kopfrichtung nach dem Magenendteile hin genommen hatten. 
Gelegentlich dieser Untersuchung machte ich die weitere Wahrnehmung, 
daß die während der Sommer- und Herbstmonate in der ganzen Länge 
der Oesophaguswand zu findenden Larven in den verschiedensten 


Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 681 


Größen durcheinander gemengt, inden Wintermonaten aber die stärksten 
Larven in überwiegender Zahl am Magenende des Schlundes zu finden 
sind. Im Januar und Februar fand ich durchschnittlich weniger Larven 
in der Schlundkopfgegend des Oesophagus, und wenn vereinzelte an- 
getroffen wurden, so waren dieselben meistens schwächer entwickelt. 
Mit der Abnahme der Larven im vorderen Schlundteile schwinden auch 
die ödematösen Veränderungen daselbst, dieselben treten dagegen um 
so heftiger an dem von den Schmarotzern meist stark besetzten Magen- 
endteile der Speiseröhre hervor. — Die Wahrnehmung andrer Beobachter, 
daß die Brustportion des Schlundes, speziell die Durchbruchsstelle vor 
dem Zwerchfelle, stets am stärksten pathologisch verändert ist, und hier 
immer die meisten Larven zu finden sind, vermag ich durch eigne Be- 
obachtung zu bestätigen, dagegen kann ich in voller Übereinstimmung 
mit KocH der Behauptung Rusers nicht zustimmen, daß das Vor- 
kommen der Larven und der durch dieselben verursachten Verände- 
rungen der Speiseröhre hinter dem Zwerchfell eine Seltenheit sei. 

Erst vom September an fand ich auch Larven außerhalb des 
Schlundes auf der Muscularis und zwar zu dieser Zeit vorwiegend in 
der Nähe der Einmündungsstelle der Speiseröhre in den Magen. Larven- 
spuren konnte ich weder in der Muskulatur noch außerhalb derselben 
entdecken. Fast zu der gleichen Zeit, in einzelnen Fällen etwas früher, 
waren, wenn auch vorerst nur vereinzelt, so doch später zahlreicher, 
Larven und Larvenspuren in dem Bindegewebe zwischen dem Milz- 
rande und dem Magen, im Zwerchfell, in dem Fettgewebe des Netzes 
und seltener in dem Gekrösfett meist subserös anzutreffen. Verhältnis- 
mäßig die meisten Larven und die ausgeprägtesten Spuren fanden sich 
in sehr vielen Fällen in der Gegend der Zwerchfellpfeiler, im Media- 
stinum und der Nierenkapsel und zwar während der ganzen Dauer der 
Spätherbst- und Wintermonate. 

Ich ziehe aus den seither angeführten Beobachtungen 
den Schluß, daß die Larven vom Monat Juli ab in größter 
Zahl von dem Anfangsteil des Magens in das submucöse Ge- 
webe des Schlundes dringen, in demselben monatelang hin- 
und herwandern, alsdann zum Durchgangspunkt zurück- 
kehren, um nach Durchbohrung der Muskelschicht des 
Schlund-Magenteiles subserös an besonders bevorzugten 
Stellen der Brust- und Bauchhöhle einem andern Ziele — 
dem Wirbelkanal — zuzustreben. Daß dieser Weg nicht von 
allen Larven eingeschlagen wird, sondern ein kleiner Teil 
sich andre Bahnen sucht oder Abkürzungen macht, zeigt 


682 Hermann Jost, 


das gleichzeitig mit dem ersten Auftreten der Larven im 
submucösen Gewebe des Schlundes hin und wieder zu beob- 
achtende Erscheinen vereinzelter Schmarotzer an den ver- 
schiedensten, von den am meisten benutzten Bahnen weit 
abgelegenen Stellen der Brust- und Bauchorgane. — Außer 
CuURTICE, der Larvengänge durch die Muskelschicht der Speiseröhre 
beobachtet hat, und Koch, welcher Larven zwischen der Schleimhaut 
und Muskelhaut der ersten Magenabteilung und außerhalb des Schlund- 
muskels gelagert fand, ist es noch nicht gelungen, Larven beim Durch- 
bohren der Schlundwandung — sowohl der Schleimhaut als auch der 
Muskelschicht — anzutreffen. Fasse ich meine eigne Beobachtung 
bezüglich des Antreffens von Larven auf der Muskulatur der Schlund- 
mündung mit den Wahrnehmungen der beiden vorgenannten Forscher 
zusammen, dann komme ich — trotzdem weitere Untersuchungen erst 
‘volle Aufklärung bringen werden — vorerst doch zu der bereits erwähnten 
Annahme, daß die Larven, um zur Bauchhöhle zu gelangen, die Schlund- 
muskulatur an der Einmündungsstelle in den Magen durchbohren. 

Im Anschluß hieran möchte ich noch einiger subeutaner Impf- 
versuche Erwähnung tun, die ich im Monat August mit jungen Larven, 
“welche der Submucosa des Schlundes entnommen waren, an einer Stall- 
ziege ausführte. Ich brachte zuerst zwölf Schlundlarven von geschlach- 
teten, aber noch lebenswarmen Weidetieren in eine Hauttasche der 
linken Halsseite und verschloß die Impfwunde mit drei Heften, am 
nächsten Tag überimpfte ich zehn Larven in der gleichen Weise an der 
rechten Halsseite direkt vor der Schulter, und einige Tage später wählte 
ich für neun Larven die linke Brustseite aus. Ich ließ die Ziege bis zum 
April stehen, um zu beobachten, ob die jungen Larven sich weiter ent- 
wickelten bzw. wanderten und im Frühjahre Dasselbeulen bildeten. 
Bis zu dem angegebenen Zeitpunkte waren an der Körperoberfläche 
der Ziege aber nirgends Zeichen einer Dasselbeulenbildung aufgetreten 
und stellten sich auch später nicht ein. Wenngleich ein derartiger Ver- 
such für sich allein nicht beweiskräftig genug ist, so unterstützt er 
doch die bereits früher schon einmal ausgesprochene Meinung, daß 
die Mehrzahl der jungen Larven, um sich in weniger günstigen Ge- 
weben weiter entwickeln zu können, vorerst eines längeren Aufenthaltes 
in den nicht sehr widerstandsfähigen Bindegewebsmassen der inneren 
Organe ihres Wirtes — speziell des Schlundes — bedarf. Die bei meinen 
Impfversuchen übertragenen jungen Larven der Schlundsubmucosa 
werden wahrscheinlich im August noch nicht so weit entwickelt ge- 
wesen sein, um diese Gewebe entbehren und in der Subeutis weiter 


Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 683 


leben zu können. Daß besonders gut entwickelte Larven nach einer 
Überimpfung ausnahmsweise auch zu einer früheren Periode subcutan 
ihr Fortkommen finden können, mag nicht nur nicht ausgeschlossen, 
sondern sogar sehr wahrscheinlich sein. Da nach der Schlachtung 
der Ziege an keiner Stelle Larven oder Larvenspuren zu finden waren, 
wird die Annahme, daß sie infolge ungenügender Entwicklung zugrunde 
gegangen und resorbiert worden sind, noch weiter bestätigt. — Einen 
ähnlichen subeutanen Impfversuch wiederholte ich mit zehn Schlund- 
larven 4 Monate später im Dezember an einem etwa 5 Wochen alten 
Kalbe. Von diesen zehn in das Unterhautbindegewebe der linken und 
rechten Brustseite gebrachten Larven kamen ım April drei mit Dassel- 
beulenbildung in der Rückengegend zur Entwicklung. Wiewohl 
auch dieses positive Impfresultat keinen endgültigen Beweis für meine 
vorstehende Annahme — daß die allerjüngsten Larven erst eine gewisse 
Stufe der Entwicklung erreicht haben müssen, ehe sie im Unterhaut- 
zellgewebe leben können — liefert, so gibt es doch einen beachtenswerten 
Anhaltspunkt hierfür; erst die Fortsetzung derartiger Versuche wird 
imstande sein, hierüber volle Klarheit zu bringen. 

Bei meinen Untersuchungen hatte ich häufig Gelegenheit, zu be- 
obachten, daß die Larve am Ende des ersten Stadiums nicht mit 
den Mundwerkzeugen sondern mittels des Analteiles das Bohrgeschäft 
durch die Cutis verrichtet. So oft ich diese Wahrnehmung machte, 
stiegen Zweifel in mir auf, ob der Schmarotzer auf seiner vorherigen 
Wanderung durch den Tierkörper zum Durchdringen der lockeren 
Gewebe im Gegensatz zu obiger Beobachtung seinen Mundapparat be- 
nütze, sich also stets in der Kopfrichtung vorwärts bewege, oder ob er 
zu dieser Pionierarbeit nicht auch sein hierzu so sehr geeignetes und 
sut ausgerüstetes Analende gebrauche, und infolgedessen nicht der 
Kopf sondern die hinteren Stismenplatten die Wanderrichtung be- 
zeichnen. Um mich hierüber zu vergewissern, machte ich nachfolgenden 
Versuch, der meine Zweifel ein für allemal beseitigte. Ich brachte 
möglichst rasch nach der Schlachtung lebenswarme, mit Larven be- 
‚haftete Schlunde, deren Schleimhaut nach außen gewendet war, in 
eine große Porzellanschale, die mit einer auf 38° C. konstant erwärmten 
physiologischen Kochsalzlösung — hergestellt aus filtriertem Regen- 
wasser — gefüllt war. Nachdem die Lage einzelner leicht erkennbarer 
Larven am Schlunde deutlich gekennzeichnet war, wurden dieselben 
sowohl mit.dem bloßen Auge als auch mit der Lupe einige Stunden 
unausgesetzt unter Beobachtung gehalten. Diese stete Überwachung 


war erforderlich, um einerseits andre Einwirkungen, wie Muskelcon- 
Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. i 45 


684 Hermann Jost, 


tractionen und Schleimhautverschiebung, welche ohne Zutun der Larve 
eine Lageveränderung derselben herbeizuführen imstande waren, nicht 
zu übersehen, anderseits um mich von der aktiven Tätigkeit der 
Larve bei der Weiterbewegung zu überzeugen. Nach einigen Stunden 
hatten, wenn auch nicht alle, so doch vereinzelte Larven einen Weg 
von einigen Millimetern zurückgelegt. Wie nach dem Aufschneiden der 
Schleimhaut durch die Untersuchung der Larven mittels einer guten 
Lupe festgestellt werden konnte, waren diese Schmarotzer in der Rich- 
tung des Kopfes gewandert, ein Anhaltspunkt dafür, daß die zarten 
Mundwerkzeuge zur Durchbohrung des lockeren Gewebes während der 
Wanderzeit benutzt werden, die kräftig bedornte hintere Stigmenplatte 
aber erst am Ende des ersten Stadiums zur Durchlöcherung der derben 
Cutis in Tätigkeit tritt. — Wie gut sich spinale Larven nach Über- 
impfung im subcutanen Gewebe zu entwickeln vermögen, und mit 
welcher Schnelligkeit sie daselbst wandern, hat KooREVAAR durch 
einen Impfversuch an einem Hund sehr schön nachgewiesen. 


3. Die Weiterwanderung der Larve des ersten Stadiums im Körper 
des Wohntieres mit besonderer Berücksichtigung ihres Aufenthaltes 
im Wirbelkanal und in der Subecutis. 


Während Koc# u.a. schon in den Monaten Juni—Juli fast mit 
dem ersten Auftreten der Larven in der Oesophaguswand — auch solche 
in der Bauchhöhle beobachtet haben, konnte ich erst — wie bereits er- 
wähnt — von September an daselbst auf der ersten Magenabteilung und 
am Milzrande die Schmarotzer entdecken. Nach den allgemein ge- 
machten Beobachtungen läßt sich aber mit Bestimmtheit sagen, daß, 
solange Larven in der Schlundwand anzutreffen sind, dieselben — wenn- 
gleich vereinzelt — auch in der Bauchhöhle zu finden sind. Abgesehen 
von einigen andern Stellen der Bauchhöhle — im Gekrösfett des Dünn- 
darmes, unter dem Peritoneum der linken Flankengegend und im Netz- 
fett — an denen nur hin und wieder verirrte Schmarotzer auftreten, 
habe ich bei den meisten Weidetieren während der Herbstmonate die 
Larven und ausgebreitetsten Larvengänge in dem Fettgewebe und 
Bindegewebe, welches nach der Wirbelsäule zu gelegen ist, insbesondere 
an den Zwerchfellpfeilern, dem Milzrande, der Nierenkapsel und dem 
Mediastinum gefunden. Wenn an diesen Stellen die Parasiten nicht 
mehr anzutreffen waren, dann zeigten sich sicher Larvengänge, deut- 
lich erkennbar an .der gelblichen Verfärbung und der serösen oder 
gelatinösen Durchfeuchtung des lockeren Bindegewebes, welches die 
einzelnen Gewebsmassen und Organe miteinander verbindet. 


Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 685 


Trotzdem die meisten Weidetiere, wie aus den Larvenfunden in 
der Schlundwand und den späteren Dasselbeulen hervorgeht, mit einer 
großen Zahl von Schmarotzern — durchschnittlich bis zu 20 und 30 Stück 
— behaftet sind, findet man selbst in den von denselben mit Vorliebe 
eingeschlagenen Bahnen der Bauchhöhle doch immer nur vereinzelte 
Exemplare, deren Gesamtzahl daselbst gegenüber der Larvenanhäufung 
in der Submucosa des Schlundes verschwindend klein ist. — Diese 
Erscheinung läßt sich einesteils dadurch erklären, daß die Larven nicht 
gleichzeitig, sondern zu verschiedenen Zeiten und zwar jedesmal nur 
in geringer Zahl von der Schlundwand aus zur Bauchhöhle hin aus- 
wandern, andernteils aber auch durch den weiteren Umstand, daß die 
größte Zahl der Larven vom Endteile des Schlundes aus den kürzesten 
Weg zu ihrem zweiten Sammelpunkt — dem Wirbelkanal — ein- 
schlägt, diese kurze Strecke mit Hilfe der großen Bewegungsfähigkeit 
aber schnell zurücklegt und infolgedessen auch rasch aus der Bauch- 
höhle verschwindet. Hierzu kommt noch, daß sich die Bauchlarven 
durch ihre versteckte Lage im Gewebe und infolge der Unzugänglich- 
keit einzelner Organe und Fleischteile für die Untersuchung sehr häufig 
dem Auge des Forschers entziehen. Außerdem muß berücksichtigt 
werden, daß infolge des größeren Umfanges der Brust- und Bauch- 
höhle die Larven mehr verteilt sind, sich also nicht auf eine kleine 
Fläche wie beim Schlunde konzentrieren. Hierdurch wird das Auf- 
' finden derselben wesentlich erschwert. 

Sobald die Parasiten die Oesophaguswand verlassen haben, können 
sie nach den gemachten Befunden unter Benutzung der bindegewebigen 
Umhüllung der Gefäße und Nerven mit Leichtigkeit von dem Media- 
stinum, der Wand der ersten Magenabteilung, der Milz und dem Endteile 
des Schlundes die Wirbelsäule erreichen. Der direkteste Weg von 
den soeben genannten Stellen der Bauchhöhle zum Wirbel- 
kanal führt entweder der Nierenkapsel oder den Zwerchfell- 
pfeilern entlang; in der Brusthöhle geht derselbe längs der 
Außenwand des Schlundes im Verlaufe des Mediastinums 
und desZwerchfells. Daß diese Teile, speziell die der Bauch- 
böhle, von den Larven zu ihrer Wanderung nach den Wirbel- 
löehern am meisten benutzt werden, beweist die Beobach- 
tung, nach welcher an keiner andern Stelle so auffallende 
Gewebsveränderungen infolge derLarvenbewegungzufinden 
sind, wie hier. Diese Wahrnehmungen und die daraus gezogenen 
Schlußfolgerungen sind nicht allein von mir, sondern von vielen Beob- 
achtern gemacht worden. Am häufigsten waren die Larven an diesen 

45* 


686 Hermann Jost, 


Stellen in den Monaten Dezember und Januar zu treffen, zu derselben 
Zeit zeigten sich auch die pathologischen Gewebsveränderungen daselbst 
am ausgebreitetsten und ausgeprägtesten. Daß die Parasiten, um in 
den Wirbelkanal zu gelangen, ihren Weg, nachdem sie das intermusku- 
läre Bindegewebe der unteren Rückenmuskeln (Lendenmuskeln) durch- 
wandert haben, durch die Zwischenwirbellöcher nehmen und durch 
dieselben wieder zurückwandern, konnte ich verschiedentlich beobachten. 
So fand ich im Januar bei drei Weideochsen in den Wirbellöchern zwölf 
Larven, welche sich zum Teil begegneten, deren Wanderrichtung also, 
nach der Kopfstellung zu urteilen, teils nach dem Inneren des Wirbel- 
kanals teils entgegengesetzt — nach außen — ging. BERG hat außer- 
dem im intermuskulären Bindegewebe zwischen dem kleinen Lenden- 
muskel und Hüftmuskel Larven angetroffen; ich habe daselbst niemals 
die Schmarotzer finden können, daß dieselben aber durch dieses Gewebe 
wandern, beweisen die von mir oft beobachteten unverkennbaren krank- 
haften Veränderungen zwischen den einzelnen Muskellagen. — Auch 
der Umstand, daß ım Wirbelkanal vom Dezember bis Fe- 
bruar die meisten Larven in der Nähe der Wirbellöcher — 
dem Kreuzungspunkte — zu finden sind, weist darauf 
hin, diese als die Ein- und Ausgangspforten der Larven- 
wanderung zu betrachten. 

Daß nicht alle Larven diesen direkten Weg einschlagen, sondern 
einzelne an ganz entlegenen Körperstellen angetroffen werden, ist bereits 
gesagt worden. Einige von den Schmarotzern werden, wenn sie auf 
diesen Irrfahrten nicht die nötigen Lebensbedingungen finden, zugrunde 
gehen, andre werden als Nachzügler zu einer außergewöhnlich späten 
Jahreszeit auf der Hautoberfläche in den Dasselbeulen zum Vorschein 
kommen, und der kleinste Teil wird überhaupt nicht in einem Jahre 
zur Entwicklung gelangen, sondern anstatt etwa 10 Monate nahezu 
13/4 Jahre im Tierkörper wandern, bis er zur Dasselbeulenbildung Ver- 
anlassung gibt. Von dem Zugrundegehen der Larven im Wohntiere 
kann man sich durch genaue Untersuchungen geschlachteter Weidetiere 
fast stets überzeugen; man findet diese degenerierten Schmarotzer in 
geringer Zahl in der Schlundwandung, meist aber subpleural oder sub- 
peritoneal in der Bauchhöhle, sie treten infolge ihrer grüngelben Farbe 
deutlicher als die lebensfähigen Larven in dem Gewebe hervor. Sie sind 
größtenteils verkäst, nur selten lagern sich Kalksalze in der käsigen Masse 
ab, aber regelmäßig werden sie von einer schwachen bindegewebigen 
Hülle umgeben. So häufig man beobachten kann, daß verirrte Larven 
erst spät, aber immer noch innerhalb der normalen Entwicklungszeit 


Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 687 


von etwa ?/, Jahren an der Oberfläche der Haut in den Dasselbeulen 
erscheinen, so selten — die Literatur verzeichnet bislang keinen der- 
artigen Fall — hat man die Wahrnehmung gemacht, daß die Schmarotzer 
ausnahmsweise fast 13/, Jahre im Wohntiere verweilen, bis sie wieder 
mit der Außenwelt in Verbindung treten und zur vollen Entwicklung 
kommen. Einen derartigen Fall konnte ich unter einem Milchvieh- 
bestand eines Gutsbesitzers in Göttingen beobachten. Eine Kuh, welche 
bis zum Herbste des Jahres 1904 in den Elbinger Niederungen Weide- 
gang gehabt hatte, wurde im März 1905 an den erwähnten Gutsbesitzer 
verkauft und war seit dieser Zeit nicht wieder aus dem Stalle gekommen. 
‚Im April 1906 zeigte diese Kuh in der Lendengegend fünf Dasselbeulen, 
aus welchen beim Druck die Larven des dritten Stadiums von Hypo- 
derma bovis schlüpften. Da im weitesten Umkreis von Göttingen die 
Hypoderma bovis-Fliege nicht vorkommt, und die Kuh seit dem Jahre 
1904 nicht wieder auf die Weide, seit März 1905 überhaupt nicht mehr 
aus dem Stalle gekommen war, muß die Invasion bereits im Jahre 1904 
auf den Elbinger Weiden, wo diese Fliege heimisch ist, stattgefunden 
haben. Nach Mitteilungen des in seinen Angaben sehr zuverlässigen 
Besitzers und des Schweizers haben sich im Frühjahr 1905 — also inner- 
halb der normalen Entwicklungszeit — bei der Kuh keine Dasselbeulen 
gezeigt. 

Daß zwei Invasionen von zwei Sommern bei demselben Rinde vor 
kommen können, ist schon leichter zu erklären und auch von KooREVAAR 
konstatiert worden, derselbe fand »beinahe ausgewachsene Hypoderma- 
Larven in den Dasselbeulen und die jüngsten Larven der neuen Invasion 
in der Schlundwand «. 

So wenig erforderlich es ist, daß alle Larven der Oesophaguswand, 
um zu ihrer Endstation — der Subcutis — zu gelangen, erst die Bauch- 
höhle passieren müssen, ebensowenig, ja noch viel weniger ist es Be- 
dinsung, daß die bereits in der Bauchhöhle wandernden Schmarotzeı 
auf ihrem Weg zum subcutanen Gewebe vorher den Wirbelkanal als 
Zwischenstation benutzen. Es sind direkte Larvenwanderungen vom 
Schlunde zur Subcutis mit Umgehung der Bauchhöhle, und von der 
Bauchhöhle zum Unterhautbindegewebe ohne vorherige Passage durch 
den Wirbelkanal beobachtet worden. Derartige Extratouren müssen 
jedoch als Ausnahmen bezeichnet werden, ebenso die direkte Ein- 
wanderung der Larven in die Bauchhöhle von der Einmündungsstelle 
der Speiseröhre in den Magen unter Vermeidung der monatelangen 
Wanderung durch das submucöse Gewebe des Oesophagus. Daß der 
Aufenthalt der Hypodermenbrut in der Schlundwand und 


688 Hermann Jost, 


im Wirbelkanal zu bestimmten Perioden der Larvenent- 
wicklung aber Regel ist, das beweist die stets innerhalb 
gewisser Monate des Jahres daselbst zu beobachtende starke 
Ansammlung jener Parasiten. 

Die ersten Larven im Wirbelkanal der Weidetiere fand ich im Monat 
November, also zu einer Zeit, in der bei den meisten Weiderindern auch 
die Schlundwand noch stark mit Schmarotzern durchsetzt war. Am . 
häufigsten und zahlreichsten konnte ich sie in den Monaten Januar und 
Februar daselbst antreffen, im März dagegen wurden sie schon seltener, 
und nach März traten sie an dieser Stelle nur ganz vereinzelt auf, um 
in den Monaten Juni, Juli und August aus dem Fett des Wirbelkanals 
fast vollständig zu verschwinden. Aus meinen Befunden, auf die 
ich noch einmal näher zurückkommen werde, läßt sich in 
Übereinstimmung mit den von andrer Seite gemachten 
Beobachtungen der Schluß ziehen, daß die Larven fast regel- 
mäßıg von Ende Dezember bis Mitte März den Wirbelkanal 
passieren. Daß Ausnahmen vorkommen, habe ich bereits angedeutet; 
KOOoREVAAR hat beispielsweise im Wirbelkanal schon im August und 
HINRICHSEN noch bis Mai und Juni daselbst Schmarotzer angetroffen. 

Die Zahl der Weidetiere, bei welchen Larven im Wirbelkanal 
zu finden sind, ist bedeutend geringer als die von Rindern, in deren 
Schlundwand Schmarotzer beobachtet werden. Das diesbezügliche Er- 
gebnis meiner Untersuchungen wird erklärlicherweise von dem Zeit- 
punkte beeinflußt, an welchem die Untersuchungen des Wirbelkanals 
nach Larven vorgenommen wurden; im Monat Dezember waren bei- 
spielsweise etwa 5%, im Januar und Februar nahezu 35% und im 
März ungefähr 8%, aller geschlachteten Weidetiere mit spinalen Larven 
behaftet. In den Monaten vor- und nachher schwankt die Zahl 
zwischen ganz geringen Prozentsätzen. — Fast in dem gleichen Ver- 
hältnis nimmt auch die Zahl der im Wirbelkanal der Weiderinder zu 
findenden Schmarotzer ab. Im Dezember fand ich daselbst durch- 
schnittlich 5—7, im Januar und Februar 12—15 und im März kaum 
6—8 Larven. Nur vereinzelt trifft man sie daselbst vor Dezember und 
nach März. Diese Zahlenangaben können selbstverständlich nicht als 
Norm für alle Gegenden und Verhältnisse betrachtet werden, denn die 
diesbezüglichen Ergebnisse sind nicht allein von der Sorgfalt und Zahl 
der Untersuchungen, sondern sehr häufig auch von dem glücklichen 
Zufall und der günstigen Gelegenheit, besonders aber von dem Weide- 
gang der Tiere abhängig. KoorEvaar hat z. B. bei einem jungen Rinde 
zwischen Oktober und Januar einmal 57 spinale Larven angetroffen. — 


Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 689 


Der kleine Prozentsatz. der im Wirbelkanal inficierten Tiere und die 
verhältnismäßig geringe Zahl der dort gefundenen Larven sind nur da- 
durch zu erklären, daß einesteils die spinalen Larven unter Umständen 
sehr schwer zu erkennen, bzw. zu finden sind, und deshalb manches 
Exemplar dem Untersucher entgehen wird, daß andernteils aber auch 
während der Monate Dezember bis April die Gesamtzahl der im ganzen 
Tierkörper enthaltenen Larven sich unter Umständen auf fünf Körper- 
stellen — Schlund, Brusthöhle, Bauchhöhle, Wirbelkanal und Subcutis 
— verteilt, und hierdurch die Zahl der im epiduralen Fett der Wirbel- 
säule anzutreffenden Larven dementsprechend reduziert wird. 

Schon mit Rücksicht auf den Weg und den Ort, welchen die Schma- 
rotzer zur Ein- und Auswanderung in den Wirbelkanal größtenteils 
benutzen, kann es nicht überraschen, daß gerade das epidurale Fett 
der Lendenpartie die meisten Larven hat, und daß sich als natürliche 
Konsequenz in diesem Fett- und Bindegewebe auch die ausgesprochen- 
sten pathologischen Veränderungen zeigen. In der Lendengegend des 
Wirkelkanals tritt uns eine ganz ähnliche Erscheinung wie an der Ein- 
mündungsstelle des Schlundes in den Magen entgegen, nämlich der 
Hauptinvasionsort kennzeichnet sich hier wie dort durch die größere 
Zahl der zu findenden Schmarotzer und durch die ausgeprägteren 
Gewebsveränderungen. Vorwiegend von der Lendenpartie aus findet 
' dann analog der Larvenbewegung in der Schlundwandung die Wande- 
rung der Parasiten durch die ganze Länge des Wirbelkanals statt. 
Dieses stete Hin- und Herwandern der Larven, sowohl in der Submucosa 
der Speiseröhre, als auch unter der Serosa der Brust- und Bauchhöhle 
und im subperiostalen Fette des Wirbelkanals, ist eine unbedingte Not- 
wendigkeit für die Weiterexistenz der Schmarotzer, denn hierzu treibt 
sie nicht nur das Nahrungsbedürfnis, sondern auch die Gefahr der 
Kinkapselung, die bei der Ruhelage der Parasiten infolge der Reaktion 
des Gewebes unausbleiblich wäre. Auch innerhalb des Wirbelkanals 
wandern sie im Bindegewebe und Fettgewebe zwischen Dura mater 
und Periost. Ihre Gänge kennzeichnen sich durch die bereits beschrie- 
benen charakteristischen Gewebsveränderungen, welche infolge der 
intensiveren Grüngelbfärbung hier noch deutlicher hervortreten und 
infolgedessen für die Suche nach Larven im Fett des Wirbelkanals 
einen wertvollen Anhaltspunkt bieten. Am sichersten sind die Schma- 
rotzer im Wirbelkanal zu finden, wenn man die Weidetiere direkt nach 
der Schlachtung, solange das epidurale Fett noch nicht geronnen ist, 
untersucht, denn sobald dasselbe starr geworden ist, liegen die Larven 
so fest eingebettet und lassen sich so schwer von dem sie umgebenden 


690 Hermann Jost, 


Gewebe unterscheiden, daß es der größten Aufmerksamkeit bedarf, 
um zu einem positiven Resultate zu kommen. 

Nach Durchsägung der Wirbelsäule in der Längsrichtung und durch 
die Mitte des Kanals löst man, um Larven zu finden, von den Wirbel- 
löchern und den darin befindlichen Umhüllungen der Nervenstränge 
ausgehend, mittels einer Pinzette die Fettschicht vom Periost und der 
Dura mater sorgfältig ab; in der Regel findet man dann beim Zer- 
zupfen des Fettes in der Nähe einer gelblichgrünen, oft auch schwach 
blutdurchtränkten, ödematösen Stelle die durchschnittlich 10—12 mm 
langen Schmarotzer. Sie liegen in keiner bestimmten Richtung, ein 
Teil derselben, und zwar der größere, lagert parallel zur Längsachse der 
Wirbelsäule, das Kopfende entweder caudal oder nach vorn gerichtet, 
der andre kleinere Teil zeigt sich in der Querlage zur Längsachse des 
Tieres oder in der Schrägstellung. Im Gegensatz zu den glashellen, 
durchscheinenden Schlundlarven sind die spinalen Schmarotzer meist 
undurchsichtig infolge ihres grünlichgelben Darminhalts, der auch als 
gleichfarbenes Excrement in den Larvengängen des Fettes zu finden ist. 
Außer der Größenzunahme und dieser für die spinalen Larven charak- 
teristischen Verfärbung sind bei mikroskopischer Untersuchung weder 
an der äußeren Struktur noch am inneren Bau der Larve Veränderungen 
zu bemerken. | 

Die Literatur verzeichnet einige Fälle, in denen angeblich 4ypo- 
derma bovis-Larven im Rückenmarkstrang von Pferden gefunden wor- 
den sind, und zwar seien hier die Schmarotzer durch die Dura mater 
bis zu den Nervencentren, ja bis ins Gehirn vorgedrungen und hätten 
Lähmungen des Halses und des Kopfes verursacht. — Da der Sitz der 
Larven nie genau beschrieben worden ist, und man außerdem in keinem 
Falle einwandsfrei nachgewiesen hat, daß diese Schmarotzer tatsächlich 
Larven von Hypoderma bovis waren, sind die angeführten Fälle vorerst 
als Ausnahmen zu betrachten, ebenso wie die bei einigen Pferden 
beobachtete Dasselbeulenbildung in der Sattellage und an andern 
Körperstellen. 

Desgleichen wird in der Literatur berichtet, daß in vereinzelten 
Fällen Aypoderma bovis-Larven subcutan beim Menschen beobachtet 
worden seien und zu ausgeprägten Dasselbeulenbildungen Veranlassung 
gegeben hätten. Die Beschreibung der meist operativ entfernten Larven 
gibt keinen sicheren Anhaltspunkt, ob es sich hier tatsächlich um eine 
verirrte Hypoderma bovis-Larve oder um eine besondere Abart — 
»Oestrus hominis « — gehandelt hat. 

Obgleich schon, wie erwähnt, von KooREVAAR mit Erfolg eine 


Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 691 


Überimpfung von spinalen Larven in das subcutane Bindegewebe einer 
Ziege vorgenommen worden war, und die eingeimpften Schmarotzer sıch 
auch so weit entwickelten, daß daraus Puppen und Hypodermenfliegen 
gezüchtet werden konnten, unterließ ich es nicht, mit Larven aus dem 
Wirbelkanal an einem Kalbe einen ähnlichen subcutanen Impfversuch 
zu machen. Von den acht im Januar ins Unterhautbindegewebe ein- 
seimpften Parasiten verursachten vier Stück im März bis April Dassel- 
beulenbildung. Leider konnte ich die im Mai ausgeschlüpften Hypo- 
dermenlarven nicht zur Verpuppung bringen, da sie schon nach einigen 
Tagen trotz sorgfältigster Behandlung in der Erd- und Laubschicht 
unter der Einwirkung von Pilzen zugrunde gingen. 


Nach einer etwa 2-3 Monate langen Wanderung im 
Wirbelkanal strebt der größte Teil der Larven von Januar 
an bis zum März seinem Endziele — der Subcutis — zu. Der 
Weg aus dem Wirbelkanal durch die Wirbellöcher ist denselben insofern 
vorgeschrieben, als dies die einzigen Öffnungen der knöchernen Hülle 
dieses Kanals sind. Daß man die Parasiten auf ihrer Ein- und Aus- 
wanderung durch diese Ausführungsgänge, in der bindegewebigen Um- 
hüllung der Gefäße und der Nerven liegend, schon vielfach in den ver- 
schiedensten Stellungen überrascht hat, habe ich bereits bei meinen 
eignen Befunden erwähnt. Es wäre infolgedessen nur noch die Frage 
. aufzuwerfen, welchen Weg schlagen die Larven nunmehr ein, nachdem sie 
den Wirbelkanal verlassen haben, und der Verlauf der Blutgefäße und der 
Nervennicht mehr als Richtschnur dienenkann? Die Ausmündungsstellen 
und die nächste Umgebung der Wirbellöcher in der Lendengegend sind 
zinssum, besonders nach der Seite und nach oben hin, mit dicken, festen 
Muskelwülsten umlagert. Lockeres Gewebe, welches von der Larve 
ohne große Schwierigkeit durchwandert werden kann, findet sich nur 
zwischen den einzelnen Muskelgruppen als intermuskuläres Bindegewebe. 

Zweifellos wird dieses lockere Gewebe der Rückenmus- 
keln zur Weiterwanderung in die Subeutis benutzt. Hierauf 
deuten in erster Linie die daselbst gefundenen Larven hin. Koch hat 
im intermuskulären Bindegewebe zwischen den Rückenmuskeln und 
HoRNE zwischen dem kleinen Lendenmuskel und Hüftmuskel die Schma- 
rotzer wahrgenommen. Daß sie dort nicht häufiger entdeckt worden 
sind, dürfte durch die Kürze des Weges von der Wirbelsäule zur Sub- 
cutis, durch die Schnelligkeit der Larvenwanderung, vor allem aber 
durch die aus materiellen Gründen nicht zahlreich und intensiv genug 
ausgeführten Untersuchungen dieser wertvollsten Fleischteile seine 


692 Hermann Jost, 


Erklärung finden. Ich habe trotz eifrigen Suchens, soweit dasselbe ge- 
legentlich der Fleischbeschau am tauglichen Tierkörper ohne Schaden für 
den Besitzer statthaft war, und trotz aller Bemühungen bei einigen bean- 
standeten Tieren, an welchen eine uneingeschränkte Untersuchung dieser 
Muskelpartien vorgenommen werden konnte, dieSchmarotzerim Zwischen- 
gewebe der Rückenmuskeln niemals finden können, dagegen teilte mir 
ein glaubwürdiger Schlachtermeister mit, daß ihm von einem Kunden 
einmal ein Roastbeef zurückgebracht worden sei, weil sich Larven zwi- 
schen den Muskellagen befunden hätten. So selten diese Befunde aus 
den angegebenen Gründen sind, so häufig sind vielerseits und in einigen 
Fällen auch von mir die unverkennbaren Veränderungen der Larven- 
wanderung im intermuskulären Bindegewebe der Rückenmuskulatur 
wahrgenommen worden. Diese Erscheinungen sind daselbst oft so 
ausgebreitet, daß man auf eine starke Frequenz dieses Weges zum 
subcutanen Gewebe schließen kann. — Derartige Fälle werden auch 
von vielen Schlachtern bestätigt; in zwei Fällen, die mir bekannt 
sind, wurden Rostbratenstücke von Fleischergeschäftsinhabern wegen 
des ekelerregenden Aussehens dieser Teile infolge Larvenirritation zur 
Eintschädigung an den Schlachtviehversicherungsverein, der auch 
Fleischteile vergütet, zurückgesandt. Ich konnte mich als Sachver- 
ständiger dieses Vereins von der ekelerregenden Beschaffenheit des 
intermuskulären Bindegewebes, die wegen ihrer charakteristischen Merk- 
male zweifellos auf Larveneinwirkung zurückzuführen war, in jedem 
Falle persönlich überzeugen. 

Daß die Larven auf dem Wege zum Unterhautbindegewebe das 
eigentliche Muskelgewebe durchbohren, ist mit Rücksicht auf die sich 
dabei entgegenstellende Schwierigkeit und die Wahrnehmung, daß der 
Schmarotzer überall auf seiner Wanderung im Tierkörper das lockere, 
weniger widerstandsfähige Gewebe bevorzugt, nicht wahrscheinlich, zumal 
bislang noch von keiner Seite in der Tiefe des Muskelgewebes Hypo- 
dermenlarven oder Gänge einwandsfrei beobachtet worden sind. 


Fast unmittelbar nach dem Beginn der ersten Auswanderung der 
Schmarotzer aus dem Wirbelkanal — also von Januar an, in ganz ver- 
einzelten Fällen schon früher — zeigen sie sich auch schon im Unter- 
hautbindegewebe der Rücken- und Lendengegend, um daselbst nur 
noch eine kurze Zeit hindurch ihr Wanderleben fortzusetzen. Zumeist 
und am frühesten erscheinen sie subcutan in der Lendengegend, in 
kleinerer Zahl aber fast ebenso regelmäßig kann man sie zu derselben 
Zeit auch in der hinteren Partie der Rückengegend beobachten; an 


Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 695 


allen andern Stellen des subcutanen Gewebes fehlen sie oder sind nur 
höchst selten und ganz vereinzelt anzutreffen. — Da man alljährlich 
beim Abhäuten der geschlachteten Weidetiere diese Wahrnehmung 
machen kann, und außerdem an diesen Stellen in Schichten, welche 
tiefer als das Unterhautbindegewebe liegen, z. B. unter den Fascien 
der Muskein, Larven antrifft, wird die vorstehende Auslegung der 
Schmarotzerwanderung vom Wirbelkanal zur Subcutis wesentlich unter- 
stützt.. Das Unterhautbindegewebe der Lendengegend kann 
als letzte Hauptsammelstelle der größten Zahl der im Som- 
mer in das Innere des Wohntieres eingedrungenen Parasiten 
betrachtet werden,- trotzdem hier die darüber gelegenen Haut- 
partien wegen ihrer Dicke und ihrer derberen Struktur der später statt- 
findenden Durchlöcherung den größten Widerstand entgegensetzen. — 
Nicht zu einem gegebenen Zeitpunkte und nicht insgesamt, 
sondern zu verschiedenen Zeiten und verteilt, stellen sich 
die Larven in der Regel innerhalb der Monate Januar— April 
in der Subcutis ein und beschränken hierselbst ihre Kreuz- und 
Querwanderung auf eine Fläche, welche sich in der Länge ungefähr 
vom vorletzten Rückenwirbel bis zum letzten Lendenwirbel und in der 
Breite etwas über das laterale Ende der Querfortsätze der genannten 
Wirbel ausdehnt. Auch in der Zeit, in welcher nur wenige Parasiten 
anzutreffen sind, finden sich an keinen andern Stellen im Tierkörper, die 
von Larven heimgesucht werden, derartig auffallende und ekelerregende 
Veränderungen wie in dem Unterhautgewebe der Lenden- und hinteren 
Rückengegend. Die stete Wanderung der Larven auf einem bestimmten 
Komplex macht dies schon erklärlich, und daß diese pathologischen Ver- 
änderungen der Subceutis mit der Zahl der sich hier ansammelnden 
Schmarotzer ausgeprägter werden müssen, bedarf keines besonderen Hin- 
weises. Bei starker Larvenansammlung zeigt sich die gesamte Subecutis 
der bereits näher bestimmten Lenden- und Rückenpartie als eine schmie- 
rige, sulzige Masse, welche mit Blutungen, grünlichgelben Ödemen, mit 
Larvenexcrementen und Eitermassen durchsetzt ist, und einen überaus 
 ekelerregenden Eindruck macht. Die pathologischen Veränderungen 
treten nicht nur auf der oberflächlichen Schicht des subceutanen Binde- 
gewebes auf, sondern sie erstrecken sich auch bis ins Unterhautfett- 
gewebe, ja bis in die Fascien der Rückenmuskulatur. Beim Enthäuten 
derartiger Weidetiere entleert sich aus den entzündlichen Ödemen ein 
blutserumähnliches Exsudat, unter Umständen sogar eine blutig grünliche 
Eitermasse, welche durch Abfließen auch den nach unten gelegenen 
Stellen des enthäuteten Tierkörpers ein unappetitliches Aussehen gibt. 


. 


694 | Hermann Jost, 


Einige Stunden nach der Schlachtung sind an dem erkalteten Fleische 
die krankhaft veränderten Teile eingetrocknet und verleihen der Ober- 
fläche ein blutrünstiges Aussehen. 

Beim Beobachten dieser ganz auffallenden Gewebsveränderungen 
infolge der Larvenwanderung drängt sich die Frage auf, wodurch werden 
die Infiltrationen hervorgerufen? JENsEn-Kopenhagen hat hierüber 
Untersuchungen an ödematös veränderten Schlunden und Impfversuche 
mit zerstoßenen sterilisierten Larven vorgenommen und ist dabei zu 
der Annahme gekommen, daß die pathologischen Prozesse 
weder auf die mechanisch-traumatische Larveneinwirkung 
noch aufeine Bakterieninfektion zurückzuführen sind, son- 
dern daß sie, wie ich bereits bei der Beschreibung der stark 
entwickelten Speicheldrüsen angedeutet habe, durch eine 
toxische Einwirkung von seiten der Schmarotzer verursacht 
werden. — Diese Toxine sollen die Endothelzellen der Capillaren der- 
artig irritieren, daß — solange der Reiz dauert — eine starke Lymph- 
ausscheidung stattfindet, und — sobald derselbe aufhört — die Lymphe 
ebenso rasch wieder resorbiert wird. Diese Annahme gewinnt an Wahr- 
scheinlichkeit einesteils durch den negativen Befund der bakteriellen 
Untersuchung des infiltrierten Gewebes, andernteils durch die Beob- 
achtung, daß die Ödeme mit der Auswanderung der Larve wieder spurlos 
verschwinden. 

Die Zahl und der Grad der Entwicklung der im subcutanen Gewebe 
anzutreffenden Larven ist je nach dem Zeitpunkte, an dem die Unter- 
suchung vorgenommen wird, sehr verschieden. Im Januar habeich bei 
einzelnen Weidetieren subcutan durchschnittlich 3 bis 4 Schmarotzer 
angetroffen, welche sich alle noch im Wanderstadium befanden, im 
Februar dagegen konnte ich bei jedem Weidetiere daselbst etwa 8 
bis 10 Stück feststellen, die größenteils noch dem ersten Stadium 
angehörten, zum Teil aber auch schon die erste Häutung hinter sich 
hatten und in einer bindegewebigen Kapsel lagen; im März waren hier 
immer noch Larven ersten Stadiums anzutreffen, die meisten der 
Schmarotzer hatten jedoch schon das zweite Stadium erreicht, und nur 
der kleinere Teil gehörte noch dem ersten Stadium an, die Gesamtzahl 
pro Tier in diesem Monat betrug im Mittel 14—16; im April waren im 
Unterhautgewebe die drei Stadien vertreten, die meisten Larven befan- 
den sich im zweiten, viele schon im dritten, insgesamt belief sich die 
Durchschnittszahl in diesem Monat auf 18—20 Stück für jedes Weıde- 
tier; im Mai waren in der Subeutis vorwiegend Larven zu konstatieren, 
welche sich bereits zweimal gehäutet hatten, eine kleine Zahl hatte die 


Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 695 


erste Häutung durchgemacht, und nur ganz vereinzelte Larven befanden 
sich noch ım Wanderstadium; die Gesamtdurchschnittsziffer der sub- 
cutanen Schmarotzer für Mai betrug bei einem Tier 25 Stück. In den 
nun folgenden Sommermonaten habe ich keine weiteren Aufzeichnungen 
gemacht. Die während dieser Zeit in der Subeutis gefundenen Larven 
hatten zum größten Teil das dritte Stadium erreicht, samt den wenigen 
Schmarotzern zweiten Stadiums waren sie eingekapselt, kommunicier- 
ten durch die Öffnung der Dasselbeule mit der Außenwelt und suchten 
ihren Wirt zu verlassen, um sich in der Erde zu verpuppen. 

Fast in dem gleichen Verhältnis, in welchem vom Januar 
an die Zahl der Parasıten ım Unterhautbindegewebe ZUu- 
senommen hatte, nahm sie vom Juni an auch wieder durch 
Ausschlüpfen aus den Dasselbeulen ab, bis im August und 
September kaum noch subcutane Larven zu finden waren. 

Die Gesamtaufenthaltszeit der Schmarotzer in der Subcutis beträgt 
etwas über 31/, Monate, wovon etwa 8—10 Tage für die Wanderzeit 
daselbstin Anrechnung zu bringen sind. Diese Dauer läßt sich annähernd 
dadurch bestimmen, daß, nachdem beim Schlachten der Weidetiere im 
Januar die allerersten Larven im Bindegewebe unter der Haut noch 
wandernd getroffen werden, etwa 10 Tage später schon bei andern Tieren 
die Einkapselung der Schmarotzer wahrzunehmen ist. Daß sie innerhalb 
dieser Frist von etwa 8 Tagen in lebendiger Bewegung sind, zeigen die 
krankhaften Veränderungen des subeutanen Gewebes zur Genüge. 

Es kann nach der bislang gegebenen Darstellung des Entwicklungs- 
sanges der Larve nicht auffallen, daß etwa 96% aller Weidetiere, welche 
aus Gegenden kommen, in welchen die Hypoderma bovis heimisch ist, 
mit subeutanen Larven bzw. Dasselbeulen behaftet sind, während 
der Prozentsatz der Schlachttiere, bei welchen spinale Schmarotzer 
festgestellt werden konnten, ein verhältnismäßig geringer (35%) und 
der mit Oesophaguslarven versehenen Rinder wieder ein verhältnis- 
mäßig sehr hoher, ja sogar der höchste (98%) ist. Die Gründe 
für diese Erscheinung sind bereits näher erörtert worden, es wäre 
nur noch kurz hinzuzufügen, daß die außerordentlich geringe Diffe- 
renz zwischen dem Prozentsatz der mit Schlundlarven und der mit 
subeutanen Schmarotzern anzutreifenden Weidetiere durch das leichtere 
Auffinden und Erkennen derselben an diesen Stellen bedingt wird. 
Dieses Moment fehlt zu der Zeit, in welcher die Larven vom Oesophagus 
aus mit besonderer Bevorzugung des Wirbelkanals dem Unterhaut- 
bindegewebe zustreben. Vergleicht man nun noch die Stückzahl der in 
den einzelnen Körperstellen — in der Submucosa des Schlundes, in dem 


696 Hermann Jost, 


Wirbelkanal und in dem Bindegewebe unter der Haut — zu findenden 
Larven, dann ist die Zahl der im Februar und März in der Subeutis 
liegenden Schmarotzer nur um wenige Exemplare geringer als die 
Summe der Schmarotzer, welche im Oktober, November im Oesophagus 
angetroffen wird, aber im Durchschnitt erheblich größer als die Zahl 
der spinalen Larven. — Dieser Vergleich gibt genügende Aufklärung 
darüber, daß ein großer Teil der Schmarotzer während der Wanderung 
vom Schlunde zur Subcutis bei den Untersuchungen nicht gefunden 
wird, daß auch diejenigen Parasiten, welche den Wirbelkanal auf dieser 
Wanderung nicht aufsuchen, sondern sog. Abwege benutzen, meistens 
doch noch zum Unterhautbindegewebe gelangen, daß nur sehr wenige 
Larven im Tierkörper während der Wanderzeit zugrunde gehen, und daß 
nur in sehr seltenen Ausnahmefällen dieselben zu ihrer Entwicklung 
länger als ein Jahr im Wohntier zubringen. 

Solange die Larven im subcutanen Gewebe wandern, gehören sie 
noch dem ersten Stadium an und zeigen gegenüber den spinalen Schma- 
rotzern nur unwesentliche Veränderungen, sie haben teilweise an Größe 
zugenommen, so daß sie nunmehr durchschnittlich 16 mm lang sind, die 
Segmentierung, die Stigmen und der Mundapparat sind deutlicher sicht- 
bar, und die Farbe ist vom Grünlichen wieder ins Weißlichgelbe über- 
gegangen. 

Häufig hatte ich, wenn die Weidetiere shsehia wurden, Ge- 
legenheit, die Larven bei ihrer Bohrtätigkeit durch die Cutis anzutreffen. 
Es waren nur Larven ersten Stadiums, welche diese Arbeit 
verrichteten, sie hatten sich mit ihrem Analende so fest in das eutane 
derbe Gewebe eingebohrt, daß der übrige Körper mit dem Kopfende 
wie ein Spieß aus der unteren Hautfläche hervorragte. Bei genauer 
Untersuchung der subcutanen Fläche der Haut waren hin und wieder 
Stellen zu finden, an denen die Schmarotzer bereits Bohrversuche ge- 
macht hatten, ohne die Haut vollständig durchlöchert zu haben. An 
diesen angenagten Stellen fanden sich weder Larven noch eingekapselte 
Schmarotzer, ein Beweis dafür, daß der Parasit im ersten Stadium 
schon während der Wanderzeit derartige Anbohrungen vornimmt. 

Sobald die Larve nicht mehr wandert, sondern einige 
Zeit an einer Stellein Ruhe bleibt und sich hier zur Körper- 
oberfläche desWohntieresdurchbohrt, beginnt dieEinkapse- 
lung derselben durch Neubildung von Bindegewebe infolge 
des fortgesetzten entzündlichen Reizes auf das umliegende 
Gewebe. Die Larve ist nicht immer bei beginnender Einkapselung 
mit ihrem Bohrkanal bereits bis zur Oberfläche der Haut durehgedrungen, 


Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 697 


ich habe bei meinen Untersuchungen ganz frisch eingekapselter Schma- 
rotzer in einigen Fällen keine totale Durchlöcherung der Kapseln ge- 
funden, meistens war jedoch eine Öffnung nach außen bei vollendeter 
Einkapselung vorhanden, auch wenn die Larve die erste Häutung noch 
nicht durchgemacht hatte. Wenn die vollständige Durchlöcherung der 
Cutis bei der Verkapselung noch nicht stattgefunden hat, dann erfolgt sie 
jedenfalls sehr rasch nach derselben. Die jüngste Kapsel mit der Larve 
erhebt sich an der subeutanen Fläche der Haut als ein bohnengroßer, 
scharf umschriebener, derber, schmutziggrauer Knoten, der sich beim 
Einschneiden zuerst dünnwandig, später dickwandiger zeigt und einen 
blutigwässerigen, manchmal auch graugelben schmierigen Inhalt ent- 
leert. Die Kapsel wird allmählich größer, die Wände werden durch Neu- 
bildung von Bindegewebe derber, und der Inhalt wandelt sich in einen 
gelben, eitrigen Brei um, in welchem die Larve ruht. Der Bohrkanal 
ist, solange die Larve des ersten Stadiums darin arbeitet, rauhwandig. 
Sobald die Larven nach der Einkapselung nicht mehr wandern, gehen 
die Entzündungserscheinungen in der Subcutis zurück und verschwin- 
den nach kurzer Zeit vollständig; nur bei sehr starker Invasion bleibt 
unter der Outis eine schwartige Verdickung zurück, welche dem Ab- 
häuten größere Schwierigkeiten entgegensetzt, als das normale lockere 
subeutane Bindegewebe. 

Während odersofortnach derDurchbohrung derHaut und 
- der Einkapselung findet das jüngste Larvenstadium seinen 
Abschluß, die erste Häutung des Schmarotzers geht vor sich, 
und damit beginnt sein zweites Stadium, welches auffallende 
Veränderungen in bezug auf Form und Ausrüstung mit sich bringt. 


4. Die Larve in den folgenden Stadien und die Puppe. 


Von BRAUER ist die Larve des zweiten Stadiums der Aypoderma 
bovis bereits beschrieben worden. Auf Grund meiner Untersuchungen 
an einer großen Zahl Larven kann ich seinen Angaben in bezug auf die 
_ Bedornung nicht zustimmen, es sei denn, daß sich in die BRAuErsche 
_ Beschreibung ein Druckfehler eingeschlichen hätte, der dahin zu be- 
richtigen wäre, daß in dem Satze »An der Unterseite stehen am Vorder- 
und Hinterrand des zweiten und neunten Segmentes Querbinden« an 
Stelle des Wortes »und« »bis« gesetzt würde, so daß der Nachsatz 
_ lautete, »des zweiten bis neunten Segmentes«. — Da BRAUER nicht aus- 
führlich auf die Beschreibung des zweiten Larvenstadiums eingeht, lasse 
ich etwas eingehender das Resultat meiner diesbezüglichen Unter- 
suchungen folgen. 


698 Ä Hermann Jost, 


Zur Vermeidung von irrtümlichen Auffassungen schicke ich voraus, 
daß bei Bestimmung der Dimensionen dıe Längsrichtung der Larve, 
die Länge der Binden, und die Querachse der Larve die Breite 
derselben bezeichnet. - 

Schon mit dem bloßen Auge kann man wahrnehmen, daß die Larve 
zu dieser Zeit der Entwicklung nicht mehr wie im ersten Stadium cy- 
lindrisch ist, sondern durch die Verdickung der vorderen Segmente eine 
länglich keulenförmige Gestalt angenommen hat. Zeitweise — je nach 
den Kontraktionen, durch welche die Larve eine Formveränderung 
herbeiführt — zeigt sie sich auch im hintersten Dritteil am breitesten 
und verjüngt sich dann nach den Endgliedern hin. Die drei letzten 
Glieder sind am beweglichsten, sehr deutlich nimmt man dies wahr, 
wenn die lebende Larve in eine konservierende Flüssigkeit gebracht 
wird. : Schon zu Lebzeiten, noch stärker nach dem Tode krümmt sie 
sich dann stets in der Weise, daß die Bauchfläche konvex und die 
Rückenfläche konkav wird. Auf der ventralen Krümmung bemerkt 
man schon mit dem unbewaffneten Auge 16 mattgraue Querbinden, 
die lateral endigen und auf acht Glieder verteilt sind. Am zweiten vor- 
deren Segment beginnt die Reihe der parallel miteinander laufenden 
Querstreifen und endigt mit dem neunten Segmente, infolgedessen er- 
scheint das hintere Larvenende nicht gestreift, sondern weißlichgelb und 
durchscheinend. Die Streifen sind in der Weise geordnet, daß regelmäßig 
in jedem Segment auf einen vorderen schmaleren Gürtel ein hinterer 
breiterer Gürtel folgt. Die schmalen Querbinden werden nach dem hin- 
teren Ende der Larve zu immer schwächer und undeutlicher. Um so 
auffallender treten am hintersten Gliede die beiden dunkelbraunen 
Stigmenplatten hervor. Von diesen ausgehend, kann man ohne Ver- 
größerung auf der Dorsalfläche der Larve, durch die Cuticula durch- 
scheinend, den Verlauf der Hauptracheenstämme verfolgen. Ven- 
tral bemerkt man in der Medianlinie besonders der hinteren Glieder 
schon makroskopisch die blaßgelbe Muskulatur, welche kleine gleich- 
schenkelige Dreiecke bildet, deren Basis regelmäßig unter einem breiten 
Gürtel liegt. Sehr häufig kann man bei Larven mit durchsichtiger Haut 
einen rotbraunen, blutserumähnlichen Darminhalt beobachten. Die 
Larve zweiten Stadiums hat eine Länge von etwa 15 mm und eine Breite 
von 4-5 mm. Die Farbe derselben ist weiß, die chitinösen Gebilde 
sind schwarzbraun. 

Die genauere mikroskopische Untersuchung zeigt folgendes Bild: 

Auf der Dorsalseite ist das erste Glied der Larve unbedornt, das 
zweite, dritte und vierte Glied sind jedoch mit regelmäßig seitlich von 


Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 699 


der Medianlinie gelagerten, aber verschieden gestalteten Dornengruppen 
versehen. Es lassen sich im zweiten und dritten Segment je ein 
Paar Dornengruppen des vorderen Segmentrandes und je ein Paar 
Dornengruppen. des hinteren Segmentrandes unterscheiden; im vierten 
Segment zeist nur der Vorderrand ein Paar entsprechende Dornen- 
bündel. Die Gestalt dieser Gruppen stimmt nicht bei allen Larven 
überein, durch die Untersuchungen läßt sich nur ganz allgemein fest- 
stellen, daß die Dornenbündel der Vorderränder schärfer und mehr 
kreisförmig begrenzt sind wie die der Hinterränder, welche parallel zum 
Rande liegen und kürzer sind. Die Dornengruppen und Dornen in den 
hinteren Segmenten sind immer mehr in der Rückbildung begriffen, 
zuweilen sind die Gruppen nur noch durch ganz vereinzelte Dornen ange- 
deutet. Die Dornenrichtung der dorsal gelegenen Gruppen am Vorderrand 
geht nach hinten und außen. Zwischen diesen hauptsächlich in die Augen 
fallenden Dornenanhäufungen befinden sich in dem medianen Raume 
in verschiedener Häufigkeit unregelmäßige Formen gruppenweise zer- 
streut, die zuweilen noch ein deutliches inneres, d. i. medianes Dornen- 
gruppenpaar darstellen. An den Seitenwülsten der Vorderränder des 
zweiten und dritten Segmentes endigen in je zwei Dornengruppen die 
ventralen Querbinden. Das letzte Glied der Larve ist punktförmig mit 
zarten nach vorn gescheitelten Dornen besetzt. Ein Vergleich dieser 
feinen Dornen des zweiten Stadiums mit der starken Bewaffnung des 
letzten Larvengliedes im ersten Stadium lehrt, daß das Einndglied der 
Larve des zweiten Stadiums nicht mehr zur Bohrtätigkeit bestimmt 
ist. Zwischen den beiden Stigmen und der Afteröffnung kann man hin 
und wieder eine unregelmäßige Querreihe spärlicher Dornen sehen. 

Im ersten Gliede der Bauchseite liest sehr ventralwärts der trichter- 
förmige Mundeingang, dessen innere und untere Fläche mit dicht- 
stehenden, sehr feinen Dornen versehen sind; zuweilen findet man im 
ersten Segment noch zwei andre Dornengruppen oder Andeutungen 
derselben, von welchen man die am hinteren Rande dieses Gliedes ge- 
legene als Rest einer hinteren Dornenbinde betrachten kann. — Vom 
zweiten bis einschließlich neunten Ring unterscheidet man regelmäßig 
an jedem Gliede eine unpaare, bandartige, mediane Dornengruppe, am 
vorderen Segmentrand als vordere Querbinde, und eine unpaare, me- 
diane, sehr breite Dornengruppe am Hinterrande als hintere Querbinde. 
Die Dornen der vorderen Binden sind mittelstark. Während sie in den 
drei ersten Gliedern fast senkrecht stehen, so daß man, von oben be- 
trachtet, nur die Spitzen als Punkte sehen kann, sind sie in den andern 


Gliedern nach hinten und außen gerichtet und deshalb fast in ihrer ganzen 
Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. 46 ö 


700 Hermann Jost, 


Länge wahrnehmbar. Die Dornen der hinteren Querbinden sind stärker, 
in größerer Anzahl angehäuft, und haben ihre Richtung nach vorn und 
außen. Wegen der Stärke, der größeren Zahl und der schrägen Richtung 
der Dornen sind die hinteren Querbinden auffälliger und außerdem brei- 
ter und länger. An den lateralen Enden der Querbinden sieht man vom 
zweiten bis fünften oft auch sechsten Segment paarige kleinere Gruppen 
von Dornen, von welchen diejenigen des Vorderrandes nach hinten und 
außen, diejenigen am Hinterrande aber nach vorn und außen gescheitelt 
sind. Während vom dritten Segment an Ausbuchtungen teils am vor- 
deren, teils am hinteren Rande der starken Querbinden zu beobachten 
sind, teilt sich in der Regel schon vom vierten Gliede an der vordere 
Quergürtel in zwei bis drei Dornengruppen, im vierten und achten 
Gliede oft in vier Dornenabteilungen. Im neunten Gliede vereinigen 
sich diese Gruppen zuweilen wieder zu einer Binde. Die hinteren Quer- 
gürtel teilen sich in der Regel nicht, sondern sind in allen Segmenten 
scharf abgegrenzt. Im zehnten Gliede fehlt die vordere Querbinde, die 
hintere Querbinde ist nur durch feine Bedornung angedeutet, oft 
auch vollständig verschwunden. Das elfte Glied ist vorn dornenfrei, in 
seinem Hinterteile aber gleichmäßig und fein bedornt. Daß jede Larve 
größere oder geringere Abweichungen zeigt, ist bereits angedeutet worden. 

Der Mundapparat des zweiten Stadiums bildet eine V-förmige 
Grube, deren chitinöse Einfassung sich in den Schaufeln des Schlund- 
gerüstes fortsetzt. Über der Mundöffnung lassen sich hin und wieder 
schon Andeutungen der Fühler als chitinöse Ringe erkennen. Die 
Vorderstigmen fehlen. Die hinteren Stigmenplatten haben eine bohnen- 
förmige Gestalt und sind siebartig durchlöchert. — Die Dauer dieses 
Stadiums beträgt 1 Monat. 

Während dieser Zeit liegt der Schmarotzer in der Dasselbeule, die 
sich an der Hautoberfläche immer mehr hervorwölbt und deren Wände 
dicker und derber geworden sind. Der Ausführungskanal wird von der 
Larve des zweiten Stadiums erweitert und die Wandung desselben 
mittels der feinen Bedornung des hintersten Segmentes geglättet. 


Das dritte Stadium, welches mit der zweiten Häutung der 
Larve in der Dasselbeule seinen Anfang nimmt, ist von BRAUER so 
exakt beschrieben worden, daß eine eingehendere neue Beschreibung 
nicht erforderlich ist. Es dürfte zur Vollständigkeit dieser Arbeit eine 
übersichtliche Wiedergabe der wesentlichsten Punkte dieser BRAUER- 
schen Darstellung genügen. — Die Gestalt der Larve ist birnförmig, 
oft auch eiförmig. Die Färbung derselben zeigt sich bei Beginn des 


Beitr. zur Kenntn. des Entwieklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 701 


dritten Stadiums gelbweiß, beim Herannahen der Reife stellenweise 
braun und zur Zeit der Reife vollständig schwarzbraun. Am vorderen 
Ende bemerkt man dorsal eine Naht, welche hufeisenförmig die vier 
ersten Glieder umzieht und die Stelle bezeichnet, an welcher die Nymphe 
die Puppenhülle sprengt. BRAUER hat diese Naht deshalb auch Deckel- 
naht genannt. Zwischen dem ersten und zweiten Gliede befindet sich 
ebenfalls auf der Rückenseite beiderseits ein kleiner dunkler Punkt, 
welcher von BRAUER als vorderes Stigma bezeichnet wird. Über der 
trichterförmigen Mundgrube liegen in der Medianlinie die rudimentären 
Fühler in Form von Chitinringen mit hellem Centrum. Das Schlund- 
gerüst ist V-förmig und unter dem Schlunde verbunden. — Die Seiten- 
wülste treten stark hervor. — Dorsal zeigen sich vom zweiten bis neunten 
Ringe zwei glänzende Wärzchen. Am Vorderrand des zweiten bis fünften 
Gliedes stehen kleine Dornen, die nach den hinteren Gliedern zu immer 
spärlicher werden. Am Hinterrand des zweiten bis ungefähr achten 
Segmentes findet man Reihen kleiner Dornen. Die Zahl derselben 
nimmt nach hinten derartig ab, daß sie zuletzt in eine Gruppe zusammen- 
schmelzen. Der Vorderrand des zweiten bis fünften oberen und mitt- 
leren Seitenwulstes trägt kleine Dornengruppen. — Ventral liegen wie 
bei der Larve zweiten Stadiums am Vorder- und Hinterrand des zweiten 
bis neunten Ringes mehrere Dornenreihen. Die unteren Seitenwülste 
des zweiten bis achten Ringes zeigen gleichfalls Dornengruppen. — 
An den hinteren Ringen sieht man ventral zwischen den Dornenreihen. 
einen Querwulst, der beiderseits in ein warzenartiges Gebilde endigt. 
Die zwei hintersten Ringe sind nackt. Das letzte Segment ist halb- 
kugelig, an seinem Ende sitzen die halbmondförmigen Hinterstigmen- 
platten. Diese Platten sind porös, der wulstige Rand derselben ist 
gefurcht. 

Die Larve hat die Eigenschaft, die verschiedensten Formen anzu- 
nehmen, und nur hierdurch ist es ihr möglich, sowohl zur Zeit der Reife 
aus der engen Öffnung der Dasselbeulen zu schlüpfen, als auch zur 
Verpuppung zwischen Spalten zu tieferen Schichten durchzufallen. — 
Die Reifezeit der Hypoderma bovis-Larve fällt in die Monate Mai und 
Juni. — Die Dauer des dritten Stadiums erstreckt sich auf etwa 21/, Mo- 
nate. Die Länge des Parasiten beträgt zu dieser Zeit ungefähr 24 mm, 
die Breite durchschnittlich 13 mm. 


Die nun folgende Verpuppung der Larve ist vielerseits beschrieben 
worden, so daß ich mich auch hier auf die Wiedergabe des Hauptsäch- 
lichsten der bereits vorhandenen Darstellungen beschränken darf. — 

46* 


102 Hermann Jost, 


Nachdem die reife Larve mittels energischer Oontractionen die Dassel- 
beule verlassen hat, fällt sie zu Boden und verwandelt sich in den ober- 
flächlichen Schichten desselben, falls die erforderlichen Bedingungen 
vorhanden sind, innerhalb der nächsten 12—36 Stunden zur Puppe 
oder Tonne; dabei zieht sich die Larvenhaut zusammen, härtet sich 
und wird zur Puppenhülle. Die Puppe ist meist kahnartig; das vordere 
Ende schmal und das hintere breit. Die Gestalt ist jedoch je nach dem 
Hervortreten der Seitenwülste sehr veränderlich. Die hinteren Stigmen- 
platten und die Bedornung sind wie bei der Larve des dritten Stadiums. 
Die Farbe der Puppe ist schwarzbraun, und die Länge derselben beträgt 
etwa 20 mm. Nach Verlauf von etwa 30 Tagen kommt das vollent- 

wickelte Insekt — die Fliege — Imago — dadurch zum Vorschein, daß 
"sie beim Auskriechen die Puppenhülle an der durch die Deckelnaht 
bezeichneten Stelle sprengt. 


5. Das Entstehen der Dasselbeulen. 


Sobald die Larve aus dem ersten Stadium ihrer Entwicklung tritt, 
streift sie die während der Jugendzeit schwach bedornte Hülle ab und 
rüstet sich für das nun kommende zweite Stadium mit der bereits be- 
schriebenen gruppenweise dicht bedornten Cuticula aus. Der Reiz der 
Secrete, welcher vorwiegend zur Zeit der Wanderschaft ihre Bahnen 
kennzeichnete, schwindet mehr und mehr, und an seine Stelle tritt um 
so stärker die mechanisch-traumatische Einwirkung auf das den Schma- 
rotzer umgebende Gewebe. Die darauffolgende Reaktion desselben 
wird einesteils dadurch hervorgerufen, daß der Parasit nicht mehr 
wandert, sondern als Fremdkörper ruht und die Stelle, an der er liegt, 
ständig irritiert, andernteils aber auch in der Weise veranlaßt, daß 
gelegentlich der auf diese Stelle beschränkten schraubenartigen Drehung 
der Larve die starke Bedornung derselben einen heftigen Reiz ausübt. 
Wie jede fortgesetzte Irritation auf das lebende Gewebe, so ruft auch 
diese stete parasitäre Einwirkung vorerst die allgemeinen Erscheinungen 
der Entzündung hervor, welche dann nach und nach zur Neubildung 
von Bindegewebe führt. — Dieses Entzündungsprodukt umschließt die 
Larve immer mehr, so daß sie schon nach kurzer Zeit ringsum in eine 
dünnwandige Kapsel — in die sog. Dasselbeule — eingebettet ist. Mit 
dieser Einkapselung. ändert sich auch die seitherige Lebensweise des 
Schmarotzers, die Nahrung kann nur noch dem Kapselinhalte ent- 
nommen werden, und mit der fortschreitenden Entwicklung des At- 
mungsapparates wird die direkte Verbindung mit der äußeren Luft zur 
Notwendigkeit. Hat die Larve nicht schon rechtzeitig am Ende des 


Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 703 


ersten Stadiums — wie es fast regelmäßig geschieht — diesem Bedürfnis 
nach Luft durch totale Durchlöcherung der Haut Rechnung getragen, 
dann fällt ihr die Vollendung dieser Arbeit nunmehr als dringendste 
Aufgabe zu. Erleichtert wird dieselbe mit Hilfe des durch die Anhäufung 
von Stoffwechselprodukten und die mechanische Einwirkung des Para- 
siten entstehenden Ulcerationsprozesses, welcher die Hautschichten 
erweicht und gleichzeitig in den hierbei entstehenden Entzündungs- 
und Zerfallsprodukten der Larve die für dieses Stadium erforderliche 
Nahrung liefert. Bei Parasiten mit durchsichtiger Cuticula, wie sie 
häufig direkt nach der ersten Häutung anzutreffen sind, kann man 
aus dem blutserumähnlichen Darminhalt auf diese Nahrungsaufnahme 
schließen; in einer späteren Zeit dieses Stadiums läßt sich außerdem 
beobachten, wie sich mit der Umwandlung des Inhaltes der Dasselbeule 
in einen eitrigen gelblichen Brei auch die Inhaltsmasse des Darmes 
dementsprechend verändert. 

Ist die totale Durchlöcherung der Haut vollendet, dann erwächst 
der Larve des zweiten Stadiums die Aufgabe, die innere Wandung des 
Ausführungsganges zu glätten, eine Arbeit, die in der Weise geschieht, 
daß der Schmarotzer das durch die feine und zahlreiche Bedornung 
hierzu sehr geeignete Hinterende nach Bedürfnis ein- und ausschiebt. 
Mit der Umfangszunahme der Larve vergrößert sich auch der Sack, 
dessen Wandungen infolge der durch den fortgesetzten Reiz hervor- 
gerufenen Neubildung von Bindegewebsmassen immer dicker werden 
und mit dem Corium verwachsen. Gleichzeitig wölbt sich infolge des 
Druckes, den der Schmarotzer durch sein Wachstum ausübt, an dieser 
Stelle die Hautoberfläche oft bis zur Größe eines Hühnereies. Die 
Stellen werden nicht allein durch diese Protuberanzen am lebenden 
Tiere kenntlich, sondern auch infolge des struppigen Aussehens des 
Haarkleides über der Dasselbeule. Außerdem bemerkt man, daß die 
Haare in der nächsten Umgebung der Beule durch eine schmierige Masse 
oder mit trockenen Schorfen verklebt sind. Diese Secrete gelangen 
gelegentlich der Larvendrehung in der Dasselbeule und beim Heraus- 
schieben des Endgliedes in geringen Mengen aus dem Ausführungsgang 
auf die Körperoberfläche des Wohntieres. 

Die Lichtweite der Ausmündungsstelle entspricht dem Querdurch- 
schnitt des hinteren Larvenendes; die Öffnung liegt niemals auf der 
höchsten Stelle der Wölbung der Beule, sondern stets seitlich. Die 
Ränder des Loches sind gespannt, glatt und nicht eingezogen. Sobald 
der Ausführungsgang durch Eintrocknung der Seerete verstopft ist, 
beseitigt die Larve den Pfropf mittels der Bewegungen ihres Endsgliedes. 


704 | Hermann Jost, 


Das Bedürfnis nach Luft veranlaßt sie hierzu, insbesondere zur Zeit des 
dritten Stadiums, in welchem der Atmungsapparat — Vorderstigmen, 
Hinterstigmen und Tracheensystem — vollständig entwickelt ist. In 
diesem Stadium der Larve hat die Dasselbeule die Form einer Bocks- 
beutelflasche, als deren Hals der Ausführungsgang zu betrachten ist, und 
deren Grund im subcutanen Gewebe fast parallel zur Hautoberfläche 
liegt. Bei einem Längsschnitt durch die Mitte der Beule sieht man auf 
dem Grunde die Larve mit dem Kopfende nach innen und mit dem After- 
ende nach dem Ausführungsgang zu gelagert. Infolge der durch die der- 
ben Wände der Kapsel eingeengten Lage beschränkt sich, abgesehen von 
der Drehbewegung der Gesamtlarve, die Bewegungsfähigkeit des Para- 
siten hauptsächlich auf die hinteren Glieder, die nach der Ausmündungs- 
‘stelle hin gestreckt und dann wieder zurückgezogen werden können. 

Sobald der Schmarotzer am Ende seines dritten Stadiums die Beule 
verläßt, fällt sie allmählich zusammen und ist nach vollständiger Ent- 
leerung der Secrete am lebenden Tiere nicht mehr sichtbar. Nach der 
Abhäutung sieht man subcutan an den Stellen, welche mit Dasselbeulen 
behaftet waren, sternförmige Narben. 


STRICKER brachte im Jahre 1858 durch seine mikroskopischen 
Untersuchungen über den histologischen Bau der Dasselbeulenwandung, 
speziell des Ausführungsganges, den Nachweis, daß sowohl dieser letztere 
als auch die Oavität der Beule mit Pflasterepithel überkleidet ist. 
Das Epithel soll unmittelbar in die Epidermis übergehen und das Rete 
Malpighii sich als zweite, stärkere Schicht in den Ausführungsgang 
hinein fortsetzen. Die letzterwähnte Lage bestehe aus spindelförmigen, 
mit länglichen Kernen versehenen Zellen, die meistens kreisförmig um 
den Ausführungsgang gelagert seien. In der Beule selbst hat STRICKER 
die eben genannten histologischen Gebilde nicht gefunden, sondern hier 
als Hauptmasse der Wandung dichtes, durch Blutaustritt unkenntlich 
gemachtes Bindegewebe gefunden. — STRICKER schließt aus seinem 
Befunde, insbesondere aus der epithelialen Überkleidung der Wand des 
Ausführungsganges, die auf der Körperoberfläche des Wohn- 
tieres ausgeschlüpfte Larvenbrut benutze zum Eindringen 
in die Haut physiologische Hautgebilde — Haartaschen —, 
welche sich bei Hypertrophie ihrer Wände, der Entwicklung 
der Larve entsprechend, allmählich vergrößern und zur 
Dasselbeule werden sollen. 

Daß die Larven nicht auf der Körperoberfläche ausschlüpfen und 
nicht in die Haut eindringen, ist bereits hinreichend besprochen worden, 


Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 705 


es dürfte sich nur noch um die Frage handeln, ist die Dasselbeule eın 
verbildetes physiologisches Hautgebilde — eine Haartasche oder eine 
Talgdrüse — oder ist sie eine pathologische Neubildung? 

BRAUER selbst ist kein Anhänger der StRIckerschen Modifikation, 
er erklärt sich dessen Untersuchungsbefund in folgender Weise: »Dab, 
wie aus STRICKERS Untersuchung ersichtlich, die Schichten des Aus- 
führungsganges der Kapsel analog jenen der Haartaschen erscheinen, 
könnte vielleicht darin seine Erklärung finden, daß die Larve, von innen 
die Hautschichten durchbrechend, weniger einen Substanzverlust be- 
wirkt, als vielmehr die durch Reiz entzündeten, gelockerten Gewebsteile 
auseinanderdrängt, und dadurch würde durch Zusammenfluß der den 
Rand der so entstandenen Öffnung umgebenden Haartaschen, die bei 
dergleichen Tieren sehr gedrängt stehen, eine Ähnlichkeit oder Gleich- 
heit des histologischen Baues des Ausführungsganges mit demjenigen 
einer einzelnen Haartasche nicht unmöglich sein. « 

Im Jahre 1860 ist die Wand der Dasselbeulen von Prof. WEDL mikro- 
skopisch untersucht worden. Seine Untersuchung ergab, daß die Wan- 
dung aus mehreren Schichten besteht. Die innerste stellt nach WEDL 
einen schmutziggelben Belag dar, welcher runde, ovale, mit Fettmole- 
külen besetzte Kerne enthält, die in Lagen von Bindegewebsbündeln 
eingebettet sind; ferner hat er in dieser Schicht noch in zwei bis drei 
Spitzen ausgezogene, miteinander zusammenhängende Kerne (Kern- 
fasern) wahrgenommen. Nach dieser inneren, in fettiger Metamorphose 
begriffenen, embryonalen Bindegewebsschicht sollen Lagen von faserigen 
Bindegewebsbündeln folgen, welche nach außen schwielig werden und 
durch lockeres Bindegewebe mit der Rinderhaut zusammenhängen. 
Die mittlere von diesen Schichten ist nach seinen Untersuchungen sehr 
blutreich und trägt Überbleibsel von Blutextravasaten. Den Aus- 
führungsgang der Dasselbeule hat WEDL nicht näher untersucht. 

Er zieht den Schluß, die Dasselbeule sei eine krankhafte, 
durch die Larve verursachte Bindegewebsneubildung. 

Die Untersuchungsergebnisse STRICKERS und WEDLs stehen sich 
nicht gegenüber, sondern stimmen in bezug auf die Zusammensetzung 
der Wand durch neugebildetes Bindegewebe überein, nur in den Schluß- 
folgerungen gehen beide Forscher auseinander, indem WEDL — trotzdem 
er den Ausführungsgang in bezug auf seine Auskleidung nicht näher 
untersucht und infolgedessen den inneren epithelialen Überzug auch 
nicht gekannt hat —, die Dasselbeule als ein neuentstandenes, krank- 
haftes Gebilde und STRICKER dieselbe als eine erweiterte Haartasche 
betrachtet. | 


706 Hermann Jost, 


Obgleich BRAUER zur Klärung dieser Frage schon vor etwa 40 Jahren 
eıngehendere Untersuchungen des Ausführungsganges der Dasselbeule 
für erforderlich hielt, sind bislang weitere Veröffentlichungen über diesen 
Gegenstand nicht erschienen. 


Meine diesbezüglichen mikroskopischen Untersuchungen an zahl- 
reichen Serienschnitten, von welchen ich im Anhang (Taf. XXXI, 
Fig. 10, 11 u. 12) drei durch mikrophotographische Aufnahmen wieder- 
gegeben habe, wurden in nachstehender Weise ausgeführt und haben zu 
einem der Wepıschen Auffassung sich nähernden Resultate geführt. 

Die Dasselbeulen waren zum Zweck der mikroskopischen Unter- 
suchung aus Häuten frisch geschlachteter Weidetiere geschnitten 
und samt ihrem Inhalt etwa 14 Tage lang in Mürterscher Flüssigkeit 
gehärtet. Die 15 u dicken Serienschnitte wurden zum Hervortreten 
der Epithelien teilweise mit Hämatoxylin-Eosin, zum Teil auch zur 
Erkennung des Bindegewebes nach van GIEson gefärbt. Die Unter- 
suchung hatte folgendes Resultat: Die innerste Schicht des Ausfüh- 
rungsganges besteht aus mehrfach geschichteten Plattenepithelien, 
welche sich ununterbrochen samt dem Rete Malpighii von der Epidermis 
aus in das Innere der Beule fortsetzen (s. Taf. XXXII, Fig. 1Ou. 12) und 
sich beim Schneiden mit dem Mikrotommesser lamellenartig abheben 
(Taf. XXXII, Fig. 10). Die zweite Schicht des Ausführungsganges wird 
aus kleinzelligem, stark entzündetem Bindegewebe gebildet, welches 
außerordentlich blutgefäßreich ist, und in welchem sich Spuren von 
blutigen Sugillationen nachweisen lassen. Die dritte und äußerste Schicht 
des Ganges stellt fertiges Bindegewebe dar. 

Die von der Epidermis ausgehenden Epithelien überziehen nicht 
die gesamte Höhlenwandung, sondern setzen sich ungefähr bis zu der 
Stelle des Ausführungsganges fort, an welcher die Larve ruht. Hier — 
etwainder halben Wandhöhe des Sackes — machen sie ganz all- 
mählich Granulationsgewebe Platz, welches somit in der unteren 
Hälfte — dem Grunde der Beule — die innerste Schicht bildet. Auf 
diesem Gewebe befinden sich als Beuleninhalt Zerfallsprodukte, welche 
aus Fettzellen, Resten der Larvenhaut, Larvenexcrementen, abgestoße- 
nen Epithelien und Eitermassen mit Kokken bestehen. Die letzteren 
sind jedenfalls nach Durchbohrung der Haut durch die Larve von der 
Körperoberfläche aus in die Beule eingedrungen. An das Granulations- 
gewebe schließt sich nach außen als mittlere Schicht embryonales, 
zellreiches Bindegewebe, welches von fertigem Bindegewebe, der äußer- 
sten Schicht, umgrenzt wird. — Diejenigen jüngsten Dasselbeulen, 


Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 707 


welche im Anfangsruhestadium der Larve noch keine vollständige 
Durchlöcherung der Haut zeigten, waren an keiner Stelle mit Epithe- 
lien ausgekleidet, sondern deren innerste Wandschicht bestand durch- 
weg aus Granulationsgewebe, welches peripherisch von einer neu- 
gebildeten Bindegewebsschicht umgeben war. 

STRICKERS Annahme, die Dasselbeule müsse infolge der epithelialen 
Auskleidung des Ausführungsganges als ein »physiologisches Vor- 
gebilde« angesehen werden, kann nach dem neuesten Stande der For- 
schungen über Epithelwucherungen nicht mehr aufrecht erhalten 
werden; denn eingehende Beobachtungen und Versuche haben gezeigt, 
daß schon nach wenigen Stunden bei frischen Hautdefekten außer 
zahlreichen Leucocyten auch Abkömmlinge der obersten Stachellagen 
des Epithels in den Schorf dringen, sich zwischen Schorf und Cutis 
schieben und so eine provisorische epitheliale Bedeckung der Wunde 
hervorbringen. Nach WERNER teilen sich die genannten Zellen zu 
diesem Zweck amitotisch und bilden Syneytien mit langgestreckten 
stäbehenförmigen Kernen, das Verschieben über die Wunde und in den 
Schorf hinein scheint dagegen vorwiegend durch aktive Bewegung von 
statten zugehen. Die tieferen Schichten vermehren sich weniger intensiv 
als die obersten Stachelzellenlagen und bewegen sich nur teilweise aktiv; 
je mehr man in die Tiefe kommt, um so größere Bedeutung gewinnt der 
Wachstumsdruck, der ein Fortgleiten der Zellen bewirkt. Die Basal- 
zellen beteiligen sich anfangs gar nicht an der Bedeckung des Defektes. 
Sie teilen sich ausschließlich mitotisch und geben zunächst nur Zellen 
an die höheren Zellschichten ab, erst nachdem der provisorische Ver- 
schluß durch die höheren Zellagen bewirkt worden ist, entstehen auch 
in der tiefsten Schicht parallel zur Unterlage gerichtete Mitosen, die ein 
passives Gleiten auch dieser Zellen nach dem Defekt zu bewirken. Diese 
Regenerationserscheinungen des Epithels sind bedingt durch chemo- 
taktische Reize, die WERNER mit Roux als Spannungsänderung der 
Zelloberfläche definiert wissen will, und durch stereotropische Einflüsse. 

Zwischen Bindegewebe und Epithel besteht ein ausgesprochener 
Antagonismus, das Epithel vermag durch expansives Wachstum das 
Bindegewebe auseinanderzudrängen und in aufgelockerte oder von 
Fibrin durchsetzte Bindegewebsbezirke progressiv einzuwachsen. WER- 
NER kommt zu dem auch auf den Ausmündungsgang der Dasselbeule 
anzuwendenden Ergebnis, »daß das Epithel, ohne zuvor wesentliche 
Änderungen durchzumachen, in die Tiefe wuchern kann und in fremdes 
Gewebe einzudringen vermag «. 

Meine mikroskopischen Untersuchungen und die Experimental- 


708 Hermann Jost, 


versuche über Epithelwucherungen veranlassen mich zu dem Schluß, 
daß die Dasselbeule eine durch den ständigen Reiz der 
Larve in der Subcutis verursachte krankhafte Neubildung 
von Bindegewebe ist, deren epitheliale Auskleidung des 
Ausführungsganges und der angrenzenden Teile als eine 
Fortsetzung der Epidermis betrachtet werden muß. | 


% 


C. Schlußfolgerungen. 


Das Ergebnis der vorstehenden Arbeit fasse ich in nachfolgenden 
Schlußsätzen zusammen: 

1) Das Ei der Hypoderma bovis-Fliege entwickelt sich 
nicht auf der Körperoberfläche des Wohntieres zur Larve, 
sondern gelangt durch Ablecken in den Verdauungskanal 
desselben. 

2) Der Magenendteil der Speiseröhre und der Anfangs- 
teil der ersten Magenabteilung sind die Stellen im Körper 
des Wohntieres, an welchen sich die jüngsten Larven regel- 
mäßig und zuerst nach der Schwärmzeit der Bremsenfliege 
in größter Zahl zeigen. 

3) Der größte Teil der Larven dringt vom Anfangsteil 
des Magens in das submucöse Gewebe des Schlundes, wan- 
dert hier einige Monate — von Juli bis November zahlreich, 
bis Februar nur vereinzelt — und kehrt dann zum Ausgangs- 
punkt zurück, um nach Durchbohrung der Muskelschicht 
des Schlundmagenteils subserös in der Brust- und Bauch- 
höhle dem Wirbelkanal zuzustreben. 

4) Der Weg, welcher von den meisten Larven zur Wan- 
derung nach dem Wirbelkanal hin eingeschlagen wird, geht 
von der Außenwand des Schlundes und der ersten Magen- 


abteilung aus subserös dem Mediastinum, den Zwerchtell- 8 


pfeilern, der Nierenkapsel und dem intermuskulären Binde- 
gewebe der Lendenmuskeln entlang, dann in dem Verlaufe 
der Gefäße und Nervenstränge durch die Wirbellöcher. 

5) Die Aufenthaltszeit im Wirbelkanal, — welchen die 
Larven meist von der Lendengegend aus im epiduralen 
Gewebe durchwandern — liegt in der Regel zwischen De- 
zember undMärz. Vor und nach dieser Zeit werden sie da- 
selbst in geringerer Zahl angetroffen. 

6) Nach einem etwa 3 Monate langen Aufenthalt im Wir- 


Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 709 


belkanal wandert die Larve durch die Wirbellöcher und 
durch das intermuskuläre Bindegewebe der Rückenmuskeln 
zur Subeutis, welche als die letzte Hauptsammelstelle der 
Larven während der Monate Januar bis Juni zu betrachten 
ist. Vereinzelte Larven stellen sich schon früher oder auch 
später an dieser Stelle ein. 

7) Die kleinere Zahl der Larven schlägt zu ihrer Wande- 
rung durch den Körper des Wohntieres den vorerwähnten 
Weg nicht ein, sondern wählt hierzu mit Umgehung des 
Schlundes oder des Wirbelkanals, hin und wieder auch ohne 
beide zu berühren, beliebige Körperstellen. 

8) Während sich die meisten Larven innerhalb der Nor- 
malzeit im Körper des Wohntieres voll entwickeln, kommen 
einzelne Larven nicht allein infolge des späten Schwär- 
mens der Fliege, sondern auch infolge der ausgedehnteren 
Wanderungen im Tierkörper erst spät zur Entwicklung, 
andre gehen mangels geeigneter Lebensbedingungen wäh- 
rend der Wanderzeit zugrunde, und nur ein kleiner Teil 
wird ausnahmsweise erst nach einem 1?/,jährigen Aufenthalt 
im Wohntiere zur Reife gelangen. 

9) Die im submucösen Gewebe des Schlundes, im epidu- 
ralen Fett des Wirbelkanals usw. der Weidetiere zu be- 
stimmten Jahreszeiten zu findenden Hypoderma bovis- 
Larven befinden sich im ersten Stadium. 

10) Das erste Stadium der Larve von Hypoderma bovıs 
ist kein Ruhestadium, sondern ein ausgesprochenes Wander- 
' stadium. 

11) Aufihrer Wanderung reizt dieLarve im jugendlichen 
Alter das sie umgebende Gewebe des Wohntieres schwach; 
bei fortgeschrittener Entwicklung heftiger. Dieser Reiz ist 
vorwiegend auf die spezifische Wirkung der Larvensecrete 
zurückzuführen. Verstärkt wird derselbe durch die Be- 
dornung der Larve. 

12) Die Larve des ersten Stadiums ist nicht nackt, son- 
dern jedes Glied der Larve hat etwa acht Dornenreihen. 

135) Die Durchbohrung der Haut der Wohntiere von der 
Subcutis aus zur Oberfläche geschieht durch die Larve des 
ersten Stadiums am Ende ihrer Wanderperiode; hiermit 
gleichzeitig erfolgt dieEinkapselung der Larve in der Sub- 
eutis und der Beginn des zweiten Stadiums. 


710 Hermann Jost, 


14) Die Dasselbeulen stehen mit den physiologischen 
Gebilden der Haut in keiner Beziehung, sondern sind krank- 
hafte Neudildungen von Bindegewebe. Die epitheliale Aus- 
kleidung der Wandung des Ausführungsganges ist durch 
Einwucherung der Epidermiszellen entstanden. 


Nachtrag. 


Im Anschluß an vorstehende Arbeit gebe ich zur weiteren Auf- 
klärung des Entwicklungsganges der Larve einer andern Hypoderma-Art 
— der Hypoderma Diana — noch nachstehenden Befund bekannt. 

Beim Abstreifen eines Ende Dezember geschossenen Rehes aus 
einem von der Hypoderma Diana heimgesuchten Revier fand ich im 
 Unterhautgewebe desselben Larven, welche sich bei näherer Unter- 
suchung als die von BRAUER beschriebene jugendlichste Form von 
Hypoderma Diana charakterisierten. Sie waren noch im Wanderstadium 
begriffen, denn es fand sich in der Umgebung derselben weder eine 
bindegewebige Kapsel noch eine Öffnung nach der Oberfläche der 
Haut. Das die freiliegenden Larven umgebende Unterhautgewebe war 
im Gegensatz zu den auffälligen Gewebsveränderungen, welche durch 
das erste Stadium von Hypoderma bovis in der Subcutis veranlaßt 
werden, nur geringgradig entzündet und ödematös durchtränkt. Da 
der Gedanke nahe lag, daß die Larve von Hypoderma Diana im jugend- 
lichsten Stadium einen ganz ähnlichen, vielleicht auch den gleichen Weg 
durch den Körper ihres Wohntieres — des Rehes — nehmen könne, 
wie die Larve von Hypoderma bovis in den inneren Geweben des Rin- 
des, untersuchte ich die unter der Subcutis gelegenen Gewebsschichten 
und fand dabei sowohl unter den Hautmuskeln als auch in dem öde- 
matös veränderten intermuskulären Bindegewebe der Rückenmusku- 
latur zwei weitere Larven, die dem gleichen Stadium angehörten. Im 
Gegensatz zu BRAUER möchte ich annehmen, daß die Larven von 
Hypoderma Diana gleichfalls im Inneren der Wohntiere ihren Ent- 
wicklungsgang durchmachen und nicht von außen die Haut durch- 
bohren, um sich bis zur Subeutis und den tiefer gelegenen Muskeln 
durchzuarbeiten. 


Göttingen, im Januar 1907. 


Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 711 


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712 Hermann Jost, 


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tel Hermann Jost, 


70. WALKER, R., On a case of parasitic disease produced by the larva of the 
Oestrus bovis. Brit. Med. Journal 1870. I. pag. 151. 

71. WERNER, R., Experimentelle Epithelstudien. Über Wachstum, Regeneration, 
Amitosen und Riesenzellenbildung des Epithels. 

72. Zürn, T. A., Die Schmarotzer in und auf dem Körper unserer Haustiere. 
1882. II. Aufl., S. 84—85. 

73. Ungenannte Verfasser. Die Hornviehfliege. Deutsche landwirtschaftliche 
Presse 1877. Jahrg. IV. 

74. — De runder Horzel.e. Kenntnis und Kunst (WInkLer) 1867. S. 165—166. 

75. — Warbles in cattle. Rural New Jorker Vol. 39, 1880 (Nr. 24) p. 379. 

76. — Jahresbericht der zoologischen Sektion des Westfälischen Provinzial-Ver- 
eins für Wissenschaft und Kunst. 1896. S. 45. 

77. — Der Mensch als Wirt für die Larve der Ochsenbremse. Referat in der 
Zeitschrift für Fleisch- und Milchhygiene. 1904. Heft 1. S.27 aus d. 
Deutsch. Medic. Zeitung 1904. Nr. 72. 


Erläuterungen zu den Abbildungen. 


Die Photogramme sind, zum Teil im landwirtschaftlichen Institut der Uni- 
versität Göttingen mit dem WInkerschen — zum Teil im Veterinär-Institut der 
Universität Leipzig mit dem Zeıssschen mikrophotographischen Apparate auf- 
genommen worden. 


Tafel XXXII. 


Fig. 1. Seitliche Totalansicht der Larve von Hypoderma bovis im ersten 
Stadium aus der Schlundwand eines Weidetieres. Frisches Quetschpräparat, 
Form der Larve stark in die Breite gedrückt. — h Hinterende mit Bedornung 
und der Ausmündung des paarigen Tracheenlängsstammes. Vergrößerung 1:10. 
WINKEL. 

Fig. 2. Mundapparat mit Schlundgerüst und Bedornung der Larve des 
ersten Stadiums. Präparat war der 24stündigen Einwirkung von verdünnter 
Kalilauge ausgesetzt. f flügelförmig verbreiterte Fortsätze des Schlundgerüstes. 
Vergrößerung 1 :240. Zeıss Apochromat 4 mm. 

Fig. 3. Seitenhaken A, h mit Widerhäkchen w und Stilett des Mundapparates 
nebst den flügelförmigen Fortsätzen f des Schlundgerüstes der Larve des ersten 
Stadiums. Glycerinpräparat. Vergrößerung 1 :550 WINKEL Apochromat 7 mm. 

Fig. 4. Reihenweise Bedornung eines Segmentes der Larve im ersten Sta- 
dium. ®v vorn. Glycerinpräparat. Vergrößerung 1:240 WINKEL Apochro- 
mat 4 mm. 

Fig. 5. Totalansicht des hinteren Endes der Larve im ersten Stadium: Stig- 
men mit ihrer bedornten Umgebung; a Dornenreihe des zehnten Segmentes; 
zwei Haupttracheenstämme mit der hinteren Queranastomose db. Quetschprä- 
parat mit Zusatz von Glycerin. Vergrößerung 1 :240 WINKEL Apochromat 4 mm. 

Fig. 6. Starke Bedornung in der Umgebung der hinteren Stigmen; a Aus. 


Beitr. zur Kenntn. des Entwicklungsganges d. Larve v. Hypoderma bovis. 715 


mündungsstelle eines Haupttracheenstammes der Larve des ersten Stadiums. 
Vergrößerung 1:240 WINKEL Apochromat 4 mm. 

Fig. 7. Die zwei Haupttracheenstämme Z, 2 mit ihren hinteren Ausmündungs- 
stellen /,! der Larve des ersten Stadiums. Frisches Glycerinpräparat. Vergrößerung 
1:300 WINKEL Apochromat 2,8 mm. 

Fig. 8. Laterale und dorsale Muskulatur des ae vierten und fünften 
Segmentes der Larve des ersten Stadiums. Glycerinpräparat. Vergrößerung 
1:30 Zeıss Planar 20 mm. 

Fig. 9. Speicheldrüsen s und vorderstes Ende des Mitteldarmes der Larve 
des ersten Stadiums im Totalpräparat. Färbung mit Boraxkarmin. Vergrößerung 
1:60 Zeıss Apochromat 16 mm. 

Fig. 10. Ausführungsgang e einer Dasselbeule im Längsschnitt. Fort- 
setzung / der Epidermis in die Dasselbeulenwandung. Haartasche mit Talg- 
drüse h. l4tägige Härtung des Präparates in MÜLLERscher Flüssigkeit, Färbung 
mit Hämatoxylin-Eosin. Vergrößerung 1:10 WINKEL. 

Fig. 11. Ausführungsgang einer Dasselbeule im Längsschnitt. e Fort- 
setzung der cutanen epithelialen Schicht in die Wandung des Ausführungsganges. 
14tägige Härtung des Präparates in MÜLLERscher Flüssigkeit; Färbung mit Häma- 
toxylin-Eosin. Vergrößerung 1:60 Zeıss Apochromat 16 mm. 

Fig. 12. Geschichtete Plattenepithelien der Cutis sich fortsetzend in den 
Ausführungsgang e der Dasselbeule. l4tägige Härtung in MürLterscher Flüssig- 
keit; Färbung mit Hämatoxylin-Eosin. Vergrößerung 1:550 Zeıss Apochro- 
mat 4 mm. 


Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LXXXVI. Bd. - 47 


Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


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