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Full text of "Zeitschrift fur Acclimatisation"

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. 


ZEITSCHRIFT 


FÜR 


° ACCLIMATISATION. 


ORGAN 


DES 


ACCLIMATISATIONS- VEREINS 


FÜR DIE 


KÖNIGLICH PREUSSISCHEN STAATEN. 


HERAUSGEGEBEN 


VON 


" ERNST KAUFMANN. 


1860. 
DRITTER BAND. 


BERLIN. PARIS. 
VERLAG VON A LA LIBRAIRIE DE 
GUSTAV BOSSELMANN. VICTOR MASSON. 


1860. 


Inhalts-Verzeichniss des dritten Bandes. 


-—n[ 


Seite 
Verzeichniss der Vereins-Mitglieder incl. der angeschlossenen An- 
stalten und Vereine . . . . ern mel nenne 1 


Amtlicher Theil, 


Vereinsverhandlungen. 
Auszüge aus den Protokollen: 


Vorstandssitzung am 24. Januar 1860 ..... lie ae 50, > 8 
FRE: am 21 Fobruar: 1860... >» «se :e.,0, 8% e;e,,.; 10 
yorse rY20: MEHR sale near ae. sun 13 
s am 24. April 1860 . .....» aaa. IT 
2 sa 19. Jon 1900... 0a siaeudaehe rer DA 
” am 34. do ,„ , ; ‚r admi naht 37 
“ am 11. September... .. a ar IR 
ä am 27. November 2... 2 0.0. FE RER) © 
Berichte und Correspondenzen. 
Ueber Versuche mit den pro 1859 vertheilten Sämereien . ... - 26 
Diakonus Stade in Heringen . « » 2: 2. ee. er. 27 


Landwirthschaftl. Verein des Züllichau-Schwiebuser Kreises. . 28 
Kunst- und Handelsgärtner C. Krüger in Lübbenau .. .. 29 
Landwirthschaftl. Zweigverein des Neu-Stettiner Kreises . . . 30 
Landwirthschaftl. Abtheilung des altmärkischen Vereins für vater- 


ländische Geschichte und Industrie zu Stendal .. ... » 31 
Verein Westpreussischer Landwirthe . . x...» . er 
Landwirthschaftl. Verein zu Pr. Stargard .. „vr... 44 

Pr Kreisverein zu Angerburg. ». »....... 45 

P Verein zu.Barten . . Ü 2. 2. .00% EDER 

Fr Hauptverein zu Manstekriöäl) 6 arte wer 4 
Östpreussische landwirthsehaftl. Centralstelle zu Königsberg . 46 
Verein der Land- und Forstwirthe zu Freystadt .. „0. =» 43 
Landwirthschaftl. Verein für das Fürstenthum Halberstadt und 

die Grafsehaft "Wernigerode  . ». » . » 2.0.2...» 49 
Lokal-Abtheilung IXa. des landwirthschaftl. Vereins für Rhein- 

preussen. zu Bonn . . . „amimahkuil wos FETTE TE PR | 50 
Landwirthschaftl. Verein zu Steinau . -». 2.2.2... ee) 4 
Zweigverein der Pommerschen ökonomischen Gesellschaft . 55 

Ueber Versuche mit den im Frühjahr 1860 vertheilten Sämereien . 127 
Carl Krüger in Lübbenau. . 2.2... 2... ne 02 
Ostpreussische landwirthschaftl. Centralstelle ». . » » » ..... 130 
Landwirthschaftl. Verein zu Steinau .....: 22020... 132 
Bütower Oekonomischer Verein . 2... 2222000 138 
Lokalabtheilung XIVa. des landwirthschaftl. Vereins zu Coblenz 138 
Landwirthschaftl. Verein zu Brandenburg . -. ..... >... 139 
G. A. Fintelmana. Pfausnwels ne. +. a. 189 
Landwirthschaftl. Verein zu Bartten . ... 220202. 145 


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Lehrer Schojan. Hasenholz ..... . nein we A 
W. Lenke in Heinrichsdorf bei Bahn in Pommern ..... 147 
Prediger Strasburg. Buckow... 2.2... : 

Landwirthschaftl. Verein des Züllichau-Schwiebuser Kreises. . 151 


Fr. Ehrhardt Preilinz. . s . 2. » TEE UBER ETUI 1); 
Diacontis Stade. Heringen . . INT IRIIERI. , 153 
M. Kaufmann, Rittergutsbesitzer in BB nat is, .. 1 
Berend, Rittergutsbesitzer in Boia Do Na . 1855 
E. John. Marionwerdes. :. .:;. 2.4 2 Be a a tn 158... 


Landwirthschaftl. Abtheilung des altmärkischen Vereins für vater- 
ländische Geschichte und Industrie zu Stendal . .. 2... 161 


Ueber die Züchtung des Ricinusspinners . . 2... 200 65. 177 
ouis Barr in Gotha ...:: 4°. KEN ee 65 
Verein zur Förderung der Seidenzucht im Herzogthum Nassau 67. 178° 
öBatkerbrodt. Hildesheim . . . ns ern Er; 
M. Schlenzig. Altenburg... » ..... . “as 68. 182 
Kurfürstlich Hessische Kommission für landw, Angelegenheiten 68. 180 
Louise Löbbecke. Braunschweig . ..... RHEIN 69 
Louis Kurzius. Callenberg bei Coburg ......... 69 
Verein zur Förderung der Seidenkultur in Ober-Oesterreich.. 71 
Diaconus Stade. Heringen. . ..... I SE 57 71. 200 
J. Wullschlegel.- Oftringen . „v2... 0... e«. 71.181 
GE. Volker: Gotha 12.4: SR OR un 72 
Voight: Freienwalde - .. ZU I 98. a 184 
Ed. Bennecker. Tölltadtt .2..2...% ee er 
J.. C. Lüer. Göttingen „u... hi BUslzsgrg) ug . "198 
E. John. Matienwerdet ron Sa 0 DJ N, 201 
Görke. Weichselburg bei Marienwerder . . . 2.2. 200% 202 

Ueber eine Sendung italienischer Bienen . . . 2... 227. 57. 211 

John. Marienwerder . . 2... vUrh RG % ti 211 
N. W. Kamphayseh. "Bendorf. v2 ug, Niripaniet .. 213 
Fr Ehrhardt.  Pretin®t ai Sn Sa Wirt 216 


Die beiden Angoraböcke und das Oberägyptische Ziegenpaar vous, 206 
Nichtamtlicher Theil, 


Ernst Kaufmann. Die Acclimatisations-Vereine - -. . 2»... 75 
G. A. Fintelmann. Bombyx RBicini.. u.“ s. 2...» 88 
Die Lokal-Abtheilung XIVa. des landwirthschaftl. Vereins für Rhein- 
preussen. Ueber künstliche Fischzucht . . . . 2a... ..% 91 
Friedrich Kühne. Bericht über den nordamerikanischen wilden 
Reis . %.- 4 un was wer GBR Diadiaelerk). Sid» 96 
Die Fortpflanzung des afrikanischen Strausses in der Gefangenschaft 100 
Jos. Jac.-Flatau Ueber Hopfenbau . . . . sek vor erwnmırstın 219 
Der Zuckerahorn. Acer Saccharinum. .... 1. teens 237 
Kanitz; Die italienische Biene... uw nu u Wrasnmeon 241 
Ueber die Kultur der Obstbäume. . . 2 2. 22 2 u 2a ...246 
Ueber die Hauptfehler bei Erziehung der Obstbäume. 2.2... . .. 250 
De la maladie des vers-ä-soie. (Par un serieieulteur are .. 256 


Bntgegnung :. ». «rs ro re 1. Wiutad, vn wife. neiistivehont 106 


Verzeichniss 
der Mitglieder 


des Acelimatisations-Vereins für die Königlich 
Preussischen Staaten. 


Ehren-Vorsitzender: 
Seine Hoheit der Herzog Ermst IE. zu Sachsen-Coburg-Gotha. 


Seine Kaiserl. Hoheit der Grossfürst Nieolai Nicolajewitsch 
von Russland, Ehren -Mitglied. 


- Anstalten und Vereine, welche sich angeschlossen haben : 


I. Provinz Preussen. 


1. Ostpreussische landwirthsch. Central-Stelle zu Königsberg. 

2. Central-Verband Westpreussischer Landwirthe zu Marienwerder. 
3. Landwirthschaftlicher Verein zu Barten. 

4. J A „ Fischhausen-Dammkrug. 

5. ; 5 „ Praust bei Danzig, 

6. * 8 „ Rosenberg (Westpreussen). 

7, “ “ „ Stargardt (Westpreussen). 

8. “4 Kreis-Verein zu Angerburg. 

9. Oekonomisch-polytechnischer Verein zu Hohenstein. 

10, 


Verein zur Beförderung der Landwirthschaft zu Königsberg. 
U. Provinz Posen. 
11. Landwirthschaftlicher Verein zu Rawicz. 
12. „ » des Kreises Schildberg zu Kempen. 
II. Provinz Pommern. 
13. Landwirthschaftlicher Zweigverein zu Bütow. 


14. r : „ Falkenburg. 
1860. Ba. II. 1 


15. 
16. 
17. 


18. 
19. 
20. 
21. 


22. 
23. 
24. 
25. 
26. 
27. 
28. 


29. 


30. 
31. 


32. 
33. 
34. 


35. 
36. 
37. 
38. 
39. 
40. 
41. 
42. 
43. 
44. 
45. 


46. 
47. 


2 


Landwirthschaftlicher Verein des Neu-Stettiner Kreises. 
Zweigverein zu Pyritz. 
„ Stolpe. 


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IV. Provinz Brandenburg. 
Landwirthschaftlicher Lokal-Verein zu Berlinchen (Kr. Soldin). 
Oekonomischer Verein zu Brandenburg a. d. Havel. 


Landwirthschaftlicher Lokalverein zu Forst. 


b: Verein des Züllichau-Schwiebuser Kreises. 


V. Provinz Schlesien, 
Land- und forstwirthschaftlicher Verein zu Freystadt. 
Hühnerologischer Verein zu Görlitz. 


Landwirthschaftlicher Verein zu Leobschütz. 
Neisse - Grottkauer landwirthshaftlicher Verein zu Neisse. 


Landwirthschaftlicher Verein zu Steinau. 
r » . des Goldberger Kreises zu Goldberg. 


a Kreis-Verein zu Sorau. 


VI. Provinz Sachsen. 
Landwirthschaftlicher Verein für das Fürstenthum Halberstadt und 


die Grafschaft Wernigerode. 
Naturwissenschaftlicher Verein zu Halle. 
Altmärkischer Verein für vaterländische Geschichte und Industrie zu 


Stendal. 
VI. Provinz Westphalen. 


Landwirthschaftlicher Hauptverein zu Münster. 
» Kreisverein „ Münster. 
Verein des Kreises Lüdinghausen zu Botzlar 


bei Bork. 
VIH. Rheinprovinz. 


Die Königl. höhere landwirthsehaftliche Lehranstalt zu Poppelsdorf. 
Landwirthschaftlicher Central-Verein für Rheinpreussen zu Bonn. 


Lokal- Abtheilung Xa. des landwirth. Central-Vereins zu Aachen. 
2 XIXb. „ & ® „ Berncastel. 
= IXa, „ > a „ Bonn. 
pi IIb, „ 2 3 „ Crefeld. 
& XIVa „ > 5 „ Coblenz. 
” XlXa „ £ " „ Tixier. 
. XRe. „ „ Wittlich. 


Der naturwissenschaftliche Yardiı für Elberfeld und Barmen. 
Landwirthschaftliches Casino zu Scheiderhöh (Kreis Sieg). 


Ausser Preussen. 


Die Grossherzoglich Badische Gartenbauschule zu Carlsruhe. 
Landwirthschaftlicher Verein zu Gotha. 


48, 


Ss 


3 33 3 3 


3 


Der Königl. Wermländische Landwirthschaftliche Verein (Kongliga 
Wermländska Hushaltnings Sällskapet) zu Philippstadt in Schweden. 


Mitglieder. 


.Annenkow, Nicolas, Professor in Moskau. (E.M.) 


Bagdanow, Anatole, Professor, Sekretair des Moskauer Acclimati- 
sations -Comite in Moskau. (C.M.) 

Baldamus, E., Pastor in Diebzig bei Cöthen. (C.M.) 

Bastide in Santos in Brasilien. (C.M.) 


‚ Erlaucht der Prinz Beauveau, Vice-Präsident der Soc. Imp. d’Aceli- 


matation zu Paris. 


. Berbrugger, Bibliothekar in Algier. (C.M.) 


Berend, Hermann, Rittergutsbesitzer in Berlin. 

Berend, H.B., Banquier in Berlin. 

Berend, E., Kaufmann in Berlin. 

Berger, C. Max, in Hochaujezd per Duschnick in Böhmen. 

Berthelot, Sabin, franz. Consul zu St. Cruz auf Teneriffa. (C.M. 

Blasius, J. @., Professor in Braunschweig. (C.M.) 

Bolle, Carl, Dr. phil., Mitglied der Kaiserl. Carol. Leop. Akademie 
der Naturforscher in Berlin, 

Borsenkoff, Jacques, Professor in Moskau. 

Borsig, A., Commerzienrath in Berlin. 

Bosselmann, G, Verlagsbuchhändler in Berlin, Vorstands-Mit- 
glied. 

Braun, Al., Dr. Prof., Mitglied der Akademie der Wissenschaften 
in Berlin, Mitglied des Ehren-Vorstandes. 

Brandt, F., Staatsrath, Professor Dr., in Petersburg. (C.M.) 

Brehm, Ch. L., Pastor in Bentendorf, Herz. Altenburg. (C.M.) 

von Bunsen, Carl, Königl. Legations-Sekretair in Turin. 

Burchardi, Kanzleirath in Berlin. 

del Castillo de Rivandeneyro, Don Jose, erster Administrator 
des Königreichs Valeneia in Spanien in Valencia. (E.M.) 

del Castillo y Trigueros, Louis, Attach& bei der Königl. Spani- 
schen Gesandtschaft in Berlin. 

Coste, Professor in Paris. (E.M.) 


. Excellenz Don Leopoldo Aug. de Cueto, Se Gesandter a. D., Mit- 


glied der Span. Akademie der Wisensäbadlen, (E.M.) 


. Excellenz der Divisions-General Daumas in Paris.  (E.M.) 
. Durchlaucht der Fürst Anatole Demidoff in San Donato, Mit- 


glied des Ehren -Vorstandes. 


. Descovich, A., Ritter v. Oltra, in Prag. 


Desvaux, Brigade-General in Batna. (E.M.) 
Drouyn de Lhuys, Graf, Vice-Präsident der Soc. Imp. d’Acelima 
tation in Paris, Mitglied des Ehren-Vorstandes. 
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4 


. Dutrone, Appellationsgerichtsrath und Gutsbesitzer in Paris. 


Effeldt, Rentier in Berlin. 

Ehrhardt, Fr., Seidenzüchter in Prettin. 

Eymuth, Fürstl. Schwarzenbergischer Wirthschaftsbeamter zu Wan- 
dras bei Frauenberg , Budweiser Kreis (Böhmen). 

Epenstein, Dr. med., in Berlin. 

d’Espremesnil, Graf Raoul, in Paris, General-Sekretair der Soc. 
Imp. d’Acel. 

Falk, August, Kaufmann in Neu-Ruppin. 

Fintelmann, Königl. Hofgärtner, Pfaueninsel bei Potsdam. (C.M.) 

Flatau, J. J., Banquier in Berlin. 

Franke, Geh. Staatsrath u. Regierungs-Präsident in Coburg. (E.M.) 


. Durchlaucht Fürst Serge Gagarin, Präsident des Moskauer land- 


wirthschaftlichen Vereins und des Moskauer Acclimatisations - Co- 
mites. (E.M.) 


. Garcke, A., Dr. phil., in Berlin. 


Geoffroy St. Hilaire, Isidore, Präsident der Soc. Imp. d’Aceli- 
matation in Paris, Mitglied des Ehren-Vorstandes. 

Gerbe, Präparateur im College de France in Paris. (C.M.) 

Giebel, Professor Dr., in Halle. (C.M.) 

Gireaud, Obergärtner in Berlin. 

Hambro, Baron, Banquier in London. 

Hamm, Carl, Kaufmann in Berlin. 

Hardy, Director der Central-Pepiniere in Algier. (C.M.) 

Hartwig, C. A. F,, Kaufmann in Berlin. 

Heese, Ad., Seidenzüchter in Berlin. 

Höpner, Dr. med., in Berlin. 

v.Homeyer. Al., Lieutenant in Frankfurt a.M. (C.M.) 

Horina, Joh. Bapt., in Pardubitz (Böhmen). 

Horowitz, S., Kaufmann erster Gilde in Odessa. 

Hoskier, H.C., Preuss. Consul in Algier. (E.M.) 

Issakoff, Michel, in Petersburg. 

Jagor, Philipp, in Berlin. 

Jamin, Director des Versuchsgartens in Biskra. (C.M.) 

John, Dr., General-Sekretair des Vereins Westpreuss. Landwirthe 
in Marienwerder. (C.M.) 


. Excellenz der Divisions-General Jusuf in Algier. (E.M.) 
. Kalinowski, Secretair general de la Societe d’Acclimatation in 


Moskau. 

Kaerger, Louis, Kaufmann in Breslau. 

Kaufmann, Ernst Alexander, in Berlin, Vorstands - Mitglied, 
Stifter des Vereins. 

Kaufmann, Carl Wilh., Banquier, in. Berlin. 

Kaufmann, Otto, Kaufmann in Berlin. 

Kaufmann-Asser, J., Gutsbesitzer in Cöln. 

Kaufmann, M., Gutsbesitzer in Cöln. 


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Kette, Geh. Ober-Regierungsrath in Berlin, Mitglied des Ehren- 
Vorstandes. 

König, Preuss. General-Consul in Alexandrien. (E.M.) 

Koppe, Rittergutsbesitzer, in Liebenwalde bei Soldin. 

Krüger, Handelsgärtner in Lübbenau. 

von Langsdorff, R., in Carlsruhe. 

de Lara y Ponte, Don F. Maurique, zu Oliva auf Fuertaventura. 
(C.M.) 

Laudyn, F., Forstmeister Sr. K. K. Hoheit des Erzherzogs Albrecht, 
zu Ungarisch-Altenburg im Wieselburger Comitate. 

Laute, Conservator in Berlin. 

Lechner, A., Dr., in Petersburg. 

Lecoq, A, Kaufmann in Berlin. 

von’ Lehndorff, H., Graf, Premier-Lieutenant im Garde du Corps 
und Rittergutsbesitzter in Berlin. 

Lenke, Rittergutsbesitzer in Heinrichsdorf bei Bahn in Pommern. 

Lenne, Gartenbau-Director in Potsdam. 

Lichtenstein, Consul in Marseille. (E.M.) 

von Löbbecke, Rittergutsbesitzer in Brükens (Schlesien). 

Lesser, Stanislaus, Königl. Sächs. Consul in Warschau. 

Lesser, Sigismund, Rentier in Berlin. 

Löwenberg, Hugo, General-Agent in Berlin. 

Mirza-Malkom-Khan, Minister-Präsident Sr. K. H. des Schach 
von Persien in Teheran. (E.M.) 


. Excellenz Frhr. O. von Manteuffel, Staatsminister a. D., Mitglied 


des Ehren-Vorstandes. 


. Excellenz Frhr. von Manteuffel, Wirkl. Geh. Rath, Mitglied des 


Ehren-Vorstandes. 


. Marcuse, L. A., Lotterie-Ober-Einnehmer in Berlin. 
‚ Excellenz Hr. Etienne Masslow, Sekretair der agronomischen Ge- 


sellschaft in Moskau. (E.M.) 
Mentzel, E.O., Wirkl. Geh. Kriegsrath, Remonte-Director, in Berlin. 
Metz & Comp., land- und forstwirthschaftliche Samenhandlung in 
Berlin. 
Michalowsky, Z., Kaufmann in Odessa. 


» Excellenz Hr. von Minutoli, Preuss. Gesandter in Teheran. (E.M.) 
. Mollard, Oberlandesgerichtsrath u. Gutsbesitzer in Gora (Kr. Plessen). 


Müller, Aug., Dr. med., in Berlin, Vorstands-Mitglied. 


. Excellenz Don Juan Bravo - Murillo, Minister-Präsident a. D., in 


Madrid. (E.M.) 


. Nobiling, C., Major a. D. in Berlin. 


Obst, Buchdruckerei-Besitzer in Berlin. 

Oppenheim, Ed., Banquier, Director des zoolog. Gartens in Cöln. 
Oussow, Serge, in Moskau. (C.M.) 

Paiva, Baron Castello-, in Oporto. (C.M.) 


. Excellenz Marquis de Pallavicino, Minister a.D. in Parma. (E.M.) 


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6 


. Partatore, Professor in Florenz. (E.M.) 


Pfützenreuter, Oberamtmann in Berlin. 

Pintus, Isidor, Fabrikbesitzer in Berlin. 

Platho, J., Banquier, Vorstands - Mitglied. 

Plüddemann, $., Rentier, Premier-Lieutenant a. D. in Berlin, 
Don F. Maurique de Lara y Ponte zu Oliva auf Fuertaventura. (C.M.) 
Poselger, H., Dr. phil., in Berlin, Vorstands-Mitglied. 
Possart, Eugen, landwirthschaftl. Samenhandlung in Berlin. 
Possart, P., Inspector in Berlin. 

Le Prestre, Dr. med., in Caen. 


. Excellenz Graf von Pückler, Staatsminister, Chef des landwirth- 


schaftlichen Ministeriums, 


. von Raesfeld, Baron ‚ in Terborg (Holland). 


Raffauf, Marine-Intendanturrath in Berlin, Vorstands- Emm itglied. 
Rammlow, J. C., Seidenzüchter in Berlin. 


. Durchl. der Herzog A. von Ratibor, Fürst von Corvey, auf Schloss 


Rauden (Ober-Schlesien). 


. Ravene, L. jun., Kaufmann in Berlin 


Richter, Antoine, in Königssaal bei Prag. 

Rolfs, Kaufmann in Siegfeld bei Siegburg. 

Rose, Lieutenant im arabischen Bureau in Biskra. (C.M.) 
Sacchini, Virgile, Commandeur in Parma. (E.M.) 


. Durchlaucht der Fürst zu Salm-Dyck, auf Schloss Dyck (Rhein- 


preussen), Mitglied des Ehren -Vorstandes. 


.von Schaffgotsch, F.G., Graf, in Berlin, u 


Schirrmacher, J. F., Vorsteher der Zinsen -Controlle der Staats- f 
schulden in Berlin, Trstinlige Mitglied. 


. Excellenz Freiherr von Schleinitz, Staatsminister, in Berlin. 
. von Schmettow, Graf B., in Pommerzig bei Züllichau. 


Schmidt, Oberförster in Blumberg bei Passow. 

Schojan, Lehrer in Hasenholz bei Buckow. 

Schuft, A., Dr. med., in Berlin. 

Schulz, E., Rittergutsbesitzer in Nickern bei Züllichau. 

Schulz, Seidenzüchter in Berlin. 

Seemann, Dr. Berthold, in London, (C.M.) 

de Soliveres, Don Gaspar Maria, Ober-Landescultur-Rath in Ma- 
drid. (E.M.) 

Spinola, W. T.J., Dr. phil., Lehrer an der Thierarzneischule in 
Berlin, Vorstands-Mitglied. 

Stade, G., Diaconus in Heringen bei Nordhausen. 

Swaine, Rich., Gutsbesitzer auf Schloss Theres bei Schweinfurt. 

Toepffer, @. A., Vorstand des pommerschen ökonomischen und 
Seidenbau-Vereins in Stettin. 

von Treskow, Louis, Gutsbesitzer auf Weissack bei. Luckau. 

Don Juan Trigueros de Romero, General-Sekretair der Akade- 
mie der schönen Künste in Malaga. (E.M.) 


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7 


. Excellenz Don Augusto de Ulloa, General-Director der ara 


Colonien in Madrid. (E.M.) 


. Unger, Carl, Hofbuchdrucker in Berlin. 


Warneck, N., Professor der Universität in Moskau. 

Weber, Preuss. Consul in Beiruth. (E.M.) 

von Weckerlin, R., Wirkl. Geh. Rath in Hohenheim. (E.M.) 

de Weerth, A., in Elberfeld. 

Wendenburg, Hermann, Gutsbesitzer in Beesenstadt bei Wettin. 
Willkomm, Professor in Tharandt. (C.M.) 

Wolff, C.D., Banquier in Berlin. 

Wolff, S. jun., Kaufmann in Berlin. 

Wustand, Carl, Kaufmann in Berlin, 


Ammtlicher Theil. 


Vereins-Verhandlungen. 


(Auszug aus den Protokollen.) 


Vorstandssitzung am 24. Januar 1860 
in Arnim’s Hötel. 


Es waren anwesend die Herren Bosselmann, Platho, 
Schirrmacher, Spinola und Poselger; später erschien 
Herr Dr. Müller. 

Hr. Dr. Poselger theilt zunächst mit, dass sich in der 
Vossischen Zeitung vom 8. December v. J. ein Bericht über 
eine Vorstandssitzung des Oentral-Instituts für Acclimatisa- 
tion in Deutschland befunden hat, welcher ein Referat des 
Hrn. Dr. Klotzsch über die Zizania aquatica enthält, worin 
derselbe die Bestrebungen des Acclimatisations-Vereins, um 
diese Pflanze bei uns einzuführen, in höchst feindseliger 
Weise angreift. — Es hat der Vorstand des Acelimatisa- 
tions-Vereins sich veranlasst gefühlt, Hrn. Dr. Klotzsch in 
einem Schreiben auf die grosse Unangemessenheit eines sol- 
chen Verfahrens aufmerksam zu machen, zumal, da es sich 
hier um die Einführung einer neuen Brodfrucht handelt. 
Auf dieses Schreiben ist von Seiten des Hrn. Dr. Klotzsch 
keine Antwort erfolgt. 

Ueber die Samen der Zizania selbst ist im Namen des 
Vorstands von Hrn. Dr. Garke ein Gutachten erbeten wor- 
den. Dasselbe ist dahin ausgefallen, dass, obgleich diesel- 
ben vollkommen reif zu sein scheinen, doch die dunkelbraune 
oder dunkelgrüne Farbe der Eiweisskörper gegen ihre Güte 
sprechen. 

Dr. Poselger theilt sodann mit, dass am lOten die lang 
erwartete Bienensendung aus Italien eingetroffen sei. Es ist 


9 


ein einziger grosser Stock gesandt worden und waren wegen 
der ausserordentlich langen Reise eine grosse Anzahl Bienen 
todt und die übrigen sehr matt. Es ist die ganze Sendung 
sogleich an Hrn. Ehrhardt in Prettin geschickt worden, 
und ist ‘es demselben gelungen, die Königin und etwa 300 
Bienen zu retten. Auch hat er die Bienen als die richtige 
echt italienische Sorte erkannt. 

Da nun mehrere Mitglieder um Uebersendung von italie- 
nischen Bienen gebeten hatten und bei dieser jetzigen Sen- 
dung eine Theilung derselben unmöglich ist, so entstand un- 
ter den Vorstandsmitgliedern die Frage, ob es nicht zweck- 
mässig sein möchte, sogleich noch eine Sendung, womöglich 
mit mehreren Königinnen zu bestellen. 

Es wird jedoch beschlossen, ‚über diesen Punkt zuerst 
die Ansicht des Herrn Ehrhardt einzuholen und ihn zu- 
gleich zu befragen, ob er hoffe, die erhaltenen Bienen schnell 
zu vermehren. 

Es liegen noch mehrere Schreiben vor. 

l) Vom Herrn General-Adjutanten Baron von Korff, 
worin derselbe anzeigt, dass Se. Kaiserl. Hoheit der Gross- 
fürst Nicolai Nicolajewitsch geruht habe, den Höchst- 
demselben von unserm Verein angetragenen Titel eines Eh- 
renmitgliedes anzunehmen. 

Es wird beschlossen, Höchstdemselben das betreffende 
Ehrendiplom ausfertigen zu lassen. 

2) Von Sr. Excellenz dem Herrn Minister, Grafen von 
Pückler, worin derselbe die gewünschte Durchsicht der 
Akten des Königl. Landes-Oekonomie -Collegiums in Betreff 
der künstlichen Fischzucht bereitwilligst gestattet. 

3) Von Hrn. Handelsgärtner Carl Krüger, welcher Sa- 
men von chinesischen Gurken zur Vertheilung an die Mit- 
glieder und 8 Samen-Preisverzeichnisse übersendet. 

4) Von Hrn. Wirthschafts-Inspector Umes in Friedrichs- 
eck in Schlesien ein Schreiben, worin derselbe, obgleich nicht 
Mitglied, um Uebersendung von Ricinussamen, Weberkarden 
und Graines des Bombyx Rieini bittet, 


10 


Ferner sind Berichte über den Erfolg der erhaltenen Sä- 
mereien eingegangen: von dem Vorstand des landwirthschaft- 
lichen Zweigvereins Neu-Stettiner Kreises in Gatow, vom 
Verein Westpreussischer Landwirthe in Marienwerder , und 
von der landwirthschaftlichen Abtheilung des altmärkischen 
Vereins für Geschichte und Industrie in Stendal. 

Da noch viele Vereine und Mitglieder mit den Berichten 
über den Erfolg der ihnen im vorigen Jahre übersandten 
Sämereien im Rückstande sind, so ist ein Cireularschreiben 
metallographirt worden mit der Aufforderung, die Berichte 
einzusenden. 

Für die Bibliothek des Vereins sind eingegangen: 

Von dem landwirthschaftlichen Neben-Verein des Neu- 
Stettiner Kreises zu Stettin ein Separatabdruck über die 
Einträglichkeit des diesjährigen Seidenbaues in Repkow ver 
Zanow. 

Von der ostpreussischen landwirthschaftlichen Central- 
stelle zu Königsberg in Pr. das September-, October-, No- 
vember- und December-Heft der landwirthschaftlichen Tehr- 
bücher aus Ostpreussen pro 1859, 

Von Herrn Geh. Rath Weckerlin ein Beitrag zu den 
Betrachtungen der Constanz in der Thierzucht. 

Hierauf schlägt Hr. Dr. Poselger den Hrn. Dr. Garke 
zum correspondirenden Mitgliede des TIER vor, und wird 
der Vorschlag angenommen. 

Darauf schlägt Hr. Platho den Hrn. Marine-Intendantur- 
Rath Raffauf zum Vorstands-Mitgliede vor. 

Hr. Raffauf wird einstweilen als Vereins-Mitglied auf- 
genommen. 


Schluss der Sitzung 9% Uhr. 


Vorstandssitzung am 21. Februar 1860 
in Arnim’s Hötel. 


Wegen der gerade stattfindenden Fastnachtsfeier hatten 
sich nur wenige Vorstands-Mitglieder eingefunden. Es wa- 


11 


ren nur die Herren Dr. Müller, Platho und Poselger 
gegenwärtig; Herr Bosselmann hatte sich krank melden 
lassen. Ausserdem beehrte Herr Marine -Intendantur-Rath 
Raffauf die Sitzung mit seiner Gegenwart. Es konnten 
sonach Beschlüsse nicht gefasst werden und wurden nur die 
eingegangenen Sachen besprochen. 

Herr Poselger theilt zunächst mit, dass endlich von 
Herrn Kaufmann ein Brief eingegangen sei. Derselbe ist 
mit Abfassung eines Berichts über die Seidenzucht in Frank- 
reich im Auftrag des Ministers Rouher :beschäftigt gewe- 
sen, und hat auch eine Broschüre eingesandt, welche die- 
sen Bericht enthält. 

Es sind vom Central-Institut für Acclimatisation durch 
Hrn. Dr. Buvry zwei Briefe eröffnet übersandt worden, 
obgleich dieselben deutlich die Adresse des Acclimatisations- 
Vereins trugen. In dem Antwortschreiben an den Dr. Bu- 
vry ist die Eröffnung der Briefe gerügt worden. 

Hr, Ehrhardt in Prettin berichtet ferner über die Bienen 
und verspricht, wenn nicht ausserordentliche Unglücksfälle 
eintreten sollten, dieselben schnell zu vermehren, so dass er 
schon im Mai oder Juni 2—3 Königinnen der neuen Race 
wird dem Verein zur Disposition stellen können. — In Folge 
dessen ist davon Abstand genommen worden, bei Hrn. Geh. 
Legationsrath Bunsen noch eine Sendung zu bestellen, und 
ist demselben nur die glückliche Ankunft der ersten Sen- 
dung angezeigt und ihm der lebhafte Dank des Vereins für 
seine vielfachen Bemühungen ausgesprochen worden. — Herr 
Ehrhardt zeigt ferner sehr lebhaftes Interesse, in den Be- 
sitz eines Paares grosser afrikanischer Esel zu gelangen, und 
bittet den Verein, solche kommen zu lassen. Es werden in 
dieser Richtung vorläufige Schritte gethan werden, um zu 
erfahren, wo diese Thiere am besten zu haben sind, wie 
hoch ihr Preis und wie der Transport einzurichten sei. 

Es liegen sodann eine Anzahl Berichte vor von Mitglie- 
dern über die Resultate, welche die Zucht des Bombyx Ri- 
cini in diesem Jahre gehabt hat. 


12 


Zunächst von Hrn. Louis Kurzius in Callenberg, wel- 
cher 1000 Cocons gezogen hat. — Dann von der Vorstehe- 
rin Louise Löbbeke, welche eine Schachtel der gewonne- 
nen Cocons einsendet. 

Ferner vom Lehrer Hrn. Wullschlägel in Oftringen in 
der Schweiz. Er findet, dass die Raupen ausser Ricinus 
und Dipsacus auch Weidenblätter, Cichorien, namentlich 
aber Lindenblätter sehr gern fressen und dabei vortreff- 
lich gedeihen. Er stellt Versuche an, die Cocons bei nie- 
driger Temperatur zu überwintern, welche gut zu gelingen 
scheinen. 

Hr. Diaconus Stade sendet einen sehr genauen Bericht 
über das Gedeihen der erhaltenen Sämereien und des Bom- 
byx Rieini. Er hat die Beobachtung gemacht, dass die Win- 
terzucht dieser letztern oft sehr langsam geht und diese Rau- 
pen ein Alter von mehr als 9 Wochen erreichen können. 

Hrn. Appellationsgerichts-Kanzlist Schlenzig sind die 
übersandten Graines nicht ausgekommen. 

Ebenso hat Herr Butterbrod in Hildesheim nur einen 
einzigen Schmetterling erzogen. 

Herr Fintelmann ist mit der Ueberwinterung zahlrei- 
cher lebender Cocons beschäftigt. Er hat die Güte gehabt, 
uns 8 Metzen Samen von Ailanthus glandulosa zu übersen- 
den. Zugleich schickt er zwei an ihn eingetroffene Schrei- 
ben ein: ]) von Herrn von Hilgers, welcher für Herrn 
Camphausen eine grössere Anzahl Cocons zu erneuerten 
Abhaspelungsversuchen erbittet und erhalten hat; 2) vom 
Diaconus Stade, welcher um Graines bittet; dieselben sind 
an ihn abgesandt worden. 

Die Direction des Vereins zur Förderung der Seidencultur 
in Ober-Oesterreich berichtet, dass die von ihr durch Ver- 
mittelung des Hrn. Kaufmann käuflich bezogenen Graines 
des Bombyx Mori im Genzen zufriedenstellende Resultate 
geliefert haben. Von den Ricinus-Graines sind indess nur 
3 Raupen bis zur Einspinnung und Entwickelung gekommen. 


13 


Ueber den Erfolg der vom Verein vertheilten Sämereien 
sind Berichte eingegangen von 

dem landwirthschaftlichen Verein zu Stargardt, 

» Kreis-Verein zu Angerburg, 


n 
„ Verein zu Barten, 
4 Zweig-Verein des Neu-Stettiner 
Kreises, 
s 5 Verein des Züllichau - Schwie- 


buser Kreises, 

der Kurfürstl. Hessischen Commission für landwirthschaft- 
liche Angelegenheiten, 

der Local-Abtheilung des landwirthschaftlichen Vereins für 
Rheinpreussen, 

dem Zweigverein der Pommerschen ökonom. Gesellschaft, 

der Ostpreuss. landwirthschaftlichen Centralstelle, 

dem Verein der Land- und Forstwirthe zu Freistadt, 

dem landwirthschaftl. Verein für das Fürstenthum Hal- 
berstadt und die Grafschaft Wernigerode. 

Für die Bibliothek sind einige Zeitschriften eingegangen 
und der „Annal Report of the Smithionian Institution for 
the year 1858“ aus Washington. 

Schluss der Sitzung 9 Uhr. 


Vorstandssitzung am 27. März 1860 
in Arnim’s Hötel. 

Es waren die Herren Bosselmann, Müller, Platho, 

Schirrmacher und Poselger zugegen. Auch war Herr 
Marine-Intendantur-Rath Raffauf eingeladen worden, wel- 
cher, nachdem seine Wahl in den Vorstand vorher einstim- 
mig beschlossen worden war, bereits an der heutigen Sitzung 
als Vorstands-Mitglied theilnahm. 
Das Diplom für Se. Kaiserliche Hoheit den Grossfürsten 
Nicolai Nicolajewitsch als Ehrenmitglied unseres Ver- 
eins ist der hiesigen Russischen Gesandtschaft zugesendet 
worden, mit der Bitte, dasselbe Sr. Kaiserlichen Hoheit bei 
Höchstdessen Anwesenheit in Berlin zu überreichen. 


14 


Hr. Dr. Poselger theilte zunächst den Inhalt eines Brie- 
fes mit, welchen Hr. E. Kaufmann an sämmtliche Vor- 
stands-Mitglieder gerichtet hat. Es geht aus demselben her- 
vor, dass Hr. Kaufmann durch Privatverhältnisse viel län- 
ger, als er gedacht hat, in Frankreich aufgehalten wird und 
nicht vor Ende Juni wird zurückkehren können. Da Herr 
Kaufmann es in seinem Schreiben besonders betont, dass 
sein Contrakt mit dem Verein in Bezug auf die von ihm 
begründete und als Organ des Vereins dienende Zeitschrift 
unverändert fortbestehen müsse, so entsteht in Bezug dar- 
_ auf eine lebhafte Discussion. ’ 

Es werden die betreffenden Stellen des Protokollbuches 
verlesen, namentlich S. 37, 115 und 187. Sämmtliche Vor- 
stands-Mitglieder gelangen hierdurch zu der Ueberzeugung, 
dass ein wirklicher Contrakt mit Hrn. Kaufmann niemals 
bestanden habe; aber auch, wenn dies der Fall gewesen 
wäre, so würde doch der Vorstand sich nicht ferner da- 
durch gebunden erachten können, nachdem Hr. Kaufmann 
selbst die Bedingungen desselben nicht mehr erfüllt und 
durch das höchst unregelmässige Erscheinen der Zeitschrift, 
welches nun schon seit 6 Monaten ganz ins Stocken gera- 
then ist, die Interessen des Vereins sehr erheblich benach- 
theiligt worden sind. 

Es hat deshalb bereits an sämmtliche Vereinsmitglieder 
ein Circular erlassen werden müssen, worin dieselben we- 
gen der unverhältnissmässigen Verzögerung im Erscheinen 
der Zeitschrift um Entschuldigung gebeten werden und ih- 
nen die Nachlieferung der fehlenden Hefte möglichst bald 
versprochen wird. Auch ist Hr: Kaufmann insofern ganz 
eigenmächtig verfahren, als er seine Zeitschrift auch zum 
Organ der von ihm neu in Frankreich gegründeten Soeiete 
d’encouragement pour la serieulture gemacht hat. 

Es wird sonach constatirt, dass der Vorstand vollkom- 
men das Recht besitzt, die Verhandlungen des Vereins nicht 
ferner in der Zeitschrift des Hrn. Kaufmann erscheinen 
zu lassen, sondern dieselben auf irgend eine andere Weise 


15 


zur rechtzeitigen Kenntniss der Vereinsmitglieder gelangen 
zu lassen. 

Es wird jedoch beschlossen, von diesem Rechte für jetzt 
keinen Gebrauch zu machen, sondern zuerst zu versuchen, 
ob Hr. Kaufmann geneigt ist, in der Redaktion seiner 
Zeitschrift solche Veränderungen eintreten zu lassen, dass 
deren rechtzeitiges Erscheinen ermöglicht wird. Jedenfalls 
soll das vom vorigen Jahre noch rückständige September- 
bis December-Heft noch unter dem Namen des Hrn. Kauf- 
mann erscheinen und demselben die Arbeit Progres de la 
serieieulture, welche Hr. Kaufmann in hinreichender An- 
zahl von Exemplaren eingesandt hat, ‚hinzugefügt werden. 

Hr. Dr. Poselger unternimmt es, wegen der künftig- 
hin nothwendig werdenden Aenderungen in der Redaktion 
der Zeitschrift, im Fall sie das Organ des Vereins bleiben 
soll, mit Hrn. Kaufmann zu correspondiren. 

Es haben sich zur Aufnahme in den. Verein als ordent- 
liche Mitglieder gemeldet: _ 

Hr, Kaufmann Rolffs zu Siegfeld bei Siegburg 
und 
das landwirthschaftliche Casino: zu Scheiderhöh, Kreis 
Sieg; 
dieselben werden als Mitglieder aufgenommen, die Ausfer- 
tigung der Diplome angeordnet, | 

Hr. Dr. Poselger beantragt bei dieser Gelegenheit, der 
Vorstand wolle gestatten, bei der Meldung neuer Mitglieder 
denselben in besonderen Fällen ausnahmsweise Diplome über- 
senden zu dürfen, ehe die wirkliche Aufnahme durch den 
Vorstand stattgefunden hat. Dieser Antrag wird genehmigt. 

Der Vorstand der Local-Abtheilung XIVa. des landwirth- 
schaftlichen Vereins für Rheinpreussen in Coblenz theilt in 
einem Schreiben vom 18. Februar, welches jedoch erst am 
22sten eingetroflen ist, das bereits am 26. Januar erfolgte 
Ableben des in Oberwesel bei dem Hirten Castor statio- 
nirt gewesenen, dem Verein gehörigen Angora-Bockes mit. 
Das Schreiben ist begleitet von einem Gutachten des. Vete- 


16 


rinair-Assessors Hrn. Becker, woraus hervorgeht, dass das 
Thier in Folge einer Erkältung an Bauchfell-Entzündung und 
Bauchfell-Wassersucht gestorben ist. 

Hierzu macht Hr. Raffauf die Bemerkung, dass ihm 
die Unterbringung des ägyptischen, dem Verein zugehöri- 
gen Ziegenpaares bei Herrn Rentmeister Wirtz eine un- 
zweckmässige zu sein scheine. Er erbietet sich zugleich, bei 
Gelegenheit einer Reise im Herbste dies zu untersuchen. 
Dies Anerbieten wird sehr dankbar angenommen. 

Hr. Dr. Poselger berichtet, dass die Vertheilung von 
Sämereien an die Worihetiitificher in diesem Jahre ziem- 
lich bedeutend sein würde, obgleich einige Sendungen, wel- 
che aus Russland und Frankreich erwartet wurden, bis jetzt 
ausgeblieben sind. Dagegen ist es gelungen, durch die Güte 
des Directors des botanischen Gartens zu Breslau, Hrn. Geh. 
Rath Göppert, eine Anzahl Sämereien zu erlangen, welche 
von Hrn. Dr. Schübeler in Christiania erzogen und ein- 
gesandt wurden. Die einzelnen Packete sind bereits abge- 
theilt, so dass die Versendung in den nächsten Tagen #e- 
schehen wird. Es ist dazu von Hrn. Dr. Garke eine Cul- 
tur-Anweisung angefertigt worden, welche in hinreichender 
Anzahl metallographirt wurde m. den betreffenden Mitglie- 
dern zugleich übersandt werden wird. 

Von Herrn Obristlieutenant von Suter ist eine kleine 
Quantität Samen der Sarepta-Melone, welche der Verein im 
vorigen Jahre vertheilte und die die ausgezeichnetsten Ei- 
genschaften besitzt, eingegangen. 

Ferner sind einige Schreiben von Nichtmitgliedern ein- 
gegangen, worin um Ueberlassung von Graines des Bombyx 
Rieini gebeten wird: so von Hrn, Professor Carl Koch, wel- 
cher dieselben für Hrn. Professor Scheidweiler in Gent 
zu haben wünscht, von Hrn. Joachimi aus Cöthen und 
von Hrn. Postrath Radtke aus Liegnitz. Diese Herren wer- 
den s. Z. sämmtlich bedacht werden. 

Von Hrn. Hofgärtner Fintelmann liegen zwei Schreiben 
vor. Eins, mit welchem er dem Verein eine Quantität Ri- 


17 


cinussamen übersendet, und ein anderes, worin er an ein 
Manuscript erinnert, welches er am 13. December an Hrn. 
Kaufmann übersandt hat. Dasselbe ist bei der Abwesen- 
heit des Hrn Kaufmann in dessen Wohnung aufbewahrt 
worden; es ist jetzt in die Hände des Vorstandes gelangt 
und wird in der Zeitschrift veröffentlicht, ausserdem aber 
in 50 Exemplaren abgezogen werden*). Der grösste Theil 
der letzteren ist Herrn Fintelmann zugeschickt worden, 
damit er sie an die Personen versende, welche sich an ihn 
wegen Auskunft über die Culturmethode des Ricinusspin- 
ners wenden. 

Von Hrn. Ehrhardt in Prettin sind mehrere Schreiben 
eingegangen, worin er über den sehr günstigen Verlauf der 
Operation berichtet, welche er mit den italienischen Bienen 
vorgenommen hat. 

Die Vermehrung ist als vollständig gesichert zu betrach- 
ten, und hofft Hr. Ehrhardt schon Anfangs Juni im Stande 
zu:sein, mehrere echt italienische Königinnen abgeben zu 
körnen, 

Der Vorstand des landwirthschaftlicheu Vereins zu Gem- 
litz bittet um Uebersendung von Goundi Tabak für Herrn 
Gutsbesitzer Arnoldi, und Herr Rittergutsbesitzer Neu- 
mann auf Kummernick in Schlesien um Uebersendung von 
Samen der Asclepias syriaca. Beiden Wünschen ist ent- 
sprochen worden. 

Es wird endlich beschlossen, die Einladungen zu den 
Vorstandssitzungen künftig brieflich ergehen zu lassen. 

Schluss der Sitzung gegen 10 Uhr. 


Vorstandssitzung vom 24. April 1860 
in Arnim’s Hötel. 
Es waren anwesend die Herren Bosselmann, Müller, 
Platho, Raffauf, Schirrmacher, Spinola und Po- 


*), Dies Manuscript ist bereits im letzten Hefte des 2ten Bandes ab- 
gedruckt worden, 
1860. Bd, III 2 


18 


selger. Die Sitzung wurde um 7% Uhr eröffnet. Nach Ver- 
lesung und Genehmigung des Protokolls von voriger Sitzung 
wird als ordentliches Mitglied des Vereins Hr. Sigismund 
Lesser in Breslau aufgenommen. 

Hr. Dr. Spinola macht sodann darauf aufmerksam, dass 
es sehr zweckmässig sein würde, unsere öffentliche Sitzung 
bis in den September zu verschieben, indem bei der um diese 
Zeit in Berlin stattfindenden landwirthschaftlichen Ausstellung 
eine grosse Anzahl Gutsbesitzer hier anwesend sein würden. 

‘Es wird allgemein die Zweckmässigkeit dieses Vorschla- 
ges anerkannt, da bei der grossen Wichtigkeit, welche die 
Bestrebungen unseres Vereins für die Landwirthschaft ha- 
ben, es nur wünschenswerth sein kann, einer möglichst gros- 
sen Anzahl von Landwirthen Gelegenheit zu bieten, sich 
von der Thätigkeit unseres Vereins eine Anschauung zu ver- 
schaffen. 

Von Sr. Excellenz dem Hrn. Minister der auswärtigen 
Angelegenheiten, Freiherrn von Schleinitz, ist ein Schrei- 
ben eingegangen, mit welchem derselbe einen von dem: Pa- 
tent office in Washington dem dortigen Königl. Preuss. Ge- 
sandten zugegangenen Auszug aus einem Schreiben de dato 
Berlin im Staate Wiscousin abschriftlich mittheilt. Es geht 
daraus hervor, dass der im vorigen November unserm Ver- 
ein übersandte Samen der Zizania aquatica (Haferreis) nicht 
aus der letzten, sondern aus einer frühern Ernte herrührte, 
man aber bereit ist, bei der im nächsten Herbste stattfin- 
denden Ernte Samen zu sammeln. Es kann dieser Samen 
nämlich nur durch die Indianer in grossen Mengen beschafft 
werden. Bei den zur Zeit der vorjährigen Reife stattfinden- 
den Stürmen ist jedoch fast die ganze Ernte verloren ge- 
gangen, indem die reifen Körner durch die Gewalt des Win- 
des abgeschlagen wurden. 

Se. Excellenz erklärt zugleich seine Bereitwilligkeit, noch 
einmal den Königl. Gesandten in Washington zu beauftra- 
gen, damit derselbe durch die Vermittelung des Preuss. Con- 
suls in Millwaukee und durch andere Personen Samen von 


19 


Häferreis im nächsten Herbste einsammeln lasse und dem 
Acclimatisations-Verein übersende. 

Der Vorstand ist höchst erfreut über das rege Interesse, 
mit welchem der Herr Minister die Bestrebungen des Ver- 
eins zu unterstützen beabsichtigt, beschliesst das Anerbieten 
anzunehmen und Sr. Excellenz den wärmsten Dank für seine 
geneigte Bereitwilligkeit auszusprechen. 

So haben wir denn die Hoffnung, in diesem Winter in 
den Besitz von gutem Samen der Zizania zu gelangen. 

Der landwirthschaftliche Verein zu Steinau erstattet Be- 
richt über den Erfolg der ihm vom Verein im Jahre 1859 
übersandten Sämereien. 

Der Vorstand des landwirthschaftlichen Vereins zu Ho- 
hensteim zeigt den Empfang der ihm in diesem Jahre über- 
sandten Sämereien an und schickt die von ihm veröffent- 
lichte Schrift: „Erfahrungen und Mittheilungen auf dem Ge- 
biet des rationellen Pflanzenbaues“ ein. Es besitzt dieser 
Verein Versuchsgärten auf der Höhe zu Hohenstein und in 
der Niederung zu Stiblau von bedeutender Ausdehnung, und 
erklärt sich‘ derselbe 'bereit, in der Zukunft mit den Be- 
strebungen unseres Vereins Hand in Hand zu gehen, um so 
mehr, als ihm auch hinreichende Räumlichkeiten zur zweck- 
mässigen Unterbringung von Thieren zu Gebote stehen. Es 
wird unser Vorstand nicht ermangeln, von dem höchst schät- 
zenswerthen Anerbieten des Hohensteiner Vereins bei pas- 
sender Gelegenheit Gebrauch zu machen. Demselben sind 
auf seinem Wunsch Graines des Bombyx mori und Samen 
von Morus alba übersandt worden, Die übersandte Schrift 
ist Hrn. Marine-Rath Raffauf zur PRATER über- 
geben worden. 

Hr. Ehrhardt in Prettin bittet noch um Uebersendung 
von einigen Sämereien, welche ihm auch, soweit dies unser 
geringer Vorrath zuliess, gesandt worden sind. 

Desgleichen sind noch einige Sämereien der Local-Ab- 
theilung XIVa. zu Coblenz zugesandt worden. 

Die Haupt-Abtheilung des Vereins westpreussischer Land- 

2*r 


20 


wirthe zu Marienwerder fragt, bezugnehmend auf einen Ar- 
tikel in Wilda’s landwirthschaftlichem Centralblatt, an, ob 
der dort erwähnte wahre Bombyx Cynthia von der von 
dem Acclimatisations-Verein cultivirten Raupe verschieden 
ist, oder ob dieselbe nur im Produkte in Folge veränderten 
Futters abweicht. Sie verlangt ferner Auskunft darüber, ob 
die Behauptung jenes Artikels, dass die Ailanthus- Seide 
namhafte Vorzüge vor der Ricinus-Seide habe, richtig ist. 
Es wurde ihr darauf Folgendes geantwortet: 

Der Ricinusseidenspinner wurde zuerst von Hrn. E. Kauf- 
mann in Preussen eingeführt und zwar unter dem Namen 
Bombyx Cynthia. Später fing man in Frankreich an, einen 
andern Seidenspinner oder eine Varietät des ersteren unter 
dem Namen des echten Bombyx Cynthia zu cultiviren. Die 
erstgenannte Sorte wurde demnächst zur Unterscheidung Bom- 
byx Ricini genannt. Nur dieser zuerst eingeführte und jetzt 
unter dem Namen Bombyx Ricini bekannte Seidenspinner ist 
es, welcher bisher von unserm Vereine gezüchtet und an 
viele seiner Mitglieder vertheilt wurde. Den andern Spin- 
ner, also den echten Bombyx Cynthia, haben wir bisher 
nicht erlangen können, und scheint derselbe noch ziemlich 
selten zu sein. Auch haben wir nicht mit Sicherheit er- 
mitteln können, ob seine Seide Vorzüge vor der der Rici- 
nus-Seide besitze. 

Hr. Wullschlegel in Oftringen bei Aarburg berichtet, 
dass die Ueberwinterung seiner Cocons von Bombyx Ricini 
verunglückt ist, indem ihm viele Puppen gestorben, aus 
den übrigen aber nur Weibchen ausgekrochen sind. Er bit- 
tet deshalb um Uebersendung von neuen Graines. 

Desgleichen bitten Hr. Dr. med. Th. Streicher und Hr. 
Cantor Bernacker um Uebersendung von Graines des Bom- 
byx Ricini. 

Hr. Dr. Spinola giebt den ihm vom Verein zur Be- 
richterstattung überwiesenen „Beitrag zu den Betrachtungen 
der Constanz in der Thierzucht“, von A. von Weckherlin, 
zurück, mit dem Bemerken, dass in dieser Schrift sehr be- 


21 


achtenswerthe Regeln und Winke für die Thierzucht enthal- 
ten sind, und dass das daraus hervorleuchtende Streben, 
der Thierproduktionslehre eine festere theoretische Basis zu 
verleihen, volle Anerkennung verdiene. Ueber die Richtig- 
keit der aufgestellten Sätze könne jedoch nur die Erfahrung 
entscheiden. 

Hr. Dr. Poselger theilt hierauf mit, dass nach einem 
früher gefassten Vorstandsbeschluss die Einladungen der Vor- 
stands-Mitglieder zu den Sitzungen metallographirt worden 
seien und von nun an jedem direkt pr. Stadtpost zugesandt 
werden würden. Er erklärt ferner, dass die Sämereiverthei- 
lung an die Mitglieder beendigt sei und legt das darüber 
von Hrn. Puttlitz angefertigte Verzeichniss zur Ansicht 
' vor, dessen übersichtliche und sorgfältige Einrichtung lo- 
bend anerkannt wird. 

Hr. Bosselmann überreicht als Geschenk für die Ver- 
eins- Bibliothek: 

Die Racen des Schweines von Herm. von Nathusius, 
und 
Versuch über das Exterieur des Pferdes von Morris, 
aus dem Französischen übersetzt vom Hauptmann 
Gräfe. 
Schluss der Sitzung 9% Uhr. 


Vorstandssitzung vom 19. Juni 1860 
in Arnim’s Hötel. 


Es hatten sich eingefunden die Herren Bosselmann, 
Müller, Platho, Raffauf, Spinola und Poselger. Hr. 
Schirrmacher war verreist. Die Sitzung wurde um 7% Uhr 
eröffnet. 

Es wurden zunächst als ordentliche Mitglieder des Ver- 
eins aufgenommen die Herren 

M. Issakoff in St. Petersburg. 
Dr. A. Lechner in Moscau. 
Professor der Universität N. Warneck in Moscau. 


22 


Prof. der Universität Jaques Borsenkoff in Moscau. 

J. Kalinowsky, General-Sekretair der Acclimatisa- 
tions-Gesellschaft in Moscau. 

Banquier Eduard Oppenheim in Cöln. 

Ritter Stanislas Lesser, Consul in Warschau. 

Lehrer Schojan zu Hasenholz bei Bukow. 

Es wurde beschlossen, jedem der genannten Herren ein 
Aufnahme-Diplom und ein Exemplar der Statuten zu über- 
senden. | 

Hr. Dr. Poselger theilte mit, dass er am 18. Mai von 
Hrn. Alexander Meyn im Namen des Moscauer Acclimati- 
sations-Comite’s mit einem Besuche beehrt worden ist. Der- 
selbe legitimirte sich durch ein Schreiben des genannten 
Vereins, bat um Uebersendung von Graines des Bombyx 
Ricini an den Verein, welche bereitwillig zugesagt wurde, 
äusserte den Wunsch, dass die freundschaftlichen Beziehun- 
gen zwischen dem Moscauer und unserem Vereine unverän- 
dert fortbestehen möchten und meldete die obengenannten 
Herren Directoren des Comite’s als wirkliche Mitglieder des 
diesseitigen Vereins an. 

Der Vorstand des landwirthschaftlichen Vereins zu Bran- 
denburg hatte unserm Verein die Anzeige gemacht, dass er 
beabsichtige, am 23. Mai eine Ausstellung landwirthschaft- 
licher Maschinen und Produkte, verbunden mit einer Thier- 
schau, zu veranstalten, und denselben eingeladen, neu ein- 
geführte Gegenstände zu dieser Ausstellung einzusenden. Dem 
betreffenden Schreiben lag ein Programm der Ausstellung bei. 
Dieser Aufforderung ist in soweit entsprochen worden, als 
unser geehrtes correspondirendes Mitglied, der Königl. Hof- 
gärtner Hr. Fintelmann bereitwilligst die Einsendung sei- 
ner Ricins- Seidenwürmer in allen Stadien der Entwickelung 
zusagte. Desgleichen wurden die abgeschorenen Vliesse un- 
serer beiden Angoraböcke nach Brandenburg gesandt. 

Die Ausstellung hat am 23. Mai stattgefunden und sind 
unserm Vereine die Vliesse bereits wieder zurückgesandt 
worden. 


23 


Von Herrn Hofgärtner Fintelmann ist eine Anzahl 
Schreiben eingegangen, worin er über den günstigen Ver- 
lauf der diesjährigen Ueberwinterungsversuche von Cocons 
bei niedrigen Temperaturen berichtet. Selbst aus den am 
2. October 1859 gesponnenen Cocons sind noch am 2. Mai 
und den folgenden Tagen Schmetterlinge entschlüpft. Hr. 
Fintelmann wünscht sehr, dass unser Verein eine Kardir- 
maschine anschaffen möge, damit die grosse Menge aufge- 
sammelter Cocons verwerthet und Stoffe daraus gefertigt wer- 
den könnten. Obgleich dies gewiss im höchsten Grade wün- 
schenswerth ist, so möchte doch der hohe Preis einer sol- 
chen Maschine der Anschaffung derselben einstweilen noch 
entgegenstehen. | 

Von den gewonnenen Graines konnten bis jetzt nur an 
die Herren Baron Hambro in London und Prof. C. Koch 
abgegeben werden, da die bei weitem grössere Menge dureh 
zufällig eintretende höhere Temperatur bereits entschlüpft 
oder dem Auskriechen nahe war. 

Zu der am 31. Mai von dem landwirthschaftlichen Ver- 
ein zu Zossen abgehaltenen landwirthschaftlichen Ausstellung 
hat Hr. Fintelwann gleichfalls Raupen eingesandt. Herr 
Fintelmann hat ferner augezeigt, dass sich Hr. Max Wei- 
denbach in Süd-Australien an ihn gewendet und um Ue- 
bersendung von Graines des Bombyx Rieini gebeten hat. Ob- 
wohl eine solche Uebersendung bis weit jenseits der Linie 
mit grossen Schwierigkeiten verbunden sein wird, da sich 
weder die Graines noch die Cocons dieses Spinners in- war- 
mer Temperatur ohne auszukriechen längere Zeit bewahren 
lassen, so wird Hr. Fintelmann dennoch im Herbst den 
Versuch machen. 

Von Hrn. Consul Fr. Kühne in New -York sind zwei 
Schreiben eingegangen, in welchen derselbe sein lebhaftes 
Interesse für die Zwecke unseres Vereins ausspricht und 
seine Bereitwilligkeit erklärt, dieselben in jeder Weise zu 
fördern. Namentlich verspricht er, unserm Verein noch in 
diesem Herbste keimfähigen Samen der Zizania aquatica 


24 


(Haferreis) zu verschaffen und befürwortet einen gegensei- 
tigen Austausch von amerikanischen und deutschen Säme- 
reien. Zugleich übersendet er einen Bericht über den nord- 
amerikanischen wilden Reis (Zizania aquatica) und einen 
Commentar zu einer Sendung von Sämereien und Agricul- 
turberichten nordamerikanischer Staats - Ackerbaugesellschaf- 
ten, und stellt unserm Vereine eine Uebersendung. dieser 
und anderer Berichte in einer grössern Anzahl von Exem- 
plaren zur Vertheilung an unsere Mitglieder in Aussicht. 

Der Vorstand des landwirthschaftlichen Vereins für das 
Fürstenthum Halberstadt und die Grafschaft Wernigerode 
bittet um Uebersendung einiger Sämereien, welche er noch 
nicht erhalten hatte. Diesem Wunsche konnte leider nur 
noch in sehr unvollkommener Weise nachgekommen werden. 

Von Hrn. Prediger Strassburg in Buckow liegen zwei 
Schreiben vor, in welchen er für die übersendeten Säme- 
reien dankt und den Lehrer Hrn. Schojan in Hasenholz 
als Mitglied für den Verein anmeldet. 

Dagegen zeigt Herr Plüddemann seinen Austritt aus 
dem Verein an. 

Von dem Vorstand der landwirthschaftlichen Local-Ab- 
theilung XIVa. in Coblenz sind mehrere Schreiben einge- 
gangen und sind zugleich die beiden geschorenen Vliesse 
der Angoraböcke nebst einigen Löckchen der aus der ersten 
Kreuzung hervorgegangenen Zicklein eingesandt worden. 

Diese Löckchen und zwei Proben von den Vliessen lie- 
gen zur Ansicht den Vorstands-Mitgliedern vor. Aus einem 
beigefügten Schreiben des Hrn. Bürgermeisters Clesius in 
Oberwesel, sowie des Hrn. Pastors Heidinger in Alflen 
geht hervor, dass die erste Nachkommenschaft beider An- 
goraböcke mehr dem Vater als der Mutter nachschlagen und 
die jungen Zicklein, oft unabhängig von der Farbe der 
Mutter, glänzend weiss und mit viel feinerem, längerem 
Haar als gewöhnliche Ziegen gefallen sind. ; 

Die Local-Abtheilung zeigt zugleich an, dass sich die 
Hoffnung von dem tragenden Zustande der ägyptischen Ziege 


25 


nicht bestätigt habe, und dass sogar sämmtliche von dem 
ägyptischen Bock gedeckte Ziegen unfruchtbar geblieben sind. 
Schliesslich fragt sie an, was nun mit der ägyptischen Ziege 
angefangen werden solle. 

Ueber diesen letztern Punkt behält sich unser Vorstand 
noch vor Beschluss zu fassen. 

Hr. Baron Humbro in London zeigt den Empfang der 
ihm übersandten Graines an. 

Hr. Louis Kurzius, Fasanenmeister Sr. Hoheit des Her- 
zogs von Coburg-Gotha, bittet um Uebersendung von Graines 
des Bombyx Rieini. 

Hr. Ehrhardt in Prettin zeigt an, dass er bereits an 
Herrn Camphausen in Benndorf und an den Verein in 
Marienwerder italienische Bienenköniginnen habe abgeben 
können. | 

Hr. E. Rollfs in Siegfeld zeigt an, dass er an der Ver- _ 
theilung von Sämereien zu participiren wünscht. Es werden 
demselben einige von den noch vorhandenen wenigen Säme- 
reien zugesandt werden, und wird ihm zugleich die Zusi- 
cherung ertheilt werden, dass er im folgenden Frühjahre 
besser berücksichtigt werden soll. 

Das Smithsonian Institution in Washington sendet eine 
Liste sämmtlicher wissenschaftlicher und literarischer Gesell- 
'schaften ein, mit denen dasselbe in Verbindung steht, und 
wünscht von den Namen derjenigen Personen in Kenntniss 
gesetzt zu werden, welche, mit wissenschaftlichen oder lite- 
rarischen Untersuchungen beschäftigt, in Austausch mit Ame- 
rika zu treten wünschen. Es wird zunächst beschlossen, dem 
Smithsonian Institution ein Exemplar des Jahrganges 1859 


. unserer Zeitschrift zuzusenden. 


Es liegt ein Antrag des Hrn. Carl Kaufmann vor, da- 
hin gehend: „der Verein möge alle dazu geeigneten Thiere 
bei einer Viehversicherungs-Gesellschaft versichern“, und 
ferner: „Zuchtthiere künftig nur solchen Personen in Pflege 
zu geben, die keinen persönlichen Vortheil aus denselben 
ziehen wollen“. Die Zweckmässigkeit dieses Antrags leuchtet 


26 


ein und wird der zweite Theil desselben sogleich geneh- 
migt. In Bezug auf den ersten Theil erklärt Hr. Dr. Spi- 
nola, dass er nicht glaube, eine Viehversicherungs -Gesell- 
schaft würde sich darauf einlassen, fremde eingeführte Thiere 
nach ihrem wahren Werthe zu versichern; oder wenn sie 
es thäte, so würde die Versicherungssumme ganz unverhält- 
nissmässig hoch sein, indem bei noch nicht acelimatisirten 
Thieren die Wahrscheinlichkeit des Absterbens offenbar eine 
viel grössere sei. Herr Dr. Spinola erbietet sich jedoch, 
hierüber genaue Erkundigungen einzuziehen und in der näch- 
sten Sitzung darüber zu berichten. 
Der Schluss der Sitzung erfolgte um 9% Uhr. 


Berichte über die Versuche mit den pro 1859 ver- 
theilten Sämereien, 


Die im Jahre 1859 herrschende ungewöhnliche Trocken- 
heit hat leider viele Versuche gänzlich vereitelt, bei ande- 
ren ein Resultat geliefert, welches nur geringen Anhalt ge- 
währt. Verhältnissmässig befriedigende Erfolge sind nur mit 
einigen Tabackssorten und dem chinesischen Futtermais er- 
zielt worden. Auch die Sarepta-Melone wird von allen Be- 
richterstattern wegen ihres vorzüglichen, sehr wohlschmek- 
kenden Fleisches gelobt, es möchte deshalb ihr Anbau zu 
ferneren Versuchen zu empfehlen sein. Ueber die Kicher- 
erbse (Cicer arietinum) sind die Urtheile theilweise geradezu 
widersprechend. Einige Möhrensorten, sowie auch verschie- 
dene Arten von Bohnen haben hier und da gefallen; von 
anderen wird aber bemerkt, dass dieselben bereits bekannt 
seien. In dieser letztern Beziehung muss nun hervorgeho- 
ben werden, dass der Zweck des Vereins nicht bloss darin 
besteht, bisher gänzlich unbekannte Pflanzen und Thiere 
zu acclimatisiren, sondern vorzüglich auch darin, bereits 
bekannten ausgezeichneten Sorten eine weitere 
Verbreitung zu verschaffen. 


27 


Wir lassen die verschiedenen Berichte, soweit der Inhalt 
. derselben von Erheblichkeit ist, im Auszuge hier folgen. 
Für den von einzelnen Mitgliedern des Vereins, trotz der 
ungünstigen Witterungsverhältnisse, gezeigten unermüdlichen 
Eifer und das stets rege Interesse, welches sichtlich bei den 
Beobachtungen obgewaltet hat, fühlen wir uns verpflichtet, 
hiermit unsern wärmsten Dank zu sagen. 

Die Fortsetzung der Versuche in dem gegenwärtigen, an- 
scheinend für derartige Zwecke geeigneten Jahre wird die 
aufgewandte Mühe durch die Gewinnung zweifelloserer und 
zuverlässigerer Resultate hoffentlich lohnender machen. 


1. 


Heringen, 31. Januar 1860. 

Der Rieinus major und minor haben sich in meinem 
Garten herrlich entwickelt, jener war 6—7’ hoch, dieser 
4—5'; beide hatten aber einen Blätterreichthum, der meine 
Bewunderung erregte. Die Blätter des Ricinus major wa- 
ren 1’ lang und fast ebenso breit. Es waren zwei Sorten, 
nämlich mit grünem Stamm und Blatt, und mit rothem 
Stamm und mit braunrothem Blatt. Die Blüthen entwickel- 
ten sich bei diesem sehr spät, waren prachtvoll, und es ist 
nicht zuviel gesagt, wenn man ihn überhaupt den Wunder- 
baum nennt, nur schade, dass weder der roth- noch grün- 
stämmige Ricinus major Samen zur Reife gebracht hat. Von 
diesem sind einige Stauden in Blumentöpfe gepflanzt, um 
zu sehen, ob sie überwintert werden können. Bis jetzt sind 
sie gut, treiben langsam Blätter hervor, und wenn sie nicht 
durch Frühjahrsmissgeschicke verloren gehen, so hoffe ich 
von denselben auch in diesem Jahre Samen zu gewinnen, 
der wohl zur Reife gelangt. Vom Rieinus minor habe ich 
eine ‘grosse Menge reifen Samen von Mitte September an 
gewonnen. In der Nacht vom 12. zum 13. November aber 
ist der Rieinus selber erfroren. | 

Die Weberkarde ist zum Theil ausgepflanzt, zum Theil 
habe ich sie als Surrogatfutter für die Riecinusraupe zusam- 


28 


men stehen lassen. Ausgepflanzt schienen die Pflanzen etwas 
zu kränkeln, bald aber entfalteten sie einen Blattreichthum, . 
der mir für eine grosse Menge Raupen zum Futter gedient 
hat und noch dient. Der schneelose Frost hat den grossen 
Blättern wohl geschadet, aber die kleineren sind bis jetzt 
noch gut geblieben. Ehe ich sie zum Futter gebrauchte, 
liess ich sie erst aufthauen. Das mir zuletzt überschickte 
Pfund Samen der Avignoner Karde will ich erst im Früh- 
jahr aussäen und zwar unter die Gerste. Nach Angabe des 
Hrn. Instructors Pohl in Lanth soll die Karde untergesäet 
herrlich gedeihen. Zur Herbstaussaat konnte ich mich we- 
gen der grossen Trockniss des Bodens nicht entschliessen; 
ich befürchtete schlechten Aufgang und danach Auswinte- 
rung. ' Gegen trockenen Frost im Wechsel mit Thauwetter 
scheint mir die Karde allerdings empfindlich zu sein, was 
sich jetzt in meinem: Garten zeigt, wo selbst'an einigen 
Stauden die Herzblätter schwarz zu werden anfangen. 

Was die Maulbeersämlinge anbetrifit, so lassen sie 
nichts zu wünschen übrig. Sie haben eine Höhe von 1—1%’ 
erreicht und sind bis jetzt nicht erfroren. 

 (gez.) Stade, Diaconus. 


2. 


Züllichau, 8. Februar 1860. 

Die Sämereien sind dem Fürstlich Reussischen Hofgärt- 
ner Förster zu Trebschen übergeben; derselbe berichtet: 

1) Cicer aritinum, Kicher-Erbse, wenig ergiebig. 

2) Niedrige Pahl-Erbse, würde 3’ hoch, hat mittle- 
mässig getragen. 

3) Buxbaum-Erbse, ist gut REN wurde aber 
bald vom Mehlthau befallen, keine Ernte. 

4) Biaok-Resubhinen rankte 3— 3%’ hoeh, ziemlich 
ertragreich. Es schienen 2 Sorten zu sein, im grünen Zu- 
stande waren einige Schoten gelb, ganz der gelben Wachs- 
bohne ähnlich, andere blieben grün, beide recht fleischig. 

5) Lange Schlangen -Gurken, sehr mittelmässig ge- 


29 


tragen. Viele Früchte wurden im kleinen Zustande sehr zei- 
tig blätterig und krumm. Selbige scheinen etwas weichliche- 
rer Natur zu sein als unsere älteren Sorten. Zuletzt wur- 
den sie ganz vom Schimmel befallen. 

6) Von den sechs Tabackssorten ist von jeder Sorte 
nur sehr wenig ausgesäet worden, aber alle sechs Sorten 
haben schöne grosse Blätter getrieben. Verarbeitet ist aber 
noch nichts davon geworden. 

7) Melonenkerne, sind nicht aufgegangen. 

8) Blumenkohl, hat wenig gute Blumen oder Käse ge- 
bracht. Es mag ‚dies aber wohl an der Witterung gelegen 
haben. 

(gez.) Der Vorstand des landwirthschaftlichen Vereins des 
Züllichau - Schwiebuser Kreises. 
In Vertretung: 
(gez.) Kuntze, Regierungs- Assessor. 


3. 


Hr. Hofgärtner Fintelmann, auf der Pfaueninsel bei 
Potsdam, hat die norwegischen Sämereien leider so spät er- 
halten, dass der Anbau bis zum ra Jahre verscho- 
ben werden muss. 


4. 


Lübbenan, 26. October 1859. 

1) Die Kicher-Erbse (Garabanzos) habe ich schon viele 
Jahre: cultivirt in ‘gutem Garten- und Feldboden, allein auf 
keinerlei Art eine lohnende Ernte gehabt, indem die Hül- 
sen nur 2—3 Körner haben und sparsam ansetzen, wes- 
halb ich und mehrere Andere, die sich mit dem Anbau der- 
selben beschäftigt haben, den Betrieb aufgegeben haben, sie 
auch aus vielen Verzeichnissen verschwunden ist. 

2) Die sibirische Kerbelrübe (Chrysophylum Pres- 
cottii) hat ganz dieselbe Cultur wie unsere allbekannte, al- 
lein den süssen, angenehmen Geschmack besitzt sie nicht, 
weshalb sie nie unsere alte verdrängen wird. 


30 


3) Die Oelböohne aus China, worüber ich im vergange- 
nen Jahre berichtete, habe ich dies Jahr aus in freiem Lande 
selbst gewonnenem Samen gezogen. Ich legte sie im Mai ins 
freie Land, habe aber in diesem Jahre trotz der günstigen 
Witterung keine Blüthe noch Samen gesehen, befürchte da- 
her sehr, dass sie sich bei uns nicht acelimatisiren lässt. 

4) Die Wassermelone aus Costa-Rica, welche im 
vergangenen Jahre keine Früchte brachte, hat: dies Jahr, 
da ich noch ein paar Kerne aufgehoben hatte, im Mistbeet 
reichliche Früchte getragen, welche hellgrün waren, mit 
dunkeln Streifen besetzt. Ueber den Geschmack kann ich 
leider kein Urtheil fällen, da vor ihrer völligen Reife. sie 
durch einen Maulwurf unterwühlt wurden, wodurch die Pflan- 
zen vertrockneten. 

5) Die Kartoffel von der Insel St. Martha, worüber 
ich auch im vorigen Jahre berichtete, scheint eine sehr lange 
Wachsthumsperiode zu haben, da sie beim Herausnehmen im 
October noch grün war und die Knollen selbst nicht grös- 
ser wie eine welsche Nuss waren. Ich werde sie im: kom- 
menden Jahre noch einmal setzen, aber die Öultur ‚aufge- 
ben, wenn sie sich nicht ändert. 

(gez.) C. Krüger, 
Kunst- und Handelsgärtner. 


5. 


Gatow, 5; December 1859. 

1) Weisser Maulbeersamen aus China ist nicht auf- 
gegangen. 

2) Kicher-Erbse (Cicer arietinum) ist, auf Landbo- 
den gesäet, nur zum geringen Theil aufgegangen. 

Dieselben zeigten jedoch ein sehr gutes Wachsthum, und 
scheint es, als wenn der Anbau derselben auf dem schlech- 
testen Landboden von Erfolg sein dürfte. Die Stauden hat- 
ten meistens 50 —70 Schoten angesetzt. 

Es sollen mit dem gewonnenen Samen im nächsten Jahre 
ausgedehntere Versuche gemacht werden. 


31 


3) u. 4) Maryland- und Ohio-Taback. Beide Sor- 
ten hatten durch die grosse Dürre sehr gelitten, erholten 
sich jedoch später bedeutend, und gaben beide viel grösse- 
ren Ertrag, wie die hier bisher angebauten Tabacke. Der 
Same wurde jedoch nicht reif. 

5)u.6) Rieinus communis (major et minor), hatte 
ebenfalls durch grosse Dürre gelitten, derselbe gedeiht je- 
doch hier wie überall. Der Samen ist zur Reife gelangt. 


(gez.) Der Vorstand des landwirthschaftlichen Zweig- 
Vereins Neu -Stettiner Kreises. 


(gez.) F. Petersen. 


6. 


‚Stendal, am 2, December 1859, 


Das mit dem Anbau der von dem verehrlichen Vorstande 
des Acclimatisations-Vereins für die Königl. Preuss. Staaten 
zu Ende März unterm 20. April und 4. Juni c. übersendeten 
Sämereien beauftragte Comite hat den abschriftlich beige- 
fügten Bericht vom 7. d. M. erstattet, wovon wir eine Ab- 
schrift zur geneigten Benutzung für die Zeitschrift ganz er- 
gebenst mittheilen, und dabei besonders auf Nr. XVII, 
XVIIL und XXXIL des Berichts, als die anscheinend wich- 
tigsten Nutzpflanzen für unsere Bestrebungen und Verhält- 
nisse, aufmerksam machen, deren fernere CGultivirung wir 
uns angelegen sein lassen werden, 

Diejenigen Gegenstände, über die der Bericht nicht er- 
schöpfend erstattet ist, werden in dem pro 1860 zu erstat- 
tenden abgehandelt werden. 

Wir erlauben uns die Bitte, bei Auswahl der Sämereien 
zu acclimatisirender Nutzpflanzen darauf zu rücksichtigen, 
dass wir unsere Bestrebungen ausschliesslich der Förderung 
der Landwirthschaft zugewendet haben, dass also Getreide 
und Futtergewächse diejenigen sind, ‘die uns mehr als Ge- 
müse, Bäume, Sträucher und für die Seidenzucht wichti- 
gen Pflanzen interessiren, nnd dass die Mittheilung von No- 


32 


tizen und Erfahrungen über den Anbau der zugesendeten Sä- 
mereien von uns dankbar entgegengenommen werden wird. 
(gez.) Der Vorstand der landwirthschaftlichen Abtheilung 
des altmärkischen Vereins für vaterländische Geschichte 
und Industrie. 
(gez) Willenbücher. 


Bericht über die Cultur der vom Acclimatisa- 
tions-Verein zu Berlin übersendeten Sämereien 
pro 1859. 


Vom Acclimatisations-Verein sind dem altmärkischen Ver- 
ein für vaterländische Geschichte und Industrie, landwirth- 
schaftliche Abtheilung, in diesem Jahre zu zwei verschie- 
denen Malen, zu Ende März und zu Anfang Juni, Säme- 
reien zum Anbau resp. zu Acclimatisations-Versuchen zu- 
gegangen. 

Diese Sämereien sind einem von unserm Verein für die- 
sen Zweck gewonnenen hiesigen Kunstgärtner (Wipperich), 
und ein Theil davon auch einzelnen, sich dafür interessi- 
renden Mitgliedern übergeben worden, und ist; über das 
Ergebniss der angestellten Versuche jetzt Nachfolgendes zu 
berichten. 

Dem Berichte ist jedoch nachstehende Bemerkung vor- 
auszuschicken. 

Es kann bei der Behandlung mancher bisher hier ganz 
unbekannter Sämereien leicht gefehlt sein, da eine Anlei- 
tung dazu nicht mitgetheilt worden ist, auch sonst nicht 
hat anderswo aufgefunden werden können. Hierzu kommt, 
dass uns bei nicht wenigen Sämereien, z. B. Taxus baccata, 
Prunus sibirica, Ulmus species indefinita u.a. m., auch der 
Nutzen, den man sich davon verspricht, resp. die Vorzüge 
der neuen Einführungen vor den einheimischen Pflanzen gänz- 
lich unbekannt geblieben sind, was, in Verbindung mit der 
Ungewissheit über die richtige Art der Behandlung, das In- 
teresse an diesen Versuchen erheblich abschwächt. 

Die zweite Sämereien-Sendung insbesondere betreffend, 


33 
so war, als dieselbe eintraf, die Jahreszeit schon allzuweit 
vorgerückt, so dass schon deshalb bei manchen Sämereien 


durch die dennoch angestellten Versuche ein günstiger Er- 
folg nicht zu erreichen war. 


I. Taxus baccata. 

Gesäet am 3. April 1859 (wie alle Gehölze) im Holzka- 
sten, 3 Zoll tief. In diesem Jahre nicht aufgegangen und 
wohl erst im nächsten Frühjahr zu erwarten. 


II. Prunus sibiraca. 
Gesäet am 3. April 1859, nicht aufgegangen, wahrschein- 
lich verstockt. 


II. Ulmus (species indefinita). 

Ausgesäet am 3. April 1859. Aufgegangen ist überhaupt 
nur eine Pflanze am 20. April 1859. Anscheinend ist der 
Samen zum Verstocken geneigt, weshalb vielleicht zu em- 
pfehlen, dass er möglichst dünn ausgesäet und nur leicht 
bedeckt wird. Die erzielte Pflanze entwickelt sich regelmäs- 
sig und hat in diesem Jahre die Höhe von 6 Zoll erreicht. 


IV. Larix dahurica. 

- Ausgesäet am 3. April 1859, aufgegangen am 10. Mai 
ejusd., am 1. August 1 Zoll hoch, regelmässige Entwicke- 
lung. : Schattiger Standort scheint bei der Erzeugung aus 
Samen nothwendig. Die aufgegangenen Pflanzen haben sich 
nicht weiter entwickelt und werden über Winter geschützt 
werden. 


V. Amygdalus pedunculata. 

Ausgesäet am '3. April 1859. Aufgegangen sind am 12. 
Mai 2 Pflanzen, die am 1. August eine Höhe von 2 Zoll er- 
reicht haben... Seitdem sind sie anscheinend nicht fortge- 
schritten. Ä 

VI. Pfirsich von Tullins (Frankreich). 

Gelegt am 8. Juni 1859, wird wohl, wenn er überhaupt 
aufgeht, sich erst im nächsten Jahre zeigen. 


VII. Morus alba. 


Um die Gefahr des Erfrierens zu vermeiden, erst am 
1860. Ba, II, ß 3 


34 


6. Mai 1859 in freiem Lande ausgesäet. Aus dem Samen 
ist in diesem Jahre noch keine Pflanze erwachsen. 

VII. Crataegus sanguinea. 

Gesäet am 3. April 1859. In diesem Jahre nicht aufge- 
gangen, möchte sich vielleicht noch im nächsten Frühjahr 
zeigen. 

IX, Grüne Sarepta-Melone. 

Gelegt am 3, April 1859, im Topfe auf warmem Mist- 
beete unter Glas. Aufgegangen am 21. April, am 1. Juni 
im Mistbeete ausgepflanzt, am 26. Juli die ersten Früchte 
abgesetzt, am 18. September war eine Frucht gereift (Grösse 
9 Zoll Längendurchmesser, 6 Zoll Breitendurchmesser, Schwere 
4% Pfd.). Die Frucht war von vorzüglichem Geschmack. Nicht 
ganz günstiger Standort hatte das Ansetzen mehrerer Früchte 
verhindert. 

X. Grüne Schlangengurke. 

Ausgesäet am 12. Mai, ins freie Land aus dem Topf ge- 
setzt am 18. Mai, am 15. Juli zum Salat geeignete Früchte. 
Volltragend und schmackhaft, deshalb zum Anbau zu em- 
pfehlen, obwohl von den Dean bekannten Sorten nicht 
hervorragend. 

XI. Buschbrechbohnen. 

Gelegt am 12. Mai 1859 (18 Zoll im Quadrat), 2 Bohnen 
in ein Loch. Aufgegangen am 19. Mai, den 16. Juli zur 
Verwendung als Gemüse geeignet. Die Frucht ist zart, de- 
likat, bringt früh die Früchte, und selbst die stärkeren Boh- 
nen bleiben noch zart und brechbar. Sie trägt ziemlich voll, 
im Herbste jedoch werden die Bohnen von der Feuchtigkeit 
leicht fleckig, weshalb sich zum Anbau nur ein leichter Bo- 
den eignen möchte. 

Der hiesige Handelsgärtner Wipperich meint diese 
Bohne schon unter dem Namen Kreuzbrechbohne zu führen. 

XU. Schwerdt-Buschbohne. 

Gelegt wie Nr. XI. am 12. Mai 1859, aufgegangen am 
19. Mai, den 24. Juli zur Verwendung geeiguete Früchte. 

In Wipperich’s Handelsgärtnerei finden sich Schwerdt- 


35 


Buschbohnen, welche der übersendeten an Feinheit des Flei- 
sches und. Geschmack vorzuziehen siud. Letztere ist wegen 
Härte der Schale nicht zu empfehlen. 

Auch der Ertrag war bei gleicher Fläche nur halb so 
gross wie die der Bohne sub XI. 

XI. Blumenkohl. F 

Gelegt im kalten Mistbeete am 12. Mai 1859. Die späte 
Aussaat ist aus dem Grunde gemacht, um mit mehr Sicher- 
heit auf eine ergiebige Ernte rechnen zu können. Aufgegan- 
gen ist der Blumenkohl am 20. Mai, ausgepflanzt am 1. Juli 
auf gut gedüngtem und cultivirtem Lande, 2 Fuss im Qua- 
drat. Die Pflanzen haben sich regelmässig entwickelt und 
sind die ersten Käse am 20. October geschnitten; sie waren 
regelmässig gebildet, dicht, schön und wohlschmeckend, da- 
her zu empfehlen. 

XIV. Niedrige Pahlerbse. 

Gelegt am 7. April 1859, aufgegangen am 18. April, Blüthe 
am 29. Mai. Hat voll abgesetzt, zur Verwendung als Ge- 
müse geeignet am 10. Juni, reifer Samen am 8. Juli. Die 
Erbse ist volltragend, die Schoten hatten durchschnittlich 
5 Körner mittlerer Grösse, dagegen ist sie nicht ausgezeich- 
net im Geschmacke. 

XV. Buchsbaum-Zuckererbse., 

Gelegt am 7. April 1859, aufgegangen am 18. April, Blüthe 
am 5. Juni; als Gemüse geeignet am 18. Juni, Samen am 
16. Juli. 

Die Erbse ist volltragend, die Schoten hatten durchschnitt- 
lich 6 Körner unter mittlerer Grösse, von grosser Süssigkeit 
und ausgezeichnetem Geschmacke. 

Sie verlangt einen lockern, tief cultivirten und humus- 
reichen Boden. | | 

Samen wurde nicht gewonnen, da er sämmtlich von Sper- 
lingen verzehrt wurde. 

XVI Cicer arictinum (Kichererbse). 

Gelegt am 7. April 1859. Von den aufgegangenen Pflan- 


zen, denen die Dohlen sehr nachgestellt haben, ist nur eine 
: g* 


36 


Pflanze conservirt, aufgegangen waren sie am 18. April, Blüthe 
5. Juni. Die übrig gebliebene Pflanze entwickelte sich sehr 
kräftig und warf reichlich Nebenzweige, so dass für sie ein 
Raum von 18 Zoll Quadrat erforderlich erscheint. Am 1. Au- 
gust reife Früchte. In den vollkommenen Schoten waren 2, 
meistens jedoch nur eine Erbse. Mehrere Nebenzweige star- 
ben ab, ehe die Körner gereift waren. 

Wegen geringen Ertrages und weil anscheinend das Klima 
die Fruchtreife verhinderte nicht zu empfehlen. 

XV. Grünköpfige gelbe Futtermöhren. 

Ausgesäet am 7. April 1859 auf einen tief cultivirten 
lockern Boden in der zweiten Tracht, 1 Loth auf ein Beet 
von 96 Quadratfuss; aufgegangen am 26 April. 

Auf der Hälfte des Beetes sind die Pflanzen am 13. Juni 
bis auf Entfernungen von 6 Zoll, auf der andern Hälfte bis 
auf Entfernungen von 3—4 Zoll verzogen. | 

Auf der ganzen Fläche ist eine Quantität von 1 Otr. ge- 
wonnen. Die stärker zu 6 Zoll verzogenen Reihen haben 
keine grösseren Wurzeln als die übrigen geliefert, so dass 
eine Entfernung von 4 Zoll ausreichend erscheint. Die Qua- 
lität ist vortreffllich, sie giebt ein gern gefressenes, süsses 
und nahrhaftes Futter. Es dürfte also diese gelbe grün- 
köpfige Möhre an Quantität und Qualität der bisher hier 
üblichen weissen grünköpfigen Möhre vorzuziehen sein; auch 
ihr Kraut scheint feiner als das der letztern. 

XVII. Chinesischer Futtermais. 

Gelegt am 10. Mai 1859 auf einem Boden wie der ad 
XVII. beschriebene, 1 Fuss im Quadrat zu 2 Körnern, auf- 
gegangen am 16. Mai. Die Pflanzen bildeten sich sehr kräf- 
tig aus, warfen breite Blätter von Hause aus und mehrere, 
gewöhnlich 3—5 Hauptstengel. Bei der beschriebenen Pflan- 
zenbildung erschien es zweckmässig, den Raum für die Pflan- 
zen zu erweitern. | | 

Die letzteren wurden deshalb am 13. Juni ausgehoben und 
verpflanzt. Am l. August schon gaben die verpflanzten den 
auf dem ursprünglichen Standorte stehengebliebenen nichts 


37 


mehr nach und haben schliesslich den Vorzug vor den auf 
dem Flecke der Einpflanzung belassenen unter den eingetre- 
tenen Witterungsverhältnissen erlangt. 

Am 20, October ist der reife Samen abgenommen, und 
ist hierbei besonders hervorzuheben, dass jede Pflanze voll- 
kommen reifen Samen geliefert hat. 

Im Vergleiche mit den bekannten Sorten scheint dieser 
Mais auch rücksichtlich der Quantität des Futter-Ertrages 
nicht nachzustehen und ist auch vom Rindvieh gern ge- 
fressen worden. 

XIX. Weberkarde. 

Der Samen ist zu zwei verschiedenen Zeiten gelegt: 

a) die eine Hälfte am 7. April 1859 in den ad XVII. 
beschriebenen Boden; aufgegangen am 26. April, verpflanzt, 
1% Fuss im Quadrat, am 13. Juni; 

b) die andere Hälfte ist am 14. Juni 1859 gelegt und 
war am 1. August zum Verpflanzen geeignet. 

Die Stauden beider Saaten stehen gegenwärtig ohne Sa- 
menstengel; sie werden durchgewintert und darüber im näch- 
sten Jahre weiter berichtet werden. 

XX. Ricinus communis. 

Ist in den ad XVII. beschriebenen Boden am 12. Mai 
1859 gelegt und am 20. Mai aufgegangen. Die Pflanzen ha- 
ben sich sehr kräftig entwickelt. Weil der Samen zu eng 
gelegt war, so ist eine Pflanze um die andere herausgenom- 
men und mit dem Ballen versetzt. Besser ist es jedenfalls, 
den Samen gleich von Hause aus 3 Fuss weit zu legen. Die 
Blüthe trat am 1. August ein und die Pflanzen entwickelten 
sich zu sehr kräftigen Stauden. Es ist ein grosses Quantum 
reifer Samen im Laufe des Monats October gewonnen, der 
dem Acclimatisations-Verein zur Disposition gestellt wird, 
da die weitere Cultur hier, wo die Bombyx Cynthia nicht 
gezüchtet wird, nicht zu erwarten ist. 

XXI. Babe Havannah. 

Auf kaltem Mistbeete am 9; April 1859 gesäst; aufge- 
gangen am 26. April, ins freie Land verpflanzt und zwar 


38 


auf den ad XVII. beschriebenen Boden, 1% Fuss im Qua- 
drat, am 6. Juni. Die Entwickelung der Pflanzen war re- 
gelmässig und kräftig. Anfang August begann die Blüthe. 
_ Vier Wochen nach der Blüthe, wie bei den übrigen Ta- 
backssorten XXIL—XXV., trat die Samenreife ein; reifer 
Samen ist gewonnen. Das Ertrags- Quantum ist genügend, 
die Qualität soll noch erprobt und seiner Zeit darüber be- 
richtet werden. | 


XXH, Tabac-Schiras. 

Im kalten Mistbeet gesäet am 9. April 1859, MIPEBERR 
gen am 26. April, ins Freie verpflanzt am 6. Gau: auf den 
Boden und in der Weise, wie ad XXI. beisriben Blüthe 
am 6. August. Uebrigens wie Nr. XXI. 


XXII. Tabac-Goundy. 

Im kalten Mistbeet gesäet am 9. April 1859, aufgegan- 
gen am 26. April, verpflanzt am 6. uni, Blüthe 23. Juli. 
Uebrigens wie ad XXI. 


XXIV. Tabac-Ohio. 

Im kalten Mistbeet gesäet am 9. April 1859, aufgegan- 
gen am 26. April, verpflanzt am 6. Juni, ganz wie ad XXI. 
beschrieben. Die Pflanzen waren anfänglich zarter und 
schwächlicher, als die der übrigen Tabackssorten ad XXI. 
‘bis XXINM., und blieben gegen diese zurück, haben sich 
jedoch später gekräftigt. Das Blatt ist das grösste von den 
cultivirten Sorten, und hat dieselbe das grösste Ertrags- 
Quantum geliefert. Im Uebrigen wie ad XXI. 


XXV. Tabac- Cuba. 

Eingegangen am 6. Mai, ausgesäet im kalten Mistbeet 
am 7. Mai, aufgegangen am 15. Mai; die kräftigen Pflanzen 
sind am. 16. Juni verpflanzt in den Boden und in der Weise, 
wie sub. XXI. angegeben. Blüthe Mitte August. Auch von 
dieser Sorte ist reifer Samen gewonnen. 


XXVI. Eriosynaphe longifolia. 


Wurde am 3. April im warmen Mistbeet in, den Topf ge- 
säet, ist, jedoch nicht gekommen. 


39 


XXVlk Pyrethrum carneum. 

Wurde am 3. April im warmen Mistbeet in den Topf ge- 
säet und ging am 16. April auf, am 14. Juni ins freie Land 
verpflanzt; am I. August ward der Blüthenstengel sichtbar. 
Die Pflanze: ist in der Wipperich’schen Handelsgärtnerei 
hierselbst schon eultivirt. 

Die Cultur soll fortgesetzt und im nächsten Jahr weiter 
berichtet werden. 

XXVHl Lilium tenuifolium. 

Im warmen Mistbeet am 3. April in Töpfe ausgesäet, am 
I6. April aufgegangen, die gezogenen Pflanzen sind jedoch 
später bis auf eine ausgegangen. Es ist abzuwarten, ob die 
gebildete Knolle durchwintert werden kann. 

XXIX. Bergreis, roth, Nr. 2142., und 

XXX. Bergreis, weiss, Nr. 2143. 

Eingegangen am 6. Juni, im kaltem Mistbeet in 'Föpfe 
gelegt am 8. Juni, ist zwar aufgegangen, aber nicht in Aeh- 
ren getreten. 

Da die diesjährigen Versuche erst zu spät im Jahre un- 
ternommen: werden konnten, so ist Samen: reservirt, um: im 
nächsten Jahre rechtzeitig weitere Versuche zu machen. 

XXXI Chien-lu Tuberkel, Nr: 000: 

Eingegangen am 6. Juni, ins freie Land ausgelegt am 
8. Juni, nur zum geringeren Theil aufgegangen. Die: Pflan- 
zen haben einen. windenähnlichen Stengel mit drei getheil- 
ten Blättern und sollen theils im freien Lande, theils in 
Töpfen überwintert werden. ' 

XXXI. Bohnen aus Pecking, Nr. 2144, 

Eingegangen am 6. Juni, ins freie Land gelegt am 8. Juni, 
aufgegangen am 20: Juni. Nur wenige Pflanzen haben ge- 
blüht, nur eine hat Schoten abgesetzt, aber keimen reifen 
Samen gebracht. Anscheinend undankbar. 

XXXUL Lacomie aus Pecking, Nr. 2145. 

Eingegangen am 6. Juni, ins:freie Land gelegt am 8. Juni. 
Von: 10: Körnern: sind am 22. Juni 5 Pflanzen aufgegangen, 
die: sich bis Mitte October, also. in: einer sehr kurzen Ve- 


- 


40 


getationsperiode, zu einer beträchtlichen Futtermasse ent- 
wickelt haben, die gern vom Vieh gefressen wurde und an- 
scheinend nahrhaft ist. Durch Abschneiden der Nebensten- 
gel wurde bei einer Pflanze eine Samenreife erzeugt. Der 
Samen ist jedoch nicht ausgebildet. Einzelne Pflanzen sind 
in Töpfe gesetzt, um vielleicht im nächsten Jahre Samen 
zu gewinnen. 

XXXIV. Dolichos aus Pecking, Nr. 2148. 

Eingegangen am 6. Juni, ins freie Land gelegt am 8. Juni, 
aufgegangen am 18. Juni; blühte am 1. October schön (weiss), 
hat jedoch keine Schoten. ER Allenfalls als EN 
zu verwenden. 

XXXV. Panicum maximum (Yuba), Nr. 2156. 

Eingegangen am 9. Juni, ins freie Land gelegt am 8. Juni 
an verschiedenen Stellen. An einer Stelle (Sandboden) sind 
die spärlich aufgegangenen Pflanzen in der Dürre ausgegan- 
gen, auf der andern (Lehmboden) haben sie bis zum No- 
vember eine Höhe von 1—1% Fuss erreicht. 

XXXVI Schwarze Bohnen aus Mexico, Nr. 1449, 

Eingegangen am 6. Juni, ins freie Land gelegt am 8. Juni, 
aufgegangen am 18. Juni, Blüthe am 15. Juli, reife Früchte 
gegen Ende September. 

Ueber die Ertragsfähigkeit und Güte hat kein Urtheil ge- 
wonnen werden können. 

XXXVU. Bohne aus Singapore, Nr. 2056. 

Eingegangen am 6. Juni, ins freie Land gelegt am 8. Juni. 
Eine Pflanze am 6. Juli aufgegangen, die jedoch nicht zur 
Blüthe gekommen ist. 

XXXVIlI. Kerbelrübe und 

XXXIX. Chaerophyllum Preseotii. 

Da die Aussaat im späten Frühjahr gar keinen Erfolg 
versprach, ist solche erst im October geschehen, aber zwei- 
felhaft, ob der Samen die Keimkraft behalten haben wird. 

XL. Dioscorea batatas. 

Eingegangen am 6. Juni, also wohl jedenfalls zu spät, 
um davon noch in diesem Jahre ansehnliche Knollen zu zie- 


41 


hen; dennoch in grösseren Stücken von 2—3 Zoll sogleich 
ausgelegt, zeigten sich nach 5—6 Wochen kräftige Triebe. 
Die Knollen sind in der Erde gelassen, da zweijähriges 
Wachsthum den Ertrag mehr als verdoppelt. 

XLI. Kürbis aus Pecking, Nr. 1636. 

Eingegangen am 6. Juni. Von den im freien Lande aus- 
gelegten Körnern sind nach: 14 Tagen bis 3 Wochen zwei 
aufgegangen; beide Pflanzen entwickelten sich kräftig und 
hat die eine zwei, die andere eine Frucht angesetzt. Die 
Früchte haben eine weisse dünne Schale, sind rundlich und 
nur 2—5 Pfd. schwer. 

Als Speisekürbis zwar zu benutzen, jedoch nicht zu den 
vorzüglicheren Sorten zu zählen und im Ganzen nicht be- 
sonders zu empfehlen. 

Stendal, am 7. December 1859. 

(gez.) Roloff. Schultze. Wipperich. Schröter. 


I. 


Marienwerder, 16. Januar 1860. 
1) Die fünf Original- Tabackssorten — breitblätte- 
riger Cuba, Havannah, Goundy, Ohio und Schiras — 
zeigten sämmtlich trotz des späten’Säens (Anfangs Mai) eine 
üppige Entwickelung in dem Garten des Hrn. Gutsbesitzers 
Genzmer in Boggusch bei Marienwerder. Namentlich der 
Cuba empfiehlt sich durch seine zahlreichen, breiten und 
zugleich fetten Blätter, und dürfte in hiesiger Weichselnie- 
derung, welche den Tabacksbau in ausgedehntem Maasse 
— freilich leider meist zu dem schlechtest bezahlten Priem- 
und Schnupftaback — treibt, weitere Verbreitung erlangen; 
demnächst vielleicht der Havannah und Schiras. 
2) Der chinesische Futtermais 
zeigte in der That die ihm in dem geehrten Schreiben vom 
20. April v. J. zugesprochene Eigenschaft, mehrere Stengel 
— auf hiesigem Versuchsfelde bei isolirtem Stande bis fünf 
— aus einem Korne zu treiben. Auch entwickelte er sich 
rasch, denn wiewohl erst Anfang Mai gesteckt, sind Ende 


42 


October völlig reife Kolben gewonnen worden. Da auch zu- 
folge der Kleinheit des Kornes, dem sogenannten Perlmais 
gleich, wenig Samen für eine: bestimmte Fläche nöthig ist, 
werde ich den Versuchsanbau wiederholen. Denn: wenngleich 
die Stengel nur 4—5 Fuss hoch werden, verspricht die: Fülle 
der Stengel und Blätter eine grosse Masse: Grünfutter, und 
zwar zeitiger und auch bei dünnerem Stengel in einer dem 
Vieh angenehmern Form, als die amerikanischen Riesensor- 
ten. Als Körnerfrucht aber wird diese Sorte einen sehr 
schätzbaren Beitrag zur Geflügel- und Sehweinemast liefern 
können. Der Director-Stellvertreter des Gentral-Vereins, Ba- 
ron von Buddenbrock, der eine kleine Theilprobe in 
Kl. Ottlau ausstecken liess, führt noch als Eigenthümlich- 
keit dieser Sorte den Mangel von Luftwurzeln an, 

3) Die niedrige Pahlerbse und 

4) die Buchsbaum-Zuckererbse 
überraschten hier durch die Schnelligkeit ihrer Entwickeläing 
beim reichen Schotenansatz. Anfang Mai gesäet, konnte die 
Pahlerbse bereits in der ersten Hälfte Juli, also nach circa 
8 Wochen geerntet werden; dabei hatte sie ca. 22 Fuss lange 
Triebe gemacht, deckte also völlig den Boden und gab einen 
nicht ganz unbedeutenden Strohertrag. Anders verhielt sich 
in letzterer Beziehung die Buchsbaum-Zuckererbse. Sie: ist 
bei nur 4—6 Zoll Stengelhöhe die niedrigste, bisher be- 
kannt gewordene Sorte, da bei dieser Höhe der Stengel 
scheinbar normal, d. h. ohne sichtliches Erkranken reifte. 
Jeder Stengel trug in dieser Höhe ein starkes Bouqwet 
Blüthen; diese setzten sämmtlich Schoten mit; dem: charak- 
teristischen, zarten Fleische der Zuckerschote an, welche 
sich normal körnerreich; entwickelten. 

5) Von der grünen englischen Felderbse säete 
der Direetor des: Central-Vereins, Rittergutsbesitzer Con- 
rad auf Fronza, im vorigen Jahre 13 Scheffel, von Metz 
& Co. bezogen, mit 1 Schffl. Sommerroggen auf ca. 10:Mor- 
gen und erntete hiervon 20 grosse, festgetretene vierspän- 
nige.Fuder, schotenreich und mit vollem Korn (der Erdrusch 


43 


ist noch nieht bekannt). Kräftiger, feuchter Boden möchte 
seines Dafürhaltens geeigneter als magerer oder sandiger für 
sie sein, da hier das Stroh zu dürftig bleibt. Ebenso gün- 
stige Resultate theilte Hr. Gutsbesitzer Wagner auf Rah- 
nenberg mit, welcher die Güte hatte, eine vom Garten-In- 
speetor Hrn. Jühlke übersandte Probe in den beiden Vor- 
jahren zu cultiviren; aber auch er spricht ihr sehr gleich- 
mässigen, in hoher: Cultur befindlichen Lehmboden zu, da 
sie auf einer leichteren Bodenstelle merklich schlechter stand, 
auch im Korne heller bis fast ganz weiss wurde. Bei einer 
Kochprobe erwies sie sich als besonders gut, sehr wohl- 
schmeckend. } 

Einen interessanten Vergleich mit diesen drei Sorten bil- 
den. zwei in der Grösse des Samenkornes, der Länge der 
Ranken und der Entwickelungsdauer ihnen völlig entgegen- 
gesetzte, erst Ende Juli und im August zur Körnerbildung 
kommende Sorten unseres vorjährigen Versuchsfeldes. Es 
zählt nämlich ohne besondere Auswahl der Körner: 


Ranken- 
Körner. länge. 


die grüne englische Erbse . . . . auflLth.88, ca. 2’ 
Bu Bar 2° 
Buchsbaum -Zuckererbse. . . x . 166, „ %' 
während | 

6) die Mumien-Erbse. ... lg Ada. 919° 

7), die Vietoria- (amerikan. Rie- 

sen-)Erbse gar ur . . „ 1e,.32, «. 8-10’ 
und darüber. 

Die mächtigen Ranken und die colossalen Körner dieser 
beiden letzteren Sorten bieten allerdings einen erfreulichen 
Anblick dar, und werden daher Versuche mit diesen und 
den drei vorgenannten: Sorten in hiesigen, durch vorzüg- 
liche Erbsenernten ausgezeichneten Gärten fortgesetzt wer- 
pen. Uebrigens bilden die Sorten ad 6. u. 7. in einer Be- 
ziehung Gegensätze; während nämlich: die Mumien-Erbse in 
einer bestimmten: Höhe der Stengel (i. A. 4’) die Blüthen in 


44 


Büschel oder Bouquets ansetzt, ähnlich also wie die Buchs- 
baum-Zuckererbse, und darüber hinaus den Stengel blü- 
thenlos fortsetzt, beginnt die Vietoria-Erbse mit ca. 5’ Höhe 
die Blüthen einzeln an den fort und fort sich verlängern- 
den Stengelspitzen anzusetzen, bis Ungunst der Witterung 
dies unterbricht. Diese letzte Sorte dürfte daher unter ganz 
günstigen Verhältnissen der enormsten Erträge fähig sein, 
aber wegen des Risico für die Landwirthschaft, wenigstens 
in hiesiger Provinz, sich am wenigsten empfehlen. — 
Von den anderweiten gefälligst übersandten Sämereien 
keimten gar nicht: die Kerbelrübe, Chaerophyllum Preseotii, 
mangelhaft: Busch- und Schwerdt-Brechbohnen, auch Cicer 
arietinum. Von letzterer ist reifer Samen gewonnen wor- 
den und wird im laufenden Jahre gesäet werden. Sarepta-, 

Schlangen -Gurke etc. fallen der Gärtnerei anheim. 
(gez.) Der General-Sekretair des Vereins westpreussischer 

Landwirthe. | 
(gez.) E. John, 
correspondirendes Mitglied des Acclimatisations- 
| Vereins etc. 


8. 


Saccemin bei Pr. Stargardt, 30. Januar 1860. 

1) Die drei Sorten Taback: Goundy, Schiras und 
Ohio, sind in kleinen Portionen gesäet und sämmtlich gut 
aufgegangen. Von sämmtlichen Sorten entwickelten sich üppige 
Pflanzen. Namentlich zeichnete sich der Schiras durch seine 
langen feinrippigen Blätter aus. Bei den im hiesigen Ver- 
einsbezirk herrschenden Verhältnissen wird vorläufig der Ta- 
backsbau keine Ausdehnung erlangen. Der Rest der über- 
sandten Proben wird im laufenden Jahre noch an Liebhaber 
vertheilt und darüber s. Z. Bericht erstattet werden. 

2) Die Pahlerbse zeichnet sich durch frühe Reife (vor 
der Roggenernte) und reichen Ertrag aus, und scheint sich 
zum Anbau im Grossen auf freiem Felde zu eignen. 

3) Die Buchsbaum-Erbse scheint nur zur Mistbeet- 


45 


treiberei geeignet. Sie wurde % Fuss hoch und trug mittel- 
mässige Schoten. 

4) Die Kichererbse ist sehr zu empfehlen, sowohl zum 
Grün- als zum Reifkochen. Sie verdient alle Beachtung. 

5) Die rothe Riesenmöhre ist zur Nahrung für Men- 
schen einträglicher als die gewöhnliche kleine rothe Möhre. 
Als Viehfutter ist indessen die weisse grünköpfige vorzu- 
ziehen. 

6) Die Schwerdt-Buschbohne ist sehr zu empfeh- 
len, sowohl zum Grün- als zum Trockenkochen. 

7) Die grüne Schlangengurke ebenfalls sehr zu em- 
pfehlen als Salatgurke. 

8) Weberkarde und Chaerophillum Prescotii sind 
gut; aufgegangen. Ueber den Ertrag wird im Herbste be- 
richtet werden. 

9) Morus alba ist nicht aufgegangen trotz aller ange- 
wandten Vorsicht. Wahrscheinlich war der Samen überjährig. 

10) Auch die Kerbelrübe ist nicht aufgegangen. 

(gez.) Der Vorstand des landwirthschaftlichen Vereins 
zu Pr. Stargardt. 
(gez.) W. Albrecht, Gutsbesitzer. 


9. 


Der Vorstand des landwirthschaftlichen Kreis- Vereins 
Angerburg, Hr. C. Vogel, theilt unterm 1. Februar c. mit, 
dass die eingesandten Sämereien in Folge der ganz ausserge- 
wöhnlichen Dürre ohne jeden Erfolg ausgesäet worden seien. 


10. 


Jaeglava, 1. Februar 1860. 
Die Sämereien wurden sämmtlich Mitte Mai in einem 
mürben, Feuchtigkeit haltenden, humosen, lehmigen Sand- 
boden gesäet. 
1) Morus alba, sowie die neue Kerbelrübe und eine 
neue Gespinnstpflanze sind nicht aufgegangen. 
2) Die Buchsbaum-Erbse gab buschige, niedrige Pflan- 


46 


zen mit ziemlich reichlichem Schotenansatz, zeigten aber 
im Ganzen wenig Bemerkenswerthes. 

3) Die grüne Schlangengurke, durch ihre langge- 
streckte Form und Grösse bemerkbar , zeichnet sich vor an- 
dern ähnlichen, im hiesigen Vereinsbezirk bereits angebau- 
ten Sorten in keiner Weise aus. 

4) Die Kichererbse ging spärlich auf und setzten die 
aufgegangenen Pflanzen nur spärlich Schoten an, in denen 
die Erbsen bis zum Spätherbste zwar zur Reife gelangten, 
was aber bei der Durchschnitts-Temperatur der hiesigen 
Sommer nicht immer der Fall sein dürfte. 

5) Die Schwerdt-Buschbohne zeichnete sich durch 
die Länge der Schoten aus. 

8) Die Weberkarde ist gut aufgegangen und mit kräf- 
tigen Pflanzen in den Winter gekommen. 

7) Unter den verschiedenen Tabackssorten zeichneten sich 
der Goundy- und Ohio-Taback durch die ungewöhnliche 
Grösse der Blätter mit verhältnissmässig dünnen Rippen sehr 
vortheilhaft vor andern bisher gebauten Sorten aus. 

Die Anbauversuche sollen in diesem Jahre mit einem 
genügenden Anhalt bietenden, grössern Samenquantum fort- 
gesetzt werden, und wird über deren Resultat hoffentlich ein 
mehr massgebender Bericht abgestattet werden können. 

(gez.) Der Vorstand des landwirthschaftlichen Vereins 
zu Barten. 
(gez.) Siegfried. 


Eh, 


Der General-Sekretair des landwirthschaftlichen Haupt- 
Vereins zu Münster, Hr. Regierungrath König, theilt un- 
term 6. Februar c. mit, dass nur über den Taback Günsti- 
ges zu berichten sei, während die übrigen Sämereien in 
Folge der Dürre kein Resultat geliefert hätten. 


ARBR 
Nach einer Mittheilung der ostpreussisch -landwirthschaft- 


47 


lichen Centralstelle zu Königsberg vom 9. Februar c. wird 
Folgendes über die von dem Hrn. Dr. Kleeberg, Gutsbe- 
sitzer auf Spittelkrug (bei Königsberg) angestellten Versuche 
berichtet: 

Die aus den Körnern des Ricinus communis gezoge- 
nen Pflanzen gleichen vollständig den längst bekannten und 
hier in den Gärten als Blattpflanzen angebauten. 

Cicer arietinum hat eine reichliche und reife Samen- 
ernte gegeben, die reicher ausgefallen wäre bei dem sonst 
guten Stande der Pflanzen, hätte die anhaltende Dürre die 
Fruchtentwickelung der späteren Blüthen nicht beeinträchtigt. 

Die Blumenkohlköpfe aus der empfangenen Saat ent- 
sprechen keineswegs der derselben mitgegebenen Empfehlung 
grösserer Frühzeitigkeit und blieben bei mir hinter denen 
aus Erfurter früher Saat zurück. 

Von. den vorzüglichsten Blättern aus den Tabackssamen 
Havannah und Goundy habe ich Proben auf der Aus- 
stellung des Jandwirthschaftlichen Central-Vereins am 15. Oc- 
tober v. J. ausgelegt gehabt; die Ernte störte. leider in ihrer 
Vollendung der am 11. September. eintretende Nachtfrost, 
der in der ganzen Umgegend die Hoffnung des Tabacks- 
baues, namentlich den grössern Betrieb in dem benachbar- 
ten Gute Holstein völlig vereitelte. 

Ueber selbstangestellte Versuche wird dann noch Folgen- 
des bemerkt: 

Mit dem unterm 20. April v. J. erhaltenen chinesischen 
Futtermais hat der unterzeichnete General-Sekretair selbst 
Versuche auf, in alter Cultur und in sehr geschützter Lage 
sich befindenden Gartenlande angestellt. Die Pflanzen gin- 
gen sämmtlich gut fort, trieben aus einem Korne mehrere 
Stengel, lieferten aber dennoch — bei einer Höhe von etwa 
2% Fuss — kein bedeutendes Futterquantum. Die Saat, 
obgleich schon in der ersten Hälfte des Mai gelegt, kam, 
wahrscheinlich durch die Nachtfröste des September behin- 
dert, hier nicht zur Reife. 

Von Ricinus communis dagegen habe ich in derselben 


48 


geschützten Lage eine kleine Quantität reifen Samen erhal- 
ten, der freilich zuletzt, bei gelinder Ofenwärme, künstlich 
getrocknet werden musste. Dieser Samen soll im Frühjahr 
zur weitern Vertheilung gelangen. 
| (gez.) Minden. 


13. 

Bericht über die im Frühjahr 1859 erhaltenen Sämereien 
von A. Kleemann, Fürstl. Hofgärtner zu Carolath, mitge- 
theilt von dem Vorstande des Vereins der Land- und Forst- 
wirthe zu Freystadt im Februar 1860. 

1) Morus albus hat trotz der sorgfältigsten Behand- 
lung nicht gekeimt. 

2) Riecinus communis, bereits vielfach in Gärten an- 
gepflanzt, jedoch zur Aussaat im Freien sich wenig eignend, 
da nur in sehr günstigen Sommern kräftige Pflanzen und 
dann auch erst gegen Herbst daraus werden. 

3) Dypsacus fullonum (Karde) steht auf schwerem 
gedüngten Sandboden sehr kräftig; ein Resultat kann sich 
erst im nächsten Jahre ergeben. 

4) Staudenbohne (Brech-) hat reichliche und flei- 
schige Schoten auf mittelmässigem Boden getragen, als Sup- 
penbohne (zum Trockenkochen) dürfte sie jedoch der eirun- 
den Magdeburger nachstehen. 

5) Die Erbse trug auf ziemlich leichtem Boden recht 
reichlich, die Körner sassen in den Schoten sehr gedrängt, 
6 —8 waren gross und ohne Wurmstiche. Die Pflanze wurde 
nahe an 2 Fuss hoch und blieb vom Mehlthau frei, wäh- 
rend andere, nicht allzu weit davon, von demselben befal- 
len wurden. 

6) Havannah-, 7) Ohio-, 8) Schiras-, 9) Goundy- 
Taback. Sämmtliche Sorten wurden auf sandigem, vor 
einem Jahre stark gedüngten, der Sonne ausgesetzten Boden 
gepflanzt. Havannah gab die ansehnlichsten Stauden mit 
sehr breiten Blättern, doch waren dieselben noch lange nicht 
ausgewachsen, als Schiras und Goundy bereits zum Abneh- 


49 


men blattreich waren, und dürfte derselbe in ungünstigen 
Sommern schwerlich zur Reife gelangen, 

In Ansehung der Blätter hatten die anderen Sorten viel 
Aehnliches, nur dass von Ohio die Blätter länger als von 
den anderen waren. Schiras und Goundy waren bereits Mitte 
September der Blattreife nahe. 


14. 


Halberstadt, 5. Februar 1860. 

Unter diesem Datum übersendet der Vorstand des land- 
wirthschaftlichen Vereins für das Fürstenthum Halberstadt 
und die Grafschaft Wernigerode den nachfolgenden Bericht: 

Von Ricinus communis, der Weberkarde und Morus alba, 
sowie von den verschiedenen Tabackssorten habe ich den 
grössten Theil nach Dardesheim z. H. des inzwischen verstor- 
benen Herrn Landraths von Gustedt, gewesenen Vorstan- 
des des Seidenbauvereins in Dardesheim, abgegeben. 

Ich selber machte einen Versuch mit Rieinus ecommu- 
nis. Derselbe wurde auf ein Mistbeet gelegt, die Pflanzen 
Anfangs Mai ins Land gesetzt. Es wurden sehr kräftige 
Pflanzen, 5—7 Fuss hoch, trieben sehr kräftige Blätter, und 
wurden von 20 Pflanzen 325 Körner reifer Samen geerntet. 
Er wächst hier im guten Boden sehr üppig. 

Von Chaerophyllum Prescottii gingen von 100 Kör- 
nern 6 Pflanzen Mitte Juni auf, blieben schwach und sind 
deshalb stehen geblieben. 

Von der Schwerdt-Buschbohne wurden 90 Stück 
ausgelegt; es sind 1366 Stück davon geerntet. Die ersten 
wurden Ende Juli, die letzten Mitte August reif, 

Von der Buschbrechbohne wurden 70 Stück ausge- 
legt und 141 Stück reife Bohnen geerntet; 41 davon waren 
aber eine andere Sorte, was am Samen gelegen haben muss. 
Dieselbe giebt keinen hohen Ertrag, sondern nur kleine Boh- 
nen; sie hat aber eine sehr fleischige Schale, ähnlich der. 
Wachsbohne. 


Von der Buchsbaum-Zuckererbse kann diesmal kein 
1860. Ba, III. 4 


50 


Resultat abgegeben werden. Sie hatte freilich gut ange- 
setzt, es war aber nicht möglich, dieselbe vor Vögeln zu 
schützen. 

Von der niedrigen Pahlerbse wurden 118 Stück ge- 
legt und davon 1 Pfd. Samen gewonnen. 

Von der grünen Schlangengurke wurden 8 Stück 
Pflanzen auf Mistbeeten gezogen, dann auf das freie Land 
gesetzt. Davon wurden 60 Stück Gurken geerntet mit gu- 
tem Samen, Sie ist sehr empfehlenswerth. 

Die Kerbelrübe wurde nach Vorschrift ausgeäet, doch 
hat sich davon im vorigen Sommer keine Pflanze gezeigt. 

Von der Weberkarde wurden verschiedene Pflanzen auf 
kaltem Mistbeete gezogen, im Juli wurden sie auf gut vor- 
bereitetem Acker gepflanzt, entwickelten sich sehr kräftig 
und muss ihr Ertrag im nächsten Jahre abgewartet werden. 

Von den verschiedenen Tabackssorten, als Havannah, 
Ohio, Goundy und Schiras, wurden Pflanzen auf kal- 
tem Mistbeete gezogen und nachher auf stark gedüngtem, 
gut vorbereiteten Acker ausgepflanzt. 

Alle Sorten gediehen vorzüglich und lieferten grosse Blät- 
ter, namentlich Ohio und Goundy zeichneten sich. durch die 
Grösse ihrer Blätter aus, die sämmtlich als Deckblatt zu 
gebrauchen sind. Der geringe Preis der rohen Tabacksblät- 
ter, die bedeutenden Arbeitskosten hindern aber einen fort- 
gesetzten Anbauversuch. 

Von Morus alba wurde auch ein Theil Samen ausge- 
säet, doch ist keine Pflanze davon aufgegangen. 

. Mahndorf, 5. Februar 1860. 
(gez.) Hermann Löbbecke. 


15. 


Von der Direction der Local- Abtheilung Bonn des land- 
wirthschaftlichen Vereins für Rheinpreussen sind mittelst 
Schreibens vom 12. Februar nachstehende vier Briefe ein- 
gegangen. 


51 


Bonn, 4. Februar 1860. 

In der Vorstandssitzung der Local- Abtheilung Bonn vom 
l. April 1859 erhielt der Unterzeichnete folgende Sämereien 
des Acelimatisations-Vereins zu Versuchen und zur Berei- 
cherung der Erfahrungen im Gebiete der Landwirthschaft, 
und zwar: 

1) Schwerdt-Buschbohnen in einer Prise von 80 
Stück Bohnen. Diese wurden am 7. April auf ein gut zu 
bereitetes Beet gesteckt, gediehen bis zur Höhe von 1—1%’, 
blühten im folgenden Monat sehr zahlreich, reiften Ende 
August in sehr klaren gelben Schoten, welche 4—6 Boh- 
nen enthielten. Sie lieferten einen reichen Ertrag, wovon 
ich bei Gelegenheit der General-Versammlung der Local- 
Abtheilung am 12. October v. J. in Kessenich Bericht er- 
stattete, den ganzen Ertrag zur Ansicht übergab und ihn 
zur fernern Vertheilung an die Interessenten stellte. 

Dies gilt von allen nachfolgenden Ergebnissen. 

2) Buchsbaum-Zuckererbse. Erhalten 20Stück, wur- 
den wie ad l) gesteckt, gingen schon nach 8 Tagen auf, er- 
hielten sich in niedrigen Sträuchern, blühten Ende’Mai und 
erntete ich Ende Juli kleine gelbe Schoten, welche 4—5 
Stück goldgelbe, mehr ovale als runde Körner enthielten. 

3) Niedrige Pahlerbse. Auf meinen Antheil kamen 
ebenfalls 20 Stück. Behandlung wie ad 2). Auch diese Art 
blieb niedrig, wie der Name sagt. Blüthe- und Erntezeit 
wie jene, nur von schöneren Schoten und ergiebiger an 
Frucht. 

4) Cicer arietinum (Kichererbse), wovon ich 10 Stück 
erhielt. Leider gingen sie mir gar nicht auf und sind wahr- 
scheinlich ein Raub der Maulwürfe geworden. Dagegen war 
Major v. Westernhagen, einer der Mitbetheiligten, glück- 
licher in seiner Aussaat und in seiner Ernte gewesen, wie 
sein mündlicher Bericht am 12. October mir darthat. 

5) Grüne Sarepta-Melone. Hiervon erhielt ich 4 Kör- 
ner, welche ich je 2 und 2 in Töpfen innerhalb meines Treib- 
hauses zu Pflanzen erzog. Mitte Mai, nachdem sie 2—3 Zoll 

4* 


52 


Grösse erreicht hatten, verpflanzte ich sie ins Frühbeet. Hier 
entwickelten sie sich kräftig, kamen zu sehr zahlreichen Blü- 
then, doch trug jede Pflanze nur 2—3 Früchte. Sie reiften 
nicht zu gleicher Zeit, hatten eine Länge von 6—7 Zoll, 
in ovaler Form, und im Durchmesser wohl eine Dicke von 
4 Zoll, von dunkelgrüner äusserer Farbe, dagegen das in- 
nere Fleisch goldgelb, von sehr angenehmem Geschmack und 
noch besserm Aroma. Leider konnte ich nur wegen der so 
schnellen Reife und dem zu späten Termin der General-Ver- 
sammlung eine einzige Frucht zur Ansicht stellen. Sie fand 
allgemeinen Beifall. Die gewonnenen Körner (Samen) wur- 
den an Liebhaber überlassen, und bin ich gern bereit, von 
dem übrigen gewonnenen Zee mitzutheilen. 

Endlich 6) erhielt ich 2 Bohnen Ricinus. Hiervon ging 
nur eine Bohne auf. Ich habe sie in Töpfe gepflanzt und 
hierin blieb "die eine auch stehen, kam zur Blüthe, doch 
brachte sie keinen Samen. 

Im Allgemeinen erlaube ich mir, bei dieser Gelegenheit 
meinen Dank für den erhaltenen Samen hiermit unter der 
Versicherung abzustatten, dass der mir gebliebene Rest auch 
im laufenden Jähre zur fernern Vervielfältigung von mir cul- 
tivirt werden soll. 

(gez.) von Suter, 
Obristlieutenant z. D. 

‚Ueber die zu Versuchen mir übergebenen .14 Sämereien 
des Acclimatisations-Vereins habe ich folgende Resultate zu 
berichten: 

1) Hibiscus esculentus (geniessbarer Eibisch), eine 
Art, die seit langen Jahren in botanischen Gärten bekannt 
ist und cultivirt wird. Lässt sich nur. in warmen Mistbee- 
ten ‚oder Treibhäusern ziehen. Ä 

‚Die fingerdicken, zolllangen Früchte werden in Indien mit 
Gewürz, ähnlich wie bei uns kleine Pfeffergurken gespeist. 
-. In ökonomischer Beziehung ist die Pflanze für uns werth- 
los. Samen davon steht zur Verfügung. 

2) Zwei Sorten Wassermelonen (Cucurbita citrullus). 


53 


Ebenfalls in Gärten lange bekannt. Dieselben gedeihen bei 
uns nur in Mistbeeten. Im Freien gelingt die Anzucht nur 
in den wärmsten Sommern. Uebrigens isst man dieselbe 
gar nicht. 

3) Isatis (Species). Eine Waidart, die bekanntlich 
erst im zweiten Jahre ihre Blüthe entwickelt. Es scheint 
mir nichts anderes als Isatis tinctoria (der. gemeine Waid) 
zu sein. 

4) Senfart Sinapis juncea war nö anderes als der 
gewöhnliche Senf. 

5) See- oder Meerkohl (Crambe maritima), eine in 
Gärten allgemein bekannte Gemüsepflanze. 

6) Zwei ganz kleine Melonenarten, wovon eine nur 
von der Grösse einer Birne, aber von angenehmem Geschmack 
war. Samen steht zur Verfügung. 

DD) Morus alba (weisse Maulbeeren), wovon nur einige 
Pflanzen keimten. 

8) Crataegus sanguinea, eine Weissdornart mit ro- 
then Früchten, allgemein in Gärten als Schmuckstrauch be- 
kannt und verbreitet. 

9) Prunus (Species) aus Sibirien, nicht gekeimt. 

10) Amygdalus pedunculata, Mandel aus Sibirien, 
nicht gekeimt. 

11) Chaerophyllum Baaheettih; nicht gekeimt. 

12) Eine Lilienart, ebenfalls nicht gekeimt. 

13) Taxusbaum, de bekannte Taxus baccata, nicht 
gekeimt. | 

14) Ulmus (Species), ebenfalls. 

(gez.) W. Sinning. 

Von den vom Acclimatisations-Verein vertheilten Säme- 
reien habe ich nur ein Packet Buschbohnen' (ohne nähere 
Bezeichnung) erhalten.  Dieselben haben reichlich Früchte 
getragen, doch habe ich keinen Vorzug, weder im unreifen 
noch im reifen Zustande, vor unsern einheimischen bemer- 
ken können. | 

Von ‚Hrn, Inspector Sinning habe ich nur einige ;Kör 


54 


ner von dem ihm überwiesenen Samen entnommen, welche 
in Töpfe gesäet sämmtlich nicht zum Keimen kamen. 
(gez.) von Neufville. 

Von zwei erhaltenen Melonenkernen ist einer aufgegan- 
gen und hat gute feinschmeckende Melonen gegeben, die na- 
mentlich viel essbares Fleisch lieferten. 

Neun grosse gefurchte Erbsen, die ich erhielt, sind alle 
aufgegangen und haben eine sehr reichliche Ernte gegeben. 
Diese Erbse wird am Niederrhein und in Holland viel an- 
gebaut und auf den Schiffen gern gegessen. 

Von neun anderen erhaltenen Erbsen sind nur 5 Stück 
aufgegangen. Diese lieferten einen sehr geringen Ertrag klei- 
ner gut aussehender Erbsen. | 

Dann erhielt ich noch sieben Erbsen, von denen nur 
5 Stück aufgingen, die sehr niedrige Sträucher hatten, de- 
ren Ertrag leider von Würmern aufgezehrt wurde. 

Die Namen der Melonen und Erbsen habe ich nicht 
vermerkt. 

Kessenich, 30. Januar 1860. 

/ (gez) von Westernhagen. 


16. 


Steinau a.d. Oder, 14. April 1860. 

1) Ricinus major, verlangt sehr gut gedüngtes Land, 
feuchte warme Witterung, treibt grosse grobrippige Blätter 
von kirschbrauner Farbe und giebt viel Samen, der aber 
nur zu mangelnder Reife gelangte, jedoch keimfähig war. 

Die Pflanze erreicht eine Höhe von 10 Fuss und liefert 
ein rothes Holz, das eine Stärke von etwa 2 Zoll hat. 

2) Rieinus minor ist dem major im Anbau, Wachs- 
thum, Samenfülle, Umfang und Höhe gleich. Die Blätter 
dagegen blieben dürftig und haben ebenso wie das Holz eine 
blassblaue Farbe. Als Nutzpflanze dürfte der Anbau kaum 
zu empfehlen sein, weil er zu wenig Blätter liefert und, 
wenn Witterung und kräftig gedüngtes Land ihm nicht sehr 
zu Hülfe kommen, leicht kränkelt und verkümmert. 


55 


3) Maryland-Taback. Der Samen ins Frühbeet ge- 
säet ging sehr gut auf. Die Pflänzchen wurden in zweiter 
Tracht auf eine Entfernung von 1 Fuss ins Land verpflanzt. 
Einmal beharkt und nicht gedämmelt, weil sonst die zarten 
Blätter gelitten haben würden, übrigens wie der gewöhn- 
liche Taback geerntet. Dieser Taback lieferte lange, schmale, 
feingerippte Blätter von lichtbrauner Farbe und gab auf die 
Ruthe einen Ertrag von c. % Ctr. guter brauchbarer Blätter. 

Der Maryland-Taback würde also wegen seines Ertrages 
zum Anbau im Grossen zu empfehlen sein, obgleich zu be- 
rücksichtigen ist, dass das verflossene Jahr den Anbau und 
den Ertrag durch seine Wärme sehr begünstigte. Samen 
wurde in Menge gewonnen und zeichnet sich derselbe durch 
schönes Aussehen aus, wird also sicher keimfähig sein. 

Diesem Taback ist jedoch noch vorzuziehen; 

4) der Ohio-Taback, welcher ganz so wie der vorige 
gebaut wurde, jedoch ein viel schwereres braunes Blatt lie- 
ferte, welches um das Dreifache grösser ist als von Mary- 
land, so dass auf der Ruthe circa % COtr. gewonnen wurde. 
Einzelne Blätter erreichten eine Länge von 2 Fuss. 

Der Ohio-Taback ist im Handel noch gesuchter als Ma- 
ryland-Taback, dürfte also, zumal der Samen ebenso schön 
reif wurde, zum Anbau im Grossen noch mehr zu empfeh- 
len sein. 

5) Weisser Maulbeer- Samen ging nicht auf. 

6) Die Kichererbse lieferte einen sehr geringen Er- 
trag und scheint der Anbau nicht zu lohnen. 

(gez) von Engelmann, 
Vorsitzender des Steinauer Vereins. 


17. 


Von Hrn, von Homeyer wird im Auftrage des Zweig- 
Vereins der pommerschen ökonomischen Gesellschaft Folgen- 
des mitgetheilt: 

Der Havannah-Taback wurde ziemlich spät ins kalte 
Mistbeet gesäet, da die Pflanzen erst Ende Juni und An- 


56 


fang Juli eine zum Umpflanzen taugliche Grösse ‚erreichten. 
Demungeachtet wuchsen die Pflanzen noch zu einer Höhe 
heran, wie die besseren Sorten der bisher cultivirten Ta- 
backsarten dieselbe hier erreichen, auch wurde der Samen 
von den zum Samenbau ausersehenen Pflanzen vollkommen 
reif. Das Blatt ist ziemlich gross ohne Seitenrippen und 
scheint sich durch Reinheit des Geschmacks vortheilhaft 
auszuzeichnen, nur blieb dasselbe bisher so ausserordent- 
lich stark, dass nur sehr wenige Raucher es zu überwälti- 
gen vermochten. 


Ricinus. Derselbe wuchs freudig heran und brachte 
reifen Samen. | 

In der Zeitschrift für Acclimatisation ‚wird von Herrn 
Hofgärtner Fintelmann angerathen, die Ricinuspflanzen 
für die frühe Brut im Hause zu ziehen. Dies ist gewiss 
angemessen, indessen scheint es mir zweckmässig, einige 
Pflanzen für die erste Brut im Kalthause zu überwintern, 
da dieselben keiner besonderen Pflege bedürfen und noch 
zeitiger im Jahre junge Blätter geben, als die jungen Pflan- 
zen, sobald man sie im Februar warmstellt. Ob die Blätter 
der durchwinterten Pflanzen dieselbe Güte haben, wie die 
der jungen Pflanzen, vermag ich freilich nicht zu bestim- 
men, indessen könnten dieselben bei einem zu frühen Aus- 
schlüpfen der Cynthia-Raupen immerhin Anwendung finden. 


Der Maulbeer-Samen ist leider nicht aufgegangen, 
wahrscheinlich wurde er durch Erdflöhe zerstört. 


Gurken gediehen vortrefflich und lieferten sehr gute 
Früchte, 


Melone von Sarepta. Es kam nur ein Korn zum Kei- 
men und die Pflanze setzte nur zwei Früchte an, die sich 
sowohl durch die birnförmige Gestalt, als durch den eigen- 
thümlichen Geschmack von allen mir bekannten , Melonen- 
arten unterschieden. Man muss diese Melone jedenfalls für 
eine schöne, der fernern Cultur würdige Frucht halten, da 
ihr Fleisch dem der besseren Sorten ebenbürtig ist, 


57 


Die Kichererbse keimte dürftig und die wenigen Pflan- 
zen gingen bald ein. 


Bericht über eine Sendung italienischer Bienen. 


Bereits vor zwei Jahren hatte unser Verein einen Ver- 
such gemacht, echt-italienische Bienen direkt einzuführen, 
welcher völlig misslang, indem sämmtliche Bienen aus Man- 
gel an hinreichender Nahrung todt hier ankamen und auch 
die Race nicht ganz die gewünschte hellgelbe war. Unser Vor- 
stand hatte sich deshalb sogleich noch einmal an unser ge- 
ehrtes Vereinsmitglied, den Königl. Legations-Sekretair Hrn. 
v. Bunsen in Turin mit der Bitte gewandt, uns zur Er- 
langung einer Bienensendung, womöglich aus der Umgegend 
von Genua, abermals behülflich zu sein, Herr v. Bunsen 
versprach uns mit gewohnter Bereitwilligkeit, eine solche 
Sendung an den Verein zu bewirken, und wir haben seit- 
dem mehrfach unsere Mitglieder benachrichtigt, dass wir 
echt-italienische Bienen erwarteten. 

Am 3. December v. J. erhielten wir ein Schreiben des 
Herrn v. Bunsen, worin derselbe sagt: 

„Der anliegende Brief des Konsulats zu Genua vom 27. 
November zeigt die Absendung der Bienen an, mittelst 
Dampfschifis nach Rotterdam. Diese Versendungsart war als 
die beste anerkannt und der Seetransport selbst als den 
Bienen nicht nachträglich erklärt worden. Ich sehe mit 
Spannung dem glücklichen Eintreffen der Genueser Bienen 
entgegen. Keine Mühe ist hier gespart worden bei Auswahl 
und Versendung dieses Stockes.* 

‘Der erwähnte anliegende Brief des Konsulats zu Genua 
' ist an Herrn v. Bunsen gerichtet und enthält folgendes 
Betreffende: 

„J ai enfin le plaisir de vous annoncer que j’ai pw em- 
barquer non sans peine aujoud’hui sur le vapeur Rhone le 
nid d’abeilles en destination pour Rotterdam. Ce nid est 


| 58 


parti d’iei en parfait conditionnement et pour le preserver 
d’avantage de tout contact violent j’ai fait entourer le collis 
d’une cage en bois, que j’ai fait faire expres; il ne me reste 
donc plus qu’a faire des voeux sinceres pour !’'heureuse reus- 
site de l’entreprise. — Les betes etaient pleines de vie et 
de sante et avec une nourriture suffisante pour plusieurs 
mois et je vous serai bien oblige si vous voudrez me dire 
en son temps en quel &tat elles sont arrivees & destinafion 
et la reussite qu’elles ont fait.* 

Am 27. December erhielten wir ein Schreiben von Herrn. 
Ehrhardt in Prettin folgenden Inhalts: 

„Aus mehreren Andeutungen der Zeitschrift für Acclima- 
tisation ersehe ich mit Freude und Spannung, dass eine 
abermalige Sendung italienischer Bienen in Aussicht steht. 
Vor zwei Jahren hatte ein hochverehrlicher Vorstand die 
Freundlichkeit, mir die verunglückte Sendung zuzuschicken, 
welche leider ergab, dass der gütige Veranstalter jener Sen- 
dung in Unkenntniss über unsere Ansichten über „italieni- 
sche Bienen“ gewesen war; denn der betreffende Bienen- 
stock enthielt lediglich schwarze Bienen, die wir zum Un- 
terschiede von den italienischen als deutsche bezeich- 
nen. Die bezeichneten Unterschiede von italienisch und 
deutsch sind überhaupt gänzlich unrichtig, denn die ge- 
meine schwarze Biene existirt in ganz Europa; die gelbe 
dagegen ist nach allen Ermittelungen zuerst und am rein- 
sten in einigen Theilen Frankreichs und nur sehr vereinzelt 
an einigen Orten Oberitaliens vorgefunden worden. 

Dass durch die in Aussicht stehende Sendung Wesent- 
liches erreicht werde, wird, man mag überlegen wie man 
will, seine grossen Schwierigkeiten haben, hauptsächlich 
weil die Kastenwirthschaft nach Dzierzon’scher Manier 
in Italien noch gänzlich fehlt. Zu einer für eine so kost- 
spielige Sendung wünschenswerthen Königin ist erforder- 
lich: 1) dass dieselbe von Natur rein goldgelb gefärbt 
erscheine, 2) dass sie mit einer wirklich echten gelben 
Drohne sich begattet habe. Fehlt eins von diesen beiden, 


59 


so sind nur Bastard-Erzeugnisse in Aussicht. — Wer nun 
die Kastenwirthschaft nicht betreibt, kann sich nie eine Kö- 
nigin für eine solche Sendung zur Ansicht verschaffen, er 
muss nach dem äussern Erscheinen des ganzen Volkes ur- 
theilen. Ferner bleibt ihm beinahe nur übrig, den ganzen 
Stock, wie er ist, wegzuschicken, und das ist viel missli- 
cher, als sich aus einem dazu eingerichteten Kasten die Kö- 
nigin nebst einigen Tafeln und einer kleinen Anzahl Bienen 
auszuwählen und sie zur Sendung vorzubereiten. 

Inständigst erlaube ich mir nun die Bitte, mir die be- 
absichtigte Sendung abermals, aber direkt zugehen zu las- 
sen, damit die Behandlung so schnell als möglich nach An- 
kunft geschieht, denn es ist bei dieser weiten Reise jeder 
Tag und jede Stunde kostbar, nach’ welchen die Ankömm- 
linge in Empfang genommen und durch angemessene Pflege 
vom drohenden Untergange gerettet werden können. 

Die Sendung müsste nach Erwägung aller klimatischen 
Rücksichten so geschehen, dass sie Anfangs April hier an- 
käme. — Da sich Niemand in dortigen Gegenden damit be- 
fassen wird, eine Königin auszufangen und sie mit einigen 
Hundert Bienen zur Sendung zuzubereiten, so mag dieselbe 
wieder durch ein oder einige ganze Völker geschehen; am 
besten sind zwei Völker. Die Verpackung der vor zwei Jah- 
ren geschehenen Sendung war gut, aber die Bienen waren 
vor Hunger umgekommen, demnach muss darauf gesehen 
werden, dass die erwählten ‘Völker soviel Nahrung bei sich 
führen, dass sie die Reise aushalten. Und endlich dürfen, 
was die Hauptsache ist, nur solche Völker erwählt werden, 
die als rein goldgelb erscheinen; denn wenn dies nicht 
erreicht wird, so sind die Kosten für die Sendung wegge- 
worfen, auch wenn die Bienen lebend ankommen. 

Nur das grösste Vergnügen werde ich mir daraus ma- 
chen, die Ankömmlinge durch Pflege zu retten und wieder 
in Thätigkeit zu bringen, auch wenn sie nicht so gelb be- 
funden werden, als man sie jetzt bei uns findet, und ich 
werde jederzeit bereit sein, dieselben auf Weisung eines 


60 


hochverehrlichen Vorstandes durch Zurück- und Weiterge- 
ben zur Verfügung zu stellen, oder die davon gezogenen 
jungen Königinnen echt befruchtet zu liefern. 

Gegenwärtig betreibe ich lediglich die Kastenwirthschaft, 
demnach wird es mir leicht sein, die angekommene Sen- 
dung vom Untergange zu retten und, was die Hauptsache 
ist, wenn sie wirklich gut ist, schnell zu vermehren. Ich 
habe jetzt zehn gelbe italienische Völker, mehr oder. weni- 
ger echt, und habe die Hoffnung, im nächsten Jahre wie- 
der zu rein goldgelben durch Manipulation in der Behand- 
lung zu gelangen.“ 

So schätzenswerth auch für unsern Vorstand diese Mit- 
theilungen des Hrn. Ehrhardt waren, so war es doch für 
jetzt schon zu spät, die Anweisungen zu befolgen, da die 
Sendung schon längst unterwegs war und dann auch end- 
lich am 10. Januar d.J. hier in Berlin eintraf, also nach 
einer Reise von 44 Tagen. Es war ein einziges grosses Colli 
in sehr sorgfältiger Verpackung. Nachdem die äusseren Hül- 
len entfernt waren, wobei eine Anzahl weisser Maden von 
mehr als Zolllänge zum Vorschein kam, welche Herr Ehr- 
hardt später als Wachsmaden erkannte, zeigte es sich, 
dass die Sendung in einem einzigen Stocke bestand. Es war 
dies ein ausgehöhlter Baumstamm von etwa 2% Fuss Höhe 
und 15 Zoll Durchmesser, dessen eine Oeffnung mit Brett- 
chen vernagelt, die andere mit grober Leinwand zugebun- 
den war. Bei Wegnahme dieser Leinwand zeigten sich nur 
todte Bienen in sehr grosser Anzahl; als indessen eins der 
Brettchen am andern Ende geöffnet wurde, kamen einige 
noch lebende Bienen zum Vorschein. Dieselben waren jedoch 
in einem Zustand so grosser Ermattung, dass sie nach einem 
kurzen Fluge bis ans Fenster des Zimmers sofort niederfielen 
und starben. Es schien also, als wenn auch von dieser Sen- 
dung nichts mehr würde zu retten sein, und es wurde sofort 
bei Hrn. Ehrhardt, unter Einsendung einiger todter Bienen 
zur Ansicht, angefragt, ob er unter solchen Umständen den 
Stock zugesandt zu haben wünsche und ob eine Rettung 


u ee ee er n. 


‚61 


noch denkbar sei, und auf die schnell erfolgende bejahende 
Antwort wurde der Stock wieder eingepackt und nach Pret- 
tin gesandt. 

Den sehr sorgfältigen und umsichtigen Bemühungen des 
Hrn. Ehrhardt ist es denn auch wirklich gelungen, noch 
die Königin und eine Anzahl Bienen zu retten. Er schreibt 
uns darüber unter dem 15. Januar Folgendes: 

„So eben sind wir mit der Behandlung des mir gütigst 
übersandten Bienenstockes aus Italien fertig, und es treibt 
mich, Ihnen in Eile Folgendes darüber mitzutheilen: Das 
ganze. Volk war durch und durch von Wachsmaden der- 
massen zerritten und zerfressen, dass Alles ausgebrochen 
werden musste. Hierbei fanden wir circa 300 Stück gesunde 
Bienen mit der noch ganz gesunden Königin. (Die Kö- 
nigin‘ stirbt bei Hunger und gewaltsamen Störungen in der 
Regel am letzten.) Das kleine Völkchen hat jetzt eine ent- 
sprechende Wohnung zwischen frischen Honigtafeln erhalten 
und ist kein Zweifel, dass daraus im Frühjahr ein Stock. 
wird. Die vorhandenen Bienen sind gerade nicht so hoch- 
gelb, wie sie gewünscht werden, aber es ist doch diesmal 
die: richtige Species, die man unter italienischen Bie- 
nen versteht. | 

Die furchtbare Zerstörung durch die Wachsmade ist nicht 
Folge. der Reise, sondern das Werk ist ersichtlich schon 
länger als ein halbes Jahr dieser Zerstörung ausgesetzt ge- 
wesen und würde im Frühjahr verloren gewesen sein, auch 
wenn es ruhig auf seinem Stande in Italien verblieben wäre. 
Wäre ein wirklich gesunder Stock mit dieser raffinirt vor- 

_ züglichen Emballage versehen abgeschickt worden, so müsste 
er ohne erheblichen Schaden angekommen sein.“ 

Obwohl nun Aussicht vorhanden war, die Bienen am Le- 
ben zu erhalten, so war es doch ersichtlich, dass diese Sen- 
dung nicht getheilt werden konnte, und da sich bereits seit 
längerer Zeit zwei unserer Mitglieder mit der dringenden . 

“Bitte um italienische Bienen an uns gewandt hatten, so 
entstand nun die Frage, ob es zweckmässig sein würde, so- 


62 


gleich noch eine Bienensendung in Genua zu bestellen. Es 
wurde jedoch vom Vorstände beschlossen, zunächst Herrn 
Ehrhardt um seine Meinung darüber zu befragen, und 
wenn er eine neue Sendung für wünschenswerth erklären 
würde, um recht genaue Instructionen zu bitten, um bei 
der zweiten Sendung möglichst die Fehler vermeiden zu 
können, welche bei der ersten etwa gemacht worden wa- 
ren. Zugleich sollte. Hr. Ehrhardt um gefällige Mitthei- 
lung darüber ersucht werden, in welcher Zeit wohl auf eine 
solche Vermehrung der erhaltenen Bienen würde gehofft wer- 
den können, dass anderen Mitgliedern davon abgegeben wer- 
den könnte, 

Auf diese Anfrage erwiederte Hr. Ehrhardt am 28. Ja- 
nuar Folgendes: 

„Es mir vollständig gelungen, das kleine italienische Bie- 
nenvölkchen mit seinem Weisel durch mancherlei Manipula- 
tionen in seiner neuen Wohnung in den Zustand zu ver- 
setzen, in welchem Bienen sich in dieser Jahreszeit bei uns 
befinden müssen, nämlich in den Zustand der Vereinigung 
in vollständigster Ruhe. Um daraus schnell einen vermeh- 
rungsfähigen Stock im Frühjahr zu erhalten, muss nach und 
nach Brut über Brut hinzugebracht werden. Ist der Stock 
volksstark genug, so wird ihm der Weisel genommen, an- 
derweitig zur Bildung eines neuen Stockes verwandt, und 
hierauf setzen die Bienen im entweiselten Mutterstocke eine 
Anzahl Weiselzellen von der Brut des entfernten 
Weisels an, welche sämmtlich zur Bildung neuer Stöcke 
verwandt werden können. 

Das geschilderte Verfahren ist nun zwar noch dem Un- 
glück ausgesetzt, dass der importirte Weisel vor der Zeit 
der möglichen Operation sterben kann (und dann ist Alles 
verloren, denn der Weisel allein ist die Quelle des neuen 
Stocks); ich will jedoch nicht daran glauben und hoffe viele 
Weisel davon erziehen zu können und Ihnen zur gehe 
zu stellen. | 

Hiernach wäre es nun durchaus nicht rende be- 


63 


deutende Kosten für eine abermals zu veranstaltende Sen- 
dung zu opfern. Soll diese aber doch geschehen, so muss 
sie wieder auf ganz dieselbe Weise ausgeführt werden, wie 
die. letzte Sendung, und zwar aus folgenden Gründen: So- 
viel ich weiss, wird in Italien noch nirgends die Bienen- 
zucht anders, als auf die alte Weise betrieben, d.h. 
die Bienen wohnen in einer nicht anders als durch Schnei- 
den und Herausreissen der Tafeln zugänglichen Wohnung, 
der Züchter ist nicht Herr über Volk und Werk, während 
bei unserer Kastenzucht das ganze Werk ebenso schad- und 
störungslos von einander genommen werden kann, wie das 
Werk einer Uhr. | 

Ein Weisel mit 300—400 Bienen in einem kleinen Käst- 
chen mit befestigten Honigtafeln kann schadlos eine weit 
grössere Reise machen, als von Italien hieher, und (in einer 
geschickten Hand) ist damit ganz dasselbe gewonnen, als 
wenn ein grosser volkreicher Stock hier gesund ankäme; 
denn Arbeitsbienen sind von ganz untergeordnetem Interesse 
bei- dieser Frage. — Wollte man nun aber einem italieni- 
schen Bienenzüchter die Zumuthung stellen, aus seinem gan- 
zen Stock den Weisel auszufangen und zur Sendung zuzu- 
bereiten, so würde er, wie ich überzeugt bin, das Ding für 
eine Unmöglichkeit erklären: er müsste den ganzen Stock 
zerstören und bei der Verwirrung könnte ihm sehr leicht 
der Weisel abhänden oder zu Schaden kommen. Auch ist 
einem Züchter nach alter Weise eine solche Arbeit, die in 
den ‚geschicktesten Händen leicht misslingen kann, ein so 
fabelhafter Gedanke, dass sich schwer Jemand dazu ent- 
schliessen würde. 

Soll also eine Sendung nochmals veranstaltet werden, so 
geschieht es, wie erwähnt, auf ganz dieselbe Weise wie 
schon geschehen, nämlich durch gute Emballirung eines gan- 
zen Stockes. Jedoch muss die eine Seite offen gelassen und 
durch ein gutes Drahtgitter verwahrt werden; über dieses 
Drahtgitter aber wieder Juft durchlassende Stoffe, wie See- 
gras, Pferdehaar u. dergl., mit einem Verschluss von grober 


64 


Leinwand angebracht werden. — Eine solche Bienensendung 
müsste gegen Mitte März hier anlangen, damit der erwa- 
chende Frühling die nöthigen Operationen erleichtert; frü- 
her ist nicht gut, später aber mit grossem Risiko ver- 
bunden. 

Wie gesagt, eine zweite Sendung ist jetzt nicht nöthig, 
so lange nämlich der angekommene Weisel, der von ganz 
guter Farbe ist, noch lebt. — Das Weiselziehen ist zwar 
insofern kostspielig, als es eine grosse Störung in den vor- 
handenen Völkern nöthig macht und den Honigertrag auf 
fast Null herabdrückt; doch will ich Ihnen gern Weisel er- 
ziehen und zur Verfügung stellen.“ 

Aus dem Schreiben vom 9. Februar: 

„Die Zeit der Abgabe der fraglichen italienischen Bienen- 
weisel wird ganz von der Frühlingstemperatur bedingt, dem- 
nach bin ich jetzt nur im Stande, zu erklären, dass 2—3 
Stück vom 20. Mai bis 10. Juni Ihren geehrten Weisungen 
zur Verfügung stehen werden. Wie sich jetzt herausstellt, 
ist die letzte Bienensendung wirklich sehr schön und ganz 
echt: die Bienen sind aber ruhrkrank angekommen und da- 
von erscheint der Leib dunkler als er ist. — Sobald ein 
warmer sonniger Tag erscheint, dass sie einen Ausflug ma- 
chen können, wird die Krankheit verschwinden; die auf- 
merksamste Pflege wird ihnen zu Theil: sie stehen in einem 
ruhigen finstern Zimmer, das stets bis zu 15° R. erwärmt 
gehalten wird, und leiden an nichts Mangel. Darum glaube 
ich erfahrungsmässig, dass das Gelingen der Sache keinem 
Zweifel unterworfen sein wird, doch war die Zeit der An- 
kunft in Deutschland für die Sendung sehr unglücklich ge- 
wählt.* — | BR 

In Folge dieser erfreulichen Mittheilungen stand nun der 
Vorstand davon ab, noch eine Sendung aus Genua kommen 
zu lassen und beschloss, zuerst das Resultat der vielfachen 
Bemühungen des Herrn Ehrhardt abzuwarten. Derselbe 
macht uns am 1. März folgende Mittheilung: 

„Im Laufe der vorigen Woche habe ich eins von meinen 


65 


stärksten Bienenvölkern entweiselt und Ihren aus Italien ge- 
kommenen Weisel an Stelle des entfernten beigefügt. Die 
Operation ist vollständig gelungen und demnach jetzt erst 
das Unternehmen als gesichert zu betrachten. Haben Sie 
nun die Güte, so zeitig als es möglich ist, mir die betref- 
fenden Adressen, an welche Weisel abgegeben werden sol- 
len, mittheilen zu lassen, damit ich rechtzeitig Anleitun- 

‚ gen geben und Veranstaltungen treffen kann, wie die Sache 
angegriffen werden muss.“ 

Und am 22. März: 

„Die fragliche Sache ist jetzt gänzlich gesichert; der im- 
portirte Weisel hat seit circa 4 Wochen Besitz vom neuen 
Stocke ergriffen; es ist also jetzt schon sämmtliche Brut, 
die in der Wohnung befindlich ist, von ihm, demnach 
sind die jungen Weisel, die Ende April in diesem Stocke 
gezogen wurden, gerade so echt, als wenn sie im ersten 
Mutterstocke und in Italien selbst gezogen wären.“ 

Es waren nun dem Herrn Ehrhardt die Adressen der 
Vereinsmitglieder, welche italienische Bienen zu erhalten 
wünschten, mitgetheilt worden, nämlich die Hauptverwal- 
tung des Vereins Westpreussischer Landwirthe zu Marien- 


werder und Hr. Camphausen in Bendorf bei Coblenz, und 


hatte derselbe sich deshalb mit beiden in Verbindung gesetzt. 
Auch sind die Weisel beiden Mitgliedern bereits von Herrn 
Ehrhardt übersandt worden. 


Berichte über die Züchtung des Ricinusspinners 
E  (Bombyx Cynthia). 


1. h 


Gotha, 20. November 1859. 
Der im Monat Juni d. J. mir auf meine Bitte vom Ac- 
climatisationsverein zu Berlin gefälligst übersendeten 60 Stück 


Graines des Bombyx Cynthia musste ich einem jungen Manne 
1860. Bd. III, 5 


66 


Namens Völker um deswillen zur Zucht übergeben, weil 
ich gerade mit meiner Maulbeer-Seidenraupenzucht vollauf 
beschäftigt war. Derselbe legte die gedachten Graines so- 
fort zum Auskriechen der Räupchen aus, und nach etwa 
3 Wochen krochen von denselben 19 Stück Räupchen aus 
— die übrigen Graines waren taub — von denen in den 
ersten Tagen einige Schwächlinge starben und überhaupt 
Il Stück bis zum Einspinnen gebracht wurden. Diesen 11 
Cocons entschlüpften in der Aten Woche 6 männliche und 
5 weibliche Schmetterlinge und wurden nach stattgehabter 
Begattung circa 400 Stück Graines gewonnen, welche sofort 
zu einer neuen Zucht ausgelegt wurden, und die auch nicht 
ungünstig genannt werden kann, insofern etwa 300 Stück 
Cocons von dieser zweiten Zucht gewonnen wurden und nun- 
mehr das Auskriechen der Schmetterlinge mit jedem Tage 
erwartet wird. Sobald dasselbe stattfindet, will p. Völker 
sich alle Mühe mit der Paarung geben, damit eine gehörige 
Quantität befruchteter und guter Graines gewonnen wird. 

Gedachter Raupenzüchter Völker wird zweifelsohne über 
diese beiden Raupenzuchten und die dabei gesammelten Er- 
fahrungen wohl einen ausführlichen Bericht erstatten, und 
soweit ich daher bis jetzt die beiden Rieinusraupen-Zuchten 
beurtheile, so lassen solche nichts zu wünschen übrig, zu- 
mal als die Raupen nächst Rieinusblättern auch diejenigen 
der Weberkarde (Dipsacus fullonum) gern fressen und sol- 
che sehr leicht zu beschaffen sind. 

Ich verspreche mir von der Acclimatisation der Ricinus- 
raupe (B. Cynthia) den günstigsten Erfolg, zumal da solche 
eine bedeutende Rentabilität gewähren soll, und bewahr- 
heitet sich dieselbe, so werden wohl mit der Zeit viele Ri- 
cinusraupen-Zuchten entstehen und dieser neue Industrie- 
zweig überall Eingang finden. 

Der Dirigent für den Seidenbau 
(gez.) Louis Darr, 
Canzleiinspector und Cassirer des Thüring- 
schen Gartenbau-Vereins. 


67 


2. 
Wiesbaden, 24. September 1859. 


Von Herrn Gu&rin-Meneville in Paris erhielten wir 
im Laufe dieses Jahres zwei Sendungen von Graines des 
Bombyx Cynthia. Die Zucht ist über Erwarten gelungen, 
wobei uns die aus dem polytechnischen Centralblatt ent- 
nommene Nachricht, dass diese Raupe von den Blättern des 
Götterbaumes (drüsigen Aylanth, Aylanthus glandulosa) lebe, 
wesentlich unterstützte. Wir haben gefunden, dass die so- 
genannte Ricinusraupe nicht nur Ricinusblätter, sondern auch 
die Blätter des Götterbaumes frisst und dabei gedeiht. 

Weniger günstig waren die Fütterungsversuche mit der 
sogenannten Weberkarde, was vielleicht darin seinen Grund 
hat, dass wir nicht die rechte Sorte besasssn. Wir haben 
uns deshalb jetzt Samen von Lyon kommen lassen und wer- 
den die Versuche mit dessen Fütterung gleichfalls fortsetzen. 


Der Vorstand des Vereins für die Förderung der Seidenzucht 
im Herzogthum Nassau. 


(gez.) C. Schenk. 


3. 
Hildesheim, 31. Januar 1860. 


Von den im Monat Juni v. J. erhaltenen circa 70 Stück 
Graines der Rieinusseidenraupe übergab ich etwa die Hälfte 
dieser Eier dem Herrn Hofrath Dr. Bergmann hierselbst, 
welcher, beiläufig bemerkt, vor etwa 12 Jahren den B. mori 
auf den hiesigen Heil- und Pflege- Anstalten einführte, wo- 
selbst jetzt jährlich für circa 40—50 Thlr. Rohseide gewon- 
nen wird. 

Von den obenerwähnten Graines sind bei mir leider nur 
12 Stück und bei Herrn Dr. Bergmann gar keine ausge- 
kommen, vermuthlich hatten die Eier durch den Transport 
' derartig gelitten, dass der Embryo in vielen Eiern gestor- 
ben war. Die bei mir lebendig gewordenen Raupen brachte 


ich mit der grössten Sorgfalt auf eine zarte, im Topf ste- 
5* 


68 


hende Ricinuspflanze, indess fingen nur zwei Räupchen an 
zu fressen, wovon auch die eine noch zurückblieb und starb, 
die andere Raupe zeigte sich jedoch recht kräftig. Ich legte 
ihr versuchsweise einige Male ein Blatt der gemeinen Kar- 
dendistel vor, wovon sie etwas frass, aber sich doch bald 
wieder davon abwandte. 

Da ich nur ein einziges Exemplar dieser Raupe hatte, 
so mochte ich sie nicht aufs Geradewohl bei den Disteln 
lassen, sondern brachte sie wieder auf die Ricinuspflanze, 
worauf sie sich gut entwickelte, dann ihren Cocon spann 
und später als Schmetterling zum Vorschein kam. 


(gez.) J. Butterbrodt. 


4. 


Altenburg, 3. Februar 1860. 
Die eingesandten Graines haben sich leider sämmtlich 
taub gezeigt. 
 (gez.) M. Schlenzig, 
Appellationsgerichts - Canzlist. 


5. 
Cassel, 3. Februar 1860. 


Von den dem Cantor Schäfer dahier den 17. August 
v. J. zugetheilten 125 Graines krochen den 26. August 80 
kräftige Räupchen aus, Sie wurden auf eine Hürde mit 
durchlöchertem Boden Anfangs mit zarten, frischen , später 
mit bereits derberen, jedoch niemals nassen Ricinusblättern 
gefüttert. Die vertrockneten Blätter wurden öfters von der 
Hürde entfernt. Bei mässiger Wärme blieben die Raupen 
gesund und spannen, vom 4. October an, sämmtlich kräf- 
tige Cocons, theils in trockene Ricinusblätter, theils in bei- 
gesteckte Reiser. 


Die Kurfürstlich Hessische Commission für landwirth- 
schaftliche Angelegenheiten. 


(gez.) Wendelstadt. Baumbach. 


69 


6. 
Braunschweig, 12. Februar 1860. 

Die ersten Räupchen erschienen am 19. August, wie Sie 
vorausgesagt hatten, 150 schöne blaugrüne Exemplare, deren 
spätere Metamorphose, wie beifolgende Cocons und pracht- 
volle Schmetterlinge, entzückten alle Beschauer und gewähr- 
ten mir durch ihre leichte, angenehme Ernährung und Be- 
hütung viel Vergnügen. 

In unserm Garten hatte ich sehr schöne Rieinuspflanzen, 
und ausserdem habe ich auf einem Grundstücke, welches 
sonst zum Gemüsebau und zur Maulbeerbaumschule für Land- 
schullehrer dient und welches ich zu dem Zwecke pachtete, 
ebenfalls Rieinus und Weberkarden gepflanzt, da ich letz- 
tere zum Winter benutzen wollte. Bis jetzt ist noch kein 
einziges Ei ausgekommen, und ist auch nicht viel Aussicht 
dazu vorhanden, da die meisten Graines eingedrückt sind. 

(gez.) Louise Löbbecke, 
Vorsteherin der Speiseanstalt für Bedürftige. 


7. 
Callenburg bei Coburg. 

Im vorigen Jahre wurden mir durch die Güte des hochlöbl. 
Acclimatisations-Vereins zu Berlin zweimal Eier des Bombyx 
Cynthia zugesandt. Von ersteren machte ich einen Versuch, 
die Raupen auf Hürden zu ziehen, aber leider hatten die 
Eier unterwegs gelitten, denn es krochen nur 7 Stück aus. 
Ich brachte dieselben auf eine kleine Hürde und behandelte 
sie wie Bombyx mori, allein jedenfalls war die zu grosse 
Hellung, sowie das zu baldige Welken des Futters schuld, 
dass die Raupen bis auf eine starben. Letztere spann einen 
hübschen Cocon. 

Mit den letzten mir gütigst in Eiern machte ich 
nun andere Versuche und nachstehender Versuch war der 
erfolgreichste. - 

Als die Räupchen ausgekrochen waren, machte ich von 
grobem blauen Packpapier grosse Düten, in deren trichterför- 


70 


migen Ende ich eine Oeffnung liess, durch welche ich den 
Stengel schwacher Ricinusstäimmchen durchstecken konnte. 
Ich nahm nun einen Ricinusstengel mit 5—6 Blättern und 
steckte denselben so in die Düte, dass alle Blätter in der- 
selben zu liegen kamen; der Stengel hingegen musste 5—6 
Zoll aus der Oeffnung der Düte heraussehen. Hierauf steckte 
ich den Stengel in eine Wasserflasche, die mit Wasser ge- 
füllt war, und brachte dann 4— 500 Stück Räupchen in die 
Düte auf das Laub. Hier konnten nun die Raupen die Blät- 
ter nach Appetit wählen. Die Blätter erhielten sich auf 
diese Weise 6 Tage frisch, nach welcher Zeit ich den ab- 
genagten Stengel entfernte und durch einen frischen ersetzte. 

In diesen Düten ist das Licht nicht zu hell und können 
sich die Raupen die Blätter auswählen. Die Raupen liess 
ich bis nach zweiter Häutung in den Düten, dann brachte 
ich dieselben auf Hürden und fütterte sie darauf, da das 
"Rieinuslaub ziemlich sparsam wurde, abwechselnd mit Ri- 
cinus und Weberkarde. Alle blieben recht gesund und span- 
nen sich sämmtlich ein. Ich habe 1000 Cocons gezogen und 
aus letzteren eine grosse Masse Schmetterlinge. Letztere 
habe ich natürlich aus Mangel an Futter nicht alle behal- 
ten, sondern über 400 Stück an Schmetterlingssammler ab- 
gegeben. ' 

Im nächsten Sommer werde ich die Zucht grösser be- 
treiben und werde mir dann erlauben, dem hochlöbl. Ver- 
ein meine Resultate mitzutheilen. 

(gez) Louis Kurzius, 


8 


Linz, am 9. Februar 1860. 
Die durch Herrn Kaufmann unentgeldlich übersendeten 
kleinen Proben von Graines des Bombyx Cynthia kamen, wie 
es scheint, in zu trockenem Zustande an, oder konnten hier, 
wo die Luft überhaupt sehr trocken ist, die kleinen Raupen 
die erhärtete Schale nicht durchbrechen und ausschlüpfen, 
so dass im Ganzen nur fünf derselben zu Tage kamen, und 


71 


nachdem zwei hiervon auch nicht sehr lebensfähig waren, 
nur drei bis zum Einspinnen kamen und als schöne Schmet- 
terlinge ausschlüpften. 

Zur Fütterung wurden in Töpfe gepflanzte Ricinuspflan- 
zen, auf welche die Raupen gesetzt wurden, verwendet; ge- 
pflückte Rieinusblätter wurden sehr schnell welk und von 
den Raupen verschmäht. 


Die Direction des Vereins zur Förderung der Seidencultur 
in Ober-Oesterreich. | 
Für den Vereins-Vorstand der Stellvertreter: 
(gez.) Dr. Friedrich von Pflugk. 


9. 
Heringen bei Nordhausen, 3. November 1859. 

Die am 13. October empfangenen Graines habe ich sofort 
ausgelegt; am 24. und 25. October bei 17—18° R. krochen 
die Räupchen aus den Eiern. Dieselben haben die erste und 
zweite Häutung glücklich überstanden und sind im herrlich- 
sten Gedeihen. 

(gez.) G. Stade, Diaconus. 


10. | 
Bericht von J. Wullschlegel, Lehrer in Oftringen 
(Schweiz), eingegangen am 17. Februar 1860, 


Am 27. Juni 1859 erhielt ich durch Ihre Güte Eier des 
Bombyx Cynthia, wofür ich Ihnen hiermit meinen tiefgefühl- 
ten Dank ausspreche. 

Die Zucht dieses Seidenspinners ist mir sehr gut ge- 
lungen. 

Vom 4. Juli an, an welchem Tage die Raupen die Eier 
verliessen, bis Anfangs October erzog ich zwei Bruten. Der 
ersten gab ich vorzüglich als Nahrung Dipsacus fullonum, 
et sylvestris, Ricinus, ‚Blätter von Trauerweiden und (i- 
chorien; der zweiten reichte ich ausser jenem auch Linden- 
blätter (Tilia), die sie ausserordentlich gern genossen und 
bei denen sie vortrefflich gediehen, 


12 


Von der Zeit des Einspinnens dieser zweiten Brut dachte 
ich darauf, wie wohl die unangenehme Winterzucht zu ver- 
meiden wäre, obschon ich möglichste Sorgfalt in Betreff des 
Futters für eine solche getroffen hatte. 

Ich beobachtete täglich einige etwas geöffnete Cocons, und 
sobald die Puppenbildung vorüber war, brachte ich sämmt- 
liche Cocons in ein ungeheiztes Zimmer, setzte sie sogar, 
wenn wir nicht mehr als 1—2° Kälte hatten, dieser aus, 
und auf diese Weise ist es mir gelungen, die Puppen bis 
heute lebendig zu erhalten, und hege ich die zuversicht- 
liche Hoffnung, die gänzliche Ueberwinterung werde mög- 
lich sein. Gelingt dieses, so steht wohl der raschen Ver- 
breitung dieses nützlichen Thieres kein besonderes Hinder- 
niss mehr im Wege. 

Man interessirt sich hier immer pmichr für die Zucht die- 
ses Seidenspinners. Wenn ich mit der Ueberwinterung mei- 
ner Cocons glücklich bin und wieder Eier erhalte, so wird 
die Zucht im Grossen versucht werden. Ich hege, pflege 
und beobachte darum auch meine Pfleglinge mit ängstlicher 
Sorgfalt. Mag nun dieselbe mit glücklichem Erfolg gekrönt 
werden oder scheitern, in beiden Fällen dürfen Sie jeden- 
falls meiner Berichte gewärtigen. 

Ueber meine bisherigen Beobachtungen hätte ich schon 
früher einen Bericht eingesandt, wenn mich der Versuch, 
den ich in Betreff der Ueberwinterung mache, nicht stets 
davon abgehalten hätte. Ich wollte nämlich zuwarten, bis 
ich Ihnen einen vollständigen geben konnte. 


11, 


Gotha, 27. Februar 1860. 
Von den am 23. Juni v. J. hier angelangten Eiern, circa 
70 Stück, krochen am 3. und 4, Juli v. J. 18 Raupen aus, 
von kan 5 sofort starben. N 
Das 1ste Lebensalter der gewonnenen 13 Räupchen dauerte 
vom 3.—7. Juli; 2 starben im 2ten Alter, letzteres dauerte 
bei den 11 Ueberlebenden vom 7.—16. Juli; das te Alter 


75 


vom 16.—20. und das 4te vom 20. — 24. Juli; das 5te bis 
zur gänzlichen Verpuppung bis zum 11. August. Die ge- 
- wonnenen gleich grossen Cocons resp. Orysaliden kamen vom 
1.— 10. September v. J. zum Auskriechen und zwar 5 Männ- 
chen und 6 Weibchen, von denen ich bis zum 19. Septem- 
ber circa 1500 meist befruchtete Eier gewann. Das Eier- 
legen der zuletzt entschlüpften Paare dauerte ungewöhnlich 
lange. Am 23. desselben Monats entschlüpften den Eiern 
schon neue Räupchen, welcher Prozess sich bis zum 30sten 
hinzog. Im Ganzen waren 354 Raupen ausgekrochen, von 
denen einige 30, die meisten im ersten Lebensalter, ein- 
zelne nur in den folgenden Stadien verendeten, so dass-ich 
immer noch über 300 Cocons erntete. 
Die fünf Lebensperioden der Raupen erstreckten sich 
vom 28. September — 2. October, 
2. October — 6. 


” ” 
en 2» Hose, 
gi dhodg au Ihe 
yuih@rlonft u 


Am 18. December v. J. erst, also nach beinahe 8 Wochen, 
entschlüpften bei sonst ziemlich gleich gehaltener Tempera- 
tur etwas geringeren Grades die ersten Schmetterlinge, wel- 
che Verwandlung sich bis zum 6. Januar d. J. hinzog. 4 der 
Crysaliden jedoch, obschon nach .äusserlicher Betrachtung 
des durchbrochenen Kopfes ausgebildet, kam nicht zum Aus- 
kriechen. Aus den gewonnenen Eiern, meist von zusam- 
mengebrachten kräftigen Paaren stammend, sind aber, un- 
geachtet der dafür besonders verwandten Sorgfalt, keine 
Raupen erschienen; ein Theil ist, wie die durchbrochenen 
schwarz erscheinenden Stellen zeigen, in der letzten Ent- 
wickelung verdorben, ‘während ein anderer noch ohne alle 
Veränderungszeichen von mir aufbewahrt wird. 

Was die Fütterung anlangt, so konnte ich, da der selbst 
in warmen Kasten ausgesäete Ricinussamen sowohl, als der 
im freien Lande ausgesäete Kardensamen nichts bot, ja 
selbst die wiederholten Aussaaten des letztern nicht einmal 


74 


zum Keimen kamen, die ersten 13 resp. 11 Räupchen nur 
mit den zur nähern Betrachtung mühsam in Töpfen gezo- 
genen Karden füttern und der zweiten Generation erst ihre 
Mutternahrung, den Ricinus, zukommen lassen, wenn auch 
die im October v. J. schon eingetretenen Fröste den gröss- 
ten Theil der Stauden etwas berührt hatten, so dass mir 
nur zuletzt die vom Frost verschont gebliebenen Blätter übrig 
blieben, immerhin aber ein Umstand, der sehr erklärlich 
zur Degeneration beigetragen haben kann, 


S. E. Völker. 


Bezüglich der Erfolge der Züchtungsversuche des Herrn 
Hofgärtners Fintelmann verweisen wir auf den ausführ- 
lichen Aufsatz desselben im Il. Bande der. Zeitschrift pro 
1859 8. 235 — 247. 


Wenn auch nach einzelnen Berichten von den Raupen 
Kardenblätter nur ungern genommen wurden, so muss dies 
an besonderen Umständen gelegen haben, Nach anderen Be- 
richten und insbesondere‘ nach den Beobachtungen des Hrn. 
Fintelmann ist es unzweifelhaft, dass die Raupen auch 
mit Kardenblättern und den Blättern des Götterbaumes (Ay- 
lanthus glandulosa) sich füttern lassen, ohne dass eine Ab- 
nahme des Gedeihens, Degeneration oder verminderter Er- 
trag in Folge des Spinnens auffallend kleiner oder leichter 
Cocons hätte constatirt werden können. Nach dem Berichte 
des Hrn. Lehrers Wullschlegel scheint es sogar, dass die 
Versuche der Fütterung dieser Raupen mit Surrogaten noch 
lange nicht als geschlossen zu betrachten seien. 

‚Es wird mit den Versuchen eifrigst fortzufahren sein, 
und empfehlen wir bei denselben die ‚grösste Sorgfalt, da- 
mit es bald gelingen möge, die bequemste und billigste Er- 
nährungsweise dieses Seidenspinners, dessen Acclimatisation 
an und für sich bereits ausser Frage. gestellt sein dürfte, 
festzustellen. 

Berlin im April 1860. 


75 


Nichtamtlicher Theil. 


Die Acclimatisations-Vereine 


von Ernst Kaufmann. 


In einem der früheren Hefte haben wir den verehrlichen 
Lesern versprochen, ihnen nach und nach die Geschichte 
der Acclimatisations-Vereine vorzuführen. Wir haben Gele- 
genheit, auf unser Versprechen zurückzukommen, indem wir 
aus einem eben erscheinenden Werke*), in welchem uns die 
Ehre wurde, die Artikel Acclimatisation, acclimatisiren zu 
behandeln, einen Theil dieser Abhandlungen herausziehen. 
Wir würden dieses unterlassen, wenn wir in diesem Auf- 
satze nur Dinge wiederholt hätten, die wir den verehrlichen 
Lesern schon vorgeführt haben; so aber hoffen wir, indem 
wir im Uebrigen auf das erwähnte Werk verweisen, ihnen 
unser Hauptthema in einer Bearbeitung vorzuführen, in wel- 
cher wir gesucht haben, neue Belege und Beobachtungen 
einzuflechten. 

Acelimatisation heist: eingewöhnen, an das Klima ge- 
wöhnen; der Versuch der Eingewöhnung bedingt natürlicher- 
weise die vorherige Einführung eines lebendigen Gegenstandes 
aus einer Gegend in die andere. In dieser Beziehung darf aber 
der Ausdruck Klima nicht in der geographischen, sondern 
er muss vielmehr in der hygieinischen Bedeutung ausgelegt 
werden; nur in dieser letzteren Auffassung führt er zum 
richtigen .Verständniss des Wortes Acclimatisation. Nur 
sehr wenige Gegenstände würden als acclimatisationsfä- 
hig . befunden werden, wollte man das Klima lediglich 
durch einen Blick ‚auf das Thermometer bestimmen, oder 
wollte man die Humboldt’schen Isothermen zur alleinigen 
Richtschnur nehmen. Weit günstiger gestaltet sich die 


*) Haus- und Familien-Lexicon. 1860, Leipzig, G. A. Brockhaus, 


176 


Frage, wenn in unserm Sinne, ausser der Wärme und Feuch- 
tigkeit der Luft und dem Sonnenlichte zur Feststellung der 
klimatischen Einflüsse die Dauer der Tage und Nächte, die 
Höhe, Lage, Wärme, chemische und hygrometrische Beschaf- 
fenheit des Bodens, die Gewässer, die Winde, nebst den 
sonstigen meteorologischen Erscheinungen als Grundlage die- 
nen. Wenn auch manche dieser Umstände bei der Fest- 
stellung der Isothermen einen bedeutenden Einfluss üben, 
so wurden sie doch nicht alle hierbei in Betracht gezogen. — 
Nur ihre Gesammtheit bedingt das Gelingen oder Misslingen 
der Einführung der Pflanzen. Bei der Einführung einiger 
Thiere, aber nicht aller, ist noch der Umstand nicht ausser 
Acht zu lassen, dass ihr die Einführung genau derselben 
Gegenstände vorhergegangen sein muss, welche dem Thiere 
zur Nahrung dienen, während die Ernährung vieler Thiere 
nicht an einen Stoff gebunden ist. Bei allen aber darf die 
gewohnte Lebensordnung keine erhebliche, namentlich aber 
keine plötzliche Störung erleiden. Sind die Verhältnisse der 
neuen Umgebung den ursprünglichen Verhältnissen in der Hei- 
mat einigermassen analog, so wird. der Organismus des einge- 
führten Gegenstandes möglicherweise verändert werden, ohne 
dass der Gegenstand darunter leidet, bis die Gesammtheit 
dieser Einwirkungen ihn in den Zustand versetzt hat, den 
wir Acclimatisation nennen.‘ Bei einer grossen Verschieden- 
heit derjenigen Verhältnisse, welche die Grundbedingungen 
der Existenz ausmachen, kann hingegen eine allmähliche 
Ausartung, eine Verkrüppelung, Degeneration, des eingeführ- 
ten Gegenstandes eintreten, wenn derselbe nicht im schlimm- 
sten Falle zu Grunde geht. Die Veränderung, welche im 
Falle der Acclimatisation im Organismus hervorgerufen wird, 
ist nicht immer äusserlich bemerkbar; gewöhnlich zeigt 
sie sich jedoch durch eine geordnete kräftigere Lebensthä- 
tigkeit nach vollbrachter Acelimatisation, welche auf eine 
leicht zu erkennende Uebergangsperiode folgt. Der Ueber- 
gang ist gleichsam als ein Kampf zu betrachten, den die 
Natur des Individuums mit dem Klima und der-neuen Le- 


77 


bensordnung zu bestehen hat. Kaum dürfte sich dieser Vor- 
gang deutlicher von Stufe zu Stufe verfolgen lassen, als bei 
einigen Thieren, die, aus einer milderen Zone in eine käl- 
tere oder aus der einen Hemisphäre in die andere versetzt 
werden, wo bekanntlich die Erscheinung der Jahreszeiten 
umgekehrt ist. Zu den ersteren wäre die nubische Gans zu 
rechnen, welche man wohl fälschlich ägyptische Gans nennt. 
In ihrer Heimath legt sie gegen Ende December oder 
Anfang Januar, und dasselbe thut sie regelmässig im ersten 
Jahre ihres Aufenthaltes in Europa, wodurch die junge Brut 
natürlich einer grossen Gefahr ausgesetzt wird. Aber schon 
im zweiten Jahre legen Junge und Alte im Februar, darauf 
im ‘März, und endlich im günstigsten Monat, im April. 
Der australische schwarze Schwan ist ein Beispiel der zwei- 
ten Art; er beginnt bei uns im Herbste zu legen, zu der- 
selben Zeit, wo in seiner Heimat der Frühling besungen 
wird, und nur das Fortschreiten seiner Acclimatisation setzt 
ihn in’ den Stand, allmählich die Legezeit von Monat zu Mo- 
nat zu: verrücken, bis zu unserm Frühjahr. Jm Jahre 1859 
hat man versucht, eine Menge von europäischen Sperlingen 
in Australien einzugewöhnen, weil die Raupen dort eine be- 
deutende Verwüstung angerichtet hatten, und durch die den 
Einwohnern zu Gebote stehenden Mittel nicht zu vertilgen 
waren. Wir sind begierig, zu erfahren, welche Ergebnisse 
dieser Acclimatisationsversuch darbieten wird. Manchmal 
kann die durch eine stattgefundene Acclimatisation hervor- 
gerufene Veränderung der Constitution so bedeutend sein, 
dass, wenn man einen irgendwo acclimatisirten Gegenstand 
in seine ursprüngliche Heimat zurückversetzt, er sich dort 
gleichsam einer erneuerten Acclimatisation unterwerfen muss, 
ehe er sich in seinem Geburtsorte wieder heimisch fühlt. 
' Man könnte glauben, dass in diesen Fällen, in Folge der 
organischen Veränderungen, gleichsam ein neues Wesen ge- 
schaffen worden, welches bei dem Wiedereintritt in seine 
erste Heimat sich dort nicht eher zurecht findet, bis es 
sich daselbst in alle Verhältnisse wieder hineingelebt hat. 


\ 


18 


So ergeben z. B. die Maulbeerseidenraupeneier, welche aus 
China nach. Europa eingeführt werden, selbst wenn sie von 
guten Racen stammen, im Anfang ganz kleine, unansehn- 
liche Cocons; mit der Zeit verlieren diese, selbst ohne Kreu- 
zung mit europäischen Racen, ihren ursprünglichen Charak- 
ter, arten an einigen Orten zu grossen, schlechten Racen 
aus, während sie in anderen Gegenden zur Erzeugung vor- 
züglicher Racen dienen. Werden die hieraus erzielten Eier 
wieder in ihre ursprüngliche Heimat zurückgeführt, so sind 
sie dort ganz ähnlichen Erscheinungen ausgesetzt. Es kommt 
freilich hierbei, wie bei der Züchtung eines jeden Thieres, 
auch wieder auf eine intelligente Behandlung und auf die 
Befolgung rationeller Züchtungsmethoden an. Die Einwir- 
kungen der Acclimatisation sind hierin jedoch nicht zu ver- 
kennen. 

Die grösste Acclimatisationsfähigkeit besitzt der Mensch; 
er ist im Stande, sich in allen Zonen, in jeglichem Klima 
heimisch zu fühlen. Und wenn wir auch zugeben wollen, 
dass nicht ein jedes Individuum eine gleiche Acclimatisa- 
tionsfähigkeit zeigt, so ist es doch unbestreitbar, dass der 
Acclimatisation des Menschen, als Art betrachtet, keine 
Schranken gesetzt sind. Er schlägt seine Wohnung auf in 
dem glühenden Boden der Tropenländer oder fügt sie aus 
Eisblöcken zusammen, welche der starre Hauch des ewigen 
Winters der Polargegenden unschmelzbar macht; sein treuer 
Begleiter, der Hund, folgt ihm überall, und acclimatisirt 
sich zu gleicher Zeit mit dem Menschen. Um die Einwir- 
kungen der Acclimatisation zu verspüren, ist es nicht ge- 
 rade nöthig, dass eine bedeutende Entfernung die ur- 
sprüngliche Heimat von dem neuen Aufenthaltsorte trennt. 
Bei der Einführung von Pflanzen und Thieren (hiermit be- 
schäftigen sich die Acclimatisationsvereine) kann schon eine 
geringe Entfernung beider Orte, wenn nicht die meisten der 
oben erwähnten Punkte übereinstimmen, von wesentlichem 
Einfluss sein. Hieraus geht hervor, dass es bei irgend einer 
solchen neuen Einführung gerathen ist, diejenigen Vorstu- 


79 


dien nicht zu unterlassen, auf welchen die vernunftgemässe 
Eingewöhnung des Gegenstandes beruhen wird; und dieses ist 
eine der Aufgaben der Acclimatisationsvereine. Der 
Hauptzweck dieser Vereine lässt sich am besten aus der Rede 
erkennen, mit welcher Isidore Geoffroy Saint-Hilaire im J. 1854 
die Soeiete imperiale d’acclimatation in Paris, die erste Ge- 
sellschaft dieser Art, eröffnete: „Wir wollen eine Vereinigung 
von aufgeklärten Männern aus allen Ständen aller civilisir- 
ten Länder stiften, um zusammen ein Werk zu vollbringen, 
welches die Mitwirkung aller erfordert, sowie es den Nutzen 
aller bezweckt. Es handelt sich um nichts weniger, als um 
die Bevölkerung unserer Länder, Wälder und Flüsse mit 
neuen Bewohnern, um die Vermehrung unserer Hausthiere, 
dieser ersten Quelle des Reichthums; um die Vervielfälti- 
gung der Nahrungsmittel, um ‘die Schöpfung neuer ökono- 
mischer und industrieller Producte; um die Beschenkung der 
Landwirthschaft, der Industrie, (des Handels: mit einem 
Worte, ‚des ganzen Menschengeschlechts mit bis heute un- 
bekannten oder varnachlässigten Gütern, welche dereinst 
nicht minder wichtig sein werden, als diejenigen, deren 
Wohlthaten uns von unseren Vorfahren übermacht worden 
sind.“ Die Voraussetzungen des ersten Satzes sind in reichem 
Maasse erfüllt worden; denn schwerlich findet sich heutigen 
Tages bei irgend einer anderen Veranlassung eine solche 
Vereinigung aus allen Ständen wieder, wie in den Acclima- 
tisationsvereinen, zu deren Arbeiten gekrönte Häupter ebenso 
gern beitragen, wie’ der bescheidene Landmann. 

Also nicht allein die Hausthiere, sondern auch diejeni- 
gen Thiere sollen acclimatisirt werden, welche im halb oder 
ganz wilden Zustande uns nützlich sein können; sodann ha- 
ben die Acclimatisationsvereine für die Schonung derjeni- 


gen heimischen Thiere Sorge zn tragen, welche uns durch 


die Bekämpfung der schädlichen Arten äusserst nützlich 
sind. Noch jetzt leiden unsere Culturverhältnisse vielfach 
in Folge der planlosen Ausrottung vieler Thiere, welche sich 
lediglich von den Zerstörern unserer Gewächse ernähren, 


80 


denn erst kürzlich ist es den einsichtsvollen Ermahnungen 
des beharrlichen Gloger gelungen, sich bei dem Landwirthe 
den verdienten Eingang zu verschaffen.*) Die Acclimatisa- 
tionsvereine haben aber noch einen höheren Zweck zu er- 
füllen, als die Lösung ihrer praktischen Aufgabe, ein Ziel, 
welches mit ihnen und durch sie in Zukunft enge mit der 
Acclimatisation verbunden sein wird; sie sollen in geord- 
neter Reihenfolge die Vorarbeiten und Voraussetzungen mit 
den Versuchen, die verschiedenen Zwischenfälle bei den 
Beobachtungen mit den Resultaten vergleichen, und, indem 
sie in dieser Weise vorwärts schreiten, die Grundzüge zu 
einer neuen Wissenschaft legen. Sie werden diesen 
Zweck mit der Zeit in ähnlicher Weise erreichen, wie die 
landwirthschaftlichen Vereine die Erhebung der Landwirth- 
schaft aus dem Stande eines Gewerbes zu einer: vielver- 
zweigten Wissenschaft ermöglicht hahen; sie werden dazu 
beitragen, dass die Acclimatisation in Zukunft nicht mehr 
blosses Spiel des Zufalls und nicht allein dem Empirismus 
überlassen sein wird. 

Die Acclimatisation ist keine Errungenschaft der Neu- 
zeit; denn seit Jahrtausenden ist sie in der angeführten 
untergeordneten Weise fortgeschritten. Die Mehrzahl der 
zu unserer Ernährung und Bekleidung dienenden Gegen- 
stände ist ihrer ursprünglichen Heimat entrückt wor- 
den. Wie richtig sagt Drouyn de Lhuys, dessen ge- 
ringstes Verdienst wahrlich nicht die warme Theilnahme 
ist, die er den Acclimatisationsvereinen schenkt, in einer 
jener Reden, die sich unvergesslich im Gedächtnisse ein- 
prägen: „Werfen wir in der That die Augen um uns, 
und suchen wir unter den Gegenständen, welche zu unseren 
dringendsten Bedürfnissen gehören, sei es zur Speise oder 
zur Kleidung, diejenigen heraus, welche unser Boden frei- 
willig hervorbringt, und diejenigen, welche Producte der 


*) Die nützlichsten Freunde der Land- und Forstwirthschaft unter 
den Thieren von Dr. C. W. L. Gloger. Berlin 1858. 


N Ei ne een ee 


sl 


Acclimatisation sind, so werden wir finden, dass, würden 
wir auf die erstere redueirt, wir in wenigen Tagen vor 
Elend und Hunger umkommen würden. ‘Die Eichel, einige 
herbe Früchte, einige fade Gemüse sind die einzigen hei- 
mischen Pflanzen. Der Mensch würde also in Europa ledig- 
lich von dem Ertrage der Jagd und des Fischfanges leben, 
und die Bevölkerung würde sich niemals haben entwickeln 
können, wenn sie nicht aus anderen Regionen eine Menge 
von Pflanzen und Thieren eingeführt hätte!“ Dieses gilt für 
die übrigen Continente nicht in so grossem Maasse wie für 
Europa, wo die Natur an und für sich nicht eine solche 
Mannichfaltigkeit wie in denjenigen Erdtheilen entfalten 
kann, welche sich durch alle Zonen erstrecken. Es würde 
uns zu weit führen, wollten wir 'hier die ungemein grosse 
Zahl von Pflanzen anführen, welche im Laufe der Zeiten 
derart ihren Standpunkt ausgedehnt haben. Das Getreide, 
das Obst, die Gemüse und das Heer der Zierpflanzen, welche 
unsere Gärten schmücken, kurz, fast sämmtliche Gaben der 
Erde sind hierher zu rechnen. In Beziehung auf das Thier- 
reich ist diese Aufgabe leider viel leichter; leider! denn 
hier haben wir eine Thatsache zu erwähnen, welche durch- 
aus im Widerspruch zu dem ewigen Fortschritte der Welt 
steht. Denn während die sämmtlichen übrigen Verhältnisse 
der menschlichen Gesellschaft sich im Laufe der letzten 
Jahrhunderte auf eine nie geahnte Weise verändert haben, 
ist fast seit Jahrtausenden für die Eingewöhnung neuer 
Thiere so zu sagen nichts geschehen, trotzdem die fortwäh- 
rend leichteren Communicationsmittel die Erreichung dieses 
praktischen Zweckes hätten befördern müssen. Vergeblich 
haben die grössten Naturforscher aller Zeiten darauf hinge- 
wiesen; vergeblich waren die Mahnungen Buffon’s, Cuvier’s, 
Daubenton’s, Linne’'s und ihrer Zeitgenossen. Von den 
140,000 Arten, welche das Thierreich in sich begreifen soll, 
hat Isidore Geoffroy St.-Hilaire eine Zusammenstellung der- 
jenigen 43 Arten gemacht, die in Europa als Hausthiere 


leben, und hiervon kommen nur 33 auf das westliche Europa. 
1860 Bd. III, 6 


82 


29 von diesen stammen aus Asien, namentlich Centralasien, 
Nordafrika und Europa; und nur vier aus den übrigen Welt- 
theilen, Das ist so einfach, dass es ein jeder an den Fin- 
gern nachrechnen kann. Und wenn wir auch weit entfernt 
davon sind, zu denken, dass ein verhältnissmässig beträcht- 
licher Theil der bedeutenden Zahl der Thiere dem Menschen 
jemals direkt dienstbar werden wird, so liegt das Missver- 
hältniss zwischen dem Vorhandenen und dem Verwertheten 
doch gar zu nahe, um nicht die Nützlichkeit der Acclimati- 
sationsversuche einem jeden einleuchtend zu machen. Erst 
seit den letzten 20 Jahren, und namentlich seit Beginn der 
grösseren Thierausstellungen, ist diese Ansicht etwas allge-- 
meiner dnrchgedrungen. ‘Wie ein Feuer glomm sie unter 
der Asche, bis sie im rechten Augenblicke mit einem Male 
zur hellen Flamme aufloderte und in den Acclimatisations- 
vereinen ihren Centralpunkt fand. 

Der Grund, weshalb gegen die geringe Zahl der Thiere 
eine so unverhältnissmässig grosse Zahl von Gewächsen ein- 
gewöhnt wurde, mag zum Theil in der Bequemlichkeit zu 
suchen sein, mit welcher die letzteren sich transportiren und 
pflegen lassen, sodann auch vielleicht in der fast jedem 
Menschen angeborenen Lust, Pflanzen zu warten, während 
nicht ein jeder das Geschick und die Vorliebe zur Thier- 
züchtung besitzt. Aber auch noch ein anderer Umstand mag 
hierzu mit beitragen: bei der Pflanze ist der bedeutende 
Unterschied fast ganz aufgehoben, welcher bei dem Thiere 
zwischen der Acclimatisation und der Naturalisation 
besteht. Die Acclimatisation ist ein untergeordneter Vor- 
gang, der sich zur Naturalisation etwa so verhält, wie der 
augenblicklich geduldete Aufenthalt eines Menschen an einem 
fremden Orte zu einer vollständigen Niederlassung mit dem 
- gehörig besiegelten Bürgerbriefe. Und dieses bevorzugte Ver- 
hältniss geniessen die Pflanzen den Thieren gegenüber. 
Während letztere eine lange Prüfungszeit bis zur völligen 
Naturalisation bestehen müssen, haben jene den Vortheil, 
sobald sie acclimatisirt sind, die Naturalisation zu besitzen 


83 


und im Vollgenusse der ihnen von der Natur verliehenen 
Fähigkeiten sich in zahlreichen Nachkommen verjüngen zu 
können. Bei den Thieren ist dieser Umstand (er bildet das 
beste Kriterium einer glücklich vollendeten Acclimatisation) 
mancherlei Wechselfällen unterworfen, und diese Schwierig- 
keit mag ebenfalls ein Grund zu dem erwähnten Missver- 
hältniss sein. Einer der wichtigsten Hebel der neuen Wissen- 
schaft wird der Umstand sein, dass sie den Griffel nicht 
ihrer Hand entfahren lässt, um die Geschichte der Ac- 
elimatisation zu schreiben. Freilich wird sie nur von 
dem jetzt gegebenen Punkte ausgehen können; der grösste 
Riesengeist würde erschrecken, die Geschichte der Acclima- 
tisation bis zur heutigen Zeit zu erforschen. Die meisten 
Eingewöhnungen, die wichtigsten Thatsachen, sind zu einer 
vorgeschichtlichen Periode begonnen worden; mit der halb- 
geschichtlichen, der mythologischen Periode, verbindet sich 
die Einführung des Fasans durch die Argonauten. Der 
wahrscheinlich erste Acclimatisationsversuch zu einer ge- 
schichtlichen Periode war die Einführung des Pfaus, ver- 
anlasst durch die merkwürdigen Heerzüge Alexander’s des 
Grossen; die Phönizier und Römer sollen die Zucht ver- 
schiedener Seidenraupen versucht haben. Von da bis 
auf die jüngsten Jahrhunderte ist die Geschichte der Accli- 
matisation in ein undurchdringliches Dunkel gehüllt, welches 
selbst dann noch nicht zur Klarheit geworden. Es ist trau- 
rig, zu gestehen, dass die Namen der Wohlthäter der Mensch- 
heit leider nicht immer in den Tafeln der Weltgeschichte 
den verdienten Platz gefunden haben. Meist werden wir 
vergeblich die Hand aufsuchen, welche das Füllhorn trug, 
aus dem eine reiche Segensquelle für die späteren Genera- 
tionen entströmte. An Beispielen für diese Undankbarkeit 
der Geschichte fehlt es leider nicht. Nehmen wir nur eins 
von vielen heraus: Wem das Verdienst gebührt, die Kar- 
toffel nach Europa zuerst übergeführt zu haben, ist kaum 
noch zu ermitteln. Ja, es ist nicht einmal nachzuweisen, 
auf welchem Wege sie nach Deutschland kam; wir verwei- 
6* 


84 


sen dieserhalb auf den im vorigen Bande der Zeitschrift, 
S. 110 enthaltenen Vortrag des Herrn Dr. Klotzsch. Aus 
den Schwierigkeiten, die sich bei der Aufsuchung des Aus- 
gangspunktes dieser, einer der jüngsten Einführungen, dar- 
bieten, kann man auf die Schwierigkeiten schliessen, welche 
sich bei der Untersuchung älterer Eingewöhnungen aufthür- 
men. Durch die grössten Weltereignisse hindurch schlingt 
sich der langsame Fortschritt der Acclimatisation, und zwar 
häufig sind die heftigsten politischen Umwälzungen die Aus- 
gangspunkte hierfür gewesen; wie hemmend dieser Umstand 
auf die Forschung wirkt, ist leicht zu bemessen. Anders 
aber wird es in der Zukunft sein; es genügt, dass sich die 
öffentliche Meinung dem Gegenstande günstig erwiesen hat, 
um fürder ähnlichen Ungerechtigkeiten zu steuern. Derje- 
nige, welcher jetzt Zeit und Mühe opfert für Versuche, die 
häufig fehl schlagen, und deren Erfolge meist der Nachwelt 
zugute kommen, trägt neben dem Bewusstsein, etwas Nütz- 
liches geleistet zu haben, die Ueberzeugung davon, dass seine 
Thaten nicht verloren sind, sondern eine bleibende Nach- 
wirkung haben. — Aber nicht immer wird es uns möglich 
sein, unsern Dank einem Menschen auszudrücken, denn gar 
mancher Acclimatisationsversuch wird ohne Zuthun eines 
Menschen gemacht. Die Natur vollbringt durch ihre klein- 
sten Mittel Acclimatisationen in einer Weise, welche der 
Mensch durch seine grössten Kraftanstrengungen nicht zu 
erreichen im Stande ist. Herr Dr. Bolle hat in einer un- 
serer Sitzungen (Bd. I, S. 27) nachgewiesen, auf welche 
Weise das Pflanzenreich seine Colonien gründet. 

Aber eben solche Colonien entsendet das Thierreich. 
Die weise Fügung, welche einem jeden Thiere die Erhaltung 
seiner Art zur Pflicht macht, der Instinkt, welcher ihm 
diese Aufgabe durch Täuschung seiner Feinde erleichtern 
hilft, erregen zu häufig unsere Bewunderung, als dass wir 
die rasche Ausbreitung eines Thieres in einer Gegend, die 
seinen Bedürfnissen entspricht, nicht leicht begreifen könn- 
ten, So ist es mit den Myriaden von Fischeiern, welche 


85 


die Strömung der Gewässer mit sich führt. In solchen Fäl- 
len hat die neue Wissenschaft diejenigen Umstände zu er- 
forschen, welche zur Erhaltung der nützlichen Arten dienen 
können; dann lehrt sie, den natürlichen Colonien auf hal- 
bem Wege entgegenzukommen und sie freundlich aufzuneh- 
men, um hernach in verrätherischer Weise den materiellen 
Nutzen mit leichter Mühe davonzutragen. Bedeutende In- 
dustriezweige sind bereits darauf begründet, dass der Mensch 
es gelernt hat, auf diese Weise den Instinkt der Thiere zu 
benutzen; es ist aber noch vieles zu thun übrig, und hierzu 
geben die Acclimatisationsvereine die Anregung. Jedoch 
nicht allen praktischen, sondern auch rein wissenschaftlichen 
Zwecken bietet die Acclimatisation eine nothwendige Hülfe: 
Die verehrlichen Mitglieder entsinnen sich gewiss des hierauf 
bezüglichen, Bd. I., S. 90 enthaltenen Vortrages des Herrn 
Dr. Müller. Aber nur langsam wird die Acclimatisation 
fortschreiten können; die Acclimatisations- Vereine werden 
vielleicht lange suchen müssen, bis sie Gegenstände aufge- 
funden haben, deren Einführung und Verbreitung besonders 
wichtig ist. 

Die Auffindung solcher Produkte ist allerdings eine 
schwierige Aufgabe; die vielfachen Nachforschungen, welche 
man angestellt, werden aber sicher nicht ganz erfolglos sein. 
Wenn es auch nicht häufig vorkommt, dass man im Stande 
ist, die Welt durch die Verbreitung eines so wichtigen Pro- 
duktes zu bereichern, wie z. B. die Kartoffel ist, so giebt 
es doch minder wichtige, welche im Stande sind, die auf 
sie verwandte Mühe durch reichen Segen zu lohnen. Nicht 
etwa die Verdrängung anerkannt nützlicher Gegenstände bil- 
det den Zweck der Acclimatisationsvereine, sondern die Ver- 
breitung des Guten neben dem Guten. 
| Seit der Gründung dieser Vereine sind viele Versuche 
- in dieser Richtung gemacht worden, von denen freilich, wie 
dies nicht anders sein kann, manche erfolglos waren. Ge- 
länge von Hunderten aber auch nur ein einziger Versuch, 
er würde eine Entschädigung für die übrigen in sich tragen. 


86 


Und misslänge selbst dieser eine Versuch, so wären die ne- 
gativen Resultate durch einen reichen Schatz von Erfahrun- 
gen nicht zu theuer erkauft, der, mit geringen Opfern ein- 
zelner erzielt, bestimmt ist, die Mit- und Nachwelt vor 
nutzlosen grösseren Opfern zu bewahren. Denn das ist ge- 
rade ein Vortheil, der durch die weite Verzweigung der 
Acclimatisationsvereine und durch den guten Willen ihrer 
Mitglieder bedingt wird, dass sie im Stande sind, ihre Ver- 
suche in den verschiedensten Gegenden zugleich anzustellen, 
wodurch natürlicherweise die Frfahrungen vielseitiger und 
bei Schlussfolgerungen um so sicherer werden. Die Vereine, 
welche hierzu einander die Hand reichen, sind, ausser dem 
pariser die Acclimatisationsvereine zu Grenoble und Nancy, 
gegründet 1854; der Acclimatisationsverein für die königlich 
preussischen Staaten in Berlin und das ägyptische Acclima- 
tions-Comite zu Alexandrien, 1856 gestiftet; der kaiserlich 
russische Acclimatisationsverein in Moskau, entstanden aus 
den 1857 gegründeten zoologischen und botanischen Comites. 
In Frankreich und den französischen Colonien bestehen zu- 
dem zahlreiche Acclimatisations-Comites, welche sich, nebst 
31 anderen landwirthschaftlichen, Gartenbau-, industriellen 
und ähnlichen Vereinen in Frankreich, Nassau, Oesterreich, 
Piemont, Polen, der Schweiz und. Spanien dem pariser Ver- 
eine angeschlossen haben, der ausserdem zahlreiche Delega- 
tionen in fast allen Ländern gestiftet hat. Nicht ganz so 
ausgedehnt ist die Wirksamheit unseres Vereins, der hoffent- 
lich die Anregung zur Bildung mit ihm zusammenwirkender 
Vereine gleicher Tendenz in den übrigen deutschen Staaten 
gegeben haben wird. Wenn aber auch nicht alle Acclima- 
tisationsvereine die Mittel zur gleichen Ausdehnung ihrer 
Verbindungen besitzen, so ist doch der gemeinsame Zweck 
aller ein so starkes Band, so sind die Wechselwirkungen 
untereinander so rege, dass nicht eine bedeutende Einfüh- 
rung gemacht wird, ohne dass alle an den Versuchen theil- 
nehmen. 

Von den Erfahrungen der Acelimatisations-Vereine soll 


A ki ee ee ee A ee Kae De 


87 


die Welt Nutzen ziehen; es darf uns daher nicht wundern, 
wenn ausser diesen, auf rein gemeinnütziger Grundlage be- 
ruhenden Vereinen sich Institute oder Gesellschaften 
bilden, die mehr oder minder auf Geldspeculationen begrün- 
det sind oder sonstigen Privatzwecken dienen. Einzelne der- 
selben sind berufen, der Acclimatisation wesentliche Dienste 
zu erzeigen durch Anlage von Acclimatisations- Gär- 
ten und durch die praktische Anwendung der Erfahrungen 
jener Vereine, Vor anderen hingegen, welche sich nur da- 
durch auszeichnen, dass sie den Ruf, dessen die Acclima- 
tisations-Vereine geniessen, zu ihrem Vortheile missbrau- 
chen, indem sie das Wort Acclimatisation gleichsam als 
Aushängeschild benutzen und das Publikum durch geschickte . 
Namensverwechselungen irre führen, wird man sich hüten 
müssen, 

Werden die Acclimatisations-Vereine im Stande sein, in 
kürzester Frist Resultate zu erzielen, zu deren Erreichung 
bis jetzt Jahrhunderte erforderlich waren? Nur die Zeit 
allein kann diese Frage richtig beantworten; einem Jeden 
wird aber einleuchten, dass, sobald sich die Thätigkeit ver- 
einter Kräfte auf eine Aufgabe concentrirt, ein bedeutender 
Schritt zur Lösung derselben geschehen ist. Erwähnen wir 
nur kurz, welche Versuche die Acclimatisations-Vereine seit 
den wenigen Jahren ihres Bestehens gemacht haben. Mehr 
als hundert Arten von Gewächsen wurden zwischen verschie- 
denen Ländern ausgetauscht oder in Europa einzuführen ver- 
sucht; unter ihnen die Dioscorea batatas, das chinesische 
Zuckerrohr oder Sorgho (Holcus saccharatus), einige Kar- 
toffel-, Reis- und Tabackssorten, eine bedeutende Menge 
von Obst- und Zierpflanzen. Aus dem Thierreiche wurden 
theils erfolgreiche Einführungsversuche des Yak (tibetani- 
scher Grunzochse), der ägyptischen und Angora-Ziege, des 
Alpaca und Wrußaschafs, einiger Gallinaceen und Schwimm- 
vögel, des australischen Kasuar und des Nandu, des Dro- 
medars (nach Brasilien) u. s. w. gemacht, während zu glei- 
cher Zeit Kreuzungen mit bereits acclimatisirten Thieren 


88 


angestellt oder heimische Thiere veredelt wurden. Die Bie- 
nenzucht war der Gegenstand interessanter Beobachtungen, 
die künstliche Fischzucht, der Seidenbau und andere Agri- 
kulturzweige haben der Mitwirkung der Acclimatisations- 
Vereine manches zu verdanken, namentlich der zuletzt ge- 
nannte Erwerbszweig; denn niemals wurden gleichzeitig so 
vielfache Versuche gemacht, um durch Einführung Seide lie- 
fernder Insekten die Kleidungsstoffe wohlfeiler herzustellen. 
Kurz, wir können damit schliessen, es bedurfte nur der 
einen Anregung zur richtigen Zeit, um die eivilisirte Welt 
zu den vielfältigsten Acclimatisationsversuchen zu veranlas- 
sen und den lange gehemmten Fortschritt auf diesem Felde 
rasch herbeizuführen. 


Bombyx Ricini. 


I. Bericht über das Ergebniss der Ueberwinte- 
rung der am 10. April 1860 in Brut gebrachten 
| Cocons. 


Von den im Herbste v. J. gesponnenen Cocons wurden 
am 10. April d. J. die unten angegebenen Anzahlen mit an- 
deren, während des Winters gewonnenen zusammen in ein 
Warmpflanzenhaus gebracht, in welchem durch Gazerahmen 
über der Heizung ein Raum abgesperrt worden, der seine 
besonderen Temperaturen hatte und die meist höher, nie 
tiefer als die des Glashauses im Allgemeinen waren. Jeden 
Tag wurden nach einem Thermographen die Minima und 
Maxima vermerkt. Das Mittelmaass war, in ganzen Zahlen, 
bei den ersteren 15, die Schwankungen erreichten 12 und 
19; das Mittelmaass der letzteren 24, die Schwankungen 
zwischen einmal 20 und einmal 32. Die mittlere Tempera- 
tur war genau 19,8° R. 


89 


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säumt. 
b. 1245| 7/10. „ | 203 | 27/4.118|155 | 50,8 | ? | ?. ‚|Desgl. N Fla- 
schen! 
e. 1295| 26/10. „ | 186 |29/4.|20 )124 | 40,6 [7/5.117/5. 
| 
d. 1245) 27/10. „ | 184 | 28/4.\119|144 | 47,2 6/5.116/5. 


e. 1620) 7/11. „ | 144 Hug 21400 | 64,5 6/5. 16/5. 


£ | 50 2/1. 60! 190 | 1/5.122| 34 | 68,0 6/5. 19/8. 


Ba 
g. 134| 25/2. „| 60 ahde 16| 134 |100 1? ı ? |Vermerke ver- 


| säumt. 


Im Allgemeinen tritt hervor, dass je älter die Cocons, 
desto weniger Schmetterlinge, und erscheint auch natürlich. 
Der Umstand aber, dass der Satz b. so auffallend mehr 
Schmetterlinge gab als a., der doch nur um 5 Tage älter, 
und die in c. und d. beobachteten nochmaligen Rückschläge 
rufen mir einen höchst beachtenswerthen Umstand in das 
Gedächtniss zurück. Während der den Gärtner sehr in An- 
spruch nehmenden Herbstzeit war ich nicht gleichförmig mit 
meinen Cocons verfahren. Satz a. war nämlich (auf frühere 
Beobachtungen hin) am ten Tage nach dem Zuspinnen (Fest- 
werden) der Cocons in einen Eiskeller gestellt, Satz b. hin- 
gegen erst am 7ten, war also längere Zeit in der da- 
mals mittleren Temperatur 16° geblieben. Die vorerwähnte 
Absperrung eines gesonderten Raumes war noch nicht für 
sich heizbar, und ich durfte der Pflanzen und konnte der 
Heizung eines Kanales wegen nicht höher gehen. Die Sätze 
c. und d. wurden wieder als 5 Tage alte Gespinnste in das 
Kühle gebracht, und es würde sich deren Rückschlag _da- 
durch erklären, dass sie nicht ganz so ausgebildet gewesen; 


*) Mit Ausnahme von b. in offenen Gefässen bewahrt. 


90 


noch weniger mussten die des Satzes a. gewesen sein, ver- 
muthlich weil deren Verpuppung in noch minderer Tempe- 
ratur hat geschehen müssen. 

Sorgsame Züchter, die den Raupen besondere und zweck- 
. gemässe Räume werden geben können, werden leicht im 
Stande sein, darüber zu entscheiden, wie lange Zeit und in 
welchen Wärmen Herbstcocons die erforderliche Reife zur 
Ueberwinterung erlangen. Vorläufig erscheint rathsam, von 
der letzten Häutung an 8 oder 9 Tage zwischen .O und 25° 
zu gewähren, ohne, wie ich es gewesen, besorgt zu sein, 
dass die frischen Puppen durch 4—5 Tage Verweilens in 
solcher Temperatur gleichsam angebrütet und so geschädigt 
werden könnten, wenn sie dann kühl gehalten werden müs- 
sen. Möglich ist, dass Il Tage noch besser als 9, wahr- 
scheinlich aber, dass diese vollkommen ausreichen, wenn 
die Mittelwärme 23°. | 

Der Satz b. war in verpichten weithalsigen Flaschen be- 
wahrt worden, und beut dadurch noch die Belehrung, dass 
dies Verfahren ganz zulässig, also da anzuwenden, wo nur 
feuchte Keller als kühle Ueberwinterungsräume zu Gebot 
stehen. 

Der Eiskeller wurde nur so lange benutzt, als andere, 
in Folge ihrer flachen Lage, noch nicht die stätige Tempe- 
ratur gewähren konnten, welche ich einstweilen für ange- 
messen erachte, und ich lege jenem keine besondere Bedeu- 
tung bei. Die Eiskeller- Temperatur war regelmässig 5° R., 
die Uebersiedelung nach dem Hauskeller fand im December 
. statt. Derselbe ist trocken und gedielt, wurde durch Lüf- 
ten und Sperren im Mittel 5° gehalten, wobei aber Schwan- 
kungen zwischen 4 und 7° nicht vermieden werden konnten. 

So unvollkommen und gleichsam fahrlässig der Ueber- 
winterungsversuch durchgeführt worden, so beweiset er doch, 
was er darthun sollte: die Möglichkeit der Aufbe- 
wahrung lebender Puppen während der (6—7) Win- 
termonate behufs der Frühjahrszucht, also die Zu- 
Jlässigkeit des Umgehens der kostspieligen Winterzuchten. 


ee a . 


91 


Von den Gespinnsten jedes Satzes sind kleine Mengen 
noch 3 Wochen länger im Keller gehalten worden, aus de- 
nen am 21. Mai der erste Schmetterling erschlüpft, am 22. 
mehr und bereits ein Paar gehangen, am 23. (heute) über- 
haupt aus 84 Cocons 41 Schmetterlinge erschlüpft und 15 
Paar hangend waren. 

Schliesslich möchte ich noch darauf hinweisen, dass die 
Herbstpuppen sehr wohl Mitte März in Brut gebracht wer- 
den dürfen, wenn man Weberkarden (Dipsacus) angebaut, 
Flieder (Syringa), Petersstrauch (Symphoria) und Ebre- 
schen-Spiraea (Spir. sorbifolia) zur Verfügung hat, mit de- 
nen allein man eine Generation durchfüttern kann, obgleich 
Ricinus das beste Futter bleibt. Für weitere Auskunft er- 
laube ich mir auf meine Abhandlung „die Pflege des Rici- 
nusspinners* zu verweisen. 

° Pfaueninsel, den 23. Mai 1860. 
G. R. Fintelmann. 


Künstliche Fischzucht, 


Dieser interessante Zweig künstlicher Aufzucht, zwar 
längst bekannt, wissenschaftlich erforscht, auch hier und 
da im Kleinen, in Schottland aber schon längst im Gros- 
sen praktisch geübt, hat erst in neuerer Zeit auch bei uns 
allgemeine Aufmerksamkeit erregt. Die Brutanstalten zu 
Hüningen, Paris, München, die darin gewonnenen Resul- 
tate, praktischen Erfahrungen und daraus hervorgegangenen 
Schriften weckten das Interesse dafür, um so mehr, als 
mancherlei Ursachen eine sehr auffallende Abnahme der Fi- 
sche herbeigeführt haben. Nicht nur, dass ihr Fang häufig 


4 zur Laichzeit geschieht, mit ihnen also Millionen Eier zu 


künftigen Generationen vernichtet werden; auch Fabriken 
mit ihren schädlichen Abflüssen, Uferbauten, Dampfschiffe 
etc. hindern die Vermehrung. Dem abzuhelfen, dazu soll 
und kann die künstliche Aufzucht der Fische beitragen in 


92 


einem Maasstabe, der von der Theilnahme daran abhängt. 
Anleitung und Belehrung dazu zu geben, ist die Aufgabe 
der landwirthschaftlichen und der Acclimatisations -Vereine 
geworden, und nur zu diesem Zwecke kann der Betrieb von 
ihnen selbst geübt werden. 

Im Hinblick auf Frankreich und Bayern ist in unserem 
engern Vaterlande für Wiederbevölkerung der Flüsse durch 
künstliche Befruchtung und Ausbrütung des Laichs edler Fi- 
sche, ungeachtet vielseitiger Anregungen und günstiger Er- 
fahrungen, seither nur wenig geschehen. Und doch wäre 
dies bei der immer merklicher werdenden Abnahme der Fi- 
sche in unseren von Dampfschiffen dnrchwühlten Gewässern, 
deren stete Aufregung kein Ausbrüten des Laichs gestattet, 
nicht aber den bereits ausgebrüteten jungen Fischen beson- 
ders nachtheilig ist, so äusserst wünschenswerth. Es sind 
‘nur noch die kleinen Nebenflüsse und Bäche, welche den 
darin niedergelegten Fischeiern Schutz und Ruhe zur Bele- 
bung gewähren und die grösseren Flüsse spärlich bevölkern. 
Fische sind eine Luxusspeise geworden, während sonst auch 
dem Aermsten diese gesunde, wohlschmeckende Nahrung ge- 
stattet war. Wollen wir wieder dazu gelangen, so muss 
entweder, wie in Frankreich und Bayern, der Staat mit sei- 
nen reicheren Mitteln, durch grössere Etablissements unter 
seiner Aegide, mitwirken, oder umfangreicher als bisher, 
durch vereinigte Kräfte, das Ausbrüten des künstlich be- 
fruchteten Fischrogens Behufs Versetzung der jungen Brut 
in die Flüsse, im grössern Massstabe erfolgen... Selbstver- 
ständlich wird man hierbei nur auf die Vermehrung der ed- 
leren Fische, Salmen, Lachsforellen, Sälmlinge etc. hinwir- 
ken, und diese laichen in den drei ersten Monaten des Jah- 
res, erfordern ein Wasser niederer Temperatur und der Ro- 
gen derselben ist zu weiten Versendungen vollkommen ge- 
eignet, nicht aber die junge Fischbrut, deren weiter Trans- 
port fast unmöglich ist. Die Ausbrütung solchen Rogens im 
Freien durch anhaltend fliessendes reines kaltes Wasser fin- 
det oft Schwierigkeiten und ist ebenso dem nachtheiligen 


93 


Wechsel der Temperatur, wie der Gefahr muthwilliger Be- 
schädigung ausgesetzt. Insbesondere eine im Jahre 1857 ge- 
machte traurige Erfahrung letzter Art veranlasste den als 
stellvertretenden Director der Section Fischzucht im land- 
wirthschaftlichen Verein für Rheinpreussen und als Vorsteher 
dieser Section im Local-Verein Coblenz fungirenden Rech- 
nungsrath Krauseneck daselbst, seine bereits gewonnenen 
Erfahrungen auf zweckmässige Construction eines Apparats 
zu verwenden, um mit gewöhnlichem Brunnenwasser in einem 
ungeheizten Zimmer das Brutgeschäft überall vornehmen zu 
können und dabei Pflege und Beobachtung leichter und an- 
genehmer zu machen. Dies ist ihm denn auch so vollkom- 
men gelungen, dass durch seinen Apparat bei dem Local- 
Verein Coblenz im März d. J. mehrere Tausend Salmen, 
Lachsforellen, Sälmlinge und Bachforellen mit Leichtigkeit 
und geringer Bemühung im Zimmer nicht nur ausgebrütet, 
sondern auch seither im besten Gedeihen erhalten worden 
‘sind.. Dieser Apparat ist zugleich vollkommen geeignet, die 
jungen Fische noch Monate lang darin aufzuziehen und zu 
ernähren, ehe sie ihrem künftigen Aufenthaltsorte überge- 
ben werden. 

Auch in diesem Jahre wurden durch denselben 800 See- 
lachse und Rheinsalmen aus Eiern gebrütet und bis zu 1% Zoll 
Länge aufgezogen, wovon im Monat Juni ein Theil dem Hrn. 
Gutsbesitzer Caspers zu Lucasmühle zur Besetzung seines 
dafür sehr geeigneten, durch kaltes Quellwasser gespeisten 
grossen Teiches übergeben, der andere Theil aber in den 
Rhein ausgesetzt worden ist. Aber .nur durch vielseitige 
gleiche Leistungen kann mit der Zeit eine merkliche Ver- 
mehrung unserer Fische erlangt werden. 

Wer während einiger Stunden des Tages eine mühelose, 
sehr interessante, die Natur in ihrem verborgenen Wirken 
beobachtende Beschäftigung sich verschaffen will, dem ist 
die künstliche Fischzucht mittelst des Stuben-Brutapparats 
zu empfehlen, dem Besitzer geeigneter Gewässer aber auch 
des Nutzens wegen anzuratlıen, und. sicher wird Keiner es 


94 


bereuen, sich damit befasst zu haben. Anleitung und Be- 
lehrung dazu, sowie Zeichnung und Beschreibung des we- 
nig kostenden Apparates, welcher mit Brunnenwasser ge- 
speist wird, werden von dem Local-Vereine Coblenz stets 
bereitwilligst ertheilt. Auch für die Beschaffung befruchte- 
ter Eier von edlen Fischen kann bei frühzeitiger Anmel- 
dung bis spätestens Anfangs November von demselben ge- 
sorgt werden. 

Herr Krauseneck hatte am 4. Januar c. 230 Eier der 
grossen Seeforellen (Salmo lacustris) und am 7. Januar ce. 
700 Eier des Rheinlachses in bereits befruchtetem und an- 
gebrütetem Zustande erhalten und solche in der Zeit bis zum 
29. Januar c. bis auf wenige verdorbene Eier auf seinem Ap- 
parate ausgebrütet. Die erste Ausschlüpfung einer Seefo- 
relle erfolgte bereits am 18. Januar. Am 10. März war bei 
sämmtlichen Fischen die Nabelblase verschwunden und die 
Fütterung mit gekochtem, dann gedörrtem und zu Pulver 
zerriebenem Rindfleische begann und wurde bis zum 5. resp. 
12. Juli e. fortgesetzt. Während der Brutzeit betrug die Stu- 
benwärme zwischen 5—10%° R., die des Brunnenwassers, 
womit der Apparat gespeist ward, zwischeu 5—8° R. Der 
Abgang durch Absterben der ausgebrüteten Fische war höchst 
unbedeutend, kaum 5 pCt, nahm aber im Juli, wo die Stu- 
benwärme auf 20° gestiegen war und eine niedrige Tempe- 
ratur des Wassers trotz häufigerer Auffrischung desselben 
nicht zu erhalten war, mehr zu, so dass dadurch die Noth- 
wendigkeit entstand, die Fische, welche eine Länge von 
1% Zoll erreicht hatten, theils in den Rhein auszusetzen, 
theils in dem bei der Lucasmühle bei dem Dorfe Mülheim, 
2 Stunden von Coblenz gelegenen, dem Gutsbesitzer Cas- 
pers zugehörigen Teiche unterzubringen. Dieser mehrere 
Morgen grosse, an einigen Stellen 18 Fuss tiefe Teich er- 
hält sein Wasser aus einem nahen Bergquell und hat zu- 
gleich eigene Quellen des reinsten kalten Wassers, ist frei 
von Raubfischen und ganz geeignet für die eingesetzte junge 
Brut. Das Problem des Transports der jungen Fische auf 


95 


2 Stunden Weges bei 20° Luftwärme ist dadurch gelungen, 
dass solche in einer offenen, mit frischem Brunnenwasser 
gefüllten Wasserbütte, welche mit einem groben, stark ge- 
nässten Tuche gegen die äussere Wärme geschützt, von einer 
darin geübten Frau auf dem Kopfe ohne besondere Erschüt- 
terung getragen, und das Wasser der Bütte durch in einem 
kleinen Blecheimer mitgenommenes Eis alle 15 Minuten ab- 
gekältet wurde. Nur 2 Fischchen haben den Transport nicht 
ausgehalten, alle übrigen kamen munter an ihrem neuen 
Wohnorte an und wurden nach vorherigen langsamen Mi- 
schungen mit dem neuen Wasser in dieses abgesetzt, des- 
sen tiefe und kalte Stellen sie sehr bald in geschlossenen 
Haufen aufsuchten. Dies geschah am 5. Juli. Am 12. Juli 
wurde der Rest der Fische, etwa 400 Stück, dem Rheine 
übergeben, in welchem sie ebenfalls bald die tiefen kühlen 
Stellen zum Aufenthalte wählten. 

Wünschenswerth wäre es, durch reichere Mittel als uns 
zu Gebote stehen, in grösserm Maasse auf Vermehrung der 
Fische zu wirken. Wir können und müssen uns auf Anre- 
gung und Belehrung beschränken und nur in diesen unzu- 
reichenden Grenzen den Betrieb künstlicher Fischzucht selbst 
betreiben. Soviel Theilnahme im Publikum sich auch hier 
durch Besuche des Brutapparats kundgegeben hat, und so 
höchst interessant auch die durch den Stubenapparat so sehr 
erleichterteBeobachtung der Natur in ihrem verborgenen Wir- 
ken ist, dennoch wollte es nicht gelingen, auch Andere zu 
selbstthätiger Fischerzeugung für die entvölkerten Flüsse zu 
bewegen. Was nur dem allgemeinen Nutzen dient, nicht 
dem Privatinteresse, wird auch nur durch allgemeine Mittel 
kräftig gefördert. 

Coblenz, den 13. August 1859. 
Die RE TRN des Landwirthschaftlichen Vereins 
für Rheinpreussen. 
(gez.) Ereiherr von Hilgers. Kruseneck. 


96 


Bericht über: den nordamerikanischen wilden Reis. 
Vom Consul Friedrich Kühne. 


New-York, Mai 1860. 

Obwohl einheimisch in den Vereinigten Staaten und in 
grossen Strecken derselben wildwachsend, ist es dem Wild 
Rice (Zizania aquatica) erst vor kurzem gelungen, das Auge 
des Ackerbauers auf seine Verdienste zu lenken. Der In- 
dianer zwar, und der Pionier der Wildniss, hat die vor-_ 
züglichen Eigenschaften dieser Pflanze längst gekannt, und 
wenn er sich auch mit der Cultur ‘derselben keine Mühe 
gegeben hat, so wusste er sie doch stets als Nahrungsmit- 
tel zu schätzen und zu benutzen. 

Anders ist es geworden, seitdem das Agricultur-Depar- 
tement des Patent-Bureaus zu Washington auf die Wich- 
tigkeit des Zizania aquatica als Anbaumittel gewisser Sumpf- 
und wasserreicher Gegenden aufmerksam gemacht und in je- 
der Beziehung Culturexperimente mit demselben zu fördern 
gesucht hat. Denn nicht nur, dass man jetzt das wirklich 
Gute des so lange vernachlässigten Wild Rice anerkennt, 
nein, in manchen Theilen des Westens der Union erwartet 
man von ihm sogar bei weitem mehr, als er zu leisten im 
Stande ist. Indessen soviel steht fest, dass in mittleren 
Breitenstrichen, überall da, wo sich ein gelegentlichen Ue- 
berschwemmungen ausgesetzter und überhaupt wasserreicher 
Boden von lehmiger und fetter Beschaffenheit findet, der 
Anbau des Zizania aquatica am Platze ist und die geringe 
auf ihn zu verwendende Mühe reichlich lohnt. Er verlangt, 
wie aus dem Gesagten ersichtlich, im Allgemeinen densel- 
ben Boden, als der echte Reis (Oryza sativa), nur mit dem 
Unterschiede, dass er in ungleich rauheren Gegenden fort- 
kommt und daher z. B. in den nördlichen Theilen Deutsch- 
lands, in Hannover, Mecklenburg, Oldenburg, Holstein etc. 
vorzüglich gedeihen wird. 

Da es in Deutschlaad also keineswegs an Gegenden fehlt, 
in welchen der Bau des Zizania mit grossem Glücke betrie- 


97 


ben werden und er’einen wesentlichen Zuwachs bieten dürfte, 
sowohl eines guten Futterkrautes, wenn grün geschnitten, 
als eines guten menschlichen Nahrungsmittels, wenn zur 
Ausbildung der Frucht stehen gelassen, so hält der Consul 
es für seine Pflicht, in Nachstehendem einen kurzen Bericht 
über die Eigenschaften, den Fundort und die mit dieser 
Pflanze angestellten Culturversuche zu erstatten. 

Es gehört der wilde Reis zu der Ordnung der Gräser, 
und ist er in den verschiedenen Strecken der Vereinigten 
Staaten bekannt als Tuscarora-rice, Indian-rice, Wild-rice, 
Water-oats (Wasserhafer) und wissenschaftlich als Zizania 
aquatica, Sein Verbreitungsgürtel erstreckt sich südlich bis 
Kentucky und Arkansas, nördlich bis zu den fünf grossen 
Seen und Wiscousin, und wächst er auf einem marschigen 
Boden,‘ welcher mit einem Wasserspiegel von 2 bis 9 Fuss 
bedeckt sein kann. Am besten jedoch gedeiht er in einem 
sehr langsam fliessenden Wasser von 1% bis 5 Fuss Tiefe — 
niemals aber hat man ihn in stehenden Sümpfen oder in 
starken Strömungen gefunden. In vollkommen trockenem Bo- 
den kommt er gleichfalls nicht fort, und zum wenigsten 
müssen seine Wurzeln fortwährend feucht stehen. 

Der Halm des Grases ist 3 bis 12 Fuss lang, endigt in 
pyramidalförmig stehenden Zweigen und trägt auf den un- 
teren derselben männliche, auf den oberen weibliche 
Blüthen. Zur Zeit der Blüthenreife steigt der Blüthenstaub, 
weil leichter als die atmosphärische Luft, in die Höhe, um 
das Pistill zn befruchten. 

Der Anbau des wilden Reis ist so einfach als möglich; 
der Samen wird auf den durchaus in keiner Weise vorbe- 
reiteten Boden, welcher nur von der vorher erwähnten Be- 
schaffenheit sein muss, gleich jedem andern Grassamen aus- 
gestreut und dann seinem Schicksal überlassen. Wenn ein- 
mal an einem Platze zur Reife gekommeu, braucht er nie 
wieder gesäet zu werden, denn das Korn sitzt so lose in 
der Fruchthülse, dass beim Einernten stets genug Aussaat 
zu Boden fällt. 


1860. Bd. III, 7 


98 


Grün geschnitten ist Zizania aquatica ein vorzügliches, 
vom Rindvieh sehr geschätztes Futter, und Kühe waten oft 
tief ins Wasser, um sich daran zu delectiren. Als Weide- 
futter und zur Verbesserung von Sumpfwiesen ist daher der 
wilde Reis sehr wohl zu benutzen, wenn auch unter Um- 
ständen, sobald er eben in fliessendem und einige Fuss tie- 
fem Wasser gebaut wird, das Heumachen etwas schwierig 
sein dürfte. 

Lässt man ihn zur Reife kommen, so kann man gegen 
Mitte September zur Ernte schreiten, doch muss man hier- 
bei einige Vorsichtsmassregeln trefien, um nicht eine zu 
grosse Menge Samenkörner verlieren zu müssen, die. bei 
vollständiger Reife des Samens bei der geringsten Berüh- 
rung schon zu Boden fallen. Die Indianer ernten in folgen- 
der Weise: „Ehe der Samen seine völlige Reife erlangt. hat, 
gehen oder fahren in einem Canoe (je nach den Umständen) 
einige Indianerfrauen in die Reisfelder hinein und binden 
ein paar Büschel Gräser in der Mitte der Halme zusammen. 
Hierdurch verhindern sie, dass der Wind die einzelnen Sa- 
menähren gegen einander schlägt und ausdrischt, sowie das 
Herunterhängen der gegen die Reife hin schwerer werden- 
den Aehren in das Wasser. Ist der Samen reif genug ge- 
worden, so wird ein Bündel der Gräser nach dem andern 
in das Conoe oder in einen Korb hineingebogen, mit einem 
paar Stockschlägen ausgeklopft und so an Ort und Stelle 
ausgedroschen. Die Fruchthülsen von den Samenkörnern ganz 
zu befreien ist hiernach ein leichtes Ding und geschieht 
durch Sieben oder durch Schlagen in einem Ledersack.“ 

Das Samenkorn des wilden Reis ist durchscheinend 
und grün gefärbt, und von der Grösse und der Form eines Ha- 
ferkornes oder ein wenig grösser. Seine Verwendungsweise 
als Nahrungsmittel ist die des gewöhnlichen Reis (Oriza sa- 
tiva), den es an Schmackhaftigkeit in jeder Weise über- 
trifit. — Im Frühjahr gewährt es das Hauptnahrungsmittel 
für alle Indianerstämme, welche in Wiscousin und Michi- 
gan um die dortigen Seen herumwohnen. 


99 


Zum Fettmachen von Enten und Gänsen dürfte sich der 
wilde Reis sehr empfehlen; in den Marschen von Illinois, 
Indiana, Wiscousin und Michigan werden jährlich über eine 
halbe Million Enten geschossen, die, vom Samen des wilden 
Reis fett geworden, in den Märkten von New-York, Boston 
und Philadelphia sehr geschätzt werden. In den Wilden- 
Reis-Marschen der Sandusky-Bay leben und gedeihen, nach 
der Versicherung eines amerikanischen Ornithologen, nicht 
weniger als 27 Varietäten und Arten der Ente. 

Einmal völlig trocken geworden, verliert der 
Samen alle Keimfähigkeit und muss der zur Aus- 
saat bestimmte fortwährend feucht erhalten wer- 
den. Am besten hält man ihn in feuchtem Moos, 
das man von Zeit zu Zeit anwässert. 

Der Ertrag eines amerikanischen Ackers ist etwa 50 Bu- 
shel durchschnittlich und der Preis eines Bushels 2—3 Dollars. 

Von allen in der letzten Zeit durch Culturexperimente 
in den vereinigten. Staaten bevorzugten Agriculturproducten 
verdient neben dem chinesischen Zuckerrohr, dem 
Sorgho, der wilde oder Indianer-Reis (Zizania aqua- 
tica) genannt zu werden. Ist die Möglichkeit seines An- 
baues (wegen der nothwendigen Nässe des Bodens), sowie 
auch sein Nutzen beschränkter, als es beim Sorgho der Fall 
ist, welcher wohl jede Aufmerksamkeit der Agrieulturisten 
hier und in Europa verdient, so können doch durch den 
Wasserhafer Gegenden dem Ackerbau dienstbar gemacht wer- 
den, welche demselben jetzt ganz verschlossen liegen. 

Landwirthschaftliche Vereine, welche Versuche mit der 
Cultur dieser Pflanze machen wollen, dürfen sich wegen Be- 
stellung von Samen nur an mich wenden, da ich mir im 
Interesse deutscher Landwirthschaft ein Vergnügen daraus 
machen werde, jede mir übersandte Ordre auszuführen. — 
Bestellungen sollten bis spätestens zum August gemacht 
werden, weil der Samen gleich bei der Ernte in die zur Er- 
haltung seiner Keimfähigkeit passende Form gebracht wer- 
den muss und überhaupt bis dato nicht im Handel vorkommt. 

7* 


100 


Die Fortpflanzung des afrikanischen Strausses in 
der Gefangenschaft *). 


Mit gutem Grunde hat dieser Vogel die besondere Auf- 
merksamkeit nicht bloss der Naturforscher, sondern der gan- 
zen eivilisirten Welt auf sich gezogen, nicht bloss weil er 
das grösste Thier seiner Classe ist und ein sehr schönes Ge- 
fieder hat, welches ja, ein Schmuck unserer Damen, so 
theuer bezahlt wird, sondern noch ganz besonders wegen 
seiner grossen Eigenthümlichkeiten im Körperbau, welche 
ihn. selbst vor allen ‚anderen straussartigen Vögeln so aus- 
zeichnen, dass er allein in einer besondern Ordnung zu ste- 
hen verdient. So ist er der einzige Vogel, der ein geschlos- 
senes Becken hat, wie ein Säugethier, und nur mit zwei 
Zehen versehen ist, der grossen Eigenthümlichkeiten seiner 
Fortpflanzungsorgane nicht zu gedenken. Es ist daher ein 
erfreulicher Fortschritt in der Kunst Thiere zu ziehen, wenn 
es gelungen ist, auch den zweizehigen Strauss in seinen An- 
forderungen zufrieden zu stellen, welche er seiner Organi- 
sation gemäss an die Menschen machen muss, die ihn ge- 
fangen halten. 

Dies gelang zuerst Hrn. H. Hardy in hg und dem- 

nächst Hrn Desmeure in Italien. 

Auf der kaiserlichen Baumschule in Hamm bei Algier 
wurden seit langer Zeit Strausse gehalten, wie es scheint, 
um sie nach Frankreich, sobald sie verlangt würden, über- 
zuführen. Die Thiere waren weder paarweise gesondert, noch 
war ihnen ein geeigneter Ort angewiesen, und sie legten 
nicht einmal Eier. Als man darauf zwei Paare in einen et- 
was grössern Raum brachte, kämpften die Männchen viel- 
fach, aber die Weibchen fingen an Eier zu legen. 

Den Eintritt der Brunstzeit erkennt man an der lebhaf- 
ten rothen Färbung der nicht befiederten Hautstellen des 
Männchens, welches auch besondere Töne bei Tag und bei 


nn 


*) Bull. de la Soeiete d’acelim. T. 4 p. 324 et T.7 p. 1. 


101 


Nacht hören lässt, welche man dem Brüllen des Löwen ver- 
glichen hat. Auch macht es seine koketten Bewegungen, die 
man in anderer Weise bei dem Truthahn und Pfau kennt. 
Es hockt sich nieder vor dem Weibchen und pendulirt mit 
dem langen Halse. Auch das Weibchen ist in dieser Zeit 
unruhig, wie man im zoologischen Garten zu Frankfurt a. M. 
beobachtete, legt sich oft auf den Bauch nieder, flattert und 
pickt mit dem Schnabel auf die Erde. 

Vor dem Legen der Eier graben die Strausse ein Nest 
aus, indem sie mit dem Schnabel und durch Kratzen die 
Erde und oft grosse Steine auswerfen. Auch setzen sie sich 
nieder, schieben die Flügel unter den Leib, fassen durch 
‚schüttelnde Bewegung Sand und Steine damit, welche sie 
fortschleudern, indem sie die Flügel plötzlich strecken, nach 
Sitte der Hühner. Demungeachtet kam es sowohl in Algier 
als in Italien vor, dass die Weibchen die Eier nicht in ihr 
mühsam ausgegrabenes Nest, sondern an andere beliebige 
Orte legten. Die Thiere kamen auch hier noch nicht zum 
Brüten, weil der Park nicht ruhig genug war und im Neste 
sich das Regenwasser fing. 

Im December 1856 brachte Hardy das eine Paar an einen 
ruhigeren Ort, der wohl 100 Schritte im Quadrat hielt und 
zur Hälfte mit Bäumen und Buschwerk bedeckt war. Im Ja- 
nuar arbeiteten die Strausse ihr Nest und das Weibchen 
legte vom l5ten ab die beiden ersten Eier ausserhalb und 
dann 12 in das Nest; die Brütung begann, aber der reich- 
liche Regen machte den Thonboden zum Brei, der die Eier 
bedeckte, und die Strausse verliessen das Nest. Hardy liess 
einen Sandhügel an der Stelle desselben aufschütten, und 
wirklich scharrten die Thiere auf demselben im Mai wieder 
ein Nest ein und legten 8 Eier. In den letzten Tagen des 
Juni brüteten sie während einiger Stunden täglich, und vom 
2. Juli ab andauernd. Männchen und Weibchen brüten ab- 
wechselnd , jenes vorzüglich bei Nacht. Wenn sie sich dar- 
auf setzen, betasten sie die Eier mit dem Schnabel, und 
wenden sie häufig um, wie die Hennen, Am 2. September 


102 


lief ein junges, mit weissem Pflaum  bedecktes Strausschen 
am Neste herum. Nach vier Tagen hörten die Alten ohne 
weiteren Erfolg zu brüten auf und man fand in 3 Eiern die 
Jungen abgestorben, die anderen 4 enthielten keine, 

Im folgenden Jahre brachte dasselbe Paar 9 Junge aus. 
Auch das andere Paar hat gebrütet. 

In Italien hat der Fürst A. Demidoff einen zoologischen 
Garten in San Donato, wo er auch den Muflon und mehrere 
Antilopen zur Fortpflanzung brachte. Von den Straussen, 
welche hier gehalten werden, fing ein Paar an das Nest zu 
bereiten und zu legen. Doch war auch hier der Ort An- 
fangs so ungeeignet, dass die Thiere ihre Eier: zertraten. 
Desmeure machte hierauf Versuche mit einer künstlichen 
Brütung, welche missglückten. Das Weibchen starb und 
wurde durch ein anderes ersetzt. Unterdessen war die Kunde 
von dem glücklichen Erfolge Hardy’s eingetroffen, und es 
wurde nun ein passender Park nach dessen Angaben einge- 
richtet, von etwa 18 und 30 Schritten Ausdehnung, mit 
Buschwerk und Sand für das Nest. Es waren 10 Eier zur 
Brütung vorhanden. Das Männchen brütete hier allein; das 
Weibchen kam nur, wenn jenes zum Essen fortgegangen 
war, wandte die Eier um und ging dann wieder. Vom 21. 
bis 24. Juni brütete das Männchen nur einige Stunden und 
ging Abends in seine Hütte zum Schlafen, Da verschloss 
Hr. Desmeure ihm ‘die Thür, worauf er zu den Eiern zu- 
rückging und geduldig brütete, bis am 17. August zwei kleine 
Strausse erschienen. Die übrigen Eier waren nicht befruch- 
tet; dies kann seinen Grund darin haben, dass das Weib- 
chen, da es eben von Frankreich herübergekommen war, zu 
bald nach der neuen Verbindung zu legen anfing. 

Das sind die ersten Strausse, welche in Europa gebo- 
ren, die aber eine weitere Aussicht auf fernere Nachkom- 
menschaft eröffnen, denn die zoologischen Gärten mehren 
sich. Der jüngst in Frankfurt a. M. entstandene hält ein 
Straussenpaar, welches auch schon 2 Eier, jedoch mit un- 
vollkommener Schale gelegt hat. Es kann aber wohl sein, 


103 


dass bessere Eier folgen werden, da auch in Algier wie in 
Italien beobachtet wurde, dass gerade die ersten Eier eine 
mangelhafte Schale hatten. Es wird von vielem Interesse 
sein, zu sehen, ob die Straussnatur zähe genug ist, auch 
den Schritt über die Alpen noch so zu ertragen, dass sie 
sich hier heimisch fühlt. Die Kunst hat hier mehr zu lei- 
sten als dort, denn in der That begnügten sich ja die 
Thiere mit. der einfachsten Einrichtung, man 'kann sagen 
mit ‚der Hinwegräumung der gröbsten Hindernisse, an de- 
nen ihre ersten Versuche scheiterten. Der zoologische Gar- 
ten in Frankfurt berechtigt aber zu den besten Hoffnungen, 
da er in so intelligenten und betriebsamen Händen ist. 

Auch in Cöln, Hamburg und Dresden werden zoologische 
Gärten eingerichtet; sie entstehen und bestehen nur durch 
den Willen der Einwohner. Man sieht auch hieran, wie das 
Interesse für die Naturwissenschaften wächst, und es ist 
äusserst erfreulich, wenn die Liebhabereien eine so wissen- 
schaftliche und nützliche Richtung nehmen. 

Hier und dort wird man in dergleichen Gärten durch 
sehr enge Käfige noch an die wandernden Menagerien erin- 
nert, jene unvollkommeneren Vorläufer der zoologischen Gär- 
ten, welche auch besonders durch Dressur und Kunststücke 
den Zuschauer zu ergötzen suchten. Die zoologischen Gär- 
ten sind Acclimatisations -Institute, welche der Natur durch 
künstliche Mittel zu Hülfe kommen; sie stellen sich die Auf- 
gabe, das Thier in seiner Gemüthlichkeit, in seinen Bewe- 
gungen und Sitten zu zeigen, und darin liegt der so grosse 
Reiz dieser Gärten. Die Thiere selbst sollen möglichst zu- 
friedengestellt werden, dass sie sich heimisch fühlen; und 
dass man sich diesem Ziele um etwas genähert habe, dafür 
ist die Fortpflanzung der Thiere, wenn sie bei der ange- 
wandten Behandlung erfolgt, eines der wichtigsten Zeichen. 
Es ist damit stets ein wesentlicher Schritt geschehen, durch 
welchen man erst ein vollständigeres Bild vom Jeben und 
den Sitten des Thieres erhält. Es ist noch nicht lange her, 
dass in den zoologischen Handbüchern gedruckt wurde, der 


104 


Strauss brüte nicht, sondern überlasse dieses Geschäft der 
Sonne. Auch ist dadurch die Möglichkeit gegeben, die Ent- 
wickelung des Thieres wissenschaftlich zu bearbeiten, und 
überdies ist es einträglich für die Gärten selbst. Unter be- 
sonderen Umständen gewährt auch die erzielte Fortpflanzung 
ein sehr hohes Interesse, nämlich das, gewisse Thierarten 
vor dem völligen Aussterben zu bewahren. So wird das 
Riesenkänguruh in Neuholland bereits so selten, dass das 
völlige Aussterben desselben ziemlich nahe zu liegen scheint, 
und die zoologischen Gärten, welche dergleichen Thiere be- 
sitzen, wie z.B. der in Amsterdam, stellen sich natürlich 
die Aufgabe, diese so merkwürdige Thierform‘ der Nach- 
welt zu erhalten. | 

Es ist auch sehr vortheilhaft, sich als Specialität die 
Thiergruppen zur Zucht auszuwählen, welche man vorzüg- 
lich gut zu ziehen weiss, oder wozu die Localität gerade ge- 
eignet ist. So wäre es für Hamburg eine schöne Aufgabe, 
die Säugethiere der Nordsee zu pflegen, namentlich die Rob- 
ben, und dadurch auch eine genauere Kenntniss der geisti- 
gen Kräfte dieser Thiere zu gewinnen, von deren -Anhäng- 
lichkeit an den Menschen ja so abenteuerliche Geschichten 
erzählt werden. Auch ist noch die Aufgabe zu lösen, einen 
Delphin in der Gefangenschaft zu erhalten, welche um so 
mehr Interesse gewährt, als dies noch mit keinem Thiere 
dieser Ordnung gelungen ist. 

Grosse und bequeme Wohnungen für die Thiere sind da- 
her das erste Erforderniss für die zoologischen Gärten, denn 
es ist verdienstlicher ein Thier gut zu halten, als zehn 
Thiere in enge Kasten einzusperren. Für gefährliche und 
für grosse Thiere ist das äusserst kostspielig, und man darf 
deshalb auch seine Anforderungen nicht zu hoch stellen, um 
so mehr, als die meisten derartigen Institute neu eingerich- 
tet sind und für die kurze Dauer auch schon Schönes und 
Anerkennenswerthes geleistet haben. A.M. 


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105 


Entgegnung. 

Als unser Acclimatisations-Verein vor etwa vier Jahren 
ins Leben trat und seine Thätigkeit begann, konnte man 
wohl voraussehen, dass er nicht von allen Seiten gleiche 
'"Theilnahme und gleiche Billigung erfahren würde, ja dass 
seine Bestrebungen, obgleich sie nur den allgemeinen Nut- 
zen bezweckten, doch mannigfachen Angriffen ausgesetzt sein 
würden. Denn jede neue Idee pflegt, ehe sie sich vollstän- 
dig eingebürgert hat, mit entgegenstehenden Ansichten zu 
kämpfen zu haben. Glücklicher Weise hat unser Verein 
hiervon in den ersten Jahren seines Bestehens nur sehr we- 
nig erfahren, es begegnete ihm im Gegentheil überall die 
lebhafteste Theilnahme und das Wohlwollen hoher und höch- 
ster Personen. Nur von einer Seite, von der man es am 
wenigsten hätte erwarten sollen, werden seit einiger Zeit 
beständige Angriffe gegen unsern Verein gerichtet, und es 
fangen dieselben an, eine immer masslosere Gestalt anzu- 
nehmen. 

Diese Angriffe gehen von dem Üentral-Institut für Ac- 
elimatisation in Deutschland aus und charakterisiren sich 
dadurch, dass möglichst Alles, womit unser Verein sich 
beschäftigt, herabgezogen, bemängelt, verdächtigt und wo 
möglich als unbrauchbar dargestellt wird. Obgleich mehrere 
dieser Angriffe ganz öffentlich in den Zeitungen oder öffent- 
lichen Vorträgen geschahen, so sind wir doch nicht gewillt, 
öffentlich darauf zu erwidern, da ein solches Gezänk un- 
möglich der Sache selbst Nutzen bringen kann; unseren Mit- 
gliedern gegenüber indessen halten wir uns für verpflichtet, 
auf diese Angriffe einzugehen. 

Manche unserer Mitglieder werden vielleicht fragen, was 
ist denn das für ein Verein, der sich ‘Central-Institut für 
Acelimatisation in Deutschland nennt und in welcher Be- 
ziehung steht er zu unserm Acclimatisations - Verein für 
die Königl. Preuss. Staaten? Damit hat es folgende Be- 
wandtniss. In dem Vorstande unsers Vereins befanden sich 


106 


bis zum Beginn des Jahres 1859 zwei Herren, durch deren 
lobenswerthe Thätigkeit die Interessen unseres Vereins frü- 
her wesentlich gefördert worden waren; diese Thätigkeit ist 
auch stets von den übrigen Vorstands-Mitgliedern gern an- 
erkannt worden, wenn auch nicht immer die Bemerkung 
unterdrückt werden konnte, dass zuweilen auch persönliche 
Interessen und Antipathien mit den Geschäften des Vereins 
verflochten wurden. Erstere nahmen gegen Ende des Jah- 
res 1858 dermassen zu, dass dadurch die Vorstandssitzun- 
gen nicht selten unangemessen gestört und andere Vorstands- 
Mitglieder verletzt wurden, so dass die Befürchtung nahe 
lag, dass wenn dieser Zustand noch lange fortdauern würde, 
die Geschäftsführung unseres Vereins dadurch. erheblichen 
Nachtheil erleiden würde. In richtiger Würdigung dieser 
Verhältnisse geschah es daher, dass bei der Neuwahl des 
Vorstandes im Januar 1859 die General-Versammlung jene 
beiden Herren nicht wieder zu Vorstands-Mitgliedern .er- 
wählte; ihnen jedoch durch Erheben sämmtlicher Anwesen- 
den den Dank des Vereins für ihre seitherige Wirksamkeit 
aussprach *). | 

Die Folgen dieses Beschlusses der General-Versammlung 
zeigten sich sehr bald, indem die nicht wieder zu Vorstands- 
Mitgliedern erwählten Herren ihren Austritt aus dem Verein 
anzeigten**) und dadurch deutlich bekundeten, dass es ih- 
nen weit weniger um die Sache der Acelimatisation, ‘als 
um ihre Person zu 'thun sei. Zu gleicher Zeit wurde auch 
bekannt, dass sie die Absicht hätten, einen neuen Accli- 
matisations-Verein zu gründen. Wenn nun auch die Grün- 
dung eines neuen Vereins dem ältern nicht gerade ange- 
nehm sein konnte, weil nothwendig die Thätigkeit beider 
Vereine durch eine solche Zersplitterung nur beeinträchtigt 
werden musste, so konnte doch auf der andern Seite ge- 
hofft werden, dass wenn beide Vereine in nahe Beziehung 


*) Siehe Zeitschrift für Acclimatisation Bd. II 8. 2 u. 3. z— 
**) Ebendas. 8.6 u.10. 


107 


mit einander treten würden, da doch beide dasselbe Ziel 
vor Augen hatten, dadurch ein reger Wetteifer entstehen 
und die Sache der Acclimatisation davon Gewinn haben 
würde. Bald aber zeigte es sich, dass diese Hoffnung nicht 
in Erfüllung gehen werde, denn es galt dem neuen Vereine, 
nicht mit dem ältern Vereine, sondern gegen ihn zu ar- 
beiten, ihm möglichst vielen Schaden zuzufügen und den 
Versuch zu machen, ihn vielleicht: gänzlich zu sprengen. 
Die Mittel hierzu musste der Zweck heiligen. Zunächst 
wurde unser verehrter Vorsitzender, der Wirkl. Geh Ober- 
Regierungsrath Dieterici, bewogen, aus unserem Vor- 
stande zu scheiden und dieses Ereigniss wurde schleunigst 
durch die öffentlichen ‘Blätter bekannt gemacht. Die bald 
darauf eintretende Krankheit des Herrn Dieterici, sowie 
sein schneller Tod machten es ihm leider unmöglich, die- 
sen Schritt rückgängig zu machen, sein Bedauern hierüber 
hat er aber mehrmals mündlich zu erkennen gegeben und 
esauch schriftlich ausgesprochen, dass er leider durch Krank- 
heit verhindert sei, an unseren Sitzungen theilzunehmen *). 

Es wurden sodann die in jener General-Versammlung ge- 
brauchten und leider nicht gleich vernichteten Wahlzettel 
dazu benutzt, um soviel als möglich die Vereinsmitglieder 
zu ermitteln, welche obiges Resultat herbeigeführt hatten **), 
es wurden möglichst viele Mitglieder dem alten Verein ab- 
wendig gemacht und am 20. März trat der neue Verein 
unter dem Namen Üentral-Institut für Acclimatisation in 
Deutschland ins Leben. Nachdem so durch geschickte Wahl 
des Namens auch dafür Sorge getragen war, dass recht viele 
Verwechselungen vorkommen möchten, welche natürlich im- 
mer zum Nachtheil unseres ältern Vereins ausschlagen muss- 
ten, kam es, wie es scheint, hauptsächlich darauf an, die 


. "Tätigkeit des Vereins zu verdächtigen und den Nutzen der- 


*) Siehe Zeitschrift für Acelimatisation Bd. II S. 29. 
."*) Ebendas. $. 113. 


108 


jenigen Gegenstände, mit deren Einführung er sich beschäf- 
tigte, herabzusetzen oder ganz zu bestreiten. 

Zum ersten Angriff wurde der bekanntlich von unserem 
Vereine eingeführte Rieinus-Seidenspinner gewählt und be- 
reits in der vierten Nummer der Mittheilungen des Central- 
Instituts erschien ein Aufsatz von Herrn A. Rother gegen 
denselben unter dem Titel: „Ueber die Unmöglichkeit, die 
gewöhnliche Seidenraupe (Bombyx mori) durch andere bis 
jetzt neu eingeführte Arten von Seidenspinnern , namentlich 
Bombyx Cynthia zu ersetzen“ *). 

Wenn man irgend eine Sache verdäcktigen und herab- 
setzen will, so ist es eine bekannte Maxime, Behauptun- 
gen zu erfinden, welche von Niemandem aufgestellt worden 
sind, und diese dann mit grossem ‘Geräusch siegreich zu 
widerlegen. Das geschieht auch hier. Wer die vielen Ab- 
handlungen, welche über den Rieinus-Seidenspinner in. un- 
serer Zeitschrift erschienen sind, gelesen hat, der wird wis- 
sen, dass niemals gesagt wurde, dass derselbe den Maul- 
beer-Seidenspinner ersetzen oder verdrängen sollte, noch 
weniger, dass das Produkt des ersteren auch nur als ein 
Surrogat des letzteren betrachtet werden sollte. Und das 
ist eben ein besonderer Werth des Ricinusspinners, dass er 
nicht in Concurrenz. treten will mit dem Maulbeer-Seiden- 
spinner, denn sein Produkt ist eben ein ganz anderes, als 
das, was man gewöhnlich unter Seide versteht. ‘Herr Ro- 
ther scheint allerdings auch eine Ahnung davon zu haben, 
dass er vielleicht „nach Art eines bekannten Ritters gegen 
Windmühlenflügel kämpfen möchte“, das verhindert ihn aber 
nicht, dennoch tüchtig fortzukämpfen und den Ricinusspin- 
ner, wie er glaubt, siegreich zu Boden zu werfen. ’ 

Es kann nicht unsere Absicht sein, hier den Aufsatz des 
Hrn. Rother zu widerlegen, dem aufmerksamen Leser wi- 


*) Ueber dasselbe Thema hatte Herr Rother bereits in der öffent- 
lichen Sitzung des Central-Instituts am 22. September 1859 einen Vor- 
trag gehalten. 


109 


derlegt er sich in vielen Punkten von selbst. Es soll sogar 
gern zugestanden werden, dass dem Rieinus-Seidenspinner 
im Vergleich mit dem Maulbeer-Seidenspinner noch manche 
Nachtheile ankleben. ‘Er soll jedoch eben nicht mit dem 
letzteren verglichen werden, sondern seine Züchtung wird 
sich vielleicht später zu einem ganz besonderen, von der 
Maulbeer -Seidenzucht getrennten Industriezweige ausbilden. 
— Doch ist es überhaupt noch viel zu früh, über den Werth 
oder Unwerth desselben ein endgültiges Urtheil zu fällen, 
und wir wollen einfach Hrn. Rother fragen, wie sein Ur- 
theil über die Seidenzucht in Preussen etwa 2 oder 3 Jahre 
nach der Einführung des Maulbeer-Seidenspinners gelautet 
haben würde? Obgleich der grosse König sich ausseror- 
dentliche Mühe mit der Einführung desselben gab, Preise 
für die Züchtung aussetzte, dieselbe auch wohl zwangsweise 
einführte, so blieb doch Alles ohne Erfolg, und es war da- 
mals die allgemeine Meinung, dass in Preussen niemals Seide 
gewonnen werden könnte, als etwa höchstens als Curiosität. 
Und heute? Also man hüte sich wohl vor voreiligen ab- 
sprechenden Urtheilen. Wenn es so leicht wäre, gleich je- 
den neuen Gegenstand in vollster Vollkommenheit einzufüh- 
ren, dann würde allerdings die Thätigkeit der Acclimatisa- 
tions-Vereine eine bei weitem angenehmere sein, so aber 
muss sie hauptsächlich darin bestehen, die unbegründeten 
Vorurtheile, welche jede neue Sache gegen sich zu haben 
pflegt, mit Mühe und Ausdauer zu besiegen! 

Ein anderer noch. viel heftigerer Angriff gegen die von 
unserem Vereine beabsichtigte Einführung des amerikanischen 
Wasserreises erfolgte von Seiten des Central-Instituts in der 
Vossischen Zeitung vom 8. December 1859 in einem Berichte 
über eine Vorstandssitzung des genannten Instituts. Es heisst 
darin wörtlich: „Hr. Dr. Klotzsch wies zunächst die Un- 
gehörigkeit der Bezeichnung Zizania aquatica nach und be- 
wies, dass der in Rede stehende Wasserreis vielmehr Hy- 
dropyrum esculentum Link sei. Nachdem er über den Stand- 
ort der Pflanze gesprochen und eine ausführlichere Beschrei- 


110 


bung derselben gegeben, ging er'zu den bereits damit an- 
gestellten Culurversuchen über. Dieselben waren im Allge- 
meinen von sehr widersprechendem Erfolge. In Deutschland 
war dieser nicht von der Gunst oder Ungunst der Witte- 
rungsverhältnisse des Sommers, sondern lediglich von der 
Winterwitterung abhängig; hatten wir einen trockenen Win- 
ter, namentlich mit einem Plattfroste, welcher die seichten 
stehenden Gewässer bis auf den Grund zum Gefrieren brachte, 
so mussten die im Herbste gekeimten Sämlinge gefrieren und 
nicht nur die nächste Ernte, sondern die ganze Generation 
des Wasserreises war für Deutschland dahin und musste 
durch eine neue aus dem ursprünglichen Vaterlande ersetzt 
werden. Dies sind Resultate, welche für die Eingewöhnung 
eines Vegetabils, so vortheilhaft es auch sonst erscheinen 
mag, nicht sprechen. Mag man sich immerhin schmeicheln, 
in Grossbritannien und Irland Oertlichkeiten zu finden, wel- 
che diesen Unbequemlichkeiten während des Winters nicht 
ausgesetzt sind, so steht auf der andern Seite doch fest, 
dass die dortigen Sommer nicht heiss genug sind, um die 
Früchte des Wasserreises zur Reife zu bringen. Die Aceli- 
matisation desselben wird also nur im Süden von Europa 
Aussicht auf Erfolg haben. Giebt es dennoch Leute, die 
von den mitgetheilten Erfahrungen über den Wasserreis nichts 
wissen und sich wundern, dass derselbe nicht schon längst 
bei uns eingeführt sei, so ist dies etwas, das oft genug vor- 
gekommen ist und sich noch: oft genug wiederholen wird. 
Allein nicht zu entschuldigen ist es, die Staatsregierung 
mit dergleichen Dingen zu behelligeu und sich nachher da- 
mit brüsten zu wollen, so etwas durchgesetzt zu haben. 
Dies heisst nichts Anderes, als die Behörden von den Be- 
strebungen betreffender Vereine muthwillig abwendig zu 
machen!“ | 

Ein solcher öffentlicher Angriff gegen die Thätigkeit un- 
seres Vereins in dieser Richtung musste uns um so mehr 
überraschen, als er von Seiten des Hrn. Dr. Klotzsch aus- 
ging, welcher früher so lange in unserem Vorstande thätig 


11l 


gewesen war. Er hatte zwar zu unserem Badauern seinen 
Rücktritt aus unserem Vorstande bereits vor längerer Zeit 
angezeigt, zugleich aber seine fernere Thätigkeit für die 
Zwecke unseres Vereins in Aussicht gestellt. Sein Ausschei- 
den aus dem Vereine selbst hat er uns niemals angezeigt*). 
Wir mussten deshalb wohl mit Recht bezweifeln, ob eine 
solche Veröffentlichung seiner der Einführung des Wasser- 
reises entgegenstehenden Ansichten in einer sehr verbreite- 
ten Zeitung mit seiner Zustimmung erfolgt sei. Unser Vor- 
stand fand sich daher veranlasst, bei ihm in einem Schrei- 
ben höflichst anzufragen, ob er wirklich eine solche Zu- 
stimmung ertheilt habe**). Dieses Schreiben blieb unbeant- 
wortet, statt dessen erschien derselbe Angriff noch etwas 
ausführlicher in den Mittheilungen des Central-Instituts für 
Acclimatisation Nr. 6. v. J. 

Wir hegen eine viel zu hohe Achtung vor der wissenschaft- 
lichen Thätigkeit und Stellung des Hrn. Dr. Klotzsch, um 
ein solches Verfahren charakterisiren zu wollen. Indessen lag 
es wohl sehr nahe, dass wenn Hr. Dr. Klotzsch Bedenken 
hatte gegen die Zweckmässigkeit der Einführung der Ziza- 
nia, uns dieselben zunächst privatim mitzutheilen, da er 
noch nicht formell aus unserem Vereine geschieden war; 
seine Bemerkungen wären gewiss mit vielem Danke entge- 
gengenommen worden. Wie es scheint, gründen sich jedoch 
die Bedenken und Angriffe des Hrn. Dr. Klotzsch nur auf 
die ziemlich zahlreichen, schon vor vielen Jahren angestell- 
ten Versuche, diese Pflanze in verschiedenen Gegenden Eu- 
ropas einheimisch zu machen, welche bisher allerdings so 
gut wie fruchtlos waren. — Dies kann indessen wohl selbst- 
verständlich kein Grund sein, von neuen vielleicht zweck- 
mässiger veranstalteten Versuchen abzustehen, es ist nach 
unserer Ansicht vielmehr gerade die Pflicht der Acclimati- 


*) Erst viel später wurde es gelegentlich bei Einziehung des Mitglied- 
beitrages klar, dass er aufgehört hatte unser Mitglied zu sein. 
**) Siehe Zeitschr. £. Acclim. Bd. III 8. 8. 


112 


sations-Vereine, sich mit solchen, wenn auch vielleicht An- 
fangs nicht viel Aussicht auf Erfolg darbietenden Versuchen 
zu beschäftigen. Es ist klar, dass auch unsere Versuche 
einmal und mehrmals misslingen können, vielleicht auch zu 
gar keinem nennenswerthen Resultate führen mögen, denn 
wer könnte den Erfolg oder das Fehlschlagen mit apodikti- 
scher Gewissheit vorhersagen? Indessen muss man doch die 
grosse Wichtigkeit nicht ausser Acht lassen, die es haben 
würde, wenn die Acclimatisation dieser Pflanze wirklich ge- 
länge. Es ist eine neue Brodfrucht, deren Einführung wir 
versuchen, und sie wächst gerade an solchen Stellen, wel- 
che für den Ackerbau völlig nutzlos und verloren sind. Welch 
eine neue ergiebige Quelle des volkswirthschaftlichen Gedei- 


hens würde sich aufthun, wenn es gelänge, ausgedehnte mo- 


rastige Strecken nutzbar zu machen! Die Erzielung eines 
solchen Resultats ist doch wohl noch einiger, wenn auch 
beschwerlicher Versuche werth. 

Wenn nun auch noch in dem Bericht über die Thätig- 
keit des Central-Instituts für Acclimatisation in -Deutsch- 


land im Jahre 1859, welcher sich in’ den Mittheilungen vom 


Februar d. J. findet, nicht undeutlich- die ganze Thätigkeit 
unseres Vereins angegriffen wird, so wollen wir darüber 
nicht viel streiten, Das Central-Institut hat ein eigenes Ver- 
suchsfeld, auf welchem es seine Sämereien anbauen lässt. 
Im Herbst veranstaltet es Ausstellungen der gezogenen Pflan- 
zen und stellt zugleich den Hühnerpark eines bekannten hie- 
sigen Federviehhändlers aus. Obgleich nun das Federvieh 
wenig zu den acclimatisirten Gegenständen gehört, wenig- 
stens nicht irgendwie mit der damaligen Thätigkeit des In- 
stituts in Verbindung stand, so sind doch solche Ausstellun- 
gen recht interessant und werden sehr zahlreich besucht, 
wobei das Publikum in Staunen geräth über alle die ver- 
schiedenen Arten Hühner, Puten und Gänse, welche zu ac- 
climatisiren dem jungen Institut bereits in so kurzer Zeit 
gelungen ist. — Ob aber der Zweck der Acclimatisation 
dadurch wirklich gefördert wird, ist eine andere Frage. 


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113 


Unserem Acclimatisations-Vereine ist seit seinem Beste- 
hen durch die Güte der Herren Metz & Comp. ein Ver- 
suchsfeld zu seiner Disposition gestellt worden. Dessenun- 
geachtet haben wir dasselbe bisher nur in sehr seltenen Fäl- 
len benutzt, weil wir es für zweckmässiger halten, die ver- 
schiedenen von uns eingeführten Sämereien an unsere Mit- 
‚glieder zu vertheilen, damit eben Versuche in den verschie- 
densten Gegenden und unter dem Einfluss der verschieden- 
sten Bodenverhältnisse damit angestellt werden möchten, um 
aus den später uns eingesandten Oulturberichten ersehen zu 
können, welche Gegenstände in der That die meiste Auf- 
merksamkeit verdienen und sich zur allgemeinen Empfeh- 
lung eignen möchten. Wir sind dabei auch von der Ansicht 
ausgegangen, dass die Thätigkeit unseres Vereins mehr eine 
geräuschlose, aber um so andauerndere sein müsse, und 
dass es für die Acclimatisation nutzlos oder gar schädlich 
sei, viel Gerede von bereits erzielten Erfolgen zu machen, 
welche sich später als doch noch nicht ganz sicher oder 
vielleicht gar als verunglückt erweisen könnten. 

Im Eingange des oben angeführten Berichts über die Thä- 
tigkeit des Oentral-Instituts erlaubt sich jedoch der Bericht- 
erstatter, Hr. Dr. L. Buvry, zu behaupten, unser Acclima- 
tisations-Verein für die Königl. Preuss. Staaten sei ein Fi- 
lial-Verein der Societe d’acclimatation zu Paris. Es sei nun 
der Würde des deutschen Vaterlandes unangemessen, sich 
in ein Abhängigkeitsverhältniss von Frankreich zu setzen 
und so seine Unmündigkeit vor der: Welt einzugestehen, 
und dies habe die Veranlassung zur Trennung von unserem 
Verein und zur Gründung des Central-Instituts gegeben. 

Der hierin liegende Vorwurf ist geeignet, unseren Verein 
in den Augen aller Vaterlandsfreunde herabzusetzen, und er 
ist um so unverantwortlicher, als Hr. Dr. Buvry sehr wohl 
wusste, dass er völlig ungegründet ist. Unser Verein ist 
kein Filial-Verein der Soeciete d’acclimatation, sondern 
er ist dieser Gesellschaft affiliirt, wie das die meisten 


grösseren Acclimatisations-Vereine Europas sind, das heisst, 
1860. Bd. 111, 8 


114 


seine Thätigkeit steht in Verbindung mit der der französi- 
schen Gesellschaft, er ist nach dem Muster derselben ins 
Leben getreten und verfolgt dieselben Zwecke. Dass hier- 
bei auch nicht der allergeringste Schein irgend welcher Ab- 
hängigkeit besteht, musste Hr. Dr. Buvry sehr wohl wis- 
sen, da er lange genug in unserem Vorstande gearbeitet 
hat, und diese Behauptung konnte nur durch eine absicht- 
liche Verwechselung der beiden Ausdrücke Filial und af- 
filiirt, deren sehr verschiedene Bedeutung allgemein be- 
‚kannt ist, scheinbar begründet werden. — Wir wollen aber 
gern glauben, dass es dem Üentral=- Institut bisher noch 
nicht gelungen ist, mit der französischen Gesellschaft in Ver- 
bindung zu treten. — Auch hat die Entstehung des Central- 
Instituts eine ganz andere Veranlassung, wie wir dies oben 
nachgewiesen haben. 

Alles dies verhindert aber das Institut nicht im Gering- 
sten, auch wohl die Thätigkeit unseres Vereins in seinem 
Nutzen zu verwenden, ohne, wie dies gebräuchlich ist, die 
Quelle zu nennen. So findet sich z. B. in Nr. 5—6. der 
Mittheilungen d. J. eine Abhandlung über die italienische 
Biene, welche bereits im ersten Bande unserer Zeitschrift 
Seite 171 u. figd. zum grossen Theile wörtlich enthalten ist. 
— Desgleichen findet sich in derselben Nummer der Mit- 
theilungen ein Bericht über Einführungs- und Anbau -Ver- 
suche mit ausländischen Sämereien in einer Art veröffent- 
licht, dass Jedermann zu dem Glauben verleitet werden 
muss, die Sämereien seien vom Central-Institute beschafft 
worden, während dieselben von unserem Acclimatisations- 
Vereine geliefert worden waren. 

Sollten wir jemals in den Fall kommen, was allerdings 
wohl möglich ist, für unsere Zeitschrift etwas aus den Mit- 
theilungen des Instituts zu entnehmen, so werden wir we- 
nigstens gewiss nicht ermangeln, der allgemein üblichen Re- 
gel zu folgen und unsere Quelle anzugeben. 

Endlich sind wir genöthigt, unsere Mitglieder von ei- 


115 


nem Vorfall in Kenntniss zu setzen, der, obgleich er sehr 
auffallend erscheint, nichts desto weniger wahr ist, und ge- 
eignet ist, ein ganz eigenthümliches Licht auf die Accli- 
matisationsversuche des Central-Instituts zn werfen. Am 
8. Febr. d. J. ging nämlich an unseren Vorstand ein Schrei- 
ben folgenden Inhalts ein: 

E. W. überreiche ich die beiden anliegenden Briefe, 
welche wahrscheinlich durch Hrn. Stadtgerichtsrath Bor- 
chardt*) geöffnet, jedenfalls aber eröffnet bei mir ab- 
gegeben worden sind. 

Berlin, den 7. Februar 1860. 

Dr. L. Buvry. 

Einliegend befanden sich zwei eröffnete Briefe zweier uns 
als Mitglieder angeschlossenen Vereine, beide mit der sehr 
deutlich geschriebenen Adresse: An den Vorstand des Ac- 
climatisations-Vereins für die Königl. Preuss. Staaten. — 
Dass die Postboten anfänglich beide Vereine sehr häufig 
verwechselten und namentlich an unseren Verein gerichtete 
Schreiben an das Central-Justitut ablieferten ,„ ist sehr er- 
klärlich. Dass aber dieselben dort angenommen, oder wenn 
dies aus Versehen geschehen, eröffnet wurden, widerstrebt 
in der That jeder natürlichen Erklärung. Denn man sollte 
glauben, wenn sich Jemand einen Namen beilegt, der noth- 
wendig Verwechselungen herbeiführen muss, so habe er 
eine um so grössere Verpflichtung, die Adressen der ein- 
gehenden Schreiben um so sorgfältiger zu prüfen, bevor sie 
eröffnet werden. 


Es thut uns in der That sehr leid, dass wir unsere Mit- 
glieder mit dieser langen, mit den Zwecken der Acclimati- 
sation kaum in Verbindung stehenden Erörterung haben be- 
lästigen müssen, indessen wird es erklärlich sein, dass wir 
dem Treiben und den alles Maass übersteigenden Angriffen 


*) Der Vorsitzende des Central-Instituts! 


116 


des Central-Instituts gegenüber nicht länger schweigen durf- 
ten. Dass unter so bewandten Umständen von einem Zu- 
sammengehen beider Vereine leider keine Rede sein kann, 
versteht sich wohl von selbst, wir erklären jedoch hiermit 
ausdrücklich, dass der Acelimatisations-Verein für die Kö- 
niglich Preues. Staaten und das Central-Institut für Aceli- 
matisation in Deutschland zwei völlig von einander getrennte 
Vereine sind, welche nicht in der geringsten Geschäftsver- 
bindung mit einander stehen. 


Amtlicher Theil. 


m 


Vereins-Verhandlungen. 


(Auszug aus den Protokollen.) 


Vorstandssitzung am 24. Juli 1860 
in Arnim’s Hötel. 


Es waren anwesend die Herren Dr. Müller, Platho, 
Raffauf, Spinola, Schirrmacher und Poselger. Herr 
Bosselmann hatte sich entschuldigt. Die Sitzung wurde 
um 7% Uhr eröffnet. 

Es wurde zunächst der Oekonomie-Rath und Administra- 
tor der Königl. Stammschäferei zu Frankenfelde bei Wrietzen 
a. 0. Herr Ockel zum correspondirenden Mitgliede ernannt 
und beschlossen, ihm das betreffende Diplom ausfertigen zu 
lassen. 

Herr Marine-Intendantur-Rath Raffauf theilte mit, dass 
er sich an den Consul Herrn Wortmann in Gibraltar im 
Namen des Vereins gewendet habe, um von demselben dar- 
über Auskunft zu erbitten, auf welche Weise am besten 
afrikanische Esel zu erhalten sein würden. Herr Wort- 
mann hat hierauf vorläufig geantwortet, dass er die spanische 
Eselrace für vorzüglicher halte, als die afrikanische. Er 
wird jedoch über diesen Punkt bei seiner demnächstigen 
Rückkehr nach Gibraltar genaue Ermittelungen anstellen, 
und uns einen ausführlichen Bericht darüber zukommen 
lassen. 

Herr Raffauf benutzt die Gelegenheit, um Herrn Con- 
sul Wortmann zum correspondirenden Mitgliede des Ver- 


eins vorzuschlagen. Auf Antrag des Herrn Platho wird der 
1860. Ba. III, 9 


118 


Herr Consul ausnahmsweise schon in der heutigen Sitzung 
zum correspondirenden Mitgliede ernannt und die Ausferti- 
gung eines betreffenden Diploms angeordnet. 

Der Vorsitzende des Falkenberger landwirthschaftlichen 
Vereins zeigt an, dass der Falkenberger Zweigverein sich 
aufgelöst und sonach aufgehört habe, Mitglied unseres Ver- 
eins zu sein. 

Desgleichen hat Herr Carl Kaufmann das Ausscheiden 
des Herrn Carl Hamm angezeigt. 

Hierauf theilt Herr. Dr, Poselger mit, dass in den Mit- 
theilungen des Centralinstituts vom Mai und Juni sich ein 
Bericht der landwirthschaftlichen Abtheilung des altmärki- 
schen Vereins für vaterländische Geschichte und Industrie 
zu Stendal über Kulturversuche mit Sämereien. befindet, 
welche diesem Verein von unserm Acclimatisations - Verein 
übersandt worden: waren. Es war deshalb als nothwendig 
erschienen, bei dem Verein zu Stendal anzufragen, ob diese 
Veröffentlichung auf seine Veranlassung erfolgt sei und ob 
er nun noch die Veröffentlichung in unserer. Zeitschrift 
wünsche. In der Antwort entschuldigt sich der Stendaler 
Vorstand und theilt mit, dass er auf Ansuchen des Central- 
instituts die Veröffentlichung des Berichts in dessen Mit- 
theilungen gestattet habe, und giebt es unserem Ermessen 
anheim, denselben nun auch noch in unserer Zeitschrift zu 
veröffentlichen. Bei dem grossen Werthe dieses Berichtes 
wird eine solche - Veröffentlichung beschlossen. 

Bei Herrn Bankier Ed. Oppenheim in Cöln, dem Vor- 
standsmitglied des dortigen zoologischen Gartens, ist. bei 
Uebersendung des Mitglieddiploms zugleich angefragt worden, 
ob er geneigt sei, unsere übrig gebliebene ägyptische Ziege 
in den dortigen Garten aufzunehmen, etwa um Kreuzungs- 
versuche damit anzustellen. Zugleich ist ihm angezeigt, dass 
das Thier in unserem Besitze bleiben müsse und Verpfle- 
gungskosten nicht vergütet werden, sonstige Kosten aber nicht 
entstehen würden. 

Herr Bankier Oppenheim hat in seinem Antwortschrei- 


119 


ben dieses Anerbieten mit Dank angenommen und verspricht 
ausserdem mit grosser Bereitwilligkeit, die Ameoks unseres 
Vereins zu unterstützen. 

Hiervon ist dem Direktor der Lokalebtheilung 3 XIVa. des 
landwirthschaftlichen Vereins für Rheinpreussen, Herrn von 
Hilgers, Mittheilung gemacht worden, mit der Bitte, den 
Transport der Ziege in den zoologischen Garten zu Cöln ver- 
anlassen zu wollen. Desgleichen ist Herrn Oppenheim die 
Anzeige gemacht worden, dass er demnächst der Ankunft 
der Ziege von Coblenz aus entgegensehen möge. 

Hierauf wurde nun von dem Vorstande der Lokalabthei- 
lung XIVa. die Mittheilung gemacht, dass die Ziege bereits 
anderweitig, und zwar bei dem Herrn Pfarrer Heidinger 
habe untergebracht werden müssen, dass dieselbe jedoch 
nunmehr dem Herrn Oppenheim übergeben werden würde. 

Herr Dr. Poselger theilt mit, dass der Herr Seiden- 
züchter Ehrhardt in Prettin in den ersten Tagen dieses 
Monats ihm einen Besuch, abgestattet und angezeigt habe, 
dass der eingeführte italienische Weisel, nachdem bereits die 
Nachzucht vollständig gesichert, gestorben sei. Den in Spi- 
ritus aufbewahrten Weisel hat Herr Ehrhardt später über- 
sandt und wird derselbe in der Sitzung vorgezeigt. 

Von Herrn Consul Friedr. Kühne in New-York ist eine 
grosse Anzahl Druckschriften eingegangen, theils zur Ver- 
theilung an unsere Mitglieder, theils für unsere Bibliothek. 
Es ist demselben der Empfang angezeigt und ihm der 
wärmste Dank des Vorstandes ausgesprochen worden für die 
grosse Bereitwilligkeit, mit der er die Zwecke unseres Ver- 
eins unterstützt und ferner zu unterstützen verspricht. 

Zugleich ist um Uebersendung einer Quantität von Samen 
der Zizania aquatica, so wie von anderen nützlichen nord- 
amerikanischen Sämereien im kommenden Herbst gebeten 
worden. 

Ein früheres Rescript Sr. Excellenz des Herrn Ministers 
der auswärtigen Angelegenheiten, Freiherrn von Schleinitz, 


in welchem derselbe sich bereit erklärt, noch einmal für un- 
9*r 


120 


seren Verein durch Vermittelung des Königl. Gesandten in 
Washington Samen der Zizania einsammeln lassen zu wollen, 
ist unter Anlage des Berichts über die Zizania von Herrn 
Kühne, dahin beantwortet worden, dass unser Verein zu- 
erst den Versuch machen wolle, durch Herrn Consul Kühne 
in den Besitz dieses Samens zu gelangen, bevor derselbe 
noch einmal die geneigte Bereitwilligkeit Sr. Excellenz in 
Anspruch nimmt. 
Von Herrn Hofgärtner Fintelmann sind eine grosse 
Menge von Cocons und später auch von Graines des Bombyx 
Rieini übersandt worden, so dass alle diejenigen, welche 
sich an unseren Verein gewendet hatten, reichlich sowohl 
mit Cocons als auch mit Graines versehen werden konnten. 
Es waren im Ganzen 29 verschiedene Competenten und 
ist darüber von Herrn Puttlitz ein übersichtliches Verzeich- 
niss angefertigt worden, welches in der Sitzung vorliegt. — 
Ausser den schon früher genannten Personen hatten sich 
noch folgende mit der Bitte um Graines vom Ricinusspinner 
an uns gewendet: Herr Max Hoffmann in Dardesheim, der 
Herzogl. Fasanenmeister Louis Kurzius in Kallenberg bei 
Koburg und Herr Oberamtmann Heine in Halberstadt. 
Herr Joachimi in Köthen und die Kurfürstl. Hessische 
Kommission für landwirthschaftliche Angelegenheiten danken 
für die Uebersendung von Cocons und Graines.. An Herrn 
Kamphausen wurden zu erneuerten Abhaspelungsversuchen 
eine grössere Menge noch nicht entschlüpfter Cocons gesandt. 
Für die Bibliothek des Vereins sind folgende Druck- 
schriften eingegangen: 
I. Von Herrn Consul Fr. Kühne in New-York 
1) 4 Bde. Report of the commissioners of Patents for the 
year 1858. 
2) 2 Bde. Jahresbericht des Ohio-Staats-Acker-Baurathes 
für das Jahr 1857 und 1858. 
II. Von der Societe Imp. zool. d’Acclim. in Paris 
3) bulletin mensual de la societe Nr. 5. Mai 1860. 
4) loorganisation pour l’annee 1860. 


121 


5) lart de regenerer et de conserver la race des vers & 
sois p. Mitifiot. 

III. Von der Societe zool. d’Acel, pour la region des Alpes 

6) Bericht über die Generalversammlung vom 13. Mai 1860. 

IV. Vom landwirthsch. Central-Verein für Rheinpreussen 

7) Die Entstehungsursache der jetzt herrschenden Krank- 
heit des Insekts der Seide von Kamphausen, in 3Exemp]. 

V. Von dem Verein zur Beförderung des Seidenbaues in der 

Provinz Schlesien 

8) Jahresbericht über die Wirksamkeit des Vereins 1858. 
9) B) » » » ” B) 1859, 
in je 3 Exemplaren. 

10) eine Anweisung, wie man am besten und billigsten Maul- 
beerhecken und Hochstämme pflanzt und wie sie bei der 
Seidenraupenfütterung belaubt werden müssen, ebenfalls 
in 3 Exemplaren. 

Ferner sind von Herrn Consul Fr. Kühne zur Verthei- 
lung an Vereinsmitglieder eingegangen: 
1) Illustrirter Katalog von Ackerbau-Geräthen von Nourse 
Mason & Co. in Boston, in 50 Exemplaren. 

2) Sugar from the Chinese Sugar Cane, in 47 Exemplaren. 
3) Kommentar zu einer Sendung von Sämereien und Agri- 
kultur-Berichten von F. Kühne, in 64 Exemplaren. 

4) Konsularbericht über den Handel der Vereinigten Staaten 

von Nord-Amerika von F. Kühne, in 40 Exemplaren. 
5) Bericht über den nordamerikanischen wilden Reis (Zi- 

zania aquatica) von F. Kühne, in 80 Exemplaren. 
Schluss der Sitzung 9% Uhr. 


Vorstandssitzung am 11. September 1860 
in Arnim’s Hötel. 


Gegenwärtig waren die Herren Bosselmann, Müller, 
Raffauf, Schirrmacher und Poselger. Die Sitzung 
wurde um 7% Uhr eröffnet. 


122 


Herr Poselger theilt zunächst mit, dass den beiden in 
der vorigen Sitzung ernannten korrespondirenden Mitgliedern, 
Herrn Oekonomie-Rath Ockel zu Frankenfelde und Herrn 
Consul Wortmann in Gibraltar die betreffenden Diplome 
nebst Begleitschreiben übersandt worden sind, und zwar an 
Herrn Consul Wortmann durch Vermittelung des Ministe- 
riums der auswärtigen Angelegenheiten. — Von Herrn Oeko- 
nomie-Rath Ockel ist bereits ein Dankschreiben für diese 
Ernennung eingegangen. 

Von Herrn Lehrer Schojan in Hasenholz ist ein Schrei- 
ben eingegangen, worin er mittheilt, dass aus den ihm über- 
sandten Cocons des Bombyx Ricini 13 Sehnettärlifige) worunter 
jedoch nur 2 Männchen waren, ausgekrochen sind. Ebenso 
entschlüpften nur 36 Räupchen aus den übersandten Graines. 
Es wurde ihm deshalb noch eine Portion Graines gesandt. 

Der Vorstand des Vereins zur Förderung der Seidenzucht 
im Herzogthum Nassau theilt mit, dass von den übersandten 
Cocons nur 3 Weibchen auskamen. Die übrigen Schmetter- 
linge aber in den Cocons gestorben waren. Es ist auch diesem 
Verein noch eine Portion Graines übersandt worden. 

Der landwirthschaftliche Verein zu Brandenburg hat eine 
schöne chinesische grüne Gurke übersandt, welche aus dem 
von unserm Verein im Frühjahr d. J. vertheilten Samen ge- 
zogen wurde, mit der Bemerkung, dass während die übrigen 
dort kultivirten Gurken durch die nasse und kalte Witterung 
dieses Sommers sehr gelitten hatten, sich diese chinesische 
Gurke sehr lohnend zeigte. — Die Gurke, welche sehr schön 
ist, liegt den Vorstandsmitgliedern zur Ansicht vor. 

Der Direktor des zoologischen Gartens in Köln, Herr Dr. 
Bodinus, zeigt an, dass die oberägyptische Ziege dort ein- 
getroffen sei, sich aber in-leidendem Zustande befinde, wel- 
cher auf mangelhafte Pflege schliessen lasse. 

Der Vorstand der landwirthschaftlichen Abteilung des 
altmärkischen Vereins zu Stendal bittet um Graines des Bom- 
byx Ricini für den Chausseegelderheber Bartels bei Bind- 
felde. — Dieselben sind übersandt worden. 


123 


Die Hauptverwaltung des Vereins westpreussischer Land- 
wirthe zu Marienwerder zeigt an, dass die italienische Bienen- 
königin von Herrn Ehrhardt eingetroflen sei, dass ihr 
Aeusseres jedoch den Erwartungen nicht ganz entsprochen 
habe, indem die hochgelben Ringe am Hinterleibe nicht 
scharf genug ausgeprägt seien. Zugleich bittet sie um An- 
gabe des sichersten und billigsten Weges, auf welchem einige 
Dutzend 3— 4jährige Apfelsinen- und Pomeranzenbäumchen 
aus Unteritalien zu beziehen sein möchten. — Da unser Ver- 
ein kein Mitglied in Unteritalien besitzt, so wird beschlossen, 
dem Verein zu Marienwerder anheim zu geben, ob er sich 
an unser korrespondirendes Mitglied Herrn Legations-Sekretär 
C. v. Bunsen in Turin wenden wolle, welcher vielleicht die 
gewünschte Auskunft würde geben können. 

Herr Wullschlegel in Oftringen meldet, dass er mit 
der Rieinusseidenzucht Glück gehabt und dass dieselbe nun 
in vollem Gange sei. | 

Dagegen zeigt Herr Butterbrod inHildesheim an, dass 
aus den ihm übersandten Cocons auch nicht ein einziger 
Schmetterling sich entwickelt habe. 

Von Herrn Legationsrath C. v. Bunsen in Turin ist ein 
Schreiben eingegangen, worin er den Empfang des letzten 
Heftes der Zeitschrift, so wie des Schreibens des Vorstandes 
vom 17. Februar d. J. anzeigt und die Empfangsbescheini- 
gung des königl. Consuls Schmidt in Genua über den be- 
richtigten Kaufpreis des Bienenstocks einsendet. 

Von dem Vorstande des Vereins zur Beförderung der Sei- 
denzucht in Pommern ist ein Bericht über den am 1. August 
d. J. abgehaltenen .'Coconsmarkt eingegangen. 

Es wurden nun 'von Herrn Marine - Intendantur - Rath 
Raffauf den Vorstandsmitgliedern die Stoffe vorgelegt, welche 
derselbe durch die Herren Gebrüder Dräger in Pritzwalk 
aus den von unseren Angoraböcken herstammenden Vliessen 
hat anfertigen lassen. Es ist eine dunkele, plüschartig an- 
gefertigte grosse und schwere Reisedecke, welche ganz aus 
Angorawolle besteht, ‘und: ein tuchartiger glatter Stoff aus 
Schafwolle, in welcher Angorawolle mit verwebt ist. 


124 


Beide Stoffe finden wegen ihrer ausserordentlichen Schön- 
heit allgemeinen Beifall, und es wird beschlossen, dieselben 
zu der gegen Ende dieses Monats in Berlin stattfindenden 
landwirthschaftlichen Ausstellung einzusenden. 

Herr Dr. Poselger theilt mit, dass an diejenigen Ver- 
einsmitglieder, welche bis jetzt den Jahresbeitrag noch nicht 
eingesandt haben, ein Circular erlassen worden ist, worin 
dieselben aufgefordert werden, die Zahlung bis zum 30.d.M. 
zu bewerkstelligen, widrigenfalls anzunehmen, dass die Ein- 
ziehung des Beitrags durch Postvorschuss gewünscht würde, 
und nach diesem Termin erfolgen solle. 

Für die Vereinsbibliothek sind folgende Schriften ein- 
gegangen: 

Von der Smithsonian Institution 
1) CheckList of the Shells of North America by W.G.Binney. 
2) Catalogue of the described Lepidoptera of North Ame- 
rica by John @. Morris. 
3) The Coleoptera of Kansas and Eastern New Mexico by 
John L. Leconte M.D. 
4) Instructions in reference to collecting Nests and eggs 
of North American Birds. 
Von dem landwirthschaftlichen Verein für Rheinpreussen 
4 Exemplare der Kamphausen’schen Schrift: Die Entste- 
hungs-Ursachen der jetzt herrschenden Krankheit des In- 
sektes der Seide. 

Herr Dr. Poselger beantragt, der Smithsonian Institu- 
tion und dem Herrn Consul Kühne in New-York Jedem 
den Jahrgang 1859 und 1860 unserer Zeitschrift, und dem 
Frankfurter zoologischen Garten den Jahrgang 1860 zu über- 
senden und wird dieser Antrag genehmigt. 

Schluss der Sitzung 9% Uhr. 


Vorstandssitzung am 27. November 1860 
in Arnim’s Hötel. 


Es waren die Herren Bosselmann, Müller, Platho, 


125 


Raffauf, Spinola, Schirrmacher und Poselger ge- 
genwärtig und wurde die Sitzung um 7% Uhr eröffnet. 

Herr.-Dr. Poselger theilt zunächst mit, dass von dem 
Herrn Consul Lesser in Warschau Eintrittsgeld und Mit- 
gliedsbeitrag eingegangen ist. Von denjenigen auswärtigen 
Mitgliedern, welche in Folge unseres Circulars ihre Jahres- 
beiträge,noch nicht eingesandt hatten, sind dieselben mittelst 
Postvorschuss erhoben worden und sind sämmtlich einge- 
gangen. 

Herr PaulFriedheim, welcher jährlich eine sehr grosse 
Menge durchbrochener Cocons des Bombyx Mori verarbeiten 
lässt, hatte sich freundlichst erboten, auch mit den Cocons 
von Bombyx Ricini einen solchen Versuch anstellen zu lassen, 
um zu sehen, ob die Letzteren sich auf denselben Maschinen 
verarbeiten lassen. Es sind demselben deshalb 2 Pfund Co- 
cons des Bombyx Ricini, welche Herr Hofgärtner Fintel- 
mann bereitwilligst zu diesem Zwecke zur Disposition stellte, 
übergeben worden. 

Die beiden aus Angora-Wolle gefertigten Stoffe sind zu 
der Ende Oktober stattgehabten landwirthschaftlichen Aus- 
stellung eingesandt und nach Schluss derselben wieder zurück- 
geliefert worden. Ä 

Von Herrn E. Schulz in Nickern ist ein sehr verbind- 
liches Schreiben eingegangen, worin er anzeigt, dass sein 
leidender Gesundheitszustand die Einsendung eines Berichtes 
über die im Jahr 1859 erhaltenen Sämereien bisher verhin- 
dert habe. Er hofft jedoch, über beide Jahrgänge binnen 
Kurzem Bericht erstatien zu können. 

Von Herrn Consul Wortmann sind mehrere Briefe ein- 
gegangen. In einem derselben spricht er seinen Dank für 
die Ernennung zum correspondirenden Mitgliede des Vereins 
aus. In dem andern erstattet er ausführlichen Bericht über 
die in Spanien vorhandenen und namentlich zur Maulthier- 
zucht verwendeten Esel. Dieselben sind von ausserordent- 
licher Schönheit und Grösse, und so nützlich gewiss die Ein- 
führung einer guten Eselsrace in Preussen sein würde, so 


126 


möchte doch der hohe Preis derselben und die bedeutenden 
Transportkosten für jetzt noch ein für die bescheidenen Mit- 
tel unseres Vereins leider unübersteigliches Hinderniss für 
den Ankauf darbieten. 

Herr Ehrhardt in Prettin, welcher sich lebhaft für die 
Verbesserung der Eselrace in Preussen interessirt, hat in 
zwei Schreiben den Vorstand darauf aufmerksam gemacht, 
dass auf der gräflich Stollbergschen Domaine Himmelsgarten 
bei Nordhausen sehr schöne und grosse Esel gezüchtet wer- 
den, welche einen seltenen Grad von Munterkeit zeigen. Er 
hat deshalb die Anschaffung eines Paares dieser Esel zu Ver- 
einszwecken beantragt. Da es sich jedoch bei näherer Er- 
kundigung herausstellte, dass diese Thiere nur von einhei- 
mischer gewöhnlicher Race sind, welche durch besonders 
sorgfältige und zweckmässige Züchtung und Pflege einen un- 
gewöhnlichen Grad von Grösse und Ausbildung erlangt ha- 
ben, so glaubte der Vorstand nicht, auf den Ankauf der- 
selben eingehen zu dürfen, da es nicht zu den naheliegenden 
Bestrebungen des Acclimatisations- Vereins gehören kann, 
einheimische Racen anzukaufen, auch wenn sie sich in einem 
aussergewöhnlichen Grad der Entwickelung befinden. 

Es sind- bis jetzt erst drei Berichte über die Erfolge, 
welche aus den in diesem Frühjahr von uns vertheilten Sä- 
mereien erzielt wurden, eingegangen, und zwar von Herrn 
Handelsgärtner Krüger in Lübbenau, von der ostpreussischen 
landwirthschaftlichen ‘Centralstelle in Königsberg und von 
dem landwirthschaftlichen Verein in Steinau. 

Von dem Secretair der kaiserl. landwirthschaftlichen 'Ge- 
sellschaft in Moskau, Herrn P. Andrejew, ist ein 'Schrei- 
ben eingegangen, mit welchem er 10 Exemplare des Berich- 
tes über die Thätigkeit dieser Gesellschaft im Jahre 1859 
einsendet. 

Für die Bibliothek des Vereins sind eingegangen: 

1) Mittheilungen des Vereins zur Förderung der Seiden- 

zucht im Herzogthum Nassau. 


127 


2) Landwirthschaftliche Jahrbücher aus Ostpreussen, Jahr- 
gang 12. Juli-, August-, September - Heft. 

3) Das Bulletin de la soeiete d’acelim. & Paris für October 
und November 1860. | 

4) Der zoologische Garten von Dr. Weinland. 1860. 
No. 7—12. 

Schluss der Sitzung 9 Uhr. 


Berichte über die Versuche mit den im Frühjahr 1860 
vertheilten Sämereien. 


Während im Jahre 1859 die ungewöhnliche Trockenheit 
des Sommers auf viele Anbauversuche nachtheilig eingewirkt 
hatte, missglückten in gleicher Weise im vergangenen Sommer 
viele Versuche wegen der beständig nassen und kühlen Witte- 
rung. "Günstige Erfolge wurden auch diesmal fast überall bei 
den verschiedenen Tabackssorten erzielt. Auch die grüne 
chinesische Gürke hat sich bewährt und scheint zu einer 
fortgesetzten Kultur sehr empfehlenswerth zu sein. Ueber 
verschiedene Erbsensorten lauten fast alle Berichte günstig, 
namentlich werden die Erbse des Ueberflusses und die Mu- 
mienerbse sehr gelobt. Die Sorghum-Arten scheinen sich 
nicht für unser Klima zu eignen, indem sie erst spät im 
Jahr zu einem kräftigen Wachsthum gelangen und dann bei 
der vorgerückten Jahreszeit nicht mehr im Stande sind, Samen 
zu liefern. Das Radies von Madras scheint im Allgemeinen 
den davon gehegten Erwartungen nicht entsprochen zu haben, 
doch würde dieses eigenthümliche Gewächs wohl noch einiger 
Versuche werth sein. Der chinesiche Riesenhanf ist überall 
öhne Samen und ‘an 'manchen Orten sogar klein 'geblieben. 
. "Veber den amerikanischen Lein, Morus alba, Dipsacus fullo- 
num Ailanthus glandulosa lauten die Berichte widersprechend, 
während sie an einigen Orten gar nicht keimten, gelangten 
sie an anderen zu bedeutender Entwickelung. Ueber die sehr 
gelungenen Anbauversuche von Dipsacus fullonum in Ost- 


128 


preussen lassen wir weiter unten den höchst interessanten 
Bericht des Generalsekretairs Rittergutsbesitzer Hrn. Minden 
aus den landwirthschaftlichen Jahrbüchern folgen. 
Ailanthus glandulosa verdient als Zierbaum wegen seines 
schnellen Wachsthums und seiner herrlichen Belaubung immer 
weitere Verbreitung zu finden und werden wir auch in die- 
sem Jahr Samen davon zur Vertheilung kommen lassen. 
Der Same der Zizania aquatica hat sich allenthalben als 
keimunfähig gezeigt, wie dies auch nach dem ausführlichen 
Berichte des Herrn Consul Kühne in New-York nicht an- 
ders mehr erwartet werden konnte. Wir werden die Versuche 
mit dieser Pflanze jedoch fortsetzen und haben bereits im 
vorigen Sommer neuen Samen bei Hrn. Kühne selbst be- 
stellt, indessen ist derselbe bis jetzt leider noch nicht ein- 
getroffen. 
Der chinesische Riesenhanf hat sich nicht bewährt un 
scheint derselbe nur in ganz besonders gut gedüngtem Erd- 
reich eine Entwickelung zu erreichen, welche seinem Namen 
entspricht, aber auch selbst dann liefert er keinen reifen 
Samen. Ä 
Wir geben nun die Berichte unserer Mitglieder über die 
Anbauversuche in der Reihenfolge, wie sie eingingen: 


‚P 


Lübbenau, 22. Oktober 1860. 

Nackte schwarze Waizengerste aus Norwegen ist 
nichts als unsere Viktoriagerste, welche allgemein als die 
beste Gerste kultivirt wird. 

Spergula arvensis maxima aus Norwegen ist unsere 
bekannte Spergula maxima. 

Guizotia oleifera aus Norwegen mit gelben einfachen 
Blumen. Von dieser weiss ich nicht, ob sie Nutz- oder 
Zierpflanze ist, da nichts dabei bemerkt war. 

Coriandrum sativum aus Norwegen ist unser schon 
lange bekanntes Coriandrum. 

Radies von Madras mit essbaren Schoten wird so be- 


129 


handelt, wie der andere Radiessamen, nur wird er nicht 
verpflanzt, sondern bleiben die Pflanzen stehen, wo sie aus- 
gesäet worden. Die Samenschoten haben einen radiesähnli- 
chen, pikanten Geschmack und können statt der Radiese 
recht gut verspeist werden. 

Tragopogon porrifolium ist aufgegangen und üppig 
gewachsen, hat aber nicht geblüht. Ob es eine Zier- oder 
Nutzpflanze ist, war nicht angegeben, weshalb ich darüber 
nichts sagen kann. 

Rhabarber Royal Albert aus Norwegen ist gut auf- 
gegangen und lässt sich im ersten Jahr nichts darüber be- 
richten. 

Alle obenerwähnten Samen wurden am 24. April gleich 
ins freie Land gesäet, und folgende Tabackssorten in kühlen 
Mistbeeten am selben Tag ausgesäet und Ende Mai ins freie 
Land gepflanzt. | 

Goundi Taback mit langen, nicht zu breiten hellgrünen 
Blättern. 

Taback vom Libanon mit langen, etwas breiteren 
dunkelgrünen Blättern. 

Ohio Taback vorhergehendem sehr ähnlich. 

Melone aus Podolien ist in ganz warmem Mistbeet 
zweimal ausgesäet nicht aufgegangen. 

Haferreis (Zizania aquatica) ist am 17. April, nachdem 
er 24 Stunden im warmem Wasser aufgeweicht, im warmen 
Mistbeet ausgesäet worden, aber nicht aufgegangen. Am 
18. April nach 24stündigem Einweichen im Vermehrungshause 
bei 18° Wärme ausgesäet, aber nicht aufgegangen, und end- 
lich am 12. Mai nach vorschriftsmässigem Einweichen ins 
freie Land ausgesäet, allein auch dort nicht aufgegangen, 
und kann ich slso darüber nichts berichten. 

So ist auch von dem Gehölzsamen Viburnum opulus, 
Fraxinus excelsior und der süssen Mandel nichts auf- 
gegangen. 

Die Staudebohne haricot de la Chine jaune nain 
aus Norwegen ist eine sehr reichlich tragende Art, indessen 


130 


kann ich über den Geschmack nichts sagen, da ich die we- 
nigen Bohnen nicht dazu verwenden wollte, sondern lieber 
Samen zu grösseren Versuchen geerndtet habe, 

(gez.) Carl Krüger. 


II. 


Königsberg, 31. Oktober 1860. 

Die im März c, der unterzeichneten Centralstelle gefälligst 
übersandten Sämereien sind von dem Direktor des Königl. 
Botanischen Gartens hier, Herrn Professor Dr, Caspary dem 
Herrn Dr. Kleeberg und dem Unterzeichneten — auf, für 
die verschiedenen Pflanzen passenden Bodenarten — zu An- 
bauversuchen benutzt worden. 

Das Resultat stellt sich wie folgt heraus: 

1) Bukowina - Mais erreichte nur eine geringe Höhe 
(circa 3% Fuss), gab wenig Blattmasse und kam der Same 
nicht zur Reife. 

2) Die Sorghum Arten gingen gut nat Saccharatum 
erreichte eine Höhe von 6 Fuss, Imphy blieb auf 3 Fuss 
zurück und gab auch wenig Blattmasse. Der Samen gelangte 
nicht zur Reife. 

3) Ailanthus glandulosa. In Folge der feuchten Wit- 
terung keimte der Samen schnell und gleichmässig und wuch- 
sen die jungen Pflanzen nach ihrer Versetzung erfreulich 
heran. Die Gefahr des ferneren Gedeihens liegt in dem Er- 
frieren des nicht reif gewordenen Holzes. Die Verhältnisse 
für diesen Baum sind hier die der Pawlownia imperialis. 

4) Von den übersandten Erbsen ist die unter dem Namen 

„Viktoria-Erbse“ besonders erwähnenswerth; wohl aber 
mit einer hier ebenfalls aus England bezogenen identisch. 

Die grüne niedrige Pahlerbse lohnte reichlich, ist hier 
aber ebenfalls nicht neu und wird in der Art benutzt, dass 
die Erbse vor der Reife gehauen, in den Schoten abtrocknet 
und dadurch den russischen Zuckererbsen an Güte nahe kommt. 
Ansehen und Geschmack der Erbsen sind bedeutend besser, 
als wenn sie reif ausgeschält worden. 


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ER N En 
ae, Fer 


131 


Cicer arietinum gelangte nicht zur Reife, 

5) Amerikanischer weissblühender Lein ging gut 
auf, erreichte eine Höhe von 2% Fuss und gab gute Saat, 
welche im nächsten Jahre zu weiteren Versuchen verwandt 
werden wird. 

6) Morus alba hat kräftige Pflanzen geliefert, 

7) Chinesischer Riesenhanf ging nur spärlich auf, 
erreichte eine Höhe von etwa 3 Fuss und rechtfertigt den Na- 
men durchaus nicht, da sich derselbe von Canabis sativa wohl 
kaum unterscheidet; dem hier in Gärten als Zierpflanze ver- 
breiteten- Riesenhanf — welcher eine Höhe von 8 Fuss und 
darüber erreicht — also bedeutend nachsteht, 

8) Zizania aquatica war durchweg nicht keimfähig, 
was bei der trockenen Versendung des Samens nicht Wunder 
nehmen darf. In Zukunft würde sich die Versenduug in an- 
gefeuchtetem Moos oder wohl noch besser in mit vegetabili- 
scher Kohle vermischtem und angefeuchtetem Sande empfehlen. 

9) Radies von Madras wuchsen in grosser Ueppigkeit, 
brachten jedoch wegen heftiger Regengüsse im August keine 
vollständige Entwickelung der Samenschoten. 

10) Cottagers Kale ist nur ein Blattkohl für das Rind- 
vieh und hier bereits durch Bezug von Erfurter Gärtnern be- 
kannt. Zu.bemerken bleibt, dass die Blattmasse bedeutend 
geringer ist, als von ähnlichen Futierkohlarten. 

ll) Chinesische Gurke hielt sich, unerachtet der 
grossen Nässe, gut und lieferte etwa 1 Fuss lange, 2—2% Zoll 
Durchmesser haltende Früchte, 

12) Pyrethrum carneum. Der Samen war mangelhaft 
und lieferte nur einige Pflanzen, welche bei geschützter Lage 
im. Spätherbst zur Blüthe her 

13) Taback von Maryland, Ohio, Gouwndi und vom 
Libanon. Alle vier Arten wuchsen gut heran, besonders die 
3 letzten, welche grosse und schön ausgebildete Blätter trugen. 
Der Samen gelangte nicht zur Reife. 

Schliesslich bleibt noch zu bemerken, dass ein von dem 
Kantor Lange in Kl. Dexen bei Pr. Eylau mit dem Anbau 


132 


der Weberkarde, Dipsacus fullonum, angestellter Versuch 
ein sehr günstiges Resultat geliefert hat. Der Versuch hat 
gleichzeitig den Wunsch rege gemacht, dem Anbau dieses 
nicht unwichtigen Handelsgewächses auch in Ostpreussen 
eine grössere Verbreitung zu geben. 

(gez.) Die Ostpreussische landwirthschaftliche Centralstelle. 

In Vertretung: 
Minden. 


Ill. 


Steinau, 22. November 1860. 

Dem Vorstande des Acclimatisations-Vereins beehre ich 
mich, im Auftrage des landwirthschaftlichen Vereins zu 
Steinau a. O. einen Bericht über den Anbau einiger dem- 
selben gefälligst zugestellten Sämereien mit dem ergebensten 
Bemerken zu übersenden, dass bezüglich der Anbau-Versuche 
einiger Tabackssorten noch später Bericht erstattet werden soll. 

Mit den im Berichte nicht erwähnten und hierher gesandten 
Sämereien sind die Anbauversuche durch Zufälligkeiten miss- 
glückt, welche kein Urtheil fällen lassen, weshalb sie auch 
nicht in den Bericht mit aufgenommen sind. | 

}) Radies von Madras. 

Am 9. April wurden an 8 Stellen in geschützter Lage im 
Garten 11 Körner ausgelegt und in einem Topf 4, welcher 
jedoch auch im Freien stand. Am 15. April erschien im 
Topf ein Keim, und wurde der Topf des rauhen Wetters 
halber in die Stube, zwischen Doppelfenster gestellt. Bis 
zum 20. April waren von den 15 Kernen 13 Stück gekeimt. 
Einer im Topf und einer im Freien blieb zurück. Erst Ende 
April begannen die Wurzelblätter sich zu entwickeln. Zwei 
Pflanzen wurden vom Erdfloh total abgebissen. 

Am 20. Mai waren 2 Pflanzen 4 Zoll hoch und zeigten 
Knospen. Ihr ganzes Erscheinen in Wuchs und Charakter 
liess sie von den gemeinen Radieschen nur dadurch unter- 
scheiden, dass sie keine Wurzelknollen bildeten, sondern 
bald in den Schuss traten. 


KAG Dell Dpnı a ul DU un nl ln a lu Duden I u u 


133 


Von Mitte Mai ab war die Entwicklung der 11 Pflanzen 
eine höchst ungleichmässige. Erst Mitte Juni kamen die 
ersten violetten Blüthen zur Entwicklung und waren bereits 
an einer Pflanze fast reife Schoten, ehe die letzte zur 
Blüthe kam. 

Ein Theil wurde vom Mehlthau stark befallen. Die Pflan- 
zen, welche direkt ins freie Land gelegt waren, hatten sich 
im Allgemeinen am kräftigsten entwickelt und bildeten die 
nicht vom Mehlthau befallenen einen vielverzweigten Stock 
von 2 Fuss Höhe und bei freiem Stande von 2% Fuss Durch- 
messer mit etlichen hundert Schoten, welche so aufgeblasen, 
wie die des Radieschen, aber lang geschnäbelt waren. 

Die längsten wurden 9 Zoll, die meisten aber nicht über 
5 Zoll. Sie hatten ein fettglänzendes Ansehen, und schmeck- 
ten, wenn sie noch nicht aufgeblasen waren, wie die scharfen 
Schoten von Radieschen. Der Geschmack war pikant aber 
nicht fein zu nennen. 

Die eine vom Erdfloh abgebissene Pflanze entwickelte sich 
noch nachträglich und gelangte erst im August zur Blüthe, 
als andere Pflanzen bereits vollständig abgestorben und mit 
reifen Samen versehen waren. Auch sie brachte noch reifen 
Samen. Eine andre Pflanze aber blüht noch jetzt. Die Pflanze 
hat in ihren dicken Schoten nur 2—5 Samenkörner; ist da- 
her als Oelfrucht betrachtet, nicht empfehlenswerth, weil bei 
gleicher Schotenmasse der Raps bedeutend mehr Körner, 
wenn auch kleinere, liefert. Auch scheint mir der Oelgehalt 
nicht genügend; dabei ist die sehr ungleiche Entwicklung 
der Pflanzen höchst unangemessen für den Feldbau. 

2) Dioscorea japonica. 

Am 9. April wurde eine Knolle in 3 Fuss tiefes, ragoltes 
und stark gedüngtes Land’ gelegt. Erst am. 12. Juni kam 
. ein Keim aus der Erde, welcher am 18. Juni bereits 3 Fuss 
lang und mit 6 paarweis gestellten Blättern versehen war. 

Die herzförmigen Blätter sitzen an etwa % Zoll langen 
Stielen; haben eine Länge bis zu 2% Zoll und röthliche Ein- 


fassung. 
1860. Bd. III. 10 


154 


Der sich windende Stengel war im August bis an das 
Ende einer 13 Fuss hohen Stange gelaufen; bildete dann 
kurze Zweige an der Spitze und fallen jetzt die Blätter ab, 
ohne dass eine Blüthenentwicklung stattgefunden hätte. 

Eine zweite, erst im Mai gelegte Knolle brachte einen 
Trieb um Mitte Juni zum Vorschein, welcher nur 4% Fuss 
hoch wurde. Am 28. Oktober hob ich ‚die Wurzel der erst 
beschriebenen Pflanze aus, welche eine Länge von 2 Fuss 
2 Zoll hatte. Die oberen 9 Zoll waren % Zoll dick. Dann 
erweiterte sich die Knolle zu 2 Zoll Durchmesser und endete 
in einer stumpfen Spitze. 

Die zweite Pflanze hatte eine getheilte Wurzel, % Zoll im 
Durchmesser, die eine Gabel von 5 Zoll Länge hatte unten 
eine Knolle von der Grösse einer welschen Nuss. Die zweite 
Gabel von 3% Zoll Länge hatte noch keine Knolle. 

3) Die Riesenerbse. 

Am 9. April wurden 30 Stück ins freie Land gelegt. 
Zwischen dem 25. April und 14. Mai durchbrachen 6 Stück 
den Boden. Die übrigen Kerne waren verkommen. Wahr- 
scheinlich waren die Samen nicht ganz reif gewesen. 

Die 6 Pflanzen wuchsen kräftig und freudig bis zu einer 
Höhe von 5 Fuss mit zahlreichen Blüthen und Schoten, welche 
letzteren von ausnehmender Süsse und Weiche waren. Ende 
Juli waren die meisten Schoten bereits reif. Die abgenom- 
menen Samen erschienen grün und in der trockenen Hülle 
bereits zusammengeschrumpft. Der Anbau ist empfehlens- 
werth für Gartenkultur, denn die Erbse muss gestengelt werden. 

Von reifen Erbsen habe ich keine zur Probe gekocht. 

4) Die kleine Pahlerbse. 

Von den am 9. April ins freie Land gelegten 30 Erbsen 
waren am 25. April bereits 26 gekeimt. Dieselben entwik- 
kelten sich bis zu einer Länge von 3 Fuss, gaben reichlichen 
Ertrag und reiften leicht im Anfang Juli. Zum Genuss als 
grüne Schoten sind dieselben zu klein. Als Felderbsen ge- 
baut sind die Körner klein. Nur ein Versuch in grösserem 
Maassstabe lässt ein Urtheil über die Ergiebigkeit fällen. ; 


a ee TO GE 


Er 


135 


Mehlthau hatte sich bei beiden Arten nicht eingefunden. 

5) Rubus Idaeus aus Norwegen. 

Der Samen ist nicht aufgegangen. 

6) Stangenbohnen aus Norwegen. 

Am 20. April wurden 12 Bohnen ins freie Land gelegt, 
welche am 8. Mai sämmtlich ihre Cotyledonen über die Erde 
erhoben hatten. Sie wuchsen rasch an den Stangen empor, 
und gaben Mitte Juni grüne Bohnen bis zu 9 und 10 Zoll 
Länge von mildem Fleisch, ähnlich den Schwertbohnen. Sie 
setzten leicht an. Im August war die Vegetation vorüber, 
wahrscheinlich, weil ich ihnen die ersten Bohnen nicht ab- 
nahm. Bei stärkerer Aussaat und dem Verbrauch der ersten 
grünen Bohnen würde ihr Wachsthum wahrscheinlich von 
längerer Dauer gewesen sein, wie es bei anderen Bohnen 
der Fall ist. 

Ihr Anbau als grüne Bohne ist zu empfehlen; den Genuss 
der reifen Bohne habe ich nicht probirt. 

7) Stangenbohne aus Mexico. 

Mit jenen Bohnen zugleich ausgelegt, keimte dieselbe 4 
Tage später. 6 Bohnen aber von den 12 ausgelegten ver- 
darben in der Erde. 

Ihre Entwicklung war immer gleichmässig aber langsamer, 
als bei jener Bohne. Ihre Früchte waren ebenfalls mild, aber 
nicht von der Grösse jener. Ihre Vegetation dauerte etwa 
14 Tage länger. Reifen Samen zu gewinnen machte keine 
Schwierigkeit. 

8) Bukowina-Mais. 

Am 14. Mai in den Garten ins freie Land gelegt, waren 
bereits am 20. Mai fast sämmtliche Körner 1 Zoll hoch über 
der Erde. Die erste Entwicklung ging in diesem Maasse 
rasch vorwärts, so dass am 18. Juni bereits die Pflanzen 


mit reifen Blättern eine Höhe von 3 Fuss hatten. In Mitte 


Juli erschienen die männlichen Blüthen bei einer Höhe von 

5--6 Fuss und wurden die höchsten Pflanzen bis9Fuss. Ende 

September nahm ich die ersten reifen Kolben ab. Sämmt- 

liche Pflanzen entwickelten 3, aber nicht alle bildeten sich 
10* 


136 


aus. Ich hatte die Pflanzen zu dicht gelassen; nur 5 Zoll 
auseinander. Ein heftiger Sturm hatte sie auch in der Blüthe- 
zeit gänzlich umgeworfen, so dass sie gestängelt werden 
mussten, wobei etliche Wurzeln verletzt wurden, was ihrer 
Entwicklung Abbruch that. 

Der Anbau zum Grünfutter und auch zum Reifwerden 
dürfte empfehlenswerth sein. 

9) Sorghum glycychylum. 

Von den am 14. Mai gelegten Körnern durchbrachen erst 
im Juni einige schwächlich aussehende Pflanzen den Boden, 
welche im. August erst einen Fuss hoch waren. Im Septem- 
ber wuchsen sie rasch bis 5 Fuss hoch und erst im Oktober 
kamen einige Blüthen zum Vorschein, so dass die höchsten 
Pflanzen eine Länge von 7—8 Fuss erreichten. Ein Ansetzen 
von Samen habe ich noch nicht beobachten können.! Die 
Blätter sind schmäler als bei Mais, desshalb kann der Stand 
ein dichterer sein. Die Entwicklung der einzelnen Pflanzen 
war ungleichmässig, denn manche kamen zu keiner Blüthen- 
entwicklung und wurden nicht über 2 Fuss hoch. 

Der Stengel resp. dessen Mark ist äusserst zuckerreich. 
Der Samen war aber nicht zur Hälfte aufgegangen. 

10) Die grünköpfige weisse Mohrrübe, 

Der Samen ging fast gar nicht auf, Die einzelnen Pflanzen 
blieben in ihrer Entwicklung zurück und wurden von den 
gleichzeitig von hiesigem Samen entwickelten Pflanzen glei- 
cher Art rasch überholt. 

11) Chinesische Gurken. 

Bei derselben fehlen mir leider speziellere Daten. Sie 
wurde mit anderen Gurken gleichzeitig ins freie Land gelegt, 
entwickelte sich anfangs gleichmässig mit jenen, behielt aber 
bei eintretender kalter Witterung ein frisches Aussehen, setzte 
sehr reichlich Gurken von gutem Geschmacke an, welche 
sich zu einer Länge bis 1% Fuss entwickelten und noch ge- 
niessbar waren. Noch im September setzten neue Gurken 
an, als die ersten bereits gereift waren. | 

"Der Anbau dieser trefllichen Gurke ist sehr zu enäffehlöni 


137 


Alle Pflanzen wurden auf humosem, gedüngten Sandboden 
gezogen. 

12) Rieinus major und minor. 

Im vorigen Jahr hatte ich von Ricinus major und minor 
je 2 Pflanzen, von welchen ich reifen Samen erhielt. 

Ersterer hatte eine Höhe von 3 Fuss; letzterer von 6 Fuss 
erreicht. Bei Ersterem waren die blau angelaufenen Stengel, 
Aeste und Blattstiele erheblich kleiner als bei Letzterem, 
welcher 'einen Stengel von fast 2 Zoll Durchmesser hatte. 
Die Blattstiele waren fusslang und die Blätter vielzackig 
ausgeschnitten; hatten einen Durchmesser von | Fuss 3 Zoll. 

Die dies Jahr im Mai ins Frühbeet gelegten Samen ent- 
wickelten nur 2 Pflanzen von Ricinus major und 6 von Ri- 
cinus minor, obgleich von jeder Art 12 Körner gelegt wor- 
den waren. 

Eine von den Pflanzen des Minor übertraf an Kraft des 
Wuchses und namentlich an Entwickelung der Blätter und 
Blüthen den Ricinus major. Dieser erreichte die Grösse wie 
im vorigen Jahr. Die Blüthenkolben waren 1 Fuss 8 Zoll 
lang, die des Minor nur 8 Zoll. 

In diesem Jahre aber wurde die eine Staude von Ricinus 
minor 7 Fuss hoch, 5 Fuss im Durchmesser, hatte viel Sei- 
tenäste, mehr als fusslange Blattstiele, einen zwei Zoll dicken 
Schaft, eine Blüthentraube von fast 2 Fuss Länge. 

Es entwickelten sich jedoch keine reifen Samen. Aeusser- 
lich sehen die Körner zwar gut aus. ‘Aber die Cotyledonen 
waren nur Schalen ohne Eiweiss. 

Die stachelichten Kapseln sprangen auch nicht wie im 
vorigen Jahre auf. 

Ebenso wenig erhielt ich von Rieinus major reifen Samen 
und der vorjährige hat seine Keimkraft verloren. 

13) Zizania aquatica. 

Der Samen ist nicht aufgegangen. 

Ber) Im Auftrag des landwirthschaftl. Vereins zu Steinau. 
Mühlendorff, 
Königl. Oekonomie-Commissar. 


138 


IV. | 
Klein Gustkow, 8. December .1860. 

Von den übersandten Sämereien sind: gut gerathen: 

Die Reisgerste aus Norwegen, die Gurke aus Babylon, 
die Riesen- und Pahlerbse,. welche 13 Fuss ‚hoch: ge- 
worden ist. 

Die grüne niedrige Pahlerbse. 

Die Stangenbohne aus Mexico. 

Ebenso sind diese Pflanzen alle reif geworden und wird 
deren Samen 1861 zu weiteren Versuchen ausgepflanzt werden. 

Der chinesische Riesenhanf ‚ist 6 Fuss hoch, ‚aber 
nicht reif geworden. 

Die Radieschen von Madras sind zwar sehr gross ge- 
worden, haben aber keine Schoten angesetzt. 

Der Maryland Taback hat zwar schöne breite Blätter, 
die sich’ gut rauchen, aber’keinen ‚Samen gebracht. 

Sorghum saccharatum ist nur 4 Fuss hoch, aber 
nicht reif geworden. 

Morus alba ist sehr ungleich und sehr spät aufgegangen. 


Zizania aquatica, Bukowina Mais, Himalaya 


Erbsen, Ohio Taback sind.nur schlecht nulgegangen! und 
haben nur sehr spärlich. vegetirt. 
Ueber den Erfolg der fortgesetzten Versuche werde ‚nicht 
unterlassen später zu berichten. 
(gez.): Der Vorstand des Bütower Oekon. Vereins, 
Landrath von Puttkammer. 


V. 


Die Lokal- Abtheilung XIV a. des landwirthschaftlichen 
Vereins zu Coblenz ‚berichtet bei: Gelegenheit ihrer. Herbst- 
General - Versammlung. am 25. October 1860 über die von 
Herrn Falkenberg angestellten, Versuche: mit. einigen im 
Frühjahr durch den Asslinabinalionsn Verein apergebbnen 
Sämereien. 

Die Stangenbohnen aus Carracas entfalteten sich gut 
und erreichten eineHöhe von 12 Fuss, Die reichlichen Schoten 


139 


eine Länge von 14—15 Zoll. Der Geschmack derselben war 
sehr gut. Die Mumienerbse rankte sich bis 8 Fuss hoch, 
trug jedoch : verhältnissmässig wenig Schoten. Beide, die 
Bohnen wie die Erbsen, waren zur weiteren Aussaat reif 
geworden und wurden die zur Ansicht davon ausgelegten 
Samen von den Anwesenden rasch vergriffen. Die Radies 
aus, Madras erreichten eine Höhe von 3 Fuss und trugen 
eine Menge 4&— 5 Zoll lange Schoten, diese schmeckten im 
grünen Zustande weit aromatischer als die hiesigen Wurzel- 
radieschen und scheinen sich ganz vorzüglich zum Einmachen 
als Mixed Pikles zu eignen. Der von dem Direktor kulti- 
virte Bukowina-Mais erreichte eine durchschnittliche 
Höhe von 6— 7 Fuss, trug reichliche Kolben bei grosser Blatt- 
fülle, wurde durchweg reif und dürfte sich vorzüglich zu 
Futtermais eignen. 

Die chinesischen Gurken aber hatten vor hiesigen 
bekannten guten Sorten keine besonderen Vorzüge. 


v1 

Desgleichen theilt der landwirthschaftliche Verein zu 
Brandenburg in einem Referate über die von demselben am 
6. October 1860 veranstaltete Fruchtausstellung mit: 

Aus von dem Acclimatisations- Verein dem landwirth- 
schaftlichen Verein übergebenen Samen von der grünen chi- 
nesischen Gurke hatte Herr Ferd. Schäfer eine dergleichen 
gezogen und zur Ausstellung gegeben, die ihrer Grösse und 
Reichhaltigkeit an Fleisch wegen, die Einführung sehr verdient. 

Eine ähnliche Gurke hatte der landwirthschaftliche Verein 
zu Brandenburg dem Acclimatisations-Verein zugesandt mit 
der Bemerkung, dass während bei dem feuchten Wetter dieses 
Sommers die anderen Gurken fast alle mehr oder weniger 
schlecht gerathen seien, die grüne chinesische Gurke sich 
dennoch sehr gut bewährt habe. 


Vu, 


Pfaueninsel, 11. December 1860, 
I. Weisser Feldmohn aus Christiania. 


140 


Ausgesäet den 31. März, reif den 20. August. Auf wenig 
lehmhaltigem Sandboden, im Vergleich mit dem schon lange 
hier angebauten Peldmohn, dessen Köpfe kleiner, im Ertrage 
gering. Pfd.Lth. 
20° Reihen des norwegischen Mohnsgaben1 Metzeknapp=4 8 
20°, ©, hiesigen Feldmohns 1 yl2y yo =6rl 

II. Grünbleibende Brockelerbse aus Christiania. 

 Ausgesäet den 3. April. Pflückbar am 27. Juni. ' Reif am 
2. August. 

Ill. Pois Michaux (ä oeil noir). 

Ausgesäet den 3. April. Pflückbar den 1. Juli. Reif 
2. August. | 

Beide Erbsen, mir nur in wenigen Keimen zugekommen, 
haben kein freudiges Wachsthum gezeigt, woraus jedoch 
nichts gegen sie zu schliessen, da ein solches Nachlassen bei 
von weit her eingeführten Hülsenfrüchten als vorübergehend 
schon öfter: beobachtet worden. 

Die Sperlinge haben die Erträge um ein Erhebliches ge- 
mindert. _Ob daran, die Vorzüglichkeit der Früchte oder die 
Nähe mehrerer Getreidesorten schuld, konnte nicht entschie- 
den werden. 

IV. Triticum aristatum. Sommerweizen aus Chri- 
stiania. 

Gesäet den 2. April. Reif den 24. Juli. 

V. Club spring wheat from Canada aus Christiania. 

Gesäet, den 2. April. Reif den 24. Juli. 

VI. Reisgerste von Breslau aus Christiania. 

Gesäet am 2. April. Reif am 23. Juli. 

VII Nackte Peruanische Gerste aus ‚Christiania. 

Gesäet am 2. April. Reif am 23. Juli. 

VII. Gerste aus Athen in Finnmarken aus Chri- 
stiania. 

Gesäet am 2. April. Reif am 23. Juli. 

Ohnerachtet alle Vorkehrungen getroffen waren, die Er- 
träge gegen Sperlinge zu schützen, so ist dies doch so wenig 
gelungen, dass die sehr kleinen Ernten kaum einen anderen 


141 


Schluss zulassen, als den, dass den Sperlingen der Weizen 
besser schmeckt als Gerste, 

IX. Braune‘ Hirse. Ertrag — Pfd. 12 Loth. 

X. Rothe do. — 21 


” ” ” 
XI. Bronecirte do. , las, uno] 
XH. Graue do. url y 
XIH. Gelbe do. age) 
XIV. Weisse do. lg RU 5 


Sämmtlich ausgesäet den 26. April, reif den 23. Juli, 
wobei jedoch zu bemerken, dass die gelbe und die weisse 
eigentlich ‚erst am 1. August zeitig waren. 

Bei: den im Felde angebauten Hirsen war kein Schutz 
möglich. Die Sperlinge haben in den gelassenen Resten ihr 
Urtheil über die Feinheit der Sorten abgegeben. 

Die ihnen am meisten zusagenden in der Aufzählung 
beiden letzten Sorten sind nur aus dem Grunde später zeitig 
geworden, weil die kaum reifen Körner schon abgelesen wurden. 

XV. Early yellow 6 week bean aus Christiania. 

Eine Zwergbohne. ‘52 Stück gesäet am 30. April. Das 
erste: Reif-Pflücken den 16. August. 

Ertrag auf 36 OFuss = 2 Pfd. 29 Loth, den 11. December 
weniger 5 Loth, Verlust = 5,6 pCt. 

XVI. Harricot ronfle blanc nain aus Christiania. 

Eine Zwergbohne, 52 Stück gesäet den 30. April. Das 
erste Reif-Pflücken den 20. August. 

Ertrag auf 36 DOFuss = 2 Pfd. 11 Loth, den 11. December 
weniger 4% Loth, Verlust = 6,3 pCt. 

XVII Phaseolus vexillatus aus Christiania. 

Eine Zwergbohne. 52 Stück ausgesäet den 30. April. Das 
erste Reif-Pflücken den 20. August. 

Ertrag auf 36 DFuss:= 2 Pfd. 17 Loth, den 11. Dedeinber 
weniger 7% Loth, ‘Verlust = 9,7 pCt. 

XVIH. Early Rachel or Quail head beon aus Chri- 
stiania. 

Eine Zwergbohne. 52 Stück ausgesäet den 30. April. Das 
erste Reif-Pflücken den 20. August. 


142 


Ertrag auf 36 OFuss = 2 Pfd. 26 Loth, den 1. December 
weniger 4 Loth, Verlust = 4,7 pCt. 

XIX. Phaseolus ornithopus aus Christiania. 

Eine Zwergbohne, 32 Stück gesäet den 30. April. Das 
erste Reif-Pflücken den 18. August. 

Ertrag auf 36 OFuss = 2 Pfd. 6 Loth, den: 11. December 
weniger 2% Loth, Verlust = 3,3 pOt. 

Der auffallend hohe Ertrag der letzten Sorten mag an 
der weitläufigen Stellung der Pflanzen seinen Grund haben. 
Die 6füssigen Quadrate durch niedrige Maissorten auf eben 
solchen Quadraten von einander gesondert, hatte je 4 Reihen 
und auf jeder 13 Bohnen bei jenen Sorten und nur 8 bei 
dieser. Kochversuche gestatteten die kleinen Bestellungen 
nicht, weder grün noch trocken. 

Wenn der Verlust beim Eintrocknen in einem Wohn- 
zimmer einen Schluss erlaubt auf den Amylum-Gehalt, dann 
ist Phas. ornithopus (Nr. XIX.) die-in sich mehlreichste Sorte. 

XX. Mais a poulet rouge aus Christiania. 

3,.4, 5 Fuss hoch. 1—2 Kolben. 

60 Körner ausgesäet am 30. April, reif den 10. Aiekiken 
Entkörnt den 11. November.; Ertrag 5.Pfd. 5 Loth. 

XXI. Chinesischer Futter-Mais aus Christiania. 

6, 7 Fuss hoch.  Nothreif Anfangs November. Unbrauch- 
bar geblieben. 

XXI. Terzano Mais von Lucca aus Christiania. 

5, 6 Fuss hoch. 1, 2 Kolben. 

48 Korn ausgesäet den 30. April. Reif den 18. September. 
Entkörnt den 14. November, = 5 Pfd. 25 Loth. Den 11. De- 
cember Verlust 8; pCt. 

XXIII. Mais praecox d’Auxonne aus Christiania. 

3, 4, 5 Fuss hoch. 1, 2 Kolben. 

48 Korn ausgesäet den 30, April, reif den 10. September. 
Entkörnt den 14, November, = 4 Pfd. 3 Loth, Verlust den 
11. December 13 pCt. 

XXIV. Gelber Kärnthener Nr. 110 aus Öhristiänis, 

6, 7 Fuss hoch. 1, 2 Kolben. 


143 


48 Korn: ausgesäet den 30. April, reif den 10, September. 
Entkörnt den 14. November, = 7 Pfd. 5 Loth. Den 11. De- 
zember ‘Verlust :15 pCt. 

XXV. Fortydays Mais aus Christiania. 

4,5 Fuss hoch. 1, 2,:3 Kolben. 

60 Korn 'ausgesäet den 30. April, reif den 10, September. 
Entkörnt den 14. November, = 2 Pfd. 20 Loth. Verlust den 
11. December 16 pCt. 

Der röthe Hühnermais ist vollständig ausgeartet, eine bei 
dieser: Sorte sich mir wiederholt habende Erfahrung. 

Der chinesische Futtermais hatte, da er mir als spätrei- 
fend schon bekannt war, seinen Standort in einer Reihe von 
einer Glaswand bekommen. ‘Aber auch diese Begünstigung 
war in dem schlechten Maisjahre unzureichend. 

Vor allen trug’ der Kärnthener reich zu. Alle Erträge 
aber waren durch Krähen, Sperlinge und Mäuse so beschä- 
digt worden, dass die gewonnenen Zahlen ohne besondern 
Werth sind. 

Die Aussaat war mit Ausnahme des chinesischen Futter- 
mais bei allen Sorten zu je 3 Korn auf 4 Reihen in bez. 
16 oder 20: Truppen bewirkt worden, welche auf 36 DFuss 
vertheilt:waren. Das Verziehen war während meiner acht- 
wöchentlichen Abwesenheit unterblieben, und hätte wohl die 
Erträge vermehren, die Zeitigung verfrühen können. 

Nach der Verdunstung im Wohnzimmer, ist Terzano der 
. zur: Erntezeit reifeste gewesen, ist also die früheste Sorte, 
und 'wenn der ‘Verlust beim Eintrockenen mit dem Stärke- 
mehlgehalt in umgekehrtem Verhältnisse anzunehmen, dann 
ist ‚der zutragendste Kärnthener gleichzeitig der in sich mehl- 
ärmste. 

XXVL-Guizotia oleifera aus Christiania will sich, 
nach meinen an dieser Pflanze l4jährigen Erfahrungen nicht 
acclimatisiren: lassen. 

Beim Bohnenbau verfolge ich seit ad Jahren das Ziel, 
diei-Trockenfrucht in den -Getreidehandel: zu bringen, und 
‚dazu. »eignen: sich’ ami besten zunächst die weissen Sorten. 


144 


Aus dem Grunde möchte ich zunächst renfl& blanc vermeh- 
ren. Early yellow dürfte eine sehr gute Brechbohne sein, 
worauf hin ich sie mit meiner bestbewährten zu vergleichen 
wünsche. 

Die anderen mögen ihr gleich kommen, doch habe ich 
nicht über soviel Gemüseland zu verfügen, wie erforderlich 
wäre, sie alle mit in den Versuch zu ziehen. 

Den Hirsebau muss ich zu meinem Bedauern aufgeben, 
so sehr dessen Pflege sogar in meinem Interesse läge. 

(gez.) G. A. Fintelmann. 


VI. 


Jaeglack, 15. December 1860. 

Ueber den Ausfall der Kulturversuche, ‘welche mit den 
dem landwirthschaftlichen Verein zu Barten in diesem Jahre 
geneigtest zugetheilten Sämereien auf mildem fruchtbarem 
Gartenboden in Jaeglack gemacht worden sind, beehre ich 
mich, Nachstehendes ganz ergebenst zu berichten. 

1) Ailanthus glandulosa. Die Pflanzen sind gut auf- 
gegangen und haben etwa 1 Fuss Höhe erreicht. Sie sollen 
im nächsten Jahre aus dem Samenbeete verpflanzt werden. 

2) Bukowina Mais. Die blattreichen Stengel haben 
eine Höhe von 8 Fuss erreicht; die Samenkolben trotz der 
durchschnittlich sehr nassen und kühlen ‚Witterung bis Mitte 
October zum grössten Theile die volle Reife erlangt. "Der 
Anbau dieser Maissorte wird in der Voraussicht, ‘dass die- 
selbe vorzugsweise für ein nasses Klima sich ‘qualifizirt, im 
nächsten Jahre fortgesetzt werden. 

3) Sorghum vulgare: und glyeychylum. : Beide 
Sorten haben breite und langblätterige Stengel getrieben von 
etwa 8 bis 9 Fuss Höhe. Die Samenbüschel der erstgenann- 
ten sind indessen nur zur Reife gelangt. 

5) Die Stangenbohnen und Erbsen sind durch einen 
Unfall zu Grunde gegangen. 

6) Amerikanischer weissblühender Lein, zeich- 
net sich in keiner ‚Weise zu seinem Vortheil aus, der aus 
ihm versuchsweise gewonnene Flachs ist kurz und hart. 


145 


7) Chinesischer Riesenhanf, hat auf dem ihm zu- 
gewiesenen kräftigen Boden nur die Höhe des gewöhnlichen 
Hanfs erlangt. 

8) Morus alba. Nur 2 Pflanzen sind aufgegangen, es 
existiren jedoch mehrere etwa 15 Jahre alte strauchartig 
gezogene Bäume von Morus alba im hiesigen Garten, welche 
auch die kältesten Winter gut überdauern, und’ nur die noch 
nicht hinreichend verholzten Zweigspitzen durch den Frost 
einzubüssen pflegen. 

9) Melonensamen aus Podolien ist nicht aufgegangen. 

10) Weberkarde ist nicht aufgegangen. Die Pflanzen 
der vorjährigen Saat haben jedoch reichlich Samenköpfe ge- 
tragen und soll der Anbau fortgesetzt werden. 

11) Zizania aquatica. Der Same, sichtlich von sehr 
schlechter Beschaffenheit, konnte aller angewandten Mühe 
ungeachtet nicht zum Keimen gebracht werden. Eine er- 
neuerte Zusendung von keimfähigen Samen würde mit Dank 
entgegengenommen werden. 

(gez.) Der Vorstand des landwirthschaftlichen Vereins 

zu Barten. 
Siegfried. 


IX. 


Königsberg in Pr., 16. December 1860. 

l) Zizania aquatica. Der Samen wurde an vier in 
verschiedenen Gegenden ansässige Mitglieder unseres Ver- 
eins vertheilt, theils auf unter Wasser stehenden, andern- 
theils auf wasserfreien Moorländereien ausgelegt. Der Er- 
folg war aber überall gleich, nirgends hat sich eine Spur 
von Vegetation gezeigt. Die Stellen der Aussaat sind be- 
währt und wird ihnen im künftigen Jahre eine spezielle Be- 
aufsichtigung gewidmet werden, ob nicht vielleicht sich 
Pflanzen zeigen werden. Wir zweifeln aber daran, da nach 
dem Berichte des Consul Kühne der Samen, der keimfähig 
erhalten werden soll, einer Einpackung in Moos bedarf; uns 
ist die Zusendung nicht derartig geworden. Wir sind aber 


146 


gern bereit, einen nochmaligen Versuch mit in: Moos ver- 
packten Kai zu machen. 

2) Sorghum saccharatum hat auf Gartenbbkn ge- 
zogen eine Höhe von 12-14 Fuss erreicht, ‘auf minder 
günstigem eine von 5 Fuss. Der Samen ist nirgends zur 
Reife gekommen. 

3) Sorghum glyeychylum erreichte auf Mittelboden 
eine Höhe von 4 Fuss, erwies sich sehr blattreich, reifte 
aber ebenfalls nicht. 

4) Riesenfuttermöhre zeigte sich im Ertrage recht 
günstig. 

5) Die kleinkörnige Pahlerbse erwies sich bei später 
Reife als volltragend. 

6) Stangenbohnen aus Carracas und 7) Oelbohne 
aus China waren auf Gartenboden sehr lohnend. Auf ge- 
ringem Boden ebenfalls lohnend, aber nicht reif geworden. 

8) Amerikanischer weissblühender Lein. In gut 
kultivirtem Lande ausgesäet, steht: dem Rigaer Lein bei 
Weitem nach, indem der Stengel niedrig und sehr holzig 
war, der Bast sich schwer von den Holztheilen trennt und 
der Saatertrag ein höchst geringer war. 

9) Morus alba sehr gut aufgegangen, die Pflanzen haben 
eine Höhe von 2 Zoll erlangt. 

10) Chinesischer Riesenhanf, erreichte auf gut 
kultivirtem Boden eine Höhe von 12— 14 Fuss. Der Samen 
gelangte nicht zur Reife. 

11) Bukowina Mais erschien bei 4% Fuss Höhe sehr 
blattreich, kam aber nicht zur Reife. 

12) Gurken aus Babylon. 

Sind zum Anbau nicht zu empfehlen, indem sie wenig 
Früchte liefern. 

13) Pyretrum carneum stand Ende October noch in 
Blüthe. 

14) Maryland Taback hat nicht gekeimt. 

15) Cicer aretinum. Wuchs vortrefflich, die Früchte 
gelangten aber nicht zur Reife. 


147 


16) Erfurter Klunker-Erbse ist zu weiteren An 
bau-Versuchen nicht zu empfehlen, indem sie bei blattreichen 
Stengeln viele leere Schoten zeigte, und von den gefüllten 
nur wenige reif wurden. 

17) Rubus idaeus hat nicht gekeimt. 

(gez.) Der Verein zur Beförderung der Landwirthschaft. 
(gez.) Meier, Geschäftsführer. 


X. 


Hasenholz, 22. December 1860. 
Da es sehr spät wurde, als ich die Sämereien erhielt, 
so habe ich nur die Hälfte von Ailanthus glandulosa 
ausgesäet, da mein Acker schon bestellt war. Derselbe ist 
aber gut aufgegangen und besitze ich davon 150 junge Pflanzen. 
Ebenso habe ich von der Weberkarde sehr schöne junge 
Pflanzen von diesem Jahr, welche sehr kräftige Blätter von 
12—16 Zoll Länge und 5 Zoll Breite entwickelten. Ich 
würde sehr gerne eine Probe davon gesandt haben, aber 
es ist unmöglich des harten Frostes halber. Ich hatte auch 
einige Ricinus-Pflanzen, die eine Höhe von 8 Fuss, bei 
einem ‚Stieldurchmesser von 1% Zoll hatten und eine wahre 

Zierde meines Gartens waren. 
(gez.) Lehrer Schojan. 


XI. 


Herr Rittergutsbesitzer W. Lenke in Heinrichsdorf bei 
Bahn in Pommern erstattet unterm 27. Dezember 1860 fol- 
genden Bericht über die Resultate der vom Acclimatisations- 
Verein erhaltenen und auf dem Rittergute Heinrichsdorf an- 
gebauten Sämereien: 

1) Ailanthus glandulosa 
wurde zur Hälfte Anfang April in Laub- und Haideerde zu 
gleichen Theilen im Mistbeet, zur andern Hälfte zu Ende 
April in kräftigen, feucht und etwas schattig gelegenen Gar- 
tenboden ausgesäet. Von beiden ist auch nicht ein Korn 
aufgegangen. 


148 


2) Sorghum saccharatum und Imphy. 

Anfang Mai auf kräftigem Gartenboden ausgesäet, er- 
steres gut, letzteres sehr lückenhaft aufgegangen. $. accha- 
ratum gedieh sehr gut, lieferte grosse Blättermasse, hält 
aber nach allen Seiten mit Mais im Ertrage keinen Vergleich 
aus. 8. Imphy blieb dürftig und scheint sich zum Anbau 
nicht als vortheilhaft zu eignen. Samen wurde von beiden 
nicht reif. 

3) Taback von Ohio, Maryland, Goundi; 
alle sehr gut'aufgegangen , Maryland besonders zu empfehlen, 
wegen seiner sehr grossen Blätter, nächst diesem 'Goundi. 
Ohio blieb am geringsten. Da der Boden derselbe war, so 
lässt sich annehmen, dass der Taback von Maryland zum 
Anbau sehr zu empfehlen sei und in günstigeren Sommern 
als der diesjährige, ausserordentlich hohen Ertrag liefern wird. 

4) Delbohne aus China. 

Anfang Mai in warmer geschützter Lage ausgesäet; hat 
bis zum Herbst nur die Länge eines‘ Fingers erreicht und 
ist gar nicht zur Blüthe gekommen. 

5) Erbse des Ueberflusses. 

Mitte April auf kräftigen, etwas feuchten Sandboden aus- 
gelegt, wuchs schnell und üppig hervor, wurde sehr lang 
in Ranken und gab einen ganz ungewöhnlich reichen Ertrag 
an Körnern, so dass ihr Anbau nicht genug empfohlen wer- 
den kann. 

6) Riesen-Pahlerbse. 

Zur selben Zeit und auf denselben Boden gesäet, wurde 
sie noch länger als vorige, gab aber bei weitem geringeren 
Ertrag an Schoten und Körnern, welche indess an Geschmack 
der vorigen vorzuziehen sind. | 

7) Grüne niedrige Erbse aus Canada 
gering im Ertrage hat sie keinen Beifall gefunden. 

'8) Amerikanischer weissblühender Lein. 

Mitte April auf feuchten, fetten Sandboden gesäet, ist 
vorzüglich gediehen, und soll der reichlich gewonnene $a- 
men im nächsten Frühjahr zu grösseren Versuchen verwen- 
det werden, da derselbe sehr lohnenden Ertrag verspricht. 


149 


9) Radies von Madras. 

Anfang Mai in fetten Gartenboden gesäet, erreichte als 
Pflanze riesige Dimensionen, Wurzel und Schote indessen 
blieben hinter der angegebenen Grösse bedeutend zurück, 
und weder erstere noch letztere dürfte auch einem nicht ver- 
wöhnten Gaumen wenig zusagen. 

10) Chinesische Gurke 
ist sehr gut gediehen, hat reichlichen Ertrag gegeben, zeich- 
nete sich aber durch besonders lobenswerthe Eigenschaften 
vor unseren gewöhnlichen Sorten nicht aus. 

11) Melone aus Podolien 
hat im Mistbeete gute wohlschmeckende Früchte geliefert, 
steht jedoch in allen Beziehungen anderen Sorten nach, die 
hier seit Jahren kultivirt werden. 

XH. Ä 
Stadt Buckow, 28. Dezember 1860. 

Ailanthus glandulosa. Die wenigen mir übermachten 
Samenschoten übergab ich einem benachbarten Gärtner in 
Reichenberg, der sie in gut kultivirten, etwas strengen Bo- 
den ausstreute. Der Same war keimfähig und ist sehr gut 
aufgegangen, und sind die Pflanzen kräftig. — Zu bemerken 
hätte ich, dass wir in unseren Wäldern mehrere recht schöne, 
haushohe Exemplare dieses Baumes besitzen. 

Bukowina-Mais und Sorghum säete in meinem Garten 
aus und ist von den Körnern fast gar nichts aufgegangen. 
Grund davon ist wohl, dass der Boden zu thonig, kalt und 
etwas nass, zumal in feuchten Jahren ist. 

Die Erbse des Ueberflusses hat sich gut bewährt, 
. noch besser die grüne Pahlerbse und jene, die SieMu- 
mien-Erbse nennen. 

Letztere kann meine Frau nicht genug loben; kocht vor- 
- trefflich, trägt reichlich, und empfiehlt sich gekocht durch 
die schöne grüne Farbe. Von den beiden letzteren Species 
füge ich Proben bei. 

Harricot cosse chair trug ziemlich zu und habe nur 


von den wenigen Bohnen wenig Samen sammeln können. 
1860, Bd. II. 11 


150 


Phaseolus multiflorus trug überreich, blüht prächtig 
und bis ins Spätjahr hinein. Eignet sich zum Bedecken von 
Spalieren, Lauben u. s. w. Eine Probe füge bei. 

Morus alba ging gut auf, muss aber trockenen Boden 
haben. | 

Ricinus ist in meinem kalten, feuchten Boden wenig 
aufgegangen; sehr gut in Hasenholz bei dem Vereinsmitglied 
Lehrer Schojan, doch waren auch dort die Pflanzen klein. 

Melone aus Podolien ist in freiem Lande nicht auf- 
gegangen, obschon ich den Boden wohl präparirt hatte. 

(gez.) Prediger und Rektor Strasburg. 


XIU. 


Züllichau, 30. Dezember 1860. 

Dem hochgeehrten Vorstande sprechen wir hiermit unsern 
ganz ergebensten Dank für die uns im März zugekommenen 
Sämereien aus; wir haben dieselben dem fürstlich reussischen 
Hofgärtner Förster zu Trebschen übergeben und berichtet 
derselbe über das Resultat der von ihm angestellten Anbau- 
Versuche Nachstehendes: 

1) Ailanthus glandulosa ist gut aufgegangen. Die 
Pflanzen erreichten 2 Fuss Höhe. 

2) von Bukowina-Mais wurde auf leichtem Boden 
guter Ertrag erzielt, daher zu empfehlen. 

3) Sorghum saccharatum wurde auf Gemüseland ge- 
säet, mit der Harke eingehackt und überharkt, trieb 7—8 
Fuss hohe Stengel; von einzelnen wurde keimfähiger Same 
geerntet. | 


4) Riesen-Futtermöhre (rothe) wurde sehr langund 


stark und scheint dauerhafter zu sein als die weisse. 

5) Riesen-Pahlerbse ziemlich ertragreich, aber als 
feines Gemüse nicht zu empfehlen. 

6) Stangenbohne aus Mexico, zwar ertragreich, aber 
als grünes Gemüse ihrer fasernden Schoten und. getrocknet 
der harten Schale wegen, nicht zu empfehlen. | 

7) Amerikanischer weissblühender Lein war sehr 
feinfaserig, hat aber wenig Samen getragen. 


151 


8) Morus alba wurde Ende April gesäet und ging gut 
auf. Die Pflanzen wurden 1 Fuss hoch. 

9) Dipsacus fullonum ging nicht auf. 

10) Chinesischer Riesenhanf ging nur spärlich auf. 
Die Stengel wurden 6—7 Fuss hoch; es wurde etwas reifer 
Samen geerntet. 

ll) Zizania aquatica keimte nicht, obgleich der Sa- 
men 12 Stunden in warmem Wasser von 18° Reaumur ge- 
weicht hatte, und dann auf ganz feuchten Moorboden gesäet 
worden war, auch der Versuch der Kultur in Töpfen unter 
Glas misslang trotz der grössten Sorgfalt. 

12) Pyrethrum carneum ist emporgekommen und ste- 
hen die Pflanzen bis jetzt kräftig. 

13) Chinesische Gurke hat mittelmässig getragen, 
einige Früchte wurden 12—15 Zoll lang. 

14) Dioscorea japonmica. Die Knollen wurden Ende 
April in 3 Fuss tief bearbeiteten Erdboden gelegt und er- 
reichten die reifen Früchte eine Grösse von 1% bis 2 Fuss 
Länge und 2% bis 4 Zoll Dicke. 

15) Taback. 

Die Sorten von Ohio, Maryland, Goundi und Li- 
banon sind für unsere Gegenden empfehlenswerth. Sie 
haben sämmtlich sehr schöne Blätter getrieben, welche jedoch 
nicht verarbeitet worden sind. 

(gez.) Der Vorstand des landwirthschaftlichen Vereins Zül- 
lichau-Schwiebuser Kreises. 
In Vertretung: 
Kuntze, Regierungs- Assessor, 


XIV. 


Prettin, 31. December 1860. 
Ueber die mir im Frühjahr gütigst mitgetheilten Säme- 
reien erlaube ich mir ganz ergebenst Folgendes zu berichten. 
I) Himalaya-Riesen-Erbse, 
2) Kleinkörnige Pahl-Erbse, 
3) Die Erbse des Ueberflusses 
11* 


152 


gediehen so gut wie unsere einheimischen Sorten. Von allen 
ist reifer Samen für eine bedeutende Aussaat gewonnen worden. 

4) Stangenbohnen aus Mexiko, 
brachte nur 4 Pflanzen, die so gut wie unsere Bohnen wu- . 
cherten, aber ersichtlich mehr Wärme, als dieser Sommer 
bot, zu ihrem Gedeihen erforderten. Diese Bohne wird bei 
uns dieselben Anforderungen in klimatischer Beziehung 
machen, wie z. B. die weisse Wachsbohne (mit grünem 
Fleisch), d. h. sie wird in einem heissen Sommer sehr gut 
gedeihen, in einem feuchten, kalten aber schwer zur Reife 
kommen. Wir haben wenig mehr reife Körner davon geern- 
tet, als ausgesäet wurden. 

5) Radies aus Madras, 
ganz der schon gegebenen Beschreibung gemäss mit grosser 
Ueppigkeit in dem hiesigen fetten Boden gediehen. 

6) Amerikanischer Lein, mit weisser Blüthe, 
ganz so gediehen wie der einheimische, aber viel länger. 
Das geerntete Bund ist noch nicht in spinnbaren Flachs ver- 
wandelt worden. Die Ernte an Saat ist reichlich ausgefallen. 

7) Sorghum Imply, 
üppig gewachsen, sonst so stark wie Mais, in magerem Bo- 
den aber ohne. Samen. 

8) Chinesischer Riesen-Hanf, 
desgleichen ohne Samen geblieben. 

9) Ailanthus glandulosa. 
Die Pflanzen sind alle gesund vorhanden, aber klein ge- 
blieben, was einerseits der Kälte, andererseits dem etwas 
schattigen Standorte zuzuschreiben ist. 

10) Ricinus major und minor 
gedieh wie bekannt. Die Pflanzen waren noch nicht sehr er- 
starkt, als mir von Ihrer Güte Graines des Bombyx Cynthia 
zugingen, denen auch sofort die Räupchen  entschlüpften. 
Deshalb habe ich grosse Mühe gehabt, Cocons davon zu er- 
zielen; alle möglichen Versuche, die Raupen mit den an- 
gerathenen anderweitigen Laubsorten zu ernähren, blieben 
fruchtlos. Rieinus verlangten sie, nichts als Ricinus. Ailan- 
thus konnte ich ihnen noch nicht bieten. 


153 


11) Melone aus Podolien 
wurde wie die Netzmelone in Mistbeeten gezogen; sie setzte 
jedoch schwer und spät an, und lieferte eine sehr lang rei- 
fende und wirklich reife Frucht von grünem, etwas hartem 
Fleisch, war aber sehr wohlschmeckend und aromatisch. Die 
später angesetzten Früchte wurden gar nicht reif, trotzdem 
ich sie unter Glas bis in den Herbst hinein pflegte, bei wel- 
cher Pflege andere Sorten unbedingt nothreif werden. Mit 
der Nothreife war es bei dieser aber nichts. 
(gez.) Fr. Ehrhardt. 


XV. 


Heringen, 4. Januar 1861. 

Ailanthus glandulosa 
habe ich ausgesäet, aber bei der kalten, nassen Witterung 
ist derselbe zwar aufgegangen, aber vollständig verkommen. 
Die Pflänzchen fingen an zu kränkeln, als ob die Wurzeln 
angefressen wären, und nach einigen Tagen waren sie ver- 
welkt und dahin. 

Der Madras-Radieschensamen wurde gesäet und ist 
sehr gut gediehen. Die Schoten haben sehr gut zu Butter- 
brod geschmeckt. Den reifgewordenen Samen werde ich 
nächstes Frühjahr wieder säen. 

Die mir in einem Pfunde übersendete Anatgerste, 
welche ich den 9. Mai auf schwerem schwarzen gegrabenen 
Boden säete, ging gut auf, wurde aber bei anhaltendem Ost- 
winde von Erdflöhen derart heimgesucht, dass ich fast alle 
Hoffnung, ein Resultat zu erzielen, aufgab. Ein warmer 
Regen aber brachte neuen Wuchs in die blass dastehende 
und zernagte Gerste. Sie entwickelte sich rasch, trieb starke, 
mehr dem Waizen ähnliche Halme, sehr lange zweizeilige 
. Aehren, die fast alle 36—40 und etliche Körner hatten. Am 
27. August liess ich dieselben schneiden und am 6. Septem- 
ber dreschen, wobei sich in der Aufnahme ergab, dass ich 
von 1 Pfd. doch 40 Pfd. gewonnen habe. Sie ist zwar wie 
bei dem nassen Jahre nicht anders zu erwarten war, spitz, 


154 


aber doch an Gewicht schwer, so dass ich nächstes Früh- 
jahr einen halben Morgen aussäen will, und giebt sie das- 
selbe Resultat, so werde ich nur Anatgerste bauen. 

Was nun die Karden betrifft, so habe ich von der vor- 
jährigen Probeaussaat eine hübsche Ernte gehabt, habe sie 
aber bis jetzt noch nicht abgesetzt. 

In Nordhausen sind sie ausgeboten, immer indessen noch 
nicht angenommen. 

Die diesjährige Aussaat ins freie Feld ist’ aber vollstän- 
dig verunglückt. Bei dem anhaltenden Regenwetter fingen die 
Pflanzen an bleich zu werden, und sind bis auf wenige ver- 
fault; nur in einem Garten sind mir vielleicht ein Schock 
Pflanzen übrig geblieben. 

Der Boden hier scheint mir für die Karde, des hochtre- 
tenden Grundwassers wegen, nicht günstig zu sein. Auch 
die länger andauernden Regenschauer wirken sehr verderb- 
lich, denn können die Blätter nicht sogleich nach dem Re- 
genwetter geschlitzt werden, so dringt meines Erachtens die 
Feuchtigkeit durch die Poren in die Stengel; die Pflanze fängt 
an zu kränkeln, bekommt das Ansehen, als ob sie von Mehl- 
thau befallen wäre; die Kardenköpfe werden schwarz und 
die Pflanze stirbt. Noch einmal will ich es versuchen, sollte 
aber das Jahr 1861 wieder nass werden, so ist zu erwarten, 
dass der Versuch wieder misslingt. 

| (gez) Stade, Diakonus. 


XVl. 


Herr Rittergutsbesitzer M. Kaufmann in Köln sendet 
unter dem 5. Januar 1861 den von seinem Gärtner erstatte- 
ten Bericht, indem er dabei bemerkt, dass die Versuche in 
dem Gemüsegarten seines zu Brühl gelegenen Landhauses an- 


gestellt wurden, und dass der dortige Boden aus schwerem 


Lehm mit einer kleinen Sandmischung besteht. 

1) Ailanthus glandulosa ist gut aufgegangen, jedoch 
sind die jungen Pflanzen in unserem Boden schlecht voran 
gekommen. 


BE 1 En VIREN TC 


155 


2) Sorghum Imphy ist bei uns zu einer schönen Ent- 
wickelung der Blattmasse gekommen. 

3) Die Erbsensorten waren volltragend, jedoch müssen 
wir der Erbse des Ueberflusses den Vorzug geben. 

4) Die Oelbohne aus China ist gar nicht zur Blüthe 
gekommen, trotz sie in einer sonnigen, geschützten Lage ge- 
pflanzt worden. 

5) Panicum sanguinale oder Himmelsthau ist nicht 
gut emporgekommen, was indessen der Boden wohl verursacht 
haben mag. 

6) Die Gurkensorte ist zu empfehlen, da sie gut war. 

7) Der Taback von Ohio, Maryland und Goundi, 
überhaupt alle drei Sorten, sind zu schöner Blattmasse ge- 
kommen. 

8) Melone aus Podolien ist im Freien nicht, dagegen 
im Mistbeet vorzüglich gediehen und hat viele Früchte ge- 
bracht. 


XV. 


Herr Rittergutsbesitzer Berend sendet unter dem 8. Ja- 
nuar 1861 folgenden, von seinem Gärtner erstatteten Be- 
richt ein: 

Im vergangenen Frühjahr wurden mir von meinem Prin- 
zipal, dem Rittergutsbesitzer Herrn Berend, mehrere Sä- 
mereien, welche derselbe vom Vorstande des Acclimatisations- 
Vereins zugesandt bekam, mit der Aufforderung übergeben, 
mich den Kulturversuchen dieser Samen zu unterziehen, und 
erlaube ich mir, nachfolgend meine Erfahrungen darüber, 
nebst Resultaten, mitzutheilen. 

1) Sorghum glyeychyllum. 

Anfang Mai säete ich den Samen auf ein besonders tief 'be- 
arbeitetes und mit verrottetem guten Pferdedünger, den ich 
ein Jahr zuvor zu Kompost aufgesetzt hatte, stark gedüng- 
tes Blumenstück, im Verband, Entfernung von 1% Fuss und 
immer 4 Körner in ein Loch. 

Die jungen Pflanzen kamen bei fortwährender Feuchthal- 


156 


tung des Beetes: nach 10— 12 Tagen hervor und zeigten bald 
ein üppiges Wachsthum, so dass sie Ende August eine Höhe 
von 9 Fuss erreicht hatten und mit ihren langen, herabhän- 
genden, schönen Blättern diese Gruppe zu einer Zierde des 
Gartens machten. Mehrere Blumenrispen zeigten sich noch 
zum Herbst, brachten indessen keinen reifen Samen. Zu 
grossen Bouquetts in Vasen habe ich die einzelnen Blätter 
häufig angewandt, wodurch diese ein gefälliges, leichtes Aus- 
sehen bekamen. Einzelne Stauden, zu 4—5 Körnern auf 
Rasenstücken, auf in cbiger Weise zubereitete Plätze gelegt, 
würden, ähnlich dem Arundo donax, einen angenehmen An- 
blick gewähren. 

2) Erbse des Ueberflusses. 

Hiervon zählte ich die Samenkörner, durch den Namen 
„des Ueberflusses* auf den Ertrag derselben neugierig ge- 
macht, und darf ich wohl annehmen, dass man dieser Erbse 
nicht mit Unrecht den Namen beigelegt, denn von 62 Kör- 
nern habe ich % Metzen Samen erhalten, kann aber leider 
in diesem Jahre von ihren Vor- oder Nachtheilen als Gemüse 
nicht urtheilen, da ich soviel Samen wie möglich gewinnen 
wollte. | 

3) Chinesischer Riesen hanf. 

Hierzu wählte ich eine auf einem Rasenplatz liegende, 
grössere runde Blumengruppe, welche mit kurzem Kuhdün- 
ger gedüngt, tief gegraben wurde, und legte die Samenkör- 
ner in Entfernung von 1% Fuss. Nach Verlauf von 14 Tagen 
zeigten sich die jungen Pflanzen, und wuchsen bald heran, 
bis die grössten eine Höhe von 10 Fuss erreicht hatten und 
reichlich Samen trugen. Die Länge der einzelnen Blätter 
der am Rande stehenden Pflanzen betrug 9 Zoll, die Breite 
6 Zoll. Diese äussern Pflanzen hatten sich völlig pyramiden- 
förmig, wenn auch leicht gewachsen, ausgebildet und nicht 
ganz die Höhe der mehr innerhalb stehenden Pflanzen er- 
langt, wodurch das Ganze eine schöne, leicht und regel- 
mässig aussehende Gestalt erhielt. 

4) Cottagers Kale. 


157 


Obgleich ich hierauf auch grosse Sorgfalt verwandte, kann 
ich von keinem günstigen Resultat berichten, da der Garten 
zu hoch liegt und sich zum Kohlbau nicht eignet. 

5) Taback von Ohio. 

Den Samen säete ich Mitte April in eine, mit leichter 
sandiger Erde gefüllte Schaale, spritzte ihn ein, und stellte 
die Schaale im Ananashaus dicht unters Fenster, wo er nach 
einigen Tagen keimte. Damit die jungen Pflänzchen nicht 
vergeilten, nahm ich die Schaale aber bald wieder heraus 
und setzte sie unter ein. warmes Mistbeetfenster, wo ich sie 
Anfangs schattig hielt, bis sie sich an Licht und Luft ge- 
wöhnt hatten. Sobald sie kräftig genug waren, verpflanzte 
ich sie in Entfernung von 10Zoll in einem mit sandiger 
Erde aus dem Mistbeete gefüllten Kasten und stellte diesen 
wieder in ein Mistbeet, wo die Pflanzen bald und kräftig 
heranwuchsen, dass ich sie Ende Mai im Garten auspflanzen 
konnte. Dies geschah auf zuvor gut mit Kuhdung versehe- 
nen und tief gegrabenen Rabatten in Entfernung von 1%TZoll. 
Ebenso bepflanzte ich auf diese Weise eine Blumengruppe, 
sowie den Rand einer anderen grösseren Gruppe, aus Canna 
discolor und indica bestehend. 

Da ich den Taback nur als Zierde im Garten anwendete, 
liess ich die Pflanzen ungestört, ohne auszubrechen und zu 
geizen, wachsen, und bekommen die grössten Blätter der 
kräftigsten Pflanzen dennoch eine Länge von 2 Fuss und 
Breite von 6 Zoll. Die blassrothen Blumen kamen Ende Au- 
gust, und habe ich, bei der ungünstigen Witterung für späte 
Samen, nur einige Kapseln guten reifen Samen erhalten. 
Grösstentheils wurden die Pflanzen 44—5 Fuss hoch und 
würde dieser Taback zu Gruppirungen in Gärten ganz zweck- 
mässig zu verwenden sein. 

6) Oelbohne aus China. 

Anfangs Mai legte ich diese niedlichen Bohnen auf eine 
Rabatte an einer mit Wein bepflanzten Mauer, wo sie vor 
den Ost- und Nordwinden geschützt den ganzen Tag der 
Sonne ausgesetzt waren, immer 4 Körner zu einer Staude, 


158 


Sie keimten auch bald, haben aber bei ihrem so üppigen 
Wachsen, da sie 2 Fuss hoch wurden, bis zum Herbst nicht 
einmal Blumen gezeigt. 

7) Stangenbohnen aus Mexiko. 

Um 12 gesteckte Stangen legte ich um jede einzelne 4 
Samenkörner, welche auch bald aufgingen und die Stangen 
"bis oben berankten. So gut sie aber im Kraute fortwuchsen, 
so wenig Früchte brachten sie doch nur, dass ich von der 
besttragenden Stange nur 16 Samenschoten, jede zu 3—5 
Körner pflücken konnte. Ob sie als Gemüse zu empfehlen 
ist, kann ich nicht beurtheilen, werde aber vielleicht im 
nächsten Jahre Auskunft geben können. 

(gez) Wünn. 


XVII. 


Marienwerder, im Januar 1861. 

Von den Samenproben haben alle diejenigen, welche mehr 
Wärme als Feuchtigkeit bedürfen — und diese Anforderung 
stellten bei Weitem die Meisten — in Folge des kalten und 
und nassen Sommers 1860 ein werthloses Kultur - Resultat 
gegeben. 

Bukowina-Mais ging spärlich auf, die Pflanzen er- 
reichten bei kräftiger Entwicklung ca. 8 Fuss Höhe, setzten 
aber wenige Kolben an, welche die Reife nicht erlangten. 

Chinesischer Futter-Mais dagegen, welchen wir im 


Jahre 1859 erzogen haben (cfr. Zeitschr. f. Acelim. Bd. II. . 


p. 41), wurde diesmal zeitig (12. April) gesäet und lief trotz 
der vorjährigen späten Saat (Anfang Mai) vollständig auf, 
gab eine reiche Menge Kolben und bietet auch deren Aus- 
sehen, wiewohl Ende Oktober grün gebrochen, die Hoffnung, 
dass die Körner ungeachtet der grossen Ungunst der vorjäh- 
rigen Witterung durch die Nachreife in den Kolben völlig 
keimfähig geworden sind. Auffallend jedoch war der von 
dem vorjährigen ganz verschiedene Typus der Pflanzen, sie 
zeigten nicht die Neigung der Bestaudung, dagegen aber er- 
reichte der einzelne Stengel eine Höhe von 7—8 Fuss. Da 


EEE Sa nn a 


159 


diese reichlichere Blatt- und Stengel-Entwicklung (die aus- 
bleibende Bestaudung würde durch dichteres Säen ersetzt 
werden können) den Körneransatz nicht beeinträchtigt hat 
und die Körnerreife selbst im Vorjahre erzielt worden 
ist, können wir diese Maisart der ferneren Beachtung em- 
pfehlen. 

Radies von Madras wurde am 18. April gesäet, keimte 
sehr gut, wurde jedoch durch den Erdfloh und wahrschein- 
lich demnächst durch Frost vom 4.—7. Mai völlig zerstört. 

In dem II. Bd. der Zeitschrift S. 42 ist den Mitgliedern 
ein kleines Referat über die Anbau-Resultate von 5 Erbsen- 
sorten im Jahre 1859 vorgelegt worden und dürfte es gern 
gesehen werden, über die Anbau-Resultate von 4 derselben 
im Jahre 1860 hier eine Mittheilung zu erhalten. 

Die vorzüglichen Erbsenfelder, welche Unterzeichneter in 
Vorjahren bei dem Herrn Gutsbesitzer Buddensieg in Kuxen 
bei Christburg (Westpreussen) gefunden hatte, veranlasste 
ihn, den Genannten zu ersuchen, je ca. 1 Pfund der 1859 
in Marienwerder auf den Versuchsfeldchen des Central-Ver- 
eins gewonnenen | 

1) niedrigen Pahl-Erbse, 
2) grünen englischen Erbse, 
3) amerikanischen Riesen- (Vietoria-) Erbse, 
4) Mumien-Erbse 
auf seinem vorzüglichen Erbsen-Boden zu kultiviren. 
Herr Buddensieg berichtet über den Anbau Folgendes: 
„Alle 4 Sorten wurden am 18. April in einen milden, 
kräftigen Lehmboden im Felde (hinter Kartoffeln-Vorfrucht) 
auf ziemlich weit von einander gelegenen Piecen unterge- 
bracht — Nr. 1 und 2 breitwürfig, 3 und 4 in Reihen und 
mit Reisig-Stützen versehen. Während die anderen Sorten 
gut gediehen, blieb Nr. 1 zurück und wurde ausserdem 
noch durch einen Hagelschlag, der die übrigen auch mit 
traf, am Meisten beschädigt; daher gab sie bei verspäteter 
Ernte den geringen Ertrag, ein Missgeschick, was ich um 
so mehr bedaure bei den sonstigen Vorzügen dieser Erbse, 


160 


namentlich ihrer bereits eingetretenen Reife, bevor noch 
der Mehlthau sich verheerend verbreitet. 
Geerntet wurden: 
1) Pahl-Erbse von ca. 1 Pfd. Samen 2 Pfd. 25 Lth., sehr ver- 
schrumpft und wurmig, 
2) englische Erbse von ca. 1% Pfd. Samen 18 Pfd., wenig 
wurmig und ganz gesund, 
3) amerikanische Riesen-Erbse von ca. % Pfd. Samen 11 
| Pfd. 28 Lth., sehr gesund, glatt und gross, 
4) Mumien-Erbse von ca. % Pfd. Samen 5 Pfd, 19 Lth., 
sehr runzlich und verschrumpft. 
Nr. 2 brauchte nur 1% Stunde zum Kochen, die übri- 
gen jede 2% Stunde. | 
Ausserdem war 
1) ziemlich weich und von keinem besonderen Geschmack, 
2) von sehr lieblichem aromatischem Geschmack, 
3) am härtesten und mit bitterem Beigeschmack , 
4) am weichsten und am mehlichsten.* 

In Quantität und Qualität am besten machte sich nach 
diesem kleinen Versuche die grüne englische Erbse (kleine 
Abart), da sie das 12. Korn gab, sehr rasch weich wurde 
und sehr lieblich schmeckte. Höher in Quantität allerdings 
erwies sich die amerikanische Riesen-Erbse (ca, 15%fache der 
Aussaat), doch am geringsten in der Qualität. Die Mumien- 
Erbse scheint auch in Kuxen den Auspruch des Herrn Dr. 


Betzich -Beta zu bewahrheiten: „das dieses deliciöseste 


aller Gemüse, welches neuerer Zeit auf der Tafel der hohen 
Aristokratie nicht fehlen darf, auf der. Zunge wie Sahnen- 
kügelchen zergeht.* 
(gez.) E. John, 
correspond. Mitglied des Acclima- 
tisations-Vereins etc. 


161 


XIX. 


Stendal, im Januar 1861. 
A. Versuche über Anbau der vom Centralinstitute 
für Acclimatisation zu Berlin übersendeten Sä- 
mereien: 


I. Gemüse, 


a) Bohnen. 

Uebersendet sind 4 Sorten, nämlich: 

1) die lange bunte schwarzrothe Adlerbuschbohne, 

2) die neue blassgelbe St. Didier-Zwergbuschbohne, 

3) die Riesenbohne, 

4) die gelbe Zwergbohne. 

Sie sind sämmtlich am 4. Mai gelegt und nach 8 Tagen 
aufgegangen. | 

Nr. 1 hatte schon am 8. Juli gemüsereife Früchte, Nr. 2 
am 22. Juli, Nr. 4 am 20. Juni, dagegen gelangte Nr. 3 erst 
am 21. Juli, also sehr spät zur Blüthe. Reifer Samen ist 
gewonnen von Nr. 1 am 10. September, von Nr. 2 am 15. 
September, von Nr. 4 am 20. September, während von Nr. 3 
nur etwa der 6. Theil der Früchte und erst am 10. Oktober 
zur Reife gelangte. 

Während Nr. 1 und 4 sich als grünes Gemüse zart und 
schmackhaft bewiesen, waren Nr. 2 und 3 auch noch jung 
von grober und holziger Schale. 

Nr. 1 ist als erste frühe und wohlschmeckende Gemüse- 
bohne besonders zu empfehlen. 

Nr. 2 ist nicht reichtragend. 

Nr. 3 wächst sehr buschig und setzt reichliche Früchte 
ab, die jedoch spät und schwer reifen. 

Nr. 4 ist ziemlich volltragend. 


b) Erbsen. 
Gebaut sind 3 Sorten: 
1) Dickson’s neue frühe Favorit-Erbse, 
2) Denyer’s frühe volltragende grüne englische Markerbse, 
3) runzlige Markerbse (british queen). 


162 

Sie sind sämmtlich am 2. April gelegt und gingen binnen 
8 Tagen auf. Zur Blüthe gelangten Nr. 1 am 7. Juni, Nr. 2 
am 10. Juni, Nr. 3 am 18. Juni. 

Gemüsereif war Nr. 1 zu Ende Juni, Nr. 2 zu Anfang 
Juli, Nr. 3 am 10. Juli. 

Reifer Samen wurde gewonnen von Nr. 1 am 21. Juli, 
von Nr. 2 am 1. August, von Nr. 3 am 15. August. 

Nr. 1 erreichte eine Höhe von 3 Fuss, war ungemein voll- 
tragend, die längsten Schoten hatten 10— 12 vollkommen 
ausgebildete Körner von gutem und feinem Geschmacke. 
Dickson’s Favorit-Erbse ist daher als früh, ergiebig und zart 
zu empfehlen, Nr. 2 war ebenfalls recht volltragend, mit 
colossal grossen, jedoch nicht wohlschmeckenden Schoten. 
Nr. 3 erreichte eine Höhe von 3—4 Fuss, die ausgebildetsten 
Schoten enthielten 5—6 Körner von süssem Geschmacke. 

4) Die rothblühende Spargelerbse 
ist ebenfalls am 2. April gelegt, ging nach 8 Tagen auf, 
blühte vom 3. Juni an und hatte am 21. Juli reifen Samen. 
Sie ist zwar sehr volltragend, jedoch als Gemüse nicht schmack- 
haft und als trockene Frucht nicht wohl verwendbar. 

c) Kohl und Kohlrüben. 

1) ganz gelber Utrechter Wirsingkohl 
wurde am 1. April pr. ins frühe Mistbeet gesäet und am 12. 
Mai ausgepflanzt, entwickelte sich sehr üppig und lieferte 
zu Anfang Oktober die ersten besten Köpfe in grosser Form 
von feinem Aeusseren und gutem Geschmacke. 

Derselbe verdient empfohlen zu werden. 

2) von Rutabaga (Skirwing) 
ist uns eine Wurzel zugegangen; dieselbe ist zur Samenzucht 
am 10. April ausgepflanzt, der reife Samen ist am 20. Juli 
geerntet und werden damit weitere Proben angestellt werden. 

d) Kürbis. 

1) vegetable marrow echt englischer Schnienr, 

2) vegetable marrow hellgelber neuer Schmeer, 

3) vegetable marrow gestreifter neuer Schmeer, 

4) vegetable marrow runder neuer Schmeer. 


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163 


Die Kerne sind am 6. Mai in Töpfe gelegt und aus die- 
sen am 20. Mai ins freie Land gesetzt. Sie haben sich zum 
Theil zu recht kräftigen Pflanzen entwickelt, die Mitte Juli 
6—-10 Früchte von etwa 6 Zoll Länge angesetzt hatten. Ab- 
gesehen davon, dass die einzelnen Arten sehr degenerirten 
(Nr, 4 hatte nicht runde, sondern längliche Früchte), blieben 
auch die Früchte klein, holzig und können daher diese Kür- 
bissorten weder als Zierkürbisse, noch zur Speise empfohlen 
werden. 

e) Radies. 

1) Radies von Madras. 

Die im frühen Mistbeet gezogenen Pflanzen sind am 12. 
Mai 1% Fuss im Quadrat ausgepflanzt und lieferten etwa zu 
Ende Juni geniessbare, nach Radies schmeckende Schoten 
von 3—4 Zoll Länge und % Zoil Stärke, welche jedoch bald 
befielen und dadurch ungeniessbar wurden. Weder in der 
Grösse, noch in der Feinheit des Geschmackes hat der Versuch 
auch nur annähernd das erreicht, was der Bericht des Han- 
delsgärtners Hagen in Erfurt von dieser Pflanze rühmt. 

2) Frühe gelbe Wiener Monats-Radies. 

Sie sind sowohl im Wipperich’schen Garten, als auf 
dem Versuchsfelde und zwar mit verschiedenem Erfolge kul- 
tivirt. Am 2. April in ersterem ausgelegt, bildeten sie fast 
gar keine Knollen, sondern nur lange ungeniessbare Schwänze 
und gingen die Stengel sehr bald in Samen — auf dem Ver- 
suchsfelde, später und unter günstigeren Witterungsverhält- 
nissen kultivirt, lieferte der Samen zwar grosse, jedoch nicht 
zarte und schmackhafte Knollen. 

f) Rüben (Runkeln, Mohrrüben ete.) 

Die übersendeten Wurzeln von 

1) der Dholigschen Mohrrübe, 

2) der Crapaudin-Runkel, 

3) der Elvethan-Runkel, 

4) der englischen neuen Runkel 
sind sämmtlich am 10. April und zwar so entfernt von ein- 
‚ ander auspepflanzt, dass einer Vermischung des Blüthen- 


164 


staubes vorgebeugt ist; in der Mitte Juli war die Blüthe 
vorüber; der Samen ist ad 1. am 20. October, ad 2., 3. und 
4. schon am 15. September vollkommen reif abgenommen 
und sollen mit diesem in diesem Jähre die weiteren Ver- 
suche fortgesetzt werden. 

5) Die Frankfurter dunkelrothe Mohrrübe 
ist am 27. April im Wipperich’schen Garten, am 16. April 
im Versuchsgarten ausgesäet. Die gezogenen Wurzeln von 
schön rother Farbe und glatter Form zeichneten sich dadurch 
aus, dass sie bis auf 9 Zoll Länge von fast gleicher Stärke 
waren; sie werden jedoch im Geschmacke, namentlich hin- 
sichtlich der Süssigkeit, von den hier gezogenen Braun- 
schweiger Mohrrüben übertroffen. 

g) Salat. 

1) Selbst schliessender Sachsenhäuser Bind -Sommer-En- 

divien-Salat. 

Er ist am 2, April ins freie Land gesäet; indessen ha- 
ben sich die Köpfe nicht selbst geschlossen und nicht ge- 
bleicht, weshalb die Endivien zwar nicht als Salat, jedoch 
als Gemüse (wie Spargel zubereitet) schmackhaft zu verwen- 
den gewesen sind. Am 15. August ist reifer Samen auf- 
genommen. 

2) Allerfrühster runder Kopfsalat, bruine geel, 
ist ebenfalls am 2. April ins freie Land gesäet und hatte 
schon am 7. Juli feste Köpfe gemacht. Kein Salat von den 
hier bekannten Sorten schliesst sich so früh wie dieser und 
ist schmackhafter. Derselbe wird aber in der Wipperich- 
schen Handelsgärtnerei schon seit längeren Jahren gebaut. 
Auch von ihm ist am 15. August reifer Samen geerntet. 

h) Zwiebeln. 

1) Holländische gelbe, süsse, runde Zwiebel 
ist sowohl im Wip perichschen Garten am 2. April, als 
im Versuchsfelde am 16. April ausgesäet und sind am 2. Sep- 
tember aufgenommen. Der Ertrag war nur mässig, auch 
blieben die Zwiebeln von nur mittlerer Grösse, waren jedoch 
ziemlich fest. 


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DE TREE BE 


165 


2) Grosse Kartoffelzwiebel 
ist am 2. April im Wipperichschen, am 16. April im Ver- 
suchsgarten ausgepflanzt und am 22. Juli aufgenommen. Der 
Ertrag. war ebenfalls nur mässig, an der Brutzwiebel hatten 
durchschnittlich 3—4 Junge von kaum mittlerer Grösse 
angesetzt. 

IH. Cerealien. 

Die im Frühjahre resp. Herbste v. J. übersendeten Win- 
terfrüchte, als: 

l) kleinkörniger Hühnerweizen (triticum turgidum), 

2) Sieilianischer vierreihiger Weizen (triticum vulgare 

muticum), 

3) Correnz-Roggen, 

4) Mumien-Weizen 
sind 'erst im Herbste im Versuchsgarten ausgesäet und wird 
darüber im nächsten Berichte verhandelt werden. 

Dagegen ist über den Anbau folgender Cerealien zu be- 
richten: 

5) einkörniger (Sommer-) Weizen, triticum monococcum, 

Derselbe ist am 16. April pr. auf 2 Beeten von je % Ruthe 
in Reihen ausgesäet und vom 26.—29. d. M. aufgegangen. 

Das eine Beet ist mit Lupinenschroot resp. Chilisalpeter 
gedüngt, das andere ungedüngt gelassen. Geerntet ist der 
Weizen am 5. September. 

Beim Dreschen war der Weizen nicht aus dem Stroh zu 
bringen, die grössere Hälfte der Körner blieb im Stroh. Es 
sind zwar etwa 2 Metzen gewonnen, wovon jedoch die grössere 
Hälfte aus Hülsen besteht, die selbst mit der Hand sich von 
den Körnern nicht lösen lassen. — Der Strohertrag war auf- 
fallend gering und die einzelnen Halme sehr dünn. — Ein 
wesentlicher Unterschied zwischen dem gedüngten und un- 
gedüngten Beete ist nicht hervorgetreten. 

Anscheinend verdient diese Frucht keine Empfehlung. 

6) Himmelsgerste (hordeum vulgare L. var. coelest.) 
wurde im Versuchsgarten auf 2 Beeten von je 4 OR. am 


16. April in Reihen ausgesäet und ging in der Zeit vom 
1860. Bd. IM. 12 


166 


25.— 29. April auf. Sie wurde durch Nachtfröste und kalte 
Witterung bis zum 13. Mai zurückgehalten. Am 15. Mai 
wurde das eine Beet mit phosphorsaurem Kalk, das andere 
mit feinem Lupinenschrot gedüngt; die gute Wirkung dieser 
Düngung war schon in den nächsten Tagen wahrnehmbar. 

Geerntet sind von beiden Beeten am 15. August 2% Metzen 
gute Körner & 5% Pfd. alt Gewicht, wonach sich der Ertrag 
pro Morgen auf 28 Scheffel 2 Metzen & Scheffel 84 Pfd. alt 
oder 76 Pfd. 1042 Loth neu Gewicht ergeben würde (mithin 
die ganze Ernte pro Morgen 21 Ctr. 52% Pfd. alt Gewicht). 
Auch der Strohertrag war zufriedenstellend. 

7) Sechszeilige Gerste (hordeum hexastichon L.) 
ist ebenfalls auf 2 Beeten von je % ORuthe am 16. April 


in Reihen ausgesäet und entwickelte sich wie die Himmels- 


gerste sub 6. Am 15. Mai wurde das eine Beet mit phos- 
phorsaurem Kalk, das andere mit Guano gedüngt. Die gute 
Wirkung der Düngung zeigte sich schon nach wenigen Tagen. 
Geerntet sind von beiden Beeten am 15. August 3% Metzen 
gute Körner & Metze 4 Pfd. 6 Loth alt Gewicht, wonach sich 
der Ertrag pro Morgen auf 36 Scheffel 10 Metzen & Scheffel 
67 Pfd. alt = 60 Pfd. 27% Loth neu Gewicht ergeben würde. 

Das Gewicht der ganzen Körnerernte pro Morgen würde 
hiernach 22 Otr. 237 Pfd, alt Gewicht, also etwas mehr als 
bei der Himmelsgerste betragen, wobei indessen noch her- 
vorzuheben, dass bei letzterer die Körner ganz nackt sind. 
Hinsichtlich des Strohertrags stehen sich beide Gerstenarten 
sub 6. und 7. gleich. 

8) Kurzer Grünfutter-Hafer (avena brevis), 
ausgesäet im Versuchsgarten auf 2 Beeten von: je % ORuthe 
am 16. April in Reihen, wurde er ebenfalls durch Nacht- 
fröste und Kälte bis zum 13. Mai zurückgehalten. Am 15. Mai 
wurde ein Beet mit Guano gedüngt, das andere ungedüngt 
gelassen. In Folge dieser Düngung zeichnete ersteres sich 
schon in den nächsten Tagen durch eine kräftigere Vegeta- 
tion und ein dunkleres Grün aus. 

Geerntet sind am 5. September von beiden Beeten 24 Metze, 


PR EEE IE SENT 
ee 


167 


also auf den Morgen berechnet 23 Scheffel 14% Metze, & Scheffel 
jedoch nur 24 Pfd. alt Gewicht. Dieserhalb und weil der 
Strohertrag ein nur geringer, die Körner auch dem Wild- 
hafer ähnlich,ist diese Hafersorte kaum zu empfehlen. 

9) Schwarzer Hafer von Brie (avena sativa L.) 
wurde am 16. April ebenfalls auf 2 Beete von je % ODRuthe 
in Reihen ausgesäet und entwickelte sich ganz wie der grüne 
Futterhafer sub 8. Das eine Beet wurde am 15. Mai mit 
Lupinenschroot, am I. Juni die eine Hälfte des andern mit 
Chilisalpeter gedüngt. | 

Der Hafer wurde am 5. September geerntet und stellte 
sich ein Ertrag von 2% Metzen, also pro Morgen ein Ertrag 
von 28 Scheffel 2 Metzen heraus. 

Der Strohertrag war sehr bedeutend und lieferte etwa 
das doppelte Quantum des gewöhnlichen Futterhafers. 

Der Amtmann Neubauer in Jerchel hat den Ernteertrag 
zur Anstellung weiterer Anbauversuche unter der Bedingung 
eingehändigt erhalten, dass er über das Ergebniss eingehend 
berichte. 

10) Früher Sibirischer Hafer. 

Derselbe ist am 16. April in Reihen auf 2 Beete von je 
% DRuthe im Versuchsgarten ausgesäet und entwickelte sich 
wie die vorstehend sub 8. und 9. behandelten Hafersorten. 
Am 15. Mai wurde ein Beet mit phosphorsaurem Kalk ge- 
düngt, das andere ungedüngt gelassen. Anfangs Juli zeigten 
sich nach mehreren nasskalten Tagen einige Halme vom 
Schmierbrand ergriffen, jedoch griff diese Krankheit nach 
deren Beseitigung nicht weiter um sich. Geerntet wurden 
am 5. September von beiden Beeten 24 Metzen, so dass die 
‘ Ernte pro Morgen 23 Scheffel 14% Metzen & Scheffel 40% Pfd. 
alt Gewicht betragen würde. 

‚Auffallend war es, dass unter den geernteten Körnern 
sich viele kleine ohne allen Mehlgehalt vorfanden, während 
das Saatgut dieser Getreidesorte sich gerade durch Grösse 
und Schwere der Körner ausgezeichnet hatte. 

12* 


168 


II. Futtergewächse. 
a) Mais. 

Das Sortiment, das uns von Mais durch das Central- 
Institut für Acclimatisation zugegangen, ist sehr reich und 
besteht aus folgenden Arten: 

1) Bukowina-Mais, Zea L., 
2) schwarzer kalifornischer Mais, 
“ 3) King Philipp-Mais, 
4) kleiner amerikanischer Perlmais, 
5) amerikanischer Riesenmais, 
6) Stovells-evergreen-Mais, 
7) Tuscarora-Mais, 
8) früher Tuscarora-Mais, 
9) vielfarbiger Mais, 

10) Sweet-corn-Mais. er 
Alle Maissorten sind am 9. Mai im Versuchsfelde ausgelegt. 

Von sämmtlichen Mais-Sorten zeichnete sich durch die 
Quantität der Futtermasse der King-Philipp-Mais besonders 
aus; ihm am nächsten in dieser Hinsicht stand der vielfar- 
bige Mais. Wenn auch beide Sorten nicht ganz die Höhe 
des amerikanischen Riesen-Mais (Nr. 5.) erreichten, so be- 
staudeten sie sich doch ausserordentlich und zeigten über- 
haupt ein sehr üppiges Wachsthum. Auch ist von ihnen 
(Nr. 3 und 9.) nächst dem Bukowina Mais (Nr. 1.) der meiste 
reife Samen gewonnen. Der kleine amerikanische Perlmais 
(Nr. 4.) reifte zwar auch in den meisten Kolben, diese blieben 
jedoch nur sehr klein. Von den übrigen Sorten ist dagegen 
reifer Samen überhaupt nicht gewonnen, woran freilich der 
kalte Sommer wohl hauptsächlich die Schuld trägt. 

b) Hirse. 

1) Futter-Mohar-Hirse 
ist am 10. Mai auf einem % DRuthe grossen Beete des Ver- 
suchsgartens in Reihen ausgesäet, wuchs sehr üppig und er- 
reichte bei einem dichten Stande eine Höhe von 3 Fuss, 

Am 21. Juli wurde eine Reihe um die andere 2 Zoll über 
der Erde abgeschnitten, um eines Theils den stehen blei- 


169 


benden Reihen mehr Raum zu schaffen, anderen Theils um 
den Nachwuchs zu beobachten, Die abgeschnittenen schilf- 
artigen Halme wurden vom Rindvieh mit Begierde gefressen. 
Jedoch zeigte sich weder bei den geschnittenen noch bei den 
stehen gebliebenen Reihen ein wahrnehmbarer Nachwuchs, 
so dass die Futtermasse im Ganzen unbeträchtlich blieb. 

2) Braune Zuckermoor-Hirse (Sorghum saccharatum), ;, 

3) Chokoladenfarbene Zuckermoor-Hirse. 

Wurden beide auf je ein Beet von % Ruthe im Versuchs- 
garten am 10. Mai ausgesäet. Beide Sorghum-Arten wuchsen 
anfänglich sehr langsam; erst spät im Juli trat ein rascheres 
und kräftigeres Wachsthum ein und die Pflanzen erreichten 
bis zum October eine Höhe bis 8 Fuss. Nach und nach 
hatten viele Pflanzen Blüthen getrieben, reifer Samen ist 
jedoch von keiner gewonnen worden. 

An Futtermasse stehen sich beide Arten ziemlich ganz 
gleich und übertreffen jedenfalls Sorghum glycychylum bei 
Weitem. Auch werden sie vom Rindvieh mit grosser Be- 
gierde gefressen, wenn schon in dieser Beziehung das letzt- 
genannte Sorghum ihnen vorgehen dürfte. 

c) Ceatochloa australis_ 
im Frühjahre auf einem Beete des Versuchsfeldes ausgesäet, 
entwickelte sich aus dem Samen eine sehr geringfügige und 
obenein noch harte Futtermasse, so dass aus dieser Pflanze 
sich kaum ein für die Förderung der Landwirthschaft gün- 
stiger Erfolg hoffen lässt. Samen ist davon gewonnen und 
soll im Jahre 1861 ein nochmaliger Anbauversuch unter- 
nommen und dabei die Ergebnisse beobachtet werden, welche 
sich herausstellen, wenn die Pflanze wiederholt geschnit- 
ten wird. 

d) Jeance Kartoffel. 

Die übersendeten 3 Stück Kartoffeln sind in 18 Augen- 
stücken zerlegt und diese in 3 Reihen auf ein Beet des Ver- 
suchsgartens am 3. Mai ausgelegt — in 1% Fuss Entfernung 
von einander. Gedüngt ist eine Reihe mit Mehl der gelben 
Lupine, die zweite mit Asche und gebrannten Knochen, die 
dritte mit Guano. 


170 


Von diesen 18 Augenstücken sind 2% Metzen fast durch- 
gehends grosse Kartoffeln gewonnen, und es scheint sonach 
diese Sorte nicht nur ausserordentlich ergiebig, sondern auch, 
nach einer gemachten Probe zu urtheilen, als Speise-Kar- 
toffel sehr wohl verwendbar. 

e) Aegyptische Feldbohne 
ist im Wipperich’schen Garten am 10. April ausgelegt, 
blühte am 10. Juni. Etwa der dritte Theil der Pflanzen hatte 
durch Befallen und durch Benagen von Insekten gelitten. Sie 
hat einen ziemlich reichlichen Ertrag geliefert. Die vollkom- 
mensten Pflanzen hatten 3 Stengel mit zusammen 24 Schoten 
a 3 Korn. Reifer Samen ist gewonnen. 

f) Weisser Quinoa (Hühnerfutter). 

Den Anbau dieser Nutzpflanze hat der Ober-Regierungs- 
Rath Willenbücher zu übernehmen die Güte gehabt, und 
erlauben wir uns, auf dessen anliegenden Bericht vom heu- 
tigen Tage Bezug zu nehmen. 


B. Versuche über die Kultur der vom Acclimati- 
sations-Vereine zu Berlin übersendeten Sä- 
mereien ausländischer Nutzpflanzeu, 


I. Gartengewächse (Gemüse). 
a) Erbsen. 

1) Mumien-Erbse 
wurde im Wipperich’schen Garten am 18. April gelegt, ging 
am 24. ejusd. auf, blühte am 14. Juni, war als Gemüse am 
12. Juli verwendbar und wurde 1% Fuss hoch. Sie trug alle 
Fruchtschoten dicht aneinander in der Krone. Die letzteren 
hatten eine ansehnliche Länge und einen feinen und süssen 
Geschmack. Der Samen war am 20. August reif. 

2) Riesen-Mark-Erbse 
wurde daselbst am 18. April gelegt, ging am 25. ejusd. auf, 
blühte am 22. Juni und war am 10. Juli gemüsereif, sie er- 
reichte eine Höhe bis 4 Fuss, hing ziemlich voll Schoten 
mit 7—8 Körnern und süssem Geschmacke. Der Samen 
war am 20. August zur Reife gelangt. | | 


171 


3): Cicer arietinum 
wurde am 28. April gelegt, ging nach 8 Tagen auf, trat am 
10. Juni im die Blüthe. Etwa % des Samens war in Folge 
der nassen Witterung verstockt. Der Anbau’ dieser Frucht 
erscheint nicht lohnend. 

b) Bohnen. 

‚1) Stangenbohne aus Carracas 
ist im Wipperich'’schen Garten am'4. Mai gelegt, blühte 
am: 8. Juli und hatte reifen Samen zu Anfang October. Sie 
hatte lange Schoten: von weichem Fleische und gehört zu den 
Brechbohnen. 

2) Rothe Prager Stangenbohne (Norwegen) 
wurde am 4. Mai gelegt, blühte am 9. Juli, wächst’ spärlich, 
hat wenig; Früchte ausgebildet, die erst Mitte: October zur 
Reife gelangt sind. 

ec) Radies von Madras. 
cfr. Bericht & L e:l. 
d) Gurke, 

Die, chinesische Gurke, am 2. Mai gelegt: und: am 12 Mai 
ins: freie Land: versetzt, hatte Mitte Juli’ zu Salat geeignete’ 
Früchte; ist: volltragend und: schmackhaft: 

II. Futtergewächse. 

1) Sorghum glycychylum 
wurde im Versuchsgarten am: 10.: Mai: in: Reihen ausgesäet, 
entwickelte sich sehr üppig und:stand sehr dicht, Am 22: Juli‘ 
wurde eine Reihe um die andere 2 Zoll über: dem» Boden 
abgeschnitten und an Rindvieh: verfüttert, welches) die dem 
Mais ähnlichen, anscheinend sehr nahrhaften Pflanzen be- 
gierig: frass. Die Pflanzen in den. ungeschnittenen Reihen 
wuchsen. bis zum: October fort und: erreichten eine: durch- 
schnittliche: Höhe von 4—6 Fuss; Nur wenig Pflanzen ge- 
langten zur Blüthe und bis zur Entwickelung des Samens: 
ist es bei keiner gekommen. Der Nächwuchs ‚auf den ab- 
geschnittenen Reihen war ‚nur unbedeutend: und langsam, 
woran indessen der kalte Sommer: mit Schuld haben mag. 
Die Futtermasse, welche Sorghum saccharatum: (sowohl die 


172 


braune als die chokoladenfarbene Zuckermoorhirse) gebracht, 
ist weit beträchtlicher als die dieser Nutzpflanze, welche je- 
doch von besserer Qualität als jene zu sein scheint. 

2) Setaria aus Algier | 
wurde am 10. Mai im Versuchsfelde auf ein Beet in Reihen 
gesäet. Mitte August wurde an einzelnen Pflanzen der Brand 
bemerkt. Geerntet ist sie in den letzten Tagen des August 
oder Anfang September; von % DRuthe ist eine Metze reifer 
Samen gewonnen. Ob: derselbe zur menschlichen Nahrung 
geeignet oder nur als Futter für Pferde oder auch Federvieh 
verwendbar, darüber sind noch keine Versuche gemacht, in- 
dem der Samen zur Wiederaussaat aufbewahrt wird. 

3) Riesenfuttermöhre | 
ist am 16. April ausgesäet. Sie lieferte starke Wurzeln bis 
zu 12 Zoll Länge von grosser Süssigkeit. An Ertrag wird 
sie jedoch von der hier neuerdings eingeführten weissen grün- 
köpfigen Futtermöhre bei Weitem übertroffen. 

4) Zizania aquatica 
ist an 5 verschiedenen Orten im moorigen Sandboden des 
Drömlings zu kultiviren versucht, ist aber nirgends aufge- 
gangen. Wahrscheinlich war der Samen nicht mehr keim- 
fähig. 

5) Panicum maximum. 

Ein neuer Versuch :zur Kultur diesen. Pflanze hat kein 
besseres Ergebniss als das im vorjährigen Berichte darge- 
stellte gehabt. 

6) Socomie aus Pecking. 

Die durchgewinterten Exemplare haben weder beim Han- 
delsgärtner Wipperich noch beim Regierungs-Rath Schultze 
Samen angesetzt, überhaupt in keiner Weise zugenommen. 
Diese Pflanze scheint daher für das hiesige Klima nicht ge- 
eignet. 

7) Bukowina Mais. 

efr. A. Hl. al. 
8) Chinesischer Futtermais. 
Die Aussaat von dem chinesischen Futtermais von dem 


173 


1859 geernteten, anscheinend vollkommen reifen Samen hat 
nach dem Berichte des Rittergutsbesitzers v. Alvensleben- 
Demcker nur wenig und schwächliche Pflanzen erzeugt. 

9) Dioscorea japonica. 

Ein kleines Beet überjähriger Pflanzen ergab meistentheils 
Wurzeln von 4—1 Pfd. Schwere, und würde sich hiernach 
der 2jährige Ertrag pro Morgen auf 130 — 140 Centner stel- 
len. Zum Anbau im Grossen möchte indessen doch diese 
Frucht ungeeignet bleiben, weil das Ausnehmen der Wur- 
zeln wegen deren Form und leichter Zerbrechlichkeit grossen 
Aufwand von .Mühe und Sorgfalt erfordert, überdiess auch 
in einigermassen strengen Wintern eine Bedeckung des Bo- 
dens erforderlich sein dürfte. | 

III. Handelsgewächse. 

1) Amerikanischer weissblühender Lein 
wurde im Versuchsfelde am 27. April ausgesäet und ging in 
der Zeit vom 6.—9. Mai auf, erreichte eine Höhe von 
3 Fuss und darüber, während der blaublühende kaum 2 Fuss 
hoch wurde. Es fanden sich jedoch auch unter dem weiss- 
blühenden mehrere blaublühende Pflanzen, so dass der Sa- 
men wohl nicht ganz rein gewesen sein kann. 

2) Linum usitatissimum von Riga. 

Es gingen zwar einzelne spärliche Pflanzen, die am 10. Mai 
im Versuchsgarten gesäet waren, auf, im Ganzen ist der 
- Versuch jedoch völlig missglückt. 

; 3) Chinesischer Hanf 

wurde am 10. Mai (allerdings in nicht geeignetem, hier auch 

schwer zu erlangenden Boden) ausgesäet, erreichte eine Höhe 

von 6—7 Fuss. Die Mitglieder des Comite, mit dem Hanfbau 
nicht vertraut, haben nicht sich hierbei zu verhalten ge- 

_ wusst, so dass der Versuch ein Resultat nicht gehabt hat. 

4) Ricinus communis major. 

Der eingegangene Samen ist im Mistbeete 2mal ausge- 
säet, aber, anscheinend nicht keimfähig, nicht aufgegangen. 

Von dem 1859 geernteten Samen des Rieinus communis 
ist dem Chausseegelderheber Bartels in Bindfelde mit- 


174 


getheilt, der sich mit: Seidenbau beschäftigt und weiteren 
Anbauversuchen sich unterziehen wird. | 

5) Dipsacus fullonum. 

Der ausgesäete Samen ist nicht aufgegangen. Dagegen 
sind. die 1859 gesäeten Pflanzen, obwohl sie nur wenig mit 
Reissig bedeckt, gut durchgewintert, haben sich sehr kräftig 
entwickelt und sind die stärksten Kolben zu Anfang Juli in 
die, Blüthe getreten. 

Nach dem Urtheile hiesiger Tuchweber hat diese Pflanze 
nicht unerhebliche Vorzüge vor der bisher hier gebauten 
Weberkarde. 

Dem Tuchweber Storbeck ist der gewonnene Samen 
ausgereicht; derselbe wird weitere Anbauversuche damit un- 
ternehmen und hat sich: zur Berichterstattung verpflichtet. 

6) Taback. 

Die Anbauversuche mit den verschiedenen Sorten von 
Tabacksamen: Ohio, Maryland, Goundi, Libanon, Havannah, 
Schiras und Cuba sind: in Folge des ungünstigen Sommers: 
und: da überdies: das dazu verwendete Land nicht: besonders: 
zubereitet. war, als missglückt zu bezeichnen. 

7) Rubus Idaeus 
ist im Versuchsgarten am 10, Mai ausgesäet: und habbıı die 
aufgegangenen Pflanzen eine Höhe von: 2 Zoll’ erreicht. 

8) Myrrhis odorata Ä 
ist im Versuchsgarten am 5. Mai ausgesäet, aber nicht auf- 
gegangen. 

Ad. 7. und:8. ist, Zweck und Behandlung: dem unterzeich- 
neten Comite vollkommen fremd geblieben. 

IV. Bäume. 

Ueber 

1) Ailanthus glandulosa, 

2) Morus alba 
vergleiche Anlage A., den. Bericht des Geh. Regierungsraths 
Heinrich vom heutigen: Tage. 

Von den 1859 übersendeten Sämereien ist 

3) Taxus, baccata, 
nicht aufgegangen, ebensowenig 


175 


4) Prunus sibirica, 

5) Pfirsich von Tullins, 

6) Crataegus sanguinea. 

Dagegen sind die 1859 gelegten Samenkörner von 

7) Ulmus (species indefinita), 

8) Larix dahurica, 

9) Amygdalus pedunculata 
noch im Wipperichschen Garten, ohne dass etwas Beson- 
deres über sie zu berichten wäre. 

(gez.) Roloff. Schultze. Lingner. Wipperich. 
"Schroeter. 


A. 


Der mir, anvertraute Same von 

Morus alba, gewönlicher weissfrüchtiger Maulbeer- 

baum, und 

Ailanthus glandulosa, drusiger Götterbaum, 
ist gleich nach dessen Empfange im Frühjahr 1860. im Ge- 
hölzgarten. des hiesigen Verschönerungs-Vereins ausgesäet. 

Jener ward früher als Weide genutzt und hatte sich aus 
Pflanzenresten und dem von dem Viehe verlornen Dünger 
eine 4 — lfüssige Schicht Dammerde gebildet, unter. der. sich 
strichweise entweder eine ebenso starke Schicht — theil- 
weise fast zu Stein verhärteter — Kalkmergel und dann ein 
mehr oder weniger mie Kies vermengter Sand, oder aber — 
je ‚nach dem Ansteigen des Terrains — ganz trockener resp. 
etwas feuchterer Sand mit geringen Lehmtheilen befand. 
Durch Rajolen des Bodens ist die Dammerde um 14—2 Fuss 
tief versenkt, der Kalkmergel und resp. Sand obenauf ge- 
kommen. 

‚An einer durch anderes Gebüsch vor Nordwinden etwas 
geschützten, der Morgen - und, Mittagssonne ausgesetzten Stelle 
- des vorbeschriebenen, etwas feuchteren Sandbodens ist der 
Samen von Morus alba in Rillen von 1—1% Zoll Tiefe aus- 
gesäet. Derselbe ist aber gar. nicht aufgegangen; möglich 
ist, dass derselbe noch in diesem Frühjahre keimt und treibt, 


FE 


denn es war doch schon ziemlich spät im Jahre, als der- 
selbe gesäet wurde. 

Dicht daneben und ebenso ist der Same von Ailanthus 
glandulosa der Erde anvertraut. Derselbe ist im Ganzen 
gut aufgegangen und die Pflänzchen haben in einer Höhe 
von etwa 2 Zoll das dritte Blatt entwickelt; dieselben wer- 
den, wenn die Witterung günstiger als im vorigen Jahre, 
nun rasch in die Höhe gehen, sofern der jetzige strenge 
Winter nicht geschadet hat. 

Auch im Kalkmergelboden ist Ailanthus glandulosa ge- 
säet; es sind aber hier nur wenige Pflänzchen aufgegangen 
und kümmerlich haben dieselben ihr Leben gefristet. 

Weiteren Bericht über den gemachten Versuch behalte 
ich dem nächsten Jahre vor und bemerke nur, dass einzelne 
Bäume von Ailanthus gl. 12— 15 Fuss hoch und 2—3 Zoll 
stark sich im Gehölzgarten vorfinden und dieselben bisher 
ohne Decke die Winterkälte ertragen haben. 

Stendal, 22. Januar 1861. 

(gez) Heinrich. 


B. 


Referat über den Anbau der weissen Quinoa. 

Die mir übergebene Saatprobe wurde am 19. April zur 
Hälfte in Reihen, zur Hälfte breitwürfig gesäet, und zwar in 
gut durchgearbeiteter, gedüngter Gartenerde. Ungeachtet 
günstiger Witterung ging die Saat erst am 29. April, dann 
aber dicht und gleichmässig auf. Das Wachsthum der jun- 
gen Pflanzen ging jedoch, obschon es an Feuchtigkeitsnieder- 
schlägen nicht mangelte, nur langsam vor sich; die Blüthe 
begann erst im Juni und der Fruchtansatz entwickelte sich 
nicht gleichzeitig, sondern mehrere Wochen hindurch, so dass 
die Ernte erst in der Mitte des October erfolgen konnte und, 
wenn auch im Quanto reichlich, doch viele unvollkommen 
ausgebildete Körner lieferte. Dazu kommt, dass die Hüh-- 
ner, welche ich damit fütterte, nur sehr ungern und wenig 
davon auffrassen. 


177 


Dass diese Frucht die Hühner geneigter macht, zu brü- 
ten, habe ich nicht wahrnehmen können; diese Eigenschaft 
würde auch keine Empfehlung sein, denn an brütenden Hüh- 
nern ist jetzt nach Einführung der fremden Hühnerrace kein 
Mangel, wohl aber Ueberfluss. 

Ich bin daher der unvorgreiflichen Meinung, dass die 
weisse Quinoa sich ganz entschieden nicht zum Anbau empfiehlt. 

Stendal, 22, Januar 1852. 

(gez) Willenbücher. 


Berichte über die Züchtung des Ricinusspinners 
Bombyx Ricini (Cynthia). 


Bei der im vorigen Frühjahr stattgehabten Vertheilung 
von Graines des Bombyx Ricini konnten leider nicht alle un- 
sere geehrten Mitglieder, welche dergleichen zu erhalten 
wünschten, rechtzeitig berücksichtigt werden, indem der Um- 
stand vorgekommen war, dass eine grosse Menge der zur 
Vertheilung bestimmten Graines durch eine zufällig einge- 
tretene Temperaturerhöhung bereits im Auskriechen begriffen, 
oder doch der Entwickelung schon nahe waren. Es blieb 
deshalb nichts übrig, als das Einspinnen der entschlüpften 
Raupen abzuwarten, und statt der Graines die Cocons zu 
versenden. Sehr vielen Mitgliedern haben wir sowohl Graines 
als Cocons zugehen lassen. Dabei hat sich zunächst der 
Uebelstand herausgestellt, dass die Versendung der Cocons, 
obwohl sie gut verpackt waren, doch vielfach ungünstig auf 
die Entwickelung der Schmetterlinge eingewirkt hat. Viele 
Berichte gaben nämlich davon Nachricht, dass die Schmetter- 
linge entweder ganz in den Cocons stecken blieben und ver- 
trockneten, ehe sie ausschlüpfen konnten, oder'auch, dass 
° die entschlüpften sich nur unvollkommen entwickelten und 
in Folge dessen weniger zur Begattung geeignet waren. 

Diese Umstände sind ohne Zweifel einerseits durch zu 
grosse Trockenheit, andererseits durch die starke Erschütte- 


178 


rung der Chrysaliden auf der Reise herbeigeführt worden, 
und werden wir deshalb in Zukunft die Uebersendung von 
Cocons soviel als möglich zu vermeiden suchen. 

Obwohl erst wenige Berichte über die Züchtungsversuche 
eingegangen sind, wollen wir sie doch der Reihe nach hier 
folgen lassen. 


I. 

Der Vorstand des Vereins für Förderung der Seidenzucht 
im Herzogthum Nassau berichtet unterm 27. Juli 1860 aus 
Wiesbaden Folgendes: 

Nachdem die mit dem verehrlichen Schreiben vom 4. d. M. 
uns gütigst zugesendeten Cocons ausgelegt waren, schlüpften 
am 14. d. M. ein und am 16. dess. zwei weibliche Schmet- 
terlinge aus. Vergeblich hofften wir nun von Tag zu Tag 
auf das Ausschlüpfen der übrigen, bis es sich heute, am 27., 
bei Oefinung der Cocons ergab, dass die übrigen Puppen resp. 
Schmetterlinge vertrocknet, jedoch zum baldigen Ausschlüpfen 
reif, merkwürdiger Weise, den Fühlhörnern nach zu schliessen, 
ebenfalls sämmtlich Weibchen wären, so dass wir hierdurch 
von der Graineszucht ohnehin hätten abstrahiren müssen. 

Der Grund des Absterbens der Puppen konnte von uns 
nicht ermittelt werden, liegt aber keinenfalls in der Art und 
Weise der hiesigen: Aufbewahrung. 

(gez) Schmidt, Vereinssekretair. 

Wir bemerken hierzu, dass es sehr schwer ist, nach den 
Fühlern allein die Geschlechter des Ricinusspinners zu un- 
terscheiden, da’ sowohl Männchen als Weibchen buschige 
Fühler haben. 

In den gedruckten Mittheilungen desselben Vereins findet 
sich folgende Nachricht über Versuche mit aus Paris erhal- 
tenen Graines: 

Die erste Zucht mit den uns aus Paris zugekommenen 
Eiern misslang, weil es uns an Futter fehlte. Ein zweiter 
Versuch hatte in soweit einen erwünschten Erfolg, dass 
sämmtliche Eier, etwa 100 Stück, am 10. Juni ausgingen. 


179 


Davon zog Herr Dr. Rösler 55 Raupen, fütterte Anfangs 
Blätter der Weberdistel, Dypsacus fullonum, bemerkte aber 
bald, dass dieses Futter nichts tauge, und verschaffte sich 
Ricinus- Blätter, welche von den noch kräftigen Räupchen 
gerne gefressen wurden. Da es aber an diesem Futter ge- 
brach, war der ganze Erfolg in Frage gestellt, als wir auf 
Ailanthus glandulosa (Götterbaum) als Nahrung der Raupen 
aufmerksam gemacht, dessen Blätter zur Fütterung anwen- 
den liessen, wodurch auch die noch übrigen Raupen geret- 
tet wurden. 

Das Einspinnen erfolgte vom 7. bis 12, Juli, und vom 
31. Juli bis 7. August erschienen Schmetterlinge. 

Die Paarung dauerte 2 bis 3 Tage, worauf sich eine er- 
hebliche Auzahl Eier ergab. Aus denselben wurden im Au- 
gust 1859 zwischen 2—- 300 Cocons erzielt und bei der Zucht 
der. Raupen, die getrennt, theils mit Rieinus, theils mit 
Ailanthus geschah, die Ueberzeugung gewonnen, dass die 
Fütterung mit Ricinus grössere und kräftigere Thiere erzeugt. 

Die Winterzucht misslang, weil die Eier, aus Versehen 
einer zu geringen Temperatur ausgesetzt, sich nicht ent- 
wickelten. | a er 

Die Herren Hofgerichtsrath Dr. Rösler und Lehrer Gärt- 
ner setzen die Zucht dermalen fort. 

Diese weiteren Zuchten werden voraussichtlich noch er- 
geben, ob. die Vermuthung, dass die Eriaraupe (Arrundy 
Arria) mit der eigentlichen Bombyx Cynthia verwechselt wor- 
den sei, da letztere vorzugsweise von Ailanthus glandulosa, 
erstere dagegen von Ricinus lebe, gegründet ist. 

Dem Herrn Accessisten Dr. Neubauer ist es gelungen, 
einige der von uns gewonnenen Cocons durch Kochen mit 
einer nicht zu sehr verdünnten Lösung von kohlensaurem 
Natron zu lösen. Nach dem Kochen hat er das Natron durch 
“ wiederholtes Waschen mit heissem Wasser entfernt, wodurch 
auch die letzten Leimmengen ausgezogen wurden. 

Wir glauben annehmen zu können, dass sich aus diesen 
Cocons jedenfalls eine: brauchbare Flockseide wird herstellen 


180 


lassen und werden die Versuche über die Verwendung in 
grösserem Maasse fortsetzen. 


1. 
Kassel, 20. December 1860. 

Wir erhielten durch Ihre gütige ‘Vermittelung Anfangs - 
Juli d. J. sowohl Graines, als Cocons. Die ersteren wurden 
von dem Justizbeamten Cöllmann zu Melsungen und Kan- 
tor Schäfer dahier ausgelegt und erzielten beide vom 23. Juli 
an bei sorgsamer Pflege und unter einer Temperatur von 
16 bis 18° R. recht kräftige Raupen. 

Collmann hat diese lediglich mit den Blättern der We- 
berkarde, von denen sie Anfangs nur wenig, später dagegen 
sehr viel zu sich nahmen, gefüttert. Die Raupen spannen 
sich 6 Wochen nach dem Auskriechen ein. Schäfer machte 
die Beobachtung, dass seine eben wohl nur mit dem Kraut 
der Weberkarde ernährten Raupen kurz vor dem Einspinnen 
einen gelben Saft (aus dem Maule) von sich gaben und dann 
krepirten. 

Den übrig gebliebenen gab er schnell nur Rieinus-Blät- 
ter; sie blieben in Folge dessen gesund und spannen sich 
normal ein. 

Beide Züchter bewahren ‘die erzielten Cocons an geeig- 
netem Orte und unter angemessener Temperatur auf, und 
hoffen, mit künftigem Frühjahr gesunde Spinner aus densel- 
ben zum Vorschein kommen zu sehen, 

Was nun die Cocons anlangt, so: behändigten wir diese 
alsbald nach dem Empfang dem Herrn Schäfer. 

Es entschlüpften denselben zwar Spinner, doch zeigten 
diese keinen grossen Begattungstrieb und legten verhältniss- 
mässig wenig Eier, aus denen zwar zarte Räupchen krochen, 
die aber der sorgsamsten Pflege ungeachtet nach einigen 
Tagen starben. 

(gez.) Kürfürstlich Hessische Kommission für landwirthschaft- 
. liche Angelegenheiten. 
Wendelstadt. Baumbach. 


4 - 
Be 07 Talrta 


181 


| II. 
Oftringen bei Aarburg, 8. Decemb. 1860. 

Ich habe im Sommer und Herbst d. J. drei Zuchten von 
Bombyx Rieini (Cynthia) vorgenommen. 

Obschon die Witterung fast beständig nass und kühl war, 
wandte ich bis Ende September dennoch keine künstliche 
Wärme an, und bemerkte für die Raupen keinen anderen 
Nachtheil, als etwas verzögertes Wachsthum. In allen Ver- 
wandelungsstadien zeichnete sich das nützliche Geschöpf im 
Verhältniss zum vorigen Jahr vielmehr durch bedeutendere 
Grösse und Kräftigkeit aus, was wohl der sprechendste Be- 
weis für die glücklich gelungene Acclimatisation ist. 

Ausser Rieinus und Kardendistel und den in meinen Be- 
richten im Januar 1860 genannten Surrogaten habe ich nun 
auch den grossen Ampfer benutzt und mit letzterem gelun- 
gene Versuche gemacht. 

Die Ueberwinterung der Puppen ist nun meine angelegent- 
liche Sorge. Soll nämlich dieser Seidenspinner auch in dem 
Hause des ärmeren Landmannes die verdiente Aufnahme und 


Pflege finden und durch seinen warmen Kleiderstoff demsel- 


ben zum Segen werden, so muss man das einfachste Mittel 
aufzufinden trachten, wodurch die mit Kosten verbundene 


Winterzucht vermieden werden kann, 


Nur in diesem Falle ist eine rasche Verbreitung ge- 
sichert. 

Zu diesem Zweck habe ich Puppen von Ende September 
und Anfangs December (denn so eben hat sich wieder eine 
Anzahl Raupen eingesponnen) in den Keller gelegt, und auch 


solche von Raupen, ‚die erst Anfangs Januar 1861 spinnreif 


werden, gedenke ich ebendaselbst aufzubewahren, und werde 


- Ihnen s. Z. über die Resultate berichten. 


'» Schliesslich theile ich Ihnen eine Erfahrung mit, die auch 


“ wohl noch anderwärts gemacht worden ist. 


Einige Freunde, denen ich Eier mitgetheilt, klagten über 
Vertrocknen derselben, ja die Raupen sollen sogar, nachdem 


sie'schon. eine Oeflinung ins Ei gemacht haben, gestorben 
1860. Bd. II. 13 


182 


sein. Ebenso sollen Schmetterlinge beim Auskriechen in der 
Oeffnung des Cocons stecken geblieben sein. Um Beides zu 
verhindern, habe ich ein einfaches Mittel gefunden. Ich lege 
nämlich in die Schachteln oder Einmachegläser, in denen 
ich die Eier ausbrüten lasse, ein feuchtes Tuch und setze 
die Eier in einem Schächtelchen darauf. Beim Entwickeln 
des Schmetterlings in der Puppe stelle ich beständig ein 
Gefäss mit Wasser in die Nähe der Cocons, erhalte auf diese 
Weise die nöthige Feuchtigkeit und verhindere dadurch oben- 
genannten Nachtheil. (gez.) J. Wullschlegel. 


IV. 
Altenburg, 19. December 1860. 

Dem wohllöbl. Vorstande des Acclimatisations - Vereins 
beehre ich mich die Resultate über die KARIN 
nerzucht ergebenst mitzutheilen. 

Vor Allem statte ich hiermit dem hochgeehrtesten Vor- 
stande meinen verbindlichsten Dank ab für die so überaus 
freundliche Uebersendung von Ricinussamen, ' Cocons und 
Graines. Was die beiden Sorten R. major und minor an- 
langt, so ging von R. major auch nicht ein Korn auf. Alle 
gepflanzten Samen keimten nicht, sondern lösten sich nach 
und nach auf. Dahingegen gedieh R. communis Br um 
so üppiger, 

Aus den anher eingesandten Cocons schlüpften Kette Fal- 
ter aus, die sich zwar begatteten und Eier legten, aus denen 
aber keine Räupchen schlüpften. Die späterhin mir in ziem- 
licher Anzahl zugesandten Graines vertheilte ich an vier 
Entomologen hier, an einen in Meissen, an einen in Ossa 
(sächs. Dorf), an einen in Weimar und an einen in Brünn. 
Die meisten Graines behielt ich. 

Von Weimar und Brünn habe ich keine Nachrichten er- 
halten. Der kalte Sommer d. J. war nicht dazu geeignet, 
Hauptresultate zu erzielen. Es hielt Anfangs sehr schwer, 
die Pflanzen zur Zucht rechtzeitig heranzuziehen, da dies 
nur in Treibhäusern geschehen konnte. Die Kälte selbst noch 


a u ul m u 


183 


im Juli trat den Pflanzen, wie den Räupchen sehr hindernd 
in den Weg. Die Räupchen erstarrten an den Ricinusblät- 
tern und fielen in Menge herab. Erst als im August Wärme 
eintrat, ging das Wachsthum der Räupchen rasch vor sich 
und brachten wir sie hier zu einer Grösse, wie sie annähernd 
nur in ihrer Heimath vorkommen mag. Alle Raupen, die 
der Juli übrig gelassen hatte, lieferten grosse schöne und 
gesunde Cocons, und haben die einzelnen ausgeschlüpften 
Falter eine bedeutende Grösse erlangt und zeichnen sich durch 
eine sehr dunkele Farbe aus. 

Die meisten Cocons liegen noch, aus denen die Falter 
künftiges Jahr hervortreten werden. 

Ungefähr 200 Stück Raupen sind hier grossgezogen wor- 
den, fast durchgängig von derselben Länge und Schönheit, 
desgleichen in Meissen und Ossa. Da also das verstrichene 
Jahr zu ungünstig auf die gedachte Zucht einwirkte, so kann 
der heurige Versuch nicht füglich als Massstab angenommen 
werden, ob diese Seidenraupenzucht zu empfehlen ‘sei oder 
nicht. Da aber die kleine Anzahl Raupen in solcher Schön- 
heit und Vollkommenheit in den warmen Augusttagen heran- 
wuchsen, so ist mit ziemlicher Sicherheit anzunehmen, dass 
man in einem Jahre recht gut zwei Zuchten vornehmen kann, 
sobald Ende Mai und Anfang Juli Wärme eintritt, und wo 
wir uns dann auch besser mit dem Futter der Raupen vor- 
gesehen haben werden, als es im verflossenen Sommer der 
Fall sein konnte. 

Bei mir sass von den Faltern ein Pärchen drei Tage lang 
in Begattung. Dieses Weibchen legte dann auch Massen von 
Eiern, die ich zur Zucht aufbewahre. 

Im kommenden Jahre soll die Zucht massenhaft vorge- 
nommen werden, wenn nur eine günstige Temperatur das 

ihrige beiträgt. 

5 Da der ungünstigen Witterung halber der Riecinussamen 
nicht zur Reife gelangen konnte, so wird es mir sehr er- 
wünscht sein, wenn ich von den etwaigen Vorräthen recht 
zeitig eine Parthie erhalten könnte. 

13* 


184 


Im kommenden Jahre werde ich nicht ermangeln, die 
Resultate dem verehrlichen Vorstande mitzutheilen. 
(gez.) M. Schlenzig, A.-Gerichts-Kanzlist. 


| V. 
Freienwalde, 20. December 1860. 

Von dem erhaltenen Samen des Ricinus, so wie des 
Ailanthus, war nicht ganz die Hälfte aufgegangen, von Dip- 
sacus fullonum gar nichts. Sie wurden von mir selbst in 
verschiedenen Erdarten, in solcher, wo Lehm, solcher, wo 
Sand, und solcher, wo Moorboden vorherrschend war, und 
in Töpfe zu zwei verschiedenen Zeiten an warm und geschützt 
liegenden Orten, zuerst am 9. Mai gelegt. Am 25. Mai, 
mithin am 16. Tage, war Ricinus, und Ailanthus am 5. Juni 
aufgegangen. Am 5. Juni wurden von mir als zweite Aus- 
saat 165 Kerne von Ricinus und 60 Ailanthus und Dipsacus 
full., nachdem diese drei Sorten 3 Tage in schwachem Na- 
tronwasser geweicht hatten, gelegt. Am 18. Juni waren’ die 
beiden ersteren doch auch nur zur Hälfte, von da ab in 
einigen Tagen nach und nach aufgegangen. Der Letztere 
wieder gar nicht. Am 13. Juni wurden 12 Ricinus und einige 
Ailanthus in Töpfe gepflanzt. Die ersteren hatten am 27. Juni 
erst 5 Blätter. Diese Topfpflanzen gediehen sehr kümmer- 
lich. Die höchste erreichte nur einen Fuss. Auf dem Lande 
wurden auch die zu dicht stehenden verpflanzt, denn Ri- 
cinus muss zur starken Ausbreitung in 3 Fuss Entfernungen 
stehen. | | 

Sie wuchsen, gut angegossen, leicht an, erreichten aber 
bei gleicher Pflege und auf demselben Lande bis zum Herbst 
keine zwei Fuss Höhe, während diejenigen, welche stehen 
geblieben waren, 4 Fuss Höhe erreichten und die grössten 
Blätter etwas über 1% Fuss Durchmesser hatten. Ailanthus 
erreichte 6—8 Zoll. 

Sämmtliche Pflanzen wurden immer bei trockenem Wetter 
gegen Abend begossen, was im Grossen nicht ausführbar ist. 
Zweimal hatte der starke Wind, die grossen Ricinusblätter 


185 


erfassend, die Stauden ganz umgeworfen, da ihre schwachen 
nicht tief gehenden Wurzeln sie nicht zu halten vermochten. 

Sie wurden wieder behutsam aufgerichtet, angegossen und 
das zweite Mal befestigt, und wuchsen so. ohne merkbaren 
Schaden fort. 

Der erste starke Frost im Herbst tödtete sie; der Reif, 
der sie einige Male zuvor betroffen, schadete ihnen nicht. 

Der an mehreren Stauden gut angesetzte Samen kam nicht 
zur Reife. Wohl wegen der späten Aussaat und der im Gan- 
zen so ungünstigen Witterung dieses Sommers war dies der Fall. 

Wegen dieser misslichen und schweren Kultur der Ricinus- 
pflanzen in grossem Maassstabe, welche nicht so gepflegt 
werden können, wie'es mit dieser kleinen Pflanzung geschah, 
erscheint mir die Zucht der schönen Ricinus-Raupen kaum 
ausführbar, wenn es nicht gelingt, sie an ein anderes Futter 
zu gewöhnen, Ailanthus-Blätter, welche ich den Raupen 
nach der ersten und zweiten Häutung vorlegte, wollten sie 
nicht fressen, obwohl’ es eine neue, schon in Frankreich ein- 
geführte chinesische Seidenraupe geben soll, welche sich nur 
von diesen Blättern nährt. Dies Blatt hat gekaut einen sehr 
barschen, unangenehmen Geschmack, das des Rieinus einen 
kohlartigen. Desshalb beabsichtige ich im nächsten Jahre 
in. dieser Beziehung umfassendere Versuche zu machen. 

Vor dem Einspinnen in einer Hütte, von den Zweigen 
eines wohl zum Johannis- oder Stachelbeergeschlecht gehö- 
rigen Gewächses gebildet, welches sehr frühzeitig treibt, viele 
stachelbeergrosse und ähnliche Blätter hat und bis zum star- 
ken Frost grün bleibt, sich leicht durch Wurzelausläufer und 
Stecklinge vermehrt, über 6 Fuss hoch wird, und mit fast 
jedem Boden fürlieb nimmt, selbst unter Bäumen und grösse- 
ren Sträuchern, bei grosser Trockenheit aushält, — beobach- 

tete ich 6 Raupen, welche schnell und mit Behagen noch 
“ einige Blätter verzehrten, obgleich diese Blätter auch eben 
keinen angenehmen Geschmack haben, und sich am Fusse 
dieser kleinen Hütte auch Ricinus-Blätter befanden. 

Die am 7. Juli erhaltenen 10 Cocons sollen am 21, Juni 


186 


sich eingesponnen haben, und wurde das Ausschlüpfen der 
Schmetterlinge am 11. Juli erwartet. 

Bei einer Temperatur von 18° R. waren in der Nacht vom 
17./18. Juli in dem 'Pappkästchen 8 Schmetterlinge ausge- 
schlüpft, wovon sich 6 gepaart haben. 

Am 19. Morgens war schon ein Paar getrennt und hatte 
das Weibchen eine Anzahl Eier gelegt. Die andern Schmetter- 
linge blieben bis zum 20. Juli gepaart und hatten sich dann 
auch selbst getrennt und einige Eier gelegt. Am 21. Juli 
waren noch zwei Paar wiedergepaart. Am 23. Juli keine 
mehr gepaart und zwei schon todt. Drei Schmetterlinge 
waren in den Cocons todt geblieben und da ein Cocon zwei 
Schmetterlinge lieferte, so gab das mithin 8. 

Diese Schmetterlinge hatten 3—400 Eier gelegt und ka- 
men die Raupen am 30./31. Juli und 1. und 2. August bei 
18—20°R. im Pappkästchen aus und zwar ziemlich zahlreich, 
doch starben während der ersten Häutung viele auf'den fein- 
gehackten Blättern, welche in ‘diesem zerschnittenen, un- 
natürlichen Zustände rasch trockneten. Von 31 Raupen vor 
der ersten Häutung auf ein nicht ganz junges Blatt einer 
Topfpflanze gebracht, blieb nur 4 am Leben; viele wurden 
wahrscheinlich von einer ziemlich runden, grauen, dicken 
Erdspinne von der Grösse eines starken Nadelkopfes, mit 
einem schwarzen Schilde auf dem Rücken, welches durch 
die Lupe deutlich wahrgenommen wurde, ‚getödtet und ver- 
zehrt, denn sie verschwanden spurlos, bevor ich die Spinne . 
entdeckte. Aus Versehen, indem ich sie zum Aufbewahren 
erhaschen wollte, ward sie erdrückt. Andere starben wäh- 
rend der ersten Häutung, da ihnen wahrscheinlich dies Blatt 
nicht zart genug war, und zum Oeftern fielen sie herunter, 
vielleicht nach zarterem Laube suchend. Bis nach der ersten 
Häutung müssen die Raupen auf den zartesten, nicht zer- 
hackten, frischerhaltenen Blättchen «erhalten werden. 

Am 10. August Abends wurden 2 Raupen nach der zwei- 
ten Häutung und bereits bläulich aussehend, auf eine Riei- 
'nustopfpflanze ins Freie gesetzt. Obgleich es die beiden näch- 


187 


sten Nächte kühl und stark nebelig war, auch geregnet hatte, 
so hatten sie doch ziemlich gefressen und sich bald unter 
das Blatt „begeben. Diese beiden Raupen hatten bei ferne- 
rem kalten, regnerischen, stürmischen Wetter die übrigen 
Häutungen glücklich bestanden und waren auf eine grosse 
Pflanze im Garten gebracht worden. 

Am 29. August war die eine Raupe heruntergefallen und 
fing auf Unkraut an, sich einzuspinnen. Sie ward in die 
Mitte eines grossen Ricinus -Blattes gesetzt, mit einem an- 
dern Stück Blatt gedeckt, spann sich an diesem Tage auf 
demselben ein und schlüpfte, später ins Zimmer gebracht, 
glücklich als Schmetterling aus. 

Die andere Raupe fand ich am 1. September an der Erde 
in einiger Entfernung von der Pflanze, jedenfalls von einem 
Vogel dahingetragen, angefressen, aber noch lebend, und 
tödtete sie. Dass diese Raupe, wie solches auch durch frü- 
here Versuche festgestellt worden ist, sehr ungünstige Witte- 
rung, Wind, Regen, kühle Temperatur vertragen kann, be- 
stätigt auch dieser Versuch; allein sie deshalb im Freien 
ziehen zu wollen, würde ganz fehlschlagen, wenn sie auch 
nicht von Vögeln und anderen Feinden vertilgt würden; selbst 
in ihrer Heimath können auf diese Weise nur sehr Wenige 
zum Einspinnen gelangen. 

Nach meinen Beobachtungen scheint diese Raupe nicht 
sehen und nicht riechen zu können, oder doch höchst unvoll- 
kommen. Denn, wenn sie erst ein Paar Tage alt waren, 
und ich neben altes, fast trockenes Futter frisches legte, so 
verliessen sie das alte sehr schwer in der Regel. Aus Be- 
sorgniss, sie würden Hungers sterben, musste ich das frische 
über jenes breiten; wenn sie auf der Topfpflanze ein unteres 
Blatt verzehrt hatten, so stiegen sie häufig, statt oberhalb 
ein frisches Blatt aufzusuchen, den Stamm abwärts, und 
diejenigen, welche vom Blatt gefallen waren, traf ich nie 
wieder den Stamm aufsteigend an, und sind ihre Bewegungen 
überhaupt ‚sehr schwerfällig. 

Am 15. Juli erhielt ich in zwei Rederposen mit Nr.8 und 


188 


9 bezeichnet, die Eier, welche am 8,/9. Juli gelegt und am 
22./23. Juli auskriechen sollten. Sie waren in den Feder- 
posen so fest, dass ich dieselben mit grösster Vorsicht von 
der Oeffnung bis zur Spitze in sehr schmale Streifen schnei- 
den musste und dann hingen sie noch in der runden Feder- 
posenform sehr fest stückweise zusammen. | 

Dies scheint zu beweisen, dass die Eier sich in den Posen 
nach dem Einfüllen as ausgedehnt und dadurch ge- 
presst hatten. 

Bei einer Temperatur von 18—19° R. waren am 19. Juli 
Morgens aus diesen Eiern 5 Raupen ausgekommen. An die- 
sem Tage und am 20. Juli vielleicht 200, mithin nach 10 
bis 11 Tagen. Sie befanden sich in einem kleinen Schach- 
teldeckel aus Kiehnenholz. Es wurden ihnen ganz kleinge- 
schnittene Ricinusblätter vorgelegt und frassen mehrere von 
denselben, viele suchten die Blätter nicht, sondern krochen 
umher. Wenn ihnen frische Blätter vorgelegt wurden, so- 
verliessen viele die alten Blätter nicht. Am 21. Juli waren 
viele schon eingeschrumpft , mehrere todt. Den Grund dieser 
Erscheinungen habe ich nicht ermitteln können; vielleicht 
hatte das Einpressen der Eier nachtheilig gewirkt, oder die 
Ausdünstung des Kiehnenholzes der Schachtel, oder war das 
kleingehackte Futter zu schnell getrocknet. Die Temperatur 
war 15—19° R. Von diesen Raupen wurden am 3. August 
12, als sie nach der ersten Häutung weiss erschienen, auf 
eine Topf-Ricinuspflanze gesetzt. Diese begannen am 10. 
August des Morgens schon bläulich zu werden, nachdem sie 
zum zweiten Male gehäutet hatten. Die erste Häutung, nach 
dem Hintertheil zu abstreifend, geht den Raupen sehr schwer 
von Statten , obgleich sie oft mit dem Maul zu helfen suchen 
und viele starben dabei. Diese 12 Raupen waren in diesen 
7 Tagen wohl zweimal so gross geworden, als die gleichzeitig 
ausgekommenen, mit Blätterstreifen im Pappkästchen gefüt- 
terten. 

Diese auffallende Eenoleiaung und die Ueberzeugung, dass 
die Raupen auf dem frischen Blatt, in der Luft schwebend, 


189 


am schnellsten ‘und besten, der Natur gemäss, gedeihen 
müssten, indem dieselben in der Regel sich unter dem Blatte 
aufhaltend, an den Rändern das Fressen beginnen, indem 
sie das Blatt sichelförmig abnagen, und die Wahrnehmung, 
dass das Blatt mit dem Stiel in Wasser gesteckt, sich meh- 
rere Tage frisch erhielt, veranlassten, dass ich eine Zeit 
lang die Raupen mit dem besten Erfolge auf Blättern, welche 
in Flaschen mit Wasser standen, züchtete. 

Dies führte mich dann auf folgende einfache Einrichtung, 
welche die Zucht dieser und wahrscheinlich auch der Maul- 
beerraupe sehr erleichtern wird. Ich liess einige Rahmen 
aus Kiehnenholz von 4 Fuss Länge und 2 Fuss Breite mit 6 
Holzfüssen von 10 Zoll Höhe (die Holzstärke der Rahmen mit- 
gerechnet) anfertigen. Diese Holzfüsse können auch kleiner 
sein, wenn man kleinere Flaschen, als wie angegeben, ver- 
wenden will, wodurch man Raum zum Uebereinanderstellen 
gewinnt. 

Die Holzstärke dieser Rahmen (im grösseren Maassstabe 
denen der Schiefertafeln ähnlich) ist 3 Zoll breit, % Zoll stark. 
In Entfernungen von 1 Zoll wurden Löcher rings herum ge- 
bohrt und durch diese Löcher über Kreuz dünne Bindfaden 
gezogen, wodurch natürlich Maschen von 1 DZoll entstehen. 
Diese Rahmen wurden nun auf eine etwas breitere Bretter- 
unterlage, deren Oberfläche glatt gehobelt ist, gestellt. 

Je nachdem nun die Zahl der Raupen oder ihre Grösse 
zunimmt, da ein solcher Rahmen 4—500 spinnreife Raupen 
fassen wird, setzt man unter jeden Rahmen in 2 Reihen bis 
ö mit frischem Wasser gefüllte Selterwasserflaschen und steckt 
in jede den Stiel eines Ricinusblattes von 14— 2 Fuss Durch- 
messer oder mehrere kleinere, so dass die Blätter oben auf 
dem Bindfadennetz liegen. Auf diese kommen dann die 
Raupen. Dieselben gehen sehr haushälterisch mit dem Futter 
um, verzehren alles bis auf die Blattrippen und vor den letzten 
Häutungen zum Theil auch diese. Ist alles bis auf diese 
verzehrt, so hebt man den Blattstiel mit den daran hängen- 
den Raupen in die Höhe, steckt dann ein frisches Blatt mit 


190 


dem Stiel durch die Masche in die Flasche und legt den 
entblätterten Stiel mit den Raupen obenauf, so .dass der 
Stiel in die Luft ragt. In kurzer Zeit verlassen die Raupen 
den Blattstiel und vertheilen sich über das frische Blatt. 
Die Ueberreste fallen zum Theil hinab, zum Theil werden 
sie beim Ergänzen durch ein frisches Blatt beseitigt. Wenn 
beim Abheben des entblätterten Blattstiels mit seinen Rippen 
aus der Flasche Raupen theils an diesem und theils noch 
am Bindfaden festsitzen, so durchschneidet man die Rippen 
mit einer Scheere, dass die Raupen am Bindfaden sitzen 
bleiben. Dies geht leicht und schnell, und fallen die Blatt- 
rippen durch die Maschen, oder schiebt man sie gelegentlich 
hinunter. Hat man noch nicht sehr grosse Blätter oder kann 
solche den kleinen Raupen noch nicht füttern, so stellt man 
kleinere Blätter in Flaschen und andere nur (durch die Ma- 
schen. Diese Raupen scheinen sich nur von dem Saft der 
Blätter zu nähren, denn der Unrath zeigt an den grösseren 
Raupen durch die Lupe betrachtet noch die Farbe und den 
festen Bestandtheil des Blattesin zusammengequetschter Form, 
wie solche durch das Abnagen sich darstellt. Wie sehr über- 
dies diese Raupen das Wasser lieben, geht schon daraus 
hervor, dass mir einmal drei und dann vier Raupen, die 
letzteren vor der letzten Häutung, in den Flaschen ertrunken 
waren, in welche sie neben dem Blattstiele trotz des frischen 
Blattes gekrochen waren und in dem Flaschenhalse nicht 
umzukehren vermochten. Dies gab Veranlassung, dass ich 
später die Flaschenöffnungen beim Einstecken des Blattstiels 
mit etwas loser Baumwolle schloss. 

Nach der letzten Häutung, besonders an den letzten Tagen, 
scheinen sie das weniger frische Laub zu lieben. Man thut 
daher wohl, dann auch Blätter bloss durch die Maschen 
steckend ihnen darzubieten. Die augenscheinlichen Vortheile, 
welche die Zucht auf diesen billigen, sehr dauerhaften, leich- 
ten Rahmen bietet, dürften besonders folgende sein: 

1) Die Raupen leben hier frei, doch noch bequemer und 
ungestörter, als in freier Natur. Bleiben ebenso stets vom 


191 


Unrath unbelästigt, und wenn sich zuweilen in der Vertie- 
fung in der Mitte des Blattes etwas ansammelt, wie solches 
auch auf der Pflanze im Naturzustande kommen kann, so 
lässt sich ‘solches leicht mit dem Munde fortblasen, indem 
in der Regel der runde Unrath gleich auf die Unterlage fällt 
und dort nach Bequemlichkeit und ganz trocken fortgeschafft 
werden kann. Vor dem Einspinnen entlassen die Raupen 
ziemlich viel Flüssigkeit, welche mithin auch fast immer auf 
diese Unterlagen gelängt, ohne Andere oder das Futter zu 
verunreinigen. 

2) Es wird bedeutend Futter und Zeit er denn da 
dasselbe immer frisch bleibt, so verzehren die Raupen Alles 
und braucht man täglich nur einige Male zu füttern, je nach- 
dem man ihnen mehr oder weniger Futter vorlegen will; 
mithin ohne ängstliche Pflege und Wartung. 

3) Da die Raupen viele Anhaltepunkte in diesem Netze 
haben, so fallen nur selten welche hinunter; welche man 
dann wieder gelegentlich von der Unterlage entfernt und 
wieder aufs Blatt setzt, wodurch sie bei nur geringer Vor- 
sicht gar nicht beschädigt werden, denn sie haben keine 
Veranlassung nach frischem Futter umherzusuchen, oder von 
dem Unrath und trockengewordenen Futter bei geschlossenen 
Rahmen sich entfernen zu wollen. Später machte ich die 
Erfahrung, dass die Rieinus-Blätter mit den Stielen ins 
Wasser gesetzt, welches man nach 8 Tagen durch frisches 
ersetzt, sich vier Wochen frisch erhalten, wodurch man noch 
im Spätherbst bei Besorgniss des Frostes für die letzte Zucht 
Futter aufzubewahren vermag. Selbst 4 Fuss hohe Stauden 
mit Blätter und Samen erhielt ich in nasse Erde gesetzt fast 
‚eben so lange Zeit. Die Blattstiele in den Flaschen zehren 
auch reichlich Wasser, daher man dieselben mehrere Zoll 
eintauchen lässt und ergänzt wöchentlich das Wasser durch 
frisches, denn wenn dasselbe übelriechend wird, so würde 
solches den Raupen schaden. Da sich zwei Fuss lange Maul- 
‚beerzweige mit ihren Blättern, selbst horizontal umgebogen 
ebenso in Wasserflaschen gestellt zwei Tage lang frisch er- 


192 


hielten, so, beabsichtige ich die Maulbeerraupe im ‚nächsten . 
Jahre versuchsweise auf diese Weise zu züchten. 

Nach 4 Wochen begannen die Raupen von beiden Zuch- 
ten sich einzuspinnen, mehrere auf dem Rahmen und an 
Blättern, die meisten in niedrigen Hütten. . 

Unter den ausgeschlüpften Schmetterlingen befanden sich 
leider wenige Männchen, daher die Befruchtung nur unvoll- 
kommen geschehen konnte, wenn auch die Männchen meh- 
rere Weibchen begatteten. Gewaltsam trennte ich keine, da 
mir dies naturwidrig erscheint. Aus diesem Mangel an 
Männchen erhielt ich auch verhältnissmässig wenig Eier. 

Funfzig Cocons ohne Schmetterlinge wogen 1 Loth altes 
Gewicht. Als ich die beiden Raupen, wie erwähnt, auf eine 
Staude der Pflanzung brachte, entdeckte ich auf einer sol- 
chen eine schöne grüne Raupe, schlanker und bedeutend 
kleiner, als die fremde Ricinusraupe nach der letzten Häu- 
tung. Ich nahm solche sogleich mit dem Blattstück ab und 
als ich sie im Zimmer unter der Lupe betrachtete, fand ich 
ihren, wenngleich kleineren Kopf doch der fremden Rieinus- 
raupe sehr ähnlich, auch dieselben mit einer Zehe versehe- 
nen Vorderfüsse, die hinteren Füsse ebenfalls stärker und 
zum Umfangen gebaut. Sie bewegte sich schnell, mit dem 
Vorderleibe Bogen beschreibend. Sie ward auf einer Ricinus- 
topfstaude im Freien belassen, in der Absicht, sie bei fer- 
nerer Ausbildung zu beobachten. Nach 2 Tagen fand ich 
sie an einem umgebogenen Blatt, wie die ausländische Raupe 
mit Einspinnen beschäftigt. Jetzt wurde sie mit dem Topf 
ins Zimmer gebracht, um später wenigstens den Schmetter- 
ling zu erhalten. Als aber das Blatt abgelöst (es war durch 
das Einspinnen ganz vertrocknet), bei den anderen Cocons 
zum Ausschlüpfen aufbewahrt wurde, vermisste ich solches 
leider mit dem Cocon, der viel kleiner als die anderen er- 
schien, und den ich ohne die Laubhülle nicht gesehen hatte. 
Bei dem Besuch von vielen Freunden und Bekannten, welche 
diese kleine, aber anziehende Zucht beobachteten, muss sol- 
ches auf die Erde gefallen und so verloren gegangen sein. 


193 


Meine Bemühungen, um in beiden Pflanzungen an verschie- 
denen Stellen noch einige Raupen zu finden, waren ver- 
gebens gewesen. 

Diese Raupe musste sich daher auch von anderen Ge- 
wächsen nähren, denn seit 37 Jahren ist bis jetzt hier keine 
Ricinuspflanze gezogen worden, und hatte ich daher gehofft, 
dass das Gewächs, wovon diese Raupe sich nähre, auch von 
den Ricinusraupen gefressen werden würde. Somit ist es 
mir leider nicht gelungen, dem verehrten Vorstande den 
Schmetterling und Cocon dieser Raupe überreichen zu können. 

Zwei meiner Raupen bildeten keine Cocons, sondern span- 
nen unter den Maschen des Rahmens ein flaches, sehr dich- 
tes Gewebe, und einige verpuppten sich, ohne sich einzu- 
spinnen. 

Dies sind die Ergebnisse der Versuche, welche ich in 
diesem Jahre mit den zwei Züchtungen gemacht habe, und 
da ich alles persönlich ausführte, so kann ich sie verbürgen. 

Im nächsten Jahre beabsichtige ich, wie schon erwähnt, 
meine Versuche in grösserem Massstabe nach dieser Füt- 
terungsmethode mit der Ricinusraupe und der Maulbeer- 
raupe, welche Letztere mit anderem Laube zu füttern nach 
meinen früheren Versuchen gänzlich misslang. 

Unter anderen hatte ich im Spätherbst das noch kräftige 
grüne Maulbeerlaub von einer Hecke in meinem Garten, wel- 
ches zum Abfallen bald reif war, pflücken und im Schatten 
trocknen lassen, nachdem ich den Gewichtsverlust an Wasser 
vorher hatte feststellen lassen. Die Blätter hatten die schöne 
grüne Farbe behalten, so wie den angenehmen Geschmack. 
Im nächsten Jahre, wo den Raupen nach jeder Häutung das 
Laub (durch Einsaugung wieder mit dem verlornen Wasser- 
gehalt versehen) vorgelegt wurde, rührten sie es doch nicht 
an und starben lieber. | 

Die Ergebnisse dieser Versuche werde ich dann wieder 
so frei sein, dem geehrten Vorstande vorzulegen, indem ich 
bitte, mit dem diesjährigen gütigst vorlieb zu nehmen. 

Es würde mir viel Freude gewähren, wenn es mir ge- 


194 


länge, mein. Scherflein zu den Erfölgen dieses für unser Va- 
terland so wichtigen Kulturzweiges beitragen zu können. 
(gez.) Voight. 


v1. 
Töllstadt, 23. December 1860. 

Die Ricinuskörner habe ich, in Ermangelung eines Mist- 
beetes, sofort in Kästen dicht aneinander gelegt und dauerte 
es nicht lange, so hatte ich die Freude, dieselben aufgehen 
zu sehen. Andere hatte ich, um die Pflanzen bequem im 
Zimmer treiben und später zweckmässig verwenden zu kön- 
nen, in Töpfe, und wieder andere sogleich nach Vorschrift 
ins freie Land gesäet. 

Nachdem die in Kästen gelegten zwei ausgebildete Blät- 
ter zeigten, verpflanzte ich sie ins Land und fand, dass diese 
Veränderung ihnen durchaus keinen Nachtheil brachte, dass 
sie im Gegentheil frisch und ungestört fortwuchsen. So be- 
sass ich ungefähr ein Schock Pflanzen. ‘Bald waren auch 
die in das Land gesäeten kräftig aufgegangen und fehlten 
nur noch die Raupen. 

Meinen Vorrath an Samen mochte ich nicht sogleich 'er- 
schöpfen und hatte ausserdem auch dreien meiner Bekann- 
ten, die ebenfalls Versuche anstellen wollten, einiges davon 
abzugeben versprochen. 

Weniger glücklich war ich mit den Karden. Bei diesen 
machte ich die Erfahrung, dass sie bei ihrer ersten Ent- 
wickelung keinen erhitzenden Dünger vertragen können. 

Ich hatte nämlich die Erde, worin ich sie gesäet, mit 
klarem Hühnermist versetzt, und gingen nur wenige Pflan- 
zen auf. 

Im Garten ebenso, wie in den Kästen, trieben nur die 
Körner, die zufällig auf benachbarten Boden gefallen, der 
nicht mit genanntem Dünger vermengt war, kräftig empor. 

Pflanzen von Ailanthus besass ich ebenfalls, doch wurden 
sie noch klein vom Ungeziefer abgefressen ; weniger habe ich 
in Erfahrung gebracht, dass die Ricinusstaude von derglei- 


195 


chen gelitten hätte, im Gegentheil erzielte ich von den we- 
nigen Pflanzen eine verhältnissmässig nicht unbedeutende 
Quantität Futter, so dass meine Raupen keinen Mangel 
litten. Soviel über das Gedeihen des Futters. 

Nach gütiger Angabe sollten die an mich gelangten, am 
21. Juni gesponnenen Cocons bis höchstens den 11. Juli aus- 
schlüpfen, doch zeigte sich erst am 18. der erste Schmetter- 
ling. Die Begattung zweier Schmetterlinge erfolgte mit dem 
ersten Tage. Die anderen verhielten sich sehr ruhig und 
zeigten keinen Trieb, sich einander zu nähern. Ich suchte 
die Ursache in der zu grossen Schwüle und öffnete die Fen- 
ster; doch da dies den Zustand der Thierchen wenig änderte, 
so brachte ich ein Männchen in die Nähe eines Weibchens. 
Bald zeigte sich das Zittern mit den Flügeln und die Be- 
gattung begann. Im Ganzen aber lieferten sie selyr wenig 
Eier, welcher Umstand seinen Grund meiner Meinung nach 
darin hatte, dass die Begattung mehrere Tage anhielt. Dies 
und Anderes war Ursache, dass ich von dieser Zucht nur 
6 Stück Cocons erzielte. 

Bei weitem glücklicher war ich mit den mit Dank empfan- 
genen Graines. Nachdem ich dieselben einer Temperatur 
von 20--21° R. ausgesetzt hatte, erschienen am 19. Juli 
die ersten Räupchen. Nach Vorschrift brachte ich sie auf 
das Herzblatt einer Ricinusstaude und hatte bald die Freude, 
die Thierchen munter fressen zu sehen. Alle suchten die 
Rückseite des Blattes. Nach und nach vermehrte sich die 
Anzahl und so kam ich in den Besitz von eirca 250 Stück. 
(Einen Theil der Graines hatte ich an Bekannte abgegeben.) 

Was nun die erste Häutung anbetrifft, so habe ich, trotz 
Anwendung der Lupe und eines kleinen Microscops, diese 
Verwandelung nur selten erkennen können. Dies mochte 
wohl seinen Grund darin haben, dass dieselbe zu unerwartet 
erfolgte. Bald verlangten die Raupen wehr Futter, und ge- 
brauchte ich die von Herrn Fintelmann angegebene Me- 
thode, Blätter ins Wasser zu stecken und die Raupen so zu 
füttern. Zu diesem Zwecke nahm ich einen mit Wasser ge- 


196 


füllten Topf, später 2, dann 3, legte ein schwaches Brett- 
chen darauf und steckte die Blätter, damit die Stiele mit 
dem Wasser in Berührung kommen konnten, in dazu ein- 
gebohrte Oeffnungen. Auf diese Weise habe ich meine Rau- 
pen bis nach erfolgter vierter Häutung mit wenigem Futter 
erhalten, und bin ich der Ueberzeugung, dass auch grössere 
Zuchten auf diese Weise betrieben werden können. Es ver- 
ursacht dies Verfahren wenig Mühe. Sind die Blätter ge- 
fressen, denn nur die Rippen bleiben übrig, so hat man wei- 
ter nichts zu thun, als ein zweites Brettchen mit frischen 
Blättern zu versehen, die gefressenen Blätter am Stiele zu 
durchschneiden und mit den Raupen auf das neue Futter 
zu legen. Während der drei ersten Perioden habe ich auf 
diese Weise oft alle drei Tage erst frisches Futter gegeben, 
und habe gewartet, bis alles verzehrt war. Mir scheint dies 
die leichteste, bequemste und sparsamste Weise der Fütte- 
rung zu sein. Die Reinigung wird auf leichte Weise bewirkt, 
viel Futter erspart, welches immer frisch "bleibt, und die 
Raupen, was die Hauptsache ist, bleiben gesund. Erst im 
letzten Stadium gebrauchte ich die Rahmen, doch verknüpfte 
sich damit das Unangenehme der weniger leichten Reinigung 
der Lager, und führte mich dieser Umstand auf die Frage, 
ob es nicht möglich sei, die oben angegebene Fütterungs- 
weise auch bis zur Beendigung der letzten Periode beizu- 
behalten. Bei meiner nächsten Zucht werde ich den Ver- 
such anstellen. Wenig Freude hat mir die nun hierauf. 
folgende Einspinnung gemacht. | 

War ich schon bis hierher genöthigt gewesen, viele Tage 
nach einander zu heizen, so nahm jetzt die Kälte so zu, 
dass ich oft zweimal des Tages zu feuern genöthigt war. Am 
7. September begannen die ersten Raupen zu spinnen, die 
Absonderung der bräunlichen Flüssigkeit zeigte sich. Ich 
verfertigte eine Spinnhütte von grünem Birkenreisig, aber 
nur wenige spinnreife Raupen bekümmerten sich darum, 
statt dessen spannen sie sich lieber auf ihren Futterlagen 
ein und spannen sich neben und übereinander, Andere 


197 


liessen die obenbemerkte Flüssigkeit über die Gespinnste ge- 
hen. : Es war mir unmöglich, um eine Störung zu vermei- 
den, eine Reinigung vorzunehmen. Die Blätter verschim- 
melten und verfaulten auf der Stelle. Ich liess es nun gehen, 
wie es gehen wollte, gab den noch fressenden Raupen ein 
getrocknetes Lager und kümmerte mich nicht mehr um die 
spinnenden. 

In dem mir gütigst übersandten Schriftchen habe ich nur 
kurze ‚Andeutungen über den Verlauf der Spinnzeit vernom- 
men, und wäre es deshalb interessant, etwas Näheres hier- 
über zu hören. | 

Im Laufe dieses Herbstes brachte ich einen Theil meiner 
gewonnenen Üocons, mehrere auf einer Ricinusstaude ein- 
gesponnen, nach Gotha zu einer vom Gothaischen Garten- 
und Seidenbau-Verein veranstalteten Ausstellung. 

Zum Aufbewahrungsort für den Winter habe ich nun ein 
in der Nähe des Ofens stehendes Schränkchen gewählt. Am 
7. November schlüpften die ersten Schmetterlinge aus. Lei- 
der habe ich nicht beobachten können, ob dem Eierlegen 
eine Begattung vorausgegangen ist. Graines habe ich ziem- 
lich viel, ob ich aber auf Raupen rechnen darf, weiss ich 
nicht. - Im Winter wird es wohl mit Schwierigkeiten und 
Kosten verknüpft sein, eine, wenn auch nur kleine Zucht 
zu erzielen, und dürfte es wohl zweckmässig erscheinen, 
wenn. besondere Anstalten, vielleicht Staatsanstalten, errich- 
tet würden, die die Winterzucht betrieben, .um die Züchter 
bald im Frühjahr gegen Vergütung mit Graines zu versehen. 

Für nächstes Jahr habe ich mir vorgenommen, ein be- 
sonderes, heizbares Zimmer einzurichten, um die Zucht in 
grösserem Massstabe betreiben zu können. 

Noch will ich hinzufügen, dass ich die Erfahrung gemacht 
habe, dass nämlich die Raupen, die anfänglich sich von Ri- 
cinus genährt hatten, durchaus nicht gerne an die Karden 
gehen wollen. Es möchte diese Erfahrung der in dem Schrift- 
chen mehrfach ausgesprochenen Behauptung widersprechen, 


dass sowohl Karden wie Ricinusblätter von. den Raupen zu 
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gleicher Zeit gleich gerne gefressen würden. Es mag sein, 
dass dies der Fall dann ist, wenn die Raupen vorher nicht 
an Ricinus gewöhnt worden sind. 

(gez.) Ed. Bennecker. 


VI. 
Göttingen, 29. December 1860. 

Ehe ich in meinem Berichte vorgehe, will ich nur gleich 
bemerken, dass meine Versuche keine glücklichen zu nen- 
nen waren. 

Es war mir bei Uebersendung der Cocons bemerkt wor- 
den, dass dieselben, am 25. Juni gesponnen, etwa am 15. Juli 
ausschlüpfen sollten. Allein dies trat später ein und war 
diese Verzögerung den Graines, die die ausgeschlüpften 
Schmetterlinge legten, und auch den daraus entstandenen 
Raupen anzumerken, da die Verzögerung sich durchschleppte. 

Es entschlüpften 3 weibliche und 5 männliche Schmetter- 
linge (von letzteren 2 verkrüppelte, was aber nicht schadete, 
da 3 Männchen gesund waren). 

Die Schmetterlinge schlüpften vom 21.— 24. Juli aus und 
suchte ich die Paarung so lange zu hindern, bis die Ent- 
faltung der Flügel vollendet und eine Lebhaftigkeit der Fal- 
ter zu erkennen war. 

Zwei Cocons waren vertrocknet. 

Die Weibchen legten dem Ansehen nach gute Eier inner- 
halb vier Tagen. 

Am 12. August gegen Mittag bemerkte ich die ersten 
Räupchen. Ich musste mit jungen Ricinuspflanzen zu füttern 
anfangen, da ich den Ricinus erst Anfang Juli ausgesäet 
hatte. Die Pflanzen hatten indessen schon 1 Fuss Höhe. 
Die Räupchen nahmen anfänglich das Futter ungern, nur 
wenige wagten auf die Blätter zu kriechen. Ich nahm des- 
halb meine Zuflucht zu gehacktem Ricinus, worauf sie aber 
beständig unruhig umherkrochen. Am ersten Tage habe ich 
nicht bemerkt, dass sie Futter zu sich genommen hätten. 

Nach vieler Mühe gelang es mir, 14 Raupen auf Töpfen, 
im geheizten Zimmer, bis zur ersten Häutung zu ernähren. 


199 


Die meisten zurückgebliebenen Eier hatten kleine Grüb- 
chen, von diesen behauptet man, dass sie unfruchtbar seien. 
Nachträglich "bemerkte ich noch in einigen Eiern kleine 
Räupchen und sah deutlich das Köpfchen sich bewegen. Sie 
schienen aber zu schwach zu sein, um die Schale zu durch- 
brechen, und starben. 

Ich habe absichtlich das Auskriechen der Raupen aus 
den Graines durch künstliche Feuchtigkeit oder dergleichen 
nicht befördern wollen, dagegen hielt ich sie, wie meine 
Maulbeerseidenraupen, in einem Zimmer, in welchem eine 
Temperatur von + 20° R. war. 

Oft fielen die Raupen vom Blatt, und nicht alle hatten 
die Kraft, dasselbe wieder zu besteigen. sondern starben. So 
schmolz die Anzahl meiner Raupen auf 5. Diese wurden 
recht schön und haben sich auch eingesponnen, nur muss 
ich bemerken, dass es über 8 Tage gedauert, bis alle sich 
eingesponnen hatten. Die Letzte war sehr säumig und frass 
noch 3 Tage lang, als alle anderen schon eingesponnen wa- 
ren. Dieser legte ich versuchsweise ein Kardenblatt und ein 
Maulbeerblatt vor. Das Kardenblatt wurde bei der Tempe- 
ratur von + 20° zu bald welk und mag das der Grund ge- 
wesen sein, weshalb sie es nicht benagte. Das Maulbeerblatt 
hat sie sehr munter gefressen und fütterte ich sie schliess- 
lich nur mit Maulbeerblättern. Die Letzte wurde die schönste, 

Da ich genug Ricinus bei meinen wenigen Raupen hatte, 
so habe ich ausser bei dem obenerwähnten Versuch keine 
Kardenblätter gefüttert. 

Die erhaltenen 5 Cocons erlaube ich mir beizufügen. Der 
letzte ist besonders bezeichnet. 

Ausgangs October erhielt ich, allein leider nicht zu glei- 
cher Zeit, von den Cocons 3 Schmetterlinge. Als der dritte, 
ein Weibchen, auskam, waren die beiden anderen schon 
todt. Die beiden übrigen sind nicht ausgeflogen, so dass 
ich also nichts erhalten habe. 

(gez.) Joh. Chr. Lüer. 


14* 


200 


vm. | | 
Heringen, 4. Januar 1861. 

Die mir zugesandten Graines der Ricinus-Raupe legte 
ich sofort aus und hatte die Freude, dass am 18. Mai die 
Räupchen den Eiern entschlüpften und unter sorgsamer Pflege 
sich auch rasch entwickelten und sich. verpuppten. Nach 
3 Wochen krochen die Schmetterlinge aus ihren Puppen, 
waren aber nicht begattungsfähig, sie hatten nur halbe Flü- 
gel, schwitzen einen bräunlichen Saft aus und starben. 

Die erste. Zucht war also vollständig verunglückt. 

Ich hatte mich unterdessen aufs Neue an Herrn Fintel- 
mann gewandt, der auch so freundlich war, mir Graines 
vom 7.9. und 10, Juli zu übersenden. Aus den vom 10. Juli 
abgesetzten Graines schlüpften am 19., aus den vom 9. am 
20. und aus den vom 7. am 21. Juli junge Raupen aus. 
Von diesen sind mir wenige gestorben und haben zum Theil 
sehr hübsche Cocons geliefert. Von dieser Zucht gab es nun 
eine Menge Raupen, die sich bis zur vierten Häutung gut 
entwickelten, aber, da sie wegen Einquartirung umgebettet 
werden mussten, alle elendiglich verkommen sind. Sie fingen 
nämlich an zu schwellen, platzten auf dem Rücken an ver- 
schiedenen Stellen auseinander und Tags darauf waren sie 
todt. Ich kann mir diese Erscheinung nicht anders erklären, 
als dass die Umbettung in ein anderes Zimmer auf die Hürden 
des Bombyx mori, von denen etliche am Durchfall gestorben 
waren, die verderbenbringende Ursache gewesen sein muss. 
Auch nicht eine Raupe ist davon gekommen. Alle sind ge- 
storben. Vielleicht 500 Räupchen von derselben Zucht hatte 
ich gleich Anfangs, nachdem sie nur wenige Tage mit Ri- 
cinus gefüttert waren, dem hiesigen Gärtner Christ anver- 
traut. Derselbe bettete sie auf meine Veranlassung in sein 
leerstehendes Gewächshaus, fütterte sie mit Syringa. Die 
Raupen entwickelten sich langsam, haben aber unter we- 
nigen Verlusten schöne Cocons_ geliefert. 

Ende September puppten sie sich ein, die Chrysaliden 
“ wurden in ein kaltes Zimmer gebracht, um sie bis im Fe- 


201 


bruar hinzuhalten, aber am 12. December fingen sie an, da 
mehrere Tage geheizt war und man nicht an die Cocons 
dachte, als schöne Schmetterlinge zu entschlüpfen und sich 
zu paaren, und haben sie eine Menge Graines gebracht, 
welche ich durchzuwintern hoffe. 

(gez.) Stade, Diaconus. 


IX. 


Durch die sehr schätzbare Sendung des Vorstandes des 
Acelimatisations- Vereins von Graines der |Ricinus- Seiden- 
raupe, welche am 7. Juli gelegt waren, also am 21. aus- 
kriechen sollten, wurde Unterzeichnetem die Möglichkeit, 
nun im 3. Jahre die Zucht des Ricinus-Seidenspinners noch- 
mals zu versuchen. Von den Graines theilte ich die reich- 
liche Hälfte dem sehr thätigen Vorstande des hiesigen Ver- 
eins für Seidengewinnung, Bienenzucht und Obstbau, Herrn 
Lehrer Goerke in Weichselburg mit, und füge dessen in- 
teressanten Bericht originaliter bei. Ein befriedigendes Re- 
sultat lässt derselbe ebensowenig erkennen, wie meine eigene 
Zucht. Ueber diese gebe ich hier die kurzen Notizen, welche 
ich s. Z. in das Tagebuch eintrug. 

Auskriechen vom 16., meist am 21. und 22. Juli 1860. 

Einige Dutzend Räupchen auf Ailanthus gesetzt, drohten 
auf demselben zu verkümmern und wurden deshalb wieder 
auf Rieinus gebracht. Behufs Fütterns wurden die im freien 
Lande gezogenen Ricinuspflanzen mit Ballen in grosse Töpfe 
gehoben, sie liessen jedoch hier bald die Blätter, besonders 
die älteren, grossen, hängen, welche dann von den jungen 
Räupchen ungern gefressen wurden. 

Dritte Häutung den 7. und 8. August. 

Vierte Häutung den 16.—18. August. 

Einspinnen an den Blättern und Stielen des Rieinus An- 
fang September, sehr unregelmässig, Viele Raupen starben 
kurz zuvor mit violetten Flecken, einige verpuppten sich 
nackt, andere in sehr dünnem Gespinnst. 

Ausschlüpfen erst 2. Woche October, sehr wenige, und 


202 


sämmtlich ohne. völlige Entfaltung der Flügel; es werden 
Eier gelegt, ohne dass vorher Begattung beobachtet worden, 
unregelmässig, d. h. nicht in Mauern aufgebaut, sondern an 
vielen Stellen vereinzelt oder 2—4 Graines beisammen. Die- 
selben sind, wiewohl bisher im Wohnzimmer bei 13—16° RR, 
aufbewahrt, nicht ausgekommen, vielmehr zusammenge- 
schrumpft, also wohl unbefruchtet und nicht lebensfähig. — 

Trotz dreijähriger vergeblicher Mühe ist die Sache für 
mich noch nicht abgeschlossen, und dürfte besonders die 
durch Herrn Goerke bestätigte Beobachtung des Königl. 
Hof-Gärtners Herrn Fintelmann, dass der Bombyx Cynthia 
mit mannigfaltigen einheimischen Laubarten gefüttert werden 
kann, zu weiteren Bestrebungen ermuthigen. 

Marienwerder, im Januar 1861. 

(gez.) E. John, corr. Mitgl. d. A. V. 


X. 


Um auch einen Versuch mit der Zucht der Rieinus-Seiden- 
raupe (Bombyx Cynthia) zu machen, legte ich am 25. April 
d. J. Ricinus-Samen in Entfernungen von 2 Fuss im Viereck, 
von je 2 Körner, 1 Zoll tief, in zwar gedüngtes, aber sonst 
sandiges Gartenland.*) Nach 3 Wochen ging der Samen auf, 
und die jungen Pflänzchen,, welche gleich ein kräftiges Aus- 
sehen hatten, gediehen, da es ihnen nie an Regen und so- 
mit an Fruchtbarkeit fehlte, vortrefflich. Vierzehn Tage nach 
dem Aufgehen verzog ich sie, um einen gedrängten Stand 
der erwachsenen Pflanzen zu verhüten, bis auf eine Pflanze, 
die ich stehen liess. Mit den ausgezogenen Pflanzen bepflanzte 
ich ein besondres Beet; sie erreichten aber lange nicht die 
Höhe und Stärke der unverzogenen Pflanzen. Ende Juli hatten 
die meisten Pflanzen eine Höhe von 10 Fuss, mehrere von 
ihnen einen Stammumfang von 6 Zoll: erreicht und boten 


*) Es steht hier ein Niederungsgrundstück in Rede, also ruht unter 
der neueren Sandschicht, mag sie auch 5 oder mehr Fuss mächtig sein, 
der alte reiche Marschboden und speist die Oberschicht mit seinem Reich- 
thum. E. d. 


203 


Blätter von 1% Fuss Durchmesser und in grosser Zahl. Der 
allgemeinen Pflanzenverderbniss in diesem Jahre entging je- 
doch auch nicht die Ricinuspflanze, Es fanden sich im August 
auf allen Blättern derselben kleine und grössere Brandflecken, 
die, wo sie häufig vorkamen, ganze Blätter absterben machten 
Diese Blätterkrankheit schien mir später auf die Raupen einen 
nachtheiligen Einfluss auszuüben, denn die Sterblichkeit, 
die so gut bei der Rieinus-Raupe als bei der Maulbeerbaum- 
Seidenraupe auftrat, nahm beim Eintritt der Pflanzenkrank- 
heit an Umfang zu. 

Auf mein an den Herrn General-Sekretair Dr. John zu 
M. gerichtetes Gesuch um einige Rieinusspinner-Eier hatte 
derselbe die Güte, mir am 16. Juli einige, bereits bei ihm - 
ausgeschlüpfte Ricinus-Räupchen, es mochten etwa 50—60 
an der Zahl gewesen sein, zukommen zu lassen. Sie waren 
klein, von gelber Farbe, braun punktirt, und hatten schwarze 
Köpfe. Ich brachte sie sogleich auf die Blätter einer im 
Garten ausgezogenen und in der Stube in einen mit Wasser 
und Erde angefüllten Kübel gestellten Ricinus-Pflanze. Sie 
frassen aber äusserst wenig und zeigten grosse Regungslosig- 
keit. Alle Mühe, die ich mir gab, diese mit den Räupchen 
bevölkerte Ricinus-Staude frisch zu erhalten, war vergeblich; 
nach 6 Stunden hingen die Blätter welk an ihr herab, und 
ich musste, weil diese Erscheinung bei einer zweiten und 
dritten, auch von der Wurzel befreiten und in reines Was- 
ser gesetzten Pflanze eintrat, um die Räupchen nicht dem 
Verhungern oder beim Herabfallen dem Verkommen Preis 
zu geben, herabnehmen, auf einen Rahmen bringen, und sie, 
nach Art der Maulbeerbaumraupen, auf demselben füttern. 
Sie erhielten hier zur Nahrung frische, in Stücke zerschnit- 
tene Ricinusblätter, und dieses so oft, als die ihnen hinge- 
worfenen Blätter anfingen, welk zu werden, in 24 Stunden 
3—4mal. 

Am 19. Juli gingen einige in die erste Häutung, einige 
jedoch erst den folgenden Tag, andre kamen gar nicht zum 
Häuten, hörten auf zu fressen, schrumpften zusammen und 


204 


starben. Die da glücklich die Häutung bestanden, zeigten 
eine hellere Farbe, frassen stärker und waren lebhafter. Die 
Fütterung mit grob zerpflückten oder zerschnittenen Ricinus- 
blättern wurde in der gewöhnlichen Ordnung fortgesetzt. 

Am 28. Juli gingen einige Raupen in die 2. Häutung, 
einige blieben auch bei dieser zurück und häuteten erst 
einen Tag später, andre wieder gar nicht und starben. Die 
aus der Häutung gekommenen Raupen hatten eine bläulich 
weisse Haut, mit kleinen, auf den Spitzen mit feinen Här- 
chen besetzten Auswüchsen, die Raupen hatten ein recht 
gefälliges Aussehn, sie nahmen an Grösse bedeutend zu und 
zeigten viel Fresslust. Versuchshalber legte ich ihnen in 
dieser Lebensperiode auch Maulbeerbaumblätter vor. Diese 
wurden von ihnen mit gleichem Appetit verzehrt, dann gab 
' ich ihnen Kastanienblätter, diese frassen sie gleichfalls. Zu- 
letzt kredenzte ich ihnen neben Ricinusblättern auch Erlen- 
laub; aber auch dieses wurde von ihnen nicht verschmäht. 
Was mag diese Art Raupen nicht noch alles fressen! 

Am 8. August setzten sich mehrere Raupen zur dritten 
Häutung und vollendeten dieselbe am folgenden Tage. An- 
dere setzten sich am 9. und noch andere am 10. desselben 
Monats, von welchen letzteren einige während der Häutung 
starben. Die Farbe der Gehäuteten war glänzend bläulich. 
Am 12. August kamen die letzten aus der Häutung. Ihre 
Farbe ging immer stärker ins Blaue über. Sie wurden, um 
ihnen mit Surrogaten nicht zu schaden, wieder mit Ricinus, 
als, wie es scheint, ihrer Haugtnahrung, gefüttert und ge- 
diehen sie bis auf einige, welche schwarze Flecken bekamen 
und starben, recht gut. Am 14. August begann die vierte 
Häutung, aber auch nur wieder bei einigen Raupen, die an- 
dern kamen später dazu. Vollendet wurde diese Häutung 
bei den letzten am 21. August. Ihre Farbe war jetzt stark 
blau, ins Grüne spielend und recht schön. Sechs Raupen 
starben im Unvermögen, die alte Haut abzustreifen und 
mussten hinausgeworfen werden. Auch nach der Häutung 
erkrankten noch einige, wieder mit jenen Flecken. bedeckt 


205 


(Pilzsucht?) und starben. Am 24.—26. August war die 
Temperatur bei regnichtem Wetter stark herabgesunken, und 
musste sie durch künstliche Wärme bis auf 18° R. erhöht 
werden. In diesem Lebensalter wuchsen bei dem: gewöhn- 
lichen Rieinusfutter dieRaupen stark und zeigten viel Fresslust. 

Am 26. August fingen die Raupen an, sich einzuspinnen. 
Ich baute ihnen eine Hütte von Ripsstroh, wo hinein sie 
stiegen und ihre Cocons bildeten. Dieselben sind klein, un- 
ansehnlich, an einem Ende nur schwach verwebt oder ganz 
offen, und bestehen aus einem groben Gewebe, das zu ent- 
wirren Mühe kosten dürfte. Ob dieses endlich gelingen wird, 
wird die Zeit lehren. Die Einspinnung ging wieder sehr 
unregelmässig vor sich. Die letzte Raupe spann sich erst 
am 14. September ein. 

Am 16. September brach ich die Cocons, 30 an der Zahl, 
aus. ‘Die eine Hälfte behielt ich in einer Temperatur von 
15° R. zum Auskriechen der Schmetterlinge, die andre Hälfte 
brachte ich, um das Ausschlüpfen der Schmetterlinge vor 
der Zeit zu verhüten, in ein kühles, unheizbares Local, wo 
sie zwar 'nicht grosser Kälte preisgegeben sind, aber doch 
eine Temperatur von 4—6°R. unterm Gefrierpunkt zu be- 
stehen haben. Von den ersteren, in der Stubenwärme von 
16° R. zum Auskriechen der Schmetterlinge zurückbehaltenen 
Cocons kroch ungefähr % der Zahl am 1., 2. und 3. November 
aus. In den anderen % der Cocons waren die Puppen ge- 
storben. Die hervorgegangenen Schmetterlinge waren recht 
gross und schön gefärbt, leider aber alles Weibchen, die 
zwar Eier legten, aber unbefruchtete, welche nicht auskamen. 

Falls die reservirten Cocons sich ohne auszuschlüpfen bis 
ins Frühjahr halten, so will ich den Versuch noch einige 
Zeit fortsetzen. | 

Weichselburg bei Marienwerder. 

©. (gez.) Görke. 


206 


Die beiden Angoraböcke und das Oberägyptische 
Ziegenpaar. 

Ueber die Einführung und Unterbringung der unserem 
Vereine von dem Vorstande der Pariser Acclimatisations-Ge- 
sellschaft zu Acclimatisations-Versuchen bereitwilligst über- 
lassenen beiden Angora-Böcke und eines Oberägyptischen 
Ziegenpaares haben wir bereits im zweiten Bande dieser 
Zeitschrift S. 228 berichtet. 

Die- Thiere waren sämmtlich der landwirthschaftlichen 
Local-Abtheilung XIVa. in Coblenz übergeben worden, und 
hatte dieselbe den einen Angora-Bock bei dem Hirten Castor 
iu Oberwesel, den andern bei dem Pastor Herrn Heidin- 
ger in Alflen, das oberägyptische Ziegenpaar bei dem Herrn 
Rentmeister Wirz in Bassenheim in Pflege gegeben. 

Obwohl in den ersten Monaten der Gesundheitszustand 
der Thiere ein vorzüglicher war und die Kreuzungsversuche 
mit Landziegen erfreulichen Fortgang hatten, so hat dennoch 
seitdem unser Verein, trotz der vortrefllichen Pflege, in wel- 
cher die Thiere sich befanden, den Verlust des einen Angora- 
Bockes und des oberägyptischen Bockes zu beklagen. 

Der hierauf bezüglichen Correspondenz entnehmen wir 
Folgendes: 


Coblenz, 18. Februar 1860. 

Höchst bedauerlich ist es, dass dem g. Vorstande des 
Acclimatisations- Vereins wir hiermit den Abgang des in 
Oberwesel stationirt gewesenen Angora-Ziegenbocks melden 
müssen, Aus dem von dem Hrn. Veterinair-Assessor Becker 
erstatteten anliegenden Gutachten über die Todesursache wird 
hervorgehen, dass diesseits nichts versäumt worden ist, um 
die Conservirung des Bocks zu sichern, und dass nur ein 
nicht vorherzusehender unglücklicher Zufall sein Umstehen 
herbeigeführt hat. 

Erfreulich ist es uns dagegen, zu gleicher Zeit über das 
Wohlbefinden des bei Hrn. Pastor Heidinger untergebrach- 


207 


ten zweiten Angora-Bocks, so wie des bei Hrn. Rentmeister 
Wirz untergebrachten ägyptischen Ziegenpaares berichten 
zu können; beide Böcke haben nur einige dreissig Ziegen 
gedeckt, und da die ägyptische Ziege tragend zu sein scheint, 
so wird wenigstens von diesem Paare eine direkte Descen- 
denz und die Aussicht auf eine Inzucht mit diesen Thieren 
zu hoffen sein, welche allerdings nicht so werthvoll zu sein 
scheinen, als die Angora-Ziegen-Race. Wir erlauben uns 
daher, unsern Antrag zu erneuern, um eine Inzucht bei den 
Angoras zu ermöglichen, wenigstens eine Angora-Ziege uns 
überweisen zu wollen, welche bei dem Eifer und der be- 
sonders guten Pflege des Hrn. Pastor Heidinger, im Ver- 
ein mit dem dortigen Bergklima und den günstigen Fütterungs- 
Verhältnissen, gewiss gedeihen würde. 

Der Bock in Oberwesel war viel ungünstiger stationirt; 
wir glaubten aber wegen der vielen dortigen Ziegenhalter 
ihn gerade dort am vortheilhaftesten verwenden zu können, 
was sich leider als ein Irrthum erwiesen hat. 

Der Vorstand der Lokal-Abtheilung XIVa.. 
(gez.) Freiherr v. Hilgers. C. Falkenberg. 


Auszng aus dem Gutachten des Hrn, Assessor Becker: 
Coblenz, 15. Februar 1860. 

Der verehrlichen Requisition entsprechend, habe ich mich 
sofort am 29. Januar d. J. nach Oberwesel begeben, um den 
dort umgestandenen Angora-Ziegenbock des Acclimatisations- 
Vereins zu untersuchen, und verfehle ich nicht, nachfolgend 
darüber zu berichten: 

Der Bock soll, nachdem er sich am 24. Januar bei einer 
jungen Ziege etwas stark angestrengt hatte, sein Futter ver- 
sagt und getrauert haben, weshalb ihm etwas Oel und Salz 
gegeben worden sei. Allein am 26. Januar habe man schon 
eine bedeutende Anschwellung des Bauches wahrgenommen, 
das Thier habe sich von einer Seite auf die andere gelegt, 
und bald darauf sei es ohne besondere Unruhe verschieden. 

Beim Oeffnen der Bauchhöhle soll eine grosse Menge 


208 


Wasser ausgeflossen sein, und fanden sich auch bei’ meiner 
näheren Untersuchung an der Bauchhaut zwischen den dün- 
nen Gedärmen, am Leberüberzuge etc. wässrige Exsudate und 
Adhäsionen, ohne dass die Textur der Organe verändert war. 
Die Organe der Brusthöhle waren ebenfalls gesund. Es er- 
gab sich also hieraus, dass der fragliche Bock an Bauchfell- 
entzündung und Bauchfellwassersucht gelitten hat und zu 
Grunde gegangen ist. 

Nach ‘der Mittheilung des Unterhalters soll der Bock be- 
reits über 200 Ziegen gedeckt haben und dabei stets munter 
gewesen sein. Die Verpflegung war durchgängig gut und ist 
‘ meist Hafer und Heu gefüttert worden. Trotz der Wasser- 
sucht fand sich deshalb auch noch ziemlich viel Fett im 
Leibe vor. | 

Das häufige Decken scheint demnach nicht als Ursache 
der Krankheit angesehen werden zu können, sondern es ist 
wahrscheinlich, dass das letzte anstrengende Decken der 
jungen Ziege am 24. Januar und eine gleichzeitig statt- 
gefundene Erkältung das Leiden veranlasst hat. 

. (gez.) Der Veterinair-Assessor Becker. 


Unter dem 25. März 1860 erhielten wir ein Schreiben 
des Herrn Direktors der landwirthschaftlichen Lokal-Abthei- 
lung, in welchem uns auch der Tod des ägyptischen Ziegen- 
bockes angezeigt wurde. Demselben war ein Schreiben des 
Herrn Rentmeister Wirz an Herrn v. Hilgers im Original 
beigefügt, dem wir Folgendes entnehmen: 


Bassenheim, 18. März 1860. 

Leider habe ich Ihnen die Mittheilung zu machen, dass 
der ägyptische Bock heute früh 3 Uhr verendet ist, Der- 
selbe war seither bei guter Pflege bis zum 16, Mittags stets 
gesund, munter und bei sehr gutem Appetit; am Abend die- 
ses Tages aber versagte er zum ersten Mal sein Futter und 
benahm sich traurig. — Gestern Morgen fand ich ihn so- 
dann in einem starken Fieberzustande, mit kaltem Maul und 


209 


einem sehr hörbaren Stöhnen,, woraus ich auf ein bedenk- 
liches Brustleiden schloss. Obgleich er nun nebst der Ziege 
bei den Kühen warm gestanden hatte, so liess ich ihn doch 
noch mit warmen Decken und mit Stroh sorgfältig zudecken 
und ihm einige Löffel Oel eingeben. Ohngeachtet dieser 
Vorsorge hat aber. der so plötzlich eingetretene Zustand sehr 
schnell einen 'tödtlichen Verlauf genommen, was zwar bei 
dem Ziegengeschlecht nicht auffallend ist, da mit denselben 
keine sonderlichen Kuren anzustellen sind. 

Bei der Obduktion hat sich nun ergeben, dass er sich 
überfressen, was sich erklärt, da er weit gefrässiger gewesen, 
als die Ziege, in Folge dessen ein heftiger Blutandrang nach 
dem Herzen den schnellen Tod veranlasst hat. 

Seit dem 28. September v. J. bis zum 28. Dezember hatte 
der Bock 66 Ziegen von hier und aus der Umgegend gedeckt 
und steht zu erwarten, dass. diese wohl alle tragend gewor- 
den sind. Die ägyptische Ziege ist vollkommen gesund und 
dem Anscheine nach auch tragend. Den Unfall beklage ich 
um so mehr, als ich mir stets für die gute Erhaltung und 
KApaR- beider Thiere alle Mühe gegeben habe. 

(gez.) Wirz, Rentmeister. 


Später hat es sich leider herausgestellt, dass die Ver- 
muthung in Betreff‘ des tragenden Zustandes der ägyptischen 
Ziege auf einem Irrthum beruhte, dass vielmehr auch sämmt- 
liche, von. dem verstorbenen ägyptischen Bock gedeckten 
Landziegen, etwa 60 an Zahl, unfruchtbar geblieben waren. 

Dagegen. meldet der Herr Pastor Heidinger in einem 
Schreiben vom 19. April 1860 unter Anderm Folgendes: 


Die. Ziegen, ‚welche im vorigen Herbst von unserem An- 
gora-Bock belegt wurden, werfen nun) nach der Reihe Zick- 
lein.. Alle, welche ich. hier und in Bückel sah, sind ohne 
Rücksicht auf die Farbe der Mutter glänzend weiss, wie der 
Angora-Bock. Die armen Leute haben eine unbeschreibliche 
Freude mit den wunderschönen Thierchen. Gleich nach der 


210 


Geburt wurde das Stück mit 1 Thlr. bezahlt. In Folge 
dessen sind schon eine Menge Anfragen an mich geschehen, 
ob ich Ziegen, die man hierhersenden wollte, zu dem Angora- 
Bock zulassen wollte. Um das Thier bei Gesundheit und 
Kraft zu erhalten, liess ich vorigen Herbst nur eine be- 
schränkte Anzahl, circa 60, zu. Bei etwas Hafer, gutem 
Heu und laulichem Getränk blieb der Bock immer munter 
und vollkommen gesund. 

Auch die sehr zahlreiche Nachkommen schaft des in Ober- 
wesel verstorbenen Angora-Bocks liess durchgängig sehr deut- 
liche Zeichen ihrer väterlichen Abkunft erkennen. 

Nachdem Herr Rentmeister Wirz darauf angetragen hatte, 
über die zurückgebliebene ägyptische Ziege, für welche er 
nun keine weitere Verwendung hatte, anderweitige Disposi- 
tion zu treffen, beschloss der Vorstand unseres Vereins, die- 
selbe in dem zoologischen Garten zu Cöln unterzubringen, 
indem der Direktor desselben, Herr Dr. Bodinus, sich be- 
reitwilligst zur Uebernahme der Ziege geneigt erklärt hatte. 
Anfangs August v. J. wurde die Ziege dorthin abgeliefert. 

Die abgeschorenen Vliesse der beiden Angora-Böcke, so- 
wohl des gestorbenen als auch des lebenden, welche an Ge- 
wicht zusammen etwa 6 Pfd. betrugen, wurden den Herren 
Gebrüdern Dräger in Pritzwalk übergeben mit der Bitte, 
aus denselben Stoffe fabrieiren zu lassen. Diese Herren ver- 
fertigten daraus eine grosse, schwere, dunkle, plüschartige 
Reisedecke, welche ganz aus Angorawolle besteht, und einen 
tuchartigen, glatten Stoff aus Schafwolle, mit welcher An- 
gorawolle verwebt ist. Beide Stoffe zeichnen sich durch 
ausserordentliche Schönheit und Weichheit aus und wurden 
dieselben deshalb in Folge eines Beschlusses unseres Vor- 
standes zu der Ende October in Berlin stattgehabten land- 
wirthschaftlichen Ausstellung eingesandt und dort ausgelegt. 

Berlin, im Januar 1861. 


211 


Berichte über die italienischen Bienen, 
I. 


Marienwerder, im Januar 1861. 
Nach dem Misslingen vielfältiger Versuche, durch italie- 
nische Weisel, welche die Hauptverwaltung des Vereins West- 
preussischer Landwirthe vom Herrn Pfarrer Dzierzon be- 
z0g, zu einem reinen Stande dieser bevorzugten Bienen-Art 
zu gelangen, musste die Nachricht freudig begrüsst werden, 
dass der Vorstand des Acclimatisations- Vereins eine auf 
bestem Wege direct aus Italien bezogene Mutter hierher 
geben wolle. Dass dies schliesslich jedoch nur in der Weise 
realisirt werden konnte, dass wir einen von der Original- 
Mutter in Prettin gezogenen Nachkömmling erhielten, depri- 
mirte um so mehr, als derselbe bei seinem Eintreffen sich 
nicht in den erwarteten hochgelben Ringen präsentirte, und 
zeigte demzufolge der hiesige erfahrene Imker, Herr Heyse, 
wenig Lust, sich der Mühe der Anzucht in der bereits vorge- 
sehenen Kastenwohnung auf isolirtem Stande zu unterziehen, 
und nur die Hoffnung, dass das durch die Reise erschöpfte 
Völkchen in der Ruhe ein willkommneres Aeussere erhalten 
werde, bewog ihn zu seiner Annahme und besten Pflege, 
über deren Erfolge er am 18. December v. J. Nachstehendes 
berichtete: 
„Euer Wohlgeboren erwiedere auf das Geehrte vom 
17. d. M. unter Remission des Zeitschriften-Heftes*) ganz 
ergebenst, dass die durch Vermittelung des verehrlichen 
Acclimatisations-Vereins gütigst anher gesandte Bienen- 
königin hier wohlbehalten ankam, aber leider in einer 
unpassenden Zeit, wo die hiesigen Stöcke bereits flugbare 
Drohnen hatten, folglich auch der, dem die hergesandte 
Königin beigegeben wurde. Aus diesem Grunde nur allein 
konnte eine reine Fortzüchtung nicht mehr vorgenommen 
werden, was künftiges Jahr erst wird geschehen können, 


*) Zeitschrift für Acelimatisation, Bd. III, Heft 1—6. 


212 


wenn das betreffende Volk glücklich durch den Winter ge- 
bracht werden wird. 

Hierbei kann ich aber nicht unerwähnt lassen, dass 
ich bei der ersten Ansicht der übersandten Königin gar 
nicht geneigt war, sie zu behalten, noch weniger die Mühe 
der Züchtung zu übernehmen, weil die Farbe derselben 
viel dunkler (also nicht rein gelb) war, als derjenigen Kö- 
nigin, welche die verehrliche Hauptverwaltung früher vom 
Pfarrer Dzierzon bezogen hatte. Die allererste Königin 
von p. Dzierzon war die schönste von allen, die spä- 
teren aber nicht mehr. Die erste Dzierzon’sche Königin, 
deren Hinterleib tadellos gelb war, brachte doch bei alle 
dem nur 

l) Drohnen, die nur einen Anflug von gelblichen Flecken 

‚an den Seiten des Hinterleibes zeigten, und 

2) Arbeitsbienen, die nur 2 aber hochgelbe Ringe zeigten. 
Die später von dieser schönen Königin erzogenen jungen 
Königinnen hatten aber nicht mehr die reine gelbe Farbe, 
sondern schon einen braunen. Flecken an der äussersten 
Spitze des Hinterleibes, und die später fallenden zeigten 
immer grössere braune Flecken. Ich züchtete nämlich 
7 Stück von der schönen alten Königin. 

Die Züchtung fand auf einem isolirten Stande statt, 
wo keine fremde Drohnen, nach meiner Ansicht, Zugang 
hatten, und dessenungeachtet war es nicht möglich, die 
reine Farbe der alten Mutterbiene bei den jungen Müttern 
zu erreichen, Später bestätigte sich diese Erfahrung wie- 
derum bei mir. Also aus eigener Erfahrung bin ich zu 
der Ansicht gelangt, dass wir in unserm Klima wohl 
schwerlich zur reinen Race werden gelangen. Die aus 
Prettin in diesem Sommer empfangene Königin trug wenig 
gelbe Farbe, dagegen hatten die Arbeitsbienen doch einen 
schönen gelben Ring. Die Drohnen waren von den hie- 
sigen in Farbe aber nicht zu unterscheiden.“ 

Wenn die deutschen Imker nach vielfältigem Zurückgehen 
sogenannter italienischer ‘Völker auf den Typus der deutschen 


En Tun > 2 ia a 


213 


die Frage von Jahr zu Jahr ernster aufwarfen, ob es über- 
haupt eine konstante Bienenrace mit hochgelb geringtem 
Hinterleibe und den sonstigen Eigenschaften der sogen. Ita- 
lienerin gebe, so werden die interessanten Mittheilungen, 
welche Herr Ehrhardt zu Prettin im III. Bande dieser 
Zeitschr. S. 58 über das gleichzeitige Vorkommen von sogen. 
italienischen und von sogen. deutschen Bienen in Italien 
macht, jene Bedenken wesentlich verstärkt haben. Dies und 
die grossen Vorzüge, welche die sogen. italienische Biene 
unbestritten besitzt, mahnt daher die Imker, der Frage über 
die Möglichkeit der reinen Inzncht der sogen. italienischen 
Biene in Deutschland die vollste Aufmerksamkeit zuzuwenden. 
Einer der tüchtigsten Bienenzüchter, Lehrer Kanitz zu Hein- 
richsdorf bei Pr. Friedland, in weiteren Kreisen bekannt als 
Herausgeber der „Bienen-Zeitung*, scheint nach ebenfalls 
mehrjährigen misslungenen Versuchen in neuester Zeit ge- 
neigt zu sein, die Existenz einer constanten, also fort- 
pflanzbaren Race von den bezeichneten Eigenschaften zu be- 
jahen, ohne durch den Eigennutz des Züchters als Verkäufer 
der angepriesenen Weisel hierzu getrieben zu werden. 
(gez.) E. John, 
correspond. Mitglied des Acel.-Vereins. 


II. 


Bendorf, 12, Januar 1861. 

Der verehrte Vorstand des Acclimatisations- Vereins zu 
Berlin hatte den Bienenstock, aus welchem die Einbürgerung 
der ächten ligurischen Bienen in den Bereich der landwirth- 
schaftlichen Lokal-Abtheilung Coblenz hervorgehen sollte, 
von Mailand direkt nach Berlin senden lassen. Die Rück- 
reise dieses Bienenvolkes von Berlin nach Coblenz war bei 
dem Zustande, in den es durch die lange Reise gebracht 
werden musste, ganz unthunlich, weil die Königin nebst den 
wenigen Bienen, welche noch am Leben waren, unfehlbar 
getödtet worden wären. Um die vorhandene italienische Kö- 


nigin zu retten, war das Verfahren des Herrn F. Ehrhardt 
1860. Bd. II, 15 


214 


in Prettin, der einen seiner besten deutschen Stöcke ent- 
weiseln musste, um die importirte Königin am Leben zu er- 
halten, vollkommen dem Zwecke entsprechend, aber es liess 
der Befürchtung Raum, dass der nachgezogene, für Coblenz 
bestimmte Weisel die Befruchtung von einer deutschen Drohne 
empfangen habe, daher die Nachkommen als Halbitaliener 
erscheinen würden. Der direkte Bezug des importirten italie- 
nischen Stockes von Mailand nach Coblenz würde: das Ein- 
fachste und Zweckmässigste gewesen sein. 

Der von Herrn Ehrhardt in Prettin aus der importirten 
Königin nachgezogene Weisel kam in tadelloser Verpackung 
hier an. Da ich gerade zu dieser Zeit durch die Arbeiten 
in der Central-Seidenbauanstalt so in Anspruch genommen 
war, dass ich anderen Unternehmungen meine ungetheilte 
Aufmerksamkeit nicht zuwenden konnte, übergab ich Herrn 
J. Schwarz in Sayn die angekommene Königin zur Bei- 
setzung in einen deutschen Stock. Das Verfahren war fol- 
gendes: Vor Ankunft der italienischen Königin waren bereits 
drei Nachschwärme zusammengeschlagen worden, deren Kö- 
niginnen in drei Weiselhäuschen gefangen gehalten wurden. 
Bei der Ankunft der Italienerin wurden diese Königinnen 
nun aus dem Stocke herausgenommen: und das Volk eine 
Nacht lang ohne Königin gelassen. Eine Nacht war in die- 
sem Falle deshalb hinreichend, weil der Stock noch keine 
Brut angesetzt hatte und das Volk daher zur Annahme der 
zugesetzten Königin sich willig befand. Am Morgen wurde 
die Königin (im Weiselhäuschen eingesperrt) im das Innere 
der Bienenwohnung gebracht und das Verhalten der Arbei- 
terinnen durch eine Glasscheibe beobachtet. Die Zeichen für 
die günstige Aufnahme der Fremden schienen so unzweideu- 
tig, dass die Herrschaft der neuen Regentin für gesichert 
gehalten werden durfte; gegen Abend erhielt sie’ denn auch 
schon ihre Freiheit. | 

Nach drei Tagen aber fand Herr Schwarz auf einer 
kurzen Tafel von jungem Wachse schon Brut angesetzt und 
fünf Weiselzellen gebaut. Einige Tage später wurde aber- 


215 


mals eine Untersuchung angestellt. Es fand sich, dass auf 
derselben Tafel nun 28 Weiselzellen neu angelegt worden 
waren, von denen sieben mit Eiern besetzt waren. Somit 
war aber auch die unerwartete und betrübende Gewissheit 
erlangt, dass die Bienen die neu zugesetzte italienische Kö- 
nigin abschaffen würden, denn das wiederholte Ansetzen 
von Weiselzellen ist das untrügliche Zeichen, dass im Stocke 
eine der Königin feindlich gesinnte Partei vorherrschend ist. 

Es wurden nun daher sofort zwei andere deutsche Stöcke 
entweiselt und, nachdem dieses geschehen, die neu ange- 
setzten Weiselzellen aus dem Mutterstocke entnommen und 
in jene vertheilt, um wo möglich die Bienen im ersten Stocke 
zu beruhigen und mit der beigesetzten Königin zu befreun- 
den. Allein nach mehreren Tagen fand sich auf einer Tafel, 
welche der herausgenommenen zunächst stand, neuer Brut- 
ansatz und sieben neue Weiselzellen vor, von denen fünf 
mit Eiern besetzt waren. Es war nun keinem Zweifel un- 
terworfen, dass die beigesetzte Königin zum Tode verurtheilt 
sei; um sie noch zu retten, wurde der ganze Stock ausein- 
ander gelegt und durchsucht, aber die Königin war nirgends 
zu finden, daher schon abgestochen. 

In beiden vorerwähnten deutschen Stöcken, in welche 
Zellen mit der Brut der italienischen Königin vertheilt wor- 
den waren, glückte es, Königinnen zu erziehen, beide aber 
gingen auf dem Begattungsausfluge verloren. 

Die im Mutterstocke dagegen nachgezogene junge Köni- 
gin erlangte glücklich ihre Befruchtung, fand ihre Wohnung 
wieder und bildete ein Volk, das lustig eintrug, obgleich 
die Zeichen ihrer italienischen Abkunft — die gelben Ringe 
— sehr verwischt erschienen. Die übrigen fünf Königinnen- 
Wiegen wurden einem befreundeten Bienenvater übergeben, 
von ihm ebenfalls einem deutschen Stocke beigesetzt, jedoch 
später ausgebissen befunden. 

Das praktische Verfahren, die Königin einem Volke auf- 
zudringen, hat seit der Entdeckung des Hofapothekers Hübler 


alle seine Schwierigkeiten und Gefahren vollständig verloren, 
15* 


216 


doch war im Juni v. J. die Entdeckung Hübler’s uns noch 
ein Geheimniss; später erst gewannen wir es und auch die 
Ueberzeugung von der leichten Ausführbarkeit und dem un- 
bedingt gesicherten, zuverlässigen Erfolge der vorgeschrie- 
benen Methode, nach welcher nun zunächst in diesem Jahre 
operirt werden soll. | 
(gez) N. W. Kamphausen. 


Diese beiden Berichte wurden an Herrn Ehrhardt nach 
Prettin zur Begutachtung eingesandt, und bemerkt derselbe 
dazu Folgendes: 

Die abgegebenen jungen Weisel waren an Farbe die 
besten, die wir vom importirten erhielten; die ganze An- 
gelegenheit ist von uns — nämlich von einem hiesigen Kauf- 
mann, Herrn €. F. Möbius, der. sein ganzes Leben hin- 
durch einen grossen Bienenstand mit Leidenschaft und Auf- 
gebot aller Mittel gepflegt und manche bedeutende Reise in 
diesem Fache gemacht hat, und mir — mit voller Hin- 
gebung behandelt worden. Doch müssen wir zuvörderst er- 
klären, dass der importirte Weisel an Farbe nicht gerade 
bedeutende Vorzüge vor den beiden abgegebenen hatte. Nach 
unseren Erfahrungen genügte es, dass das vorgefundene Völk- 
chen auch nicht eine einzige wirklich schwarze Biene 
enthielt; alle trugen, wenn auch nicht überwiegend schön, 
die gelbe Farbe. 

Ob die abgegebenen Weisel die Befruchtung von gelben 
Drohnen wirklich empfangen hatten, dafür können wir in- 
sofern unmöglich einstehen, als wir nicht Zeit behielten, 
die Nachkommenschaft derselben genügend zu beobachten. 
Die echte Befruchtung ist und bleibt in Gegenden, wo 
schwarze Bienen überwiegend existiren, ein Glücksspiel, 
und die Chancen für werden wesentlich dadurch vermehrt, 
dass man gelbe Völker, echt oder Bastard, so viel als nur 
möglich, schafft. Wir haben gegenwärtig gegen 50 solcher 
Völker. Bastard-Völker, d. h. solche, deren gelbe Königin- 
nen die Befruchtung von schwarzen Drohnen empfangen 


217 


haben, erzeugen nach den jetzt feststehenden Ermittelungen 
lediglich Vollblut-Drohnen, indem der nichtbegattete 
Weisel die Drohnenzeugungs-Fähigkeit in sich selbst besitzt, 
demnach die Begattung nur auf Erzeugung weiblicher 
(Weisel und Arbeits-) Bienen hinwirkt. Eines Theils also, 
um die Chancen für echte Begattung des gelben Weisels zu 
vermehren, gehen wir darauf aus, möglichst viel unserer 
schwarzen Völker mit gelben Weiseln zu versehen, mö- 
gen sie echt oder nicht echt befruchtet sein; andern Theils 
besitzen aber auch schon diese Bastard-Völker die gewünsch- 
ten Vorzüge der echten gelben Biene, indem sie feineren 
Geruchssinn für Witterung ihrer Beute und grössere Thätig- 
keit zeigen, als die schwarze Biene. 

Ein „isolirter* Stand zur Reinzüchtung gelber Bienen, 
wie er in dem Bericht aus Marienwerder erwähnt wird, ist 
äusserst schwer mit Sicherheit zu erlangen. Niemand ist 
bis jetzt im Stande gewesen, den Flug eines Weisels, den 
er für den Begattungszweck macht, zu verfolgen, so wie den 
Flug der Drohnen in Bezug auf Entfernung von ihrem Stocke 
zu messen. Als Beleg der Misslichkeit eines isolirten 
Standes möge folgende Bemerkung dienen: In einem 1 Stunde 
von hier entfernten Dorfe wird von Alters her viel Bienen- 
zucht nach alter Weise getrieben; Niemanden ist es dort 
noch eingefallen, sich einen gelben Weisel zu verschaffen, 
und doch giebt es dort einige Völker, die plötzlich gelbe 
Bienen, und zwar gegen 10—20% zu erzeugen anfingen. Es 
ist dies nur dadurch zu erklären, dass eine Befruchtung 
schwarzer Weisel mit gelben Drohnen in dieser Ent- 
fernung stattgefunden hat. 

Die Frage, ob sich in irgend einem Lande oder Winkel 
der Erde eine wirklich unvermischte gelbe Race vor- 
finden möge, kann wohl keineswegs kategorisch verneint wer- 
den, ehe nicht die umfassendsten Forschungen angestellt 
worden sind. Doch ist sie in den Ländern, wo sie ermittelt 
worden ist (Norditalien und ein Theil von Frankreich), ganz 
entschieden nicht unvermischt vorhanden, weil sich dort 


218 


überall grössere Bestände schwarzer, als gelber Bienen 
vorfinden, Hauptsächlich dieser Umstand mag wohl die an- 
nähernde 'Wiederherstellung der ursprünglich reinen Race 
ausserordentlich erschweren; denn wie viele Wechsel der 
Farben mögen im Laufe der Zeit durch unvermeidliche Kreu- 
zungen, zumal bei ..der Lässigkeit, mit der in südlicheren 
Ländern die Bienenzucht betrieben wird, stattgefunden ha- 
ben?! Unstreitig sind wir jetzt in Deutschland im Stande, 
die gelbe Race vollkommener wieder herzustellen, als es in 
Italien und Frankreich je geschehen wird. 

Wir halten ein Volk für echt, wenn der Weisel ledig- 
lich gelbe Bienen, wenn auch in Nüancirungen, erzeugt. 
Man erhält ein solches Volk bei einem starken Stande gel- 
ber (Bastard-) Bienen wohl oft und leicht, man verliert es 
aber auch eben so leicht. Das schönste gelbe Volk, das ich 
besass, verschwärmte sich in 4 Völker, die ich alle als höchst 
werthvoll hegte und pflegte. Als es zum Austrag kam, hatte 
der erste Schwarm den alten Weisel nicht mehr, und — 
alle vier wurden mittelmässige Bastard-Völker. 

Dies erwähne ich hier nur, um darauf hinzudeuten, dass 
zur Züchtung gelber Bienen es nicht genügt, sich hin und 
wieder ein Mal einen gelben Weisel, und höchstens dazu 
einen „isolirten Stand“ zu verschaffen. Es gehören viel 
Arbeiten und Pflege dazu, ohne die Opfer, die man bringen 
muss, in Rechnung zu stellen. Geht man bei Anschaffung 
eines gelben Weisels nicht mit dem festen. Entschlusse um, 
seinen ganzen Bienenstand mit gelben Weiseln zu 
versehen und ausserdem andere Züchter für die Sache zu 
erwerben, so ist, sofern nicht die Zucht gelber Bienen in 
nächster Nähe schon thätig betrieben wird, alle Mühe und 
Geld weggeworfen: nach wenigen Jahren wird das schönste 
gelbe Volk mit all seiner Nachkommenschaft schwarz er- 
scheinen, wie unsere alten Stammbienen, 


219 


Nichtamtlicher Theil. 


Ueber Hopfenbau. 


Von Jos. Jac, Flatau. 


Der Hopfen (Humulus lupulus L.) ist eine Pflanze, 
welche nach den verschiedenen Bodenarten, auf denen sie 
gebauet wird, der mehr oder weniger richtigen Behandlung, 
den verschiedenen klimatischen Verhältnissen, ja selbst nach 
der Lage der Hopfengärten, eine grosse Menge von Varie- 
täten zeigt. Es sind mir deren an fünfzig bekannt, die sich 
durch Blüthenstand, Doldenbau, den Bau der einzelnen Blü- 
thenblätter und den Reichthum an Lupulin wesentlich von 
einander unterscheiden. Wenn Andere nur die Existenz 
zweier Hopfen- Varietäten annehmen und solche mit dem 
Namen des sogenannten rothen oder grünen Hopfens bezeich- 
nen, so mag das früher richtig gewesen sein, jetzt aber hat 
sich bereits, wie oben erwähnt, eine grössere Anzahl ver- 
schiedener constanter Varietäten gebildet. Das Lupulin des 
Hopfens, von dessen Reichthum der grössere oder geringere 
Werth des Hopfens für die Bierfabrikation abhängt, ist das 
schwefelfarbige aromatische Mehl, welches auf dem Grunde 
der Fruchtknoten zwischen den Blüthen-Blättern der weib- 
lichen Blüthe sich bildet. Der Hopfen gehört nämlich zu 
denjenigen Pflanzen, bei denen die männlichen und weib- 
lichen Blüthen auf getrennten Pflanzen vorkommen. Zum 
Zwecke der Bierfabrikation werden nur die weiblichen Pflan- 
zen gezogen. Der Nutzen und Schaden von männlichen 
Pflanzen in Anlagen, wo die weiblichen Pflanzen gezogen 
werden, ist sehr verschiedenartig, doch steht es fest, dass 
zur Gewinnung eines guten für die Brauerei verwendbaren 
Produkts die Befruchtung der weiblichen Pflanzen vermieden 
werden soll, weshalb jede männliche Pflanze aus weiblichen 
Anlagen und deren weiterem Umkreise entfernt werden muss. 


220 


Nächst dem Reichthum an Lupulin bedingt jedoch auch das 
Aroma desselben wesentlich die Güte des Hopfens. Wir 
finden den Hopfen unter den verschiedenartigsten klimati- 
schen Verhältnissen Europas und Nord-Amerikas wild wach- 
send; wo er aber im wilden Zustande vorkommt, wird uns 
von der Natur ein Fingerzeig gegeben, dass ein für denselben 
geeigneter Boden daselbst vorhanden ist, selbst wenn man 
annimmt, dass diese einzeln stehenden wilden Hopfenstöcke 
verwilderte, und nur Ueberbleibsel einer früheren, vielleicht 
vor Jahrhunderten gemachven Hopfen-Anlage sind, so liefert 
das Vorhandensein derselben immer den Beweis, dass, wo 
der Hopfenstock durch so viele Jahre ausdauert, auch ge- 
eigneter Boden und andere ihm günstige Verhältnisse da- 
selbst vorhanden sind. 

Ein wilder Hopfenstock ist durch richtige Behandlung 
eben so gut zu veredeln, als ein edeler Hopfenstock durch 
schlechte Behandlung zu verwildern. Der edelste Hopfen- 
stock degenerirt bei schlechter Behandlung binnen 3 Jahren, 
er ist dann aber sehr schwierig wieder in Kultur zu bringen. 

Es kommt nun bei der Anlage neuer Hopfenpflanzungen 
hauptsächlich auf eine den Bodenverhältnissen anpassende 
Auswahl der Fechser (Stecklinge) an, durch welche die Fort- 
pflanzung erfolgt. Die Fortpflanzung durch Samen ist nicht 
üblich, da solche Zeit raubend ist, und doch ist unter 
Umständen! dieselbe dringend zu empfehlen, da sich hier- 
durch eine, für die Bodenverhältnisse anpassende con- 
stante Varietät bilden kann. Es hängt ferner von der 
richtigen Düngung des Bodens, dem richtigen Schnitt der 
Pflanze, namentlich aber von deren Behandlung die Quan- 
tität und Qualität des Produkts wesentlich ab. Bezüg- 
lich der Auswahl der Fechser muss bemerkt werden, dass 
wie bei allen anderen Kulturpflanzen auch bei der Hopfen- 
pflanze ein Gedeihen und eine Veredlung meist nur dann 
stattfindet, wenn dieselbe aus minder gutem Boden nach 
besserem versetzt wird. Eine Versetzung derselben aus 
besserem in schlechteren Boden hatte trotz aller ange- 


221 


wandten Mühe und Sorgfalt erfahrungsmässig beinah stets 
nur eine Degeneration zur Folge oder einen geringen Ernte- 
ertrag. Es ist daher von vorneherein eine jede neue Hopfen- 
anlage beinah stets als eine verfehlte zu betrachten, bei der 
die Fechser aus Gegenden, in denen die Bodenverhältnisse 
vorzüglich sind, entnommen und in geringeren Boden versetzt 
werden. Aus diesem Grunde war auch der im Jahre 1854 
und 55, wo bereits an 18000 Centner Hopfen in gleicher Güte 
wie heute um Neutomysl produzirt wurden, von der Behörde 
(mit einem Aufwande von je c. 20 Thlr.) gemachte Versuch, 
den Hopfenbau zu Neutomysl in der Provinz Posen, durch 
Einführung von Fechsern aus Spalt und Saatz zu verbessern, 
ein völlig verfehlter, indem die Spalter Fechser bald dege- 
nerirten und ein schlechtes Produkt lieferten, die Saatzer 
Fechser dagegen nicht den Ertrag gewährten, den der bei 
Neutomysl bereits schon acclimatisirte Hopfen brachte. Ich 
kann hiernach nicht genug darauf aufmerksam machen, wie 
wichtig es ist, bei neuen Hopfenanlagen auf eine richtige, 
den Bodenverhältnissen entsprechende Auswahl der Fechser 
Bedacht zu nehmen. Ohne eine solche wird man sich stets 
der Gefahr des Misslingens der mit vielen Kosten gemachten 
Versuche aussetzen, wie solches viele seit dem Jahre 1853 
in Preussen gemachte Hopfenanlagen beweisen, welche durch 
die günstigen Resultate des Hopfenbaues um Neutomysl her- 
vorgerufen wurden. Hopfen-Anlagen bringen unter gewis- 
sen Umständen recht viel Geld ein, kosten aber auch unter 
allen Umständen recht viel Geld, weshalb namentlich der 
kleine Ackerwirth nicht durch künstliche Mittel zum Hopfen- 
bau verleitet werden sollte. Grössere Grundbesitzer mögen 
immerhin Versuche machen und durch theure Versuche Er- 
fahrungen sich erkaufen. Auch ist auf die wechselnden kli- 
-matischen Verhältnisse Rücksicht zu nehmen. Die Hopfen- 
Pflanze entwickelt, wenn sie in den Trieb kommt, bei gün- 
stiger Witterung innerhalb 24 Stunden, oft das enorme 
Wachsthum von 2 Fuss, wenn die Seitentriebe, Blätter u. s. w. 
mit gerechnet werden. Die so rasch gewachsenen Triebe sind 


222 


sehr zart, für Witterungseinflüsse sehr empfänglich, und wer- 
den daher leicht durch rauhe Winde kränklich, ja selbst ge- 
tödtet. Ueberhaupt ist die Hopfenpflanze mehren Krank- 
heiten leicht unterworfen, erholt sich jedoch bei günstigen 
Verhältnissen eben so rasch von diesen Krankheiten. Aus 
diesem Grunde dürfte es sich beispielweise nicht empfehlen, 
an der Nordküste Preussens, in zu grosser Nähe der Ostsee, 
Hopfen-Anpflanzungen zu machen. Der Hopfenbau ist je- 
doch für Preussen längst ein Bedürfniss geworden. Je länger 
derselbe hinausgeschoben wird, um so mehr geben wir dem 
Auslande Vorschub. Ich muss mir daher wiederholentlich 
erlauben, die Aufmerksamkeit der Staatsregierung, der land- 
wirthschaftlichen Vereine und der Landwirthe, auf diesen 
für den allgemeinen Wohlstand so wichtigen und ergiebigen 
Kulturzweig hinzulenken, und kann den Hopfenbau, jedoch 
nur in’Gegenden, die zum Hopfenbau geeignet sind, nicht drin- 
gend genug empfehlen, weil dadurch namentlich dem kleinen 
Grundbesitzer ein reicher Erwerbszweig eröffnet wird. Dass 
der Hopfenbau geeignet ist, bei anpassender Unterstützung 
den Wohlstand eines ganzen Kreises zu heben, ‘beweisen die 
Hopfen-Anlagen um Neutomysl, im Kreise Buck der Provinz 
Posen, die einzigen Anlagen Preussens von solcher Bedeu- 
tnng, dass an zwanzig Tausend Menschen durch den Hopfen- 
bau ihren Erwerb finden, dass der letzte Ernteertrag auf 
2,200,000 Thlr. geschätzt wird und dass der früher ärmste 
Kreis der Provinz Posen (und das will viel heissen) durch 
diesen Hopfenbau sich eines wachsenden Wohlstandes erfreuet. 

Wenn wir die Preussische Geschichte verfolgen, so finden 
wir, dass Preussen bereits vor Jahrhunderten einen bedeu- 
tenden Hopfenbau hatte, der aber merkwürdiger Weise, trotz- 
dem der Bierconsum, also der Verbrauch des Hopfens stets 
im Zunehmen war, theils ganz eingegangen, theils bedeutend 
zurückgegangen ist und nirgends, ausser um Neutomysl, so 
zugenommen hat, wie es der Natur der Sache nach hätte 
geschehen müssen. 

Die Stadt Bukow in der Mark hat in ihrem uralten Kir- 


223 


chen- und Stadtsiegel eine Hopfenranke, und ‚die Geschichte 
sagt uns auch, dass daselbst vor Jahrhunderten ein be- 
deutender Hopfenbau war, der die Bewohner ernährte. 
Jetzt werden daselbst nur noch ungefähr an 200 Centner 
Hopfen produzirt, und zwar einer geringen Gattung, welche 
nach dem jetzigen Stande der Brauerei nur zu Schenkbieren 
verwendbar ist. 

Pölitz in Pommern hatte früher einen bedeutenden Hopfen- 
bau und das Produkt erfreuete sich eines guten Rufes. 

Um Potsdam sind noch Gegenden, die den Namen Hopfen- 
garten führen, obzwar vom Hopfenban daselbst keine Spur 
mehr vorhanden ist. Friedrich der Grosse, dieser grosse 
König, welcher so vieles Gute geschaffen, welches später ver- 
nachlässigt wurde, wie z. B. der Seidenbau und Anderes, 
hatte auch um Potsdam den Hopfenbau eingeführt, und, wie 
man sich erzählt, zu diesem Behufe Hopfenbauer aus Bukow 
kommen lassen. 

In Münsterberg in Schlesien wurde bereits im Jahre 1776 
an 7051 Scheffel Hopfen von 40,864 Hopfenstöcken gewonnen. 
Im Jahre 1791, 11564 Scheffel Hopfen von 70,000 Hopfen- 
stöcken. 

Bereits im Jahre 1840 hat der Königl. Amtsrath Herr 
F. v. Raumer sich um Einführung eines rationellen Hopfen- 
baues auf Kaltwasser bei Liegnitz verdient gemacht, Es 
waren daselbst zu dieser Zeit an 11 Morgen Hopfenfeld an- 
gelegt. Jetzt sind nur noch Ueberbleibsel dieses früher so 
vorzüglichen Hopfenbaues vorhanden. Der jetzige Besitzer 
von Kaltwasser, Herr Rittmeister v. Prillwitz, beabsich- 
tigt dem Vernehmen nach wieder die Einführung dieses Kul- 
turzweiges. | 

In den Ortschaften Mahlburg, Kylburg und St. Thomas, 
im Regierungs-Bezirk Trier, befleissigt man sich schon seit 
Jahrzehnten des Hopfenbaues. Es werden dennoch daselbst 
nicht mehr als 200 Centner produzirt, und zwar ebenfalls 
nur einer leichten Gattung. 

Ohngefähr 15 Centner eines guten Hopfens werden auf 


224 


Balduin bei Trier, in Besitz des intelligenten Herrn Wet- 
tendorf erzeugt. Der Besitzer wünscht auch nicht den An- 
bau zu vergrössern. 

Mehrere auf verschiedenen Besitzungen im Regierungs- 
Bezirk Trier vor Jahren angelegte Hopfenfelder sind nach 
und nach wieder ausgerodet worden. | 

So sind noch viele Gegenden Preussens bekannt, wo früher 
ein bedeutender Hopfenbau war, und selbst neuere Anlagen, 
hervorgerufen durch die Resultate des Neutomysler Hopfen- 
baues, erfreuen sich keines guten Fortganges. 

Der Hopfenbau um Neutomysl im Kreise Buck der Pro- 
vinz Posen, datirt vom Jahre 1692. Es wurden jedoch bis 
zum Jahre 1837 nicht mehr als c. 500 Centner Hopfen da- 
selbst produzirt, der mit 9 Thlr. pro Centner verkauft wurde. 
Im Jahre 1837 ist eine neue Aera für diesen Hopfenbau ent- 
standen. Der Anbau nahm jährlich zu und es wurden da- 
selbst bei einer drei viertel Ernte in diesem Jahre an 
20,000 Centner erzeugt. Bei einer vollen Ernte, wobei ich 
nur 7 Centner pro Morgen annehme, können daselbst, da die 
Anlagen sich in diesem Frühjahre bis auf 6000 Morgen ver- 
grössern, c. 42,000 Centner Hopfen erbaut werden. 

Der Hopfenbau um Neutomysl ist bis jetzt der einzige in 
Preussen, der so segensvoll für Staat und Volk vorwärts 
schreitet. Mögen andere Gegenden unseres Vaterlandes die- 
sem Beispiele folgen und ihnen auch diejenige Unterstützung 
zu Theil werden, welche dem Neutomysler Hopfenbau diesen 
Aufschwung verschafft hat. 

Wenn ich hier die Licht- und Schattenseiten des Hopfen- 
baues in kurzen Umrissen vorgeführt habe, so geschah es, 
um auf das Schwierige, ja Gefährliche des Hopfenbaues hin- 
zuweisen. Der Hopfenbau ist bei gründlichster Kennt- 
niss sowohl seiner ökonomischen als auch seiner kommer- 
ziellen Seite geeignet, einen vorzüglichen Ertrag zu gewähren, 
ist geeignet unter gewissen Umständen den Wohlstand 
eines ganzen Kreises zu heben, ist namentlich dem kleinen 
‘ Ackerwirth zu empfehlen; die Anlagen kosten aber auch 


225 


unter Allen Umständen viel Geld. Jeder bei denselben 
gemachte Fehler rächt sich durch ungünstige Resultate, wes- 
halb ich zum Hopfenbau nur dann rathen kann, wenn ein 
wirklicher praktischer Sachverständiger zugezogen wird. In 
ganz Deutschland ist seit den letzten zehn Jahren der Hopfen- 
bau vorwärts gegangen, während er in Preussen, ausser um 
Neutomysl, überall zurückgegangen ist. Wäre demselben nur 
diejenige Unterstützung Seitens der Staatsregierung gewor- 
den, die beispielsweise der Tabacksbau in Preussen erhalten 
hat, ohne dass dadurch ein günstiges Resultat erzielt wor- 
den, so wäre dadurch der Wohlstand mancher vielleicht jetzt 
noch sehr armen Gegend gehoben. 

Allen denen, die sich für Hopfenbau interessiren, empfehle 
ich das bei Trowitzsch und Sohn in Frankfurt a. O. jetzt er- 
schienene Buch: „Der praktische Hopfenbau und Hopfen- 
handel, vom Königl. Landrath des Bucker Kreises Herrn 
von Saher zu Neutomysl.“ Ich begrüsse mit Freuden die- 
ses Werk eines praktischen Hopfenbauers. 


Ueber denselben so höchst interessanten Gegenstand hat 
uns Hr. J. J. Flatau einen Vortrag mitgetheilt und den Ab- 
druck desselben gestattet, welchen er am 3. Dechbr. 1860 bei 
Gelegenheit der Landwirthschaftl. Central-Vereins-Versamm- 
lung in Potsdam in Gegenwart Sr. Königl. Hoheit des Kron- 
prinzen von Preussen als Protektor des Vereins und des 
Hrn, Minister Grafen v. Pückler gehalten hat. In dieser 
Sitzung wurde eine Prämie von 150 Thlr. für denjenigen 
ausgesetzt, welcher binnen drei Jahren den besten und um- 
fangreichsten Hopfenbau im Reg.-Bezirk Potsdam haben wird. 

Wir lassen diesen Vortrag hier unverkürzt folgen: 

Die überraschenden Resultate, welche in diesem Jahre 
der Hopfenbau um Neutomysl in der Provinz Posen geliefert 
hat, haben meine früheren Behauptungen wiederum bestä- 
tigt, dass die Boden- und klimatischen Verhältnisse unseres 
Vaterlandes für den Hopfenbau günstig und selbst günstiger 
als die der in diesem Kulturzweige renommirtesten Gegenden 


226 


des Auslandes, wie z. B. Böhmen und Bayern sind, deren 
Produkt früher einzig und allein den Markt des Continents 
beherschte. Wir haben wiederum die erfreuliche Erfahrung 
gemacht, dass die Ernteresultate um Neutomysl sich gün- 
stiger, als in allen übrigen hopfenbauenden Ländern der 
Welt gestalteten, und nur in diesem Jahre von denen Ame- 
rikas erreicht wurden. Ich verweise in dieser Beziehung auf 
den von mir übersandten gedruckten Erntebericht pro 1860, 
welchem ich hier noch hinzufüge, dass der Reinertrag pro 
Magdeburger Morgen, im vieljährigen Durchschnitt berech- 
net, jährlich circa 70 Thlr. war; in diesem Jahre aber bei 
einzelnen dortigen Produzenten die Höhe von 500 Thlr. und 
mehr erreichte. Durchschnittlich brachte dort der Morgen 
in diesem Jahre einen Reinertrag von circa 400 Thlrn. 

Mögen jedoch diese Resultate den Königlichen Behörden 
und den landwirthschaftlichen Vereinen keine Veranlassung 
geben, die Grundbesitzer früher zum Hopfenbau zu animi- 
ren, bevor sie sich nicht die Ueberzeugung verschafft haben, 
dass auch diejenige Unterstützung diesem Kultur- und Han- 
delszweige zu Theil werden wird, welche ich, wenngleich 
nur allein, doch mit Aufopferung von Mühe, Zeit und Geld 
seit einem Vierteljahrhundert demselben zu gewähren be- 
müht gewesen bin. 

Mögen die Herren doch den Hopfenbau in anderen Ge- 
genden Preussens vor Augen haben, wie z. B. den der hö- 
heren landwirthschaftlichen Akademie zu Proskau, der doch 
gewiss grosse Mittel zu Gebote stehen, wo aber in diesem 
Jahre der Centner Hopfen nur 40 Thlr. gebracht hat, wäh- 
rend derselbe um Neutomysl mit 160 'Thlr. bezahlt wurde. 

Neutomysl ist die einzige Gegend in Preussen, wo der 
Hopfenbau so segenvoll vorwärts schreitet, während fast an 
allen Orten Preussens, wo früher ein ausgebreiteter Hopfen- 
bau war, man denselben entweder ganz hat eingehen lassen, 
oder ihn doch sehr bedeutend beschränkt hat. Ich führe in 
dieser Beziehung nur Pölitz in Pommern und Buckow in 
der Mark an. Selbst viele seit dem Jahre 1853 in der Pro- 


227 


vinz Posen gemachten Hopfenanlagen — hervorgerufen durch 
die Neutomysler Resultate — erfreuen sich keines Fort- 
schrittes, und wenn auch an einzelnen Orten, wie z. B. Kalt- 
wasser bei Liegnitz in Schlesien, wo vor zwölf Jahren meine 
Kenntnisse in diesem Kulturzweige von dem damaligen Be- 
sitzer, dem Amtsrath Herrn von Raumer, für die Anlagen 
benutzt wurden, auch jetzt noch ein Hopfen von guter Qua- 
lität gebaut wird, so fehlt ihm doch dort der Absatz, weshalb 
auch der Anbau dort zurückgegangen ist. 

Ohne eine gründliche: praktische Erfahrung, ohne eine 
richtige Auswahl der für die verschiedenen Bodenarten pas- 
senden‘ Fechser, kann nur durch Zufall ein gutes Produkt 
erzielt werden, und ist es erzielt, so lässt es sich nicht wie 
andere‘ landwirthschaftliche Produkte auf jedem Wochen- 
markte verwerthen. Bis jetzt haben lediglich Kaufleute des 
Auslandes den Hopfenmarkt in Preussen beherrscht. 

Der mir vor Jahren gewordene ehrenvolle Auftrag des 
märkisch-ökonomischen Vereins, mich für den Hopfenbau 
um Potsdam zu interessiren, lässt; mich voraussetzen, dass 
meine vierundzwanzigjährigen Bemühungen um Förderung des 
Hopfenbaues um Neutomysl diesem Hohen Vereine bekannt 
sind, deshalb erlaube ich mir nur auf meine diesjährige 
Thätigkeit für diesen Kulturzweig: hinzuweisen, welche die 
vorbezeichneten günstigen Resultate hervorgebracht hat. 

Der Hopfenbau: um Neutomysl wird fast nur von klei- 
nen Ackerwirthen: betrieben, welche unmöglich den Welt- 
markt‘ übersehen können. Es war demnach mein Bemühen, 
die Produzenten um Neutomysl bei Zeiten vom Ausfall der 
Ernte des Auslandes, und das Ausland von den Ernteresul- 
taten um Neutomysl zu unterrichten. Es ist durch meine 
Bemühungen, wie es auch von den Produzenten anerkannt 
wird, gelungen, den Preis bis auf 160 Thlr. pro Centner 
rasch zu heben. 

Aus Erfahrung wohl wissend, dass der amerikanische 
Hopfen auf den Preis drückend wirken muss, war auch die 


228 


Beschleunigung des Verkaufs des Neutomysler Hopfens ge- 
boten, bevor der amerikanische Hopfen auf dem Festlande 
anlangt, wozu sechs Wochen nach der Ernte nöthig sind. 
Es ist mir auch dieses gelungen, denn sechs Wochen nach 
der Ernte war das Produkt aus den Händen der Produzenten. 

Der jetzige Bestand um Neutomysl dürfte nur noch höch- 
stens 2000 Centner sein, welche zu billigerem Preise ver- 
kauft werden müssen, 18,000 Centner sind verkauft. 

Meine bereits vor zehn Jahren ausgesprochene Ansicht, 
dass der Schutz der Hopfenanlagen von der Wetterseite nur 
insofern erforderlich ist, dass die Stangen nicht umgebro- 
chen, die Dolden nicht vom Winde beschädigt werden u. s. w., 
hat sich auch in diesem Jahre bestätigt, indem gerade die 
Hopfenanlagen, welche am besten geschützt waren, am mei- 
sten von Krankheiten befallen wurden. Auffallend war in 
diesem Jahre, dass die Blätter der Pflanzen nicht wie, sonst 
von dem unteren Theile des Stockes nach oben zu erkrank- 
ten oder von oben nach unten, in welchem Falle durch Ab- 
blatten der Verbreitung der Krankheit Einhalt gethan wer- 
den kann, sondern, dass die Pflanzen im Ganzen krankhafte 
Erscheinungen zeigten. 

Bereits vor zwei Jahren habe ich versuchsweise in Neu- 
tomysl Steinsalz als Dungmittel für Hopfen angewendet und 
dabei zwar eine kräftigere Vegetation der Pflanze selbst, da- 
gegen aber nicht bessere Entwickelung der Dolden erzielt. 
Den Dungversuch mit Stassfurter Abraumsalz habe ich erst 
in diesem Jahre begonnen und so einrichten lassen, dass ein 
Theil im Herbste, der andere nur im Frühjahr, und der 
dritte Theil sowohl im Herbste, wie im Frühjahr gedüngt 
werden soll. | 

Ich behalte mir vor, die Resultate zur Zeit mitzutheilen. 

Auch erlaube ich mir noch, eine Probe des diesjährigen 
Neutomysler Hopfens, so wie eine Probe diesjährigen ameri- 
kanischen Hopfens vorzulegen. Letzterer ist nur ein Produkt 
von mittlerer Güte und wird zum Preise von 80 Thlrn. aus- 
geboten; doch produzirt Amerika in seinen verschiedenen 


229 


Gegenden auch sehr verschiedene Gattungen, von denen 
mehrere sich durch gute Qualität auszeichnen. 

Ferner beehre ich mich, eine hermetisch verschlossene 
Blechbüchse mit Hopfen aus dem Jahre 1840 zu überreichen. 
Ich habe damit einen Versuch der Conservirung des Hopfens 
gemacht. Wenn auch eine zwanzigjährige Conservirung des 
Hopfens gar nicht beansprucht werden kann, indem schon 
die Zinsen des Kapitals durch so viele Jahre den Hopfen 
ungemein vertheuerten, so halte ich doch diesen Versuch 
für interessant. 

Ich stelle die Oeffnung der Büchse anheim, um zu be- 
urtheilen, ob auf diese Weise die Conservirung des Hopfens 
durch so viele Jahre einigermassen möglich ist *). 

Schliesslich nehme ich Bezug auf meinen gedruckten Ge- 
neral-Bericht über die diesjährige Ernte um Neutomysl und 
meine Denkschrift über den dortigen Hopfenbau, welche ich 
auf Veranlassung des verstorbenen Oekonomieraths Rothe, 
Mitglied des Hohen Landes-Oekonomie-Collegiums, ausgear- 
beitet habe, und welche derselbe dem Königlichen Hohen 
Collegium bereits im Januar eingereicht hat. 


Aus dem General-Bericht über die diesjährige Hopfen- 
Ernte um Neutomysl im Kreise Buck, Provinz Posen, wel- 
chen Hr. J. J. Flatau bereits im November 1860 veröffent- 
licht hat, wollen wir hier der Vollständigkeit wegen noch 
Folgendes mitheilen: | 

Die Hopfenanlagen um Neutomysl, die einzigen in Preussen 
von solchem bedeutenden Umfange, sind in diesem Jahre um 
mehrere Hundert Morgen vergrössert worden und steht deren 
abermalige Vergrösserung zum nächsten Frühjahre bevor, so 
dass dann über 6000 Morgen mit Hopfen bepflanzt sein dürften. 

Sowohl die neueren als älteren Anlagen hatten, wie dies 
auch fast bei allen Hopfenanpflanzungen des Auslandes der 


*) Der 20 Jahre alte Hopfen hatte das Ansehen eines höchstens 6 Jahre 
alten Hopfens. 


1860. Bd. Il. s 16 


230 


Fall war, in Folge der ungünstigen Witterungsverhältnisse, 
namentlich in Folge allzu häufigen und starken Regens, sich 
keines regelrechten Fortganges zu erfreuen. Mannigfache, 
der Hopfenpflanze eigene Krankheiten haben dieselbe heim- 
gesucht und manchen Anlagen mehr oder weniger geschadet. 
Im Juli boten die Hopfenpflanzungen, oberflächlich ange- 
sehen, einen erfreulichen Anblick; bei näherer Betrachtung 
zeigte sich jedoch bereits der Einfluss des gefallenen Mehl- 
thaues. Die Blätter des Hopfens wurden in vielen Anlagen 
an ihrer Oberfläche glänzend. Diese Krankheit artete rasch 
bis zum schwarzen Brand aus. Gewitter und warmer Regen, 
die besten Mittel zur Vertreibung dieser Krankheiten, blie- 
ben leider aus. Gegen Ende Juli war die Krankheit; bereits 
soweit vorgeschritten, dass die lebenden Blattläuse die Rück- 
seiten der Blätter förmlich bedeckt hielten; bei warmem 
Wetter gingen dieselben selbst die feinen Ranken und oberen 
Schösslinge hinauf; die grossen Hopfenblätter fingen an zu- 
sammenzuschrumpfen und der Honigthau, welcher sich bil- 
dete, zog verschiedene Fliegengattungen nach sich. Be- 
merkenswerth war jedoch, dass die diesjährigen Anlagen, 
welche als Zwischenfrucht Kartoffeln hatten, von diesen 
Krankheiten nur in geringerem Maasse oder gar nicht be- 
fallen waren. | 

In solchem traurigen Zustande waren die Hopfenanlagen, 
der einzige Erwerbszweig einer Bevölkerung von mehr denn 
10,000 Seelen, bis Ende Juli. Dem erfahrenen Hopfenbauer 
sind jedoch dergleichen Erscheinungen, so traurig sie auch 
sind, nicht entmuthigend, indem der Monat August gewöhn- 
lich erst den Ausschlag giebt. Die besten Aussichten für 
die Hopfenanlagen werden in diesem Monat, wo die Ent- 
wickelung der Blüthen vorwärts geht, oft getrübt, während 
die anscheinend oder wirklich im hohen Grade afficirten 
Hopfenanlagen sich in demselben oft in erfreulicher Weise 
erholen. Ende Juli hat ein starker Gewitterregen den Rei- 
nigungsprozess des Hopfens vom Ungeziefer sehr befördert, 
so dass nur noch wenige Anlagen in einem krankhaften Zu- 


231 


stande verblieben. Die meisten Pflanzen zeigten bald an 
den Spitzen ein kräftiges Grün und einen guten Doldenansatz. 

Im August haben Regenschauer und der dieselben be- 
gleitende Wind‘durch Abstreifen der Blüthen mannigfachen 
Schaden verursacht; auch trat die eigenthümliche Erschei- 
nung ein, dass selbst bei kräftigen und gut aufgekommenen 
Hopfenpflanzen kein gleichmässiger Blüthenansatz vorhanden 
war. Man sah neben noch zur Blüthe kommenden Knospen 
bereits ausgebildete kleine Köpfe. 

Trotz diesen vielfachen Schwankungen hat jedoch die 
diesjährige Ernte den günstigen Ertrag einer dreiviertel Ernte 
gewährt. Es sind circa 20,000 Centner eingebracht, und 
zwar eines Produkts,- welches sich durch Lupulin-Reichthum, 
Aroma und Doldenbau vor den Produkten des Auslandes 
auszeichnet. Auch bezüglich der Quantität ist die Ernte des 
Auslandes, mit Ausnahme Amerikas, welches eine dreiviertel 
Ernte hatte, als eine viel ungünstigere zu bezeichnen. Eng- 
land, welches sonst bei einer vollen Ernte im Stande ist, 
den ganzen Hopfenbedarf des Continents zu decken, hatte 
in diesem Jahre nur eine viertel Ernte, ebenso Frankreich 
und Belgien; Böhmen hatte eine drittel, Bayern eine kleine 
halbe Ernte. 

Bald nach der Ernte wurde der Hopfen in Neutomysl mit 
45 Thlrn. per Centner ausgeboten, da die Produzenten die 
ungünstigen Ernteresultate des Auslandes noch nicht kann- 
ten, und das Ausland von den Ernteresultaten um Neutomysl 
noch nicht unterrichtet war. Zwei Tage darauf stieg der- 
selbe ‘jedoch auf 60, dann 90, 100 und so. binnen 14 Tagen 
auf 160 Thlr. pro Centner, und fand zu diesem Preise sei- 
nen Absatz nach Bayern, Böhmen, Frankreich und England. 
Nehmen wir den Durchschnittspreis nur auf 110 Thlr. pro 
Centner an, so hat die diesjährige Hopfenernte um Neutomysl 
einen Brutto-Ertrag von 2,200,000 Thlrn. geliefert. *) 


*) Bei den bedeutenden Dimensionen, welche der Hopfenbau in Preussen 
in der Provinz Posen bereits angenommen hat, kann wohl kein Zweifel 
16* 


: 232 


Die Weberkarde (Dipsacus fullonum). 
Von Minden.*) 


Bei den Fortschritten, welche die Landwirthschaft Ost- 
preussens in den letzten Jahren gemacht, hat sich vielseitig 
der nahe liegende Wunsch nach der Kultur hier passender 
Hackfrüchte und Handelsgewächse kund gegeben. Man war 
bei der Auswahl genöthigt, zwei Hauptmomente im Auge zu 
behalten, nämlich die klimatischen Verhältnisse und die bei 
grossen Flächen verhältnissmässig oft mangelnde Menschen- 
hand. Man hat in Gegenden — welche durch warmen Un- 
tergrund, südliche Abdachung und leichte Herbeischaffung 
grösserer Düngermassen bevorzugt sind — sich befleissigt, 
den Tabacksbau einzuführen und selbst die besseren Varie- 
täten desselben kultivirt, indessen bei dem niedrigen Preise 
der letzten Jahre nicht die gewünschte Rechnung gefunden; 
man hat an verschiedenen Orten die Cichorie angebaut, den 
Sonnenglanz in Vorschlag gebracht, ohne sich dabei ver- 
hehlen zu können, dass die Bereitung der ersteren nicht un- 
bedeutende, oft schwer erreichbare Anlagecapitalien verlangt, 
und Ernte, Aufbewahrung und Absatz des letzteren in un- 
serer Provinz mit manchen Schwierigkeiten verbunden bleibt. 

Die Distelgewächse finden in Ostpreussen einen dank- 
baren Boden, da sie zu ihrer Vegetation kalkhaltigen Unter- 
grund beanspruchen, der ihnen auf den hier nicht seltenen 
Mergellagern zu Theil wird. Die Karde (Dipsacus syl- 
vestris) — welche ebenfalls diesem Geschlechte angehört 
— kommt noch in der Gegend von Elbing wild wachsend vor 
und ist z. B. auf den Dämmen der Nogat in schönen und 


über die Wichtigkeit dieses Kulturzweiges obwalten. Es freut uns je- 

doch, unsern Mitgliedern die Mittheilung machen zu können, dass diese 

Wichtigkeit und die Verdienste des Hrn. Flatau um die Hopfenkultur 

in Preussen bereits im Jahre 1856 von der Societe Imperiale zoologique 

d’Acclimatation zu Paris durch Ertheilung einer Medaille an Hrn. Flatau 

vollkommen anerkannt wurden. Anm. d. Red. 
*) Landwirthschaftl. Lehrbücher aus Ostpreussen, 1860. p. 407. 


233 


kräftigen Exemplaren zu sehen. Das führte mich darauf, 
einen Versuch mit der Weberkarde (sie ist bekanntlich eine 
zweijährige Pflanze) zu veranlassen; und ich übergab im 
Frühjahr 1859 ‘eine kleine Quantität dieses Samens dem 
Kantor Lange in Kl. Dexen bei Pr. Eylau, einem Manne, 
dessen lebhaftes Interesse für die Landwirthschaft wohlbe- 
kannt ist. Dabei hatte ich noch die Nachbarschaft der Stadt 
Pr, Eylau im Auge, welche zu den wenigen Orten der Pro- 
vinz gehört, in denen Tuchweberei betrieben wird, wodurch 
sicherer Absatz und schnelle Verwerthung der Karde in Aus- 
sicht gestellt war. 

Dieser Versuch hatte in jeder Weise einen günstigen Er- 
folg, und ich erlaube mir, die Kulturmethode der Weber- 
karde, — wie solche von Herrn F. Lange angewendet wor- 
den ist, — mitzutheilen, zumal ich die Ueberzeugung ge- 
wonnen habe, dass diese Pflanze fernerer Berücksichtigung 
werth und sehr geeignet erscheint, besonders für den klei- 
neren Besitzer und Dorfschullehrer hier eine künftige Er- 
werbsquelle zu bilden. 

Der Samen wurde im Frühjahr 1859 auf Beete ausgesäet 
und die alsdann bis zur zweiten Hälfte des August gut 
herangewachsenen Pflanzen wurden auf einen Acker versetzt 
— welchem so eben eine Ernte von Frühkartoffeln (nach 
vorheriger Düngung) entnommen war — und mit verdünn- 
ter Jauche angegossen. Der Boden besteht aus sandigem 
Lehm, welchem durch Auffahren von Mergel eine grössere 
Bindigkeit gegeben wurde. Das Versetzen der Pflanzen hätte 
füglich schon am Ende des Juli vorgenommen werden müs- 
sen, was indessen der damals vorherrschenden Dürre wegen 
nicht gut zu bewerkstelligen war. 

Herr p. Lange hat zwischen den Karden Gemüse (Strauch- 
bohnen etc.) gepflanzt, und mochte das wohl darin seinen 
Grund haben, weil ihm die alleinige Kultur der Karden — 
denn es war eben nur ein Versuch — zu unsicher erschien, 
und er doch seinem kleinen Areal den höchstmöglichen 
Ertrag abgewinnen wollte. Derselbe hat im August c. die 


234 


Karden geerntet und dabei nachfolgende Rechnung angelegt; 
welche etwas sanguinisch klingen, bei, näherer Erwägung 
aber wohl für den Augenblick wenigstens gerechtfertigt er- 
scheinen dürfte. 

„Es sind auf einer DRuthe 40 Pflanzen ausgesetzt, wor- 
den, das würde für einen Morgen (180 DRuthen) 7200 .Pflan- 
zen betragen, die — wenn jede Pflanze durchschnittlich, auch 
nur 10 gute Karden lieferte (manche Pflanzen liefern bis 50) 
— ein Ernteergebniss von. 72,000 Kardenköpfen pro Morgen 
zu Wege bringen. Das Tausend wird (je, nach der Grösse) 
mit 4—5 Thlr. bezahlt; mithin würde der. Morgen — wenn 
man den Ertrag des Gemüses als Arbeitslohn rechnete — 
mindestens 4x 72—= 288 Thlr. Reinertrag. bringen.“ 

In Deutschland veranschlagt man eine mittlere Ernte auf 
etwa 60,000 Stück Karden pro Morgen, eine gute auf 
100,000 Stück und, darüber. Der Ertrag läge also — nach 
obiger Berechnung — nicht ausser der Möglichkeit; was; in- 
dessen schwankender bleibt, ist der Preis;, dieser richtet sich 
selbstverständlich nach dem jedesmaligen Ausfall. der. Ernte 
und variirt von 1 Thlr. bis zu 5, Thlr. pro Tausend hinauf. 
Auch dürfte der Zwischenbau von. Gemüse — wie ihn Herr 
p. Lange ausgeübt — in den meisten Jahren ein unsiche- 
rer sein, mithin der Ertrag des Gemüses den Arbeitslohn 
für die Karden nicht decken, 

Jedenfalls bleibt aber der Erbau ein sehr gewinnbringen- 
der, und selbst bei der Annahme von nur 50,000 Stück 
Karden pro Morgen — zu dem Durchschnittspreise von 
2 Thlr. 15 Sgr. für das Tausend — ein Erlös von etwa 
125 Thlr., von dem 25 Thlr. für Acker und Kulturkosten 
abzurechnen wären und immer noch: 100 Thlr. als Reinertrag 
übrig. blieben. 

Herr p. Lange hat mir ein Exemplar. von 6% Fuss über- 
reicht, bei welchem freilich der Hauptast — um den Trans- 
port zu erleichtern — schon abgeschnitten war, und dennoch 
zeigten sich an demselben 28 Stück gut ausgebildeter. Kar- 
den. Derselbe hat seinen Erbau in Pr, Eylau leicht abgesetzt 


235 


und wurden die Karden — wegen ihrer Elastieität und 
Stärke — als sehr brauchbar befunden. Herr p. Lange 
wird auch ferner und in grösserer Ausdehnung diese Pflanze 
anbauen, da —- wenn der Bedarf für die Provinz gedeckt 
ist — Absatzwege nach aussen nicht schwer zu ermitteln 
sein dürften. 

Uebrigens ist das Bedürfniss nach guten Karden kein so 
geringes, als es den Anschein haben möchte, denn — neben 
den Webern von’ feinen Tuchen und baumwollenen Zeugen 
bedienen sich ihrer auch die Hut- und Strumpfmacher zum 
Aufkratzen, um’ das Scheeren alsdann besser vornehmen zu 
können. Die Mechanik hat bisher kein Instrument erfunden, 
welches der Karde an Elastieität des Gehäkes gleich kommt; 
daher ist der Bedarf für das südliche und westliche Deutsch- 
land — und zwar in den verschiedenen Fabrikdistrikten — 
ein recht bedeutender. 

Ein Vorzug der Karde' besteht noch darin, dass sie bie- 
nenreichen Gegenden durch ihre bis in den Herbst sich hin- 
einziehenden Blüthen eine sehr erwünschte Nahrung gewähren 
wird, welche der Erzeugung eines guten Honigs besonders 
fördersam ist. Ein'anderer Vorzug möchte nöch der sein, 
dass sich‘ die Kardenköpfe’ an einem trockenen Orte jahre- 
lang — ohne an ihrer Güte zu verlieren — aufbewahren 
lassen. Diese Eigenschaft gewährt einen Vortheil vor den 
meisten anderen Handelsgewächsen, bei welchen man nach 
der Ernte einen’sehleunigen Absatz für jeden Preis zu suchen 
genöthigt ist, um deren längeres Conserviren — welches oft 
unübersteigliche Schwierigkeiten hat — zu umgehen. 

Ein besonderes Gewicht würde ich darauf legen, dass die 
Pflanzen zwei Fuss von einander gesetzt werden, damit nicht 
nur ihrer kräftigen Entwickelung kein Hinderniss entgegen- 
stehe, sondern auch die Quadratkultur (mit‘Furchenegge und 
Häufelpflug) bequem vorgenommen werden könne. Da die 
Karde keinen frischen Dünger für sich in Anspruch nimmt 
und nur einen kraftvollen, unkrautreinen, mit tiefer Acker- 
krume versehenen Boden zu ihrem Gedeihen erfordert, so 


236 


dürfte Land, welches Frühkartoffeln getragen, zu ihrem An- 
bau’ in Ostpreussen am geeignetsten sein, wenn schon im 
südlichen Deutschland auch Roggen- und. Gerstenstoppel 
hierzu gewählt werden, weil das Verpflanzen dort ohne Scha- 
den auch etwas später vorgenommen werden kann. Hier 
dürfte der Anfang des August füglich als der späteste Ter- 
min gelten und es bleibt — da in dieser Zeit oft Trocken- 
heit eintritt — wohl darauf zu achten, dass die Pflanzen 
nach dem Versetzen sorgfältig angegossen werden. 

Im zweiten Jahre wäre auf die tellerförmige Blätterbil- 
dung um den Stengel zu rücksichtigen, weil bei regniger 
Witterung das Wasser sich in diesem Behälter leicht an- 
sammeln und die Vegetation beeinträchtigen kann. Man 
schlitzt — um solches zu verhindern — mit einem scharfen 
Messer die Blätter an verschiedenen Orten auf, welche als- 
dann eine geneigte Stellung annehmen und hierdurch dem 
Regen ein Ansammeln ferner nicht gestatten werden. Das 
wäre bis zur Ernte — neben den bei anderen Hackfrüchten 
bekannten Arbeiten — die einzige Vorsicht, welche diese 
Pflanze für ihr Gedeihen in Anspruch nimmt. 

Was nun die Ernte selbst betrifft, so ist der beste Zeit- 
punkt für dieselbe, wenn die in einem Kranze sich um den 
Kardenkopf zeigende Blüthe bereits ganz unten nach dem 
Stengel gezogen ist. Später werden die Stacheln spröde, 
brechen leicht ab, und es ist somit einige Aufmerksamkeit 
nöthig, damit die zu verschiedener Zeit heranreifenden Köpfe 
auch allmählig abgeschnitten werden, Man lässt denselben 
einen etwa 6 Zoll langen Stiel, um das Verpacken in Tonnen 
zu erleichtern und hierdurch gleichzeitig die künftige Hand- 
habe des Instruments zu bilden. Die Karden werden auf 
einem luftigen Boden dünn aufgeschüttet, öfter gewendet und 
alsdann in kleine, mittlere und grosse sortirt. 

Die zur Gewinnung des Samens bestimmten Karden- 
köpfe. — wozu man die grössesten auswählen wird — blei- 
ben selbstverständlich bis zur Reife an den Pflanzen und 
werden, nachdem sie abgeschnitten, an einem trockenen Orte 


237 


ausgebreitet. Die Stengelrückstände im Felde werden ent- 
weder als Brennmaterial oder für den Dünger- und Compost- 
haufen zu benutzen sein. 


Der Zuckerahorn (Acer saccharinum). 


Mit Benutzung von M. V. de Courcels’ Vortrag in der 
Societe Imperiale d’Acclimatation. 


Herr Drouyn de Lhuys hat im Auftrage der Frau 
Gräfin von Montessay dem Comite des zoologischen Aceli- 
matisationsgartens im Bois de Boulogne die Uebersendung 
einer Anzahl Zuckerahornbäume aus Kanada angezeigt. 

Es wird gewiss die Leser unserer Zeitschrift interessiren, 
einiges Nähere über diesen nützlichen Baum zu erfahren. 

Von allen Ahornbäumen Nordamerikas ist der interessan- 
teste und kostbarste der Zuckerahorn, englisch Sugar-Maple, 
auch Hard-Maple und Rock-Maple genannt. In Kanada, 
Neubraunschweig und Neuschottland, Vermont und New- 
Hampshire bildet er einen hauptsächlichen Bestandtheil jener 
grossen Wälder, welche von der stets vorwärts drängenden 
Bevölkerung noch nicht zerstört sind. Man findet ihn auch 
auf der ganzen Alleghany-Bergkette und auf den steilen 
Ufern der aus dieser entspringenden Flüsse. In den Staaten 
New-York und Trans-Pensylvanien sind circa 15,000,000 Mor- 
gen mit Zuckerahorn angepflanzt. 

Viele unserer Leser werden den Baum schon gesehen ha- 
ben, es bedarf deshalb keiner genauen Beschreibung; wir 
wollen hier nur kurz mittheilen, dass er in Wuchs und 
Blättern dem gewöhnlichen Ahorn gleicht; er unterscheidet 
sich von demselben durch seine braunen Knospen, durch 
den in seinen Blattstielen und jungen Schösslingen enthal- 
tenen milchigen Saft, sowie durch die mehr grün- und 
weissliche Farbe seiner Blätter, deren Rippen häufig mit 
kleinen Härchen besetzt sind. Seine Rinde ist sehr weiss, 
seine Blüthen, aus welchen 2 kurze Flügelchen hervorragen, 


238 


bilden Trauben. Sein Holz ist weiss und nimmt, der Luft 
ausgesetzt, eine röthliche Farbe an. Schwer und hart, ist 
es für Stellmacher und Zimmerleute sehr verwendbar und 
für die Schiffskiele dem Buchenholz vorzuziehen; polirt wird 
es seidenartig glänzend. Es ist dies das so elegante Holz, 
welches von den Kunsttischlern seiner bunten Zeichnung und 
graziösen Wellenlinien wegen so gesucht wird. Es ist ein 
ausgezeichnetes Brennmaterial und aus seiner Asche, welche 
sehr reich an- alkalischen Bestandtheilen ist, werden fast & 
sämmtlicher aus Amerika nach Europa eingeführten Pottasche 
bereitet. Vor Allem aber ist dieser Ahorn durch den grossen 
Zuckergehalt seines Saftes kostbar, dessen Gewinnung von 
jeher ein: wichtiger Industriezweig in: Nordamerika gewesen 
ist. Die ersten französischen Missionaire sprechen’ in ihren 
Berichten davon. Leclercq, der 35 Jahre in Kanada lebte, 
sagt uns: (1691 schreibend), dass die Indianer aus einem 
dicken Syrup, den sie aus einem von'ihnen Michtan genann- 
ten Baum zogen, kleine Zuckerbrode bereiteten,-von denen: 
mehrere als Merkwürdigkeit nach Frankreich gesandt wurden. 
Beverley giebt in seiner Geschichte Virginiens (1691: ersch.) 
eine Beschreibung des Zuckerahorns und der Art, wie’ die: 
Indianer seit langer Zeit den Zucker gewannen. Es’ ist des- 
halb die Behauptung eines spätern Schriftstellers, Charlevoix' 
1744, dass sie dies erst von den‘ Franzosen erlernt hätten, 
falsch, Wenn man dem glauben will, was der englische 
Schriftsteller John Evelyu in seinem Buche‘ Silva (London 
1664) berichtet, so wurde ein Theil des von den Indianern 
Kanadas gewonnenen Zuckers sowohl zu seiner Zeit, als auch 
schon viel früher, beständig nach Rouen in ‘der Normandie’ 
geschickt, um dort raffinirt zu‘werden; man’ stellt auch’ dar- 
aus, fügt er hinzu, einen gegen Skorbut sehr wirksamen 
Syrup: her. 

In dem Werke von Michaux (geschrieben 1813) über die 
Waldbäume Nordamerikas findet man genaue Angaben über 
die Fabrikation des Zuckers aus: dem Zuckerahorn, welche 
dieser: gelehrte Reisende an’ Ort und‘ Stelle aufgezeichnet 


239 


hat, Der. Zuckersaft wird im Februar oder Anfang März in 
der Zeit gewonnen, wann: derselbe im Baume nach oben 
steigt, obgleich die Erde noch häufig mit Schnee bedeckt ist. 
Mit einem Holzbohrer bohrt man in die Rinde und eine dünne 
Partie des. Splintes in schräger Richtung 2 Löcher dicht ne- 
ben einander, etwa 1% Fuss vom Erdboden und an der gegen 
Mittag gelegenen Seite des Baumes. Man versieht diese 
Löcher mit kleinen Hollunderröhrchen, um den Saft in Näpfe, 
welche am Fuss jedes Baumes aufgestellt sind, aufzufangen, 
Der Saft. wird täglich eingesammelt und nach dem Sugar- 
camp; (Zuckerlager) gebracht, wo Kessel aufgestellt sind, in 
welchen man ihn sofort kochen lässt. Durch lebhaftes Feuer 
beschleunigt, man die Abdampfung. Der Schaum wird sorg- 
fältig abgeschöpft. Wenn die: Flüssigkeit etwa auf + ihres 
Gewichtes. reduzirt, eine: syrupartige Beschaffenheit ange- 
nommen, giesst man sie durch einen wollenen: Stoff, lässt 
sie, einige Zeit stehen, klärt sie dann auf: dem Feuer’ mit 
Milch und-Eiweiss, schäumt sie noch einmal: ab, und giesst 
sie dann in die Gussformen, wo sie beim Abkühlen die Brod- 
form. annimmt. | 

Die, Farbe dieses Zuckers wird um so viel weniger dun- 
kel, als man sich, mehr Mühe: mit’ seiner Herstellung giebt. 
Er, kann.so weiss; werden, wie der Rohrzucker, und dann 
ist. sein. Geschmack ebenso angenehm, und: er süsst ganz 
ebensogut. Im Uebrigen hat sich das Herstellungsverfahren 
in jedem der Distrikte, wo der Zuckerahorn angebaut wird, 
bedeutend vervollkommnet. Man braucht nur: einige der 
landwirthschaftlichen Zeitschriften. Nordamerika’s durchzu- 
blättern, um. sich von.der Wichtigkeit, die man noch gegen- 
wärtig.dieser Industrie beilegt, und den Fortschritten, welche 
ihr noch bevorstehen, zu überzeugen. Es ist schwer, zu 
einer genauen Schätzung des in Amerika gewonnenen Ahorn- 
zuckers zu gelangen, weil dieser Zucker fast überall an den 
Produktionsorten selbst. verbraucht wird und auf wichtige 
Marktplätze, nur ein. beziehungsweise sehr kleiner Theil 
kommt,  Duhamel,sagt, dass man zu seiner Zeit in Kanada 


240 


etwa 12- bis 15,000 Pfd. gewann, welche a 2 Sgr. pro Pfd. 
verkauft wurden. Im Staate Vermont wurden 1840 ungefähr 
4,640,000 Pfd. gewonnen, im Staate New-York hätte, nach 
dem jährlichen Bericht der Handelskammer, die Ernte von 
1858 etwa 50,000,000 Pfd. geliefert, und wäre um % gerin- 
ger gewesen, als die des sehr günstigen Jahres 1857. Ein 
kalter und trockener Winter wird viel ertragreicher, als ein 
feuchter und veränderlicher, ebenso fliesst an einem schönen 
sonnigen Tage nach einem Nachtfroste der Saft viel reich- 
licher, und ein Baum giebt häufig 8 bis 12 Quart. Die 
besten Zuckerahorne, welche am meisten Zuckerstoff liefern, 
sind die, welche auf einem steinigen Boden an nach Osten 
oder Süden belegenen Hügeln wachsen. Michaux berichtet, 
dass drei Personen 250 Bäume besorgen können, welche 
1000 Pfd. Zucker liefern, oder ungefähr 4 Pfd. pro Baum. 
Der Zeitraum, in welchem der Saft’ aus den Bäumen fliesst, 
umfasst ungefähr 10 Wochen, zu einer Jahreszeit, wo die 
Feldarbeiten am wenigsten im n Gange sind und Arbeitskräfte 
verlangen. 

Da der Zuckerahorn, dieser in vieler Hinsicht so werth- 
volle Baum, in Nordamerika ‘eine Quelle industriellen und 
landwirthschaftlichen Reichthums ist, so möchte er sich auch 
wohl für uns zum Anstellen von Acclimatisationsversuchen 
eignen. Wir glauben, dass diese namentlich für Nord- 
deutschland von Erfolg sein würden, wo die klimatischen Ver- 
hältnisse denen seines Vaterlandes so sehr ähnlich sind. — 
Im Jahre 1810 soll er schon in Oestreich, Ungarn und Mäh- 
ren angebaut worden sein, und soll namentlich der Fürst 
Auersperg die Zuckergewinnung im grossartigen Massstabe 
betrieben haben, so dass man in Wien diesen SAID viel- 
fach verwandte. 

Es ist uns unbekannt, ob dies noch heut der Fall ist. 
Sollte einer unserer Leser in Oestreich uns hierüber Aus- 
kunft geben können, so würden wir es dankbar anerkennen. 

. Es ist uns auch sonst nicht bekannt, dass der Zucker- 
ahorn irgendwo in Deutschland im grössern Massstabe an- 


241 


gebaut wäre; gelänge sein Anbau im Grossen, so wäre da- 
mit sehr viel erreicht. Wir hätten für unsere steinigen 
Höhen einen prachtvollen, vielfach nutzbaren Baum, der 
noch besonders dadurch werthvoll werden könnte, dass er 
uns vielleicht nach und nach unabhängig machen würde von 
der Rübenzuckerindustrie, welche nach so langjährigem Schutz 
selbst heute noch behauptet, nicht ohne denselben bestehen 
zu können, und zu deren Gunsten, aber zum Nachtheil des 
Staats und der Consumenten, noch immer sehr bedeutende 
Summen geopfert werden. 


Die italienische Biene. 
Vom Lehrer Kanitz in Heinrichsdorf bei Friedland in 
Östpreussen.”) 


Es giebt kaum ein Thema, welches geeigneter ist die 
Aufmerksamkeit des Bienenfreundes zu erregen und ihn in 
Spannung zu versetzen, als das über die italienischen Bienen, 
welche seine bevorzugten Lieblinge sind. Wir haben nun 
bereits seit sechs Jahren diese Bienenrace kultivirt und 
praktische Erfahrungen über dieselbe gesammelt, so dass 
wir glauben, ein ziemlich umfassendes Urtheil über sie fäl- 
len zu können, welches wir in Nachstehendem unsern Lesern 
vorzuführen versuchen wollen. | 

Im Jahre 1855 wurde die italienische Biene aus Schlesien 
von Hrn. Pfarrer Dzierzon hier in Heinrichsdorf einge- 
führt; doch gelang es erst bei der fünften Mutter, eine Fort- 
zucht zu gewinnen, da die Mütter, welche jede 10 Thaler 
kosteten, theils erstochen wurden, theils fortflogen, oder un- 
echt befruchtet waren. Ob andere Bienenfreunde, die sich 
aus Schlesien echte italienische Mütter haben kommen las- 
sen, glücklicher waren und namentlich noch jetzt eine soge- 
nannte echte, d.h. bunte Bienen erzeugende Mutter besitzen, 


* Aus der Preussischen Bienenzeitung. 


242 


wissen wir nicht, glauben es aber kaum. Die Mutter ist am 
Hinterleibe gelblich oder röthlich gezeichnet; die Drohnen 
sind etwas kleiner als die deutschen und haben auch einen 
gelben Ring am Hinterleibe; bei den Arbeitsbienen sind die 
beiden ersten Ringe vom Bruststück an gerechnet, der erste 
schmal, der folgende breiter geib gezeichnet. Im Sonnen- 
schein erscheinen die Bienen am Hinterleibe fast durchsichtig, 
sind sehr flink und nicht kleiner als die deutschen. 

Sie gedeihen in unserm Klima eben so gut, scheinen 
sogar an kühlen Tagen im Frühjahr fleissiger zu fliegen und 
unempfindlicher gegen die Kälte zu sein, als die deutschen 
Bienen. 

Sie schwärmen einige Tage früher, als die deutschen und, 
wenn man sie an einem frostfreien Orte, z.B. im Keller 
überwintert, so brüten sie im Winter schon fleissig, denn 
in einem deutschen Volke, welchem man im October eine 
italienische Mutter zugesetzt hat, finden sich im Früh- 
jahr schon eine Menge bunter Bienen. — Beim Schwärmen 
kommt der Schwarm sehr stark aus dem Stock, gleichviel 
ob das Wetter hell oder trübe ist, und sogar während 
eines sanften Regens wurde in diesem Jahre ein Schwarm 
beobachtet. Daher ziehen die Schwärme gern zurück, was 
freilich in diesem Jahre wegen des unbeständigen Wetters 
auch häufig bei deutschen Bienen vorkam. Vor- und Nach- 
schwärme finden bei ihnen in ähnlicher Weise statt. Das 
Abtrommeln gelingt leicht und schnell, wenn man sie vorher 
hinreichend mit Rauch von morschem Holz betäubt hat. 
Beim Herausnehmen der Mutter, welche schwerer zu finden 
ist, da sie sich unter dem bunten Gewühl nicht sehr aus- 
zeichnet, verhalten sie sich nicht so ruhig, als die deutschen, 
und wenn man schnell mit der Hand nach der Mutter greift, 
kann man auch wohl gestochen werden. Ueberhaupt stechen 
sie wohl ebenso wie-die deutschen, wenn man sie beunruhigt, 
ohne sie vorher mit Rauch bewältigt zu haben, aber ihre 
Stiche sind nicht so schmerzhaft. Vor dem ungereizten 
Stocke pflegen sie indessen nicht zu stechen, sie umschwär- 


243 


men zwar den Kopf, setzen sich wohl auch auf das Gesicht, 
stechen aber nur dann, wenn man sich auf hastige und un- 
geschickte Weise ihrer zu entledigen sucht, wogegen sie 
sich harmlos wieder entfernen, wenn man sie ruhig gewäh- 
ren lässt. e 

‚Von grosser Wichtigkeit ist es, dass sie sehr gerne rau- 
ben, sich selbst dagegen nicht berauben lassen; ihre Witte- 
rung ist sehr scharf, und wenn irgendwo Honig oder andere 
Süssigkeiten vorhanden sind, so finden sie sich viel früher 
als: die deutschen dabei ein und tragen Alles nach Hause. 

Da sie ihren Fleiss vorzugsweise auf Einsammlung von 
Honig richten, so schreitet ihr Bau langsamer fort, als der 
der deutschen, weil sie jede gebaute Zelle sofort mit Honig 
füllen und verdeckeln. Daher kommt es, dass bei Schwär- 
men von gleicher Stärke die italienischen weniger Bau haben 
und dennoch schwerer sind, als die deutschen. Es scheint 
jedoch, als wenn die alten Stöcke italienischer Bienen mehr 
zum: Drohnenwabenbau geneigt sind, als die deutschen, in- 
dessen bedarf dieser Punkt noch näherer Untersuchung, da 
sie während der Tragzeit das Brutlager von selbst beschrän- 
ken und jede gebaute oder ausgelaufene Zelle sofort mit 
Honig füllen. Dadurch werden die Stöcke honigreicher und 
somit schwerer, und es rechtfertigt sich der Wunsch, diese 
Bienenrace immer weiter zu verbreiten. 

Dies hat nun aber seine hesonderen Schwierigkeiten, da 
nach den bisherigen Erfahrungen die in Deutschland einge- 
führten italienischen Bienen nicht ganz echt sind, sondern 
mit ‚einem grösseren oder geringeren Bruchtheil deutschen 
Blutes vermischt waren. Herr Pfarrer Dzierzon giebt dies 
selbst zu: und hat versprochen, durch eine höchst sorgfältige 
Zucht. die. italienischen Bienen wieder ganz echt herzustellen. 
Das kann nur da gelingen, wo in weitem Umkreise keine 
deutschen Bienenstände gehalten werden und wird einen 
Zeitraum von vielen Jahren in Anspruch nehmen, da bei 
sorgsamer Zucht der. Bruchtheil deutschen Blutes: zwar all- 
mälig, kleiner werden, nicht selten. aber ein starker Rück- 


244 


schlag eintreten wird, wie ich dies zu beobachten vielfach 
Gelegenheit hatte. 

Die Biene kann nur dann echt genannt werden, wenn 
alle jungen Mütter mehr oder weniger gezeichnet sind. Da- 
bei werden freilich die Mütter in Bezug auf Schönheit stets 
mehr oder weniger von einander abweichen, wie sich dies 
bei allen Thierracen findet. Alle aber müssen einander 
ähnlich sein, es darf kein Rückschlag vorkommen und es 
dürfen keine ganz schwarzen Mütter erzeugt werden. — 
Von einer Mutter, welche lauter bunte Arbeitsbienen er- 
zeugte, haben wir bisher stets nur wenige gute junge Mütter 
erzogen, ein grösserer Theil war wenig gezeichnet und viele 
waren schwärzer, als die deutschen Mütter. Bei der Zucht 
der Arbeitsbienen schienen solche Mütter echt; bei der Zucht 
der Mütter, als der vollkommenen Thiere, aber unecht. 

Von einer echten Mutter, welche sich mit einer deutschen 
Drohne begattete, müssten der Theorie nach nur echte Droh- 
nen gezogen werden, da die Eier, aus welchen die Drohnen 
sich entwickeln, mit dem in der Samentasche der Mutter 
befindlichen unechten Samen in keine Berührung kamen, 
also auch nicht befruchtet wurden. Da aber dennoch alle 
bisherigen sogenannten echten Mütter stets auch einige ganz 
schwarze Drohnen erzeugten, so beweist dies, dass die Mutter 
selbst nicht ganz echt ist. — Da es also nach unsern Er- 
fahrungen nicht möglich war, einen Stand wirklich echt her- 
zustellen, so war schon seit einem Jahre unser Bestreben 
darauf gerichtet, solche Bienen direct aus Italien zu be- 
ziehen, und so erhielten wir denn auch Mitte October d. J. 
aus einer Gegend der Lombardei unweit der Pie- 
montesischen Grenze, wo nur echte Bienen exi- 
stiren*), eine Sendung, welche glücklich hier ankam. 


*) Es ist sehr zu bedauern, dass über diese interessante Sendung 
nichts Näheres mitgetheilt ist, namentlich dass nicht einmal der Ort, 
woher sie bezogen wurde, genannt ist. Es ist daher unmöglich, irgend 
eine begründete Vermuthung über die Echtheit der Bienen auszusprechen. 
Unser Acclimatisations - Verein bezog seine Bienen bekanntlich aus der 


245 


Ungeachtet der dieser Sache gebrachten bedeutenden Opfer 
glauben wir doch jetzt 4 Stöcke wirklich echte Bienen zu 
besitzen, und wenn das wirklich der Fall ist, so wird die 
Italisirung unserer Bienen eine ganz andere Wendung neh- 
men. Denn sind alle nachgezogenen jungen Mütter gezeich- 
net, so erzeugen sie auch lauter echte Drohnen; um einen 
einzeln gelegenen Stand zu italisiren, ist dann weiter nichts 
nöthig, als sich eine solche Mutter anzuschaffen, Mutterzellen 
von ihr zu erziehen, in der Hochtragt die deutschen Mütter 
aus allen Stöcken zu kassiren, und eine italienische ge- 
deckelte Mutterzelle in jedem Stocke einzustellen. Alle jungen 
italienischen Mütter begatten sich mit den vorhandenen 
deutschen Drohnen, dennoch kommen im folgenden Jahre 
lauter italienische Drohnen zum Vorschein. Jetzt thut man 
dasselbe, wie im vorigen Jahre, man erbrütet echte Mutter- 
zellen, fängt sämmtliche von schwarzen Drohnen begatteten 
Mütter in den Höhetragt aus und stellt dafür die echten 
Mutterzellen ein; die daraus entschlüpfenden jungen italie- 
nischen Mütter werden sich dann alle mit den vorhandenen 
italienischen Drohnen begatten und ihre Nachkommenschaft 
wird vollkommen echt sein. Die ausgefangenen unecht be- 
fruchteten italienischen Mütter kann man einem Nachbar- 
züchter geben, der sie in seine Stöcke bringt und dadurch 
gleich im folgenden Jahre seinen Stand echt machen kann, 
indem diese Mütter gleich im folgenden Jahre die dazu er- 
forderlichen italienischen Drohnen erzeugen. *) 


Umgegend von Genua, wo gar keine schwarze Bienen existiren sollen. 
Dennoch sind jetzt Zweifel rege geworden, ob die Königin von ganz 
echter Abstammung gewesen ist. Anm. der Red. 


*) Hr. Lehrer Kanitz verspricht über seine Erfolge im nächsten 
Jahre seiner Zeit weiter zu berichten, und werden wir dann nicht er- 
mangeln, unsre Leser über den Verlauf dieser interessanten Einführung 
in Kenntniss zu setzen. Anm. der Red. 


1860. Ba, IT, 17 


246 


Ueber die Kultur der Obstbäume. 


In einem Aufsatze von Otto Beck, Königl. Regierungs- 
und Departementsrath für Landeskultursachen zu Aachen, 
abgedruckt in No. 5. der Zeitschrift des landwirthschaftlichen 
Vereins für Rheinpreussen, Jahrgang 1860, finden wir die 
Klage, dass in dem grössesten Theile der Rheinprovinz kein 
Zweig der Landeskultur in dem Maasse darniederliege, wie 
die Obstkultur. 

Dieses Urtheil mag hart erscheinen. Die Obstzucht steht 
jedenfalls in den anderen Provinzen Preussens auf keinem 
höheren Standpunkte, als in der Rheinprovinz. Dieselbe 
dürfte überhaupt in Preussen ausser der Rheinprovinz nur 
noch in Sachsen in bemerkenswerther Weise betrieben wer- 
den. In den übrigen Provinzen sieht man Obstbäume in der 
Regel nur hier und da an den Chausseen, wenn nicht auch 
dort sogar Pappeln und ähnliche Bäume vorgezogen werden. 
Seltener schon erscheinen die Obstbäume an den Gemeinde- 
wegen. In den Fluren dagegen gehören mit Obstbäumen 
bepflanzte Ackerfelder zu den allergrössten Seltenheiten. 
Man zieht dieselben der Regel nach eben nur in den Gär- 
ten, mehr der Zierde als des Nutzens wegen. 

Unter den Ursachen dieser Vernachlässigung der Obst- 
zucht in der Rheinprovinz giebt Herr Regierungsrath Beck 
zunächst die Schwierigkeit der Obstkultur an, die grosse, 
andauernde Aufmerksamkeit, die sorgliche Mühe, die der 
Wahl des Standortes, der Obstsorte, der Behandlung der 
Bäume in den verschiedenen Stadien ihres Wachsthums und 
in den verschiedenen Jahreszeiten gewidmet werden muss. 
In zweiter Linie werden verschiedene Vorurtheile angeführt, 
die leider auch in anderen Provinzen weitverbreitete Ge- 
meinplätze geworden sind. Die Obstbäume schmälerten, 
wenn im Felde gepflanzt, die Erträge desselben, an den 
Wegen aber hinderten sie die Erntewagen, seien Beschädi- 
gungen und dem Diebstahl ausgesetzt und gewährten daher 
keine Rente. Der Obstbaum gebe schon an und für sich 


247 


selten eine reiche Ernte; trete dieselbe aber auch ein, so 
sei der Ertrag nicht in angemessener Weise zu verwerthen. 

Das letztere Vorurtheil, die Schwierigkeit einer ange- 
messenen Verwerthung des Obstes, dürfte wenigstens in der 
Rheinprovinz durch die Erfahrungen der letzten Jahre wider- 
legt sein. Die Nachfrage nach Obst ist durch die Vermeh- 
rung der Bedürfnisse, in Folge des vergrösserten allgemeinen 
Wohlstandes, so wie durch das Auftreten auswärtiger Käu- 
fer, derart gestiegen, dass dieselbe durch das Angebot kaum 
noch befriedigt wird. Auch die vermehrte Kraut- und Cyder- 
Fabrikation hat den Bedarf an Obst gesteigert. Diese Ver- 
hältnisse sind nicht vorübergehender Natur; sie werden ihren 
Einfluss je länger desto stärker geltend machen. Die zu- 
nehmende Verfeinerung der Bedürfnisse dürfte ebenfalls der 
Obstzucht und der Nachfrage nach den Produkten derselben 
zu Gute kommen. 

Wenn aber einmal die Obstbäume für sich bereits einen 
lohnenden Ertrag gewähren und für die Folge immer mehr 
gewähren werden, so erscheint es gleichgültig, ob im Uebri- 
gen der Ertrag des Bodens, auf welchem sie gedeihen, rück- 
sichtlich anderer Früchte geschmälert wird. Es wird darauf 
ankommen, ob ein Grundstück überhaupt Ertrag giebt, oder 
nicht. Ausserdem ist der Schaden, welchen die Obstbäume 
den Unterfrüchten bringen, nicht so erheblich. Wenn bei 
dem Setzen der Bäume angemessene Zwischenräume beach- 
tet, die Kronen nicht zu niedrig gezogen werden, das Be- 
schneiden sachgemäss erfolgt, und der dicht an den Bäumen 
befindliche Boden ordentlich behackt wird, so reduzirt sich 
der Schaden für die Unterfrüchte auf ein Minimum. 

Es ist traurig, dass auch das Vorurtheil wegen Vermin 
derung der Erträge der Obstbäume durch Beschädigungen 
und Diebstähle noch einer Widerlegung bedarf. Die Ge- 
fährlichkeit der Diebstähle vermindert sich mit der Vermeh- 
rung der Obstbäume, da, je mehr Obst vorhanden ist, desto 
geringer der Anreiz zur Entwendung und der einzelne Dieb- 
stahl selbst den Besitzern um so weniger fühlbar wird. 

17° 


248 


Bei weitem das grösste Hinderniss der Entwickelung der 
Obstzucht dürfte in der Schwierigkeit derselben zu suchen 
sein. Die Indolenz der Landleute scheut derartige Schwie- 
rigkeiten. Sie mögen in der Regel nur sehr einfache Arbei- 
ten treiben, die möglichst wenig Nachdenken erfordern. Die 
Obstzucht verlangt aber fortwährendes Nachdenken; sie setzt 
in nicht geringem Grade Vorkenntnisse. voraus, eine gute 
Beobachtungsgabe und regen Sinn für die Erscheinungen des 
Pflanzenlebens. Gerade deshalb aber dürfen wir. hoffen, 
dass mit der Zunahme der Intelligenz auf dem Lande auch 
die Liebhaberei für die Obstkultur wachsen werde. Die 
grössere Benutzung der Maschinen für landwirthschaftliche 
Zwecke, die Verbesserung der Geräthe, die Verwendung 
künstlicher Düngungsmittel, und der allgemein herrschende 
Trieb nach Ersparniss an Zeit und Arbeit, so wie nach Er- 
leichterung der letzteren, werden den Landmann mehr und 
mehr dazu führen, neben der einfachen und rohen Beschäf- 
tigung des Ackerns, Mähens und Dreschens auch solchen 
Thätigkeiten sich hinzugeben, die bei geringerer körperlicher 
Mühe doch verhältnissmässig grosse Erträge gewähren. Bei 
der Obstzucht müssen jedoch die Erträge abgewartet werden, 
der Eifer darf nicht erlahmen. Auch darf die Gegenwart 
sich nicht verleiten lassen, ausschliesslich an dem zu zeh- 
ren, was die Vergangenheit hinterlassen, sondern es muss 
immer wieder für eine fernere Zukunft vorgesorgt werden. 
Letzterer Umstand setzt lebhaften Sinn für das Allgemeine 
und Zurücktreten der Selbstsucht voraus. In nicht wenigen 
Orten, wo die Obstzucht durch den Fleiss einer intelligenten 
Generation emporgebracht worden, mag sie durch die Eng- 
herzigkeit der Nachkommen, welche für Neuanlagen, die nicht 
sofort rentiren, kein Interesse hatten, SEO wieder zu 
Grunde gegangen sein. 

Indem die Obstzucht Intelligenz voraussetzt, befördert sie 
dieselbe auch. Von diesem Gesichtspunkte aus halten wir 
dieselbe für den Landmann geradezu für eine Nothwen- 
digkeit, 


249 


Die Obstzucht möchte aber noch aus einem anderen 
Grunde das allgemeine Interesse verdienen. Sie vereinigt 
wie keine andere Kultur das Nützliche mit dem Angeneh- 
men. Wo dieselbe gedeiht, verschönert sie die Landschaft, 
wirkt überall wohlthuend für das Auge, befördert den Sinn 
für das Schöne. Der Anblick einer dicht mit blühenden 
Bäumen besetzten Gemarkung ist von wunderbarer Pracht. 
Die klimatischen Verhältnisse, wir sind überzeugt davon, 
sind ungleich angenehmer in Gegenden, in denen die Zucht 
von Obstbäumen den Ersatz für die abnehmenden Waldun- 
gen gewähren. Nicht minder wie die Obstbäume selbst, ge- 
währen uns ihre Produkte Schönes und Nützliches zugleich. 
Sämmtliche Obstsorten und die daraus gewonnenen Fabrikate 
bieten eine überaus gesunde Nahrung; sie befördern die 
durchaus nöthige Abwechselung in den Gegenständen der 
Ernährung; sie verschönern die Tafel des Wohlhabenden, 
wie den Tisch des einfachen Landmannes. 

Wir sind hiernach der Ansicht, dass die Obstzucht ganz 
besondere Aufmerksamkeit Seitens des Staates, der Gemein- 
den und öffentlichen Vereine verdiene. Wir halten dieselbe 
recht eigentlich für einen Gegenstand der Acclimatisation; 
denn durch die Acelimatisation erst sind alle bekannten Obst- 
sorten zu uns gekommen. 

Dass Obstbäume auch in anderen Provinzen Preussens 
ausser der Rheinprovinz und Sachsen noch fortkommen, 
dürfte nicht wohl in Abrede gestellt werden können. Die- 
selben mögen indess eine noch sorgfältigere Behandlung er- 
fordern; dafür stehen aber auch ihre Produkte besser im 
Preise. Eine unbefangene Vergleichung eines hier im Freien 
wachsenden Obstbaums mit einem Maulbeerbaum dürfte un- 
bestreitbar darthun, dass das Gedeihen des letzteren, dessen 
Zucht doch anerkannt ergiebig ist, auf grössere natürliche 
Schwierigkeiten stösst. 

Wir sind dem Herrn Regierungsrath Beck zu grossem 
Danke verpflichtet für seine so ausführliche Besprechung der 
Sache in der Zeitschrift des landwirthschaftlichen Vereins 


250 


für Rheinpreussen. Indem wir dieselbe hier zunächst nur 
anregen wollen, behalten wir uns ein näheres Eingehen auf 
die von dem Herrn p. Beck vorgeschlagenen speziellen Mittel 
zur Beförderung des Obstbaues noch vor. Herr Beck legt 
zum Schlusse die Förderung der Obstzucht den Herren Land- 
räthen und Bürgermeistern dringend ans Herz. Mögen auch 
die Mitglieder unseres Vereins der Sache ein reges Inter- 
esse widmen. — 

Den vom Herrn Regierungsrath Beck dem gedachten Auf- 
satze angehängten Artikel aus der Zeitschrift des landwirth- 
schaftlichen Vereins der Provinz Sachsen 

„Ueber die Hauptfehler bei Erziehung der 
Obstbäume“ 
geben wir nachstehend ebenfalls vollständig wieder. 

Berlin, im Februar 1861. 

Ä R. 


Ueber die Hauptfehler bei Erziehung der Obstbäume. 


Wenn in allen Zweigen der Landeskultur die Erfahrung 
die beste Lehrerin ist, so sollte man meinen, dass bei der 
seit Jahrhunderten bei uns einheimischen Obstkultur die 
zweckmässigste Behandlung der Bäume festgestellt und all- 
gemein angewendet sein müsse. Dem ist aber leider nicht 
so, vielmehr scheinen sich eine Menge der auffallendsten 
Fehler zum Nachtheil des Obstbaues förmlich von Generation 
zu Generation fort zu erben. Zur Entschuldigung dieser auf- 
fallenden Erscheinung lässt sich nun vielleicht anführen, dass 
die Obstkultur bei uns bisher nur als eine Nebenbenutzung 
bei Bewirthschaftung des Grund und Bodens betrieben wurde 
und bei dem allgemein guten Gedeihen der Obstbäume in 
unserer Gegend die immerhin reichlichen Ernten der frei- 
gebigen Natur dankbar angenommen wurden, ohne weiter 
darüber zu reflektiren, durch welche einfachen Massregeln 
ein mehr nachhaltiger und an Qualität besserer Ertrag zu 
erreichen sei. 


251 


Die steigende Bevölkerung, der bessere Absatz der Pro- 
dukte und die Nothwendigkeit, den kostbaren Grund und 
Boden nutzbar zu machen, haben aber in allen Theilen der 
Landeskultur ein regeres Leben hervorgerufen und bei den 
Vortheilen, die der Boden und die klimatischen Verhältnisse 
unserer Gegend’ für den Obstbau bieten, wird es hohe Zeit, 
jene Fehler vermeiden zu lernen, die so erheblich den Er- 
trag und die Güte der Früchte unserer Obstbäume benach- 
theiligen. -— Nach den von mir gemachten Beobachtungen 
sind hauptsächlich folgende Fehler hervorzuheben: 

1) Die Auswahl eines unpassenden Bodens und 
ungünstiger Lage für den Obstbau. 

Jeder Platz, sei er noch so eingeengt und der Sonne und 
Luft kaum zugänglich, oder habe er einen offenbar zu feuch- 
ten oder zu sterilen Boden, wird für einen Obstbaum immer 
noch für gut genug erachtet, ohne zu bedenken, dass wo 
das Holz nicht gehörig ausreifen, wo eine gesunde Bewur- 
zelung nicht bestehen kann, oder der Baum keine hinläng- 
liche Nahrung findet, auch keine guten Früchte von dem 
Baume zu erwarten sind. 

Um daher keinen unnützen Aufwand an Kosten, Mühe 
und Zeit sich zu verursachen, verlange man nichts Unmög- 
liches und pflanze nur da einen Obstbaum, wo ein gesunder 
Boden und Luft und Sonne seine Entwickelung befördern 
können. 

2) Die Auswahl falscher Obstgattungen. 

Der Apfelbaum verlangt einen fruchtbaren, mässig feuch- 
ten, aber nicht an Grundwasser leidenden Boden, während 
der Birnbaum, mit Ausschluss der feineren Tafelbirnen, in 
weniger günstigen Bodenverhältnissen noch fortkommt, ja 
selbst in trockenem, felsigem Untergrund noch gedeiht. Süss- 
kirschen verlangen einen mehr trockenen Standort. Sauer- 
kirschen nehmen mit dem trockensten Standpunkt vorlieb. 
Der Pflaumenbaum verträgt am meisten Feuchtigkeit und 
giebt in zu trockenem Boden nur schlechte Ernten. 

Auf diese Umstände wird aber nur selten gehörig Rück- 


252 


sicht genommen und sehr oft entscheidet bei der Wahl der 
Obstgattung nur der zufällige Vorrath oder die Billigkeit 
des Ankaufs der verpflanzbaren Bäume. Darinnen suche ich 
besonders den Grund, dass man in unserer Gegend so viele 
Pflaumenbaum-Anlagen findet, die nur Dornen statt der 
Früchte tragen. 

3) Falsche Behandlung beim Pflanzen Bj aunt 

gen Bäume. 

Angenommen, dass die Gattung des Obstbaumes nach 
Lage und Boden richtig gewählt und der Baum selbst nicht 
zu schwach ist und dass er vor dem Pflanzen, wie nothwen- 
dig zur Bildung einer guten Krone, gehörig zugeschnitten 
wurde, fehlt man in der Regel: 

a) durch zu enge Pflanzung der Bäume an einander, 
b) durch die Anlage zu kleiner Baumlöcher, 
c) durch zu tiefe Stellung der Wurzeln. 

Ad a. Unter 24 Fuss Entfernung sollte man keinen 
Baum von einem andern pflanzen, und man empfiehlt mit 
Recht 36 Fuss Entfernung. Es ist die grösste Täuschung, 
wenn man reichen Ertrag durch die Menge der Bäume er- 
zielen will. Wenn sie im kräftigsten Alter stehen, rauben 
sie sich gegenseitig durch ihre Wurzeln die Nahrung des 
Bodens und durch ihre Zweige den wohlthätigen Einfluss von 
Licht und Sonne, der wesentlich zur Reife des Holzes und 
zur Entwickelung der Früchte nothwendig ist. 

Ad b. Sehr häufig gräbt man auch nur ein Baumloch 
eben gross genug, um die Wurzeln in dasselbe bringen zu 
können, und vergisst, dass der junge zu verpflanzende Baum 
den grössten Theil seiner Saugwurzeln verloren und diese 
zu fernerem Gedeihen neu austreiben muss. Dies ist nur 
möglich, wenn er um seinen Wurzelstock lockere und wo 
möglich gute Erde vorfinde. Wo das nicht der Fall ist, 
befindet er sich wie eine Blume im Topf, die Wurzeln wach- 
sen krumm in sich hinein und können auf die Dauer den 
Baum nicht mehr erhalten, geschweige zu reicher Frucht- 
‚bildung ernähren. Deshalb sollten niemals die Pflanzlöcher 


253 


unter 2 Fuss, ja lieber 4 Fuss ins Gevierte haben und im- 
mer eine Zuthat von guter Erde erhalten, 

Ad c. Ein am häufigsten vorkommender Fehler ist aber, 
dass der neue Baum mit seinen Wurzeln zu tief in den Bo- 
den gesetzt wird. Es geschieht dies häufig nur aus Bequem- 
lichkeit, um nämlich dem Baum eine gewisse Festigkeit 
durch die auf die Wurzeln gehäufte Erde zu geben, oft aber 
aus Uebersehen des Umstandes, dass die Baumlöcher wegen 
der aufgefüllten, lockeren Erde sich zusammensetzen und 
dann durch spätere Einebnung des Bodens die Wurzeln zu 
tief zu liegen kommeu. 

Es ist aber eine allgemein anerkannte Thatsache, dass 
die Nahrungswurzeln aller Bäume flach in der Erdoberfläche 
sich hinziehen und je mehr man sie von derselben in die 
Tiefe drängt, um so kümmerlicher wächst der Baum. Einem 
jungen Baum aber, den ich mit seinen gekürzten Wurzeln 
zu tief versenke, raube ich, um bildlich zu reden, von An- 
fang an den freien Athem und er wird im günstigsten Falle 
Jahre lang kümmerlich sein Leben fristen und in den mei- 
sten Fällen niemals das gute Gedeihen haben, das er durch 
richtige Pflanzung erreichen könnte. Das zweckmässigste 
Verfahren dabei ist, ein 3—4 Fuss tiefes und breites Baum- 
loch zu graben, dasselbe mit lockerer, von der Oberfläche 
genommener Erde wieder auszufüllen, den jungen Baum dar- 
auf zu setzen und nun so viel Erde anzuhäufeln, als zur 
Einrüttelung und Bedeckung der Wurzeln nöthig ist. Man 
kann recht gut als Grundsatz aufstellen, dass je flacher 
der Baum steht, um so sichererer anwachsen wird. 
Das zu feste Eintreten der Wurzeln ist ebenfalls nachthei- 
lig, doch dürfen natürlich keine Höhlungen um die Wurzel 
bleiben und die Erde muss durch ausreichendes Andrücken 
um die Wurzeln befestigt werden. 

- Die. nun nöthige Befestigung des Baumes gegen den Wind 
wird am besten durch kurze, übers Kreuz geschlagene Pfähle 
bewirkt. — Das Anheften an einen Baumpfahl darf erst 
später, wenn der Baum mit der Erde sich festgesetzt hat, 


254 


erfolgen. — Die sogenannte Hügelpflanzung kann nicht genug 
empfohlen werden, und die erhöhete Mühe wird reichlich 
durch das Gedeihen der gepflanzten Bäume belohnt. 
4) Fehlerhaftes oder gänzlich unterlassenes 
Ausputzen der Bäume. | 

Es ist eine fast allgemein beobachtete Nachlässigkeit, 
dass man von dem Zeitpunkte ab, wo der Baum gepflanzt 
wurde, ihn sich selbst überlässt. — Kaum dass die gerisse- 
nen Bänder, die ihn an den Pfahl halten, einmal erneuert 
werden, oder dass das Anfangs fast jährlich nöthige Auf- 
lockern des Bodens um den Baum einmal vorgenommen wird. 
Ein grosser Theil der gepflanzten Bäume geht durch solche 
geringe Pflege in den ersten Jahren der Pflanzung wieder 
ein, aber noch ein grösserer gelangt nicht zu seiner vollen 
Kraft, weil die Eigenthümer aus Kurzsichtigkeit und Faul- 
heit meinen, sie hätten genug gethan, und die Natur möge 
nun allein den Baum und seine Früchte zur Vollkommen- 
heit bringen. 

Deshalb unterbleibt namentlich das Zurückschneiden 
der Kronzweige in dem zweiten oder dritten Jahre nach 
der Pflanzung, trotzdem dadurch allein der Krone des Bau- 
mes eine schöne Form und den einzelnen Zweigen die er- 
forderliche Erstarkung verschafft wird. 

In Folge davon wachsen später die Zweige kreuzweise 
übereinander, verletzen sich gegenseitig und werden brandig. 
Die in das Innere der Krone hineinwachsenden Zweige un- 
terdrücken sich gegenseitig, rauben sich Luft und Sonne und 
setzen keine Tragknospen an, oder die Früchte bilden sich 
mangelhaft aus. — Durch die Anwendung des Messers und 
der Säge zur rechten Zeit kann der Obstzüchter seinen 
Bäumen einen doppelten Ertrag geben, und namentlich die 
Güte der erbauten Früchte ausserordentlich befördern. 

Durch das Entfernen aller der Zweige, die die luftige 
Krone des Fruchtbaums stören, ist vorerst die gute Form 
herzustellen, aber der fernere Zweck des Ausputzens ist, 
den Baum nach Massgabe seiner Fruchtbarkeit in frischer 


255 


Kraft zu erhalten. Je tragbarer der Baum ist, je aufmerk- 
samer muss man sein, die abgetragenen Zweige zu entfernen, 
damit neue Leitzweige und Fruchttriebe sich entwickeln. 
Zu viel altes Holz bringt immer geringe Ernten 
und schlechte Früchte. Deshalb müssen solche Bäume 
von 10 zu 10 Jahren einmal verjüngt werden, indem man 
alle Zweige des Baumes stark zuschneidet. Man bemüht 
sich dabei dem Baume eine pyramidenartige Form zu geben, 
lässt aber unmittelbar unter der Schnittstelle einen lebenden 
Zweig stehen. Es entwickeln sich hier nene Triebe, die in 
wenigen Jahren vollkommene Früchte geben. Die Bäume, 
die ein solches Verjüngen erlangen, zeichnen sich sehr häufig 
durch das Austreiben vieler Wassertriebe aus, welche an- 
zeigen, dass das alte Holz nicht mehr zur Fruchtumbildung 
des Saftes ausreicht. Deshalb ist in vielen Fällen das gänz- 
liche Abschneiden der Wasserzweige fehlerhaft, und muss 
man der Natur dadurch nachhelfen, dass man dieselben an 
den passenden Stellen zu neuen gesunden Zweigen heran- 
zieht und die älteren abgetragenen Zweige entfernt. Ueber 
die geeignetste Zeit zum Ausputzen sind die Pomologen 
nicht einig, und viele ziehen den Herbst dem Frühjahr vor, 
jedenfalls möchte es vor dem Eintritt des Saftes geschehen. 

Die stärkeren Schnitt- oder Sägewunden werden mit 
Baumwachs, Oelfarbe oder Steinkohlentheer verstrichen, um 
das Ausströmen des Saftes und das Brandigwerden der Wun- 
den zu verhindern. 


Nächst diesen Fehlern hat sich der Obstbaumzüchter noch 
zu hüten: 


5) Vor der Anpflanzungzu früh reifender oder 
zärtlicher Obstsorten, vielmehr halte er sich 
an die grosse Zahl der anerkannt brauchbaren Sorten. 


Ferner vernachlässige er nicht 


6) Das Abkratzen der abgestorbenen Rinde 
und der Moose, die nur die Schlupfwinkel der 


256 


Insekten sind. Auch müssen die Raupennester all- 
jährlich entfernt werden.*) | 
7) Endlich sind die untragbaren Bäume oder 
schlechten Sorten durch das Umpfropfen 
nutzbar zu machen. Dasselbe gilt auch bei sehr 
alten Bäumen, indem man die Hauptzweige entfernt 
und Pfropfreiser auf die jüngeren Zweige setzt. 
Möchten diese Mittheilungen dazu dienen, die Eigenthü- 
mer von Obstbäumen auf die so einfachen und natürlichen 
Mittel, den Ertrag ihrer Ernte zu vermehren, aufmerksam 
zu machen, und möchten namentlich die Gemeindevorsteher 
die grösseren Gemeinde-Anlagen im Auge behalten und den 
Einzelnen mit gutem Beispiele vorangehen. 
(Aus der Zeitschrift d. landw. Central-Vereins der Provinz Sachsen.) 


De la maladie des vers-a-soie. 
(Par un sericiculteur francais.) 


Les desastres soufferts dans ces dernieres annees par la 
sericiculture, ne sont pas sans precedents: l’abbe Boissier- 
de-Sauvages, dans son traite sur les vers-a-soie, rap- 
porte que vers l’annde 1690, les atetiers des vers-A-soie, 
dans la province du Languedoc tomberent dans un profond 
deperissement. „Les magnaniers, dit l’abbe Boissier, 
desesperant de pouvoir arröter les progres des maladies des 
vers-A-soie, prennent la determination d’arracher les müriers 
comme des arbres inutiles, et ilne nous en resterait a peine 
quelqu’un de ce temps lA, sans la sage prevoyance de M. 
de Basville qui, en 1692, defendit sous les peines les plus 
severes, une depopulation qui aurait ete si prejudiciable au 
bien public. Il fit venir de nouvelles graines de l’etranger 


*) Nur auf diese Weise lässt sich z. B. der gefährliche Feind des Stein- 
und Kernobstes, der Obstwurm, die Larve eines kleinen Schmetterlings, 
welche zweimal im Jahre erscheint, vertilgen. 


257 


(Vabbe Boissier insinue, ailleurs, que c’est de l’Espagne) 
qui furent distribueces dans les principaux endroits de la G&- 
neralite, et on eprouva quelqu’amendement aux maladies 
dont on se plaignait.* 

Mais du moins le fleau, a l’epoque qui vient d’ötre cite, 
ne parait pas avoir etendu loin ses ravages: suivant le rap- 
port de l’abbe Boissier la province du Languedoc seule 
aurait souflert. | 

Il en est autrement de l’epidemie actuelle: Elle se montre 
avec un caractere d’envahissement qui donne lieu de craindre 
que bientöt il ne reste plus de contree au monde ou l’on 
soit assure d’obtenir de la graine preservee de ses atteintes. 
L’industrie des soies, d’ailleurs, etait loin en 1690 d’avoir 
l’extension qu’elle a de nos jours, et par suite le prejudice 
public eprouve alors, ne saurait &tre compare & celui que 
nous eprouvons, lequel est incalculable. 

Il est done du plus grand interet que nous recherchions 
les causes de la maladie qui donne lieu & ce prejudice, et 
que nous en trouvions surtout les preservatifs. C’est le but 
que je poursuis moi m&me depuis son apparition, et aujourd’hui 
je viens offrir aux pays producteurs de la soie, dans ces 
quelques pages, le resultat de mes recherches. J’espere que 
mon travail ne sera pas sans utilite; jai m&me la pre- 
somption de croire qu’il sera au moins une pierre pour ce 
travail autrement savant et decisif, que provoque, en ce 
moment, Institut royal de Milan. 


Je signalerai tout de suite comme premier trait de lu- 
miere un fait qui a pu ötre observe dans tous les pays: c’est 
la coineidence de la maladie des vegetaux, du mürier par- 
ticulierement, avec la maladie des vers-A-soie. A mesure, 
en efföt, que les feuilles des müriers se sont montrees alterees 
dans une contree, le ver-a-soie s’y est montre deux ou trois 
ans apres, completement impropre ä la reproduction. C’est ce 
qui a eu lieu en Espagne, en France, en commengant par 
le midi, en Italie, et dans d’autres parties de l’Europe; et 


258 


& Vheure qu’il est, le m&me phenomene se prepare dans 
une grande partie de l’Asie. | 

D’apres ce fait qui ne me parait pas contestable, la ma- 
ladie du ver-a-soie, serait l’efit de l’alteration du vegetal 
dont cet insecte tire sa nourriture. 

Mais cette maladie designee d’abord sous le nom de ga- 
tine, mot caracteristique, et ensuite sous celui d’etisie, 
n’est pas nouvelle. Le celebre Dandolo l’avait remarque 
de son temps, et voici quel jugement il en porte: „Le 
changement de nature du ver-a-soie en gatina, dit Dan- 
dolo, est une vraie maladie egale & celle & laquelle peu- 
vent &tre soumis tous les animaux vivans, par les mauvais 
alimens, Tair ou les eaux vieiees, le mauvais soin, ou 
encore par defaut de la conformation primitive des organes. 
On entend en general par gatine, un ver qui ne peut ac- 
complir les fonctions auxquelles il est destine & cause du degre 
d’alteration qu'il a &prouvee; il se montre different des vers- 
a-soie sains, il est inquiet & quelqu’äge que commence la 
maladie; il n’aime pas & vivre en societe; — quelques uns 
perdent l’appetit; d’autres apres avoir bien mange& et long 
temps vecu, vont mourir hors de la table ou sur le bord, 
ou meme au milieu du lit s’ils sont pris subitement de fai- 
blesse.“ 

On ne saurait peindre mieux les caractöres de la gatine 
moderne: c’est son portrait exact; je n’y changerai rien. 

Dandolo avait donc parfaitement apergu et compris 
cette maladie, bien que, de son temps, il ne paraisse pas 
qu’elle ait ete tres intense; et nous voyons que dans les 
causes il n’hesite pas a placer les mauvais alimens en pre- 
miere ligne; or, je fais remarquer que cette opinion de 
Dandolo corrobore le fait que j’ai signale plus haut, — 
tandisque, d’un autre cöte, elle s’accorde, et il n’en pouvait 
etre autrement de l’opinion d’un pareil observateur, avec 
celle de tous les hommes qui se sont serieusement appliques 
a l’education des vers-A-soie, et qui sont unanimes & recon- 
naitre que les feuilles vieiees ou mauvaises de leur nature 
exercent sur la sante de ces insectes une influence funeste. 


259 


Dandalo attribue encore la gatine a l’air ou aux eaux 
vieiees, au mauvais soin, ou encore au defaut de conforma- 
tion. primitive des organes. Je me dispenserai de parler 
direetement des deux premieres causes qui sont plus con- 
nues et vulgarisees; mais j’insisterai sur la troisieme, c’est- 
A-dire sur le defaut de conformation primitive des organes. 

U y ala un fait profond sur lequel, tres certainement, 
le savant Dandolo se serait longuement arrete si la ga- 
tine avait pris sous ses yeux les deplorables proportions 
qu’elle a prise de nos jours. 

Ce defaut de conformation primitive des organes est 
selon moi ou une consequence amenee & la longue par l’usage 
d’une nourriture lourde qui a favorise le developpement des 
organes de la digestion aux depens de ceux oü se trouve 
la soie, ou l’assimilation d’un aliment vicie avec le sang de 
linsecte. Nul doute m&me que le secret de la gatine, de 
cette gatine complete qui frappe actuellement nos educa- 
tions, ne soit tout entier dans le concours de ces deux causes: 
d’ou il suit que selon que ces deux causes agissent ensemble 
ou l’une seulement, la gatine est complete ou incomplete, 
et que ses eflets sont plus ou moins desastreux. Deux faits, 
du reste, que nous allons retrouver, correspondent & ces 
causes. 

En 1739 on se plaignait encore dans le midi de la France 
d’insueces nombreux. M. Rast, agrege au college des me- 
decins de Montpellier charge d’en rechercher les causes, 
publia un memoire dont j’extrais le passage suivant: „Pour 
„ce qui concerne le premier abus sur la maniere de les 
„nourrir, il convient, dit M. Rast, de vous observer d’abord 
„ou plutöt de vous rappeler, Monsieur, ce qui est connu 
„de tout le monde, que plus les müriers sont dans un pays 
„sec et aride, et leur feuille par consequent plus ferme et 
„moins nourrie, moins souvent on voit devenir infirmes et 
„perir les vers-a-soie; plus au contraire les müriers naissent 
„dans un terroir aqueux ou fertile, et leur feuille par une 
„suite necessaire etant plus molle et plus succulente, moins 


260 


„aussi les vers-A-soie reussisent. J’ai observ& que les vers- 
„a-soie de 4 & 5 onces de graine, font communement plus 
„de cocons et beaucoup meilleurs, etant nourris de cette 
„premiere feuille d’un terroir aride, que ceux de 12 & 15 
„onces nourris avec une feuille trop succulente: c’est pour 
„cette raison qu’on ne voit jamais si bien reussir les vers- 
„a-soie dans nos iles du Dauphine et dans les autres plaines 
„le long du Rhöne et des autres rivieres, que ceux des con- 
„trees plus seches et moins fertiles. Je connais d’ailleurs 
„des gens entendus qui font le commerce de louer des mü- 
„riers et de faire nourrir et dlever des vers-A-soie a leur 
„risque, et qui’ont toujours la sage precaution de preferer, 
„de payer m&me plus cherement les müriers d’un terroir 
„sec et aride, quoique moins abondans en feuilles. Qui ne 
„sait enfin que les cocons des contrees seches et presque 
„steriles, sont beaucoup meilleurs et plus fermes, et la soie 
„infiniment plus belle et plus forte que dans les pays gras 
„et marecageux? 

„I resulte de tout ce que je viens d’etablir que plus la 
„feuille du mürier est seche et moins nourrie, mieux les 
„vers-a-soie reussissent: au contraire que toute nourriture 
„trop humide et trop succulente leur est nuisible et funeste,“ 

C’est dans la consequence m&me que je veux tirer de 
cette citation, que l’une des deux causes dont je viens de 
parler trouve son fait correspondant. Cette consequence, la 
voici: les longues pluies tombees au printemps pendant plu- 
siers annees de suite, ont donne & tous les terrains ce ca- 
ractere aqueux et fertile que M. Rast signale avec raison, 
comme ne fournissant qu’une feuille humide et succulente, 
nuisible aux vers-A-soie; c’est-A-dire cette nourriture 
lourde qui fait predominer outre mesure dans 
l’&conomie de l’insecte, lesfonctions des organes 
digestifs. | 

Or, cet &tat de choses ayant ete general dans presque 
toute !’Europe, l’efiet morbifigque en resultant ne pouvait 
manquer d’etre general aussi. 


261 


Mais il y a plus encore, et ici se retrouve le fait qui 
correspond ä la seconde des causes dont j’ai parle: en 1853 
des echantillons de feuilles de mürier ayant &te envoyes & 
Paris de plusieurs departements, notamment de l’Ardeche, 
pour etre examinees, l’analyse qui fut faite de ces feuilles 
constata la presence d’un parasite que l’on observait pour 
la premiere fois et qui semblait prendre ä täche de dechirer 
l’epiderme de la feuille en remontant vers le petiole. Je ne 
saurais affirmer que ce phenomene se soit reproduit dans 
les anndes suivantes, puisqu’il n’est pas a ma connaissance 
que des analyses nouvelles aient eu lieu, mais ce que j’as- 
sure, c’est que les feuilles ont depuis, et particulierement 
en 1856, presente ä l’odorat une fetidite dont on n’avait pas 

eu d’exemple: d’ou l’on devrait conclure que le ver-ä-soie 
ma eu pendant long temps qu’une alimentation vicide. 

La maladie dite gatine a donc eu, dans ces dernieres 
annees toutes ses raisons d’etre, et bien plus, d’&tre complete. 

Mais poursuivons encore, et avant d’arriver aux preser- 
vatifs, examinons comment une feuille grasse et succulente, 
ou une feuille vieiee, peuvent nuire aux vers-A-soie, et les 
faire perir. 

Il y a dans la feuille du mürier, cing substances diffe- 
rentes: 

1° Le parenchyme solide ou substance fibreuse; 

2° la matiere colorante; 3° leau; 4° la substance su- 
eree; 5% la substance resineuse. 

La substance fibreuse, la matiere colorante et l’eau, si 
Yon excepte celle qui sert & faire partie de l’animal, ne 
sont pas ä& proprement parler, nutritives pour le ver-a-soie. 
La matiere sucree est celle qui nourrit l’insecte, qui le fait 
grossir et qui forme sa substance animale. 

La matiere resineuse est celle qui se separe par degres 
de la feuille et qui, attiree par l’organisme animal, s’accu- 
mule, se depure et remplit insensiblement les deux reser- 


voirs ou vases soyeux qui font partie integrante du ver- 
a-sole. 
1860. Bd. II. 18 


262 


Cela pose, il est evident que pour &tre parfaitement 
bonne, les diverses proportions de ces elemens constitutifs 
doivent se maintenir exactement dans une feuille; mais si 
ces proportions se derangent par des effets meteorologiques 
ou toute autre cause, la feuille sans cesser m&me d’&tre 
belle peut devenir une mauvaise nourriture, selon le degre 
de perturbation qui s’y est produit. 

Ainsi, si la matiere sucree qui est celle qui nourrit lin- 
secte et le fait grossir, vient a se trouver en proportion 
relativement superieure ä& celle de la matiere resineuse, qui, 
en definitive, est la plus essentielle, le ver-a-soie grossira, 
sera beau, mais restera a la fin imparfait, faute d’etre pourvu 
d’une proportion suffisante de matieres soyeuses, et souvent 
aura peri dans son embonpoint sans avoir pu jeter un seul 
fl. Il y a eu dans ces derniers temps, un nombre malheu- 
reusement trop grand, d’exemples analogues. J’en eiterai 
un dont j’ai ete temoin et qui m’a frappe par sa singularite. 
Un proprietaire de mon voisinage elevait, il y a deux ans, 


quelques onces de vers-ä-soie de belle venue et de vigou- 


reuse apparence. Le jour de la mise en bruyere arrive, 
tout se dispose pour cette operation. Mais on remarque que 
les vers ne mürissent pas et l’auvre est renvoyde au jour 
suivant. Les vers ne s’apprötent pas encore le lendemain, 
et au lieu de perdre l’appetit ce qui est un signe de ma- 
turit6 prochaine, ils mangent avec une nouvelle voracite. 
Enfin, apres huit jours d’attente, le proprietaire s’avise d’ou- 
vrir quelques uns de ses vers, et a sa grande surprise il 
les trouve completement vides de matiere soyeuse. L’abä- 
tardissement de cette race de vers-äA-soie etait complet. 

On comprend aisement que si la matiere resineuse doit 
se trouver en moindre proportion dans une feuille, c'est dans 
celle qui est grasse et aqueuse, car &videmment les autres 
substances y dominent: On congoit m&me qu’il yait des cas 
ou celles-ci annihilent en quelque sorte par leur masse, la 
premiere. Une feuille dans ces conditions n’offre & l’insecte 
qu’une nourriture grossiere dont la digestion laborieuse oc- 


RN 


263 


cupe toutes ses forces, tandis que les vaisseaux qui secretent 
la soie languissent faute d’aliment propre, et finissent par 
etre annullees. 

J’agit-il d’une feuille viciee? je ne crois pouvoir mieux 
faire comprendre son effet qu’en disant qu’elle transmet & 
linsecte l’etat de decomposition dans lequel elle se trouve 
elle meme. 

Dans ce dernier cas comme dans le premier, est-il pos- 
sible d’esperer que l’insecte arrive a bonne fin, et que, si 
le mauvais regime est impose a plusieurs generations de 
vers-A-soie, les races ne tombent pas dans l’abätardissement? 

J’ajouterai un mot, comme hors d’@uvre, pour r&epondre 
& une objection assez frequente. 

Quelques educations de vers-a-soie, dit-on, ont eu un bon 
succes, tandisqu’il est arrive le contraire pour d’autres, leurs 
voisines, quoique nourries toutes de feuilles soumises aux 
m&mes conditions de temps, et quoiqu’elles proviennent 
d’une m&me partie de graine: la cause du mal ne reside 
donc pas dans les feuilles. 

Cette objeetion est superficielle. 

Les races de vers-A-soie ne sont pas toutes egalement 
disposees pour la maladie. Dans ce moment, par exemple, 
les races’ & cocons blancs le paraissent bien moins que les 
races & cocons jaunes; des parties des unes et des autres 
peuvent meme l’ötre plus ou moins, suivant le regime auquel 
les sujets auront &te soumis, la duree de ce regime, l’etat 
atmospherique des contrees ou les dernieres educations ont 
eu'lieu, ou encore selon la maniere sont la graine aura ete 
faite et tenue. D’un autre cöte les feuilles ne sont pas 
toutes’ de m&me qualit&, et les terrains, m&me les plus voi- 
sins, de conditions egales de sucs et de permeabilite. Peut 
on‘ dire aussi que les soins soient les m&mes, que les ate- 
liers soient egalement disposes et tenus, enfin que les magna- 
niers aient la m&me habilite? Un nombre infini de raisons 
pourrait &tre oppose & cette objeetion. Et puis, lorsqu’une 
epidemie,, telle’ que le cholera, attaque I’homme, pourquoi 

18* 


964 


tel sujet succombe-t-il, et tel autre de la möme contree, du 
möme village, de la möme famille, de la möme apparence 
de sante, est-il preserve, ou s’il en est atteint pourquoi ne 
succombe-t-il pas aussi? 

Je conclus. Il me semble demontre que la gatine, du 
moins en tant que generale et complete est l’&tat particulier 
des feuilles, lequel est le resultat lui m&me du mauvais etat 
trop persistant des saisons. C’est donc du retour des sai- 
sons regulieres que nous. devons attendre la fin du fleau, 
retour que des raisons font croire prochain. 

Neanmoins, nous devons en attendant user pour le com- 
battre, des moyens que l’experience et l’observation peuvent 
suggerer. 

J’en propose deux d’une application simple et facile et 
dont lefficacite est incontestable, qui ne sont que les co- 
rollaires du travail qui precede. 


Preservatifs 
ou moyens de combattze la gatine, et de retablir les races 
des vers-&-soie. 

J’ai dit que la tn provenait du defaut de confor- 
mation primitive des organes du ver-a-soie, et que ce de- 
faut avait deux causes: 

1° L’usage d’une nourriture lourde qui a aceru le tube 
digestif, a fait predominer le tissu graisseux, a suspendu par 
la fatigue de la digestion les fonctions des organes soyeux, 
en un mot a fait degenerer l’insecte en le rendant, pour me 
servir d'une expression caracteristique, plus animal; 

2° L’assimilation d’un aliment vieie avec le sang de l’in- 
secte, dont l’economie, par cela m&me a &ie troublee. 

Ce sont done ces deux causes qu’il importe d’attaquer: 
mes deux moyens vont droit & ce but. 

Premier moyen. 

Il.ne faut distribuer les feuilles aux vers-a-soie qu’apres 

une evaporation suffisante, c’est & dire un, deux, trois jours 


265 


apres qu’elles ont ete detachees de l’arbre; et la precaution 
doit &tre d’autant plus severe que les feuilles sont plus 
aqueuses et plus grasses. Les repas pour @tre moins co- 
pieux, et & cause aussi du degr& de dessication que la me- 
sure exige, doivent @tre au moins au nombre de quatre. 
On :choisira toujours les feuilles sauvages ou celles parmi 
les greffees 'qui sont les plus soyeuses et les plus legeres, 
pour les repas qui precedent et suivent les mues. Les feuilles 
bien entendu, pourront &tre coupees menues selon l’usage. 
Les magasins & feuilles seront soumis & un degre d’aeration 
convenable. 
Deuxieme moyen. 

Ce moyen a pour base la Diaphorese. 

Lorsque les feuilles seront prötes a &tre distribuces aux 
vers-&-soie, on devra les saupoudrer legerement avec de la 
fleur de soufre pur, mais seulement deux fois par jour, c’est 
a dire un repas et non l’autre. Le soufrage sera suspendu 
tous les quatre jours, la chaleur de l’atelier sera de 18 de- 
gres Reaumur. 

Tels sont les moyens que l’experience et l’observation 
m’ont indiques, comme propres A combattre le fleau, et & 
nous remettre en possession de bonnes races de vers-a-soie. 

Il importe que l’application en soit faite des la campagne 
prochaine. Il nous vient encore de l’etranger quelques parties 
de graine intacte: il faudrait en profiter. Le systeme que 
je propose amoindrira, d’ailleurs, les difficultes d’acclima- 
tation, par la raison que les: müriers des contrees d’ou nous 
sont apportees ces provenances, etant peu ou point cultives, 
leurs feuilles se rapprochent plus de l’etat sauvage: condition 
qui s’accorde avec la pensde de ce m&me systeme, 

Quant aux races plus nombreuses qui sont atteintes, la 
plupart pourront encore &tre retablies si nous hätons le 
traitement. 

Je fais observer, en terminant, que l’on doit moins que 
jamais, se relächer & l’endroit des autres mesures d’hygiene, 
telles qu’une bonne ventilation, delitemens frequens, chauf- 


266 


fage uniforme et modere, feux de flamme mis en jeu a pro- 
pos, chaux vive en temps humide, lavage de la graine et 
des agres avec de l’eau: vitriolee, houteille purifiante, 
particulierement au moment qui precede les orages etc. La 
negligence de ces: soins simples neutraliserait en partie le 
traitement que j’ai indique. Comme aussi on ne saurait 
etre trop prudent dans le choix de la graine, il est utile 
surtout de comparer le poids des aufs des vers-a-soie apres 
la ponte, avec celui qu'ils ont au moment de les faire in- 
cuber. Si la deperdition est de plus d’un 15° environ; 
c’est generalement un mauvais signe. 

Je n’entrerai pas dans d’autres details dont les longueurs 
seraient incompatibles avec mon cadre. 


Post Sceriptum par E, Kaufmann... L’auteur du pre- 
cedant memoire, un'de mes amis, est un des plus habiles 
sericieulteurs‘ de’ la France; en me priant de’ publier son 
travail, sans divulguer son nom, il m’a permis d’y ajouter' 
_ une observation’ que je lui ai faite en lisant son m&meoire. 
Les lecteurs de la „Zeitschrift für Acclimatisation“ devineront 
ce dont je veux parler. (Ü’est que les moyens proposes par 
mon habile ami, peuvent lui avoir donne d’heureux resul- 
tats, sans devoir pour cela m&me, reussir entre les’ mains 
de’ tous les praticiens. Moi-me&me, je dois l’avouer, ne m’en 
suis pas bien trouve; cependant je ne puis qu’engager les 
serieiculteurs, & refaire ces m&mes essais, si l’occasion se 
presente, et je serais heureux de pouvoir' constater des 
succes: ulterieurs. 

On voit’ du reste par la lecture de ce memoire, que mon 
ami.n’est'pas un de ces serieieulteurs de cabinet, qui con- 
naissent mieux toute autre chose que la matiere qu’ils veulent 
traiter; peu verse dans l’art d’ecrire, auteur ne trouverait 
rien & dire, si’ l’on attaquait son’ style, pas plus’ qu’il’ne 
serait offense, si l’onm'n’admettait' pas ses idees sur la ma- 
ladie des müriers ou de linsecte, et moi-meme' je suis le’ 


267 


premier & m’inserire contre lui, esperant pouvoir par cela 
ouvrir dans ces feuilles une discussion profitable aux serici- 
eulteurs,. 

Quant & moi, j’essaierai dans la campagne prochaine un 
autre moyen qui vient d’&tre propose. C’est de mettre en 
dessous des claies des vases contenant du residu 
des usines a gaz. L’evaporation du coalthar (Kohlen- 
theer) ferait, dit-on, cesser presqu’instantanement la ma- 
ladie. 


PN sus FREE 


Bi 


WE ieie 


ZEITSCHRIFT 


FÜR 


ACCLIMATISATION. 
ORGAN 


DES 


ACCLIMATISATIONS-VEREINS 


FÜR DIE 


KÖNIGLICH PREUSSISCHEN STAATEN. 


HERAUSGEGEBEN 


VON 


ERNST KAUFMANN. 


1861. 
VIERTER BAND. 


BERLIN, PARIS. 
VERLAG VON A LA LIBRAIRIE DE 
GUSTAY BOSSELMANN. VICTOR MASSON. 


1861. 


Inhalts-Verzeichniss des vierten Bandes. 


Verzeichniss der Mitglieder des Acelimatisations-Vereins für die or 
Königl. Preussischen Staaten.........orrusseonenennenenerne 1 

Statuten des Acclimatisations-Vereins für die Königl., Preussischen 
SET PER ELEIEERTERFERESLENTERTEITEN ILTERTETERD 7 


Amtlicher Theil. 


Vereins-Verhandlungen. 
Auszüge aus den Protokollen: 
Vorstandssitzung Der. 1861....000000oomnnnnn00n0. 19 


r ” am 16. April 1861 . deren en. 24 
® „. am 4. Juni 1b. oa elle: 29 
» am 10. Septbr. 1861... 0... Wind. ar 


Aussee Vorstandssitzung am 14, Oktober 1861 ..... 120 
Vorstandssitzung am 26. November 1861 „ver recsccensucene 123 
Andenken an Isidore Geofftoy Saint-Hilaite 2... cr. 179 
Berichte und Correspondenzen. 
Berichte über die Versuche mit den im Jahre 1859 und 1860 ver- 
theilten Sämereien .......crs 00.0. ET ET LRTTTRT a 
E. Schulz in Nickörn „vr 2. see cree een ARNO TE 
Landwirthsehaftlicher Verein für das Fürstenthum Halberstadt 
und die Grafschaft Wernigerode (Herrmann Löbbecke, 
Mahndorf) ..s.ecsss sr. Drsnninss MEISTE Tee 42 
Landwirthschaftlicher Zweigverein der pommerschen Skörio- 
mischen: Gesellschaft für Stolp (v. Homeyer, Warbelow) 45 
Verzeiehniss der im Frühjahr 1861 zur Vertheilung egagen 
Sämereien..csceeeseesen TEN £ re. ru 86 
Berichte über die Zucht des Ailanthus-Spinners.....222.....000: 129 
G: A. Fintelmann, Pfaueninsel ....uccnaan essen eenen 129 
Verein zur Beförderung der Seidenzucht im Herzogthum 
Nassau (Dr, Rösler, Wiesbaden) „use esscccseenr nn. 134 


IV 


Berichte über die Zucht des Rieinus-Spinners im Jahre 1861 ..... 
G. A. Fintelmann, Pfaueninsel .......:.0sc0rc0n0un00 
J. Wullschlegel, Oftringen bei Aarburg........... 139. 
Berichte über die Versuche mit den im Frühjahr 1861 zur Verthei- 
lung gelangten Sämereien ........... EEE TE 
©. Krüger, Lübbenau ..or0uccr.0 000000080000 Rn 
Lokal-Abtheilung XIXb. des landwirthschaftlichen Central-. 
vereins. zu Bernoastel..urnrsn sans aaa 
Zweigverein der pommerschen ökonomischen Gesellschaft für 
Pyritz ..ornesöseenennchenssnnun en ar denn rennen ne 
Lokal-Abtheilung XIa. des landwirthschaftlichen Vereins für 
Rheinpreussen zu Bonn (v. Suter) ....zzrersenecnern 
H. Berend, Berlin. (Wünn, Kl. Beeren) .....crccrcc.. 
Anton Richter, Königsaal. (Rudolph Hänisch)...... 
Ostpreussische landwirthschaftliche Centralstelle ........... 
Schojan, Hasenholz bei Buckow .... seen enennenenennne ' 
G. & Fintelmaon, PRBeRian anne 
Landwirthschaftlicher Kreisverein zu Angerburg (Siemens- 
Piontken), (Boruttau, Angerburg) „zus.“ dba Yen 
Landwirthschaftlicher Zweigverein ‚zw Bütow W.sesesu00000. 
38 der pommerschen ökono- 
mischen. Gesellschaft für Stolp, Rummelsburg und Schlave 
(v. Homeyer, Warbelow) ....... u ae 
Zweiter Bericht über den. nordamerikanischen ' wilden Reis (Zizania 
aquatica) von Consul Friedrich Kühne in New-York.....« 
Thierschau, Produkten- und Geräthe-Ausstellung des landwirthschaft- 
lichen ‚Provinzial-Vereins für die Mark Brandenburg und die 
Niederlausitz in dem Kroll’schen Etablissement in Berlin.... 
Nichtamtlicher Theil, 
Geoffroy. Saint-Hilaire. Ueber die Acelimatisation, fremder 
und die Zähmung wilder Thierarten 2m ue40 abrbunsle 
S. Nilsson. Aufenthalt, Lebensweise und. Fortpflanzung des 
Heriugp ya SR kids --- 
S. Nilsson. Aufenthalt, ‚Lebensweise, Nahrung und Fortpflanzung 
des Süsswasser-Aales (Muraena Anguilla Linn.) ....urceuor... 
Ueber die Cultur.der Obstbäume ... urn ones deneeniende nun 
Dav. Moore. Ueber die Vermehrung der Kartoffel durch Sämlinge 
H: Poselger. Die Malayen-Hühner un... .0m.00enn een 
Dr. H. Karsten. Ueber Zizania aquatica Linn. auscsceecn ec 
Barthelemy-Lapommeraye. Ueber die Einführung und Zäh- 
mung der Hoccos........- kaolncend WE + so bo dh «(dl AREER "FR 


166 


168 


50 


55 


v 


Pomme. Ueber die Hoccos und Jackhühner ........... Kaneren 
S. Roberti. Bericht über die Japanische Seidenraupe (Bombyx 
N RE EELTURETLEE 
Aug. Dumeril und Guerin Meneville. Ueber die in Frank- 
reich eingeführten neuen Seidenraupenarten .zzresonneecen 0. 
Jules Delon. Ueber den Wellenpapagei (Melopsittacus undulatus) 
M. Th. v. Heldreich. Bericht über die Arkadische Tanne (Abies 
Reginae Amaliae) ......oeernosennncncce. üdasoonene FEFLLERTE 
Fr. Neidigk. Der Weinbau in der Krimm...sccneeseennonenn 
Der Zoologische Garten in Paris (Jardin d’Acelimatation)......... 
Geysmer auf Wogenab, Ueber Racen und Racenbildung ....... 
Voight. Beschreibung eines Ofens für zum Seidenbau bestimmte 
Zimmer und Säle...e..ssersenenccnc ce KUNST FTIR RE FT 70 RR 


Seite 
192 


196 


199 
203 


206 
210 
212 
214 


Pflanzen -Register. 


Ailanthus glandulosa 40. 43. 45. 
149. 156. 157. 158. 160. 
Amygdalus pedunculata 35. 
Anthyllis vulneraria; Tannenklee 
149. 150. 158. 159. 1167. 
Bohnen. 
a. Busch- :oder ‚Staudebohnen : 
Busch-Brech-Bohne 39. 
Early yellow six weeks Bean 
150. 162. 
Haricot bicolor 147. 
» marbr& pourprin 147. 
„ . punetue& rose 146. 
» . renfl& blanc nain 152 
162. 
Haricot ‚vulgaire graine fasciee 
nain 143. 150. 
Oelbohne aus China 41. 142. 
Phaseolus ellipticus carneus ; In- 
karnatfarbige Eierbohne 144. 
150. 152. 154. 158. 
Phaseolus oblongus ‚spadiceus; 
braune Dattelbohne 150. 152. 
154. 158..159,. 166. 
Phaseolus ‚oblongus ‚tureieus; 
Türkische Dattelbohne 144. 
150. 158. 166. 
Phaseolus oblongus winosus; 
Weinbohne 144. 152.154, 158. 
Phaseolus sphaericus pumilus; 
niedere Sophieen-Bohne 144. 
Schwert-Busch-Bohne 39. 
Speck-Busch-Bohne, Ost£ries- 
ländische 150. 158. 159. 
Zwerg-Bohne, Canadische 154. 
158. 166. 
b. Stangen-Bohnen: 
Haricot Belge commun 145. 
» blanc rond & oeil noir 
147. 


Haricot Demoiselle 163. 
„.. Y’Eveque.de la Belgique 
148, 
Harieot exotiqueä oeilblanc 147. 
„ .„eendre 146. 
»„  & gousse ronde oeil 
blane 147. 
Haricot de ‚Liancours 163. 
macnule & fruit rond 145. 
mulätre 146. 
pourpre A fruitxond 146. 
rond fauve 145. 
zond marbre petit 146. 
de Soissons rouge 147. 
‚wentre de Biche 148. 
zebre jaune 146. 
zebre ‚pourprin 146. 
Stangen- -Brechbohne aus ‚Al- 
gier 163. 
Stangen-Bohne, ‚gelbe ‚vom Bo- 
densee 42. 
Stangen-Bohne aus Caraccas 42. 
„ aus Mexico 154. 


» Es ME SR % 2 


165. 

Chaerophyllum Prescotti,  Kerbel- 
rübe ‚37. 

Cottagers Kale 41. 

Crataegus sanguinea 36. 

Dioscorea japonica 44. 

Dipsacus fullonum; Weberkarde 38. 
45. 158. 159. 

Emmer, rother Sommer-; Spelt 42. 
153. 167. 


Erbsen: 


Cicer arietinum 36. 44.. 46. 

Buchsbaum-Zuckererbse 39. 

Erbse des Ueberflusses 40. 151. 
157. 159. 

Erbse aus China 150. 151. 164. 
165. 166. 


Becks price taker 151. 157. 
Kneifelerbse; Dunnets first early 
148. 151. 153. 
Englische Mammuth -Pahlerbse 
150. 151. 159. 
Englische grüne Felderbse 143. 
149. 150. 166. 
Grüne Erbse 143. 153. 
Grünkörnige Brockelerbse 143. 
Mumienerbse43. 150. 153.157. 166. 
Pois en ombrelle 143. 150. 151. 
165. 166. 
Pahlerbse; niedrige grüne aus Ca- 
nada 39. 40. 43. 
Riesen-Erbse; Himalaya 43. 
2 „ ; amerikanische Vic- 
toria 153. 157. 159. 165. 
Eryosynaphe longifolia 36. 
Fagus sylvatica purpurea ; Blutbuche 
156. 158. 
Gerste; Reis-Gerste aus Christiania 
163. 165. 
Gerste; schottische Annatgerste 148. 
166. 
Gurke; grüne chinesische 41. 152. 
155. 158. 164. 
Gurke; grüne Schlangen-, 39. 
Hanf, chinesischer Riesenhanf 41. 
44. 46. 
Hafer; Kamtschatka 150. 
Hirse; braune 167. 
„ broneirte 150. 157. 160. 
» rothe 150. 160. 164. 165 167. 
„ weisse 160. 
Kartoffel von Santa Martha 142. 
Larix dahurica 37. 
Lilium tenuifolium 36. 
Linse; grosse Hellerlinse 149. 152. 
158. 166. 
Linum; weissblühender amerikani- 
scher Lein 44. 148. 
Mais, Bukowina 43. 45. 


Mais; fortydays 153. 161. 

„ Gelber Kärnthner 149. 161. 
165. 168. 

Mais ä poulet rouge 149. 153. 157. 
160. 167. 

Mais praecox d’Auxonne 149. 158. 
161. 167. 

Mais, Terzano 149. 153. 157.161. 165. 

Melone; Amerikanische 154. 160. 

3 Grüne Sarepta 38. 
. Gelbe Sarepta 38. 

Möhre ; Grünköpfige Futtermöhre 40. 

Mohn; weisser Mohn 164. 

Morus alba 35. 44. 160. 

Prunus sibirica 36. 

Pyrethrum carneum 36. 155. 160. 

Quercus coceinea 156. 158. 

> macrocarpa 150. 167. 
R rubra 157. 158. 

Radies von Madras 44. 46. 150. 152. 

Rieinus communis major 35. 

s „’ minor 35. 46. 
160. 165. 

Sorghum saccharatum ; Holeus ; Zuk- 
ker-Moor-Hirse 40. 43. 45. 148. 

Sorghum glycychylum 45. 

„ Imphy 40. 

Spergula maxima 41. 

Taback: 
Dutten-Taback 159. 
Goundi-Taback 37. 159. 

La Guayra-Taback 150. 167. 
Havanna-Taback 37. 46. 
Maryland-Taback 37. 150. 
Ohio-Taback 37. 150. 
Schiras-Taback 37. 150. 167. 

Taxodium distichum 156. 

Taxus baccata 38. 

Ulmus (sp. indefinita) 39. 

Weizen; Florentinischer Sommer- . 
weizen aus Norwegen 42. 

Zizania aquatica 45. 46. 168. 181. 


m — 


Berlin, Druck von Gebr. Unger, Königl. Hofbuchdrucker., 


Verzeichniss 
der Mitglieder 


des Acelimatisations-Vereins für die Königlich 
Preussischen Staaten. 


Ehren -Vorsitzender: 
Seine Hoheit der Herzog Ermst IH. zu Sachsen - Coburg - Gotha. 


Seine Kaiserl. Hoheit der Grossfürst Nieolai Nicolajewitsch 
von Russland, Ehren -Mitglied. 


Anstalten und Vereine, welche sich angeschlossen haben: 


I. Provinz Preussen. 


. Ostpreussische landwirthsch. Central - Stelle zu Königsberg. 

. Central-Verband Westpreussischer Landwirthe zu Marienwerder. 
. Landwirthschaftlicher Verein zu Barten. 

" „ Fischhausen -Dammkrug. 

ni „ Praust bei Danzig. 

. „ Rosenberg. (Westpreussen). 

r „ Stargardt (Westpreussen). 

“ Kreis-Verein zu Angerburg. 

. Oekonomisch-polytechnischer Verein zu Hohenstein. 

. Verein zur Beförderung der Landwirthschaft zu Königsberg. 


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HU. Provinz Posen. 
11. Landwirthschaftlicher Verein zu Rawiez. 
12. > „ des Kreises Schildberg zu Kempen. 


II. Provinz Pommern. 
13. Landwirthschaftlicher Zweigverein zu Bütow. 


14. 5 Verein des Neu-Stettiner Kreises. 
1861. Bd. Iy. 1 


15. 
16, 


17. 
18. 
19. 
20. 


21. 
22. 
23. 
24. 
25. 
26. 
27. 


28. 


29. 
30. 


3. 
32. 
33, 


34. 
35. 
36. 
37. 
38. 
39. 
40. 
41. 
42. 
43. 
44, 


45. 
46. 


2 


Landwirthschaftlicher Zweigverein zu Pyritz. 
» Mr „ Stolpe. 


IV. Provinz Brandenburg. 


Landwirthschaftlicher Lokal-Verein zu Berlinchen (Kr. Soldin). 
Oekonomischer Verein zu Brandenburg a. d. Havel. 
Landwirthschaftlicher Lokal-Verein zu Forst. 

s Verein des Züllichau - Schwiebuser Kreises. 


V. Provinz Schlesien. 


Land- und forstwirthschaftlicher Verein zu Freystadt. 
Hühnerologischer Verein zu Görlitz. 
Landwirthschaftlicher Verein zu Leobschütz. 
Neisse - Grottkauer landwirthschaftlicher Verein zu Neisse. 
Landwirthschaftlicher Verein zu Stetnau. 
& „ des Goldberger Kreises zu Goldberg. 
& Kreis-Verein zu Sorau. 


VI. Provinz Sachsen. 


Landwirthschaftlicher Verein für das Fürstenthum Halberstadt und 
die Grafschaft Wernigerode. 

Naturwissenschaftlicher Verein zu Halle. 

Altmärkischer Verein für vaterländische Geschichte und Industrie zu 
Stendal. 


VII. Provinz Westphalen. 


Landwirthschaftlicher Hauptverein zu Münster. 

‘ Kreisverein zu Münster. 
F Verein des Kreises Lüdinghausen zu Botzlar 
bei Bork. 


VII. Rheinprovinz. 


Die Königl. landwirthschaftliche Akademie zu Poppelsdorf. 
Eandwirthschaftlicher Gentral-Verein für Rheinpreussen zu Bonn. 
Lokal- Abtheilung Xa. des landwirth. Central-Vereins zu Aachen. 


Z ZIXb.:.., 5 . „ Berncastel. 
> We a i „ Bonn. 

R XlVa.., Z PN „ Coblenz. 

> XlXa. „ % 5 „ Trier. 

r XIXe „ Wittlich. 


Der naturwissenschaftliche Verein für Elberfeld und Barmen. 


Landwirthschaftliches Casino zu Scheiderhöh (Kreis Sieg). 


Ausser Preussen. 
Landwirthschaftlicher Verein zu Gotha. 
Der Königl. Wermländische Landwirthschaftliche Verein (Kongliga 
Wermländska Hushaltnings Sällskapet) zu Philippstadt in Schweden. 


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3 


Mitglieder. 


‚Annenkow, Nicolas, Professor in Moskau. (E.M.) 


Bagdanow, Anatole, Professor, Sekretair des Moskauer Acclimati- 
sations-Comit& in Moskau. (C.M.) 

Baldamus, E., Pastor in Diebzig bei Cöthen. (C.M.) 

Bastide in Santos in Brasilien. (C.M.) 


. Erlaucht der Prinz Beauveau, Vice-Präsident der Soc. Imp. d’Aceli. 


matation zu Paris. 


‚ Berbrugger, Bibliothekar in Algier. (C.M.) 


Berend, Hermann, Rittergutsbesitzer in Berlin. 

Berend, H.B., Banquier in Berlin. 

Berend, E., Kaufmann in Berlin. 

Berger, C. Max, in Hochaujezd per Duschnick in Böhmen. 

Berthelot, Sabin, franz. Consul zu St. Cruz auf Teneriffa. (C.M.) 

Blasius, J. G., Professor in Braunschweig. (C.M.) 

Borsenkoff, Jacques, Professor in Moskau. 

Borsig, A, Commerzienrath in Berlin. 

Bösselmnnn, Mn Verlagsbuchhändler in Berlin, Vorstands-Mit- 
glied. 

Braun, Al., Dr. Prof, Mitglied der Akademie der Wissenschaften 
in Berlin, Mitglied des Ehren -Vorstandes. 

Brandt, F., Staatsrath, Professor Dr., in Petersburg. (C.M.) 

Brehm, Ch.L., Pastor zu Bentendorf, Herz. Altenburg. (C.M.) 

von Bunsen, Carl, Königl. Legations-Sekretair in Turin. 

Burchardi, Kanzleirath in Berlin. 

del Castillo de Rivandeneyro, Don Jose, erster Administrator 
des Königreichs Valencia in Spanien in Valencia. (E.M.) 

del Castillo y Trigueros, Louis, Attache bei der Königl. Spa- 
nischen Gesandtschaft in Berlin. 

Coste, Professor in Paris. (E.M.) 


. Excellenz Don Leopoldo Aug. de Cueto, Span. Gesandter a.D., Mit- 


glied der Span. Akademie der Wissenschaften. (E.M.) 


. Excellenz der Divisions-General Daumas in Paris. (E.M.) 
. Durchlaucht der Fürst Anatole Demidoff in San Donato, Mit- 


glied des Ehren-Vorstandes. 


‚ Descovich, A,., Ritter v. Oltra, in Prag. 


Desvaux, Brigade-General in Batna. (E.M.) 

Drouyn de Lhuys, Graf, Vice-Präsident der Soc. Imp. d’Acclima- 
tation in Paris, Mitglied des Ehren-Vorstandes. 

Dutrone, Appellationsgerichtsrath und Gutsbesitzer in Paris. 

Effeldt, Rentier in Berlin. 

Ehrhardt, Fr., Seidenzüchter in Prettin, 

Eymuth, Fürstl. Schwarzenbergischer Wirthschaftsbeamter zu Wan- 
dras bei Frauenberg, Budweiser Kreis (Böhmen). 

Epenstein , Dr. med., in Berlin, 


ı* 


3 3 y 38 3.3.3 


Eu. 8. 3 4.859 


SS 333 3 


SS 323 3 


4 


. @Espremesnil, Graf Raoul, in Paris, General-Sekretair der Soec- 


Imp. d’Acel. 
Fintelmann, Königl. Hofgärtner, Pfaueninsel bei Potsdam. (C.M.) 
Flatau, J. J., Banquier in Berlin. 
Franke, Geh, Staatsrath u. Regierungs-Präsident in Coburg. (E.M.) 


. Durchlaucht Fürst Serge Gagarin, Präsident des Moskauer land- 


wirthsch. Vereins u. des Moskauer Acclimatisations-Comites. (E.M.) 


. Garcke, A., Dr. phil., in Berlin. (C.M.) 


Geoffroy St. Hilaire, Isidore, Präsident der Soc. Imp. d’Aceli- 
matation in Paris, Mitglied des Ehren -Vorstandes. 

Gerbe, Präparateur im College de France in Paris. (C.M.) 

Giebel, Professor Dr., in Halle. (C.M.) 

Gireaud, Obergärtner in Berlin. 

Hambro, Baron, Banquier in London. 

Hardy, Director der Central-Pepiniere in Algier. (C.M.) 

Hartwig, C. A. F., Kaufmann in Berlin, Vorstands-Mitglied. 

Heese, Ad., Seidenzüchter in Berlin. 

Heyer, F., Dr. phil. et med., Direktor einer age, in Berlin, 
Vorstands-Mitglied, 

Höpner, Dr. med., in Berlin. 

v.Homeyer, Al,, Lieutenant in Frankfurt a.M. (C.M.) 

Horina, Joh. Bapt., in Pardubitz (Böhmen). 

Horowitz, $, Kaufmann erster Gilde in Odessa. 

Hoskier, H C., Preuss. Consul in Algier. (E.M.) 

Issakoff, Michel, in Petersburg. 

Jagor, Philipp, in Berlin. 

Jamin, Direktor des Versuchsgartens in Biskra. (C.M.) 

John, Dr., General-Sekretair des Vereins Westpreuss. Landwirthe 
in Marienwerder. (C.M.) 


. Excellenz der Divisions-General Jusuf in Algier. (E.M.) 
. Kalinowski, Secretair general de la Societe d’Acelimatation in 


Moskau. 

Kaerger, Louis, Kaufmann in Breslau. 

Kaufmann, Ernst Alexander, in Berlin, Vorstands - Mitglied, 
Stifter des Vereins. 

Kaufman, Carl Wilh., Banguier, in Berlin. 

Kaufmann, Otto, Kaufmann in Berlin. 

Kaufmann-Asser, J., Gutsbesitzer in Cöln. 

Kaufmann, M., Gutsbesitzer in Cöln. 

Kette, Geh. Ober-Regierungsrath in Berlin ‚ Mitglied des Ehren- 
Vorstandes. 

König, Preuss. General-Consul in Alexandrien. (E.M.) 

Koppe, Rittergutsbesitzer, in Liebenwalde bei Soldin. 

Krüger, Handelsgärtner in Lübbenau. 

von Langsdorff, R., in Carlsruhe. 

de Lara y Ponte, DonF.Maurique, zu Oliva auf Fuertaveutura. (C.M.) 


Hr. 


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u Et Du GE Er Sn 


d 


audyn, F., Forstmeister Sr. K.K. Hoheit des Erzherzogs Albrecht, 
zu Ungarisch-Altenburg im Wieselburger Comitate. 

Laute, Conservator in Berlin. 

Lechner, A., Dr., in Petersburg. 

Lecoq, A., Kaufmann in Berlin. 

von Lehndorff, H., Graf, Premier-Lieutenant im Garde du Corps 
und Rittergutsbesitzer in Berlin. 

Lenke, Rittergutsbesitzer in Heinrichsdorf bei Bahn in Pommern. 

Lenne, Gartenbau - Direktor in Potsdam, 

Lichtenstein, Consul in Marseille. (E.M.) 

von Löbbecke, Rittergutsbesitzer in Brükens (Schlesien). 

Lesser, Stanislaus, Königl. Sächs. Consul in Warschau. 

Lesser, Sigismund, Rentier in Berlin. 

Mirza-Malkom-Khan, Minister-Präsident Sr. K. H. des Schach 
von Persien in Teheran. (E.M.) 


. Excellenz Frhr. O. von Manteuffel, Staatsminister a. D., Mitglied 


des Ehren -Vorstandes. 


. Excellenz Frhr. von Manteuffel, Wirkl. Geh. Rath, Mitglied des 


Ehren -Vorstandes. 


. Marcuse, L. A, Lotterie-Ober-Einnehmer in Berlin, 
. Excellenz Hr. Etienne Masslow, Sekretair der agronomischen Ge- 


sellschaft in Moskau. (E.M.) 


. Mentzel, E.O., Wirkl. Geh. Kriegsrath, Remonte-Direktor, in Berlin. 


Metz & Comp., land- und forstwirthschaftliche Samenhandlung in 
Berlin. 
Michalowsky, Z., Kaufmann in Odessa. 


. Excellenz Hr. von Minutoli, Preuss. Gesandter in Teheran. (E.M.) 
. Mollard, Oberlandesgerichtsrath u. Gutsbesitzer in Gora (Kr. Plessen). 


Müller, Aug, Dr. med., in Königsberg, Vorstands-Mitglied. 


„» Münter, Professor Dr. an der Universität in Greifswald. 


>33 3 33 3 


. Excellenz Don Juan Bravo-Murillo, Minister-Präsident a. D., in 


Madrid. (E.M.) 


. Nobiling, C., Major a. D. in Berlin. 


Obst, Buchdruckereibesitzer in Berlin. 

Oppenheim, Ed, Banquier, Direktor des zoolog. Gartens in Cöln. 
Oussow, Serge, in Moskau. (C.M.) 

Paiva, Baron Castello-, in Oporto. (C.M.) 


« Excellenz Marquis de Pallavieino, Minister a. D. in Parma. (E.M.) 
. Partatore, Professor in Florenz. (E.M.) 


Pfützenreuter, Oberamtmann in Berlin. 

Pintus Isidor, Banquier, Fabrikbesitzer in Berlin. 

Platho, J., Banquier, Vorstands-Mitglied. 

Poselger, H., Dr. phil., in Berlin, Vorstands-Mitglied. 
Possart, Eugen, landwirthschaftl. Samenhandlung in Berlin. 
Possart, P., Iuspektor in Berlin, 

Le Prestre, Dr. med. in Caen. 


DSDS HHOHC,HLNS 


6 


. Excellenz Graf von Pückler, Staatsminister, Chef des landwirth- 


schaftlichen Ministeriums. 


. von Raesfeld, Baron, in Terborg (Holland). 


Raffauf, Marine-Intendanturrath in Berlin, Vorstands-Mitglied, 
Rammlow, J.C., Seidenzüchter in Berlin. 


. Durchl. der Herzog A. von Ratibor, Fürst von Corvey, auf Schloss 


Rauden (Ober-Schlesien). 

Ravene, L. jun., Kaufmann in Berlin. 

Richter, Antoine, in Königssaal bei Prag. 

Rolfs, Kaufmann in Siegfeld bei Siegburg. 

Rose, Lieutenant im arabischen Bureau in Biskra. (C.M.) 

Sacchini, Virgile, Commandenr in Parma. (E.M.) 

von Schaffgotsch, F.G., Graf, in Berlin. 

Schirrmacher, J. F., Vorsteher der Zinsen-Controlle der Staats- 
schulden in Berlin, Vorstands-Mitglied. 


. Excellenz Freiherr von Schleinitz, Staatsminister, in Berlin. 
. von Schmettow, Graf B., in Pommerzig bei Züllichau. 


Schmidt, Oberförster in Blumberg bei Passow. 

Schojan, Lehrer in Hasenholz bei Buckow. 

Schuft, A., Dr. med., in Berlin. 

Schulz, E., Rittergutsbesitzer in Nickern bei Züllichau. 

Schulz, Seidenzüchter in Berlin. 

Seemann, Dr. Berthold, in London. (C.M.) 

de Soliveres, Don Gaspar Castor, Chanoine de la Cathedrale d’O- 
reuse in Madrid. (E.M.) 

Spinola, W. T. J., Dr. phil, Lehrer an der Thierarzneischule in 
Berlin, Vorstands-Mitglied. 

Swaine, Rich., Gutsbesitzer auf Schloss Theres bei Schweinfurt. 

Toepffer, G. A., Vorstand des pommerschen ökonomischen und 
Seidenbau -Vereins in Stettin. 

von Treskow, Louis, Gutsbesitzer auf Weissack bei Luckau. 

Don Juan Trigueros de Romero, General-Sekretair der Akade- 
mie der schönen Künste in Malaga. (E.M) 


. Excellenz Don Augusto de Ulloa, General-Direktor der spanischen 


Colonien in Madrid. (E.M.) 


. Unger, Carl, Hofbuchdrucker in Berlin. 


Warneck, N., Professor der Universität in Moskau. 

Weber, Preuss. Consul in Beiruth. (E.M.) 

von Weckerlin, R, Wirkl. Geh. Rath in Hohenheim. (E.M.) 
de Weerth, A., in Elberfeld. 

Wendenburg, Hermann, Gutsbesitzer in Beesenstadt bei Wettin. 
Willkomm, Professor in Tharandt. (C.M.) 

Wolff, C. D., Banquier in Berlin. 

Wolff, $. jun., Kaufmann in Berlin. 

Wustand, Carl, Kaufmann in Berlin. 


Statuten des Acclimatisations- Vereins für die Kö- 
niglich Preussischen Staaten. 


Gestiftet den 31. Juli 1856. 


ig 


Namen des Vereins. 


Der Verein führt den Namen: „Acclimatisations- 
Verein für die Königlich Preussischen Staaten.“ 


8. 2. 


Zweck des Vereins. 

Der Zweck des Vereins ist: 

a) Die Einführung und Eingewöhnung von Thieren und 
Pflanzen, welche zum Nutzen oder zur Annehmlichkeit 
dienen können, oder den Nationalreichthum zu ver- 
mehren im Stande sind; 

b) Veredelung oder Verbesserung und Vermehrung der be- 
reits einheimisch gewordenen Thiere und Pflanzen; und 

c) Erzielung von neuen nützlichen Uebergangsarten und 
Mischlingen durch Kreuzung der Species, Racen und 
Varietäten. 

$. 3. 
Mittel zum Zweck. 

Dieser Zweck wird zu erreichen gesucht: 

a) Durch Verbindung und wechselseitigen Verkehr mit Ver- 
einen und Gesellschaften gleichen oder ähnlichen Be- 
strebens, besonders mit der Societe Imperiale d’Acecli- 
matation zu Paris; 

b) durch regelmässige Versammlungen, Besprechungen und 
Vorträge; 


8 


c) durch Veröffentlichung der stattgehabten Verhandlungen 
und der g:wonnenen Erfahrungen; 

d) durch sel' stständige Studien und Versuche und durch 
Veranlassung derselben von Andern; 

e) durch Ertheilung von Belohnungen oder Aufmunte- 
rungen, durch Ehrenauszeichnungen, Geldunterstützun- 
gen U. 8. W.; | 

f) durch unentgeltliche Auskunftertheilung bei Anfragen, 
die auf die Acclimatisation Bezug haben, durch Aus- 
gabe oder Versendung von Sämereien, Pflanzen, Eiern, 
Thieren u. s. w., und 

g) durch Gründung eines eigenen wissenschaftlichen Organs, 
Anlage einer Bibliothek und eines Archivs zur Benutzung 
für die Mitglieder des Vereins, durch Begründung der 
nöthigen Sammlungen und durch Ausstellungen. | 


$.A. 


Sitz des Vereins. 


Der Sitz des Vereins ist Berlin, wo der Geschäftsvor- 
stand sich befindet. 


8.5. 
Vermögen des Vereins. 


Das Vermögen des Vereins bildet sich aus den regel- 
mässigen oder aussergewöhnlichen Beiträgen der Mitglieder, 
aus Geschenken, vorkommenden Vermächtnissen u. s. w. 


8. 6. 
Mitgliedschaft. 


Der Verein zählt wirkliche, correspondirende und 
Ehrenmitglieder, welche als solche Diplome erhalten. 
Den wirklichen Mitgliedern wird das Diplom nach Einzahlung 
des ersten Jahresbeitrags übersendet, 


8. 7. 
Wirkliche Mitglieder Beitrag. 


Wirkliche Mitglieder sind Diejenigen, welche sich schrift- 
lich zur Mitgliedschaft gemeldet haben, oder von einem Mit- 


9 


gliede vorgeschlagen worden sind, und deren Aufnahme vom 
Vorstande beschlossen ist. Ihre Annahme wird ihnen von 
demselben angezeigt. Sie entrichten einen Jahresbeitrag von 
mindestens vier Thalern Crt., oder zahlen ein für allemal 
eine Summe von mindestens fünfzig Thalern Crt. an die Ver- 
einskasse. Im letztern Falle sind sie immerwährende 
wirkliche Mitglieder. 

Der Jahresbeitrag wird von den hier wohnenden Milglie- 
dern halbjährlich, von den auswärtigen jährlich prä- 
numerando eingezogen, Die im Laufe des Jahres neu ein- 
tretenden wirklichen Mitglieder müssen für das volle Halb- 
jahr, in welches ihr Eintritt fällt, den Beitrag zahlen. 

Vom 1. Januar 1859 ab wird von den neu eintretenden 
wirklichen Mitgliedern ein Eintrittsgeld von einem Thaler 
Crt. erhoben. 

8.8. 

Als ein wirkliches Mitglied zählt jede Gesellschaft, welche 
dem Vereine als solche sich anschliesst, deren Anschluss 
genehmigt worden, und die sich verpflichtet, den für jedes 
wirkliche Mitglied stipulirten Beitrag zu zahlen. 


8.9. 


Correspondirende und Ehrenmitglieder. 


Correspondirende und Ehrenmitglieder werden Namens des 
Vereins vom Vorstande ernannt und haben keinen Beitrag 
und kein Eintrittsgeld zu zahlen. Dieselben müssen jedoch, 
ehe sie ernannt werden können, in der nächstvorhergehen- 
den Sitzung des Vorstandes vorgeschlagen werden, und ist 
bei der Abstimmung die Gegenwart von mehr als der Hälfte 
der Vorstandsmitglieder unerlässlich. 

8. 10. 
Organisation des Vereins. Ehrenvorstand. Geschäftsvorstand. 

Die Interessen des Vereins vertritt ein Geschäftsvor- 
stand von zwölf Personen. 

Neben demselben besteht zur besondern Förderung der 
Vereinszwecke ein Ehrenvorstand, zusammengesetzt aus 


10 


einem Ehrenpräsidenten und einer Anzahl von Mitgliedern, 
deren Ehrenamt ein lebenslängliches ist. In den Ehrenvor- 
stand können wirkliche, correspondirende und Ehrenmitglie- 
der gewählt werden. 


8. 11. 


Der Geschäftsvorstand geht aus der Wahl sämmtlicher 
Mitglieder hervor, und besteht aus einem Vorsitzenden, einem 
Geschäftsführer, drei Abtheilungsdirigenten, zwei Schrift- oder 
Protokollführern, einem correspondirenden Secretair, einem 
Archivarius, einem Bibliothekar, einem Schatzmeister und 
einem Rechnungsführer., 

Der Geschäftsführer ist zugleich erster Stellvertreter 
des Vorsitzenden, und ausserdem werden noch zwei Mitglie- 
der des Vorstandes zum zweiten und dritten Stellver- . 
treter des Vorsitzenden bestimmt. 

Im Falle einer durch Tod, dauernde Krankheit oder de- 
finitiven Austritt eingetretenen Lücke im Vorstande, ergänzt 
sich dieser aus den Mitgliedern des Vereins durch freie 
Wahl, muss aber der nächsten Generalversammlung diese 
Ergänzungswahl zur Genehmigung vorlegen. 


$. 12. 
Abtheilungen. 
Die drei Abtheilungen, für welche die drei Dirigenten 
bestimmt sind, heissen: 
A. Abtheilung für Botanik, 
B. “ für Zoologie, 
C. . für die einschlagende Technik. 

Jedem Abtheilungsdirigenten werden je nach dem Um- 
fange der von ihm zu besorgenden Geschäfte zwei oder drei 
Mitglieder als Assistenten beigegeben, welche vom Geschäfts- 
vorstande gewählt werden. 

Für die Geschäftsführung jeder dieser drei Abtheilungen 
sowohl, als auch für den Geschäftsvorstand selbst, werden 
von diesem besondere Instruktionen entworfen und den Sta- 
tuten als ergänzende Theile beigefügt. 


11 


8.13. 

In den Geschäftsvorstand können nur wirkliche Mitglie- 
der des Vereins gewählt werden; die Wahl findet in der 
Generalversammlung durch einfache Abstimmung mittelst 
Zettel statt. 

$. 14. 


Das Geschäftsjahr fällt mit dem Kalenderjahre zusammen. 


g. 15. 


Nach Ablauf jedes Jahres scheidet ein Drittel des Ge- 
schäftsvorstandes aus, und wird statt dessen eine Neuwahl 
vorgenommen. 

Im ersten und zweiten Jahre nach Einführung dieser 
Statuten geschieht die Ausscheidung des Drittels durch das 
Loos, von da an nach der Anciennität. 

Die Ausgeschiedenen sind wieder wählbar. 


$. 16. 


Die General-Versammlung muss jedesmal in der er- 
sten Hälfte des Monats Januar berufen, und diese Berufung 
sämmtlichen Mitgliedern gehörig und frühzeitig zur Kennt- 
niss gebracht werden. | 


$. 17. 


So wie der Geschäftsvorstand gewählt und vervollstän- 
digt ist, organisirt er sich selbst, indem er die verschie- 
denen ($. 11) genannten Aemter unter sich vertheilt. 

Von dieser Vertheilung der Aemter müssen alsdann alle 
Vereinsmitglieder in Kenntniss gesetzt werden. 


$. 18. 
Pfliehten und Rechte des Geschäfts-Vorstandes, 


Der Geschäftsvorstand versieht alle seine Funktionen un- 
entgeltlich und ist der Generalversammlung, als dem Willens- 
ausdrucke des gesammten Vereins für seine Thätigkeit ver- 
antwortlich. 

Er bildet das Organ und die Vertretung des Vereins den 


12 


Behörden gegenüber, und ernennt Namens des Vereins die 
Mitglieder des Ehrenvorstandes. 


$. 19. 


Der Geschäftsvorstand hält mindestens alle Monate eine 
Sitzung zur Erledigung der laufenden Geschäfte, kann aber 
auch zu ausserordentlichen Sitzungen berufen werden. 

Ferner veranstaltet der Vorstand vierteljährlich oder häu- 
figer, wenn es die Umstände erheischen, eine öffentliche 
Versammlung sämmtlicher Mitglieder, welcher auch Nicht- 
mitglieder beiwohnen können, und worin über die Voreins- 
angelegenheiten Bericht abgestattet und ausserdem Vorträge 
gehalten werden. Diese öffentlichen Versammlungen können 
jedoch nach Erforderniss in nicht öffentliche umgewandelt 
werden, zu denen nur Mitglieder des Vereins Zutritt haben. 


8.20. 
Vorsitzender. 


Der Vorsitzende, der als solcher Mitglied des Ehrenvor- 
standes ist, beruft sowohl den Geschäftsvorstand zu seinen 
Sitzungen, als: auch die periodischen öffentlichen Versamm- 
lungen und die Generalversammlungen; er führt jedesmal 
den Vorsitz, falls nicht der Ehrenpräsident denselben über- 
nehmen will, 


g. 2. 


Der Vorsitzende hat die Abstimmungen zu leiten, welche 
überall durch einfache Stimmenüberzahl (relative Majorität) 
entschieden werden. Bei Stimmengleichheit giebt der Vor- 
sitzende den Ausschlag. 


$. 22. 


Der Vorsitzende führt das Siegel des Vereins, empfängt 
und eröffnet alle an den Verein gerichteten Briefe und Ein- 
sendungen, bestimmt deren Beantwortung oder deren Bera- 
thungen in den Sitzungen des Geschäftsvorstandes, ‘oder in 
den periodischen öffentlichen Versammlungen, regelt die Ta- 
gesordnungen und unterhält ‚die Verbindung mit dem Ehren- 


13 


vorstande; er bewahrt sich eine fortwährende Uebersicht über 
sämmtliche Vereinsangelegenheiten und achtet auf die strenge 
Pflichterfüllung der einzelnen Geschäftszweige. Ausserdem be- 
spricht er mit den übrigen Mitgliedern des Ehrenvorstandes 
die allgemeinen Prinzipien, welche im höheren Interesse des 
Vereins nach und nach in Anwendung zu bringen sind. 


$. 23. 
Geschäftsführer. 
Der Geschäftsführer ist der specielle Beistand und Ver- 
treter des Vorsitzenden. Dem Vereine gegenüber handelt er 
unter eigener Verantwortlichkeit. j 


8. 24. 
Die Abtheilungs - Dirigenten. 

Der Dirigent jeder der drei Abtheilungen beruft die Mit- 
glieder derselben zu besonderen Berathungen, so oft Anlass 
dazu vorhanden ist, fertigt darüber ein Protokoll an, über- 
reicht dieses Protokoll in der nächsten Vorstandssitzung dem 
Vorsitzenden, stattet daselbst über die Thätigkeit der Ab- 
theilung Bericht ab, und hat den Beschlüssen des Vorstan- 
des Folge zu geben. 

$. 25. 
Schriftführer. Correspondirender Secretair. 

Der erste Schriftführer führt in den Vereinsversammlun- 
gen, so wie in der Generalversammlung das Protokoll, trägt 
dasselbe in ein besonderes Protokollbuch ein, und unterzeich- 
net zugleich mit dem Vorsitzenden jedes Protokoll, nachdem 
es genehmigt worden ist. | 

$. 26. 

Der zweite Schriftführer führt auf dieselbe Weise das 

Protokoll in den Vorstandssitzungen, ordnet und verliest in 


allen Zusammenkünften des Vereins die Briefe und Schrift- 
stücke, welche ihm zu diesem Zwecke vom Vorsitzenden über- 


wiesen werden. 


14 


8. 27. 

Der correspondirende Secretair besorgt die Correspondenz 
im Inlande und nach dem Auslande, soweit solche von dem 
Vorsitzenden ihm aufgegeben ist. 

Beide Schriftführer und der correspondirende Secretair 
ersetzen sich gegenseitig in Hinderungsfällen. Ä 


&. 28. 
Archivar. 


Der Archivar ordnet und erhält die Registratur, und be- 
wahrt die abgefertigten Schriftstücke und Acten. 


8. 29. 
Bibliothekar. 

Der Bibliothekar ordnet und beaufsichtigt die Bibliothek 
und die übrigen Sammlungen, nach einer besonderen In- 
struction, und bewahrt die sämmtliehen vom Vereine aus- 
gehenden Drucksachen. 


$. 30. 
Der Archivar und Bibliothekar vertreten sich in Hinde- 
rungsfällen gegenseitig. 


$. 31. 
Schatzmeister. 


Der Schatzmeister nimmt auf Quittungen, die von ihm 
unterschrieben und vom Rechnungsführer ($. 34) gegenge- 
zeichnet sind, alle an den Verein ergehenden Gelder in 
Empfang und zieht gegen eben solche Quittungen von den 
wirklichen Mitgliedern die Jahresbeiträge ein. 


$. 32. 
Der Schatzmeister bestreitet ferner alle nöthig werdenden 
Ausgaben, nnd zwar: 


a) bis zum Betrage von drei Thalern auf eigene Verant- 
wortlichkeit; 


b) bis zum Betrage von zwanzig Thalern nur auf Anwei- 


15 


sungen, die vom Vorsitzenden und Rechnungsführer ge- 
zeichnet sind, und 

c) im höhern Betrage nur auf einen in der Vorstands- 
sitzung gefassten Beschluss. 


$. 33. 


Hat der Schatzmeister sämmtliche Jahresbeiträge nicht 
einzuziehen vermocht, so hat er dem Vorsitzenden von den 
Säumigen oder Schuldnern Bericht abzustatten und ihm an- 
heimzustellen, ob er glaubt, durch Mahnungen oder Erinne- 
rungen die Beiträge erlangen zu können, oder ob in einer 
der Vorstandssitzungen über das restirende Mitglied ein Be- 
schluss herbeizuholen sei. 

$. 34. 
Rechnungsführer. 

Der Rechnungsführer hat bei den von ihm mit zu unter- 
zeichnenden Anweisungen zu Geldausgaben ($. 32 b) nicht 
nur auf die vorgenannten Bestimmungen zu sehen, sondern 
auch darauf zu achten, dass nur für Vereinszwecke Geld 
oder Geldeswerth verausgabt wird. 

Er hat ferner ein Controlbuch über die von ihm mitun- 
terzeichneten Quittungen und Anweisungen zu führen, um 
dasselbe bei Kassenrevisionen zur Vergleichung benutzen zu 
können. 

8. 35. 
Schatzamt. 

Für die sichere Unterbringung der angesammelten Gelder, 
sobald solche eine gewisse Höhe erreicht haben, sorgen auf 
Beschluss des Vorstandes der Vorsitzende, der Schatzmeister 
und der Rechnungsführer gemeinschaftlich, und bilden als 
solche das Schatzamt, welches auch die Bewahrung der 
geldwerthen Dokumente auf eigene Verantwortlichkeit zu be- 
sorgen hat. Die Beläge sowohl dafür, als für alle Einnahmen 
und Ausgaben bleiben in Bewahrung des Schatzmeisters. 


8. 36. 
Entsteht hinsichtlich eines Geldpunktes eine Meinungs- 


16 


Verschiedenheit zwischen dem Schatzmeister und Rechnungs- 
führer, so hat in dringenden Fällen der Vorsitzende die Ent- 
scheidung, muss aber in der nächsten Vorstandssitzung dar- 
über berichten. 

In weniger dringenden Fällen ist die Sache dem Vorstande 
selbst zur Entscheidung vorzulegen, 


$. 37. 
Kassen -Revision. 


Der Vorstand ernennt aus seiner Mitte zwei Mitglieder, 
welche von Zeit zu Zeit eine Kassenrevision vornehmen und 
darüber ein Protokoll niederlegen. 


$. 38. 
Entlastung der Kassen - Beamten. 


Am Schlusse des Geschäftsjahres hat der Schatzmeister in 
Verbindung mit dem Rechnungsführer über dasselbe in der 
Generalversammlung einen  detaillirten Rechenschaftsbericht 
vorzulegen und zur Entlastung eine Commission aus drei Mit- 
glieder zu beantragen, welche die in der Generalversamm- 
lung anwesenden Mitglieder aus ihrer Mitte wählen. 

Diese Entlastungs- Commission verabredet sich mit dem 
Schatzmeister zu einem bestimmten Termin, in welchem sie 
nach Durchsicht der Kasse, der Quittungen, Rechnungen und 
Beläge, und nach Vergleichung mit dem Controlbuch des 
Rechnungsführers die Entlastung ausspricht und diesen Aus- 
spruch in einer aufgenommenen Verhandlung dem Vorsitzen- 
den übersendet. 


8. 89. 
Redactions- Commission. 


Der Vorstand ernennt ferner aus seiner Mitte eine Re- 
dactions- Commission aus fünf Mitgliedern, welche alle vom 
Verein ausgehenden, durch den Druck zu veröffentlichenden 
Aufsätze, Berichte, Zeitungsanzeigen, Einladungen u. s. w. 
abzufassen und zu redigiren hat. 


17 


12 8. 40. 
gr Besondere Acte des Vorstandes. 


Ueber Vertheilung von Auszeichnungen und Diplomen, von 
Belohnungen und Geldunterstützungen, ferner über besoldete 
Anstellungen im Dienste des Vereins und über Abfassung von 
besonderen Instructionen, so wie überhaupt über sämmtliche 
Verwaltungsmaassregeln u. s. w. entscheidet der Vorstand. 


8. 41. 
Rechte und Pflichten der Mitglieder. 


Jedes Mitglied des Vereins hat das Recht, nicht nur allen 
Versammlungen desselben, sondern auch den Sitzungen des 
Vorstandes beizuwohnen und Anträge an ihn zu richten, be- 
sitzt jedoch nur in den ersteren das Stimmrecht; es empfängt 
gratis ein Exemplar der vom Vereine ausgehenden Veröffent- 
lichungen, hat das Recht der Benutzung der Bibliothek und 
Sammlungen des Vereins, und ist befugt, in den Vereins- 
Versammlungen Vorträge zu halten, nachdem der Vorstand 
seine Zustimmung ertheilt hat. Jedes Mitglied kann, — so 
weit es möglich ist — an den vom Vereine ausgehenden 
Vertheilungen participiren. Zu diesem Zwecke hat es sich 
an den Vorstand zu wenden und den von demselben dafür 
festgesetzten Bestimmungen nachzukommen. 


$. 42. 

Jedes Mitglied hat ferner, nach Inhalt des Statuts der 
Societe Imperiale d’Acclimatation in Paris, das Recht, den 
Sitzungen und Versammlungen dieser Gesellschaft beizuwoh- 
nen und die derselben gehörigen Anlagen zu besuchen. 


$. 43. 


Ausserdem hat jedes Mitglied das Recht, Abänderungen 
oder Zusätze zu diesen Statuten zu beantragen, muss aber 
diese Anträge, die nur in der Generalversammlung durch 
Stimmenmehrheit aller anwesenden Mitglieder zum Beschluss 
erhoben werden können, mindestens 14 Tage vor dem Ter- 


mine der Generalversammlung dem Vorstande schriftlich ein- 
1861. Ba. IV. 2 


18 
reichen, widrigenfalls der Antrag in derselben nicht zur 
Sprache gebracht werden kann. 

Endlich hat jedes Mitglied das Recht, in der Generalver- 
sammlung das Wort zu ergreifen, nachdem ihm solches be- 
willigt worden, oder in derselben, als der höchsten Instanz, 
eine Rüge, eine Klage, wenn es solche etwa gegen den Vor- 
stand, oder gegen ein Mitglied desselben zu haben glaubt, 
vorzubringen: es muss aber mindestens 14 Tage vor dem Ter- 
mine dieser Versammlung dem Vorstande hiervon Anzeige 
machen, damit derselbe zur Vertheidigung vorbereitet sei. 

Ein jeder in den Generalversammlungen zur Besprechung 
gelangende Antrag der Mitglieder muss von mindestens zehn 
anwesenden Mitgliedern unterstützt werden. 


$. 44. 
In dem möglichen Falle, dass der Verein sich auflöst, wird 


in einer alsdann zu berufenden Generalversammlung über 
Vermögen und Habe desselben entschieden. 


Amtlicher Theil. 


m 


Vereins-Verhandlungen. 
(Auszug aus den Protokollen.) 


Vorstandssitzung am 19. Februar 1861 
in Arnim’s Hötel. 

Gegenwärtig sind die Herren: Bosselmann, Dr. Mül- 
ler, Platho, Raffauf, Schirrmacher, Dr. Spinola 
und Dr. Poselger. 

Anfang der Sitzung 7% Uhr. 

Auf Vorschlag des Hrn. Dr. Spinola wird Hr. Profes- 
sor Dr. Münter an der Universität zu Greifswald zum wirk- 
lichen Mitgliede aufgenommen und die Ausfertigung des Di- 
ploms angeordnet. 

Dr. Poselger theilt mit, dass der General-Secretair 
des Königl. Landes-Oekonomie-Collegiums, Hr. von Sal- 
viati, den Wunsch geäussert habe, an einer unserer Vor- 
standssitzungen Theil zu nehmen, um sich von unserer ge- 
genwärtigen Thätigkeit zu unterrichten. Es ist deshalb im 
Namen des Vorstandes ein Einladungsschreiben zur heutigen 
Sitzung an Hrn. von Salviati erlassen worden, leider ist 
derselbe jedoch verhindert zu erscheinen und hat dies durch 
ein Schreiben angezeigt. 

Es sind inzwischen diejenigen Vereinsmitglieder, welchen 
im vorigen Jahre Sämereien etc. zu Anbauversuchen über- 
geben worden waren und welche hierüber noch nicht be- 
richtet hatten, mittelst Circulars aufgefordert worden, die 
betreffenden Berichte einzusenden. In Folge dessen sind eine 
ziemliche Anzahl Berichte eingegangen, sehr viele sind je- 
doch noch rückständig, — Unter den eingegangenen Be- 

2* 


20 


richten finden sich viele, welche mit musterhafter Sorgfalt 
ausgearbeitet sind, doch fehlen auch solche nicht, welche 
nur sehr oberflächlich verfasst wurden, so dass ein Nutzen 
für Acclimatisationszwecke von ihnen kaum zu erwarten ist. 
An Berichten über Culturversuche mit Sämereien sind 
eingegangen von: 
dem Bütower ökonomischen Verein, 
Hrn. Hofgärtner Fintelmann, 
dem landwirthschaftlichen Verein zu Barten, 
Vereine zur Beförderung der Landwirthschaft in 
Königsberg, 
Hrn. Lehrer Schojan in Hasenholz, 
„ Gutsbesitzer Lenke in Heinrichsdorf, 
„ Prediger Strasburg in Buckow, 
dem landwirthschaftlichen Verein Züllichau -Schwiebu- 
ser Kreises, 
Hrn. Fr. Ehrhardt in Prettin, 
„ M. Kaufmann in Cöln, 
„ Rittergutsbesitzer Behrend in Berlin, 
dem Verein westpreussischer Landwirthe in Marien- 
werder, 
„ altmärkischen Vereine zu Stendal. 
An Berichten über die Zucht des Rieinus-Seidenspin- 
ners sind ferner eingegangen von: 
der Churfürstlich Hessischen Commission für landwirth- 
schaftliche Angelegenheiten zu Cassel, 
Hrn. Wullschlegel in Oftringen, 
„ Appellations - Gerichts- Kanzlisten Schlenzig in 
Altenburg, 
Hauptmann Voight in Freienwalde a. O., 
Cantor Benneker in Töttelstädt, 
Instrumentenmacher Lüer in Göttingen, 
Diaconus Stade in Heringen, 
General-Secretair Dr. John in Marienwerder, 
„ Lehrer Görke in Weichselburg. 
Es ist ferner eingegangen ein Schreiben des Hrn. Paul 


” 


SERIE IE. 


21 


Friedheim hierselbst, worin er anzeigt, dass er beabsich- 
tige, einen Versuch im Grossen mit der Cultur des Bom- 
byx-Cynthia zu machen und deshalb zunächst auf seiner bei 
Trebbin gelegenen Maulbeerplantage eine grössere Anpflan- 
zung von Ailanthus glandulosa anzulegen. Er bittet daher 
um Samen dieses Baumes, welcher ihm freilich nur in klei- 
ner Quantität übersandt werden konnte; es ist ihm indes- 
sen zum Frühjahre mehr versprochen worden. 

Die Churfürstlich Hessische Commission für landwirth- 
schaftliche Angelegenheiten in Cassel bittet um Uebersen- 
dung von Samen der Zizania aquatica. Diesem Wunsche 
konnte leider bis jetzt noch nicht entsprochen werden, .in- 
dem der längst bestellte Samen noch nicht eingetroffen ist. 

Hr. Hofgärtner Fintelmann hat eine grosse Menge von 
Sämereien eingesandt und unserm Vereine zur Disposition 
überlassen, welche er aus norwegischen Samen erzogen hat, 
welche unser Verein ihm bereits spät im Jahre 1859 zuge- 
hen liess, Es ist Hrn. Fintelmann der Dank des Vorstan- 
des ausgesprochen worden und werden die Sämereien in die- 
sem Frühjahre mit zur Vertheilung kommen. Auch Ailan- 
thus-Samen hat Hr. Fintelmann zu liefern versprochen. 

Vom Hrn. Kunst- und Handelsgärtner Krüger sind eine 
Anzahl Samenverzeichnisse eingegangen und bittet derselbe 
um Einsendung von italienischen Bienen. 

Hr. Max Weidenbach in Südaustralien zeigt an, dass 
er in Anbetracht der ganz ungewöhnlichen Schwierigkeiten, 
welche eine Uebersendung des Ricinusspinners nach Austra- 
lien. gegenwärtig darbieten würde, auf dieselbe verzichten 
wolle bis zu dem Zeitpunkte, wo eine schnellere Verbin- 
dung dieses Welttheils mit Europa stattfinden wird. Er ist 
zugleich mit der Einsammlung von Sämereien und Knollen 
von solchen Gewächsen, die sich zu Acclimatisations-Ver- 
suchen in Europa eignen möchten, beschäftigt und verspricht 
dieselben seiner Zeit unserm Vorstande zu übersenden. 

Hr. Robert Erdmann in Arad in Ungarn bittet um Ue- 
bersendung von Graines des Bombyx-Ricini, 


22 


Dieselben werden ihm seiner Zeit zugesandt werden, 

Von dem Vereine Westpreussischer Landwirthe in Ma- 
rienwerder und von Hrn. Kamphausen in Bendorf sind 
Berichte eingegangen über die von dem Aceclimatisations- 
Verein erhaltenen italienischen Bienenköniginnen. Diese Be- 
richte sind Herrn Ehrhardt nach Prettin zur Begutach- 
tung übersandt und von dort bereits wieder zurückgeliefert 
worden.*) 

Von Hrn. Jos. Jac. Flatau ist ein Aufsatz über Hopfen- 
bau zur Veröffentlichung in unserer Zeitschrift eingereicht.*) 

Eine Sendung neuer norwegischer Sämereien ist von Hrn. 
Dr. Schübler in Christiania durch Vermittelung des Hrn. 
Kort, Holtermann & Co. in Hamburg eingetroffen und 
wird in diesem Frühjahre zur Vertheilung kommen. 

Es liegt nun noch ein Schreiben des Hrn. Dr. Behrend, 
Vorstandsmitglied des Central-Instituts für Acelimatisation, 
an Dr. Poselger vor, worin derselbe wünscht, dass vor- 
bereitende Schritte zu einer Vereinigung beider Vereine ge- 
schehen möchten. Er schlägt zu diesem Zwecke vor, eine 
Commission von je drei Mitgliedern der beiderseitigen Vor- 
stände zur gemeinsamen Vorberathung zu ernennen. Nach 
_ einer längern Discussion wird Hr. Dr. Poselger beauftragt, 
ihm zu antworten, dass der Ernennung einer solchen Com- 
mission von unserer Seite nichts entgegenstehen werde, doch 
müsse der Schatzmeister jedes Vereins ein Mitglied dersel- 
ben sein, um Auskunft über den Stand der Kasse geben 
zu können; die Sitzungen der Commission müssten auf neu- 
tralem Boden, etwa in Arnim’s Hötel stattfinden und es 
müsse dabei Protokoll geführt werden. 

Hierauf berichtet Hr. Professor Dr. Müller über die 
Hefte 7—12 des zoologischen Gartens in Frankfurt a. M. 
und hebt besonders hervor, dass die Acclimatisation des 
kleinen Beutelthiers dort als gelungen zu betrachten sei, in- 


*) Diese Berichte finden sich bereits im vorigen Jahrgange dieser Zeit- 
schrift abgedruckt. 


23 


dem diese Thiere sich gut fortpflanzten. Ausserdem ist es 
sehr bemerkenswerth, dass es einer Dame gelungen ist, einen 
Kolibri im Vogelbauer zu ernähren. 

Hr. Banquier Platho berichtet über den Zustand unse- 
rer Vereinskasse am |. Januar 1861 Folgendes. 

Am 1. Januar 1860: 

Bestand baar . . » 2... » 374 Thlr. 19 Sgr. 6 Pf. 
und 100 Thlr. Prämien - Anleihe 
= 112 Thlr., Jahresbeiträge 
von 47 Vereinen und 76 zah- 
lenden Mitgliedern & 4 Thlr. 
= 492 Thlr.; von diesen sind 
bereits eingegangen . ... 47 „ 3,6, 
| Summa 792 Thlr. 13 Sgr. 
und 100 Thlr. in Prämien-An- 
leihe = 112 Thlr. 
Sämmtliche Ausgaben betrugen 393 Thlr. 10 Sgr. 

so dass ein Bestand von . . „ 399 Thlr. 3.Sgr. 
baar und 100 Thlr. in Prämien- Anleihe am 1. Januar 1861 
verblieb, 

Dr. Poselger theilt demnächst mit, dass wenngleich 
auch bis jetzt die amerikanischen Sämereien, sowie die aus 
Moskau erwarteten noch nicht eingegangen seien, so werde 
doch die Samenvertheilung an die Vereinsmitglieder in die- 
sem Jahre reichlich ausfallen, und werde daran bereits mit 
grossem Eifer gearbeitet, so dass die Vertheilung etwa Mitte 
März würde stattfinden können, Ebenso ist sämmtliches Ma- 
terial für die letzten 6 Hefte unserer Zeitschrift pro 1860 
bereits vollständig vorhanden und wird der Druck bald voll- 
endet sein, 

Von Hrn. Ernst Kaufmann in Paris ist ein Schreiben 
eingegangen und hat derselbe zugleich ein Manuscript in 
französischer Sprache für die Zeitschrift übersandt. 

Für die Vereins-Bibliothek sind folgende Sachen ein- 
gegangen: 

\) Bulletin de la Societs d’acclimatation Decembre 1860, 


24 


2) Grundgesetz der deutschen Ackerbau -Gesellschaft, 

3) Landwirthschaftliche Jahrbücher aus Ostpreussen, Oc- 
tober-, November - und Dezember -Heft 1860. 

Schluss der Sitzung 9% Uhr. 


Vorstandssitzung am 16. April 1861 
in Arnim’s Hötel. 


Gegenwärtig sind die Herren Vorstandsmitglieder, mit 
Ausnahme der Herren: Intendantur-Rath Raffauf, Schirr- 
macher und Professor Dr. Müller, welcher inzwischen sei- 
nen Wohnsitz nach Königsberg i. Pr. verlegt hat. 

Eröffnung der Sitzung 7% Uhr. 

Hr. Kaufmann Hartwig, welcher bereits früher zum 
Eintritt in den Vorstand vorgeschlagen worden war, wird 
heute zum Vorstandsmitgliede erwählt und als solches ein- 
geführt. + 

Hr. Professor Dr. Müller hatte brieflich den Hrn. Dr. 
med. Heyer, Louisenplatz Nr. 6 hierselbst, zum wirklichen 
Mitgliede des Acclimatisations-Vereins vorgeschlagen. Es 
findet die Wahl desselben statt und wird die Ausfertigung 
und Uebersendung des betreffenden Diploms beschlossen. 

Dagegen zeigt der Vorstand der Local-Abtheilung Cre- 
feld des landwirthschaftlichen Vereins für Rheinpreussen 
seine Verzichtleistung auf die fernere Mitgliedschaft des Ver- 
eins an und remittirt die übersandten Sämereien, sowie die 
Hefte 7—12 der Zeitschrift pro 1860. 

Dr. Poselger theilt sodann mit, dass die Unterhand- 
lungen mit Hrn. Dr. Behrend wegen Vereinigung beider 
Acclimatisations-Vereine von Hrn. Behrend selbst abge- 
brochen worden sind. Da jedoch eine Vereinigung beider 
hier bestehenden Acclimatisations-Vereine für die gemein- 
nützigen Zwecke, welche dieselben verfolgen, nur als höchst 
förderlich und wünschenswerth betrachtet werden kann, so 
glaubte Dr. Poselger den Versuch machen zu müssen, ob 
sich vielleicht auf anderm Wege ein Resultat erreichen lasse. 


25 


Er hat deshalb in Gemeinschaft mit dem Vorsitzenden des 
Central-Instituts, Herrn Stadtgerichts-Rath Borchardt, 
eine Anzahl Punkte berathen und festgestellt, unter denen 
eine Vereinigung möglich erscheinen dürfte. Das Protokoll 
über diese Verhandlung liegt vor und wird schliesslich von 
sämmtlichen Anwesenden in allen seinen Punkten gebilligt 
und unterschrieben. Eine lebhafte Debatte wurde nur durch 
den nicht ganz günstigen Stand der Kasse des Central-In- 
stituts hervorgerufen. Die Veröffentlichung des vorgedachten 
Protokolls wurde vorbehalten. 

Hr. Dr. Spinola theilt demnächst mit, dass Hr. Pro- 
fessor Dr. Münter in Greifswald um Mittheilung aller dem 
Vereine zugehenden Culturgegenstände für den botanischen 
Garten und das zoologische Museum bittet. 

Es sind eine Anzahl Schreiben eingegangen: 

1) Vom Herrn General-Consul König in Alexandrien, 
worin er über die in dortiger Gegend vorhandenen Esel Be- 
richt erstattet. Hiernach sind dieselben sehr ausdauernd 
und munter, und messen von der Höhe des Widerristes bis 
zur Spitze des Vorderfusses etwa 4 Fuss rheinländisch; doch 
sind gute Race-Esel nicht unter 200 — 250 Thlr. zu haben. 
Der Seetransport von Alexandrien nach Triest kostet auf 
dem Lloyd-Dampfboote für jedes Thier 10 & St. 

Hr. König verspricht gelegentlich unserm Vereine Sä- 
mereien zu übersenden, welche sich zu Acclimatisations- 
Versuchen eignen dürften. 

2) Der Vorstand des landwirthschaftlichen Vereins zu 
Goldberg übersendet ein Heft der Vereinsarbeiten pro 1860 
und zwei Berichte über vorjährige Culturversuche aus Hoh- 
berg und Laasnig. 

3) Hr. Rittergutsbesitzer Schulz auf Nickern sendet Be- 
richte über Culturversuche in den Jahren 1859 und 1860; 
zu gleicher Zeit macht er die interessante Mittheilung, dass 
er bereits seit mehreren Jahren vielfache Versuche mit einer 
Menge Ichneumonen-Arten (Schlupfwespen) angestellt habe, 
namentlich habe er dieselben durch mehrere Generationen hin- 


26 


durch erzogen und beobachtet. Er fragt nun bei dem Vor- 
stande an, ob dergleichen Versuche wohl wissenschaftlichen 
Werth haben möchten und ob sie fortzusetzen seien oder nicht? 
— Obwohl der Vorstand der Ansicht ist, dass derartige Versu- 
che ein hohes Interesse gewähren und wohl bis jetzt nur sehr 
unvollkommen angestellt worden seien, so sieht er sich doch 
bei der so grossen Schwierigkeit des Themas ausser Stande, 
darüber ein Urtheil abzugeben, zumal sich in unserm Ver- 
eine kein mit dem Gegenstande ausreichend vertrauter En- 
tomologe. befindet. Es soll deshalb an Hrn. Schulz der 
Rath ertheilt werden, sich an den Hrn. Prof. Dr. Ratze- 
burg in Neustadt E.W. zu wenden, 

4) Von den Herren Vilmorin, Andrieux & Co. in Pa- 
ris sind Samenverzeichnisse überreicht, von denen jedoch 
für dies. Jahr kein Gebrauch zu machen war. 

5) Vom Hrn. Hofgärtner Fintelmann ist eine Menge 
Ailanthus-Samen bereitwilligst übersandt worden, 

6) Hr. Paul A. H. Friedheim theilt mit, dass er noch 
immer keine Nachricht über den Ausfall der ‚Spinnversuche 
mit den Ricinus-Cocons erhalten habe. Er verspricht in- 
dessen, noch einmal an die Spinnerei zu schreiben und auf 
Erledigung dieser Angelegenheit zu dringen. 

7) Hr. Freiherr von Hilgers in Coblenz übersendet im 
Namen der Section für Seidenzucht im landwirthschaftlichen 
Vereine für Rheinpreussen das Vereinsblatt des Westphä- 
lisch-Rheinischen Vereins für Bienenzucht und Seidenbau, 
welches eine Abhandlung‘ des Hrn. Kamphausen in Ben- 
dorf über die Krankheiten der Seidenraupen enthält. 

Zugleich bittet Hr. von Hilgers um Uebersendung von 
Graines des echten Bombyx-Cynthia. 

Der Vorstand hat Hoffnung, in den Besitz derselben noch 
im Laufe dieses Sommers zu gelangen und wird dem aus- 
gesprochenen Wunsche sodann gern nachkommen, 

8) Die Ostpreussische landwirthschaftliche Central-Stelle 
zu Königsberg hat dem Vorstande 3 Pfd. graue Erbsen über- 
sandt. 


27 


9) Hr. Luis del Castillo y Trigueros zeigt in einem 
Schreiben an Hrn. E. Kaufmann den Tod des Hrn. Gas- 
par Maria de Soliveres, Ehrenmitglied des Acclimatisa- 
tions-Vereins, an und schlägt an Stelle desselben den Sohn 
des Verstorbenen, 
Gaspar Castor de Soliveres, Officier de la chambre 
du Pape, Chanoine dignite de Chantre de la Cathedrale 
d’Oreuse, 

zum Ehrenmitgliede des Vereins vor. 

10) Hr. Rittergutsbesitzer Koppe auf Liebenfelde über- 
reicht einen Bericht über vorjährige Culturversuche Zu- 
gleich macht derselbe auf die jetzt in Frankreich vielfach em- 
pfohlene rothe Weide (saule rouge) aufmerksam und wünscht 
durch Vermittelung des Vereins Stecklinge derselben zu er- 
halten. 

Unser Vorstand hatte bereits eine Anzahl Exemplare die- 
ser Weide bei Hrn. Thierry in Paris bestellt und erhielt 
auch bald darauf die Nachricht, dass dieselben mittelst Eil- 
fracht abgesandt seien. Durch Umstände, deren Ermitte- 
lung bis jetzt noch nicht gelungen ist, ist jedoch diese Sen- 
dung leider nicht in die Hände unseres Vorstandes gelangt 
und konnte deshalb zu unserm allergrössten Bedauern der 
Wunsch des Hrn. Koppe nicht befriedigt werden. 

11) Ein Schreiben von Hrn. Hofgärtner Fintelmann, 
worin derselbe mittheilt, dass es ihm jetzt nicht gut län- 
ger möglich sei, die Rieinus-Seidenzucht weiter fortzusetzen, 
indem seine Zeit so vielfach anderweitig in Anspruch ge- 
nommen werde. 

Es wird beschlossen, dem Hrn. Hofgärtner Fintelmann 
den lebhaftesten Dank des Vorstandes auszusprechen, für 
den so bedeutenden Aufwand an Zeit und Mühe, welchen 
er bis jetzt diesem Gegenstande gewidmet hat, und wo- 
durch allein es möglich wurde, die Resultate zu erzielen, 
welche bis jetzt erlangt sind. Zugleich aber wird der Vor- 
stand nun ernstliche Schritte thun, um Hrn. Fintelmann 
noch im Laufe dieses Sommers von der so bereitwillig über- 


28 


nommenen grossen Last zu befreien und die Rieinus- Sei- 
denzucht in andere Hände zu legen. 

12) Ein Schreiben des Hrn. Robert Erdmann zu Arad, 
worin er für die ihm übersandten Sämereien dankt, zugleich 
aber anzeigt, dass die ihm übersandten Vereins- Statuten, 
sowie die Abhandlung des Hrn. Fintelmann über den Ri- 
cinus-Seidenspinner nicht eingegangen seien, Er erbietet 
sich, unserm Vereine zu Acclimatisations-Versuchen geeig- 
nete ungarische Sämereien, namentlich eine sehr empfeh- 
lenswerthe Art von Nudel-Kürbissen zu übersenden. 

Dies Anerbieten wird mit grossem Danke entgegenge- 
nommen, zugleich aber bedauert, den Wunsch des Herrn 
Erdmann um Uebersendung von Samen der einjährigen 
Baumwollenstaude nicht erfüllen zu können, da dieser Same 
hier nirgends zu haben ist. Wir werden indessen etwas da- 
von aus Amerika kommen lassen. 

13) Hr. Ed. Oppenheim in Cöln spricht in einem Schrei- 
ben seinen Dank für die ihm übersandten Sämereien aus. 

14) Der Vorstand des Zweig-Vereins der Pommerschen 
ökonomischen Gesellschaft in Stolp sendet einen Bericht über 
die vorjährigen Culturversuche und bittet um erneute Ueber- 
sendung von keimfähigem Samen der Zizania aquatica. 

Leider kann dieser Wunsch noch nicht befriedigt wer- 
den, da der im vorigen Sommer von unserm Vorstande bei 
Hrn. Consul Kühne in New-York bestellte Samen aus’ uns 
bis jetzt unbekannten Gründen nicht eingetroffen ist. 

15) Ein Schreiben des Hrn. Geheimen Medicinal- Raths 
Dr, Göppert in Breslau, worin er anzeigt, dass die für 
unsern Verein bestimmten Norwegischen Sämereien im April 
vorigen Jahres bereits an Hrn. Dr. Buvry abgesandt wor- 
den seien. 

Es wird ware dem Hrn. Geheimen Rath Göp- 
pert anzuzeigen, dass zu unserm grossen Bedauern diese 
Sämereien nicht in unsere Hände gelangt sind und dass 
Hr. Dr. Buvry nicht mehr Mitglied unseres Acclimatisa- 
tions-Vereins ist. 


29 


16) Der Vorstand des landwirthschaftlichen Vereins für 
das Fürstenthum Halberstadt und die Grafschaft Wernige- 
rode sendet einen Bericht über die Resultate der im vori- 
gen Jahre angestellten Culturversuche, welchem zugleich 
Proben der erzielten Sämereien beigefügt sind. 

Hiernächst theilt Hr. Dr. Poselger mit, dass die dies- 
jährige Vertheilung der Sämereien nun vollständig beendigt 
und diesmal ziemlich reichlich ausgefallen sei, wenn wir 
auch das Nichteingehen mancher Sendungen, namentlich 
aus Nordamerika zu bedauern hatten. Das über die statt- 
gehabte Vertheilung angefertigte und trotz seines grossen 
Umfangs recht übersichtliche Verzeichniss liegt vor und fin- 
det allgemeinen Beifall. 

Für die Bibliothek sind eingegangen: 

Complement du Systeme Mitifiot pour regenerer et con- 
server la race des vers & soie. 
und sehr viele, namentlich französische Samen -Verzeich- 


nisse, 
Schluss der Sitzung 9% Uhr. 


Vorstandssitzung am 4. Juni 1861 
in Arnim’s Hötel. 


Von den, Vorstandsmitgliedern hatten sich eingefunden 
die Herren: Bosselmann, Hartwig, Platho, Intendan- 
tur-Rath Raffauf, Schirrmacher und Dr. Poselger. 

Eingeladen war ausserdem der Hr. Dr. med. Heyer, 
welcher die Versammlung mit seiner Gegenwart beehrte. 
Eröffnung der Sitzung‘ 8 Uhr. 

Nach Verlesung des Protokolls der vorigen Sitzung theilt 
Hr. Dr. Poselger mit, dass ihm bereits am 17. April ein 
Schreiben des Vorsitzenden des Central- Instituts für Aceli- 
matisation, Hrn. Stadtgerichts-Rath Borchardt, zugegan- 
gen sei, mit der Anzeige, dass die Propositionen zur Ver- 
einigung beider hier bestehenden Acclimatisations-Vereine 
in dem Vorstande des Central-Instituts nicht angenommen 


30 


worden seien und dass derselbe bei seinem früheren Vor- 
schlage, die Fusionsangelegenheit in einer von beiden Thei- 
len zu erwählenden Commission zur Berathung zu bringen, 
verblieben sei. 


Unser Vorstand hatte sich bereits in seiner Sitzung vom 
19. Februar zur Ernennung einer solchen Commission unter 
gewissen Bedingungen bereit erklärt, doch waren hierauf 
die Unterhandlungen vom Hrn. Dr. Behrend (Bevollmäch- 
tigten des Oentral-Instituts) abgebrochen worden.*) — Die 
von dem Hrn. Stadtgerichts- Rath Borchardt und dem Re- 
ferenten gemeinschaftlich entworfenen Propositionen liegen 
nochmals dem heute versammelten Vorstande vor. Nach 
reiflicher Prüfung ist derselbe einstimmig der Ansicht, dass 
obwohl das Scheitern der bezüglichen Verhandlungen im In- 
teresse der Sache lebhaft zu bedauern sei, doch von unse- 
rer Seite füglich keine weiteren Schritte geschehen könnten. 


Es sind folgende Schreiben eingegangen: 


1) Von der Haupt-Verwaltung des Vereins Wespreussi- 
scher Landwirthe zu Marienwerder, worin für die übersand- 
ten Sämereien gedankt wird. 


2) Vom Hrn. Lehrer Schojan in Hasenholz wegen sei- 
nes Mitglied -Beitrages pro 1861. 

3) Vom Hrn. Hofgärtner Fintelmann mit der Anzeige, 
dass er hoffe, Mitte Juni Graines von Bombyx-Ricini ab- 
geben zu können. 


4) Vom Hrn. Consul Wortmann in Gibraltar, welcher 
für die übersandte Zeitschrift dankt und mittheilt, dass 
seine Erkundigungen in Betreff des Transports spanischer 
Esel mittelst Dampfboots von Gibraltar nach Rotterdam er- 
geben haben, dass pro Thier 40— 50 Dollars gefordert wür- 
den und dass die erheblichen Kosten für einen Wärter hin- 
zutreten würden. 

Eine Assecuranz der Thiere ferner würde nicht in Spa- 


*) Vgl. 8.24. 


31 


nien, sondern in Deutschland bewirkt werden müssen und 
der Gefahr wegen die Prämie nicht unbedeutend sein. 


5) Vom Hrn. Robert Erdmann in Arad, worin der- 
selbe um weitere Aufklärungen in Bezug auf die Zucht von 
Bombyx -Rieini bittet. — Zugleich sendet er einige Körner 
einer vortrefflichen Gattung Kürbis ein, deren Fleisch durch 
gelindes Kochen in die feinsten Nudeln ohne Ende zerfallen 
‚soll, welche dann mit Sauerteig gesäuert und mit Rahm 
eingebrannt eine köstliche Speise abgeben. 


Diese Körner sind Hrn. Fintelmann übergeben, wel- 
cher sie anzubauen übernommen hat. 


Hr. Dr. Heyer bemerkt hierzu, dass auch gewöhnliche 
Speisekürbis, ähnlich wie Gurken, in saure Gährung ver- 
setzt werden könnten und dann ein Gemüse lieferten, das 
an manchen Orten sehr beliebt sei. 


6) Vom Hrn. Lehrer Wullschlegel in Oftringen, wel- 
cher die erfreuliche Mittheilung macht, dass ihm die Ue-. 
berwinterung der Puppen von Bombyx-Ricini vollständig ge- 
lungen sei. Cocons vom September v. Js. lieferten in der 
ersten Woche des Monats Mai, also nach mehr als Tmonat- 
licher Puppenruhe, schöne kräftige Schmetterlinge, deren 
Eiern die Räupchen bereits am 16. und 17. Mai entschlüpf- 
ten, wobei nur etwa 7 pCt. von den Chrysaliden zu Grunde 
gegangen waren. Er spricht die sehr wahrscheinliche An- 
sicht aus, dass ihm die Ueberwinterung bisher wohl nur 
deshalb unvollständig gelungen sei, weil die Cocons in frü- 
heren Jahren bisweilen zu starker Kälte ausgesetzt gewesen 
sein möchten. 


7) Vom Hrn. Professor Dr. Willkomm in Tharant, mit 
einem Packet spanischer Sämereien, in 12 Getreidearten und 
5 Maissorten bestehend. Es liegen dieselben den Herren Vor- 
standsmitgliedern zur Ansicht vor und finden namentlich die 
grossen schönen Maiskolben allgemeinen Beifall. 

Bei der bereits zu weit vorgerückten Jahreszeit ist nun 
zwar an ein Reifwerden der Maissorten nicht mehr zu den- 


32 


ken und werden die Anbauversuche daher erst im nächsten 
Jahre stattfinden. 

Hrn. Professor Willkomm ist der Dank des Vorstan- 
des für die freundliche Uebersendung bereits ausgesprochen 
worden, 

8) Vom Hrn. Oekonomie-Besitzer Eduard Karl in Jung- 
fern-Brezan bei Prag, worin derselbe um Uebersendung von 
Graines des Bombyx-Ricini und des Ailanthus-Spinners 
bittet. 

Dem Gesuche wird möglichst entsprochen werden. 

9) Vom Hrn, Kunst- und Handelsgärtner Krüger in 
Lübbenau, worin derselbe für die Uebersendung der Säme- 
reien aus Frankreich dankt. 

10) Zwei Schreiben des Hrn. Ernst Kaufmann aus Mar- 
tigny ies Lamarche, mit welchen derselbe ein Manuscript 
für die Zeitschrift und Graines des Ailanthus-Spinners über- 
sendet. Da die letzteren nur in geringer Quantität vorhan- 
den waren, wurden sie sogleich an Hrn. Fintelmann zur 
Vermehrung übergeben und konnten sonach die übrigen un- 
serer Mitglieder, welche dergleichen zu erhalten wünschten, 
einstweilen noch nicht berücksichtigt werden. 

In Folge einer Aufforderung des Hrn. Regierungs-Raths 
von Schreeb ist dem naturwissenschaftlichen Vereine zu 
Halle noch eine Anzahl Sämereien nachgeliefert worden. 

Ebenso hat Hr. Professor Dr. Münter in Greifswald 
Proben von allen noch vorhandenen Sämereien zugesandt 
erhalten. 

Hiernächst wird von Hrn. Dr. Poselger die Angelegen- 
heit in Betreff der Weiterzüchtung des Bombyx-Ricini er- 
neuert zur Sprache gebracht. 

Hr. Hofgärtner Fintelmann hat sich bekanntlich seit 
mehreren Jahren mit unermüdlicher Thätigkeit und Sorgfalt 
der Zucht und Pflege dieses Seidenspinners unterzogen und 
hat namentlich unsern Vorstand alljährlich mit frischen 
Graines versehen, wodurch allein die regelmässige Verthei- 
lung derselben an die Mitglieder ermöglicht wurde. Die 


33 


grossen Verdienste, welche Hr. Fintelmann sich um die 
Zucht und Verbreitung dieses Spinners erworben hat, kön- 
nen nicht hoch genug angeschlagen werden und wurde ihm 
häufig der lebhafteste Dank des Vorstandes ausgesprochen 
für den so bedeutenden Aufwand von Zeit und Mühe, wel- 
che er diesem Gegenstande stets mit grösster Bereitwillig- 
keit, ja mit Opfern aller Art gewidmet hat. Die überhäuf- 
ten Berufsgeschäfte des Hrn. Fintelmann nun einestheils, 
dann aber der Umstand, dass derselbe sich eben jetzt, und 
zwar lediglich wieder aus ganz besonderem Interesse für die 
Sache, auch zur Uebernahme der Zucht des Bombyx - Ai- 
lanthi bereit erklärt hat, mussten es dem Vorstande wün- 
schenswerth erscheinen lassen, dem Hrn. Fintelmann end- 
lich eine Erleichterung zu verschaffen und wo möglich die 
Weiterzüchtung des Ricinus-Spinners einem anderen tüch- 
tigen Züchter anzuvertrauen, 

Der Hr. Hauptmann und Besitzer des Alexandrinenbades 
Voight in Freienwalde, welcher im vorigen Jahre schon 
das grösste Interesse für diese Zucht an den Tag gelegt 
hat, hat sich auf den Wunsch des Vorstandes nun auch 
bereit erklärt, sich versuchsweise der Weiterzüchtung des 
in Rede stehenden Spinners zu unterziehen und die Sorge 
für den Verein zu übernehmen. Derselbe ist mit frischen 
Graines bereits versehen und ist daher zu hoffen, dass ein 
Stillstand der Zucht dieses Spinners nicht eintreten wird. 

Hr. Dr. Poselger macht sodann die Mittheilung, dass 
am 27. v. Mts. sich der Hr. Regierunge-Rath von Schreeb 
ihm vorgestellt habe. Derselbe ist Mitglied des naturwis- 
senschaftlichen Vereins zu Halle und interessirt sich sehr 
lebhaft für die Verbesserung unserer Ziegen- und Eselzucht. 
Er hat den Wunsch ausgesprochen, dass unser Verein sich 
die Einführung guter Landziegen zur Aufgabe machen möge, 
indem diese bei richtiger Pflege und Behandlung den ärme- 
ren Landleuten eine vorzügliche Einnahmequelle gewähren 
würden. Er empfiehlt zu diesem Zweck: die Ziegen aus 


Montd’or in der Nähe von Clermont und La Tour d’Auvergne 
1861. BA. IV, 3 


34 


zu beziehen, welche, wie er versichert, einen jährlichen 
Ertrag von 150 Francs geben. | 

Hr. Regierungs-Rath von Schreeb ist ersucht worden, 
zunächst seine Erfahrungen über die Ziegenzucht in einem 
ausführlichen Aufsatz für unsere Zeitschrift niederzulegen, 
damit der Vorstand sich zuvörderst ein Urtheil über die- 
sen Gegenstand bilden könne, ehe er weitere Einleitun- 
gen treffe. ! 

Nach dieser Mittheilung treten die Herren Vorstands- 
mitglieder zusammen, um über den beabsichtigten Eintritt 
des Hrn. Dr. Heyer in den Vorstand abzustimmen. Das 
Resultat dieser Abstimmung ist die einstimmige Wahl 
des Hrn. Dr. Heyer, welcher sich auch zur Annahme der- 
selben gern bereit erklärt. 

Schluss der Sitzung 9% Uhr. 


Berichte über die Versuche mit den im Jahre 1859 
und 1860 vertheilten Sämereien. 


Wiederholten Aufforderungen ungeachtet, sind von vielen 
unserer geehrten Mitglieder, an welche wir Sämereien zur 
Anstellung von Culturversuchen übersandten, keine Berichte 
über die erzielten Resultate eingegangen. Es ist dies sehr 
zu bedauern, indem nur durch die Vergleichung möglichst 
. vielfacher, in den verschiedensten Gegenden angestellter Ver- 
suche sich ein richtiges Urtheil über den Werth oder Un- 
werth der verschiedenen Gewächse bilden lässt. 

Indem wir unsere geehrten Mitglieder, welchen wir in 
diesem Frühjahr (1861) abermals Sämereien zugehen liessen, 
dringend ersuchen, uns recht sorgfältigen und ausführlichen 
Bericht über die Resultate der damit angestellten Cultur- 
versuche im Herbste zukommen zu lassen , lassen wir hier 
noch drei Berichte folgen, welche früher vertheilte Säme- 
reien behandeln. | 


35 


T 
Nickern, den 28. Januar 1861. 


Von den im Frühjahr 1859 erhaltenen Sämereien säete ich: 

Amygdalulus pedunculata am 23. März in das Mist- 
beet und etwa acht Tage später auch in das freie Land. Zur 
Hälfte feilte ich den Samen an. An beiden Stellen gingen 
die Samen, an ersterer reichlich 2, im Lande reichlich die 
Hälfte davon auf, die Pflänzchen im Lande aber vergingen 
nach einigen Wochen wieder, wahrscheinlich weil der Bo- 
den etwas kalt und feucht war. Ein früheres Keimen der 
angefeilten Samen vor den unangefeilten hat nicht stattge- 
funden. Die weiter gewachsenen Mandelchen pflanzte ich 
später in Töpfe, in welchen sie noch stehen, und durch- 
winterte sie beide Winter im Orangeriehause. Sie zeigen, 
bis auf eine oder zwei Pflanzen, eine gesunde, doch lang- 
same und schwache Vegetation.- Ich denke daher einen Theil 
derselben im Frühjahr an einer warmen Stelle ins Land zu 
bringen und dort zu belassen, vielleicht entwickeln sie sich 
dann kräftiger. 


Morus alba säete ich zu derselben Zeit in das Früh- 
beet und an einer warmen Stelle in das Land, doch ist an 
beiden Orten keine einzige Pflanze aufgegangen. Ich schob 
dies Anfangs auf den Samen, doch seit ich das günstige 
Resultat des Hrn. Diaconus Stade erfahren, vermuthe ich, 
dass der Samen wärmere Behandlung verlangt hätte. 


Ricinus communis major und minor säete ich beide 
Frühjahre theils ins Mistbeet, theils in das freie Land, so- 
wohl mit angefeiltem als mit unverletztem Samen. In allen 
Fällen keimten und gediehen die Pflanzen vortreffllich, und 
bemerkte ich auch beim Ricinus keinen Unterschied zwi- 
schen der Zeit des Keimens der angefeilten wie der anderen 
Samen. Verwendung als Futter für Bombyx-Cynthia oder 
Ricini haben übrigens die Blätter nicht gefunden, da mir 
die Cultur dieser beiden Raupen hier nicht bekannt ist, ob- 


wohl Bombyx-Mori in hiesiger Gegend mehrfach gehalten 
3* 


36 


wird. Im vorigen Jahre ist der Samen des Ricinus nicht 
zur Reife gelangt, der nassen und kalten Witterung wegen, 
welche die Blüthenstengel stets sehr bald nach dem Blühen 
abfaulen liess; für meinen Bedarf, der nur der Zierpflanze, 
resp. Samenerzeugung gilt, bin ich jedoch gedeckt und kann 
sogar noch ein wenig Samen abgeben. 

Crataegus sanguinea, ebenfalls den 23. März 1859 
ins Frühbeet und 8—14 Tage später ins Land gesäet, ist 
zu meinem Bedauern an keiner Stelle aufgegangen, auch 
nicht im Frühjahr 1860, bis wohin ich, da ich so gern 
Pflanzen davon gehabt hätte, die Aussaat nicht aus den 
Augen und aus der Pflege verlor. Ganz ebenso war es mit 
Prunus sibirica, mit der alleinigen Ausnahme, dass die- 
ser nur ins Land gesäet worden ist. Hierbei möchte ich 
mir die Bemerkung erlauben, dass es für das Keimen vie- 
ler Samen gewiss sehr förderlich sein würde, wenn diesel- 
ben bald möglichst nach ihrer Reife gesäet werden könnten, 
also, wenn thunlich, schon im Herbst vertheilt würden. 

Eriosynaphe longifolia und Pyrethrum carneum, 
beide am 23. März 1859 ins Mistbeet gesäet, sind nicht auf- 
gegangen; da letzteres jedoch von Stendal aus als aufgegan- 
gen gemeldet worden, so ist es vielleicht von mir nicht 
warm genug behandelt worden. 

Cicer arietinum ist sowohl im Blumentopf ins Mist- 
beet gestellt, am 23. März 1859, als in der zweiten April- 
woche ins freie Land gebracht, ziemlich zut aufgegangen; 
die Pflanzen in den Töpfen wurden später auch zu den an- 
deren gebracht. Beide Sorten besteckten sich sehr, blühten 
mässig und setzten Samen an, dessen Menge jedoch durch 
einige Regentage im September kurz vor seiner Reife sehr 
beeinträchtigt wurde, dass der meiste durch Verstocken um- 
kam und nur wenige Körner für die Aussaat von 1860 blie- 
ben. Diese entwickelten ebenfalls zweigreiche Pflanzen, die 
jedoch unter dem Einfluss des so ungünstigen Sommers keine 
reife Samen brachten. | 

Lilium tenuifolium wurde am 23. März 1859 in das 


37 


freie Mistbeet und in den Topf, den ich in das Mistbeet 
stellte, gesäet; an beiden Orten ging er ziemlich gut auf. 
Im September wurden beide Sorten Pflänzchen einzeln in 
kleine Töpfe versetzt und im Orangeriehause durchwintert, 
den vorigen Sommer wieder mit den Töpfen ins Freie ge- 
bracht und auch in diesem Winter im Hause durchwintert, 
im künftigen Winter jedoch denke ich mit einigen dieser 
Pflanzen den Versuch der Durchwinterung im Freien zu ma- 
chen. Bis jetzt haben sie in der Vegatationsperiode nicht 
mehr als 2—3 Blättchen gezeigt. 

Larix dahurica säete ich in einen Topf, den ich in 
das warme Mistbeet stellte, am 23. März 1859, und in das 
freie Land ein paar Wochen später; an beiden Orten ging 
der Samen im Topf geringer, im Lande recht gut auf. Den 
Topf durchwinterte ich im Orangeriehause, die im Freien 
stehende Saat schützte ich durch eine leichte Bedeckung von 
Tannadelstreu. Im Frühjahr versetzte ich die Bäumchen in 
den Forstgarten, wo sie, ohne weitern Schutz, ein gesun- 
des, kräftiges Aussehn und durchschnittlich 2% Zoll Höhe ha- 
ben. Die Nadeln haben sie im Winter nicht abgeworfen. 

Taback von Havanna, Schiras, Ohio u. Goundi 
wurden, bald möglichst nach Empfang der Samen, in das 
Mistbeet gesäet, später verpflanzt ete. etc, Sie lieferten 
sehr schöne Blätter, doch kam der gewonnene Taback nicht 
eigentlich in den Handel. 

Die Samensendung von 1860 jedoch, Maryland und 
Goundy enthaltend, langte etwas später an, und schreibe 
ich es nur diesem Grunde zu, dass die Pflanzen klein und 
schwächlich blieben. Ueberhaupt ist der Tabacksbau für 
die Verhältnisse der hiesigen Gegend im Allgemeinen, wie 
der hiesigen Wirthschaft im Besonderen nicht geeignet, in- 
dem er zu viel Arbeitskraft und zu viel Dung consumirt. 

Kerbelrübe und Cherophyllum Prescotti kamen, 
erstere nur in 2—3 Pflanzen, und letztere gar nicht zum 
Keimen, bei der Aussaat im März gleich nach ihrer An- 
kunft; doch baue ich mit vielem Erfolg, schon hinsichts des 


38 


Wohlgeschmacks, die Kerbelrübe aus in vorhergehenden Jah- 
ren vom Verein erhaltenen Samen, den ich seiner Zeit am 
8. Dezember säete. 

Weberkarde bauete ich in grösserer Menge, indem 
ich sie theils ins Frühbeet, theils in das Land säete. Zur 
Verfütterung für die Seidenraupen gelangte sie nicht, und 
konnte ich daher nur einen Theil derselben zur rechten Zeit, 
d.h. im August und September verpflanzen, da ich nicht 
mehr Land disponibel hatte. Von diesen entwickelten zwar 
die meisten ihre Blüthenköpfe, doch blieben einige zurück. 
Frühjahr 1860, sobald das Land offen war, verpflanzte ich 
nun den grössten Theil der stehen gebliebenen Karden, in- 
dem ich zugleich auf der Aussaatstelle einzelne Pflanzen in 
der Entfernung, die dieselben beim Auspflanzen erhalten, 
zurückliess. Letztere blieben fast unverändert auf derselben 
Vegetationsstufe stehen, haben aber, wie auch alle ande- 
ren, gut durchwintert. Von den im Frühjahr verpflanzten 
haben nur wenige Fruchtstengel getrieben und Köpfe ge- 
bracht, und denke ich, dass diese nun in diesem Sommer 
zeitigen werden; die noch auf der ersten Stelle stehenden 
werde ich ebenfalls baldigst versetzen, ob sie aber in die- 
sem Sommer noch Frucht bringen werden, oder ob sie etwa 
ihre, ursprünglich zweijährige Lebensdauer gar in eine vier- 
jährige verwandeln, wie die andern es in eine dreijährige 
gethan haben, ist mir fraglich. 

Grüne Sarepta-Melone hat bei gewöhnlicher Mist- 
beet - Melonen - Behandlung im Sommer 1859 gute wohl- 
schmeckende Früchte geliefert; im Sommer 1860 aber hat die 
unpassende Witterung die Reife aller angesetzten Früchte 
verhindert, während es mir gelang, von der gelben Sa- 
repta-Melone einige zur Reife zu bringen. 

Taxus baccata wurde am 23. März 1859 ins kalte 
Mistbeet gesäet, es gingen nur 3 Pflanzen davon auf; die 
eine, mit krüppelhaften Samenblättern,, brachte diese nicht 
weiter zur Ausbildung, sondern ging nach einigen Tagen, 
die andern beiden nach einigen Wochen ein. 


39 


Ulmus (sp. indefinita), an demselben Tage in das- 
selbe Beet gesäet, gingen 5 Pflanzen davon auf, welche ich 
später in Töpfe nahm und im Örangeriehause verwinterte. 
Im Frühjahr 1860 topfte ich sie im Forstgarten aus; dort 
gediehen sie sehr gut, blieben ohne allen Winterschutz und 
haben jetzt durchschnittlich eine Höhe von 2%—3 Fuss. 
Leider jedoch sind vor einiger Zeit vier dieser Ulmen von 
Hasen angefressen worden, die einzigen Pflanzen im gan- 
zen Garten, wo sie mit vielen Tausenden anderer Wald- 
bäume, als: Ulmen, Rüstern, Roth- und Weissbuchen, meh- 
rerer Sorten Eichen, ebenso Erlen, Pinus, Ahorne, Eschen, 
auch Crataegus und Rosen stehen. 

Blumenkohlsamen ist mir leider und unbegreiflicher 
Weise abhanden gekommen. 

Schwert-Buch-Bohne, den 3. Mai 1859 ins Land 
gebracht, zeigte sich in Ergiebigkeit sehr gut, ebenso in 
Geschmack; der Sommer 1860 sagte ihr jedoch, wie den 
meisten Bohnen, nicht zu, weshalb sie im Ertrag im vori- 
gen Jahre sehr zurückging, doch bin ich nicht von Art ge- 
kommen. 

Busch-Brech-Bohne, um dieselbe Zeit gelegt, war 
auch ihre Ergiebigkeit gut; durch eine Krankheit in der 
Zeit der Samenernte sind mir leider die reifen Bohnen un- 
ter andere gemischt worden, und habe ich sie auch 1860, 
ebenfalls durch Krankheit indirect verhindert, nicht wieder 
herausfinden können. 

Buchsbaum - Zuckererbse hat sich vortrefflich be- 
währt, sowohl in Ertrag als Geschmack, und baute ich sie 
auch 1860 mit Freuden, 

Auch die niedrige Pahl-Erbse hat sich gut im Zutra- 
gen und Gedeihen bewährt; Hinsichts des Samengewinnes 
ist es mir zu meinem grössten Bedauern leider wie mit der 
Busch-Brech-Bohne gegangen. 

Dasselbe gilt leider auch von der grünen Schlangen- 
Gurke, deren Ertrag und Geschmack ebenfalls nur rüh- 
menswerth wären. 


40 

Die grosse grünköpfige Futtermöhre, allerdings 
auf zwei verschiedene, sehr ausgeruhte, aber sandige Stel- 
len gebracht, sind nicht zu hervorstehender Grösse gelangt, 
und aus vorgenannten Ursachen der Same leider verloren 
gegangen. Auf einem Stück guten Bodens wurden sie aller- 
dings grösser, doch erreichten sie immer die „Riesenmohr- 
rübe“ nicht an Grösse nnd Ertrag. 

Von den Frühjahr 1860 erhaltenen Sämereien säete ich: 

Ailanthus glandulosa sowohl ins temperirte Mist- 
beet, als auch ins freie Land am 18. April 1860; an bei- 
den Orten ging fast jedes Korn auf, doch standen die ins 
Land in ziemlich trockenen, sandigen, aber in hoher Cultur 
stehenden Boden gebrachten Pflanzen etwas weniger kräftig, 
als die aus dem Mistbeet an eben solche Stelle gepflanzten. 
Zum Winter habe ich die Pflanzen an beiden Stellen be- 
deckt und nur einige Exemplare frei stehen lassen. Die 
Höhe der Sämlinge ist jetzt 14— 2 Fuss, von den im Früh- 
beet gezogenen erreichen einige auch wohl 2% Fuss, doch 
sind leider bei allen bedeckt und unbedeckt gewesenen die 
Spitzen (sie sind bis jetzt ganz zweiglos) abgestorben. 

Sorghum saccharatum und Imphy gediehen beide, 
jedes auf drei verschiedene Orte gebracht, vortrefflich. Die 
ins kalte Frühbeet gesäeten und ausgepflanzten Exemplare 
wurden bald von den im Freien ausgesäeten eingeholt. 8. 
sacchar. erreichte eine Höhe von 8 Fuss 9 Zoll bis 9 Fuss, 
blühte sehr reichlich, aber ungeachtet aller Mühe, die ich 
anwendete, z. B. auch durch geschützten Standort, gelang 
es mir doch nicht, den Samen vollständig ausgebildet zu 
erhalten; er blieb weich, und das künstliche Trocknen des- 
selben durch Ofenwärme liess ich unversucht. 8. Imphy 
erreichte, bei breiteren Blättern als S. sacch., eine Höhe 
von 4—Fuss, zeigte aber keine Blüthen. Beide Arten liess 
ich stehen, bis der Frost sie. zerstörte, d. h. in einzelnen 
Exemplaren. Gesäet waren sie den 18. April 1860. 

Erbse des Ueberflusses hat sich vortrefflich bewährt. 

Grüne niedrige Pahlerbse aus Canada nicht in 


41 


=> 


dem Maasse; leider ist: mir der Samen während meiner, 
durch meine. Krankheit hervorgerufenen Abwesenheit ver- 
mischt worden, was ich wegen der erstgenannten Sorte ganz 
besonders bedauere. 

Oelbohne aus China, am 18. April 1860 ins Früh- 
beet gesäet, ging gut auf, und verpflanzte ich sie später 
an einer geschützten Stelle ins freie Land; sie blühte dort 
ziemlich reichlich und setzte Schoten an, die jedoch nur 
eine Länge von circa 1%—2 Zoll erreichten und 2 Bohnen 
enthielten. Der Samen, den ich davon genommen, wird, 
glaube ich, keimfähig sein. Wenn auch ein anderes Jahr, 
als das vorige den Bohnen notorisch ungünstige, den Ertrag 
derselben erhöhen würde, so dürfte doch die Kleinheit der 
Schoten, welche mir überdies in keiner Wachsthumsperiode 
zart erschienen, immer ein Uebelstand für ihre Cultur sein. 

Chinesischer Riesenhanf, an demselben Tage ge- 
säet, erreichte eine Höhe von reichlich 7 Fuss und brachte 
reichlich Frucht, so dass die Cultur desselben nur Freude 
gewährte. 

Cottagers Kale, im Mistbeet ausgesäet, gedieh sehr 
gut; Samen hoffe ich in diesem Jahre zu gewinnen. 

Chinesische Gurke säete ich. den 18. April 1860 in 
das Frühbeet und später ins freie Land. An letzterem Orte 
gedieh sie, in Berücksichtigung der Witterung, gut, doch 
verfaulten alle Samenfrüchte. Von ersteren versetzte ich 
einige in Töpfe, wo sie jedoch bald so gänzlich in ihrer 
Entwickelung stehen blieben, dass ich sie ins Land aus- 
topfte; doch auch hier vegetirten sie nur kümmerlich. An- 
dere brachte ich auf ein abgetriebenes Mistbeet, wo sie sich 
ziemlich entwickelten; am besten, und zwar recht gut, ge- 
diehen diejenigen, die ich gleich ins freie Land pflanzte: 
Von diesen gelang es mir auch, eine Samenfrucht so lange 
zu erhalten, dass ich hoffe, der Samen wird durch Nach- 
trocknen mit Hülfe der Sonne seine Keimfähigkeit erlangt 
haben. hi 

Spergula maxima, am 18. April 1860 ins Land ge- 


42 


bracht, ging nicht gut auf, und war der Ertrag daher so 
gering, dass kein Samen davon gewonnen ist, während doch 
schon seit einer Reihe von Jahren diese Pflanze hier mit 
vieler Vorliebe cultivirt wurde. 

Spelt und florentinischer Sommerweizen aus 
Norwegen wurden an demselben Tage gesäet, und ob- 
gleich sie aus Mangel an anderem disponiblen Lande in Bo- 
den ohne alle Bindung, dem nur durch Feststampfen etwas 
zu Hülfe gekommen war, hatten gebracht werden müssen, 
so gediehen doch beide sehr gut, und denke ich beide Cul- 
turen fortzusetzen. — 

| (gez.) E. Schulz. 


2. | 
Halberstadt,.den 1. April 1861. 


Der Vorstand des landwirthschaftlichen Vereins für das 
Fürstenthum Halberstadt und die Grafschaft Wernigerode 
übersendet folgenden Bericht: 

Von den mir gütigst übersandten Sämereien des verehr- 
lichen Acclimatisations-Vereins wurden hier im Garten ge- 
baut und mit Fleiss und Sorgfalt gezogen: 

1) Stangenbohnen aus Carracas, gelbe, weisse und 
schwarze unter einander. Alle drei Sorten sind als Stan- 
genbohnen vorzüglich zu empfehlen. Ihre Eigenschaften sind 
bei den drei Sorten dieselbe. Die Schoten derselben errei- 
chen eine Länge von 7—8 und 9 Zoll, sind sehr fleischig 
und volltragend, der bekannten Riesenzuckerstangen-Bohne 
sehr ähnlich. Es wurden von dieser Bohnen-Sorte am 21. 
Mai 30 Stück grüne Bohnen vom Mistbeete ausgepflanzt und 
gaben an trockenen Bohnen einen Ertrag von 2300 Stück. 
Eine Probe des gewonnenen Samens erfolgt anbei unter 
Nr. 1. 

2) Gelbe Stangenbohne vom Bodensee ist zum Es- 
sen der grünen Schoten nicht so empfehlenswerth wie die 
vorige aus Carracas. Die Schoten wurden nur 5 Zoll lang, 
waren zähe und nicht so fleischig. Es wurden davon am 


43 
21. Mai 16 Stück grüne vom Mistbeete ausgepflanzt und ga- 
ben an trockenen Bohnen nur einen Ertrag von 1100 Stück. 

3) Nachträglich wurden uns vom verehrlichen Acclima- 
tisations-Vereine verschiedene schwedische buntfarbige Boh- 
nen ohne Namen gesandt, worunter einige Stangenbohnen, 
die aber nicht reif wurden, die übrigen waren Kreuz- oder 
Buschbohnen, diese hatten nur kurze unansehnliche Schoten 
und Bohnen und gaben wenig Ertrag. 

4) Mumien-Erbse. Dieselbe ist sehr empfehlenswerth. 
Es wurden zum Versuche 53 Stück am 17. April in unge- 
düngten Boden gelegt. Sie wurden in diesem Jahre 2 Fuss 
hoch, trugen sehr voll und hatten ansehnliche Schoten. 

Obige 53 Stück gaben 1550 Stück trockene Erbsen und 
dürften sie besonders für den Landwirth, im Felde zu bauen, 
zu empfehlen sein; eine Probe der geernteten Erbsen erfolgt 
anbei unter Nr. 2, 

5) Grüne Pahl-Erbse aus Canada ist ebenfalls eine 
gute Erbse. Die Schoten blieben länger grün als bei der 
Mumien-Erbse, sie ist daher mehr zum Kochen als grüne 
Frucht zu gebrauchen und nicht zum Trocknen zu empfeh- 
len. Dieselbe giebt auch keinen so hohen Ertrag als die 
Mumien-Erbse; von 80 Stück, in gleichem Boden wie die 
erste gepflanzt, wurden nur 1246 Erbsen geerntet. 

6) Hymalay-Riesen-Erbse ist in ihrer Eigenschaft 
als Garten-Erbse zum Grünkoehen am meisten zu empfeh- 
len, die Schoten widerstehen am längsten der Sonne und 
lassen sich die grünen Erbsen noch weich kochen, wenn sie 
auch schon ganz dick sind. Die Ranken wurden 10 Fuss 
hoch. Von 80 Erbsen, welche ausgelegt, wurden 1200 Stück 
trockene Erbsen geerntet; eine Probe davon erfolgt anbei 
unter Nr. 3. 

7) Bukowina-Mais wurde in diesem Jahre hier nicht 
reif, die Stauden erlangten eine Höhe von 3% Fuss. 

8) Sorghum saccharatum wurde bis 7 Fuss hoch, 
doch der Same kam nicht zur Reife. 

9) Ailanthus glandulosa, hiervon wurden am 17. 


4 


April 362 Körner in Reihen ausgelegt. Einige Körner ka- 
men auf eine schattige Stelle im Garten, die übrigen beka- 
men einen Platz, wo sie den ganzen Sommer von der Sonne 
beschienen werden konnten. Doch wurden die Rillen, in 
die der Samen gelegt war, bis zum Erscheinen der jungen 
Pflanzen mit Brettern bedekt und die jungen Pflanzen nur 
nach und nach an das Licht gewöhnt. Im Herbste waren 
letztere viel kräftiger, als die im Schatten gepflanzten, und 
erhielten wir von. 362 Samenkörnern 350 Pflanzen in der 
Höhe von 7—8 Zoll. | 

10) Dioscorea japonica wurde in tiefgründigen Bo- 
den gepflanzt; ihre Ranken wurden bis 24 Fuss lang, doch 
hat sich die Knolle nicht sehr vermehrt, dieselbe soll im 
nächsten Jahre, in Stücke zerschnitten, wieder gepflanzt 
werden; die Blüthe ist ganz unscheinbar. | 

1l) Cicer arietinum. Sämmtliche Pflanzen waren 
aufgegangen, wurden 2% Fuss hoch, blühten sehr voll und 
setzten sehr reichlich Schoten an, aber alle Körner in den 
Schoten wurden stockig und ist davon fast kein Samen wie- 
der gewonnen. 

12) Morus alba wurde Mitte Mai ausgesäet und zwar 
ein Theil in das freie Land in gut gelockertem Boden, ein 
anderer Theil auf einen kalten Mistbeetkasten. Beide gin- 
gen gut auf, aber die in den Mitbeetkasten gesäeten Pflan- 
zen bekamen einen weit grösseren Vorzug im Wachsthum, 
wurden viel reicher an Wurzeln und noch circa 9 Zoll hoch, 
während die in das freie Land gesäeten Pflanzen nur 3 Zoll 
hoch wurden und wenig Wurzeln hatten. 

13) Amerikanischer weissblühender Lein wurde 
Mitte Mai ausgesäet und bis 2% Fuss hoch, der Samen wurde 
reif, und erfolgt davon unter Nr. 4 eine Probe. 

14) Chinesischer Riesenhanf wurde 7 Fuss hoch, 
lieferte in diesem Jahre jedoch keinen reifen Samen. 

15) Radies von Madras wurde, da nur wenige Kör- 
ner vorhanden waren, Mitte Mai grün vom Mistbeete ausge- 
pflanzt. Die Stengel wurden bis 3% Fuss hoch, die Wurzel- 


45 


blätter 9 Zoll bis 1 Fuss lang, die Wurzel erreichte 6 Zoll 
Länge bei einem geringen Durchmesser, allein die Samen- 
schoten wurden bis 4 Zoll lang; eine Probe des Samens er- 
folgt anbei unter Nr. 5. 

16) Zizania aquatica kam nicht zum Keimen, ob- 
gleich es auf alle mögliche Weise versucht war, theils in 
Dünger, theils in stehendem, theils in fliessendem Wasser. 
Die meisten Körner waren taub und das Mehl darin sah 
grau aus. 

17) Dipsacus fullonum. Die durchgewinterten sehr 
starken kräftigen Pflanzen wurden sämmtlich von Mäusen 
vernichtet, so dass sich über den Ertrag nichts sagen lässt. 
Indessen wächst hier eine mit gutem Gehäck für den Weber 
versehene Karde. 

Mahndorf, den 12. Februar 1861. 

(gez.) Herrmann Löbbecke. 


3. 


Warbelow bei Stolp, den 19. März 1861. 

Die im Jahre 1860 an den Zweigverein für Stolp ge- 
sandten Sämereien hatten bei der kalten und nassen Witte- 
rung mit mancherlei Ungemach zu kämpfen und sind die 
Resultate durchaus ungünstiger als in gewöhnlichen Jahren. 

Ailanthus glandulosa lässt sich durch Aussaat, aber 
noch schneller durch Wurzelausläufer älterer Bäume, wo diese 
bereits vorhanden, leicht vermehren und ist eine harte, un- 
sere strengsten Winter ohne alle Bedeckung vertragende 
Pflanze. 

Bukowina-Mais ist bei der Kälte und Nässe nicht 
gediehen. 

Sorghum saccharatum und glyeychylum gedieh 
nur in sehr geschützten Lagen auf gutem Gartenboden. Ue- 
berhaupt hat diese Pflanze, wie der Mais, an der so leicht 
zu eultivirenden und so geringe Ansprüche machenden Ser- 
radella grosse Concurrenz. 

Erbsen erlangten nur eine sehr dürftige Reife. 


46 


Bohnen erlangten nicht die Reife. 

Riesenhanf gedieh auch in diesem Jahre und erreichte 
eine ausgezeichnete Grösse, so-dass er nebst im Garten: ge- 
zogenem Sorghum saccharatum und Riecinus auf der: Aus- 
stellung in Cöslin ehrende Anerkennung. fand. 

Ricinus. Hiervon gilt, was vom Hanf. gesagt worden. 

Radies von Madras. Die wenigen erhaltenen Samen- 
körner wurden zur Beziehung neuen Samens verwendet und 
ist dies, wenn auch nur in geringem Maasse, gelungen. 

Cicer arietinum gedieh üppig, machte jedoch gar 
keinen Körneransatz. 

Sommerweizen gab einen ziemlich lohnenden Ertrag. 

Tabacke. So glänzend die Resultate der im Jahre 1859 
cultivirten Tabackssorten waren, so gering sind sie im Jahre 
1860 ausgefallen. 

Zizania aquatica. Der Same war, wie bekannt, nicht 
keimfähig. Da jedoch die Gelegenheit zur Cultur hier sehr 
günstig, würde eine Zusendung von gutem keimfähigen Sa- 
men sehr erwünscht sein. | 


Der Vorstand des Zweigvereins der pommerschen ökono- 
mischen Gesellschaft für Stolp ete. 
(gez.) von Homeyer. 


Verzeichniss der im Frühjahre 1861 zur Vertheilung 
gekommenen Sämereien.”) 


1) Mais & poulet rouge; 2) Mais praecox d’Auxonne; 3) 
Terzano-Mais; 4) Forty days-Mais; 5) gelber Kärnthener 
Mais. — Sämmtliche Sorten sind frühreifend und gedeihen 
am besten auf gut gedüngtem, tief bearbeiteten Boden. — 
6) Nackte 6zeilige Gerste (Christiania); 7) nackte 2zeilige 


*) Die beigefügten Culturmethoden hat Herr Kunstgärtner Gireaud 
die Güte gehabt anzugeben. 


47 


Gerste (desgl.); 8) Schottische Annat-Gerste; 9) Reis-Gerste 
(Christiania); 10) Gerste von Alten in Finnmarken (desgl.); 
11) Kamtschatka-Hafer (desgl.); 12) rother Sommer-Emmer 
(desgl.); 13) broneirte Hirse (desgl.); 14) rothe Hirse (desgl.); 
15) braune Hirse (desgl.); 16) gelbe Hirse (desgl.); 17) graue 
Hirse (desgl.); 18) weisse Hirse (desgl.); 19) weisser Mohn 
(desgl.); 20) Erbse aus China; 21) Pahlerbse, Becks price 
Taker; 22) Englische Mammuth-Pahlerbse; 23) Kneifel- 
Erbse, Dunnelts first early; 24) Erbse des Ueberflusses; 
25) Pois en ombrelle (Christiania); 26) Pahlerbse von Wash- 
ington; 27) grünkörnige Brockelerbse; 28) Early Rachel or 
Quail head bean (Christiania); 29) Early yellow six weeks 
bean (desgl.); 30) Phaseolus oblongus vinosus, Weinbohne 
(desgl.); 31) Phaseolus oblongus turcicus, Türkische Dat- 
telbohne (desgl.); 32) Phaseolus oblongus spadiceus, braune 
Dattelbohne (desgl.); 33) Phaseolus sphaericus pumilus nie- 
dere Sophien-Bohne (desgl.); 34) Phaseolus ellipticus car- 
neus, inkarnatfarbige Eierbohne (desgl.); 35) Harricot vul- 
gaire graine fasci& nain (desgl.); 36) Harricot renfle blanc 
nain (desgl.); 37) Ostfriesländische Buschbohne; 38) Stan- 
genbohne aus Algier; 39) grosse Heller-Linse. — Alle diese 
Erbsen- und Bohnen-Sorten beanspruchen guten, wo mög- 
lich etwas lehmigen Boden. — 

40) Neue amerikanische Melone. Von dieser Melone wird 
behauptet, dass sie in unserm Klima im August im Freien 
zur Reife gelangen solle. 

41) Grüne chinesische Gurke ist wie gewöhnliche Gurken 
im Garten zu bauen. 

42) Maryland-, 43) Dntten-, 44) Goundi-, 45) Schiras-, 
46) Ohio-, 47) La Guayra-, 48) Libanon-Tabacke. Die 
Tabackssorten sind auf Samenbeete auszusäen und auf gut 
gedüngtes Land in 1% Fuss Entfernung zu verpflanzen, 

49) Anthyllis vulneraria, Tannenklee oder Sandklee, 
dient als Viehfutter und gedeiht selbst auf sehr leichtem 
sandigen Boden. Vor der Blüthe geschnitten, liefert er einen 
zweiten Schnitt. 


48 


50) Pyrethrum carneum. Eine ausdauernde Pflanze, wel- 
che das Persische Insektenpulver liefert. Man säet es son- 
nig und feucht auf Samenbeete aus und verpflanzt es später 
in stark gemischten Gartenboden, an nicht zu sonnigen Or- 
ten, in Entfernungen von 1 Fuss aus: 

51) Radies von Madras ist zu beliebigen verschiedenen 
Zeiten in guten Gartenboden oder auf Salatbeete, in Ent- 
fernungen von mindestens 2 Fuss, zu säen oder zu verpflan- 
zen. Die Pflanzen werden circa 3 Fuss hoch und müssen 
zeitig gegen die Vögel geschützt werden. Die Samenscho- 
ten erreichen eine bedeutende Länge und schmecken, recht 
jung, ähnlich wie Radieschen. On: 

52) Dipsacus fullonum. Eine zweijährige: Pflanze , wel- 
che Mitte April auf Samenbeete auszusäen und im Juli oder 
August-auf nicht frisch gedüngten Boden in 2 Fuss Entfer- 
nung zu verpflanzen ist. Sie liefert Weberkarden. 

53) Ricinus communis minor ist in warmes oder kaltes 
Mistbeet auszusäen und später in Entfernungen von 2 Fuss 
auszupflanzen. - Nahrhafter Boden, sonniger Standort und 
viel Wasser sind nöthig zum fröhlichen Gedeihen. 

54) Ailanthus glandulosa ist in feucht zu haltende schat- 
tige Samenbeete auszusäen und die Pflänzchen später in ge- 
schützter Lage auszupflanzen und nicht zu trocken zu 'hal- 
ten. Er kann auch in warmer Lage auf lehmhaltigen Bo- 
den, möglichst schon im Herbst, ausgesäet werden. Die 
Samen gehen aber dann theilweise erst im zweiten Jahre 
auf. Dieser prächtige Baum verdiente wegen seines schnel- 
len Wachsthums und seiner grossen Schönheit häufiger an- 
gepflanzt zu werden. Sein Laub dient, wie das von Nr. 52 
und Nr. 53, zur Fütterung der Seidenraupe Bombyx-Rieini. 

55) Morus alba säet man erst im Mai, da die jungen 
Pflanzen sehr empfindlich gegen Kälte sind, und ist recht 
weitläuftige Saat zu empfehlen. Verpflanzt gedeiht der Maul- 
beerbaum in jedem Boden; am schönsten werden die im 
Halbschatten gezogenen, dann taugt aber ihr Laub nicht 
zur Seidenzucht. 


49 


56) Taxodium distichum wächst nur an feuchten Stellen 
freudig, da wo Elsen gern wachsen. Die Samen säet man 
Ende April auf sehr feuchten Boden flach oben auf und be- 
deckt ihn mit Kieferreisern gegen die Sonne. Noch besser 
ist es, die Saat möglichstifrüh im Jahre in Schalen zu ma- 
chen, welche Untersätze bekommen, um sie stets nass er- 
halten zu können. Die jungen Pflanzen wachsen schneller 
heran, wenn man sie recht zeitig verpflanzt. Dieser Baum 
liefert sehr gutes Nutz- und Bauholz. 

57) Fagus sylvatica purpurea, Blutbuche, Zierbaum. 
Man säet in schattigen Lagen auf guten kräftigen Boden. 
Unter den erzielten Sämlingen befinden sich stets nur we- 
nige Blutbuchen, die meisten sind wieder die gewöhnliche 
Fagus sylvatica. 

58) Quercus coceinea; 59) Quercus macrocarpa; 60) Quer- 
cus rubra. — Diese Eichenarten, sämmtlich Zierbäume, säet 
man so zeitig als möglich in eine trockene, aber nicht zu 
warme Lage. 

Von den vorstehenden Sämereien, denen später noch 
einige andere hinzutreten, haben wir an alle diejenigen un- 
serer geehrten Mitglieder Zusendungen gemacht, von wel- 
chen uns bekannt war, dass sie solche Zusendungen wünsch- 
ten, oder von denen wir doch voraussetzen konnten, dass 
sie Gelegenheit haben würden, sich mit Culturversuchen zu 
beschäftigen. Diesen Sendungen war das vorstehend abge- 
druckte Verzeichniss beigefügt. Alle anderen unserer ge- 
ehrten Mitglieder, welche gleichfalls an den Vertheilungen 
von Sämereien Theil zu nehmen wünschen, ersuchen we 
uns mit ihren Wünschen bekannt zu machen. 

Bei der grossen Anzahl verschiedener Sämereien, welche 
in jedem Frühjahr in unserm Vereine zur Vertheilung zu 
kommen pflegen, ist es natürlich nicht möglich und würde 
auch nicht zweckmässig sein, jedem Mitgliede von allen 
Sorten zu übersenden. Wir werden indessen stets sehr gern 


1561. Bd. IV. 4 


50 


bereit sein, jeden uns geäusserten Wunsch auch nachträg- 
lich noch, soweit nur immer möglich, zu berücksichtigen. 


Der Vorstand. 


Thierschau, Produkten- und Geräthe-Ausstellung des 

landwirthschaftlichen Provinzialvereins für die Mark 

Brandenburg und die Niederlausitz in dem Kroll- 
schen Etablissement in Berlin. 


Die diesjährige Ausstellung des landwirthschaftlichen Pro- 
vinzialvereins für die Mark Brandenburg und die Nieder- 
lausitz bei Kroll zeichnete sich durch besondere Reichhal- 
tigkeit der Gegenstände aus. Da das Wetter die Ausstel- 
lung sehr begünstigte, war die Theilnahme des Publikums 
eine sehr rege. Bei dem Gefühl der Befriedigung, welches 
die überaus zahlreichen Besucher durchweg zu empfinden 
schienen, darf die Vermuthung berechtigt erscheinen, dass 
das Interesse für derartige Veranschaulichungen des Zustan- 
des der Landwirthschaft und der Gärtnerei in erfreulicher 
Weise im Wachsen begriffen ist, und die Ueberzeugung von 
der Nützlichkeit und Nothwendigkeit derselben sich immer 
weiter verbreitet und befestigt hat. Da namentlich die 
Thierschau und Produkten- Ausstellung die praktischen Er- 
folge der Acclimatisation in den mannigfachsten Beziehun- 
gen vor Augen legte, halten wir es für geboten, den Ge- 
genstand an dieser Stelle, wenn auch nur mit wenigen Wor- 
ten, zu besprechen. 

Leider müssen wir mit einer Klage beginnen. In dem 
mangelhaften Katalog suchten wir vergebens einige derjeni- 
gen Gegenstände, welche unsere Aufmerksamkeit vom Stand- 
punkte der Acclimatisation am meisten für sich in Anspruch 
nehmen mussten. Welche Umstände hieran schuld gewe- 
sen, vermögen wir nicht zu sagen. Wir glauben aber im 


5l 


Interesse des Zweckes derartiger Ausstellungen zu handeln, 
wenn wir dringend darum bitten, künftig derartige Anord- 
nungen zu treflen, dass man ein möglichst vollständiges und 
übersichtlich geordnetes Verzeichniss der Ausstellungsgegen- 
stände in die Hand bekommt. 

Von den ausgestellten Thieren geben sowohl die Pferde, 
als auch die Schweine und das Schafvieh den angenschein- 
lichen Beweis, ‘dass England nicht allein auf unser politi- 
sches Verhalten, sondern auch auf andere Verhältnisse recht 
vortheilhaft einzuwirken im Stande ist. Im Allgemeinen fan- 
den wir uns jedoch von den zur Schau gebrachten Pferden 
nicht besonders befriedigt; auch hätten wir eine Trennung 
derselben bei der Aufstellung, mit Rücksicht auf die Be- 
nutzungszwecke, gewünscht. Wir würden Reitpferde, Wa- 
genpferde und Ackerpferde unterschieden, und bei diesen 
wieder die einzelnen Racen zusammengestellt haben. Nur 
auf diese Art wird sich ein Urtheil darüber bilden können, 
welche Race für einen bestimmten Zweck die geeignetste 
sei. Unter den Schweinen war neben der englischen auch 
die jetzt so sehr beliebte ungarische Race vertreten. Es 
scheint, dass die letztere weniger zart ist, als die engli- 
sche, und würde sie daher bei gleich leichter Mastung den 
Vorzug verdienen. 

Ungemein zahlreich und in den mannigfaltigsten Varie- 
täten der Racen waren die Schafe vertreten. Angesichts 
dieser Menge fetter Hammel wurde uns unbegreiflich, dass 
erfahrungsmässig die Berliner Schlächter so selten gutes 
Hammelfleisch liefern. Am meisten fiel das grosse Walliser 
Schaf in die Augen, während sich die Negretti- und Elec- 
toral-Schafe bei zarter Gestalt durch besonders schöne Wolle 
auszeichneten. Wir glauben nicht zu irren, wenn wir aus 
dem, was uns bei der Ausstellung vorgeführt wurde, auf 
eine besondere Blüthe der Schafzucht in unserer Umgegend 
schliessen, und prophezeihen daher dem hiesigen Wollmarkte 
eine immer grössere Bedeutung. 


Unter dem Rindvieh bewunderten wir die ungarischen 
4* 


52 


Ochsen des Hrn. Sponholz, welche eine sehr hübsche Ge- 
stalt und auffallend lange, weit aus einander stehende Hör- 
ner zeigten; ferner einen weissen Stier und zwei Fersen, 
Shorthorn-Race, des Barons von Hertefeld. Ostfriesi- 
sche, Allgäuer- und holländische Kühe und Fersen waren 
ebenfalls in sehr schönen Exemplaren vertreten. Das Ol- 
denburger und Voigtländer Vieh gefiel uns weniger. 

Die verschiedenen Sorten von Cochinchina-, Brahma- 
Pootra- und Prince- Aibert-Hühnern waren in sehr schönen 
Exemplaren ausgestellt. Man sah, wie die Acclimatisation 
die unbedeutenden einheimischen Hühner - Varietäten ver- 
. drängt. Malaien waren zu unserm Bedauern nur in einigen 
unbedeutenden Exemplaren zu sehen. Die verschiedenen sehr 
zierlich aussehenden Sorten von Bantams, kleinen englischen 
Hühnern, und Creve-Coeur waren dagegen zahlreich vertre- 
ten. Auch für die Taubenliebhaber fand sich eine reiche 
Augenweide. Von anderen Federvieharten hatte nur Los- 
sow einige Enten und Gänse ausgestellt, in denen wir alte 
Bekannte aus seinem in der Wilhelmstrasse belegenen „Thier- 
park“ wiederzusehen glaubten. 

Ganz ungemein anziehend waren diejenigen Ausstellungs- 
räume, in welchen die Bienen ihr Wesen trieben. Die sonst 
so reizbaren Thierchen schienen das ihre niedlichen Woh- 
nungen dicht umschwärmende Publikum gar nicht zu beach- 
ten und liessen sich nicht im mindesten in der Emsigkeit 
ihrer gewohnten Verrichtungen stören. Sie schwärmten so 
munter aus, als ob die Lüneburger Haide und das Kroll- 
sche Local ein und dasselbe wären. Wir sahen ausser den 
bekannten Kasten und Häusern nach Dzierzon’scher Ma- 
nier sogar Bienenstöcke von klarem Krystall, deren Bewoh- 
ner sich durchaus nicht bemühten, die Beobachtung durch 
Verkleben der inneren Flächen zu erschweren. Leider sind 
wir nicht im Stande, mit Gewissheit den Namen des Aus- 
stellers anzuführen (wenn wir nicht irren Nickel aus Ber- 
lin), hoffen aber, denselben bei der nächsten Ausstellung 
wiederzusehen und dann auch seinen Namen in dem Katalog 


53 


deutlich bezeichnet zu finden. Unter den Bienen selbst wa- 
ren auch italienische Völker. Ob dieselben ganz echt seien, 
liess sich nicht genau feststellen. Wir sind indess der Mei- 
nung, dass unser Verein die Versuche, echte italienische 
Bienen durch direkte Importation zu erlangen, fortsetzen 
müsse, da die Vorzüge dieser Bienengattung unbestritten 
sind, und die dauernde Erhaltung derselben bei uns durch- 
aus noch nicht gesichert scheint. 

Bei der Ausstellung der Seidenraupen und deren Pro- 
dukte hatten sich hauptsächlich die Herren F. A. Heese 
und Pathe aus Berlin betheiligt. Von ersterem sahen wir 
einen. grossen Rahmen aus dessen neuen Raupenhause in 
Steglitz mit Seidenraupen des verschiedensten Alters, um- 
geben von Spinnhütten verbesserter Art nach d’ Avril. 
Daneben standen lebende Maulbeerbäume in Gefässen, um 
den vorhandenen Raupen stets recht frische Nahrung zuzu- 
führen. Zwei Haspelmaschinen neuesten Systems, eine nach 
Locatelli zum Haspeln mit Travellen, die andere aus 
Mailand bezogen und zum Haspeln a la mariage eingerich- 
tet, rohe und gefärbte Seide und die verschiedenartigsten 
Seidenstoffe eigener Fabrikation lieferten ein sehr anschau- 
liches Bild von den Thätigkeiten und Erfolgen der bei uns 
mit so vielem Glück acclimatisirten Seidenzucht. Die Zucht 
des Ricinus-Spinners (Bombyx-Cynthia), welche sich ihre 
Berechtigung noch Schritt vor Schritt erkämpfen muss, war 
daneben nur in einigen gleichfalls von Hrn. Heese ausge- 
stellten Cocons vertreten. Hr. Pathe hatte sehr sorgfältig 
gearbeitete Modelle einer Rauperei und einer Seidenbau- 
und Maulbeerpflanzung geliefert, welche ihren Zweck, das 
Publikum bildlich zu belehren, sichtlich erreichten. 

Von den ausgestellten Sämereien, Blumen, Pflanzen, 
Früchten etc. nennen wir nur den Hopfen des Herrn Joh. 
Jac. Flatau, aus Neutomysl, und die Erzeugnisse der Obst- 
zucht. Eine Anzahl hochstämmiger und Spalier- resp. Zwerg- 
Bäume von Müller in Strassburg a. R. erregte durch das 
kräftige und gesunde Aussehen jedes einzelnen Stammes un- 


54 


sere Bewunderung. Auch von dem Grafen von Fincken- 
stein (Gärtner Lepere) und von Haffner in Tantow 
waren sehr schöne Spalierbäume und Baumveredelungen aus- 
gestellt. Um jedem Beschauer unwiderlegbar zu beweisen, 
dass die schönen Obstbaumstämmchen mit der Zeit durch 
die prächtigsten und wohlschmeckendsten Früchte die ge- 
habte Mühe selbst in unserm Klima belohnen, waren von 
den genannten Herren Müller und Haffner reichhaltige 
Sammlungen des schönsten Obstes ausgestellt, welches sich 
trotz des herannahenden Sommers ausgezeichnet erhalten 
zeigte. 

Indem wir unsere flüchtige Rundschau schliessen , ma- 
chen wir unsere Mitglieder auf die in Schwerin in den Ta- 
gen vom 11. bis incl. 18. September d. J. bevorstehende 
XXIII. Versammlung deutscher Land- und Forstwirthe auf- 
merksam, mit welcher nach dem uns vorliegenden Pro- 
gramme: grossartige Ausstellungen von Thieren und allen 
Sorten land - und forstwirthschaftlicher Produkte verbunden 
sein werden. | 

Anfragen, Anmeldungen und Bestellungen sind mit der 
Bezeichnung „Angelegenheit der XXIL Versammlung deut- 
scher Land- und Forstwirthe* an den Geschäftsführer, Ad- 
vokaten O0. Zickermann in Schwerin, unfrankirt zu rich- 
ten. Zusendungen werden von dem „Vorstand der XXU. 
Versammlung deutscher Land- und ‚Forstwirthe in Schwe- 
rin“ entgegengenommen, und geniessen besondere Vergün- 
stigungen in Bezug auf Fracht und Verzollung. 


Berlin im Juni 1861. R. 


[37 
st 


RNichtamtlicher Theil. 


. Veber die Acclimatisation fremder und die Zähmung 
wilder Thierarten. 


Von Ge£offroy Saint -Hilaire. 


Nach den seit lange geltenden Ansichten besteht das 
Ganze der Thierzucht in Züchtung, Vermehrung und Racen- 
veredelung. Aber neben diese jetzt so vorgeschrittene Kunst 
dürfen sich jetzt drei andere Objekte des Studiums und der 
Arbeit stellen, die im Range allerdings geringer, aber im- 
mer doch sehr wichtig sind. Diese heissen: 1) Erhaltung 
der nützlichen wilden Thierarten, dieser reinen Geschenke 
der Natur, die wir so oft aus Unwissenheit und Sorglosig- 
keit verderben lassen; 2) die Verwendung unserer Haus- 
thiere im Sinne ihrer grössten Nutzbarkeit, so dass weder 
sie noch das, was sie uns liefern, verloren gehe oder falsch 
verwendet werde, was immer auch Verluste ergiebt; 3) Ver- 
mehrung unserer zahmen und wilden Nutzthiere durch Her- 
beiziehung neuer wilder oder besser noch schon gezähmter 
Arten, welche die gleichen und vielleicht auch neue Vor- 
theile gewähren. Oder kürzer ausgedrückt, wir sollen: er- 
halten was wir haben ; es in möglichst vortheilhafter Weise 
nutzen; Neues hinzuthun, wenn es angeht. 

Es wird nicht sonderbar erscheinen , dass in unserer in 
vieler Hinsicht so vorgeschrittenen Zeit noch Ursache gewe- 
sen , die Nothwendigkeit des ersten Punktes besonders zu 
betonen. Erhalten, was man hat, ist eine so selbstver- 
ständliche Regel, dass man meinen sollte, der gesunde Men- 
schenverstand liesse sich keine Gelegenheit zu ihrer Anwen- 
dung entgehen. Dem ist aber leider nicht so; man kann 
in Wahrheit sagen, dass mitten in der Civilisation des 19- 
Jahrhunderts die Barbarei in diesem Punkte sich noch auf- 
recht hält. Der Mensch macht sich mehr als jemals ein 


96 


Spiel daraus, um sich her Güter zu zerstören, welche ihm 
die freigebige Natur bietet, und zu deren Erhaltung gar 
nichts zu thun, sondern nur einige Zurückhaltung walten 
zu lassen brauchte. Der Krieg, welchen der Mensch unter 
dem Namen Jagd und Fischfang gegen alle ihm erreichbaren 
Thiere führt, ist heute. noch eben so blutig als im Mittel- 
alter; der einzige Unterschied ist, dass er in unseren Ta- 
gen mit vollköommneren Werkzeugen, mit schrecklicheren 
Waffen geführt wird, dass die Civilisation selbst beigetra- 
gen hat, ihn mörderischer und folglich verderblicher zu 
machen. | 

Unter den Arten, welche solchergestalt geflissentlich zer- 
-stört werden, befinden sich gerade diejenigen , die vorzugs- 
weise und eifrig beschützt werden sollten; es sind die, wel- 
che zu ihrer Nahrung die der Landwirthschaft schädlichen 
Tbiere aufsuchen und dadurch unsere natürlichen Alliirten, 
unsere Gehülfen werden bei der Erhaltung der werthvoll- 
sten Naturgaben. 

Den ersten Rang unter diesen Feinden unserer Feinde 
nehmen die insektenfressenden Vögel ein. Selten im Win- 
ter, da wenige bei uns ausdauern, sendet sie uns die -Na- 
tur bei Wiederkehr der guten Jahreszeit in Schaaren zu. 
Sie kommen gerade, wenn die Insektenwelt überall um uns 
her zu wuchern beginnt, und thun den Verwüstungen Ein- 
halt — und wie wäre dies zu ermöglichen ohne sie? Ihre 
Ankunft ist also allem&l eine Wohlthat für den Landmann, 
und: gleichwohl behandelt man sie als eine Plage. Keine 
Eule oder Nachtschwalbe darf sich sehen lassen, ohne so- 
gleich von Jedermann gleich einem Uebelthäter verfolgt zu 
werden, und der Bauer, dem es gelingt, einen solchen Vo- 
gel zu schiessen, nagelt ihn siegesstolz ans Thor und be- 
zahlt seinen Sieg mit einem Ausfall an seinen Ernten. Ler- 
chen und andere kleine Sänger müssen schaarenweise ster- 
ben, um. auf den Tisch zu kommen, wo sie mehr Schau- 
gericht abgeben, als wirklich nützen. Die -Schwalben, die 
durch ihren Tod so gar nichts nützen, dass man sich nicht 


57 


einmal nach ihnen bückt, werden geschossen aus der blos- 
sen stupiden Lust am Tödten. Zu alle dem kommt noch 
die Zerstörung der Nester, das Ausnehmen der Eier und 
Jungen, das die Jugend so gern betreibt. Was auf diese 
Weise zu Grunde geht, übersteigt allen Glauben. Die Wis- 
senschaft hat hier noch eine grosse Pflicht zu erfüllen in 
Darlegung der Nützlichkeit dieser und anderer Thiere, wel- 
che man ebenso blindlings hinmordet. Erfreulicherweise sind 
mehrere Naturforscher mit solchen Belehrungen bereits her- 
vorgetreten. 

Was die nützliche Verwendung der Thiere und ihrer Pro- 
dukte betrifit, so gäbe es ebenfalls mehr als einen Schritt 
vorwärts zu thun. Nur mit vielen Mühen und oft Geld- 
opfern vermag der Landwirth seine jungen Thiere gross zu 
ziehen. Ist dies gelungen und der Moment gekommen, wo 
er die Früchte seines Fleisses ernten kann, so sollte er seine 
Thiere aber auch völlig ausnutzen und von jedem Thier und 
Thierprodukt den Gebrauch machen, der seinem Interesse 
und folglich auch dem der Gesammtheit am besten zusagt; 
denn das allgemeine Interesse ist ja nur die Resultante al- 
ler Einzelinteressen. Aber wie vieles Gut wird hier entwe- 
der schlecht verwendet oder auch ganz verloren! Ohne vom 
Esel zu reden, der noch überall, wie Buffon bemerkte, der 
Rohheit der Grossen und der Bosheit der Kleinen preisge- 
geben ist, werden die Zugthiere nur zu oft schlecht gewar- 
tet, schlecht angespannt und martern sich in Folge dessen 
an einer Arbeit ab, die sie unter anderen Umständen leicht 
bewältigt hätten. Der Dünger ist einer der werthvollsten 
Thierprodukte, und wer weiss nicht, was in gar vielen Fäl- 
len aus ihm wird. Der Landwirth bezieht mit grossen Ko- 
sten Dünger, oft verfälschten, aus der Ferne, während er 
vor allem den Dünger seines Viehes recht zusammennehmen 
. sollte. Aber auf wie manchen Höfen und Dorfstrassen lie- 
gen noch die Düngerhaufen offen da und werden von jedem 
Regen ausgewaschen und ihrer besten Bestandtheile beraubt. 

Es giebt andere noch nützlichere Produkte, die unmit- 


58 


telbar zur menschlichen Nahrung dienen könnten und doch 
weniger vortheilhaft verwendet werden. Bis vor wenig Jah- 
ren verarbeitete man Getreide zu Spiritus; grosse Massen 
geniessbares Fleisch verwandelt man in Dünger und Thier- 
kohle. Während die niederen Classen sich so ungenügend 
mit Fleischkost versorgen können, gehen Tausende von Cent- 
nern gutes Pferdefleisch, das die kräftigste Brühe von der 
Welt giebt, immerfort in die Fabriken, oder dienen zum 
Futter für Schweine, Hühner und Hunde, weil man das alte 
Vorurtheil gegen den Pferdefleischgenuss nicht zu überwin- 
den vermag. Jedes Volk findet das Vorurtheil eines ande- 
ren absurd und hält doch fest an dem eigenen. Man be- 
dauert den Juden, dass er sich das Schweinefleisch ver- 
sagt, mag aber selbst kein Pferdefleisch essen, und so be- 
raubt man sich aus Vorurtheil fast in allen Ländern irgend 
einer Nahrung, die man schon fertig in Händen hätte. Auch 
die Muhamedaner verabscheuen bekanntlich das Schweine- 
fleisch und der Hindu. seinerseits mag kein Rindfleisch es- 
sen. Noch heute isst man in Italien keine Kaninchen und 
in Russland keine Tauben, weil der heilige Geist im Bilde 
der Taube dargestellt wird. Vielleicht verschwinden einmal 
alle solche Vorurtheile vor der: zunehmenden Aufklärung, 
wie das gegen die Anfangs so sehr verachtete Kartoffel ge- 
schwunden ist. 

Gehen wir über zum zweiten Puukt, der Einführung nütz- 
licher Thierarten, sowohl wilder als besonders schon ge- 
zähmter, und sehen wir, was seit dem Mittelalter in die- 
ser Hinsicht geleistet worden ist. Im 16. Jahrhundert wur- 
den durch Spanier und Engländer vier nützliche Thierspe- 
cies eingeführt; im 18. Jahrhundert folgten vier andere, die 
nur zur Zierde dienen; von da an trat ein fast völliger 
Stillstand ein; trotzdem dass durch die Ausbildung der 
Schiffahrt, die sich mehrenden Verbindungen mit fremden 
Ländern, die Bildung von Colonien in allen Welttheilen die 
Schätze der ganzen Welt zu unserer Disposition gestellt 
wurden. Man:glaubte sagen zu dürfen: es wird nichts mehr 


5) 


gethan,: folglich giebt es nichts mehr zu thun. Der umge- 
kehrte Schluss würde richtiger sein: Je weniger man seit 
drei Jahrhunderten gethan hat, desto mehr bleibt uns zu 
thun' übrig; eine ganze Hemisphäre ist noch undurchforscht, 
und selbst die alte Welt hat noch lange nicht alles gelie- 
fert, was sie geben kann. 

Die Wiederaufnahme dieser Strebungen nach so langem 
Stillstande ist gegenwärtig noch zu neu, als dass sich vor- 
aussagen liesse, wohin sie führen werde; wohl aber sind 
die bereits erhaltenen Resultate schon der Art, dass man 
behaupten darf, sie werden in sehr naher Zukunft prak- 
tisch nützlich ‚werden. Denn wir haben nicht nur schon, 
was man neue: Hausthiere nennen kann, sondern diese in 
wenigen Jahren gemachten neuen Erwerbungen übertreffen 
auch der Zahl nach alle Arten, die Europa sich im Laufe 
mehrerer Jahrhunderte angeeignet hat. Ich will hier eine 
Art Inventarium dieser neuen Reichthümer, welche durch 
die Anstrengungen einer grossen Anzahl Naturforscher und 
Züchter in allen. Ländern Europa’s, in Algerien, selbst in 
Australien und Amerika geschaffen worden, aufstellen. 

Die Arten, mit welchen bis jetzt bemerkenswerthe Re- 
sultate erhalten wurden, gehören den drei Classen der In- 
sekten, der Vögel und Säugethiere an. 

Man wird sich nicht darüber wundern, dass während 
Chinesen und Indier schon so lange drei Arten von Seiden- 
würmern besitzen, das in der Industrie obenanstehende Eu- 
ropa sich bis jetzt nur auf eine Art beschränkt hat, die 
allerdings in der Schönheit der Seide fast alle anderen Ar- 
ten übertrifft, aber der doch jene anderen mit Nutzen zu- 
gesellt werden könnten. Hoffentlich findet nun endlich diese 
lange Versäumniss ihre Abhülfe, denn es sind jetzt sechs 
neue Arten Seidenraupen in Europa neben der des Maul- 
- beerbaumes. Freilich stehen vier davon noch im Versuchs- 
stadium, worunter leider auch die gehört, deren Besitz viel- 
leicht am meisten zu wünschen wäre, die Eichenseidenraupe 
aus Nordehina und der Mantschurei. Dagegen sind zwei an- 


60 


dere Arten jetzt als fester Besitz anzusehen, wenn man sie 
cultiviren will, und selbst wenn man die Cultur einmal 
wieder aufgäbe, könnte die eine davon recht wohl im wil- 
den Zustande fortvegetiren. Die eine dieser Arten ist die 
Raupe des Ailanthus oder Götterbaumes, deren Zucht im 
Grossen, sowie Anlage bedeutender Pflanzungen von Ailan- 
thus bereits von mehreren Privaten wie auf Staatsgütern be- 
gonnen worden ist; die andere ist die Raupe des Ricinus, 
die allmälig und gleichsam etappenweise aus dem Innern 
Indiens nach Caleutta, von da nach Egypten, dann weiter 
nach Malta, Turin, Algier und Paris gekommen, und von 
hier aus allseitig, selbst bis nach Amerika verbreitet wor- 
den ist. So’ hat diese tief aus Indien stammende Art in 
wenig Jahren fast in allen Welttheilen Zutritt erlangt. 

Die Classe der Insekten hat uns also Arbeitsthiere gelie- 
fert; aus dem Reiche der Vögel erhielten wir, bis jetzt we- 
nigstens, grösstentheils Luxusartikel, obwohl nicht zu zwei- 
feln ist, dass mehrere derselben bei grösserer Verbreitung 
zu wirklichen Nutzthieren erhoben werden dürften. Diese 
Arten sind: der gewellte Papagei, ein ebenso elegantes wie 
durch sein Benehmen interessantes 'Thier; einige Tauben- 
arten, zwei fremde Rebhühner, die man schon im wilden 
Zustande fortzubringen versucht hat, der Himalaya -Fasan 
und fünf schöne Wasservögel, nämlich: die egyptische Gans 
und die der Sandwichinseln, die chinesische und die caro- 
linische Ente, welche jetzt die Zierde aller Luxusteiche bil- 
den, und der schwarze australische Schwan, dessen regel- 
mässige Fortpflanzung seit mehreren Jahren in Frankreich, 
England, Deutschland, Belgien und Holland gelungen ist. 
Andere Aneignungen, z. B. ein Paar schöner Pagageien, des 
schwarzweissen Schwans aus Brasilien, stehen bevor, und die 
schon so stark angewachsene Zahl der Hühnerarten dürfte 
sich fast verdoppeln, denn schon vermehren sie. sich leicht 
in den Vogelhäusern und dürften bald im Geflügelhofe er- 
scheinen der bunte Fasan von Java, mehrere Euplocomen 
oder Straussträger und der glänzende Lophophorus. Wenn 


61 


dieser Letztere, der Goldvogel der Indier, definitiv angeeig- 
net sein: wird, . so hören Goldfasan und Pfau auf als die 
schönsten Hausvögel zu gelten. In wenig Jahren werden wir 
sonach voraussichtlich an 40 Arten Hausvögel haben, wäh- 
rend wir deren vor kurzem-noch, wie schon 1750, nur 17 
besassen. 

Die neuen zahmen Vierfüssler sind natürlich weniger 
zahlreich; sie vermehren sich in’ geringerem Maasse, sind 
lange trächtig und entwickeln sich viel langsamer; dazu ist 
der Transport grosser Thiere aus fernen Ländern nach Eu- 
ropa sehr schwierig. Mit einem einzigen Paar Lama’s und 
drei Stück Hemionus musste man in Frankreich die Einge- 
wöhnung dieser beiden Arten beginnen, und um kleine Trupps 
Wiederkäuer, wie Canna, Nilgau (die weissfüssige Antilope) 
und: Yak nach Europa bringen zu können, mussten viele 
Hindernisse beseitigt und grosse Opfer gebracht werden. 

Von den fünf grossen eben genannten Vierfüsslern sind 
zwei in. ihrem resp. Vaterlande seit undenklichen Zeiten 
Hausthiere, die noch immer grossen Schwierigkeiten lagen 
daher bei ihnen nur in der Gewöhnung ans Klima. Sie ist 
jetzt erfolgt, nicht allein in gebirgigen Gegenden Europa’s, 
sondern auch in Niederungen. In der Thiersammlung des 
Pariser Museums befinden sich jetzt drei Generationen dort 
geborener Lama’s, und Verlustfälle sind stets sehr selten 
gewesen. Zahlreiche Züchtungen haben auch in anderen 
Gegenden Frankreichs wie in England stattgefunden. Eine 
neuere, zuerst 1854 eingeführte Erscheinung ist das Yak; 
es steht in dem genannten Museum erst in zweiter Genera- 
tion, aber die erhaltenen Resultate sind deshalb nicht we- 
niger entscheidend. Von drei Exemplaren sind 17 Junge 


geboren und fast alle aufgebracht worden. Andere erhielt 


man in den Alpen, im Jura und Cantal. 

Bei Hemionus, Nilgau und Canna waren’ die Schwierig- 
keiten doppelt so gross; man musste die Thiere nicht nur von 
einer Region in eine andere sehr verschiedene versetzen, son- 
dern auch aus dem wilden in den zahmen Zustand überfüh- 


62 


ren, und zwar soweit, dass sie sich regelmässig fortpflanz- 
ten, denn ausserdem hätte man immer nur Einzelstücke, 
nicht aber die Art in Gewalt bekommen. Alle drei Arten 
haben sich nun bis heute nicht nur sehr fähig zur Ertra- 
gung der Rauhheiten europäischer Klimate gezeigt, sondern 
man ist auch zu einer sehr regelmässigen Fortpflanzung ge- 
langt, beim Hemionus im Pariser Museum, beim Canna in 
England und Belgien, beim Nilgau durch ganz Europa. 

Wir fangen also an Besitz zu nehmen von zwei neuen 
fleischgebenden Wiederkäuern und einem Einhufer, der Ar- 
beit leisten kann, und die Dienste, die wir von ihnen er- 
warter, sind keine blosse Conjeetur. In Frankreich und an- 
derwärts ist das Fleisch des Nilgau schon mehrmals auf den 
Tisch gekommen und als etwas sehr Feines befunden wor- 
den. In England hatte Lord Hill 1858 so viel Canna’s, 
dass er eines davon schlachten lassen konnte: das Fleisch 
kam theils an die Königin von England, theils an den Kai- 
ser von Frankreich, und übrigens an die Theilnehmer einer 
Versuchsgasterei. Einstimmig wurde das Fleisch des Canna 
oder der Elennantilope vom Cap als ausserordentlich saftig, 
feinfaserig und wohlschmeckeud befunden. So werden also 
das Canna und das Nilgau, welches eine indische Antilope 
ist, nicht allein schöne Luxusthiere abgeben, sondern auch 
einen Nutzen gewähren. Allerdings wird ihre Züchtung die 
Hauptaufgabe nicht lösen, nämlich die Vermehrung der 
Fleischproduction überhaupt, welche (in Frankreich) so be- 
klagenswerth hinter dem Bedürfniss zurückbleibt, aber sie 
würde doch immer eine Verbesserung hervorbringen, die, 
wenn auch von geringerem Belange, mitzunehmen ist. Son- 
derbar bleibt es immer, dass wir inmitten aller Fortschritte 
hinsichtlich der Schlachtthiere noch da stehen, wo das Mit- 
telalter und das graue Alterthum standen. Ochs, Schaf, 
Schwein, das ist der enge Zirkel, in dem wir uns noch 
heute drehen, und wir nur durch verschiedene Zubereitung 
eine Art Abwechselung erzeugen können. 

Das Fleisch des Hemionus wird von Reisenden als eben- 


63 


falls sehr gut geschildert, ist aber in Europa noch nicht 
versucht worden. Es ist aber dieser Halbbruder von Pferd 
und Esel in anderer Hinsicht von Interesse. Vom Pferd hat 
er die Schnelligkeit und das angeborene Feuer, vom Esel 
die Tugend kein Kostverächter zu sein. . Seit einigen Jah- 
ren besteht für Hemionus eine kleine Stuterei zu Versailles 
und die dort vorgenommenen Züchtungsversuche sind ge- 
lungen, denn der Hemionus nimmt Dressur an, lässt sich 
reiten und anspannen. : Er hat sogar eine Kalesche von Ver- 
sailles bis an die Thore von Paris gezogen in nicht länger 
als 1 Stunde und 20 Minuten, also so schnell wie ein gut 
dressirter Renner.‘ Für jetzt und bis die Hemionus sich wei- 
ter vermehren, verlegt man-sich auf die Zucht der schnel- 
len und eleganten Maulthiere, welche aus der Kreuzung des 
Hemionus mit der Eselin fallen; mehrere dieser schönen 
Bastarde laufen seit einigen Monaten in den Strassen von 
Paris, Lyon und Marseille, in Lyon zuweilen vierspännig. 
Der ganze Hemionusbestand in Frankreich ist aus einem 
Hengst und zwei Stuten entsprungen. 

So hat sich denn die Zahl der Hausthiere in 20 Jahren 
fast verdoppelt, und man sieht, wie gegründet ein Aus- 
spruch Buffon’s ist, der leider ein ganzes Jahrhundert 
lang vergessen oder missverstanden wurde: „Der Mensch 
weiss weder hinlänglich, was die Natur vermag, noch was 
er über sie vermag. Wir benutzen bei weitem nicht alle 
Schätze, die sie uns bietet; ihr Reichthum ist viel grösser, 
als wir uns vorstellen; sie hat noch Arten in Reserve, die 
uns nicht Dienste leisten, uns kleiden und nähren sollen.“ 
(Comptes rendus T. LII. p. 165 — 176.) 


64 


Aufenthalt, Lebensweise und Fortpflanzung des 
Herings. 


Von 8. Wilsson. 


(Uebersetzt aus dessen Skandinavisk Fauna von Fr. Creplin.) 


Aufenthalt und Lebensweise, 


Der Hering ist in mehr als einer Hinsicht eine der merk- 
würdigsten Fischarten. Er versammelt sich in dicht ge- 
schlossenen Schaaren, oft zu ungeheuren Massen und , wo 
er seinem Naturtriebe folgen kann, kommt er jährlich zu 
bestimmter Zeit nach denselben Stellen zurück. Er ist ein 
Gegenstand der grössten Fischereien und setzt jährlich ganze 
Flotten und Tausende von Menschen in Thätigkeit. Sein 
Fleisch, welches schmackhaft und gesund ist, wird zur Speise 
in den Palästen der Reichen sowohl, als in den Hütten der 
Armen benutzt. Der Hering macht einen grossen Theil der 
Nahrungsmittel für viele Millionen Menschen aus, nicht al- 
lein für die, welche die Länder bewohnen, um welche herum 
er gefischt wird, sondern auch für die, welche entlegene 
Theile der Erde bewohnen. Durch den enormen Gewinn, 
welchen er bringt, verschafft er Einzelnen und ganzen Staa- 
ten Wohlstand und Reichthum. Von den grossen Vorthei- 
len, welche die Seestaaten durch eine wohlgeordnete He- 
ringsfischerei gewinnen, hat man nicht ohne Grund als nicht 
den geringsten hervorgehoben, dass sie die beste Unterrichts- 
anstalt zur Bildung starker und muthiger Seeleute abgebe. 

Der Hering scheint ausschliesslich dem nördlichen Theile 
des atlantischen Oceans und denjenigen Strecken desselben 
anzugehören, welche die europäischen Küsten bespülen. An 
diesen kommt er von den Gegenden östlich vom Nordkap 
an, längs der ganzen Westküste von Europa und um des- 
sen Inseln vor bis hinab nach Frankreichs Südwestküste um 
den 47. Breitengrad oder um den Ausfluss der Loire. Süd- 
licher trifft man ihn nur einzeln in der Gascogner Buchten; 
aber bei Spanien und Portugal kommt diese Fischart nicht 


65 


vor, wie sie auch nie im Mittelmeer oder in den mit die- 
sem in Verbindung stehenden Gewässern angetroffen wird. 
Dagegen kommt dieselbe Art sowohl im weissen Meere als 
in-der Ostsee vor; derjenige Hering aber, welcher an der 
nordamerikanischen Küste des atlantischen Meeres gefischt 
wird, soll’ nach Herrn Valenciennes eine besondere Art 
ausmachen. 

An den Küsten des westlichen Norwegens und denen von 
England und auf dessen Bänken kommen nun jährlich die 
grössten Massen von diesem nützlichen Fische vor. Auch 
Schwedens Westküste sollte zufolge ihrer natürlichen, vor- 
theilhaften Lage einen bedeutenden Antheil an dieser rei- 
‚chen Einkommensquelle haben, und es hat auch Zeiten ge- 
gegeben, in denen Schweden mehr von diesem Reichthume 
geerntet hat, als, soviel ich weiss, irgend ein anderes Land 
in Europa. Besonders ist die bohusländische Scheerengruppe 
wegen der reichen dort betriebenen Heringsfischerei bekannt 
gewesen. In den 1780er Jahren wurden blos von Gothen- 
burg aus nach ausländischen Oertern von dem in jenen 
Scheeren gefangenen Hering etwa 150,000 Tonnen gesalze- 
nen, etwa 2000 Tonnen geräucherten,, bisweilen eben soviel 
gepressten und von 10,000 bis 50,000 Fass Heringsthran ex- 
portirt. Viel wurde ausserdem von Udewalla, Strömstad 
und Marstrand ausgeführt. Man hat berechnet, dass wäh- 
rend des einzigen Jahres 1787 in den bohusländischen Schee- 
ren gesalzen worden sind über 400,000, geräuchert über 4000, 
gepresst 2000, zu Thran gekocht ungefähr 1,066,000 Ton- 
nen, wovon etwa 44,000 Fass Thran gewonnen worden sind. 
Somit 1,472,000 Tonnen Hering. — Berechnet man hierzu 
die Menge frischen Herings, welcher nach Norwegen, Dä- 
nemark, Holland und Schonen ging, weiter auch noch den, 
welcher von den zahlreichen Strandbewohnern der Schee- 
ren, wie auch den nächsten Städten und Dörfern verzehrt 
wurde, so dürfte man vielleicht eher zu wenig als zu viel 
rechnen, wenn man den in dem genannten Jahre in den 
bohusländischen Scheeren gefangenen Hering zu wenigstens 

1861. Ba. IV. 5 


66 


1,500,000 Tonnen anschlüge. Auf eine Tonne gehen von 
diesem Hering, nach den Angaben der Fischer, ungefähr 
1000 Stück.”) Sonach wurden während jenes Jahres in den 
bohusländischen Scheeren wenigstens 1500 Millionen Heringe 
gefangen, und dennoch war dies nur ein unbedeutender 
Theil der ganzen Heringsschaar, welche an dieser Küsten- 
strecke eintraf. 

Dass diese unermesslichen Heringsschaaren, welche sich 
jährlich zu bestimmter Zeit in den Scheeren einfanden, nach 
und nach sich verminderten, vertrieben und fliehend von 
einer Stelle zu einer andern, schiesslich ganz ausblieben, 
das hatte seinen hinreichenden Grund in der zum Betrei- 
ben der Fischerei angewendeten Weise. Davon kann jeder 
sich aus den zahlreichen Abhandlungen überzeugen, welche 
über diesen Gegenstand während und nach der in Rede ste- 
henden Zeitperiode geschrieben und veröffentlicht worden 
sind. Der Grund zu dieser zerstörenden Behandlung der 
bohusländischen Heringsfischerei lag grossentheils in dem 
allgemein herrschenden Vorurtheile, dass aller Hering, wel- 
cher jährlich die europäischen und somit auch die schwe-: 
dischen Küsten und Bänke besuchte, wie Bienenschwärme 
aus ihrem Stocke, von einem einzigen Heringsstamme aus- 
ginge, welcher seinen Aufenthalt im nördlichen Polarmeer 
hätte, und dass der Hering, welcher während der Wande- 
rungen nicht gefangen würde, zu dem Stammhering unter 
dem Polareise zurückkehrte, um sich dort fortzupflanzen. 
Diese ungereimte und in ihrer Berücksichtigung verderbli- 
che Voraussetzung wurde schon von Bloch **) bestritten 
und, wie ich glaube, vollständig in den Sr. Majestät ein- 
gereichten „Berättelser om Fiskerierna* (Berichten über die 
Fischereien) vom 11. November 1826 und 1. März 1828 ***) 
widerlegt. 


*, Vom Kullasill (d.i. Hering, welcher bei Kullen vorkommt) gehen 
auf 1 Tonne 16 Wall oder 1280 Heringe, 
*) Naturgeschichte der Fische Deutschlands I. 8. 186. 
“*) Handlingar rörande Sillfisket S. 1 u. 21. 


67 


Obgleich gegenwärtig keine grosse Heringsfischerei an ir- 
gend einer schwedischen Küste stattfindet, so kommt doch 
auch hier diese Fischart, wenigstens zu irgend einer Jah- 
reszeit, in jedem Jahre mehr oder weniger zahlreich, stel- 
lenweise in verschiedenen Meeresgegenden , vom südlichsten 
Schonen an auf der einen Seite bis zur obersten Bucht der 
Ostsee, auf der andern bis nach Swinesund vor, und von 
da wird diese Fischart ebenfalls stellenweise längs der nor- 
wegischen Küsten bis zum Nordkap und weiter nach Osten 
angetroffen; auch kommt sie nicht blos aussen im offenen 
Meere vor, sondern auch in den Scheeren, den Buchten und 
Meerengen. Die bedeutendste Heringsfischerei, welche jetzt 
an irgend einer skandinavischen Küste betrieben wird, ist 
die des Winterherings an der Westküste stellenweise von 
Stat nach Lindesnäs, besonders von der Nordkante der Fä- 
deren bis ein Paar Meilen südlich von Bergen. Auch die 
Sommerheringsfischerei ist bedeutend in einer Strecke der 
nordklippigen Küsten. Ebenfalls wird am Nordland und an 
der Finnmark diese Heringsart gefischt. Nach statistischen 
Angaben beträgt die jährliche Exportation von Heringen aus 
Norwegen etwa 585,000 Tonnen, von denen 550,000 Tonnen 
Winter- und 35,000 Tonnen Sommerheringe sind.*) So be- 
deutend auch diese Fischerei ist, kann sie doch in keinem 
Vergleich mit der, welche in den achtziger und neunziger 
Jahren in den Scheeren von Bohuslän statthatte, gestellt 
werden. Aber in Norwegen hält man verständiger mit sei- 
nem Nationaleigenthum Haus und deswegen erhält man es 
sich denn auch. 

Aber nicht genug, dass wir wissen, es finde sich der 
Hering an den skandinavischen Küsten, es verdient auch in 
hohem Grade unsere Aufmerksamkeit und darf uns nicht 
entgehen, dass ungeachtet aller dieser Hering vom Nord- 
kap bis Falsterbo und von da bis Tornea zu ein und der- 
selben Art gehört, er doch in jeder besonderen Gegend 


”) Norges Statistik ved M. B. Tvethe. Christiania 1848 8. 61. 
5* 


68 


etwas verschieden nach Form und Grösse ist und diese Ver- 
schiedenheit sich in derselben Gegend während aller Jahres- 
zeiten und aller auf einander folgenden Jahre erhält. Jeder- 
mann kann den Unterschied zwischen dem Winterhering 
(„Grabenssill“) an der norwegischen Westküste und dem 
Kullasill am Eingange’ des Sundes, und dem Kivikssill an 
der östlichen Küste von Schonen und dem Strömling in den 
nördlichen Gegenden der Ostsee sehen, vorzüglich wenn man 
sie in Masse sieht. Es ist nicht schwer, gleich zu sehen 
und ohne Frage zu wissen, ob der fuderweise in Lund zu 
Markte gebrachte Hering aus dem Sunde von Malmö oder 
aus der Ostsee vor Cimbrishamn komme. | 
Aber anch in Gegenden, welche einander viel näher lie- 
gen, entdeckt ein geübtes Auge Verschiedenheiten, so dass 
ein Fischer an der Laholmsbucht,, welcher Hering in seinen 
dort ausgesetzten Garnen bekommt, gleich sieht, ob’ er aus 
der Morupsseite bei Holland oder aus der Kullagegend bei 
Schonen kommt. So ist das Verhalten an allen Küsten des 
Meeres und dies Verhalten ändert sich nicht. Aus diesen 
sicheren Erfahrungen, von deren Zuverlässigkeit jeder sich 
leicht überzeugen kann, folgt unwiderleglich, dass jede et- 
was gesonderte Gegend des Meeres an den Küsten ihren 
eigenen Heringsstamm besitzt, welcher ‚sich ‚dort aufhält, 
und dass keine weiten Wanderungen von einer Gegend zur 
andern längs des Meeres oder der Küsten vorgenommen wer- 
den. Wenn man vordem solche jährliche Wanderungen aus 
dem Polarmeere nach den verschiedenen Küsten der euro- 
päischen Länder erdichtete, so hatte dies darin seinen Grund, 
dass man entweder die Verschiedenheiten des Herings, 'wel- 
cher verschiedene Bänke und Küsten besuchte, nicht wahr- 
nehmen, oder wenn man sie wahrgenommen hatte, daraus 
keinen vernünftigen Schluss ziehen konnte. Sind jedoch die 
Prämissen wahr und beruhen sie auf sicheren Erfahrungen, 
so muss auch der Schluss sicher sein... Der nur mit klei- 
nen und zarten Flossen begabte Hering ist ein schwacher 


69 


Schwimmer und kann eben aus diesem Grunde keine lan- 
gen Reisen vornehmen. 

Ferner können wir ebenfalls durch die Erfahrung uns 
davon überzeugen, dass der Hering zu gewissen Jahreszei- 
ten sich in dicht geschlossenen Haufen an seichteren Stellen 
in der Nähe der Küsten oder auf Bänken aussen im Meere 
ansammelt und dass dieselbe Heringsart in anderen Jah- 
reszeiten im Magen des Dorsches und anderer Raubfische an- 
getroffen wird, welche in der Tiefe nicht weit von den Bän- 
ken gefangen werden. Hieraus muss man den bestimmten 
Schluss ziehen können, dass derselbe Hering, welcher pe- 
riodisch an seichten Stellen hinaufsteigt, ausserdem in der 
Tiefe der Meeresthäler (Bassins) lebt, welche sich vor oder 
zwischen den Bänken befinden. Noch mehr: da es dieselbe 
Heringsart ist, ‘welche jedes Jahr auf dieselbe Untiefe hin- 
ansteigt und laicht, und da dieselbe Art auch in anderen 
Jahreszeiten in derselben tiefen Gegend des Meeres zu Tage 
kommt, so können wir schliessen , dass es dieselben Schaa- 
ren sind, bestehend aus denselben Individuen, welche 
jährlich denselben seichten Grund besuchen, um zu laichen. 
Ferner: aus dem Heringsrogen, welcher auf eine gewisse 
Bank abgesetzt wird, muss sich Brut von derselben Art 
(derselben Varietät) entwickeln, von welcher der Hering ist, 
der dort gelaicht hat. Diese Brut findet man zuerst sich 
nahe bei der Laichstelle haltend, an welcher sie aus dem 
Rogen hervorgegangen ist; nachher findet man, dass sie all- 
mälig sich mehr von da entfernt und schliesslich in der 
Tiefe verschwindet. Nun können wir aus mehreren Erfah- 
rungen mit Sicherheit schliessen, dass sie in der Zeit des 
Jahres, da die Heringsschaaren verschwunden sind, sich 
nicht weit, kaum einige Meilen weit von den Laichstellen 
befindet,*) und dass sie sich dort aufhält, ersieht man, wie 
erwähnt, daraus, dass man Hering in dem Magen der dort 


*) Unter mannigfachen anderen Beweisen können wir uns auch be- 
rufen auf einen vom Prof. Sundewall in dessen Berättelse om fisker: 
i Stockh.'s län $. 21 angeführten. 


70 


gefangenen Raubfische antrifit. Wenn aber dieser junge He- 
ring zur Fortpflanzung reif wird, wendet er sich zu dersel- 
ben Stelle zurück, an welcher er selbst ausgebrütet worden 
und von der er als Heringsbrut, ausgegangen ist.*). Dies 
können wir auch daraus entnehmen, dass junger Hering, 
welcher angefangen hat, sich in einer gewissen Gegend fort- 
zupflanzen, derselben Varietät angehört, wie der alte, wel- 
cher sich dort ebenfalls fortpflanzt. Er kann folglich von 
keinem anders woher eingewanderten Haufen sein. In die- 
ser Beziehung zeigen alle Fische denselben Naturtrieb wie 
die Vögel (jährlich sich nach derselben Stelle zurückzuwen- 
den, an welcher sie ausgebrütet worden sind), sogar dieje- 
nigen, welche die grössten Ausflüge nach weit entlegenen 
Zonen machen: der Storch, die. Schwalbe, die Nachtigall 
und unzählige andere wenden sich im folgenden Jahre dem- 
selben Hausdache, derselben Scheune oder demselben Bu- 
sche wieder zu, von denen sie am verflossenen Herbst aus- 
geflogen sind. Dass es sich. ebenso mit den Fischen verhält, 
davon hat man Beweise durch direkte, in älteren und neue- 
ren Zeiten angestellte Untersuchungen. Hinsichtlich des 
Lachses hat sich dies bestätigt, und dass dasselbe Verhal- 
ten beim Heringe stattfindet, ist lange vorher zu Tage ge- 
legt worden, z. B. von Benjamin Franklin, angeführt in 
Kalm’s Reise II. S. 394.**) 

Auf diese Sätze, gestützt auf Erfahrungen, muss nach 
der Ueberzeugung aller Sachkundigen jedes vernünftige Haus- 
halten mit der Heringsfischerei sich gründen. Ich glaube 
daher sie hier kurz wiederholen zu müssen. 

I) Jedes Meer hegt in seinen verschiedenen 


*) Diesen Satz, welcher, den Hering betreffend, vor vielen Jahren bei 
uns öffentlich zu Tage gelegt worden ist, hat Prof. Sundewall auch 
in Beziehung auf den Strömling bestätigt gefunden. (S. Sundewall, 
Stockh. Skärgard, 8. 22.) — — „so müssen es dieselbe Scheer und de- 
ren erwachsene Abkömmlinge sein, welche jährlich wieder kommen, um 
da Eier zu legen, wo sie selbst erzeugt worden sind.“ 


”) Vgl. Handl. rör. Sillf. 8.49 n. 50. 


7 


Bassins verschiedene Artabänderungen des He- 
rings, welche dort in der Tiefe verbreitet sind und von 
da jedes Jahr zur nächsten Untiefe aufsteigen, um sich dort 
fortzupflanzen. (Underdaan, Berätt. af d. 11. Nov. 1826, in- 
förd i Journ. för Handel, slöjd och konst d. 2. Febr. 1827. 
— Handl. rör. sillfisk S. 7. — Förnyad underd. Ber. af d. 
1. Mars 1828. 4to. p. 29. — Handl. rör, sillfisk p. 51.) 

2) Das Quantum von Hering (’s Varietät), welches jedes 
Bassin beherbergt, kann ausgefischt oder vertrieben werden, 
(wenn man nämlich mit hunderten von Booten und tausen- 
den von Menschen, mit dem bei solcher Gelegenheit vor- 
fallenden Lärm und Geräusch, ihn mit Heringswathen ver- 
folgt, wo er nur immer auf einen seichten Grund oder an 
einen Strand zu gelangen sucht, um zu laichen, und noch 
dabei das Wasser durch einen stinkenden Schlamm aus den 
Thrankochereien verpestet), und so kann die Fischerei auch 
in einer Gegend des Meeres zerstört werden. 

3) Nachdem eine Fischerei in einer Gegend zerstört ist, 
kann man keinen Ersatz durch Einwanderungen aus anderen 
Gegenden, sondern nur nach und nach durch Anwachs und 
Entwickelung der zurückgebliebenen Brut erwarten; denn 

4) nach der Gegend, in welcher die Fische erzeugt wor- 
den sind, gehen sie nachher jährlich, und in ihr pflanzen 
sie sich fort, wenn sie reif geworden sind. 

5) Man muss deshalb vor Allem die Brut und den un- 
reifen Fisch schonen und nur den reifen nehmen. Fischt 
man auch den unreifen weg, so zerstört man so in Grund 
die Fischerei in einer früher fischreichen Gegend, dass sie 
dort gar nicht mehr wieder hergestellt werden kann. 

Diese Sätze, welche vor 26—28 Jahren hier dargelegt 
wurden, sah man blos als theoretische Hypothesen an, die 
keine Berücksichtigung verdienten. Sie zu bekämpfen und 
ihre Anwendung auf unsere zerstörte Heringsfischerei zu ver- 
hindern, wurden alle Mittel in Bewegung gesetzt, Verhöh- 
nung, Drohung, Machtspruch, Wort- und Meinungsverdre- 
hung, und die für Schweden in staatsökonomischer Hinsicht 


72 


so höchst wichtige Angelegenheit ward niedergehalten und 
wie eine lumpige ‚Parteisache ‘behandelt. Inzwischen. hat 
derjenige, welcher die obigen Sätze hier zuerst aussprach, 
in den letzten Jahren eine freilich nicht unerwartete, aber 
doch vorzüglich willkommene Bestätigung derselben eben 
von. anderen entlegenen Gegenden des Meeres erhalten. Im 
20sten Bande von Cuvier’s und Valenciennes weltbe- 
kannter Histoire nat. des Poissons, Paris 1847, also 20 Jahre 
nach Veröffentlichung jener Sätze, äussert sich Hr. Valen- 
ciennes 8. 47 folgendermassen: „Unsere Märkte in Paris 
versehen sich mit frischem, im.Kanale gefischtem und vor- 
züglich aus den Häfen von Dieppe und Calais abgesendetem 
Hering. Zu jedem dieser Häfen gelangen die Fischfänge aus 
den Bassins des Oceans, welcher sie umgiebt. Jedes die- 
ser Bassins muss eine eigene Varietät von Hering 
haben; denn die Fischhändler wissen sehr wohl nach dem 
Ansehen zu beurtheilen, woher diese Fische gekommen sind. 
Mit weniger Uebung ist es nicht schwer, den Hering von 
Calais zu erkennen, dessen Körper länglich und von den 
Seiten etwas zusammengedrückt, und ihn von dem von 
Dieppe zu unterscheiden, dessen Körper mehr drehrund und 
untersetzt ist.“ — 

So hat auch Hr. Valenciennes, der grösste Ichthyologe 
der Jetztzeit, sich davon überzeugt, dass die verschiedenen 
Bassins im Meere verschiedene Varietäten .des Herings be- 
herbergen. Diese einmal gewonnene und wohl erwogene Er- 
fahrung verbietet alle Gedanken an weite Wanderungen des 
Herings und muss als Resultat auch an den Tag legen, dass 
dieselbe Varietät in der Nähe ihres Bassins laicht, in wel- 
chem auch ihre Brut sich aufhalten soll. Auch diese Wahr- 
heit hat Valenciennes erkannt; er erwähnt, dass er sich 
Heringsjunge unter dem Namen „Blanches“ habe zusenden 
lassen, welche die Fischer als besondere Art angesehen ha- 
ben. „Aber sie fischen diese kleinen Fische nicht, welches 
recht glücklich ist,“ fügt er hinzu, „denn sonst würde man 
bald die Haufen von reifem Heringe sich auf eine merkliche 


13 


Weise vermindern sehen.“ Das ist gerade dasjenige, was 
bei uns geschehen ist und mehr und mehr geschehen muss 


durch das Wegfangen der Heringsjungen. 


Fortpflanzung. 


Der Hering steigt, wie oben erwähnt, von den Meeres- 
thälern in’ dicht geschlossenem Haufen, wenn die Eierstöcke 
(Rogensäcke) und die Testikeln (Milchsäcke) zu schwellen 
beginnen, so einen oder den andern Monat vor dem Rogen- 
legen, auf Bänke in der offenen See, nach Meerengen oder 
nahem Strande, wo das Wasser klar ist und der Boden ent- 
weder in reinem Sande oder Steinen besteht und mit Tang 
und Seegras bewachsen ist, um dort seinen Rogen abzu- 
setzen und seine Milch auszuschütten. Die Tiefe, in wel- 
cher der Hering laicht, ist etwas ungleich, gewöhnlich 3 bis 
12 Faden, bei Arilds Läge 4 bis5 bis 8 Faden Wasser. Aber 
die Jahreszeit, in welcher diese Verrichtung vorfällt, ist sehr 
ungleich. - Der Hering, welchen wir Kullasill (Hering von 
- Kullen) genannt haben, laicht im Herbste um Michaelis, an 
besonderen Stellen in: etwas ungleicher Zeit von der Mitte 
des September und im ganzen October. Diese Heringsform 
hat ihre Stationen und Laichstellen stellenweise vom Sunde 
und von Kullen in Schonen gegen den Kungsbacka fjord in 
Holland hinauf. Hier aber ist an der schwedischen Küste 
die Grenze. für diese Heringsart, und oberhalb dieser be- 
gegnen wir einem der Form nach etwas verschiedenen He- 
ringe, dem sog. Götheborgs oder Bohussill, und dieser laicht 
in. einer ganz andern Jahreszeit, nämlich mitten im Winter 
oder zeitig im Frühjahre. Dieser hat seine Laichstellen stel- 
lenweise' an der schwedischen Westküste von den Oeckerö- 
Scheeren vor Gothenburg bis zu den Scheeren nach Ström- 
stad hinauf. Ein Theil derselben Fischart laicht so- 
nach während der stärksten Winterkälte, ein anderer wäh- 
rend oder kurz nach‘ der stärksten. Sommerwärme. (Dies 
stimmt nicht recht mit dem überein, was Hr. Quatrefages 
geäussert hat,, — Comptes rendus, 1853, p. 936, — dass 


14 


jede Fischart eine bestimmte Temperatur für das Ausbrüten 
des Rogens verlange. Die Ursache dieser merklichen Ver- 
schiedenheit in der Form sowohl, als der Laichzeit beim 
Hering an unserer Westküste kennen wir nicht vollständig; 
aber bemerkenswerth ist es, dass die Grenze zwischen die- 
sen verschiedenen Heringsstämmen gerade auf der Grenze 
zwischen dem Kattegat und Skagerrack liegt. Der erstere 
oder der Kullasill hat auch in dieser Hinsicht mit dem sun- 
dischen Heringe, der letztere mit dem norwegischen Win- 
ter- oder Bergen-Hering Aehnlichkeit. Dem atlantischen 
Ocean, welcher die westliche Küste von Norwegen bespült, 
liegt die Strecke der bohusländischen Scheeren offen; aber 
dies ist nicht der Fall mit der Küste von Holland, Kullen 
und dem Sunde. Es scheint sonach die ungleiche Beschaf- 
fenheit des Wassers an Salzigkeit, Tiefe, Bewegung, Boden 
u. 8. w. zu sein, welche während des Laufes der Zeiten all- 
mälich diese Ungleichheit hervorgebracht, die sich seitdem 
unverändert erhalten hat. Und das, was die Richtigkeit die- 
ser Ansicht zu beweisen scheint, dass das offene Wasser des. 
Weltmeeres dazu beigetragen habe, die längere, schmälere 
Form und das stillere Scheerenwasser die mehr untersetzte 
zu bilden, kann auch daraus geschlossen werden, dass der 
norwegische Sommerhering, welcher mehr in den Scheeren- 
bezirk an den norwegischen Küsten hineingeht, in Form, 
Laichzeit, Feinheit und Geschmack des Fleisches mehr Aehn- 
lichkeit mit dem schonischen Kullahering, als mit dem nor- 
wegischen Winterhering hat.) 

Hier im Sunde vor Malmö, Raa, Helsingborg beginnt 
gewöhnlich der Hering sich den Küsten und dem Grunde 
zu nähern im Julius oder August; er laicht hier im Spät- 
herbste von der Mitte des September oder dem Anfange des 
October an, wo alle Heringe voll sind, bis zur Mitte des 
letztgenannten Monats, wo die meisten leer und nur bei 
dem einen oder andern die Rogensäcke angeschwollen sind. 
Dasselbe Verhalten findet Statt in Kullen und an den Kü- 
sten von Holland bis hinauf bei Bua oder dem Baatfjord, 


75 


wo der Hering auch im Herbste, aber etwas später, näm- 
lich gegen Ende des October und im November laicht.*) 
Aber weiter nach Norden laicht er zu einer ganz andern 
Jahreszeit, wie oben erwähnt ward. 

Gehen wir weiter nach Norden, so treffen wir nämlich 
in der Oeckerö- oder Kalfsunds - Scheerengruppe zwischen 
beiden Ausläufen des Göthaelf den sogenannten Götheborgs- 
oder Bohussill, welcher etwas grösser und mehr langgestreckt 
ist und im Frühlinge am Ende März oder im April laicht. 

Dasselbe Verhalten findet sich bei dem Heringe, welcher 
weiter nördlich vorkommt, nach Eckström, wo am Strande 
bei Tjörn zwei Laichplätze, nämlich Hammarsand und Kalf- 
vesund, und nach von Wright eine Laichstelle in den Me- 
rianda - Scheeren existiren. Nördlicher kennt man keine 
Laichstellen für den Hering an dieser Küste eher als in 
den Fjellbacka -Scheerengruppen, und an all diesen Stellen 
laicht er zur selben Zeit und hat dasselbe Ansehen. 

' Ungeachtet der Hering allezeit auf eine der dem Bassin 
zunächst gelegene Untiefe hinansteigt, um zu laichen, ver- 
ursacht doch der Wind, dass er zuweilen den Platz ver- 
tauscht. Er sucht stets unter dem Lande in Lee zu ste- 
hen, von welchem der Wind herkommt. Aus dieser Ur- 
sache sucht er verschiedene Ufer an demselben Bassin; aber 
aus dem Bassin und dessen Umgebung geht er nicht. Er 
ist, wenigstens während der Laichzeit, so empfindlich gegen 
unreines Wasser, dass wenn der Strom im Meere sich ver- 
ändert, während ein Haufen steht und laicht, er sogleich 
weiter zieht, weil Sand und andere Unreinigkeit vom Bo- 
den aufgerührt wird. 

In allen Gegenden, in denen der Hering laicht, giebt es 
Heringsjunge von verschiedener Grösse, von den zartesten 
bis zu den am meisten erwachsenen, Diese haben verschie- 
dene Namen : Sillmör, Sillstagg, Loddsill, Smaasill u. s. w. 
Die Heringsbrut, welche aus den Haufen hervorgegangen 


”) Nilsson, Handl. rör, Sillfiske $. 56, 


76 


ist, die in einer Gegend gelaicht haben, hält sich zuerst in 
derselben Gegend auf, in welcher sie Ruhe auf der Untiefe 
und an sandigen Strändern sucht, z. B. in der Skeldervik, 
wo sie bei stillem Wetter im Sommer und Herbste: biswei- 
len in grosser Menge gesehen wird. An Flussmündungen, 
bei denen süsses und salziges Wasser sich vermischen, wird 
die Temperatur höher (das Wasser laulicher als im Meer 
und dem Fluss), welches die Hauptursache sein dürfte, wes- 
halb die zarte Brut solche Stellen sucht. Heringsjunge von 
2, 3, 4 Zoll Länge trifft man an den Mündungen der Vegeaa 
und der Rönneaa an, ebenso an anderen Mündungen längs 
der Küste hinauf. Alle Heringe in demselben Haufen sind 
ungefähr gleich gross. Wenn der Haufen ausgelaicht hat, 
kehrt er zur offenen See zurück und geht in die Tiefe. ‘Ob 
er sich dort auflöst oder zusammenhält, können die Fischer 
nicht ermitteln; doch ist das Erstere wahrscheinlicher. Denn 
wenn die Garnfischer, um Köder zu anderem Fischfang zu 
bekommen, in den Jahreszeiten, wo keine Heringshaufen be- 
merkt werden, ihre Heringsgarne setzen, erhalten sie ge- 
wöhnlich einen oder den andern Hering im Garne, woraus 
sich ergiebt, dass er mitunter zerstreut vorkommt. 

An die Westküste von Norwegen, südlich von Bergen, 
geht der Hering jährlich in viel: grösserer Menge, als. an 
irgend eine andere  skandinavische Küste.‘ Dies ist der 
grosse Frühlingshering, Winterhering (oder Graabenssill). 
Er beginnt gewöhnlich sich zu sammeln und sich der Küste 
zu nähern im Januar oder Februar und geht fort im April. 
Nach den Nachrichten, welche ich seit vielen Jahren (1826) 
zur Stelle empfing, findet er sich zuerst bei Skudesnäs, 12 
Meilen südlich von Bergen, ein und schreitet allmälich nord- 
wärts nach Glesvär, welches etwa 3 Meilen südlich von der 
erwähnten Stadt liegt. Man weiss nicht recht, ob es der- 
selbe Hering ist; wahrscheinlich jedoch sind es andere Hau- 
fen, welche sich nach und nach mehr nördlich zeigen. Wenn 
der Fischer die Ankunft des Herings erwartet, so besteigt 
er die Klippen und schaut nach dem Meere hinaus, wo er 


77 


schon auf Entfernung mehrerer Meilen die heranziehende un- 
geheure: Heringsschaär oder, wie es dort heisst, Herings- 
flotte („Sillflotta*) entdecken kann. Ihn verfolgen Hunderte 
von Wallfischen, welche Wasser in Dampfgestalt hoch in die 
Luft ‘spritzen, so dass, wie die Fischer versichern, die Mee- 
resfläche dasteht wie ein Nebel.: Andere vergleichen diesen 
Anblick mit einer Menge rauchender Schornsteine. Nachdem 
die Heringsflotte gegen die Küste vorgeschritten ist, lagern 
sich die Wallfische vor dieselbe in einem Halbkreise und 
gehen ab und zu. Es sondern sich Haufen von der Herings- 
flotte ab und gehen in die Buchten, um zu laichen. Der 
Hering steht dann dicht‘ gepackt. von der Meeresfläche an 
bis gegen den Boden hinab. Nachdem er gelaicht hat, ist 
das Wasser von: der Menge Milch, die er gespendet hat, 
weisslich. 

Der norwegische Sommerhering geht nach ganz anderen 
Küsten von Norwegen, als der vorige. Nach Tvethe’s Sta- 
tistik (Christiania 1848 8.61) soll er meistens an eine Strecke 
der nordklippigen Westküsten gehen, besonders Nordmöre, 
Fosen und Namdal. ‚Er kommt auch stellenweise an den Kü- 
sten vom Nordland und von der Finnmark vor. Diese Art 
Hering gleicht, wie schon vorher erwähnt ward, meistens 
dem Kullenheringe, und wie dieser gehört er nicht dem 
Oceane an, sondern scheint seine Stationen innerhalb der 
Scheeren"und..kleinen Inseln („Holmen“*) zu haben, 

Gehen wir zum südlichen. Theile der Ostsee von Abe- 
kaas, wo der Hering nur 8—9 Zoll lang ist, so finden wir, 
dass auch er, wie der Kullasill, um die Michaeliszeit laicht 
und damit den ganzen October ‚hindurch, selten aber bis in 
den November fortfährt. Aber es verdient bemerkt zu wer- 
den, dass es auch hier Hering giebt, welcher im Sommer 
zu Ende Mai und Anfang Juni laicht. Dieser ist etwas klei- 
ner, als der im Herbste laichende, sonst aber ihm ganz 
gleich. (Bemerkenswerth ist es, dass er in allem diesem 
einigen Strömlingen in den Stockholmer Scheeren gleicht.) 
Im Juli sieht man hier. Heringsjunge von: 1. Zoll. Länge, 


78 


schmal und durchscheinend ausser den grossen schwarzen 
Augen. Auch sieht man zu derselben Zeit Junge von 2 Zoll 
Länge. Die ersteren sind vermuthlich von denen, die im 
Mai, die letzteren von denen, die im Jahre vorher während 
des Spätherbstes gelaicht haben. Gehen wir in der Ostsee 
weiter hinauf, so treffen wir die noch kleinere Varietät des 
Herings an, welche man Strömming (in Deutschland Ström- 
ling) nennt und die z. B. in den Scheeren von Stockholms 
Län, wo er 7—8 Zoll lang ist, theils Frühlings im Mai und 
Anfangs Juni, theils im August bis Mitte September laicht.*) 
‘Weiter nördlich, z. B. bei Umea, soll der Strömling mitten 
im Juli laichen. Die Ursache dieser verschiedenen Laich- 
zeit kennt man nicht, auch die nicht, warum bei einigen 
der Rogen reiner weiss, bei anderen bleich grauweiss ist. 
Dasselbe habe ich auch beim Kiviksheringe bemerkt. — Bis- 
weilen trifft man in den nördlichen Scheeren von Stockholm 
und vor Gefle eine Varietät des Strömlings an, welche 11 
bis 13 Zoll in der Länge hält; seine Gestalt aber ist die 
vom andern Strömlinge. Vgl. Nilsson, Obsse ichthe. p. 10 
(Zeitschrift für die gesammten Naturwissenschaften, Bd 
XVI. Heft 7—8.) 


Aufenthalt, Lebensweise, Nahrung und Fortpflanzung 
des Süsswasser-Aales (Muraena Anguilla Linn.). 
Von S. Nilsson. 

(Uebersetzt von Fr. Creplin.) 

Der Verfasser führt vom Süsswasser- Aale drei Formen. 
auf, nämlich: 


l) den gemeinen Aal oder Reusen-Aal, Anguilla. 
acutirostris Yarrell, Muraena oxyrrhina Ekstr.; 


*) Vgl. Sundewall, Berätt. 8.23. Der bekannte Lidingö-Strömling 
laicht im Herbste im October und November. 


79 


2) den Gras-Aal, wie es scheint Yarrell’s Snig, und 
3) den Raub-Aal, Anguilla latirostris Yarr. 


Aufenthalt und Lebensweise. 


Der Aal kommt in den meisten Binnenseen, Flüssen und 
Flüsschen der mittleren Theile der skandinavischen Halb- 
insel und von da weiter gegen Norden hinauf vor. Im Dal- 
elf findet er sich bis nach Elfdal hinauf, im Raadasjö in 
Wermland, im westlichen Norwegen; z. B. in einem Wasser 
bei Hitterdal giebt es Aal bis nach Skeen hinauf. In den 
eigentlichen Gebirgszügen und in den nördlichsten Theilen 
der Halbinsel kommt er, soviel man weiss, nicht vor. Er 
ist empfindlich gegen Kälte und scheint in den kalten Ge- 
genden nicht zu gedeihen. An den Meeresküsten trifft man 
ihn stellenweise, oder in gewissen Jahreszeiten in grösserer 
Menge an denselben Stellen an. Denn der Aal unternimmt 
meistens im August und September Wanderungen aus den 
Binnenseen in Flüsse hinab vor, und wenn er dabei zum 
Meere gelangt ist, so setzt er seine Wanderungen längs des 
Strandes fort und besucht dabei dieselben Stellen der Küste, 
welche er seit undenklichen Zeiten jährlich besucht hat. 
Einen Beweis für diese regelmässigen Wanderungen kann 
man daraus entnehmen, dass sich an der östlichen und süd- 
lichen Küste von Schonen verschiedene Stellen befinden, an 
denen der Aal sich jährlich in grosser Menge auf seinen 
Wanderungen von Norden während der dunkeln Nächte des 
September und October einfindet, ohne die Stellen der Küste 
zu berühren, welche zwischen jenen liegen. Dass aber das- 
selbe Verhalten schon seit langer Zeit stattfand und dass 
dieselben Stellen der Küste schon von früher her einträg- 
liche Aalfischereien darboten, kann man daraus schliessen, 
dass wenigstens mehrere derselben beim Errichten des Ein- 
theilungswerks zur Zeit Karl’s XI. besteuert oder sonst einer 
Disposition unterzogen wurden. Dasselbe Verhalten findet 
die ganze Küste entlang aufwärts Statt; denn bis nach Hor- 
nösand giebt es besteuerte Aalfischereien. Dort scheint der 


80 


Aal aus den Seen in das Meer um den 24. Juli zu ziehen, 
nach gefälliger Mittheilung des Professors Berlin. 

Solche Stellen an der Ost- und Südküste von Schonen, 
wo der Aal dicht an die Strandufer geht und in grösserer 
Menge gefangen wird, sind: die Küste bei Inleboda, die 
Fischlage *) Knebäck, die Fischereigelegenheit Esperöd, die 
Fischlage Wik,- Baskemölla, Brantevik, Kaaseberga, Abe- 
kaas, Skaare, Fredshög und Falsterbo. An:allen diesen Stel- 
len findet sich der Aal in grösserer oder kleinerer Anzahl 
alle Jahre im September und October ein, besonders wenn 
die Nächte dunkel sind, und wird in sog. Aalreusen gefan- 
gen, deren Oeffinungen nach Norden und: Osten gerichtet 
sind, zum Beweise, dass der Aal von diesen Himmelsge- 
genden und von den Flüssen herkommt, welche sich dort 
ins Meer ergiessen. Der Aal, welcher solcherweise während 
der Wanderung gefangen wird, ist ausschliesslich von der 
zuerst angeführten Form, er wird deswegen auch Reusen- 
Aal genannt, weil man ihn in Reusen fängt. 

Das Merkwürdigste hierbei ist, dass diese ‘jährlichen 
Wanderungen des Aales eine grosse Regelmässigkeit darbie- 
ten, während man doch kaum annehmen kann, dass es die- 
selben Individuen seien, welche jährlich zu denselben Stel- 
len wiederkehren. Denn darin unterscheiden sich die Wan- 
derungen des Aales von denen des Lachses und aller ande- 
ren Fische, dass der Aal aus den Binnenseen in die Flüsse 
und ins Meer hinab wandert, wo er den Küsten nach Sü- 
den (wenigstens in der Ostsee) folgt, um eine passende Stelle 
zu seinem Winterlager aufzusuchen; ‘aber nie hat’ man be- 
merkt, dass erwachsene Aale während irgend einer Jahres- 
zeit schaarenweise aus dem Meere die Flüsse hinaufgehen. 
Deshalb sind auch alle Fischereigeräthschaften für den ‘Aal 
so gestellt, dass er gefangen werde, wenn er mit dem Strome 
geht; freilich bemerkt man, dass ein oder der andere Aal 


*, „Fiskläge“ ist ein Ort an der Seeküste, wo die Fischer ihre Hüt- 
ten haben. 


s1 


in den Flüssen bisweilen gegen den Strom geht; aber diese 
Fälle sind mehr einzeln und eine Wanderung in Masse 
von erwachsenen Aalen gegen den Strom findet nicht 
Statt, Es sind nur kleine Jungen, vermüthlich Brut aus 
dem Rogen, welcher von den ausgewanderten Aalen im Meer 
abgesetzt worden, die im Frühling in unzähligen Schaaren 
die Flüsse hinauf in Seee und in diese mündende Flüss- 
chen, Bäche und andere Gewässer, als Brüche, Sümpfe und 
tiefe Pfützen ziehen, soweit sie möglicher Weise vordringen 
können; dort bleiben sie und wachsen heran, bis der Fort- 
pflanzungsinstinkt sie treibt, wo sie dann, gleich ihren EI- 
tern vor ihnen, sich auf Wanderungen gegen das Meer be- 
geben und dort dieselbe Richtung verfolgen wie jene, ohne 
von ihnen begleitet zu werden, und dieselben Stellen be- 
suchen, welche sie nie zuvor gesehen haben. 

Der Aal erreicht bisweilen eine bedeutende Grösse; bei 
Amaal werden mitunter Aale von 5 Pfd. Schwere gefangen; 
bei Oerebro bekommt man Aale von 6 Pfd. und bisweilen, 
aber selten, von 7 Pfd. In Schonischen Seeen sind z. B. im 
Ringsjö Fahnj Aale von 9 Pfd., im Böringesjö von 6 Pfd., 
im Ringsjö von 7 Pfd. und in Fjällfotasjö ein einziges Mal 
ein Aal von 11 Pfd. gefangen worden. Dies ist aber äus- 
serst selten; gemeinhin erlangt der Aal 1% bis 2 Pfd. an 
Gewicht. | 

Der gemeine oder sogenannte Reusen- Aal setzt sich am 
meisten in Bewegung und streicht am weitesten umher. Er 
geht den ganzen Sommer hindurch, vom April oder Mai an, 
wenn der Binnensee eisfrei wird, meistens bei abnehmen- 
dem Monde, wenn die Nächte dunkel sind; denn der Aal 
ist äusserst furchtsam und scheu; besonders aber wandert 
er während der dunkeln Nächte im September und October 
. und fängt damit schon im August an. Doch nicht alle wan- 
dern aus; ein grosser Theil bleibt in den Seeen zurück und 
begiebt sich bei Annäherung des Winters auf weichen Bo- 
den in Schlamm oder Thon, wenigstens in der Nähe des 


Stroms, und bleibt dort den ganzen Winter hindurch lie- 
1861. Bd. IV. 6 


82 


gen., Aber auch im Sommer halten sich die Aale oft tief 
im Schlamm auf, in welchem sie ihre Löcher haben, denen 
sie,zueilen, wenn eine nahe Gefahr sie treibt, sich zu ver- 
bergen. ‘Die Löcher sind von verschiedener Grösse, rund, 
glatt an den Rändern, von 3—12 Zoll Durchmesser; sie 
liegen im Schilfröhricht im weichen Boden und mehrentheils 
in etwa 4 Fuss Wasser im Ringsjö. „Wenn man mit der 
Fischergabel einen Aal haut, so springen alle in der Nähe 
davon,in ihre Löcher hinab, von denen bisweilen eine ganze 
Menge Aale ein gemeinschaftliches hat, ebenso wie die Schlan- 
gen auf der Erde, wenn sie erschreckt werden, nach ihren 
Löchern springen.“ 

Der sog. Raub-Aal iii Slukaal) gleicht hinsicht- 
lich der Lebensweise in verschiedenen Stücken dem Reusen- 
Aale nicht. Er wandert nicht, wenigstens nicht regelmäs- 
sig, wie dieser, mit welchem er bei den Wanderungen nie 
zusammentrifft; er geht nie dahin, wo Rogen ausgelaicht 
ist, um solchen zu verzehren, und lebt meistens von Fi- 
schen, weshalb er am besten mit der Grundschnur gefan- 
gen wird, wozu man im April und Mai kleine Plötzen als 
Lockspeise gebraucht; weiterhin im Sommer, wo man Re- 
genwürmer als Köder anwendet, bekommt man selten Raub- 
Aal am Angelhaken, wogegen der gemeine Aal am besten 
mit diesem Köder gefangen wird. Die Fischer versichern, 
dass man an der Grundschnur merken kann, dass Raub-Aal 
dort sei, denn er reisse an ihr und schlenkere und sei weit 
stärker als der gemeine. Auch behaupten sie, der Raub- 
Aal sei böse, „beisse zu und zische wie eine Schlange“. 

Eine dritte Art Aal wird von den Fischern am Ringsjö so- 
wohl, als an der südöstlichen Meeresküste Gras- Aal (schwed. 
Gräsaal) genannt. Die Fischer am Ringsjö beschreiben ihn 
folgendermassen: Er hat eine spitzigere Schnauze als der ge- 
meine, ist grün oder gelb von Farbe und so weich, dass 
man leicht 2— 3 Stück in. der Hand festhalten kann; er 
geht in seichtes Wasser am Schilfe, wo der Blei laicht, und 
verzehrt Fischrogen , von welchem er zuweilen ganz vollge- 


83 


stopft ist. Mitunter liegen an der Laichstelle mehrere in 
einer Reihe und fressen Rogen. Er geht nie in den Strom 
hinab und nie hat man ihn auf’s umzäunte Ackerland ge- 
hen, noch sich bündelweise verknüpfen sehen; man bekommt 
ihn blos aus dem See mittelst Netz und Angel. Er wird 
nur 1 Pfd. schwer. Man bekommt ihn selten und nur im 
Sommer. Sein Fleisch ist gut zu braten, aber nicht zu räu- 
chern, denn dazu ist es zu weich. — Bei Abekaas, wo er 
Gras-Aal heisst, wird er als hellgrün von Farbe und 
weich von Fleisch geschildert; bei Carlshamn (Pulkavik ) 
heisst er Weichaal („Blötaal“) und wird von den Fischern 
als wachsgelb unter dem Bauche, spitzig von Kopf, mit 
kleinen Augen und weich von Fleisch beschrieben. Man 
fängt ihn dort mit dem Aaleisen zwischen Tang, meistens 
zwischen Pfingsten und Johannis. 

Es geht allgemein die Rede unter den Fischern, wenig- 
stens an unseren Westküsten, dass der Aal, welcher den 
Winter hindurch im Schlamm oder Thon auf dem Meeres- 
boden vor den Küsten stillliegt, ganz blind sei, wenn er 
im Frühling hervorzukriechen beginne. Er soll alsdann An- 
fangs sehr schläfrig und träge sein. 


Nahrung. 


Der Aal ist ein Raubfisch und lebt ausschliesslich von 
thierischer Nahrung. Er verzehrt Würmer, Insekten, In- 
sektenlarven, Schnecken und andere Crustaceen nebst Fisch- 
rogen und Fischbrut, welche sich in den von ihm bewohn- 
ten Gewässern befinden. Der Raub-Aal ergreift und ver- 
zehrt meistens Fische; in einem solchen von 2 Fuss Länge 
fand ich einmal eine Aalmutter von 5 Zoll Länge. Die beste 
Speise für den Aal aber scheinen Krebsrogen und junge 
Krebse zu sein, welche letztere er in deren Löchern unter 
Steinen und in Flussufern aufsucht, wenn sie die Schale 
wechseln. Er sucht und verzehrt sie mit solcher Begierde, 
dass wenn er in ein Gewässer gelangt ist, das reichlich 
Krebse enthält, er dieselben in einigen Jahren vermindert 

6* 


84 


oder ausrottet; dies ist im Wenersee und den in diesen sich 
ergiessenden Wassern der Fall gewesen. — Der Aal geht 
auch begierig nach Cadavern, welche im Wasser liegen, 
auch wenn sie schon angefangen haben, in Fäulniss über- 
zugehen. — Man hat behauptet, der Aal gehe auf’s Land, 
besonders auf Erbsenäcker, welche nahe am Wasser liegen, 
um Erbsen zu fressen, und schon in meiner Kindheit hörte 
ich in verschiedenen Gegenden des Landes von dieser Sage, 
welche gewissermassen eine Art Volksglauben ist. Es ist in- 
dessen ganz gewiss, dass der Aal weder Erbsen noch Gras 
frisst, wie auch wohl behauptet wird. Aber die Sage hat 
doch einigen Grund, denn der Aal geht wirklich mitunter 
ans Land, um auf Niederung im feuchten Grase, bei star- 
kem Thau und meistens blos in der Nacht, Nahrung zu su- 
chen, wie dies von mehreren glaubwürdigen Personen be- 
zeugt wird und auch die Fischer am Ringsjö wissen es aus 
Erfahrung. Nun ist bekannt, dass sich auf sumpfigem Bo- 
den oder nahe am Wasser meistens eine Menge Ackerschnek- 
ken (Limax agrestis) findet, welche besonders zur Nachtzeit, 
wenn Thau gefallen ist, sich oben auf der Erde aufhalten, 
und diese Schnecken machen eine beliebte Speise für den 
Aal aus. 


Fortpflanzung. 


Seit den ältesten Zeiten, in denen unseres Wissens Na- 
turerzeugnisse der Gegenstand wissenschaftlicher Forschung 
gewesen sind, hat man die Fortpflanzungsart des Aals zu 
ermitteln gesucht, und obgleich diese Untersuchungen zu 
verschiedenen Zeiten bis heute fortgesetzt worden sind, hat 
man doch noch immer keine vollständige Aufklärung über 
den fraglichen Gegenstand . erlangt. Gleichwohl hat man in 
unseren Tagen gewisse Verhältnisse bei der Fortpflanzung 
kennen gelernt, welche die vollständige Lösung der Frage 
in nicht zu ferne Aussicht stellen. 

Ich will hier in grösster Kürze einige der verschiedenen 
Meinungen anführen, welche sich zu verschiedenen Zeiten 


85 


unter den Naturforschern, betreffend die Entstehung und _ 
Fortpflanzung dieses sonderbaren, nicht blos der äussern 
Form, sondern auch in gewisser Beziehung der Lebensweise 
nach, schlangenähnlichen Fisches geltend gemacht haben, 
und danach das, was wir davon bis jetzt wissen, darlegen 
und die Punkte andeuten, die noch auszumitteln bleiben. 

Aristoteles, welcher (ungefähr 350 J. v. Chr.), soviel 
wir wissen, der Erste war, welcher das zu seiner Zeit hin- 
sichtlich der Lebensweise u. s. w. der Thiere Bekannte sam- 
melte und für die Nachwelt niederlegte, überlieferte auch 
das, was er von der Entstehung des Aals zu wissen glaubte, 
In seiner Historia Animalium lib. IV. cap. XI. äussert er 
sich 'folgendermassen darüber: „Beim'Aale giebt es weder 
‘Männchen noch Weibchen, auch kann er aus sich selbst 
keine Brut hervorbringen“ u. s. w., und lib. VI. cap. XV. 
legt er seine Ansichten ausführlicher dar. Er äussert dort 
sehr bestimmt, dass der Aal weder durch Paarung noch 
durch Rogenlaichen sich fortpflanze, „denn niemals sei ein 
Aal gefangen worden, welcher Samenflüssigkeit oder Rogen- 
körner dargeboten habe; auch habe kein Aal, welcher zer- 
schnitten worden, eine Oeffnung gezeigt, durch welche jene 
ausgeführt werden könnten. Von allen Thieren mit Blut 
sei der Aal das einzige, welches ohne Paarung und ohne 
Eier entstehe, und dies erhelle daraus, dass in schlammi- 
gen Sümpfen, selbst wenn der Schlamm entfernt worden, 
auf's Neue Aale erzeugt wurden, nachdem Wasser durch 
Regen u. s. w, hinzugekommen sei.“ „Sie bilden sich aus 
Würmchen hervor, welche sich aus sich selbst im Schlamm 
und in feuchter Erde erzeugen.“ 

Dieselbe Meinung erhielt sich lange bei mehreren Nach- 
folgern des Aristoteles. Andere, wie Plinius in der 
Hist. natur. lib. XIX. cap. LI., nahmen an, dass Aaljunge 
durch den Schleim entständen, welchen die Aale sich ab- 
schabten, wenn sie sich an Klippen rieben, oder sich um 
einander schlängen, und dass aus diesem Schleim, wenn er 
' in den ‚Schlamm gelangte, Aale würden. (Es mag bemerkt 


86 


zu werden verdienen, dass dies Vorurtheil noch jetzt unter 
unseren Fischern an gewissen Orten zu herrschen scheint. 
In einer Notiz, welche ich am 13. Februar 1832 von einem 
meiner vormaligen Schüler, dem verstorbenen Dr. K., Fi- 
sche in Blekinge betreffend, empfing, kommt Folgendes vor: 
„Die Fischer halten dafür, dass die Fortpflanzung des Aals 
folgendermassen geschieht: Wenn die Aale sich versammeln, 
um zu laichen, so umschlingen sie sich zu grossen Knäueln 
oder Klumpen. Auf diese Weise verflochten, reiben sie 
sich unaufhörlich an einander, wodurch eine grosse Menge 
Schleim abgerieben wird. Aus diesem Schleim sollen die 
Jungen entstehen.“ Rondelet u.A., welche auch bei den 
Aalen eine Paarung annahmen, scheinen gemuthmasst zu ha- 
ben, dass sich bei ihnen Eier sowohl, als Samenflüssigkeit 
fänden, dass aber beide mit Fett vermischt und solcher- 
weise nicht sichtbar wären. Leeuwenhoek glaubte Aal- 
junge in den von ihm im Anfang März geöffneten Aalen ge- 
funden zu haben, aber Andere haben schon dargethan, dass 
diese vermutheten Aaljungen Eingeweidewürmer waren. 


Zwischen diesen beiden Ansichten, dass die Aale aus Aal- 
schleim oder gleichsam von selbst im Bodenschlamm ent- 
ständen, oder dass die dünnen Intestinalwürmer, die man 
oft in Aalen findet, wirkliche Aaljunge seien, und der Aal 
sonach ein Animal viviparum sei,*) sind die Meinungen 
lange getheilt gewesen. Die letztere Meinung, dass der Aal 
lebendige Junge gebäre, wird noch von unseren meisten Fi- 
schern angenommen. Dass dies indessen nicht der Fall ist, 
wissen wir jetzt mit Bestimmtheit. Der Erste, welcher die 
Eierstöcke des Aals beschrieb, dürfte O. Fr. Müller sein. 


*) Diese Meinung suchte Fahlberg in den Vet. Ak.s Handl., 1750, 
p. 194 zu beweisen. Die vermutheten Aaljungen, welche er in aufge- 
schnittenen Aalen fand, lagen im Darme. Nun brauchen wir nicht mehr 
zu wissen, um einzusehen, dass es Eingeweidewürmer waren. Schon 
Aristoteles wusste, dass Aaljunge nicht im Magen oder Darme vor- 
kommen können und widerlegte mit starken Gründen dieses auch in sei- 
ner Zeit gäng und gebe Vorurtheil. Arist. l.c. p. 142 u. 221. 


87 


(8. Schr. d. Ges. naturf. Fr. Bd. I. S. 204.)*) Aber derje- 
nige, welcher zuerst eine vollständige und richtige Beschrei- 
bung derselben veröffentlichte, war der grösste comparative 
Anatom unserer Zeit, Baron G. Cuvier in seiner Hist. nat, 
d. Poissons, Paris 1828, I. p. 533. Gewiss sind sie jedoch 
schon vor diesem von John Hunter in London beschrieben 
und abgezeichnet worden, obgleich das Manuscript und die 
Zeichnungen erst in den letzteren Jahren in dem Kataloge 
des Hunter’schen Museums publieirt worden sind. Spä- 
terhin haben mehrere Schriftsteller, Yarrell, H. Rathke 
u. M. die Eierstöcke des Aals nebst den in ihnen vorkom- 
menden Eiern (Rogenkörnern) beschrieben. Derjenige aber, 
welcher, soviel ich weiss, bisher-am vollständigsten diesen 
Gegenstand behandelt und ihn für eine eigene ausführliche 
Abhandlung benutzt hat (De Anguillarum texu et genera- 
tione Gryph. 1842), war Reinh. Fr. Moritz Hohnbaum- 
Hornschuch. In dieser vortreffllichen Abhandlung hat 
Hohnbaum lithographirte Figuren von den Eierstöcken so- 
wohl mit den Eiern, als den von H. Rathke entdeckten 
kleinen Ausführungskanälen für die letzteren geliefert, so 
auch von den durch das Mikroskop vergrösserten Rogenkör- 
nern. Mit Rathke und Yarrell nimmt auch Hohnbaum 
an, dass der Aal Rogen ausleere und keine lebendigen Junge 


*) Nicht 0. Fr. Müller, sondern Anton Vallisnieri hat zuerst das 
Fortpflanzungsorgan (Ovarium) des Aales beschrieben und (obzwar roh) 
abgebildet; doch irrte er darin, dass er demselben einen kurzen in. die 
Cloake mündenden Ausführungsgang (Oviduct) zuschrieb.. Es entdeckte 
aber jenes bandähnliche Doppelorgan nicht Vallisnieri, sondern ein 
berühmter Arzt in Padua, Namens Sancassanus, welcher dem Val- 
lisnieri auf dessen Bitte, ihm wo möglich einen trächtigen Aal zu ver- 
schaffen, einen, in dessen Fortpflanzungsorganen er, wie nachher Valis- 
nieri selbst, die Eier erkannt zu haben glaubte, zugeschickt hatte. (S. 
Valentini, Amphitheatrum zootomicum, Fref. a. M. 1720. Pars altera 
p- 126.) Was aber Vallisnieri für Eier hielt und für solche abbildete, 
waren wohl offenbar Fettbläschen; die wahren Eier erkannten weder er 
noch, soviel ich weiss, alle Späteren nach ihm, bis auf Rathke, wel. 
cher sie zuerst auffand und beschrieb. (S. Wiegmann’s Archiv, J, 
1838, I. 8. 299.) | Creplin, 


88 


gebäre, theils weil, wie Yarrell bemerkt, sich beim Aal 
eine zahllose Menge von Rogenkörnern findet und die Fi- 
sche, welche lebende Junge gebären, deren nur eine ge- 
ringe Anzahl besitzen, theils weil, wie Rathke auch an- 
geführt hat, die Ausführungskanäle so eng sind, dass die 
Eier, in der Bauchhöhle zu Fötus entwickelt, nicht würden 
hindurch kommen können. 

Bevor wir weiter gehen, muss ich in der Kürze. die Fort- 
pflanzungsorgane des Aals beschreiben. Oeffnet man einen 
Aal längs der Bauchseite von der Brust bis -zum Nabel, 
so sieht man neben den übrigen Eingeweiden längs des Rük- 
kens eine lange, in der Mitte dickere, nach beiden Enden 
verschmälerte Schwimmblase, welche sich nach oben bis 
zum Zwerchfell erstreckt und nach unten etwas hinter den 
After geht. Längs beider Seiten der Schwimmblase liegt 
ein weisses, ziemlich breites, etwas gefaltetes Band, wel- 
ches mit dem einen Rande mittelst einer schmalen Haut, 
einer Verdoppelung des Bauchfells, an der Schwimmblase 
festgeheftet, mit dem andern Rande aber frei ist. . Diese 
beiden Bänder erstrecken sich von dem vorderen Theile der 
Leber längs der ganzen Bauchhöhle bis etwas hinter. die 
Afteröffnung, mit welcher sie in keinerlei Verbindung ste- 
hen. Sie liegen somit weit getrennt und wie. gesagt mit 
dem einen Rande frei in die Bauchhöhle hineinhangend, 
mit dem andern mehr zusammengerunzelten längs der Seite 
der Schwimmblase befestigt. In diesen Bändern, welche 
von einer Duplicatur des Peritoneums umgeben sind, liegen 
die kleinen Rogenkörner in unsäglicher Menge zerstreut. Be- 
trachtet man sie genau, so kann man sie wohl mit blos- 
sem Auge sehen, deutlicher zwar mittelst der Lupe; aber 
erst wenn man das Mikroskop anwendet, sieht man ihre 
Form und innere Beschaffenheit deutlich. Sie sind gewöhn- 
lich rund, umgeben von einer Haut, welche einen klaren 
durchsichtigen Ring (Zona pellueida) bildet, und innerhalb 
desselben bestehen sie aus einer körnigen Masse, welche 
begreiflicher Weise den Dotter ausmacht, und bei grösseren 


89 


Exemplaren sieht man nur diese, besonders wenn sie eine 
Zeit lang im Wasser gelegen haben, weil die in dem Dotter 
enthaltenen kleinen Eiweisskörper geronnen und undurch- 
sichtig geworden sind. Nimmt man aber aus demselben 
Eierstock die kleinen Rogenkörner, in denen der Dotter sich 
noch nicht ausgebildet hat, so sieht man in ihnen sehr 
deutlich das sogenannte Purkinje’sche Bläschen, welches 
ganz klar und farblos ist. In jungen zur Winterszeit ge- 
fangenen Aalen bestehen sie nur aus solchen wasserklaren 
Bläschen. Sonach kann kein Zweifel darüber obwalten, dass 
sie wirkliche Eier seien,*) und man kennt folglich die Eier 
des Aals, obgleich bis jetzt nur mikroskopische und, wie 
es scheint, zur Befruchtung nicht reife.**) Auch weiss man 


*) Vgl. hiermit Rathke, über die weiblichen Geschlechtswerkzeuge 
des Aals, in Wiegm. Arch. 1838, I. 8.299. — Prof. A. Retzius hat 
auch in der Vet.-Ak.'s Oefersigt 1854 S. 116 Figuren und Beschreibun- 
gen von der Entwickelung der Eier bei der Aalquappe geliefert, welche 
völlig der beim Aale analog zu sein scheint. Hohnbaum nimmt an 
(s. seine Dissert. p. 16), dass die körnigen runden Körper, welche er 
(Fig. IV, a) abbildet, nicht Rogen, sondern Milch (Testikeln des Männ- 
chens) seien, da er in ihnen nicht die Vesicula germinativa Purkinjii ge- 
funden habe; hiervon aber haben wir oben die Ursache angedeutet. Da- 
gegen meint er, dass die Rogenkörner des Weibchens etwas ungleich 
seien, der Form nach oval, weniger körnig und mit der genannten Ve- 
sicula (Fig. V), Ich habe bei den vielen Aalen, die ich untersucht, nicht 
vollkommen solche Eier gesehen; es will mich aber bedünken, als ob 
die scheinbar ovale Form durch irgend eine Zufälligkeit entstanden sein 
könne und dass die innere körnige Textur, welche man doch deutlich 
findet, weniger entwickelt gewesen sei, so dass das Purkinje’sche Bläs- 
chen nicht sichtbar geworden, mag davon gekommen sein, dass die Eier 
sogleich, ehe das Eiweiss hat gerinnen können, untersucht wurden, Dass 
indessen die in Fig. IV. vorgestellten Körper Rogenkörner (umgeben von 


_Fettbläschen) und nicht Milch seien, glaube ich aus den oben angegebe- 


nen Gründen annehmen zu müssen. Soviel ich weiss, hat noch Niemand 
männliche Organe beim Aale gefunden. — Eier bei Säugethieren vgl. 
Bischoff T.I. Fig. 1, 2, 3. 

*) Cuvier äussert H. n. d. poissons I. p.22: „Was Aristoteles 
über die Schwierigkeit sagt, Aale in einem zur Zeugung schicklichen 
(propre ä la generation) Zustande zu finden, ist sehr gegründet, und die 
Naturforscher unserer Tage besitzen keine sicherere Aufklärung als die 
Alten über die Fortpflanzung des Aales.“ Und Milne Edwards sagt 


90 


jetzt, wie diese Eier aus den Eierstöcken und aus dem Kör- 
per kommen können, obgleich es dort keinen Eileiter giebt, 
sondern die Eier müssen, wie bei verschiedenen anderen 
Fischen, aus den Eierstöcken in die Bauchhöhle fallen. Cu- 
vier äusserte (Hist. nat. des poissons I. p. 533) die Vermu- 
thung, dass bei den Aalen, wie bei den Neunaugen, sich 
zu beiden Seiten des Afters ein Paar Löcher befinden müss- 
ten, durch welche die Eier aus dem Körper träten, und 
H. Rathke beschrieb 10 Jahre später diese Ausführungs- 
gänge, welche dann nachher Hohnbaum ebenfalls beschrieb 
und auch abbildete. Jetzt sind sie leicht zu finden; sie lie- 
gen zwischen dem Mastdarm und dem Halse der Urinblase 
und öffnen sich in die gemeinschaftliche Cloake. 

Somit wissen wir nun mit Gewissheit, dass der Aal eine 
Masse von Eiern legt, dass diese in die Bauchhöhle fallen 
und von da aus dem Körper treten, eben wie bei den Neun- 
augen. Aber noch niemals hat man sie reif und fliessend 
gesehen, und gerade deshalb hat man vermuthlich niemals 
bei irgend einem Aal etwas gefunden, das man mit Ge- 
wissheit hätte Milch nennen können. Man hat nie die für 
die Milch so charakteristischen Spermatozoiden gefunden, 
wahrscheinlich weil diese keine eigenen Bewegungen, ehe 
sie reif geworden, zeigen, und dies erst zu der Zeit ge- 
schieht, in welcher die Eier reif nnd abgesetzt werden. 
Nun entsteht aber die Frage: in welcher Jahreszeit und wo 
setzt der Aal seine Eier ab? 

Um diese Frage zu beantworten, müssen wir uns an das 
vorher Erwähnte erinnern, dass während des Sommers und 
besonders in den dunkeln Nächten der Herbstmonate die 
grösseren Aale Wanderungen aus den Seen die Flüsse hinab 
zum Meere vornehmen, dass sie, dort angelangt, dem Strande 
südwärts folgen, wenigstens in der. Ostsee, und sich eine 
passende Stelle suchen, an welcher sie in den weichen Bo- 


in seinem Rapport an den Minister Dumas: „Man findet niemals mit 
reifer Milch oder reifem Rogen trächtige Aale.* Haxo, Fecondation ar- 
tificielle, p. 44. 


9 


den kriechen und sich ins Winterquartier begeben, wo sie, 
wie man meint, den ganzen Winter hindurch still liegen 
bleiben. Man sagt, dass da, wo sie liegen, sich hin und 
wieder Oeffnungen finden, aus welchen dann und wann Luft- 
blasen aufsteigen. Die Stellen, an welchen sie sich vor- 
zugsweise niederlegen, befinden sich vor dem Auslauf von 
Flüssen, recht in dem Breckwasser, welches natürlich wär- 
mer ist, als Fluss- und Seewasser. Wenn die Aale im Früh- 
ling aus ihren Lagern herausgehen, so sind sie schläfrig und 
nach Aussage der Fischer blind durch eine dicke die Augen 
bedeckende Haut; allmälig bekommen sie ihr Gesicht und 
ihre Lebendigkeit wieder. Aber sie gehen niemals mehr in 
die Flüsse und Seen hinauf; einmal ins Meer gekommen, 
bleiben sie dort. Im Mai und Juni dagegen gehen unzäh- 
lige Schaaren kleiner Aaljungen aus dem Meer in die Flüsse. 
Diese Jungen sind dann 2—3 Zoll lang und von der Dicke 
eines Segelgarnfadens. Aus Instinkt suchen sie rinnendes 
Wasser und gehen in dasselbe gegen den Strom an. Auf 
diese Weise dringen sie so weit vorwärts, als sie können, 
nicht blos in die grossen Flüsse, sondern selbst in die klein- 
sten Bäche hinein, bis sie eine zum Stillstehen passliche 
Stelle antreffen. Sie können sogar auf nasse Steinplatten 
neben den Wasserfällen kriechen, wenn diese nicht zu 
hoch sind.) 

Dasselbe Phänomen, welches bei Skandinavien vorkommt, 


*) Aber über den Trollhättefall konnten die Aaljungen nicht vorwärts 
dringen, deshalb fand sich diese Fischart auch nicht in dem Wener oder 
einem der Wasserläufe, welche sich in das Becken dieses grossen Bin- 
nensees ergiessen. Erst als die Trollhätteschleusen einige Jahre nach 
dem Anfange dieses Jahrhunderts geöffnet waren, kamen Aaljunge in 
den Wener, und innerhalb eines Jahrzehnds danach traf man ganz un- 
vermuthet grosse Aale nicht allein im Göthaelf oberhalb des Falles, son- 
dern auch im Wener und den in denselben sich ergiessenden Wassern 
an. Erst um das Jahr 1820 erschienen Aale in Bächen, welche in den 
Klarelf ausmünden. Es verdient auch als eine Eigenthümlichkeit des 
Aals bemerkt zu werden, dass in dem Maasse, als er sich zu verbreiten 
begann, die Krebse verschwanden, welche sich vorher dort in grosser 
Menge fanden. 


92 


trifft man auch bei England und wahrscheinlich bei allen 
Küsten an, an denen sich Aal findet und periodisch ins 
Meer auswandert. Aber am adriatischen Meerbusen des Mit- 
telmeers beobachtet man diese Wanderungen genauer, als 

_ an irgend einer anderen Stelle Europas. Die Lagune bei 
Comacchio ist in 40 Teiche getheilt, welche alle mit dem 
Meere in Verbindung stehen und bei denen etwa 400 Mann 
mit Fischfang und zwar vorzugsweise mit Aalfischerei 'be- 
schäftigt sind. Während der Monate Februar, März und 
April, in denen die Teichluken offen sind, steigt in die- 
selben aus dem Meere eine unzählige Menge von Aaljungen, 
welche sich in alle die Teiche vertheilen und dort verblei- 
ben, bis sie mit dem Alter von 5—6 Jahren erwachsen 
sind, wo sie während der dunkeln Nächte im October, No- 
vember und December aus den Bassins ins Meer hinabzu- 
wandern suchen; dabei aber werden sie in zahlloser Menge 
gefangen und geben die grösste bekannte Aalfischerei ab. (In- 
structions pratiques sur la piscieulture p. M. Coste, p. 9.) 
Aus allen diesen Erfahrungen folgt unwidersprechlich, 
dass der Aal seinen Rogen ins Meer auslaicht, in welches 
er im Herbste hinab- und aus welchem die Brut im Früh- 
jahre in die Flüsse hinaufsteigt. Aber noch weiss man nicht, 
ob er den Rogen ausleert, ehe er ins Winterquartier geht, 
oder ob er sich fortpflanzt, während er im Verstecke liegt. 
Man sollte in dieser Hinsicht den Aal im Spätherbste un- 
tersuchen, ehe er in das Lager geht, und im Winter, wäh- 
rend. er in demselben liegt und von wo er oft mit dem Aal- 
stecher hervorgeholt wird; doch mag es auch sein, dass die 
Aale, um ihre Brut auszuschütten, sich in eine so grosse 
Tiefe begeben, dass man sie nicht erreichen kann. Wenn 
man aber auch Aal mit reifem Rogen finden sollte, so ist 
damit noch nicht die ganze Frage gelöst, die Fortpflanzung 
dieses sonderbaren Fisches betreffend. Man weiss noch nicht, 
wie und wann die Eier befruchtet werden, denn noch nie 
hat man reife Aalmilch mit Spermatozoiden gefunden. Cu- 
vier, der grösste vergleichende Anatom unserer Zeit, scheint 


93 


anzunehmen geneigt zu sein, dass der Aal hermaphroditisch 
sei, d.h. dass bei ihm beide Geschlechter in ein und dem- 
selben Individuum vereinigt seien. In der Hist. natur. des 
poiss. I, p. 22 sagt er, nachdem er geäussert, dass Aristo- 
‚teles eine generatio aequivoca beim Aal angenommen und 
wir noch. nicht viel mehr von seiner Fortpflanzung wissen 
als Aristoteles, dass einer der paradoxesten Sätze in un- 
seren Tagen bestätigt worden sei, nämlich dass der Fisch 
Channa sich "selbst befruchte und dass alle Individuen die- 
ser Art Rogen hervorbringen. (Der Fisch Channa ist Ser- 
ranus Cabrilla, Cuv. Rögne anim. II. p. 139.) — Ferner 
(p. 534): „Man trifft dann und wann unter den eigentlichen 
Fischen Individuen an, welche an der einen Seite einen 
Eierstock, an der andern einen Milchsack haben und folg- 
lich. wirkliche Hermaphroditen sind.“ „Aber es scheint, 
dass gewisse Arten natürlich und beständig beiderlei Ge- 
schlechtsorgane besitzen. Cavolini versichert es vom Ser- 
ranus Cabrilla und Edward Home vom Aal und dem Neun- 
auge. Die Einwürfe, welche Magendie und Des Moulins 
dagegen machen, sind leicht widerlegt.“ 

In Betreff des Serranus äussert sich Cuvier (p. 535): 
„Wir haben bestätigt, dass in dessen Rogensäcken die hin- 
tere Portion ein von ihrer übrigen Masse verschiedenes und 
dem eines Milchsacks ähnliches Gewebe besitzt.“ Was mich 
betrifft, kann ich hinzufügen, dass die Hunderte von Aalen, 
welche ich untersucht, alle Rogen hatten und also Weib- 
chen waren, und dass, wenn es gesonderte Männchen gäbe, 
ich ohne Zweifel wenigstens irgend eins angetroffen haben 
würde. Meine bisherige Erfahrung veranlasst mich, wenig- 
stens bis auf Weiteres, anzunehmen, dass der Aal herma- 
phroditisch sei, aber fortgesetzte Untersuchungen müssen 

und sollen angestellt werden. | 
: Ein anderes sonderbares Phänomen, welches sich beim 
Aale zeigt und einige Aehnlichkeit mit dem Verhalten beim 
Paaren der Schlangen zu haben scheint, ist, dass zu einer 
gewissen Jahreszeit, welche hier am Ringsjö Ende Mai oder 


94 


Mitte Juni eintrifft, die Aale sich in grosser Menge ansam- 
meln und zu einem Bündel um einander schlingen, welches 
bisweilen bedeutend gross ist; man hat gesagt, dass man 
es bisweilen von eines Klafters Weite und ein Paar Ellen 
Höhe, aus mehreren Hunderten, wo nicht Tausenden von 
Aalen bestehend, antreffe. Diese Erscheinung war schon 
den Alten nicht unbekannt; Atthenaeus, Oppianus, 
Plinius u.M. thun desselben Erwähnung. Conr. Gesner 
erzählt in seiner Hist, anim. IV. p. 45, dass im Mainflusse 
mitunter tausend zusammengebündelte Aale gefangen 
würden. — Die Fischer am Ringsjö haben eigene Benennun- 
gen für dieses Benehmen des Aals. Die Aalbündel werden 
nur sehr früh am Morgen angetroffen und zerstreuen sich, 
wenn die Sonne aufgegangen ist; eigentlich sind es einige 
Stunden in der Nacht und vor Sonnenaufgang, in denen sie 
zusammengeknäuelt sind. Die Fischer, welche sich nahe 
an sie haben heranschleichen können, versichern, dass sie 
ganz still am Boden liegen, dass aber einzelne Aale ab und 
zu um sie herumschwimmen und sich mit ihnen zusammen- 
bündeln zu wollen scheinen.- Können sie aber dazu nicht 
gelangen oder kommen die Aale nicht in grösserer Anzahl 
vor, so suchen sie irgend einen andern Körper, ein Rohr 
oder dgl. m. auf, um welchen sie sich schlingen und wel- 
chen sie damit in Bewegung setzen. Ein solcher Fall scheint 
es zu sein, welchen Ekström in den Vet. Akad.s Handlin- 
gar, 1831, S. 294 beschrieben, wie er mir auch späterhin 
mitgetheilt hat, dass der Aal auf dieselbe Weise zu der ge- 
nannten Jahreszeit sich um Blasentang (Fucus vesiculosus) 
im Meere schlinge. Die besagten Bündel bilden sich nicht 
blos im Binnensee, sondern auch manchmal im Flusse, wel- 
cher von da in das Meer ausläuft. Denn es hat sich mehr 
als einmal ereignet, dass ein solches Bündel, welches sich 
ganz still und passiv zu verhalten schien, dem Strome fol- 
gend in eine Aalkiste gerathen ist. — Es ist nur der Reu- 
sen-Aal, welcher sich bündelt, nicht der Raub-Aal, noch 
der Gras-Aal. Hinsichtlich dieses eigenthümlichen Beneh- 


85 


mens des Aals sind verschiedene Muthmassungen geäussert 
worden. Gesner führt mehrere dergleichen an, nämlich, 
es geschehe entweder aus Furcht, oder aus Mangel an 
Wärme, oder es sei eine Art Paarung, um sich fortzupflan- 
zen. Die erste Vermuthung ist die am wenigsten, die zweite 
vielleicht die am meisten annehmbare, indem die dritte, 
welche man am ehesten anzunehmen geneigt sein möchte, 
dadurch bestritten wird, dass die Eier zu jener Jahreszeit 
unreif sind und folglich dann nicht abgesetzt wer- 
den können. Gewiss ist es indessen, dass in dieser Jah- 
reszeit beim Aal eine starke Schleimabsonderung stattfindet 
und dass in der Afteröffnung, welche dann sehr erweitert 
ist und dick geschwollene Ränder hat, nach Angabe Ek- 
ström’s eine dunkelgelbe ölartige Feuchtigkeit ausfliesst. 
Diese habe ich Gelegenheit gehabt mittelst des Mikroskops 
zu untersuchen; ich habe aber in ihr nichts Anderes als 
Darmschleim finden können. 

Ungeachtet man aber mit Gewissheit weiss, dass der Aal 
sich im Herbste zum Meere begiebt und während des Spät- 
herbstes und Winters sich dort fortpflanzt, so weiss man 
auch ebenso gewiss, dass nicht alle zur Fortpflanzung reife 
Aale sich dahin ‚begeben, sondern dass viele in den Seen 
u. s. w, zurückbleiben und sich dort ins Winterquartier le- 
gen. Ob diese sich dort fortpflanzen, oder ob zu diesem 
Akt das Meerwasser nothwendig ist, weiss man nicht, denn 
die Aalbrut, welche man im, Sommer im süssen Gewässer 
findet, kann sehr wohl dabei aus dem Meere gekommen 
sein. (Zeitschrift für die gesammten Naturwissenschaften 
Bd. XVI. Heft 7—8.) 


Ueber die Kultur der Obstbäume.*) 


Die von dem Herrn Regierungs-Rath Beck vorgeschla- 
genen speciellen Maassregeln zur Förderung der Obstkultur 


*) Vgl. Bd. IH. Heft VII. — XII. S. 246— 256 der Zeitschrift. 


96 


sind,’ wie der ganze übrige Inhalt des von uns besproche- 
nen Aufsatzes, auf die Verhältnisse der Rheinprovinz be- 
rechnet und hiernach weiter ausgeführt. Die Gesichtspunkte, 
welchen diese Maassregeln entnommen, gehen indess über die 
provinziellen Verhältnisse hinaus, sind allgemeiner Natur. 
Wir halten die Vorschläge des Hrn. Beck daher für geeig- 
net, einer allgemeinen Besprechung, ohne Rücksicht auf 
die Bedürfnisse bestimmter Orte, als Grundlage zu dienen. 

Vor allen Dingen wird als nothwendig bezeichnet, dass 
der jetzige Zustand der Obstkultur und der 'Verwerthung 
des Obstes durch einen tüchtigen Sachverständigen ermittelt 
werde. Die Wahl dieses Sachverständigen wird jedoch als 
eine sehr schwierige bezeichnet und deshalb eine ausrei- 
chende Remuneration desselben in Vorschlag gebracht. Dies 
dürfte, unseres Erachtens nach, nur dann zutreffen, wenn 
dieser Techniker, was Hr. etc. Beck allerdings gleichzeitig 
von demselben verlangt, alle möglichen, den verschiedenen 
localen Verhältnissen angepassten speciellen Organisations- 
vorschläge, technische Anleitungen ete. zu machen haben 
sollte. Allein wir halten die letztere Aufgabe für einen Ein- 
zelnen, selbst vom provinziellen Gesichtspunkte aus, für zu 
weit gestellt. Die Hauptsache scheinen uns zunächst zu- 
verlässige statistische Notizen über den Stand der 
Obstkultur und ihre Verwerthung. Dieses ungemein wich- 
tige Resultat dürfte einfach durch die Stellung einer Reihe 
von geeigneten Fragen und deren Beantwortung durch die 
Ortsvorstände ohne besondere Mühe zu erreichen sein. Es 
würde dies jedoch voraussetzen, dass die Regierung ernst- 
lich entschlossen sei, der Sache näher zu treten. 

Wir sind hier bei einer Frage angelangt, welche nach 
unserer Ansicht scharf voranzustellen ist. Ist das Eingrei- 
fen der Regierung zur Förderung der Obstkultur nothwendig, 
oder kann dieselbe den Einzelnen und den Gemeinden über- 
lassen bleiben? 

Herr etc. Beck hat diese Frage überall, in der Einlei- 
tung seines Aufsatzes sowohl, als bei den speciellen Vor- 


2 


97 


schlägen berührt. Einen Theil derselben hat er unter Nr. 9 
der speciellen Vorschläge unter der Rubrik „polizeiliche und 
administrative Maassregeln“ besonders behandelt. Wir glau- 
ben, dass er durch alle Anführungen die dringende Noth- 
wendigkeit bewiesen hat, dass der Staat für sich mit be- 
sonderen Maassregeln vorgehen und dieselben bedeutend wei- 
ter ausdehnen muss, als dies bisher geschehen. Herr ete. 
Beck hat durch gelegentliche historische Beispiele darge- 
than, was auf diesem Wege erreicht werden kann. Der 
vortrefflliche Zustand der Alleen in der ehemaligen Mark- 
grafschaft Schwedt wird der Energie des in der Mitte des 
vorigen Jahrhunderts daselbst residirenden Markgrafen Frie- 
drich Wilhelm von Brandenburg-Schwedt zugeschrieben, wel- 
‚cher die vorschriftsmässige Bepflanzung aller öffentlichen Wege 
befahl und sämmtliche Anpflanzungen allmonatlich selbst 
revidirte. Möchten sich unsere Landräthe derartige allmo- 
natliche Revisionen an Ort und Stelle doch auch angewöh- 
nen, anstatt, wie wir es gesehen, jahrelang dem ganzen 
Kreis den Rücken zuzukehren! 

Ein zweites Beispiel berichtet Herr etc. Beck aus der 
Zeit der französischen Herrschaft in der Rheinprovinz. Es 
wurden damals besondere Steuerbeischläge zur Förderung 
des Obstbaues ausgeschrieben. Die französische Fürsorge 
für das materielle Wohl der Provinz wurde, nachdem die 
Rheinprovinz an Preussen gekommen, anfänglich in ähnli- 
chem Geiste weiter geführt. Es wurde im Jahre 1816 ein 
eigener Plantagenmeister für den Regierungsbezirk Aachen 
angestellt. Die Schullehrer erhielten für die Wartung der 
Gemeindebaumschulen alljährlich aus einem besondern Fonds 
' Prämien. Mit der Grundsteuerregulirung für die Rheinlande 
und Westphalen wurde jedoch dieser Fonds den allgemei- 
. nen Staatsfonds überwiesen. Zu jeder Prämie musste, der 
geringen Summe von 4—5 Thlr. ungeachtet, die Genehmi- 
gung des Ministers des Innern nachgesucht werden. In 
demselben Maasse aber, sagt Herr etc. Beck, wie 
dem Bezirke die ursprünglichen Fonds zur Hebung 

1861. Bd. IV. h 


98 


der Obstkultur geschmälert worden sind, ist .die- 
ser Kulturzweig immer mehr in Verfall gerathen. 

Herr etc. Beck hebt die eigenthümliche Indolenz des 
Landwirths als weiteres Motiv für das Eingreifen der Re- 
gierung in polizeilicher Beziehung und für die Anwendung 
eines gewissen Zwanges hervor. Er sagt: 

„Wo der Bauer nicht muss, 
Rührt er weder Hand noch Fuss.“ 

Dieses rheinische Sprüchwort charakterisirt den Landmann 
aller Orten. Wenn irgendwo ein Einmischen von der Re- 
gierung in die privaten Verhältnisse gerechtfertigt erscheint, 
so ist dies bei der Landwirthschaft der Fall. Und wir fü- 
gen hinzu, nirgendwo wird es schönere Früchte bringen, 
Früchte im eigentlichen und uneigentlichen Sinne des Wor- 
tes. Mit der Zeit wird auch hier eine engere Grenze für die 
Regierungsthätigkeit kommen. Aber noch sind wir nicht so 
weit. Möge der Staat seine Bürger in den übrigen gewerb- 
lichen Thätigkeiten unbeschränkt schalten und walten lassen. 
Die Fonds, welche die Handhabung unserer Gewerbegesetz- 
gebung, die Besoldung der dazu erforderlichen Beamten in 
Anspruch nimmt, mögen der Landeskultur zugeführt wer- 
den. Ueberall zeige der Staat den Weg, wie der Land- 
mann dem Boden die besten und schönsten Erzeugnisse ab- 
gewinne. Die Landräthe müssen vor allen hier eine Rolle 
spielen. Sie müssen recht eigentlich Räthe des Landes 
werden. | 

Ein weiterer Grund für die besondere Fürsorge der Re- 
gierung für die Hebung der Landwirthschaft nach allen Rich- 
tungen hin ist das langsame Wiederaufblühen derselben, wenn 
ausserordentliche Ereignisse, wie Krieg etc., dieselbe gestört. 
Der Krieg kann hier in wenigen Wochen die Frucht von 
Jahrhunderten vernichten. Weit rascher können sich die Ge- 
werbe erholen. Noch jetzt ist die eigenthümliche deutsche 
Pferderace, die eigenthümliche, weitberühmte deutsche Wolle, 
welche der 30jährige Krieg vernichtete, nicht wiedererzeugt ; 
nicht minder wird die Obstkultur durch den Krieg gelitten 


99 


haben. Ueberall lässt es sich verfolgen, wie die Zweige der 
Obstbäume vor dem Schwerte des Krieges fielen, als Nah- 
rung für die Feuer der Bivouacge’s! Gefährlicher als die 
unmittelbare Vernichtung wirkt hier die Verwilderung der 
Sitte, die Entwöhnung von einer Menge von Bedürfnissen. 

Als eine specielle Maassregel, welche der Staat im In- 
teresse der Obstkultur ergreifen muss, haben wir bereits 
hervorgehoben, dass über den jeweiligen Stand derselben 
statistische Notizen zu sammeln sind. Das Ergebniss der- 
selben ist zur allgemeinen Kenntniss zu bringen. Bei der 
Zähigkeit des Widerstandes, welcher der Obstkultur entge- 
gengesetzt wird, muss eine derartige öffentliche Anregung 
von Jahr zu Jahr wiederholt werden. Man wird mit der 
Zeit nachgeben müssen, wenn man immer wieder durch be- 
weisende Zahlen darauf zurückgeführt wird, welchen pecu- 
niairen Vortheil die Obstkultur bringen kann, 

Im Uebrigen dürfte sich die Thätigkeit des Staates haupt- 
sächlich darauf zu richten haben, durch pecuniaire Bei- 
hülfen die Bestrebungen der Gemeinden und der Einzelnen 
zu unterstützen. 

Die Organe, durch welche der Staat direkt nach die- 
ser Richtung wirken kann, sind die Landräthe und die 
Schullehrer. Der Landrath müsste immer zugleich der 
intelligenteste Grundbesitzer seines Bezirks sein. Auf sei- 
nem eigenen Gute müsste er den Bezirksgenossen mit dem 
besten Beispiele vorangehen. Nur dann, wenn der Land- 
rath selbst die Sache praktisch betreibt, wird er ein nach- 
haltiges Interesse fühlen und fähig sein, gleichartige Be- 
strebungen anzuregen und zu fördern. Aehnlich verhält es 
sich mit den Schullehrern. Ihr geringes Einkommen dürfte 
jedoch hierbei zur Zeit ein Hinderniss sein. Die Schulleh- 


.. rer müssen so gestellt werden, dass sie selbst mit persön- 


lichem Nutzen sich der Obstbaumzucht annehmen könnten. 
Bienenzucht und Obstbaumzucht sind Beschäftigungen, wel- 
che recht eigentlich für Lehrer passen. Wenn der Lehrer 


aber am Hungertuche nagt, wird er indolenter als der Bauer; 
7* 


100 


er beneidet den letzteren, der doch wenigstens zu essen 
hat. Der Gedanke, dem Beneideten ein Vorbild in land- 
wirthschaftlichen 'Thätigkeiten irgend welcher Art zu wer- 
den, ist ihm unfassbar. An der Regierung würde es daher 
sein, die Stellung der Landräthe und Schullehrer mit Rück- 
sicht auf den gedachten praktischen Zweck angemessen zu 
ändern. Andere höhere Interessen fordern dasselbe. 

Ueber die einzelnen Einrichtungen zur Förderung des 
Obstbaues, welche von den Gemeinden zu treffen, von 
den vorgedachten Organen der Regierungsthätigkeit aber zu 
controliren sein würden, hat Hr. etc. Beck die Errichtung 
von Baumschulen vorangestellt. In jedem Kreise würde 
eine Kreis- und Muster-Baumschule anzulegen sein; da- 
neben aber für jede Gemeinde eine besondere Filial- Baum- 
schule nicht entbehrt werden können. Ueberall ist der Ge- 
sichtspunkt betont, dass die Baumschulen den Unterneh- 
mern erheblichen Nutzen bringen müssen. 

.. In Verbindung damit wird die Anstellung von Gemeinde- 
Baumwärtern befürwortet. Für die Einrichtung der Baum- 
schulen wie für die Thätigkeit der Baumwärter giebt Herr 
etc, Beck überaus verständige Winke. Man sieht überall, 
mit welcher Liebe er die Sache behandelt, wie sehr vertraut 
er mit derselben geworden. Man glaubt in der That den 
praktischen Obstzüchter selbst, nicht den am grünen Tische 
sitzenden Regierungsbeamten zu hören. 

Der Thätigkeit von Vereinen zur Hebung der Obstzucht 
würde hauptsächlich die Veranstaltung’von Ausstellungen 
und die Verbreitung populärer Schriften anheimfal- 
len. Sehr richtig hebt Herr etc. Beck hervor, wieviel bei 
den Ausstellungen auf zweckmässiges Arrangement, geeig- 
nete Zusammensetzung der Commission und richtige Prinzi- 
pien bei Zuerkennung der Preise ankomme. Wir halten der- 
artige Ausstellungen für ungemein wichtig, weil sie einer- 
seits ad oculos demonstriren und andererseits auf den Ehr- 
geiz wirken. Da dieselben jedoch eine grössere Betheiligung 
erheischen, um wirksam zu sein, mithin nur in den Haupt- 


101 


städten der Regierungsbezirke, dort aber alljährlich, zu ver- 
anstalten sein würden, so ist hier vor allen Dingen die 
reichliche Unterstützung des Staates angebracht. 

Unter den populären Schriften, deren Verbreitung sich 
die Vereine anzunehmen hätten, nennt Herr etc. Beck, als 
das bemerkenswertheste, ein altes Werk von Christ, „Hand- 
buch über die Obstbaumzucht, 4. Auflage. Frankfurt 1817. 
Wir unterstreichen die Jahreszahl, nicht ohne den Wunsch 
daran zu knüpfen, dass bald neuere Quellen ebenso zuver- 
lässig sein möchten. Ferner werden gelobt die Schriften von 
Lucas, dem renommirten Leiter der Hohenheimer Anstalt 
in Württemberg. Aus unserem Staate, selbst aus der Rhein- 
provinz und Sachsen scheint leider ein besonders verdienst- 
liches bedeutenderes Werk über die Obstzucht noch nicht 
hervorgegangen zu sein. 

Soweit der Absatz derartiger Schriften aus Unbekannt- 
schaft mit dem Gegenstande noch wenig lohnen dürfte, mit- 
hin auch der Autor selbst bei der Veröffentlichung aus rein 
gemeinnützigen Absichten handelt, würde der Staat eben- 
falls ermunternd und belohnend durch Ertheilung von Prä- 
mien hinzutreten müssen. 

Wir halten indessen weder die Gewährung von Prämien 
für Produkte der Obstzucht gelegentlich der Ausstellun- 
gen, noch für Schriften über dieselbe für genügend. Das 
Pflanzen von Obstbäumen selbst und die Unterhal- 
tung derselben während einer bestimmten Reihe von Jahren 
wird im Interesse des Gemeinwohls zu prämiiren sein, weil 
hierdurch ein directerer Impuls gegeben wird. Herr etc. 
Beck hat dies unter dem Abschnitt 6. „Concurrenzpreise* 
ebenfalls hervorgehoben und auch hier, wie überall, prak- 
tische Fingerzeige gegeben. 

Den Vereinen, und somit auch unserem Vereine würde 
es obliegen, die brauchbarsten Sorten für jedes Klima und 
jeden Boden zu ermitteln, diese sowie die Bezugsquellen 
bekannt zu machen, die Erfahrungen zu sammeln, welche 
sich bei dem Anpflanzen und der Behandlung der jungen 


102 


Bäume ergeben, und die sich hieraus ergebenden allgemei- 
nen Folgerungen zusammenzustellen. 

An die Mitglieder unseres Vereins richten wir die drin- 
gende Bitte, uns hierin zu unterstützen, damit wir dem Ge- 
genstande diejenige weitere, praktische Folge zu geben ver- 
mögen, welche derselbe verdient. 

Berlin, im Juli 1861. R. 


Ueber die Vermehrung der Kartoffeln durch 
Sämlinge. 


Von Dav. Moore, 
Direetor des botanischen Gartens zu Dublin. 


Bekanntlich fand sich unter den Erklärungsversuchen für 
die räthselhafte Kartoffelkrankheit in den ersten Jahren ih- 
res Auftretens auch der, dass der bisherige Stamm unserer 
Kartoffeln durch Alter und fortwährendes Theilen der Knol- 
len geschwächt und ausgenutzt worden sei. Diese Ansicht 
bewog viele Leute zur Anzucht von Sämlingen, und man 
glaubte hierin das Universalheilmittel gefunden zu haben, 
denn man dachte sich, dass man auf diese Weise einen fri- 
schen Stamm, gleichsam mit neuem Blut gewinnen müsse, 
und die Pflanze demnach der Krankheit eben so gut sich 
erwehren werde, als sie es früher gekonnt. Andere zogen 
Sämlinge,, weil sie nicht an diese Theorie glaubten und die 
Sämlingsgläubigen durch Thatsachen widerlegen wollten. Aus 
beiderlei Ursachen kamen nun eine grosse Menge Sämlinge 
im ‚botanischen Garten zur Pflege, theils dort aus Samen 
gefallene, theils von aussen eingesandte, unter letzteren von 
einem einzigen Einsender im März 1853 allein 115 Varietä- 
ten, von denen etwa 50 noch heute fortgezüchtet werden. 

Dass die Sämlinge ganz so wie die alten Sorten der 
Krankheit zugänglich sind, ist jetzt eine zu.bekannte Sache, 
um länger dabei zu verweilen. Wir gingen selbst einen 


103 


Schritt weiter und verschrieben einige Originalknollen aus 
dem Stammlande Südamerika; aber sie wurden sehr rasch 
und heftig schon im ersten Pflanzjahr befallen, obwohl sie 
von anderen Kartoffeln entfernt gehalten wurden. Hierdurch 
wäre der klare Beweis geliefert, dass die Krankheit nicht 
die Folge einer Erschöpfung sein konnte. 

Soweit war obige Theorie so gründlich als möglich wi- 
_ derlegt; aber im Verfolg der Versuche wurden Ergebnisse 
anderer Art erlangt, die wichtiger für's Allgemeine sind. 
Im ersten Jahre war die Ernte von den Sämlingen gering, 
die Knollen klein und von schlechter Qualität; sie wurden 
daher lediglich in der Absicht forteultivirt, um zu sehen, 
ob sie, älter geworden, der Krankheit besser widerstehen 
würden. Es wurde grosse Sorgfalt auf sie verwandt, und 
alljährlich hatten wir die Genugthuung, zu sehen, dass sie 
sich sowohl in Qualität als Ertrag verbesserten. In den er- 
sten Perioden waren sie nach dem Kochen hart, schliffig 
und übelriechend; löste man ein dünnes Schnittchen zur 
Betrachtung unter dem Mikroskop ab, so sah man, dass 
die Stärkekörner in der Masse verhältnissmässig selten und 
schlecht ausgebildet waren, wodurch obige Erscheinungen 
und ‘das Nichtbersten der Schale beim Kochen sich genü- 
gend erklären. Der üble Geruch der gekochten Knollen hielt 
an, so lange sie wässerig blieben; sowie sie aber später 
mehliger wurden und beim Kochen platzten, verbesserte 
sich der Geschmack, und gegenwärtig sind einige unseren 
alten Sorten völlig gleich, wo nicht besser. Es waren zehn 
Jahre erforderlich, um die Kartoffeln so weit zu bringen, 
dass wir 44 Sorten auf die letzte Ausstellung bringen konn- 
ten; sie verbesserten sich während dieser Zeit jedes Jahr, 
und dies ist eine der hauptsächlichsten Thatsachen, auf die 
ich hinweisen möchte, denn sie zeigt, so einfach sie er- 
scheint, doch deutlich den Weg an, auf welchem die An- 
zucht von Sämlingen zu einem guten Ziele hingeführt wer- 
den kann, Unsere mühevollen Experimente bewiesen, dass 
man auf Kartoffelsämlinge erst viel Geduld und Ausdauer 


104 


verwenden sollte, bevor man sie als untauglich aufgiebt, und 
ferner, dass eine wirkliche Erprobung gar nicht ‚ohne diese 
Ausdauer durchzuführen ist. 

Die hier gegebene kleine Geschichte unserer Pflanzschule 
ist anwendbar auf alle Sämlingskartoffeln. Sie sind allemal 
Anfangs wässerig und schliffig, und hierin liegt unstreitig 
der Grund, warum so selten diese Zucht in ausgedehnterem 
Maasse zum Ersatz für alle geringe Sorten betrieben wird. 
In. neun Fällen unter zehn giebt man die Sache auf, bevor 
die Eigenschaften der Neulinge hinreichend constatirt sind, 
und so ist sicher schon manches Werthvolle in die Brüche 
gegangen. Und dies ist sehr zu bedauern, denn bei keiner 
unserer Hackfrüchte ist mehr Spielraum gegeben zu Ver- 
besserungen und bei keiner haben wir die Mittel dazu bes- 
ser in der Gewalt. | | 

Der zweite Hauptpunkt betrifft, wie bei allen Samen- 
pflanzen, die Mittel, durch welche ein guter Erfolg erreich- 
bar wird. Wie gesagt sind mehr als 100 Kartoffelsorten in 
den botanischen Gärten aus Samen gezogen und die Hälfte 
davon soweit cultivirt worden, dass sie getrost für den prak- 
schen Anbau benutzt werden - können; aber ich zweifle, ob 
damit dem Landwirth schon viel gedient sein wird. Keine 
der neuen Sorten übertrifft bis jetzt in Qualität die besten 
schon im Betriebe befindlichen, nur sind einige derselben 
sehr fruchtbar und zeigen einen Grad von Triebkraft und 
Frische, dass man dennoch an etwas wie „neues Blut“ er- 
innert wird. Die geringe Qualität der gewonnenen Sorten 
hat ohne Zweifel zum grossen Theil ihren Grund darin, dass 
man bei Beschaffung des Samens ‚nicht richtig zu Werke 
ging; und ähnliche Ergebnisse werden sich so lange zeigen, 
bis die Aufzucht der Sämlinge. nach rationellen physiologi- 
schen Grundsätzen geführt werden wird. Zur Zeit wird 
noch zum allergrössten Theil in höchst. empirischer Weise 
zu Werke gegangen; man verlässt sich auf. den Zufall, oder 
wie Einige sagen, auf Glück. Die reifen Samenäpfel wer- 
den ohne Unterschied der Sorten gesammelt, den Winter 


105 


hindurch aufbewahrt und im Frühjahre gesäet. Nichts ist 
leichter als das, und doch können in dieser Weise tausende 
von Sämlingen alljährlich erhalten werden, deren jeder von 
anderen durch irgend eine kleine Abweichung sich unter- 
scheidet. Aber dies ist nicht der Punkt, worauf es an- 
kommt, und dies ist nicht der Weg, um zu edleren Sorten 
zu gelangen. Wer mit Erfolg operiren will, muss sich völ- 
lig klar sein über das, was er erstreben will, muss etwas 
verstehen von den Pflanzenorganen und ihren Verrichtungen, 
Lässt man dies aus den Augen, so wird wenig wirklich Bes- 
seres erzielt werden, denn es ist bekannt genug, dass die 
Sämlinge solcher Culturpflanzen, wie die Kartoffel eine ist, 
der Mutterpflanze der Zahl nach kaum zum dritten Theil, 
wenn überhaupt, völlig gleichen. Angenommen z. B. man 
zieht 100 Sämlinge von der bekannten Kemp-Kartofiel, so 
darf 'man erwarten, dass nicht die Hälfte davon wieder 
Kemps oder ihnen sehr ähnlich werden. Einige fallen viel- 
. leicht sogar rothhäutig, oder haben tiefe, hohle Augen, oder 
sind glatt, oder haben, ‘obwohl alle von der echten Kemp 
stammend, verschiedenfarbige Blüthen. Nehmen wir aber 
einen andern Fall: die Blüthen der Nierenkartoffeln seien 
mit Blüthen von der Kemp künstlich bestäubt und von den 
so gekreuzten Samen 100 junge Pflanzen gezogen, so wer- 
den, wenn nicht alle, doch die Hälfte oder wenigstens % 
Formen zeigen, welche die Mitte halten zwischen Kemps 
und Nierenkartoffeln.. Kreuzt man eine Frühkartoffel mit 
einer späten Sorte, so wird die Mehrzahl der Sämlinge eine 
Reifezeit haben, die von der der beiden älteren verschie- 
den ist. In dieser Weise folgen wir bekannten physiologi- 
schen Gesetzen, die wir unter Controle haben, und dürfen 
auf leidlich sichere Erfolge rechnen. Ferner aber lassen sich 
Sämlinge auch sehr veredeln ohne künstliche Befruchtung, 
wenn wir nur bei der Wahl des Samens darauf sehen, dass 
er von Sorten kommt, die sich durch irgend welche gute 
Eigenschaften: besonders auszeichnen. Obwohl, wie gesagt, 
ein grosser Theil’ der Sämlinge der Mutterpflanze nicht oder 


106 


wenig nachschlägt, so werden sich doch immer einige fin- 
den, die ihr ganz ähnlich sind und ihre guten oder schlech- 
ten Eigenschaften getreu wiedergeben, vielleicht sogar in 
höherem Grade als die Mutterpflanze selber. ‘Es ist daher 
eine Hauptbedingung, den Samen nur von guten Sorten zu 
nehmen. | | 
Nachdem ich somit die Gründe, weshalb bis jetzt so 
wenig Gutes aus Samen neu gewonnen wird, sowie die 
Grundsätze angedeutet, welche bei Bestrebungen dieser Art 
einzuhalten sind, will ich mich jetzt von der Kartoffel zu 
einigen anderen Öulturfrüchten wenden, bei denen hinsicht- 
lich der Fortpflanzung ähnliche Verhältnisse obwalten. 
Zunächst sei bemerkt, dass die Nutzpflanzen, welche in 
den verschiedenen Ländern unter Cultur stehen, nur eine 
sehr geringe Anzahl ursprünglicher Arten in sich begreifen, 
wenn man sie vergleicht mit der grossen Zahl von Arten, 
die es auf der Erde überhaupt giebt. Bereits mehr als 
200,000 Arten sind den Botanikern bekannt, und von die- 
sen werden höchstens 100 in grösserem Maassstabe gebaut; 
bei uns zu Lande, wenn man die Grasmischungen ausnimmt, 
nur % dieser Zahl. Hierüber dürfte Mancher staunen, der 
den Gegenstand nicht studirt hat und nur die Kataloge der 
Handelsgärtner zu Rathe zu ziehen pflegt. In diesen lässt 
man allerdings ganze Colonnen von Arten aufmarschieren; 
aber die 30-—40erlei Rüben, und die vielleicht noch zahl- 
reicheren Kraut- und Kohlgewächse sind eben keine ur- 
sprünglichen Arten, sondern Spielarten von nur 3 Species, 
nämlich Brassica oleracea, von der die Kohl- und Kraut- 
arten stammen, Brassica napus, die Stammpflanze aller Rü- 
bensorten mit Ausnahme der schwedischen, welche von dem 
wilden Erdkohl, Brassica campestris, herzuleiten sein soll. 
Unsere ganze Cultur in Feld und Garten beruht demnach 
zum grössten Theil auf Spielarten, und alle die Pracht- 
exemplare, die wir zuweilen auf Ausstellungen u. s. w. be- 
wundern, verdanken ihr Dasein hauptsächlich nur der Ba- 
stardbildung, Kreuzung und umsichtigen Auswahl. Sie zei- 


107 


gen, welche Macht der Mensch über das Pflanzenreich hat, 
wenn er richtig zu: Werke geht. Alle diese Produkte ent- 
standen irgend einmal und in irgend welcher Weise aus den 
ursprünglichen wilden Arten; aber durch künstliche Züch- 
tung, durch Zunutzemachung gelegentlicher Missbildungen 
und Abweichungen vom Stammescharakter ist das, was wir 
besitzen, erreicht worden. Vieles davon selbst in einer kur- 
zen Zeitperiode. Eine der merkwürdigsten Thatsachen in 
Bezug auf Spielarten ist der Umstand, dass dieselben nach 
einigen Culturjahren fixirt werden, so dass Sämlinge von 
ihnen der Mutterpflanze so sicher gleichen, als dies bei der 
Stammart der Fall ist. Die Kohlarten, Erbsen, Weizen etc. 
sind hierfür nahe liegende Beispiele. Möge nun der Werth 
einer Varietät, wie bei Hackfrüchten, Krautarten etc., in 
einer grösseren Entwickelung des Zellgewebes liegen, oder, 
wie bei Halmfrüchten, Kartoffeln etc., in der vermehrten 
Erzeugung gewisser Einzelbestandtheile, oder lediglich blos 
in vermehrter Energie des Wuchses, immer oder doch gröss- 
tentheils bringen solche Varietäten wieder ihres Gleichen 
hervor. 

Bei einigen Varietäten hängt, wie eben erwähnt, der 
Werth hauptsächlich von der gesteigerten Kräftigkeit des 
Wuchses ab, so besonders bei Gräsern und Halmfrüchten. 
Nun dürfte es schwerlich ein ‘Feld voll solcher Gewächse ge- 
ben, in welchem nicht Pflanzen gefunden würden, die sich in 
Massenhaftigkeit vor den übrigen auszeichnen. Wählt man 
diese aus, benutzt ihren Samen zu abgesonderter Fortzüch- 
tung, so wird nach einiger Zeit eine neue Varietät mit blei- 
benden Eigenschaften gewonnen sein. Hauptsächlich auf die- 
sem Wege sind fast alle besseren Erwerbungen in Feld- und 
Gartenbau in den letzten 50 Jahren gemacht worden. Hof- 
fentlich wird es die Zukunft an. weiteren Fortschritten nicht 
fehlen lassen. (Landwirthschaftl. Centralblalt 1861 S. 50.) 


108 


Die Malayen -Hühner. 
Von H. Poselger. 


Die Malayen-Hühner stammen, ebenso wie die meisten 
anderen Hühnerracen, aus dem südlichen Asien und sind 
besonders auf der Halbinsel Malacca einheimisch, von wo sie 
schon im Jahre 183]. nach England eingeführt wurden.  Des- 
senungeachtet hat die Verbreitung der reinen Race über Eu- 
ropa nur in sehr geringem Maasse stattgefunden und nur 
sehr selten sind sie echt anzutreffen, indem bei weitem die 
meisten der für reine Malayen ausgegebenen. Hühner: die 
Merkmale der echten Race nur in geringem Grade. an sich 
tragen, da sie sich meist schon längst mit anderen Hühner- 
racen vermischten. 


Erst nachdem die Cochinchina-Hühner sich über ganz 
Europa verbreitet hatten, richtete sich die Aufmerksamkeit 
der Hühnerliebhaber wieder auf ältere schon länger bekannte 
Racen und namentlich auf die Malayen. Diese sind auch 
einer solchen Aufmerksamkeit in hohem Grade würdig, denn 
sie übertreffen an Schönheit und Glanz des Gefieders, an 
Stärke im Körperbau und an Eleganz in ihrer Haltung die 
meisten übrigen Hühnerracen. Sie sind gross und schlank 
von Gestalt und ihre Federn liegen eng und fest am Körper 
an, besonders bei den Hennen. 


Der Hahn hat einen schönen Kopf, sogenannten Schlan- 
genkopf, mit stolzem, lebhaftem Auge, und jede seiner Be- 
wegungen verräth Kraft und Gewandtheit. Der Kamm ist 
klein, dick und niedrig, der Schnabel kurz, etwas gekrümmt 
und sehr stark; ‘die Kinnlappen sind sehr klein und der 
ganze untere Theil des Kopfes und ein Theil des Halses un- 
terhalb des Schnabels ist nackt und lebhaft roth. Der Hals- 
kragen ist lang und voll und wie der übrige Theil des Ge- 
fieders sehr glänzend; der Rücken fällt ziemlich steil ab, 
vom Halse bis zum Schwanze, und dieser letztere ist lang 
und fliegend und wird nicht hoch getragen, wodurch das 


109 


Thier beinahe ein fasanenähnliches Ansehen bekommt. Das 
Gefieder ist von verschiedener Farbe, jedoch meist mehr 
oder weniger rothbraun, mit schwarzer Brust, Bauch und 
Schwanz, wobei die schwarzen Federn meist grün oder blau 
schillern. Es giebt indessen auch ganz schwarze und ganz 
weisse Malayen, wiewohl sehr selten. ‚Schnabel und Füsse 
sind stets lebhaft gelb und sehr stark, letztere lang und 
ganz unbefiedert. Der Hahn wird etwa 28 Zoll hoch und 
wiegt bis 10 Pfad. j 

Die Hennen sind kleiner, ebenfalls meist mehr oder we- 
niger braun, oft über den ganzen Körper fast gleichfarbig, 
bisweilen auch schön gezeichnet; sie sind schlank, aber flei- 
schig und die Federn sind glatt und liegen fest am Körper 
an, deshalb ragen auch bei ihnen die Flügel etwas mehr 
hervor, als bei anderen Hühnern. Der Kopf und das Auge 
haben einen ähnlichen Ausdruck wie beim Hahn, und auch 
der Kamm ist ganz ähnlich gestaltet. Ihr Gewicht beträgt 
6 bis 8 Pfd. Sie legen mittelgrosse Eier von durchschnitt- 
lich 3% Loth Gewicht. Dieselben sind nur von den weissen 
Hühnern ganz weiss, von anderen stets mehr oder weniger 
gelblich oder fleischfarben. Die Malayen-Hennen brüten gut 
und andauernd, und sind ganz besonders aufmerksam und 
besorgt für ihre Jungen. Die Jungen lassen sich im Allge- 
meinen nicht schwer aufziehen, indessen sind sie immerhin 
empfindlicher, als gewöhnliche Hühner, und in regnigten kal- 
ten Sommern gelingt ihre Aufzucht oft nicht gut, wenn man 
ihnen nicht hinreichenden Schutz und Aufmerksamkeit zu 
Theil werden lassen kann. Sie befiedern sich, ähnlich wie 
die kleinen Cochinchina-Hühnchen, sehr langsam, und des- 
halb ist es gut, sie nicht früher ausbrüten zu lassen, als 
bis die Tage warm werden. Die Jungen tragen den Schwanz 
ganz herunterhängend, bis sie etwa 10 Wochen alt sind, 
“ und dann kommt eine Periode, wo sie bei ungünstiger Wit- 
terung und mangelndem Schutze leicht krank werden. Er- 
wachsen sind sie unempfindlich gegen die Witterung, nur müs- 
sen sie im Winter vor zu grosser Kälte geschützt werden, — 


110 


Die Malayen-Hühner werden selten recht zahm und zutrau- 
lich; sie hehalten vielmehr immer ein etwas wildes und 
scheues Wesen, sind dabei bösartig. und stets zum Kämpfen 
bereit, und da die Hähne sehr stark sind, muss man Hähne 
anderer Racen nicht mit ihnen in Berührung kommen las- 
sen, indem sie diese sonst leicht übel zurichten. 

Ihr Fleisch ist sehr zart; zwar nicht ganz so weiss, wie 
das der Cochinchina-Hühner, aber wenn sie noch nicht das 
Alter eines Jahres zu weit überschritten haben, liefern sie 
einen ganz vortrefilichen Braten, besonders wenn sie vor- 
her ein wenig gemästet wurden, was sehr leicht mit Fleisch- 
abgängen geschehen kann, welche sie ganz besonders lieben. — 

Nachdem ich mich nun schon seit einigen Jahren mit der 
Züchtung von Malayen-Hühnern beschäftigt habe, kann ich 
diese Race wegen ihrer vorzüglichen Schönheit, wegen ihres - 
guten Eierlegens und wegen ihres sehr wohlschmeckenden 
Fleisches den Hühnerliebhabern wohl empfehlen. Dort aber, 
wo die Hühner blos des Nutzens wegen gehalten werden, 
möchte sich die Züchtung der reinen Race als unzweckmäs- 
sig erweisen. Denn wenn die Malayen- Hühner auch wegen 
ihrer Grösse und Schwere unzweifelhafte Vorzüge vor den 
gewöhnlichen Landhühnern darbieten, so sind sie doch im- 
merhin empfindlicher als letztere, und die Aufzucht der Jun- 
gen kann leicht bedeutende Verluste herbeiführen, wenn man 
nicht im Stande ist, ihnen die gehörige Sorgfalt und Pflege 
zu widmen. Dies scheint indessen mit allen edleren und 

ganz reinen Hühnerracen der Fall zu sein; keine einzige 
scheint sich bei der Zucht im Grossen, wenn es sich blos 
um den grösstmöglichen Ertrag an Eiern und Fleisch han- 
delt, vortheilhaft zu erweisen, da sie alle eine grössere 
Pflege und Wartung erfordern, als das gewöhnliche Land- 
huhn. Man kann sich aber die Vortheile der edleren Racen 
zum Theil aneignen, ohne ihre Nachtheile mit zu überneh- 
men, wenn man zweckmässige Kreuzurgen mit ihnen an- 
stellt und das Landhuhn durch sie veredelt. Solche Kreu- 
zungen sind schon vielfach zwischen Landhühnern und Co- 


111 


chinchinas ausgeführt worden und haben sich als zweck- 
mässig erwiesen, indem die Mischlinge bedeutend an Grösse 
und Fleischreichthum gewinnen und auch in der Zartheit 
ihres Fleisches den Cochinchinas ähnlicher werden, ohne 
dabei bemerkbar weichlicher als Landhühner zu werden. 
Ganz ähnlich ist es, wenn man Malayen zur Veredelung 
anwendet. Auch hier gewinnen die Mischlinge an Gewicht 
und Stärke bedeutend. Wenn man aber Cochinchinas und 
Malayen mit einander kreuzt, so erhält man zwar ein Pro- 
dukt, was an äusserer Schönheit nicht sehr ausgezeichnet 
ist, welches aber einen ganz vorzüglichen Braten für die 
Tafel liefert, auch scheint es, dass die Aufzucht solcher 
Mischlinge weniger Gefahren ausgesetzt ist, als die Aufzucht 
jeder der beiden Racen für sich. 

Immer. aber ist es nöthig, wenn man schöne und be- 
sonders grosse Hühner erziehen will, dafür Sorge zu tra- 
gen, dass die jungen Hühnchen möglichst schnell heran- 
wachsen, und dies ist nur dadurch zu. erreichen, dass man 
sie nicht sich selbst überlässt, sondern dass man sie mit 
gutem nahrhaftem Futter in hinreichender Menge versieht 
und es ihnen auch an frischem Grünfutter nicht fehlen lässt. 
Nässe und Kälte sind ihnen stets nachtheilig und verzögert 
ihr Wachsthum bedeutend, man muss sie daher vor Regen- 
güssen schützen und ihnen einen grossen, trockenen und san- 
digen Platz zum. Umherlaufen gestatten. 


Subscriptions-Einladung 


auf die 
Annalen der Landwirthschaft 
Königlih APreußifden Staaten. 
Herausgegeben 


Präsidium des Königl. Landes-Osconomie-Gollegiums 
und redigirt 
von dem General-Secretair desselben, 
Landes-Oeconomie-Rath v. Salviati. 


Nach der Reorganisation des Königlichen Landes-Oeconomie-Colle- 
giums haben mit Hülfe des Königlichen Ministeriums für die land- 
wirthschaftlichen Angelegenheiten auch die Annalen der Landwirthschaft 
vom 1. Januar 1861 eine Veränderung und Erweiterung insofern erfahren, 
als den Abonnenten ohne Preis-Erhöhung ein Wochenblatt 
gratis geliefert wird, 

Nähere Auskunft über Arrangement und Tendenz desselben giebt dıe 
Probenummer, welche sowie die der Monatsausgabe, die 2 sehr schöne 
Farbendrucke, Abbildungen von Shorthornrindvieh, enthält, in 
jeder Buchhandlung gratis ausgegeben wird, 

Durch diese Veränderung werden die Annalen nicht nur die reichhal- 
tigste, sondern auch die billigste landwirthschaftliche Zeitschrift sein, 
da für nur 4 Thlr. die Monatsschrift in einem Umfange von 
jährlich 60 Bogen und die Wochenschrift in einem Umfange 
von jährlich 52 Bogen, mithin 112 Bogen, mit vielen Illustrationen, 
Plänen etc. geliefert werden, 

Um allen Anforderungen zu entsprechen, wird die Wochenschrift 
such einzeln abgegeben, und kostet dann 1 Thlr. 16 Sgr. jährlich, ein 
so billiger Preis, wie ihn keine andere landwirthschaftliche Zeitschrift hat. 

Jede Buchhandlung und Postanstalt liefert die Annalen zu dem oben 
angegebenen Preise, 


Gustav Bosselmann 
Kandwirthrcaftliche Verlagsbuhhandiung. 


Amftlicher Theil. 


2 Vereins-Verhandlungen. 
(Auszug aus den Protokollen.) 


Vorstands-Sitzung am 10. September 1861 
in Arnim’s Hötel. 


Bei Anwesenheit der Herren Bosselmann, Hartwig, 
Platho, Schirrmacher und Poselger wurde die Sitzung 
um 7'/, Uhr eröffnet, von der Verlesung des Protokolls der 
letzten Sitzung jedoch Abstand genommen, da dasselbe sich 
bereits in der neuesten Nummer unserer Zeitschrift für Ac- 
climatisation gedruckt und in den Händen sämmtlicher Vor- 
standsmitglieder befindet. 

Es erfolgte zunächst die Ernennung des bereits früher 
vorgeschlagenen Herrn Hauptmann Voigt in Freienwalde 
a. O. zum correspondirenden Mitgliede des Acclimatisations- 
Vereins und wurde die Ausfertigung des betreffenden Di- 
ploms angeordnet. Ä 

Von. dem Königlichen Hof-Postamte ist eine Aufforderung 
zur Erneuerung der Vollmacht zum Empfang der mit der 
Post unter der Adresse des Acclimatisations-Vereins einge- 
henden Briefe und Pakete eingetroffen und ist demgemäss 
verfahren worden. Ä 

Herr Hofgärtner Fintelmann berichtet in einer Reihe 
von Briefen über die sehr günstig fortschreitende Zucht des 
neuen Ailanthus-Spinners. Auch hat er einige erwachsene 
“ Raupen eingesandt, welche denen des Bomb. Rieini sehr ähn- 
lich sind, sich aber von diesen dadurch wesentlich unter- 
scheiden, dass sie durchaus kein anderes Futter als Ailan- 


thus-Blätter zu sich nehmen wollen und selbst Rieinus-Blät- 
1861, Bd, IY. 8 


114 


ter verschmähen, während doch Bomb. Rieini sich bekannt- 
lich mit sehr vielen verschiedenen Blättern ernähren lässt. 
Die Cocons sind grauer von Farbe und die Schmetterlinge 
grösser und schöner als die des Ricinus-Spinners, sonst aber 
demselben sehr ähnlich. — Herr Fintelmann hatte Graines 
von Bomb. Rieini und Cocons von Bomb. Ailanthi übersandt, 
welche zur Vertheilung an diejenigen unserer Mitglieder ge- 
langt sind, welche dergleichen zu erhalten wünschten. 

Der Herr Rittergutsbesitzer Schulz in Nickern hatte 
wiederholt den Wunsch ausgesprochen, unser Verein möge 
ihm einen echt italienischen Weisel zukommen lassen. — 
Dieser Wunsch war Herrn Ehrhardt in Prettin mitgetheilt 
und derselbe um Uebersendung eines solchen Weisels an 
Herrn Schulz ersucht worden. — Herr Ehrhardt erwie- 
dert darauf in einem Schreiben, dass es gegenwärtig seine 
Zeit nicht gestatte, sich anhaltend mit Bienen zu beschäf- 
tigen und er sonach den gewünschten Weisel nicht senden 
könne, Dagegen besitze sein Freund, Herr Moebius, einen 
sehr schönen italienischen Weisel, welchen er unserm Ver- 
ein (für 3 Thlr.) ablassen wolle. — Hierauf wurde Herr 
Ehrhardt von Seiten des Vorstandes aufgefordert, den an- 
gebotenen Weisel, vorausgesetzt, dass er von dem vom Ver- 
eine importirten abstamme, an Herrn Schulz zu senden 
und unserm Verein die 3 Thlr. in Rechnung zu stellen. — 
Zugleich ist Herr Ehrhardt aufgefordert worden, uns einen 
ausführlichen Bericht über die italienische Sendung, deren 
Fortzüchtung und Vermehrung, respective Verbreitung zur 
Veröffentlichung in unserer Zeitschrift zugehen zu lassen. 
Der Weisel ist seitdem an Herrn Schulz gesandt worden, 
der verlangte Bericht aber noch nicht eingegangen. Die an- 
wesenden Herren Vorstandsmitglieder erklärten sich zwar 
mit der Art der Erledigung dieser Angelegenheit, welche 
dem Vereine eine Ausgabe von 3 Thlrn. verursacht, nicht 
einverstanden, wollten jedoch jetzt keine BREGNBO mehr 
dagegen erheben. 

Herr Paul A. H. Friedheim theilt mit, dass er trotz 


115 
vielfacher Aufforderungen noch immer keinen Bericht über 
die Spinnerei-Versuche der Rieinuscocons erhalten habe, dass 
jedoch die Spinnerei zum Herbst einen solchen Bericht in 
Aussicht stellt. 

Herr Hauptmann Voigt in Freienwalde a. O. zeigt an, 
dass ihm aus unbekannten Gründen die Aufzucht des Bomb. 
Rieini misslungen ist, indem nur sehr wenige Räupchen den 
Eiern entschlüpften und auch diese wenige sehr bald star- 
ben. Es ist ihm deshalb eine neue Portion Graines mitge- 
theilt worden mit der Bitte, den Versuch noch einmal zu 
machen; auch sind demselben die letzten beiden Jahrgänge 
unserer Vereins-Zeitschrift übersandt worden, in welchen 
sich sämmtliche Erfahrungen niedergelegt finden, welche bis- 
her mit dem Ricinus-Seidenspinner gemacht worden sind. 

Herr Rittergutsbesitzer Schulz in Nickern zeigt an, dass 
ihm durch Herrn Ehrhardt in Prettin eine italienische 
Bienenkönigin nebst 100 Arbeitsbienen zugegangen ist. Die 
Unterbringung derselben ist glücklich von Statten gegangen 
und sagt Herr Schulz dem Vorstande besten Dank für die 
Uebersendung. Es theilt derselbe zugleich mit, dass er hoffe, 
im Herbst Samen der grünen Sarepta-Melone zu gewinnen, 
und bietet dem Vorstande Polygonum Sieboldii, eine auf san- 
digem Boden gedeihende Futterpflanze und Samen von weiss- 
blühenden Lein an. — Diese Offerten sind dankbar ange- 
nommen worden. 

‚Herr Appellations-Gerichts-Kanzlist M. Schlenzig in 
Altenburg bittet um Uebersendung neuer Graines von Bomb. 
Rieini, da ihm die Ueberwinterung nicht gelungen ist. Die- 
selben sind ihm übersandt worden. 

Der Vorstand der landwirthschaftlichen Abtheilung des 
altmärkischen Vereins für vaterländische Geschichte und In- 
dustrie zu Stendal bittet dem Chaussee-Gelderheber Bar- 
tels bei Bindfelde Graines von Bomb. Rieini und von Bomb. 
mori zu übersenden. Da die Zucht von Bomb. mori bereits 
beendet war, so konnten nur Graines von Bomb. Ricini dem 
Bartels geliefert werden. 

8* 


116 


Es war von Seiten des Vorstandes.ein Schreiben an den 
Herrn Konsul Fr. Kühne in New-York gerichtet worden 
mit der Bitte, unsern Verein in diesem Jahre mit. keimfä- 
higen Samen der Ziz. aquatica versehen zu wollen, nachdem 
der im vorigen Jahre in Aussicht gestellte Same nicht ein- 
getroffen war. | 
... Bald darauf ist auch ein Schreiben. des Herrn. Consul 
Kühne eingegangen, worin derselbe mittheilt, dass es im 
vorigen Jahre unmöglich gewesen sei, den Samen in guter 
Qualität zu verschaffen, dass indessen in diesem Jahre ge- 
gründete Hoffnung vorhanden sei, solchen zu erlangen, und 
dass er uns dann denselben in regelrechter Verpackung. zu- 
senden wolle. Zugleich verspricht er noch einige andere 
nützliche nordamerikanische Sämereien. | 

'In Folge eines bereits früher ausgesprochenen Wunsches 
waren an den Vorsitzenden der Lokalabtheilung X1V.a, Herrn 
Freiherrn v. Hilgers, Cocons von Bomb. Ailanthi gesandt 
worden. Zugleich war um Einsendung eir.es Berichtes über 
den in Alften befindlichen Angorabock gebeten worden. — 
Hierauf ist von der Lokalabtheilung XIV.a. die Anzeige ein- 
gegangen, dass durch die bereits zu Ende vorigen Jahres 
stattgehabte Versetzung des Herrn Pastor Haidinger nach 
einer entfernten Pfarre im Regierungs-Bezirke Trier, der An- 
gorabock der Pflege des Herrn Landwirth Hendrichs über- 
geben worden sei. Der beigefügte Bericht des Herrn Hen- 
drichs ergiebt, dass der Bock sich in vollkommenem Wohl-- 
sein befindet und seit October bis Ende Januar 32 Deckun- 
gen vollzogen hat. Auch ist das: Vliess des Bocks übersandt 
worden. | 

Herr Louis Kurzius bittet um Uebersendung von Bomb. 
Ricini Graines und hat dieselben erhalten. 

Herr Ehrhardt in Prettin macht den Vorstand auf eine 
neuerdings aus Japan eingeführte und durch den märkischen 
Seidenbau-Verein vertheilte Varietät von Bomb. mori auf- 
merksam. Der Cocon derselben .ist grünlich, seidenreich 
bis zur Härte und die Seide selbst genügt allen Anforde- 


117 


rungen. ' Die Raupe widersteht den Krankheiten, dennoch 
aber waren die Schmetterlinge bei den ungünstigen Witte- 
rungsverhältnissen dieses Sommers bereits von der Krank- 
heit infieirt, so dass Herr Ehrhardt sie nicht zur Graines- 
Gewinnung benutzen konnte. Er macht deshalb den Vor- 
schlag, grössere Quantitäten neuer Graines aus Japan zu 
beziehen. Herr Ehrhardt hatte zugleich einige Cocons 
eingesandt, welche den Vorstandsmitgliedern zur Ansicht 
vorliegen. Bei der Wichtigkeit dieser Sache hatte sich der 
Vorstand an den märkischen Seidenbau-Verein gewendet, 
mit der Bitte, sich gutachtlich darüber zu äussern, ob’ von 
einer neuen Importation grösserer Quantitäten von Graines 
dieser Abart ein vortheilhafter Erfolg zu erwarten sein würde. 
— Das Gutachten des märkischen Seidenbau-Vereins ist in- 
dessen dahin ausgefallen, dass vermuthlich durch eine neue 
Importation kein anderes als das diesjährige Resultat erzielt 
werden würde. Denn die Würmer waren lebenskräftig und 
die Schmetterlinge sind überall zur Graines-Zucht benutzt 
worden, so dass man voraussetzen kann, dass schon im näch- 
sten Jahre eine ganz ansehnliche Zucht von dieser japane- 
sischen Race des Seidenwurms vorhanden sein werde. Wäre 
diese Race gänzlich von der Krankheit befreit geblieben, so 
könnte allerdings die Beschaffung grösserer Quantitäten von 
Graines besondere Vortheile bieten; indessen sei zu erwarten, 
dass diese Race aus den hier gezüchteten Graines, wie dies 
fast jedesmal bei der Einführung neuer Eier aus fernen Ge- 
genden der Fall zu sein pflegt, sich nach und nach verbes- 
sern werde. Auf Grund dieses Berichtes beschloss der Vor- 
stand einstweilen von der Importation grösserer Quantitäten 
neuer Graines abzustehen. 

Die Kurfürstlich hessische Commission für landschaftliche 
Angelegenheiten in Cassel berichtet, dass aus den übersand- 
ten Cocons von Bomb. Ailanthi zwei  wohlgebildete Weib- 
chen und einige unentwickelte Männchen, welche sich nicht 
begatteten, hervorgingen. 

‘Herr Robert Erdmann in Arad im Ungarn berichtet, 


118 


dass die erste ungarische Züchtung des Bomb. Rieini sehr 
günstigen Erfolg gehabt hat. Die Raupen sind theils im 
Freien, theils im Hause gehalten worden und haben beson- 
ders die ersteren sehr gute Cocons geliefert. Herr Erdmann 
hat einige derselben eingesendet, welche den Herren Vor- 
stands-Mitgliedern zur Ansicht vorliegen. Es sind diese Oo- 
cons sehr gross und von ganz besonderer Schönheit. 

Der Vorstand des Vereins für Förderung der Seidenzucht 
im Herzogthum Nassau berichtet, dass die Zucht des Bomb. 
Ailanthi nicht gelungen ist und bittet um Uebersendung einer 
Anzahl neuer Cocons. Dieselben sind bereits übersandt 
worden. 

Herr Wullschlegel in Oftringen dankt für die Ueber- 
sendung der Zeitschrift und theilt mit, dass er sich eifrig 
mit der Zucht des Ricinus-Spinners beschäftigt. Auch bittet 
er um Uebersendung von anderen neuen Seidenspinnern, 
wenn solche vorhanden sind. Es ist ihm daher eine Anzahl 
von Bomb. Ailanthi übersandt worden. 

Die Direction des Allgemeinen landwirthschaftlichen In- 
stituts zu Berlin übersendet eine Einladung und Programm 
zu einer vom 6 — 9. October c. stattfindenden Thierschau, 
Geräthe- und Producten-Ausstellung für die Provinz Bran- 
denburg. 

Der General-Sekretair des Königl. Landes-Oekonomie- 
Collegiums Herr v. Salviati übersendet 4 Exemplare einer 
von ihm an die Landwirthe gerichteten Ansprache über die 
Beschickung der allgemeinen Gewerbe- und Kunst- Ausstel- 
lung zu London im Jahre 1862, mit dem Ersuchen, diesel- 
ben an Landwirthe zu vertheilen, von denen angenommen 
werden kann, dass sie für die Beschickung der Ausstellung 
Interesse haben. 

Dieselben sind vertheilt worden. 

Herr Dr. Poselger theilt ferner mit, dass sich ihm am 
10. Juli e. Herr Victor de Wissotsky, Mitglied der So- 
ciete d’agriculture zu Moscau, vorgestellt‘ habe mit der Bitte, 
um Cocons von Bomb. ‚Ailanthi für die Acclimatisations-Ge- 


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119 


sellschaft in Moscau. Er erhielt 6 Cocons. Auf die Anfrage, 
warum die unserm Vorstande von der Moskauer Acclimati- 
sations-Gesellschaft schon lange versprochenen, bisher aber 
leider vergebens erwarteten russischen Sämereien noch nicht 
eingetroffen seien, bat er, sich deshalb noch einmal brieflich 
direkt an ihr zu wenden, dann würde er für die Uebersen- 
dung Sorge tragen. Zugleich empfahl er eine in Russland 
einheimische Art Ceder, deren Eigenschaften er sehr lobte. 
Es ist deshalb am 22. Juli ein Schreiben an ihn gerichtet 
und namentlich auch um Uebersendung einer Quantität 
Früchte dieser Cederart ersucht worden. 

Behufs Einziehung der noch restirenden Jahresbeiträge 
vieler Mitglieder ist ein Circular an dieselben gerichtet wor- 
den mit dem Ersuchen, die Beiträge nunmehr bis zum 30. 
September einzusenden, indem sie im andern Falle mittelst 
Postvorschuss erhoben werden würden. 

Herr Bosselmann überreicht ein ihm zugegangenes, an 
den Verwaltungs-Ausschuss des Acelimatisations-Vereins ge- 
richtetes Schreiben des Akademischen Lese-Vereins in Wien, 
worin derselbe um Uebersendung unserer Zeitschrift für die 
Bibliothek dieses Vereins vom 1. October an bittet. Es wird 
beschlossen, demselben das Heft unserer Zeitschrift zu sen- 
den, welches am Jahresschlusse erscheinen wird. 

- Für die Bibliothek des Vereins sind eingegangen: die 
Juni-, Juli- und August-Hefte pro 1861 des Bulletin de la 
Societe d’Acclimatation zu Paris. 

Das April-, Mai-, Juni-Heft der Landwirthschaftlichen 
Jahrbücher aus Oekbibusien und 
von Herrn J. J. Flatau überreicht: 

Der praktische Hopfenbau von Pinckert, der Hopfen- 
bau von J. Janecki und zwei Exemplare der zweiten Auf- 
lage der Abhandlung über Hopfenbau von J. J. Flatau, 
ein Separatabdruck aus der Zeitschrift für Acclim. pro 1860. 

"Schluss der Sitzung 9'/, Uhr. 


120 
Ausserordentliche Vorstandssitzung 
am 14. Oktober 


in der Wohnung des Herrn Bang. Ph. Kaufmann. 


Bei Gelegenheit der Anwesenheit des Herrn Ernst Kauf- 
mann in Berlin war eine ausserordentliche Vorstandssitzung 
berufen worden, zu welcher sich von den Vorstandsmitglie- 
dern die Herren Bosselmann, Hartwig, Heyer, E, 
Kaufmann, Schirrmacher, Spinola und Poselger 
eingefunden hatten, ausserdem: war Herr Carl Kaufmann 
gegenwärtig. Die Sitzung wurde um 7’/, Uhr eröffnet. 

Von den eingegangenen Sachen kamen. folgende zum 
Vortrag: 

Ein Schreiben des Herrn Marine-Intendantur-Rath Raff 5 
auf vom 18. September c., worin. derselbe anzeigt, dass er 
in Folge seiner am 1. Oktober: stattfindenden Versetzung 
nach Danzig zu seinem Bedauern verhindert sei, in Zukunft 
an den Vorstandssitzungen Theil zu nehmen. 

In einem zweiten Schreiben theilt Herr Raffauf mit, 
dass es ihm endlich gelungen sei, zu ermitteln, weshalb das 
im Frühjahr bei Herrn Thierry in Paris bestellte Paquet, 
enthaltend diverse Sämereien und Stecklinge von Saule rouge, 
nicht angekommen ist. Es ist nämlich die Adresse gänzlich 
verdreht und unrichtig aufgeschrieben worden, so dass das 
Paquet als unbestellbar liegen geblieben und, nachdem der, 
Inhalt verdorben, vernichtet‘ worden ist, Herr Thierry 
hat sich erboten im nächsten Frühjahr dieselben Gegenstände 
noch einmal zu senden. 

Hierzu macht Herr E. Kaufmann die Denisckuns, dass 
er gern bereit sei, dem Vereine im nächsten Frühjahr eine 
Quantität Saule rouge aus Belgien unentgeltlich zu. über- 
senden, welches Anerbieten vom Vorstande mit Dank ange- 
nommen. wird. | 

Von Herrn Hauptmann Voigt ist ein Dagicht; eingegan- 
gen über den Fortgang seiner Ricinus-Seidenzucht, welcher 
nicht sehr günstig lautet. In den meisten Graines sind die 


er TEN TEE: I VETEHEER SC WEEERRERLEBENEERINE 


121 


Raupen, obwohl entwickelt, und nachdem sie die Schale 
durchbohrt hatten, stecken geblieben, so dass nur 43 
wirklich ausgekrochen; von diesen sind viele sehr klein 
gestorben, und nur 18 am Leben geblieben. Herr Voigt 
bittet ‚deshalb um Uebersendung einer Anzahl Raupen oder 
neuer Graines. In Folge dessen ist an Herrn Fintelmann 
geschrieben und ihm dieser Wunsch mitgetheilt worden, in- 
dessen da Herr Fintelmann erwiedert, dass er selbst nur 
etwa 100 Raupen und keine Graines mehr besitze, so konn- 
ten Herrn Voigt keine übersandt werden. 

Herr Vietor de Wissotsky in Moscau zeigt an, dass 
er die gewünschten russischen Sämereien seiner Zeit ein- 
senden werde. 

Herr Philipp Jagor macht die interessante Mitthei- 
lung, dass sein Bruder Fedor in Canton einen jungen Deut- 
schen kennen gelernt: habe, dessen Adresse er mittheilt, 
welcher sehr gern bereit sein würde, unserm Vereine inter- 
essantes lebendes Geflügel zu senden. Obwohl ein solches 
Anerbieten unserm Vorstande höchst erwünscht sein musste, 
wurde doch beschlossen, zuförderst Erkundigungen über die 
ungefähre Höhe der Transportkosten einzuziehen. 

«Herr Poselger theilt mit, dass nunmehr der Mitglieds- 
beitrag von denjenigen Vereinsmitgliedern mittelst Postvor- 
schuss werde eingezogen werden, welche denselben bisher 
noch nicht eingesandt hatten. Das darauf bezügliche Circu- 
larschreiben ist. ‚bereits metallographirt und liegt den Vor- 
standsmitgliedern zur Ansicht vor. 

Für ‚die Bibliothek des Vereins sind eingegangen: 

Das Juli-, August-, September-Heft der landwirthschatt- 
lichen Jahrbücher aus Ostpreussen. _ 

Das September-Heft des Bulletin de la Societ& imperiale 
d’Acclimatation, | | 

Ein Rechenschafts-Bericht der Sektion Seidenzucht in En- 
gers für das Jahr 1860 — 61, 

und von Herrn E. Kaufmann ‚eine Anzahl photogra- _ 


122 


phischer Abbildungen des Jardin d’Acelimatation im Bois 
de Boulogne. 

Nachdem nunmehr die laufenden Geschäfte erledigt wa- 
ren, ergriff Herr E. Kaufmann das Wort und sprach aus- 
führlich über die. bisherige Wirksamkeit des Acclimatisa- 
tions-Vereins im Allgemeinen. Er bedauerte zunächst leb- 
haft, dass er selbst seit längerer Zeit verhindert‘ gewesen 
sei, dem Vereine seine eigene Thätigkeit in dem Maasse zu 
widmen, wie er es wohl gewünscht habe, indem er durch 
persönliche Verhältnisse nun schon seit zwei Jahren seinen 
Aufenthalt in Frankreich zu nehmen genöthigt gewesen sei. 
Obwohl dieselben auch noch seine fernere Abwesenheit in 
Frankreich erheischten, so hofft er doch in Zukunft wenig- 
stens einen grossen Theil des Winters in Berlin zubringen 
zu können. 

Er ist der Ansicht, dass es die Aufgabe unseres Vereins 
sein müsse, in Zukunft vorzugsweise praktische Zwecke ins 
Auge zu fassen. | | | 

Was zunächst die Ricinus-Seidenzucht anbetreffe, so fehle 
es noch immer an einer Maschine, um den reichlich vor- 
handenen Rohstoff zu verarbeiten. Bei der Frage, ob die 
Mittel des Vereins ausreichten, um eine Kardirmaschine an- 
zuschaffen, mussten jedoch die Anwesenden anerkennen, dass 
dies nicht der Fall sei. 

Es kam aber zur Sprache, dass der Seidenzüchter Herr 
Schulz beabsichtige, eine kleine Kardirmaschine zu kon- 
struiren und die Hoffnung. habe, dieselbe für etwa 60 Thlr. 
herzustellen. Es wurde beantragt und von den Vorstands- 
mitgliedern genehmigt, demselben zur Ermunterung ein Dar- 
lehn von 20 — 25 Thlr. nach vollendeter Herstellung der 
Maschine in Aussicht zu stellen, wenn sie zur Kardirung 
der Rieinus-Cocons geeignet befunden würde. 

Herr Kaufmann bemerkte ferner, dass das bisher be- 
folgte Verfahren Sämereien unter die Mitglieder zu verthei- 
len, zwar sehr zweckmässig sei, indem dadurch viele zu- 
gleich zur Anstellung von Versuchen angeregt würden, dass 


123 


es jedoch sehr wünschenswerth sei, dass der Verein auch 
ein eignes Versuchsfeld besitze, theils um die eingeführten 
und empfohlenen Gegenstände nicht aus den Augen zu ver- 
lieren, theils um die Resultate der Oulturversuche vorlegen 
zu können. 

In Bezug hierauf erbot sich Herr Dr. Spinola dem Ver- 
eine ein Versuchsfeld zur Disposition zu stellen und auf dem- 
selben die verschiedenen Sämereien anbauen zu lassen, wel- 
ches Erbieten von den Anwesenden mit grossem Danke an- 
genommen wurde. 

Herr Kaufmann erklärte sodann, dass auch die Anlage 
einer künstlichen Fischzucht gar keine grossen Schwierig- 
keiten darbieten würde und versprach im Winter eine solche 
in Gang zu bringen, wenn wir einen Raum mit Wasserlei- 
tung hätten, die dazu nöthigen Apparate würden keine gros- 
sen Kosten verursachen. 

Herr Schirrmacher machte hierauf dem Vorstande das 
Anerbieten, einen solchen Raum in seinem Hause herstellen 
zu wollen, was ebenfalls mit grossem Danke von den An- 
wesenden angenommen wurde. 

Endlich bemerkte Herr Kaufmann, dass es in Bezug 
auf die Zeitschrift zweckmässig sein würde, geeignete Ori- 
ginalaufsätze angemessen zu honoriren. 

' Es wird beschlossen den Druckbogen mit 1— 2 Frd’or 
zu bezahlen und geeigneten Persönlichkeiten hierauf bezüg- 
liche Anträge zu machen. 

Schluss der Sitzung 10 Uhr. 


Vorstands-Sitzung am 26. November 1861 
in. Arnim’s Hötel. 
Anwesend waren die Herren: :Bosselmann, Heyer, 


Platho, Schirrmacher, Spinola und Poselger und 
wurde die Sitzung um 7'/ Uhr eröffnet. Herr Hartwig 


124 


hatte sich entschuldigen lassen, indem er leider durch Krank- 
heit verhindert war, an der Sitzung Theil zu nehmen. 

Nach Verlesung und Genehmigung des Protokolls der 
letzten Vorstandssitzung werden zunächst die Herren: 

Carl Simon, Apothekenbesitzer zu Berlin, 

Robert Erdmann in Arad in Ungarn, 

Oekonom Trappmann in Emilienthal bei Beeskow 
zu wirklichen Mitgliedern des Acelimatisations-Vereins auf- 
genommen und die Ausfertigung der betreffenden Diplome 
angeordnet. | 

Die zum Vortrag kommenden Eingänge waren folgende: 

Die Smithsonian Institution in Washington zeigt an, dass 
sie die Zeitschrift für Acclimatisation, Band II. und III, 
Heft 1—6 ebenso wie Progres de la sericieulture 'p. E. 
Kaufmann erhalten habe und dass sie einige Bücher an 
unsern Verein abgesandt habe. Dieselben sind bis jetzt noch 
nicht eingegangen. 

Herr Hauptmann Voigt in Freienwalde stattet seinen 
Dank ab für die Ernennung zum correspondirenden Mitgliede 
des Vereins und erklärt zugleich seine Bereitwilligkeit die 
Zwecke des Vereins unterstützen zu wollen. 

Von dem Kurfürstlich Hessischen Consul Herrn Fr. Kühne 
in New-York ist ein Schreiben eingegangen, durch welches 
er die Absendung von zwei Fässern, enthaltend 8 Bushel 
Wildrice-Samen (Zizania aquatica) anzeigt. Die Einsamm- 
lung dieses Samens ist mit bedeutenden Umständen und 
Kosten verknüpft gewesen, Denn da es sich heraus gestellt 
hatte, dass aller in den Handel kommender Same gedörrt 
und daher nicht keimfähig ist, so musste, um wirklich keim- 
fähigen Samen zu erlangen, ein besonderer Agent nach den 
Indianerdistrikten gesandt werden, um die Einsammlung zu 
überwachen. Die Einsammlungs-Kosten belaufen sich daher 
auf die bedeutende Summe von 90 Thlr. 10 Sgr., wozu die 
Transport-Kosten bis Berlin, Steuer ete. treten, mit ca. 
9 Thlr. 

Als bald darauf die beiden Fässer hier eintrafen, zeigte 


125 


e8 sich, dass sie ungefähr 120 Pfd. enthielten, wonach sich 
der Selbstkostenpreis für den Verein auf ca. 25 Sgr. pro Pfd. 
berechnet. 

Damit dieser hohe Preis der Verbreitung dieser so nütz- 
lichen Pflanze nicht hinderlich sein möchte, beschloss der 
Vorstand, denjenigen Mitgliedern, welche grössere Quantitä- 
ten zu haben wünschten, das Pfd. mit 20 Sgr., also bedeu- 
tend unter dem Selbstkostenpreise abzulassen. Es wurde 
deshalb in diesem Sinne an alle die Mitglieder, von denen 
man vermuthen konnte, dass sie vielleicht Gelegenheit zum 
Anbau der Pflanze haben dürften, ein Circular erlassen. 

Inzwischen haben angestellte Keimungs-Versuche bewiesen, 
dass der übersandte Same, trotz der trockenen Verpackung 
seine Keimfähigkeit vollkommen bewahrt hatte. Die Keime 
entwickelten sich im Wasser bei einer Temperatur von 15 
— 18°R. und bedurften :dazu einer Zeit von 3 — 4 Wochen. 

Mit dem Samen der Zizania hat Herr Konsul Kühne 
zugleich einen zweiten gedruckten Bericht über dieselbe in 
40 Exemplaren übersandt, welcher eine genaue Öultur-An- 
weisung enthält und an die Mitglieder, welche von dem Sa- 
men empfingen, vertheilt worden ist. | 

Proben des neuen Zizania-Samens sowie auch der ge- 
keimten Körner liegen den Herren Vorstandsmitgliedern zur 
Ansicht vor und erregen allgemeines Interesse. 

In Folge des erlassenen Circulars haben sich bereits fol- 
gende Mitglieder gemeldet und ist denselben Samen verab- 
folgt worden: 

Der Landwirthschaftliche Verein zu Brandenburg, 
Die Lokal-Abth. des Landw. Vereins zu Siegburg, 
Der Landw. Verein zu Stendal, 

FERIEN" 5  » Halberstadt u. Wernigerode, 
Herr Schulz in Nickern, 

„ Prof. Münther in Greifswald 
und die Kurfürstliche Kommission in Cassel. 

Ausserdem sind in Folge einer bereits vor längerer Zeit 


126 


ergangenen Aufforderung, an das Ministerium der landwirth- 
schaftlichen Angelegenheiten 20 Pfd. abgegeben worden. 

Der Vorstand beschliesst, um eine möglichst grosse Ver- 
breitung der Zizania zu erzielen, den oben erwähnten Be- 
richt des Herrn Konsul Kühne noch einmal in einer hin- 
reichenden Anzahl von Exemplaren abdrucken zu lassen, 
demselben eine Bemerkung hinzuzufügen, dass die angestell- 
ten Keimungsversuche ein sehr günstiges Resultat ergeben 
haben und ihn an die Vereinsmitglieder zu vertheilen. 

Von Herrn Robert Erdmann in Arad ist ein Schrei- 
ben eingetroffen, worin derselbe ersucht, ihn zum wirklichen 
Mitgliede des Vereins aufzunehmen. Er theilt ferner"mit, 
dass das Resultat seiner diesjährigen Ricinusseidenzucht ein 
sehr günstiges gewesen ist und dass er sich jetzt im Besitz 
von circa 20,000 Cocons befindet, welche er zu überwintern 
hofft. Im nächsten Jahre beabsichtigt er sodann die Riei- 
nusseidenzucht im grossartigsten Maassstabe zu betreiben, 
zu welchem Zweck ihm von dem Herrn Grafen Zelenski 
ausgedehnte Ländereien und Lokalitäten zur Disposition ge- 
stellt worden sind. Er fügt die höchst interessante Mitthei- 
lung hinzu, dass es ihm gelungen ist, wie er sagt, auf leichte 
Weise die Cocons der Ricinusseidenraupe abzuhaspeln. ' Diese 
Operation hat bekanntlich bisher noch nicht ausgeführt wer- 
den können; da er jedoch die näheren Umstände seines Ver- 
fahrens nicht mittheilt, so ist er ersucht worden, dasselbe 
umständlich zu beschreiben und Pröbchen der abgehaspelten 
Seide einzusenden. Ebenso ist er ersucht worden, Mitthei- 
lung darüber zu machen, auf welche Weise in Ungarn aus 
den von ihm empfohlenen Nudelkürbissen die dort so be- 
liebte und wohlschmeckende Speise bereitet wird. 

Von Herrn E. Kaufmann ist am 11. November ein Te- 
legramm eingetroffen, worin er anzeigt, dass Herr Geoffroy 
St. Hilaire gestorben ist, und anfragt, ob er bei der Be- 
erdigung den Verein officiell vertreten soll. Es ist ihm be- 
jahend geantwortet worden. 

Herr Eugene Roehn theilt in einem Schreiben aus 


127 


Paris mit, dass er im vergangenenen Jahre die Heerden 
Llamas, Alpacas und Vicunnas für die Acclimatisations-Ge- 
sellschaft zu Paris von den Anden Südamerika’s eingeführt 
habe und jetzt im Begriff stehe, eine zweite ähnliche Expe- 
dition «zu unternehmen. Im Fall auch unser Acclimatisa- 
tions-Verein von den neu einzuführenden Thieren zu haben 
wünsche, ist er bereit Aufträge anzunehmen und die Thiere 
gesund und von reiner Race nach Bordeaux zu dem Preise 
von 1500 fres. die Llamas und Alpacas, von 3000 fres. die 
Vieunnas pro Kopf zu liefern. 

Ein auf demselben Gegenstand bezugnehmendes Schrei- 
ben ist von dem Direktor des zoologischen Gartens zu Cöln, 
Herrn Dr. Bodinus, eingegangen. Er macht namentlich 
auf die grosse Wichtigkeit der Einführung von Alpacas und 
Vicunnas aufmerksam und erbietet sich, für den Fall, dass 
unser Acclimatisations-Verein auf die Propositionen des Herrn 
Eugene Roehn einzugehen beabsichtige, den Thieren im 
zoologischen Garten zu Cöln auf einem passenden Terrain 
die’sorgfältigste Pflege und sachkundige Behandlung ange- 
deihen lassen zu wollen. | 

Obwohl auch unser Vorstand von der grossen Wichtig- 
kait und Nützlichkeit der Einführung dieser Thiere völlig 
überzeugt ist, so hat er sich doch zu seinem grossen Be- 
dauern ausser Stande gesehen, aus Mangel an hinreichenden 
Mitteln, diese günstige Gelegenheit, in den Besitz dieser 
kostbaren Thiere zu gelangen, benutzen zu können. 

Bereits im Jahre 1859 als die Ausrüstung der ostasiati- 
schen Expedition stattfand, hatte unser Vorstand ein Gesuch 
an »den‘'Minister der auswärtigen Angelegenheiten, Herrn 
v. Schleinitz, Excellenz, gerichtet, um auch eine Vertre- 
tung der Interessen des Acclimatisations-Vereins bei dieser 


. Expedition zu erwirken. Ein Bescheid war hierauf nicht er- 


folgt. Da nun unser Verein bei der Vertheilung der ersten 
Sendung von Sämereien und Seidenraupeneiern aus Japan 
ganz unberücksichtigt geblieben war, so schien es wünschens- 
werth, zu ermitteln, ob eine solche Vertretung unserer In- 


128 


teressen von dem Herrn Minister angeordnet worden war. 
Auf eine deshalb an das auswärtige Ministerium gerichtete 
Anfrage ist nun der Bescheid erfolgt, dass das betreffende 
Gesuch unseres Vorstandes damals dem Herrn Minister der 
geistlichen, Unterrichts- und Medicinal-Angelegenheiten mit- 
getheilt, eine besondere Vertretung des Acclimatisations- 
Vereins jedoch nicht angeordnet sei. Es .werde uns indes- 
sen wohl von den, von dem Fachgelehrten ‘der Expedition 
eingesandten Gegenständen mitgetheilt werden, wenn wir 
uns an den Herrn Minister der landwirthschaftlichen Ange- 
legenheiten wenden wollten. Es wird daher beschlossen, 
sobald wieder eine neue Sendung von Sämereien etc. ein- 
treffen sollte, sofort eine Eingabe in diesem Sinne an den 
Herrn Minister der landwirthschaftlichen Angelegenheiten 
zu richten. 

Die Ackerbau-Gesellschaft in Moskau hat durch Ver- 
mittelung der russischen Gesandschaft 21 Hefte ihres Jour- 
nals und etwas Samen der Asclepias cornuti und von Mou- 
cyou eingesandt. Aus den feinen seidenartigen Fasern, 
welche die Samen der Asclepias umgeben, wird in Russland 
eine Art von höchst zarter und schöner Watte verfertigt, 
von welcher eine Probe vorliegt, und die Mou-cyou ist eine 
neue Futterpflanze, eine Art Luzerne. 

Das Journal scheint die Verhandlungen der Gesellschaft 
zu enthalten, aber leider in russischer Sprache. 

Von Herrn Hofgärtner Fintelmann sind zwei Berichte 
eingegangen über die Zucht von Bomb. Ailanthi und Bomb. 
Ricini, auch hat derselbe zwei grosse schöne Früchte des 
ungarischen Nudelkürbis übersandt; er bemerkt dazu, dass 
dieselben nur mit gesalzenem Wasser verkocht, ein: pfefler- 
würziges Gemüse geben, an dem jedoch keine Spur von Nu- 
delbildung wahrzunehmen gewesen. 

Auch Herr C, Krüger in Lübbenau sendet einen Bericht 
über die von ihm cultivirten Sämereien und ein Paket, ent- 
haltend 12 Sorten der gewonnenen Bohnen ein, und bittet 


129 


dagegen um Uebersendung von Zizania aquatica und andere 
Sämereien. 

Ebenso ist von Herrn Rittergutsbesitzer Behrend ein 
sehr sorgfältiger von Herrn Wünn verfasster Bericht, so 
wie. eine Kiste mit verschiedenen der gewonnenen Sämereien 
übersandt worden. 

Ferner sind Berichte eingegangen: 

Von der Lokal-Abtheilung Bonn des landwirthschaftlichen 
Vereins für Rheinpreussen; 

‚Vom Zweigverein der Pommerschen ökonomischen Ge- 
sellschaft für Pyritz; 

Von der Lokal-Abtheilung Berncastel 

und von dem Kunstgärtner des Herrn Anton Richter 
zu Königssaal, Herrn Rudolph Haenisch. 

Der Vorsitzende theilt mit, dass Herr Victor de Wis- 
sotzki aus Moskau ihn am 25. November mit seinem Be- 
suche beehrt und ihm etwa 1 Pfd. Samen der empfohlenen 
russischen Ceder für den Verein überreicht habe, indem er 
versprach, dass eine grössere Quantität desselben und zwar 
noch in den Zapfen befindlich nachfolgen werde. 

Für die Vereins-Bibliothek sind eingegangen: 

Das September- und Oktober-Heft des Bulletin de la So- 
ciete imperiale d’Acclimatation; 

und 21 Hefte Verhandlungen der Kaiserlichen Ackerbau- 
Gesellschaft zu Moskau in russischer Sprache. 

Schluss der Sitzung 9'/, Uhr, 


Bericht über die Zucht des Ailanthus- Spinners. 


’W 


Pfaueninsel bei Potsdam, den 25. Okt. 1861. 
Die am 1. Juni d. J. angelangten Graines wurden in 
einem Glashause gehalten, dessen Wärme meist zwischen 


15 und 20°R. war, selten durch Sonnenschein auf 23° kam, 
1861. Bd. IV. 9 


130 


‘Die Räupchen erkrochen alle am 8. und machten in der 
vorerwähnten Temperatur vier Häutungen, beziehentlich am 
12., 15., 18. und 21. Juni und begannen die ersten am 25. 
zu spinnen. Verglichen mit dem Rieinus-Spinner sind die 
Perioden gleich, aber es tritt ein Nachtleben nicht so deut- 
lich hervor, wie bei diesem. Dies berulit möglicherweise 
auf einer Eigenthümlichkeit. iv asia "IE 

Die Raupen des letzteren sind nach der dritten Häutung, 
wie bis dahin und später dem des anderen zwar sehr ähn- 
lich, aber doch leicht zu unterscheiden. Die Dornen sind 
mit einem Büschel sehr kurzer schwarzer Borsten geziert, 
die bei dem andern sich ‘nicht finden. Ausserdem sind die 
hier gezogenen Raupen des Ailanthus-Spinners unter 'sich 
verschieden dadurch, dass die einen ohne alle Bestäubung 
grasgrün, die andern durch eine weisse, mehlartige, abfär- 
bende Bedeckung eben nur grün schimmern. 

Während der Zeit vor Beginn der dritten Häutung haben 
die Raupen Ricinus und Karden nicht befressen, ‘wohl je- 
doch nach der vierten, in der Spinnperiode, in welcher 'sie 
aber auch das Buchenlaub der Spinnlauben 'annagen, indem 
sie auf Ailanthus-Blättern sitzen. Zwischen der 3. 'und 4. 
Häutung ist ein Anbieten anderen Futters nicht geschehen. 
Sollte die erstere dieser Beobachtungen” sich 'bestätigen, so 
würde man doch auf Art-Verschiedenheit der beiden Spin- 
ner schliessen dürfen, deren Schmetterlinge in der Zeich- 
nung fast übereinstimmen und nur darin von einander ab- 
weichen, dass das Grau des Ricinus-Spinners einen ausge- 
sprochenen rothen Thon hat, der beim andern mangelt. 

Nach der dritten Häutung wurden 387 gezählt und mö- 
gen ursprünglich über 400 gewesen sein. Die Spinnzeit der 
ganzen Familie währte bis zum 3. Juli, also 9 Tage. Den 
Nachzüglern war äusserlich nichts anzusehen, was auf Krank- 
heit hätte gedeutet werden können, sie konnten nur spinn- 
faul genannt werden: 9 Stück waren nackt Puppen gewor- 
den, eine nach der andern zwischen dem 4. und 10. Juli. 
Acht aus diesen erschlüpfte Schmetterlinge waren so voll- 


13] 


kommen ausgebildet und begattungslustig, wie die anderen 
aus Gespinnsten, 
Am 6. Juli wurden in den Spinnlauben . . . 262 
im Zwinger zumeist in Ecken befestigt . . ...43 
vollkommene Gespinnste genau gezählt. 
Nackt hatten sich versponnen . 22 2 m 00.9 
Raupen und Cocons waren abgegeben . . . „29 
also seit der Zählung vermisst und umgekommen 44 
387 

Die Spinnraupen scheinen gern zu steigen; die trägen 
auf dem Lager bleibenden mögen kränklich sein, und wäre 
wahrscheinlich die Zahl derer, welche in Ecken gesponnen 
noch geringer gewesen, wenn eine Abtheilung nicht absicht- 
lich ohne Laube, nur mit einzelnen Zweigen besteckt, ge- 
lassen worden wäre. Dichte 2— 3’ hohe Lauben von Buchen- 
zweigen sind dem Rieinus-Spinner so zusagend gewesen, dass 
ich bei dem Ailanthus-Spinner gar keine anderen versucht. 
Ueberdies lösen sich die Gespinnste von den glatten Buchen- 
blättern so vollkommen und leicht ab, wie von keiner an- 
deren Widerlage. 

Unter den gleichmässig gelblich. hellgrauen Gespinnsten 
fanden sich 4 von rothbräunlicher Farbe, an die des Rici- 
nus-Spinners erinnernd. 

Die Cocons wurden am 11. in ein dunkles gegen Norden 
gelegenes Zimmer gebracht, doch bewirkte die Wärme der 
Witterung, dass auch dort die Temperatur bis 19, ja 21° 
stieg, und erschienen die ersten Schmetterlinge dieser ersten 
hiesigen Zucht am 22. Juli. Dies geschah in meiner mehr- 
wöchentlichen Abwesenheit, während welcher die Vermerke 
nur so weit zuverlässig, als ich hier unten angebe, und die 
Beobachtung der vorgedachten vier bräunlichen Cocons lei- 
der ganz unterblieben ist. Die Schwierigkeiten, welche durch 
das Auseinanderhalten und gesonderte Beobachten mehrerer 
Raupenfamilien, nach den Tagen des Auskriechens gebildet, 
für den Unbewanderten sich darbieten, hat der Pfleger nicht 

9* 


132 


zu überwinden gewusst. Möglich, dass dadurch nichts als 
Vollständigkeit des Berichtes verloren worden. 

Die ersten Graines wurden am 24. Juli abgesetzt; die 
ersten Räupchen erkrochen am 4. August, also am 12. Tage, 
bei zwischen 16 und 25° schwankender Temperatur. 

In einen anderen Raum gebracht, wo die Wärme nicht 
unter- 16° gesunken ist, fast jeden Tag bis 28° stieg, was 
nicht beabsichtigt, aber in dem Glashause nicht zu verhin- 
dern war, trat die erste Häutung den 7. August (also mit 
dem 4. Tage ein) und hielten sie: dieselben Fristen inne wie 
im Juni, ohnerachtet das Mittel der Temperatur wohl um 
einige Grade höher gewesen sein muss, als damals. 

Am 25. August, am 22. Tage nach dem Ausschlüpfen, 
sollen die ersten Raupen zu spinnen begonnen haben. Im 
Juni lagen, bei niederer Mitteltemperatur, jene’ beiden Epo- 
chen in der Frist von 18 Tagen. Sollte die Wärme erschlaf- 
fend gewirkt haben? Ist die Fütterung unregelmässig gewe- 
sen? Spätere Beobachtungen werden auf diese Fragen wohl 
eine: Antwort geben können. 

Es sind nun von dieser recht shlreinheeng Zucht, die 4 
Wochen lang gesponnen, Cocons abgenommen am'5. Ssiken- 
ber, am 20. September und am 1. Oktober. Die ersten sind 
in das Freie gestellt und dem Wetter, unter Schutz nur’ ge- 
gen Regen, ausgesetzt: am 14. September; die 2. am 25.; 
die 3. am 10. Oktober abgenommen, aber unmittelbar in 
einen leeren Eiskeller getragen worden, wohin die anderen 
schon am 28. gebracht worden waren, um sie dem Einflusse 
der eingetretenen warmen Tage zu entziehen. In dem Eis- 
keller ist die Temperatur stetig. 8°. 

Von den mindestens 1200 Cocons sind 50 Stück im Glas- 
hause zurückbehalten, wo sie seit dem 28. September einer 
zwischen 15 und 23° langsam wechselnden Wärme’ ausge- 
setzt sind. Die Zeit ihres Verspinnens fällt in die 3. Sep- 
temberwoche, ist aber nicht tageweise vermerkt worden. 
Die daraus etwa erschlüpfenden Schmetterlinge sollen’ ge- 
tödtet und aufgesteckt werden. 


ar 


133 


‘Eine eigentliche Bedeutung kann der Ailanthus-Spinner, 
die Verwendbarkeit der Cocons vorausgesetzt, wohl nur dann 
gewinnen, wenn die Chrysaliden von Mitte Oktober. bis Mitte 
Mai ohne Schwierigkeit sich überwintern lassen, denn an- 
deren Falles ist nicht zu erkennen, welchen Vorzug er vor 
dem Ricinus-Spinner voraushaben sollte, den 6 Monate und 
länger ruhen zu lassen bereits gelungen ist, und wir mit an 
jedem Wintertage zu beschaffenden Kardenblättern füttern 
können. Von dieser Ansicht aus ist der diesjährige Ver- 
such mit unseren Chrysaliden angelegt. Ein seltsames Zu- 
sammentreffen der verschiedenartigsten Umstände ‚hat so- 
wohl die genauere Beobachtung der durchgeführten Zuchten 
beeinträchtigt, als auch verhindert, dass die Ueberwinterung 
in der Weise angelegt, wie dies s. Z. mit dem Ricinus-Spin- 
ner durchgeführt worden. 

Nachschrift am 18. November. Die am 28. September 
in eine Temperatur zwischen 11 — 23° gebrachten Cocons 
sind noch nicht ausgekrochen, die Puppen aber noch ganz 
munter. Cocons von Bomb. Ricini wären unter gleichen 
Verhältnissen nicht nur ausgekrochen, sondern die Raupen 
würden schon die zweite Häutung durchgemacht haben. 

Nachschrift am 17. December. Als ich am 25. Oktober 
Bericht über den Ailanthus-Spinner erstattete, war ich der 
Zuversicht, es würden in den nächsten Tagen  Schmetter- 
linge erscheinen. Da dies bis zum 1. November nicht ge- 
schehen, wurden die Puppen untersucht, alle aber ganz ge- 
sund und von reger Empfindlichkeit befunden. Diese That- 
sachen stellen eine sehr willkommene Eigenthümlichkeit 
unseres Spinners in Aussicht und geben auch Veranlassung, 
die Temperaturen zu erniedrigen und näher zu beobachten. 

‚Es waren 

vom 4. — 11. Novbr. im Mittel 17° bei zwischen 12° und 22° 
yerict 26 eher RR IE 30T „7209 
„" 26.Nov. 9. Dechbr.; „: „16° 5 pi 12%; „22° 
sr 10rDee.ib; 1, „ölypinnlt'g a 10°: 4:19 


134 


Die Ermässigung vermindert die Mühwaltung um ein Be- 
deutendes. 

Die Puppen lassen noch keine Veränderung in Farbe oder 
Empfindlichkeit wahrnehmen und liegen schon 80 Tage in 
einer Temperatur, in welcher derselbe Spinner für einen 
ganzen Lebenslauf höchstens 60 Tage in Anspruch genom- 
men hat, und der nahe verwandte Rieinus-Spinner zur sel- 
ben Jahreszeit (Oktober — December) ihn in gleicher Frist 
vollendet haben würde. 

Die innen glasirte Lagerschale steht auf Kies, der stets 
feucht erhalten wird und die Gespinnste werden, damit sie 
weich bleiben, öfter mit Wasser fein übersprüht. 

(gez) @. A. Fintelmann. 


2. 


Von dem Verein zur Beförderung der Seidenzucht im 
Herzogthum Nassau, welchem wir Cocons des Ailanthus- 
Spinners gesandt hatten, ‚ging folgender Bericht ein: 


Wiesbaden, im August 1861. 

Anfangs Juli übergab mir Herr Regierungs-Rath Schreck 
5 bräunlich-graue Raupengespinnste, mit dem Bemerken, 
dass sie an den hiesigen Seidenbau-Verein von Berlin ge- 
sandt worden seien, und dass sie am 29. Juni 1861 gefer- 
tigt seien. 

Ich hing dieselben in einer offenen, mit Flor geschlos- 
senen Glasglocke grösster Art auf, stellte Wasser daneben, 
dass sie nicht austrockneten und es schlüpfte schon am 20. 
Juli ein sehr schönes Männchen aus; am folgenden Tage 
ein zweites. ‘Ich brachte dieselben in den Keller, damit sie 
ihre Lebenkräfte nicht vor Erscheinung der Weiber aufrei- 
ben und- sich ruhig verhalten sollten. Erst am 28. Juli er- 
schien I, am 29. 2 Weiber. Nun holte ich die unterdessen 
unbeweglich gebliebenen, ganz unversehrten Männer und 
setzte je ein Paar in 2 Glasglocken. Statt aber, wie die 
Cynthia immer gethan hatten, sich den Weibern mit ein- 


135 


brechender Abenddämmerung fast ohne Flug zu nähern, schie- 
nen. diese Männchen nichts: als.den Trieb zu empfinden, in 
das Freie-hinauszufliegen. ‘Da sie unaufhörlich wider das 
Glas anrannten, musste: ich sie im Zimmer frei fliegen las- 
sen. ‚Aber'nun begann! dasselbe Toben gegen das Fenster. 

Ich ‚liess den. Vorhang herab, setzte die Weiber an den- 
selben, und hofite sie am ‚Morgen in Paarung zu treffen. 

Statt dessen waren die. Männer ‚an den Flügeln arg zer- 
fetzt und einer hatte sich beide Vorderbeine abgerannt. 

Am folgenden Tage schloss ich auch den Laden, der lei- 
der nur ein Jalousieladen ist, und der Erfolg blieb derselbe. 
Zuletzt hatten sich die Männer fast sämmtliche Beine am 
obersten Gelenk abgestossen und fielen zu Boden, so lange 
sie nicht flogen. Trat man,mit ‚einer Lampe in das Zim- 
mer, so flogen sie um und an dieselbe und strebten in das 
Licht zu kommen. Ihr Flug war herrlich und leicht schwe- 
bend wie der eines Vogels, dem sie an Grösse gleich kom- 
men. "Sie waren erheblich grösser als Cynthia, dieselbe 
Zeiehnung und Farbe, ‚aber lebhafter und kräftiger schattirt, 
und statt eines weissen Hinterleibes hatten sie einen von 
der Farbe: der Flügel, mit weissen Haarbüscheln besetzt. 

Der: Hauptunterschied bestand aber in dem ganz ver- 
schiedenen lebhaften Temperament, also wohl auch grösserer 
Lebenskraft. | 

Die Weiber legten zwar schon in der zweiten Nacht eine 
Anzahl Eier, die aber unbefruchtet zusammenschrumpften. 
Die: Paarung: wird daher ‚nur in einem ganz grossen Saal 
oder: einem vollständig finstern Zimmer, wenn man eine An- 
zahl daran wagen kann, aber am besten im Freien zu be- 
wirken sein. 

Dem! verstorbenen Vegelius erging es ähnlich mit einer 
Anzahl Sarturnia pyri, die.er zur Paarung in Florkasten 
setzte. Die Männer stiessen sich nicht nur die Beine ab, 
‚sondern. sogar auch die Flügel bis an die Wurzeln, dass sie 
zuletzt hilflos verstümmelt am Boden lagen. 

| (gez.) ‘Dr. Rössler, 


136 


Es ist nicht wahrscheinlich, dass besondere Vorsichts- 
maassregeln erforderlich seien, um den Ailanthus-Spinner 
zur Paarung zu veranlassen. Wenn in diesem von Herrn 
Dr. Rössler so sorgfältig beobachteten und beschriebenen 
Falle keine Paarung erzielt werden konnte, so dürfte dieser 
ungünstige Umstand wohl einzig und allein dem unglückli- 
chen Zufall zuzuschreiben sein, dass die Weibchen volle 8 
Tage später als die Männchen erschienen. 

Red. 


Bericht über die Zucht des Rieinus-Spinners im 
Jahre 1861. 


1. 


Pfaueninsel bei Potsdam, den 25. Oktob. 1861. 

Im Nachsommer und Herbst v. J. waren Raupenfamilien 
gebildet worden, welche jede um etwa 14 Tage älter war, 
als die vorhergehende. In der Absicht zu ermitteln, ob bei 
den Anzuchten für die Ueberwinterung nicht niedrige Tem- 
peraturen, oder eigentlich wie sie ohne Heitzen in Gewächs- 
häusern sich ergeben würden, hinreichend sein möchten, 
waren die bis Mitte November fertigen Cocons ohne Heitz- 
wärme geblieben. Von da ab wurden die "Temperaturen 
aber auch nicht höher gehalten, als für die Pflanzen noth- 
wendig, und sie sind in der gedachten Zeit für Heitzwärme 
14°. Da die Sonne nur selten schien, so erhob sich die 
Mitteltemperatur vom Oktober nicht höher als 11°, obgleich 
wenige Male 17 auch 18° gewesen sind. 

Schon im September zogen sich die einzelnen Perioden 
des Raupenlebens mehr und mehr in die Länge, so dass 
einige Familien 6 Wochen brauchten bis so viel Cocons fer- 
tig waren, dass man die Nachzügler unbeachtet lassen und. 
fortwerfen konnte. Die im December Spinnenden mussten 
durch Heitzen so weit unterstützt werden, dass täglich min- 


137 


destens 16°R. 5 bis 6 Stunden andauerten, um überhaupt 
Cocons zu bekommen. Das Futter dieser bestand von der 
zweiten Häutung an nur in Karden; die Rieinus waren alle 
erfroren oder verzehrt. 

Mitte Dezember waren die bis dahin fertigen und in einem 
Kaltpflanzenhause bei 3— 6°R. bewahrten Cocons in einen 
Hauskeller gebracht worden, später die anderen unmittelbar 
aus dem Spinnraume, als von den zuletzt versponnenen 
einige bei der Probe deutlich klapperten, mithin die Chry- 
saliden reif sein mussten. Im März wurde es in dem Kel- 
ler zu warm und die Cocons mussten nach dem Eiskeller 
übersiedelt werden. Mit Ausnahme der Decembercocons 
kamen alle gegen Ende April in 15—25°R. Wärme mit 
angemessener Feuchtigkeit des Raumes. Es kroch auch nicht 
ein Schmetterling aus, und als nach 4 Wochen die vielen 
Hunderte von Cocons, die vor dem Auslegen leicht befeuch- 
tet worden waren, untersucht wurden, fanden sich in fast 
allen todte, verkrüppelte Schmetterlinge! 

Am 1, Juni wurden nun die Decembercocons ausgelegt, 
zuvor aber von allen die Spitzen abgeschnitten, wie ich dies 
früher schon dringend für den Fall angerathen, dass 
einem an jedem lebensfähigen Schmetterling ge- 
legen ist. Dass man das Aufschneiden aus Bequemlichkeit 
unterlässt, wie ich es auch gethan, an vielen Tausenden 
Cocons als ganz und gar überflüssig erkennt, darf uns nicht 
abhalten unter Umständen bei der Schmetterlingszucht zu 
der unnatürlichen Scheere, wie unter andern Verhältnissen 
zur Zange zu greifen, Wenn Jemand behauptet, die Eier 
von Schmetterlingen, welche ohne Aufschneiden der Cocons 
darin stecken geblieben wären, könnten keine gesunden Rau- 
pen zu Tage bringen, so weiss er das ganz bestimmt nicht 
. aus Erfahrung, und denkt nicht daran, dass es ganz statt- 
liche Siebenmonatskinder giebt, die 60 — 70 Jahre gelebt 
und gesunde Kinder gezeugt, und vergisst, wie viele Zan- 
gengeburten zur vollständigen Leistungsfähigkeit an Geist 
und Körper gelangen. 


138 


Meine Scheerengeburten sind vortrefflich gediehen, ich 
habe davon Graines gezogen, und wenn die von hier ausin 
diesem Jahr durch den Verein vertheilten, anderweit nicht 
alle ausgekommen, so ist irgend ein anderer störender. Um- 
stand eingetreten. Ich habe hier nur die letzten Legungen 
der Schmetterlinge zurückbehalten, weil diese gering an Zahl 
waren und ich nur wenig Raupen zu ziehen beabsichtigte, 
Sie haben alle regelmässig gehäutet und die‘ vier ‚kleinen 
Familien, die aus Graines beziehentlich am: 28, und.29. Juni 
und 1. und 2. Juli, erkrochen ebenso am 9.,.10., 12. und 
13. Juli, haben zu spinnen begonnen am 27., 28.,.29. und 
30. Juli. Eine grössere Gleichförmigkeit ist nicht zu ver- 
langen, man müsste denn an der Beschleunigung um einen 
Tag bei den beiden letzten Familien etwas tadelnswerthes 
finden wollen. 

Die nachfolgende Generation wieder von. den Graines ge- 
wonnen, welche die Schmetterlinge gleichsam ‚nachträglich 
noch abgesetzt, 3 Familien aus Graines vom 25., 26. und 
29. August, bei so geringer Wärme erzogen, dass 2 Häutun- 
gen in 6 Tagen fielen, also durch 4 Fresstage von einander 
getrennt waren, statt bei höherer Temperatur nur durch 2, 
haben beziehentlich den 8., 10. und 12. Oktober zu spinnen 
begonnen. 

Die Cocons sind vorsichtig mit ihren Hüllblättern (Bu- 
chen) abgeschnitten worden, sobald das Gewebe fertig schien, 
sind dann, die von jedem Tage zu einander gelegt, 6 Tage 
bei 14— 20° in dem Spinnraum verblieben, dann in das 
Freie und in Schatten gebracht, die ersten am 17., die letz- 
ten am 22. d. M. Es sind deren 98, und sollen nun mor- 
gen, den 26. in einen leeren Eiskeller kommen, wo. die Tem- 
peratur jetzt stetig 8°R. 

In der eben gedachten Weise meine ich den: Versehen 
und Uebelständen aus dem Wege zu gehen, welche im vori- 
gen Jahre Flüchtigkeit und Unachtsamkeit mögen herbeige- 
führt haben und ein so grossartiges Fehlschlagen der erfah- 
rungsmässig für sicher gehaltenen Ueberwinterung: verur- 
sachten. (gez) G. A. Fintelmann. 


139 
2. 
Oftringen bei Aarburg, den 17. Mai 1861. 

Die Ueberwinterung der Puppen des Ricinus-Seidenspin- 
ners ist mir vollständig gelungen. Cocons vom September 
1860, welche ich damals bis zum Eintritt der Fröste an 
einem schattigen eher im Freien aufbewahrte, dann in den 
Keller legte und am 7. April 1861 ins warme N brachte, 
lieferten mir in der ersten Woche des Mai, also nach mehr 
als siebenmonatlicher Puppenruhe, schöne kräftige Schmet- 
terlinge, deren Eier bereits am 16. und 17. Mai die Raupen 
entschlüpften. Von den Chrysaliden gingen kaum 7 pCt. zu 
Grunde. Gewiss ein schönes Resultat, das für manche Mühe 
und Sorge hinreichend entschädigt! Denn daran, dass mir frü- 
her das Ueberwintern nur unvollständig gelang, ist wohl nur 
der Umstand Schuld, dass ich die Cocons bisweilen zu sehr 
der Kälte aussetzte. 
one: (gez) Wullschlegel. 


Bericht über: die Versuche mit den im Frühjahr 1861 
zur Vertheilung gelangten Sämereien.*) 


Die verschiedenen frühreifenden Maissorten haben sich 
bewährt und sind im vergangenen Jahre fast überall zur 
Reife gelangt. Am vorzüglichsten scheint der gelbe Kärnth- 
ner Mais zu sein, dessen Reife zwar später eintritt und sich 
zuweilen bis Mitte Oktober verzögert, der sich aber durch 
sehr hohen Wuchs und prächtige, grosse und körnerreiche 
Kolben auszeichnet. : Sehr auffallend- ist die Bemerkung, 
welche der so sorgfältige und unermüdliche Beobachter Herr 
Fintelmann über die Veränderung der Reifzeit bei eini- 


*) Das Verzeichniss derselben findet sich im 4. Bando dieser Zeit- 


schrift, Seite 46. 


140 


gen dieser Maissorten, welche er schon im Jahre 1860 an- 
gebaut hatte, machte. Bei Terzano-Mais, Praecox d’Auxonne 
und Fortydays-Mais war nämlich eine geringe Verfrühung; 
bei dem Kärnthner dagegen eine bedeutende Verspätung der 
Reife im Vergleich mit dem Jahre 1860 eingetreten. Die 
Ursache hiervon bleibt noch zu ermitteln, kann aber wohl 
kaum in der Witterung gesucht werden. Es steht vielmehr 
zu erwarten, dass bei längerer regelmässiger Cultivirung der- 
selben Maissorten, diese sich mehr und mehr unserm nörd- 
lichen Klima anpassen und ihre Reifzeit im Allgemeinen 
nach und nach verfrühen werden, so dass wohl Aussicht 
vorhanden ist, den Mais in nicht langer Zeit auf unsern 
Feldern wirklich eingebürgert zu sehen. In diesem Frühjahr 
werden wir einige sehr schöne Sorten Mais aus Spanien zur 
Vertheilung bringen, welche aber voraussichtlich spät zur 
Reife gelangen werden, wir können aber unsere geehrten 
Mitglieder nur ersuchen, sich dadurch nicht zurückschrecken 
zu lassen, vielmehr die gewonnenen Kolben in den folgenden 
Jahren immer wieder zur Aussaat zu benutzen und genau 
zu beobachten, ob sich nicht nach und nach eine merkbare 
Verfrühung der Reifzeit einstellen wird. 

Ueber die verschiedenen Gerstensorten sind nur wenige 
Berichte eingegangen, besonders hervorgehoben wird die Reis- 
gerste aus Christiana, welche sechszeilig ist und einen ganz 
ungewöhnlich reichlichen Ertrag lieferte. — Der Kamtschatka- 
Hafer, welcher ein so schönes grosses Korn zeigte, scheint 
sich nicht bewährt zu haben, indem nach dem Berichte des 
Zweigvereins der pommerschen ökonomischen Gesellschaft, 
die gewonnenen Körner viel schlechter als die Aussaat aus- 
gefallen waren. 

Die Hirsensorten aus Christiania, namentlich die rothe 
und die braune werden von verschiedenen Seiten gelobt, 
ihr Ertrag fiel sehr reichlich aus und ist die Fortsetzung 
der Versuche zu empfehlen. 

Von den Erbsen wird allgemein die Erbse des Ueber- 
flusses, als ihren Namen alle Ehre machend, anerkannt; sie 


141 


ist eine kleinkörnige Felderbse von ganz besonders reichem 
Ertrage, auch die grüne englische Felderbse wird gelobt. 
Von den Gartenerbsen werden von verschiedenen Seiten die 
Erbse aus China und die Mammutherbse als sehr empfeh- 
lenswerth bezeichnet, während über die Pois en ombrelle 
aus Chistiania die Berichte widersprechend lauten. 

Die zahlreichen Bohnensorten scheinen fast ohne Aus- 
nahme empfehlenswerth zu sein; als die vorzüglichsten wer- 
den hervorgehoben: die Ostfriesländische Buschbohne; Pha- 
seolus oblongus vinosus; Early yellow six week; Phaseolus 
oblongus turcicus und Phaseolus sphaericus pumilus (niedere 
Sophinenbohne), welche letztere sehr niedrig bleibt und sich 
besonders zum Frühtreiben eignen dürfte. Auch die Stan- 
genbohne aus Algier ist sehr beachtenswerth, obwohl sie zur 
Reife einen günstigen Standort verlangt. 

Ein ganzes Sortiment von Stangenbohnen, welches nach 
bereits erfolgter Samenvertheilung aus Paris eintraf, wurde, 
da von jeder Sorte nur eine kleine Quantität vorhanden war, 
an Herrn Kunst- und Handelsgärtner Krüger in Lübbenau 
gesandt. Auch diese Bohnen scheinen nach dem Urtheile 
des Herrn Krüger alle empfehlenswerth zu sein, nament- 
lieh hebt er als die vorzüglichste Haricot a gousse ronde 
oeil blanc hervor. Sobald diese Bohnensorten in hinreichen- 
der Menge vermehrt sein werden, werden wir sie an unsere 
Mitglieder zur Vertheilung gelangen lassen; einige wenige, 
welche Herr Krüger einsandte, werden schon in diesem 
Jahre vertheilt werden. 

"Die neue amerikanische Melone hat sich als frühreifend 
bewährt, ohne besonderen Schutz zu erfordern. Die erhal- 
tenen Körner lieferten zwei verschiedene Sorten, die eine 
mit genetzter Schale und gelbem Fleich, die andere mit glat- 
ter Schale und weissem Fleisch. Beide Sorten werden in 
diesem Jahre abermals zur Vertheilung gelangen, 

Die grüne chinesische Gurke hat sich nun schon seit 
einigen Jahren als sehr empfehlenswerth gezeigt; sie liefert 
zahlreiche schöne grosse und fleischige Früchte. 


142 


Ailanthus glandulosa ist fast überall sehr gut auf- 
gegangen und sind von diesem schönen Baume. an vielen 
Orten zahlreiche Pflänzchen gewonnen worden, dagegen sind 
Taxodium distichum, Fagus sylvatica purpurea und die ver- 
schiedenen Ziereichen nur spärlich aufgegangen. 

Nach dieser kurzen Zusammenstellung, der zu unserm 
lelbhaften Bedauern bis jetzt leider nicht sehr zahlreich ein- 
gegangenen Berichte lassen wir nun diese selbst folgen in 
der Reihenfolge wie sie eingingen. 

Im Januar 1862. P. 


L, 


Lübbenau, den 18. Oktober 1861. 

Ueber die mir gütigst übersandten Sämereien erlaube 
ich meine gemachten Erfahrungen hier mitzutheilen, und zu- 
gleich von den Bohnen, wo es die Erndte erlaubte, zum 
Vertheilen an die Mitglieder kleine Parthien einzusenden, 
da die Aussaat wenig war, konnte auch die Ernte nicht 
gross sein, und habe ich von einigen Sorten alles zurückbe- 
halten, um im kommenden Jahre mehr zu ernten und dann 
zum Siertheileni einzusenden, 

Zunächst erwähne ich der Kartoffel von der Insel St. 
Martha, von welcher ich im Jahre 1858 zwei Knollen er- 
hielt. Nach meinen früheren Berichten hierüber wollte sich 
diese Kartoffel gar nicht an unser Klima gewöhnen, indem 
das Kraut bis zum Herbst grün blieb, und die Kartoffeln 
nie grösser wurden als eine grosse Kirsche. Schon wollte 
ich mit der Anzucht ermüden, als ich im vergangenen Jahre 
grössere und mehrere Früchte erntete, welche dieses Früh- 
jahr wieder gelegt wurden, und diesen Herbst schon gute 
Kartoffeln mittlerer Grösse lieferten, welche einen sehr fei- 
nen Geschmack haben und daher eine sehr gute Tafelkar- 
toffel liefern. 

Zum letztenmal komme ich auf die Oelbohne oder Oel- 
erbse aus China zurück, nachdem ich sie nun 5 Jahr lang 
cultivirt habe, gebe ich die Cultur auf, da sie durchaus 


143 


nicht für unser Klima passt. Sie setzt zu spät an, die Früchte, 
welche nur 2 Körner haben, werden nicht reif, so dass wir 
getrost davon abstehen können. 

Die Erbsen, 'welche ich erhiehlt, waren recht gut, wes- 
halb’ sie wohl in Aufnahme kommen möchten: 

Pois enombrelle aus Christiania, Zuckererbse mit 
kleinen krummen Schoten und weissen Blüthen mit rother 
Fahne, ‘weshalb sie auch gleich als Zierpflanze benutzt wer- 
den kann. Obgleich die Schoten sehr klein sind, so setzt 
sie sehr reichlich an, wodurch das Kleine der Früchte er- 
setzt wird. Gelegt wurde sie den 6. April und reifte für die 
Küche den 5. Juli; sie wird nur 2 bis 3 Fuss hoch. 

Grünkörnigte Bröckelerbse aus Christiania, 
wird nur 2 Fuss hoch, weshalb man sie auch als Stauden- 
erbse ziehen kann. ‚Ist eine Pahlerbse mit kurzen, dicken 
Schoten, ‘worin 4, höchstens 5 Körner liegen. Obgleich sie 
reichlich trägt, so ist ihr Anbau doch nicht sehr lohnend 
wegen der sehr kleinen Schoten. Gelegt wurde sie auch den 
6. April und reif für die Küche den 1. Juli. 

Felderbse, grüne englische, 2 bis 3 Fuss hoch, 
eigentlich mehr zum Trockenkochen, da die grünen Erbsen 
einen’ herben. Geschmack haben. Sie trägt reichlich, darf 
aber nicht dicht gesäet werden. Ist ebenfalls den 6. April 
ausgesäet und Anfangs Juli für die Küche reif. 

Graue Erbse wird 4 bis 5 Fuss hoch, hat eine schöne 
büunte-Blüthe und reift spät, weshalb sie als eine Späterbse 
mit schönen grossen Schoten angebaut zu werden verdient. 
Sie wurde auch den 6. April gelegt, war aber erst für die 
Küche reif Ausgangs Juli, wo die anderen Erbsen ziemlich 
alle durch sind. 

Die Staudebohnen waren sämmtlich gut, und der Ver- 
.. breitung werth; weshalb ich dieselben namentlich aufführe: 
Haricot vulgaire graine fasciee nain, wird 1’, 
Fuss hoch, Wachsthum sehr kräftig. "'Gelegt ward sie An- 
fangs Mai, und war für die Küche brauchbar Mitte Juli. -- 


144 


Die grünen braungestreiften Bohnen werden 6 bis 7 Zoll 
lang und hangen in grossen Büscheln beisammen, 

Phaseolus oblangus vinosus, Weinbohne aus Chri- 
stiania, ebenso hoch als vorhergehende, ward mit dieser zu- 
gleich gelegt, reifte auch mit dieser zugleich; die ‚grossen 
grünen Bohnen werden 6 bis 8 Zoll lang; sie trägt sehr 
reichlich. 

Staudebohne türkische Datteln aus Christia- 
nia, war ebenso hoch, als vorhergehende, war mit dieser 
Anfangs Mai gelegt, und reif für die Küche Mitte Juli. Sie 
trägt sehr lange fleischige Bohnen 20 bis 30 an einer Pflanze, 
so dass sie wohl zu empfehlen ist. 

Staudebohne niedere Sophien aus Christiania, wird 
nur 1 Fuss hoch, und möchte sich daher gut zum Treiben 
eignen. Die Bohnen werden 4 bis 6 Zoll lang, sind grün 
und sehr fleischig, weshalb sie eine gute Tafelbohne liefert. 
Gelegt wurde sie Anfangs Mai und reifte Mitte Juli. 

Phaseolus ellipticus carneus, ist schon im Handel 
unter dem Namen chinesische Butterbohne, eine schöne weiche 
Bohne mit fleischigen Schoten, und ebenso früh als vorher- 
gehende. | 

Ich habe die Bohnen nicht kochen können, weil ich die 
wenigen Früchte zu Samen anziehen wollte, richte mich da- 
her nach dem bekannten Merkmal, dass wenn die grüne 
Bohne beim Brechen weich und glatt bricht, ohne Fasern 
zu lassen es eine gute weichkochende Art ist. Dieses habe 
ich bei vorhergehenden wie nachfolgenden Arten probirt, 
und meine Anmerkungen darnach gemacht; es scheinen dem- 
nach vorhergehende Staudebohnen weiche Arten zu sein. 

Die Stangebohnen, welche ich später aus Paris vom Ver- 
ein erhielt, scheinen mir sämmtlich der Einführung werth 
zu sein, und folgen auch hier meine darüber gemachten Er- 
fahrungen. DBeigeschlossen war eine kleine Kapsel japani- 
scher Bohnen, ‚von unserer Expedition nach Japan, mit net- 
ten, rothen, kleinen Körnern, wo ich zur Sicherheit die Hälfte 
Körner den 8. Mai in einen Blumentopf aussäete und in ein 


145 


'lauwarmes Mistbeet stellte, die andere Hälfte denselben Tag 
ins freie Land legte. Beide Aussaaten liefen gut auf, und 
wurden die aus dem Mistbeet Ausgängs Mai an einer son- 
nigen Wand ausgepflanzt. Sie erreichten eine Höhe von 3 
Fuss, wuchsen sehr kräftig und fingen erst im August an 
zu blühen, mit schönen blassgelben Blüthen. Die im Mist- 
beet angezogenen Bohnen setzten im August schöne fleischige 
Bohnen an von 4 bis 5 Zoll Länge, und scheinen ausneh- 
mend zart zu sein. Da der September sehr unfreundlich 
war, setzte ich Mistbeetfenster vor und hatte die Freude im 
Oktober etwas reifen Samen zu ernten; allein die im freien 
Lande gelegten brachten keinen reifen Samen. Es scheint 
diese Art sich wohl hier acclimatisiren zu wollen, und vor- 
züglich fein zu sein, weshalb ich im kommenden Jahre die 
Cultur mit grosser Liebe fortsetzen werde. 

Von den Bohnen aus Paris gebe ich die französischen 
Namen wieder, wie sie auf den Kapseln waren, und wur- 
den sie alle den 8. Mai bei ziemlich kühler Witterung auf 
ganz gleichen, guten Garten-Boden ausgelegt, wo sich fol- 
gendes Resultat herausstellte. 

Haricot macul&& fruitrond, Stangenbohne mit sehr 
kräftigem Wuchs und blauen Blüthen, welche den 10. Juli 
zum Vorschein kamen. Die Bohnen werden 4 bis 5 Zoll 
lang, sind blaugrün und müssen jung verspeist werden, weil 
sie alt hart werden. Sie trägt sehr reichlich, ist auch als 
Trockenbohne zu benutzen. | 

Haricot Belge Commun, Stangenbohne mit sehr kräf- 
tigem Wuchs, welche den 20. Juli zu blühen anfing und 
für die Küche brauchbar war den 8. August. Es ist eine 
etwas späte Art mit 5 Zoll langen Bohnen, welche lange 
weich bleiben, und der Empfehlung werth. 

Haricot rond fauve, Stangenbohne mit blauer Blüthe, 
welche den 3. Juli in Blüthe trat und den 25. desselben 
Monats für die Küche brauchbar war. Die Bohnen werden 
4 Zoll lang, sind sehr dick und fleischig, blaugrün, setzen 


reichlich an und scheinen sehr zart zu sein. 
1861. BA. IV. 10 


146 


Haricot Zebre jaune, Stangenbohne von sehr kräf- 
tigem Wuchs, welche erst den 20. Juli anfing zu blühen, 
und den 12, August die ersten Früchte für die Küche lie- 
forte. Die Blüthe ist weiss, die grünen Bohnen 5 Zoll lang, 
fleischig, und bleiben lange weich, so dass es eine schöne 
Bohne für den späten Gebrauch werden möchte. 

Haricot rond marbre petit, Stangenbohne von sehr 
kräftigem Wuchs, mit 5 Zoll langen, fleischigen, hellgrünen 
Bohnen, welche lange weich bleiben. Die weissen Blüthen 
erschienen den 20. Juli und die ersten Früchte waren für 
die Küche brauchbar den 8. August; eine schöne reichtra- 
gende Art. 

Haricot ponctu& rose, Staudebohne mit fleischfarbe- 
nen Blüthen, welche sich den 4. Juli zeigten und die ersten 
Früchte den 20. Juli lieferten. Die zarten hellgrünen Boh- 
nen sind 6 Zoll lang und sehr reichlich im Ertrag, weshalb 
sie alle Beachtung verdient. | 

Haricot gendre, Stangenbohne, sehr hoch rankend, 
erschienen die ersten blauen Blüthen den 8. Juli und die 
ersten reifen Früchte den 26. Juli. Die Bohnen sind blau- 
grün und jung sehr zart, später werden sie hart und errei- 
chen eine Länge von 5 Zoll. 

Haricot Zebre purpurin, Stangenbohne mit ausser- 
ordentlich kräftigem Wuchs und rostfarbner Blüthe, wo die 
ersten den 18. Juli erschienen. Die ersten reifen Bohnen 
für die Küche zeigten sich den 5. August, waren 6 Zoll lang, 
sehr zart und fleischig, und sehr reichlich im Ertrag. 

Haricot pourpre, a fruit rond. Sehr schöne späte 
Stangenbohne mit weissen Blüthen, welche erst den 20. Juli 
erschienen, und Mitte August die ersten brauchbaren Früchte 
lieferten. Sie hat einen sehr kräftigen Wuchs und sind die 
4 Zoll langen, dicken, fleischigen Bohnen ohne Fasern, und 
bleiben lange weich, weshalb sie wohl weitere Verbreitung 
verdient. | 

Haricot mulatre, Stangenbohne, schwachrankend, mit 
blauer Blüthe und kleinen zarten 2 bis 3 Zoll langen fleischigen 


147 


Bohnen, welche sich vorzüglich zum ganz Einmachen eignen 
möchten. Sie trägt sehr reichliche kleine Bohnen, und er- 
schienen die ersten Blüthen den 7. Juli, die ersten Früchte 
den 25. Juli, welche lange weich bleiben. Die blauen Blü- 
then werden in ein paar Tagen purpurroth, weshalb man 
sie auch als Zierpflanze verwenden kann. 

Haricot Bicolor, sehr empfohlene Staudebohne, weiss- 
blühend mit zartrosa verlaufen. Die ersten Blüthen erschie- 
nen den 3. Juli und die ersten Früchte den 20. Juli. Die 
4 Zoll langen, dicken fleischigen Bohnen sind sehr zart und 
ohne Fasern, weshalb sie gewiss bald beliebt werden wird. 

"Haricot exotique ä oeil blanc, Stangenbohne, 
schwachrankend, mit fleischfarbenen Blüthen, von welchen 
die ersten am 7. Juli erschienen und für die Küche brauch- 
bar den 25. Juli. Die gelbgrünen Bohnen sind 4 Zoll lang, 
fleischig und ohne Fasern, und bleiben weich und zart bis 
zur Reife, weshalb sie allgemeine Verbreitung verdient. 

Haricot de Soissons rouge, Stangenbohne, schwach- 
rankend, blüthe den 10. Juli weiss, brauchbar für die Küche 
den 8. August. Die Bohnen sind 6 Zoll lang, fleischig und 
zart, dürfen aber nicht zu alt werden, sehr dankbar tragend. 

. Haricot & gousse ronde oeil blanc, Stangebohne 
von üppigem Wuchs, und sehr reichlichem Ertrag. Die 
fleischfarbenen Blüthen erschienen den 7. Juli, und waren 
die ersten Früchte für die Küche brauchbar den 20. Juli. 
Es scheint dies die schönste Bohne des ganzen Sortiments 
zu sein, denn die 3 bis 4 Zoll langen Bohnen sind fleischig 
wie die Wachsbohnen und ohne Fasern; bleiben lange zart 
und weich, und werden gewiss beliebt werden. 
© Haricot marbre purpurin, Staudebohne mit weissen 
Blüthen, welche den 1. Juli erschienen, und den 16. für die 
* Küche reif waren. Eine 6 Zoll lange, fleischige, grüne Bohne 
von reichlichem Ertrag. 

Hariecot blanerondä oeilnoir, Stangenbohne, nicht 
hoch rankend, blühte den 2. Juli und lieferte brauchbare 
Früchte für die Küche den 20. Juli. Es ist eine sehr frühe 

10* 


148 


Art, und werden die dunkelgrünen Bohnen 4 bis 5 Zoll lang, 
fleischig und zart, jung, von angenehmem Geschmack. 

Haricot l’Eveque de la Belgique, Stangenbohne 
von üppigem Wuchs und reichlichem Ertrag. Eine späte 
Art, da die Blüthen erst den 20. Juli erschienen und. die 
Früchte für die Küche brauchbar den 6. August. Die Blüthe 
ist blau und die 3 Zoll langen zarten Bohnen eignen sich 
vorzüglich zum ganz Einlegen. 

Haricot ventre de Biche, Stangenbohne mit kräfti- 
gem Wuchs und sehr reichlichem Ertrag. Blüthe blau den 
7. Juli und reifte für die Küche den 20. Juli. Die Früchte 
waren 6 Zoll lang sehr fleischig ohne Fasern und daher sehr 
schön und empfehlenswerth. 

(gez.) C. Küger. 


2. 
Rapperath bei Morbach, den 4. November 1861. 

1) Zuckermoorhirse, holcus. 

Same von dem Aeslisantiseliogne can and » von meh- 
reren anderen Stellen in Tausenden von Körnern und den 
verschiedensten ‚Böden ausgesäet, ging in den Jahren 1857, 
1858, 1859, 1860 und 1861 kaum zum tausendsten Theile 
auf, obwohl er zu den verschiedensten Zeiten gesäet war. 
Trotz der ausgezeichnetsten Pflege, erreichte nur ein einzi- 
ger Stock im besten Gartenboden eine Höhe von 2'/, Fuss 
und warf 3 Schüsse. 1861 wurde die schönste Pflanze kaum 
fingerslang. 

2) Amerikanischer Lein. 

Er zeichnete sich durch nichts von dem gewöhnlichen, 
hier gezogenen und neben ihm stehenden aus, als nur durch 
seine weissen Blüthen. 

3) Schottische Annatgerste. 

Selbst im Garten an geschützter Stelle gezogen, machte 
sie sich nur dadurch bemerklich, dass alle Aehren zweizei- 
lig waren. 

4) Kneifelerbse. 


ee en bl na ia. 


149 


Fehlte im Garten "gänzlich, der Ertrag war nicht die 
Hälfte der Saat. 

5) Grüne Felderbse, englische. 

Die Erbse ergab an Quantität und Qualität die Aussaat 
wieder. 

6) Hellerlinse. 

Viel Stroh, aber gar keine Linsen. 

7) Tannenklee, 

Es zeigen sich einige schwache Pflanzen. 

Die Versuche wurden in einem Thale des Hochwaldes, 
1,100 Fuss Meereshöhe, gemacht. 

Der Direktor der Lokalabtheilung Berncastel 
(gez) M. Stolzenburg. 


3. 


Pitzerwitz, den 9. November 1861. 

Dem Acelimatisations-Verein zu Berlin beehre ich mich 
über die dem ökonomischen Vereine zu Pyritz in diesem 
Jahre übersandten Sämereien folgenden Bericht ergebenst 
abzustatten. 

Zur Vertheilung dieser Sämereien an die Vereinsmitglie- 
der bot sich mir bei der vorgerückten Jahreszeit keine Ge- 
legenheit dar, und sah ich mich veranlasst, die Versuche 
zur Anpflanzung allein zu unternehmen. 

Ailanthus glandulosa wurde am 10, April auf Moor- 
boden gesäet, ging gut auf, und erreichten die Pflänzlinge 
eine Höhe bis 2 Fuss, deren Spitzen jedoch durch herr- 
schende Nachtfröste zerstört sind. 

Die übrigen Sämereien wurden sämmtlich auf schweren 
aber gut cultivirten Boden gebracht. 
| Mais & poulet rouge, Mais praecox d’Auxone, 
“ Terzano Mais, gelber Kärnthner Mais wurden am 10. 
April gesäet, und erreichten bis zum 12. September ihre 
Reife, Letztere Sorte wurde 7 Fuss hoch, und lieferte den 
grössten Körnerertrag, wohingegen die anderen Sorten nur 
die Höhe von 5 Fuss und einen geringeren Körnerertrag er- 


150 


reichten, so dass der gelbe Kärnthner Mais sich zur Culti- 
virung am besten zu eignen scheint. 

Kamtschatka-Hafer gab gutes Stroh, jedoch waren 
die Körner an Qualität viel schlechter als die Saat, welche 
am 3. April gesäet war, und am 13. August die Reife er- 
langt hatte. | 

Die broncirte sowie die rothe Hirse ‚entwickelten 
sich sehr rasch zum guten Stand, lieferten: einen hohen Er- 
trag und ist deren Anbau wohl zu empfehlen. Aussaat den 
10. April, Ernte den 13. August. 

Erbsen: Aussaat den 10. April, Ernte den 10. August, 
aus China und engl. Mammuth, wurden beide an Stroh sehr 
gross, und gaben einen bedeutenden Körnerertrag‘, letztere 
vorzüglich grosse Schoten. Pois en ombrelle zeichnete sich 
durch ihren eigenthümlichen Wuchs aus, indem unten das 
Stroh nur fein war, nach der Spitze zu aber einen Durch- 
messer von °/, Zoll erreichte; der Ertrag sehr geringe und 
daher nicht zu empfehlen. Englische grüne Felderbse scheint 
dieselbe zu sein, welche in hiesiger Gegend seit mehreren 
Jahren mit dem besten Erfolge gebaut wird, und sehr zu 
empfehlen ist. 

Bohnen: Aussaat den 8. Mai, Ernte den 3. September. 
Türkische Dattel- und braune Dattel-Bohne hatten sehr zähe 
Schoten, im Ertrage befriedigend; die anderen Sorten als: 
Early yellow, Phaseolus ellipticus carneus, Haricot vulgaire 
graine fasciee nain und ostfriesische Buschbohne waren im 
Ertrage gut und die Schoten wohlschmeckend, vorzüglich 
zeichnete sich letztere Sorte durch diese Eigenschaften aus. 

Tabacks-Sorten: Maryland, Schiras, Ohio, La Guayra 
geben wenigstens dem Anscheine nach ein schöneres, wenn 
auch quantitativ ein geringeres Produkt als der hiesige. ge- 
wöhnliche Taback. Die im Mistbeet gezogenen Pflänzlinge 
wurden am 18. Juni gepflanzt, Ernte am 16. August. 

Anthyllis vulneraria ist aufgelaufen aber von Mäusen zer- 
stört. Radies von Madras ist nicht gekeimt. 

Quercus macrocarpa ist eine Pflanze fortgekommen. ‚Von 


151 


sämmtlich gewonnenen Sämereien beehre ich mich Proben 
beizufügen. 
Der Vorstand des Zweigvereins der pommerschen ökono- 
mischen Gesellschaft für Pyritz. 
(gez.) Held. 


4, 

Die Lokal-Abtheilung Bonn des landwirthschaftlichen 
Vereins für Rheinpreussen sendet folgenden Bericht ein. 

Erbsen aus China. Wurden den 22. März in Garten- 
erde gesteckt, gingen nach 14 Tagen gut auf, blüheten im Mo- 
nat Mai bis Juni. Da ich nur einige wenige Körner erhielt, 
so lag es mir besonders daran, mehr Samen zu erzielen, es 
wurden deshalb nur wenige Schoten zum Verbrauche ver- 
wendet, alle anderen aber nach ihrer Reife im Monat August 
vom 1. bis zum 20. zum Samen gesammelt. 

Pahlerbsen, BeckspriceTaker, wurden den 22. März 
in gute Gartenerde gesetzt, wurden 3 Fuss hoch, blüheten An- 
fangs Mai, setzten kleine Schoten an, und vermehrten sich 
bedeutend. Immer grünbleibende Felderbsen. Ernte den 
6. August. 

Englische Mammuth Pahlerbse oder amerikanische 
Riesenerbse, wurden den 20. April gesteckt, wurden gegen Mitte 
Mai gegen 10 Fuss hoch, blüheten sehr üppig, die grünen 
Erbsen kochen sich sehr weich, wenn sie auch schon sehr 
stark sind, schmecken sehr zart und vermehren sich ausser- 
ordentlich viel. Von 20 Stück erntete ich gegen 500 Stück 
am 30. Juli. | 

Kneifel-Erbsen, Dunnets first early, gesetzt am 19. 
April in gute Erde, wurden 4 Fuss hoch, blüheten Mitte Mai, 
gaben zahlreiche Schoten, jedoch kleiner Art; ihr Geschmack 
- angenehm süss; ihre Körner klein. 

Erbsen des Ueberflusses bewährte sich wieim vorigen 
Bericht, rechtfertigen ihren Namen und sind von angeneh- 
mem Geschmack. 

Pois en ombrelle aus Christiania, wurden am 22. April 


152 


in gute Gartenerde (mit Lehm im Untergrunde) gesetzt. Er- 
hielt nur 12 Stück, blüheten Mitte Mai, wurden nur 3 bis 
4 Fuss gross. Da ich nur so wenige erhielt, wurde. keine 
zur Küche gegeben, sondern zur Samenerzeugung aufbewahrt. 
Erntete 150 Stück. 

Bohnen. Phaseolus oblongus vinosus. Weinbohnen 
aus Christiania. Im Allgemeinen sei gesagt, dass ich von 
sämmtlichen Bohnen bei der Vertheilung nur immer wenige 
erhielt, und daher mein Bestreben nur sein konnte Samen zu 
erziehen, es blieb daher der Versuch, wie sie sich im Ge- 
brauche bewährten, ausgeschlossen. Wurden den 21. Mai in 
gute Gartenerde gesetzt, hatte viel, besonders klein, von den 
nackten Schnecken, so wie alle nachgenannten Sorten Boh- 
nen zu leiden, blüheten in Mitte Juli, und wurden Anfangs 
September geerntet. Von 20 Stück erzielte ich 208. Stück. 

Phaseolus oblongus spadiceus, braune Dattelbohne, 
gesetzt an demselben Tage und unter denselben Verhältnissen. 
Haben lange gelbe Schoten. Von 15 Stück erntete ich 115. 

Phaseolus ellipticus carneus, incarnatfarbige Eier- 
bohne aus Christiania. Cultur wie ad 30 (Phaseolus oblongus 
vinosus). 

Phaseolus Haricot renfl&e blanc nain aus Christia- 
nia, gesetzt wie ad 30 (Phaseolus oblongus vinosus) nur kam 
sie etwas mehr feucht und im Schatten zu stehen, wurde daher 
mehr von den nackten Schnecken heimgesucht, erhielt nur 
einen Strauch von 4 und welcher auch nur 16 Bohnenfbrachte. 
Eine gleiche Zahl, die ich bei der Vertheilung erhalten hatte. 

Grosse Heller-Linse, erhielt 8 Stück, wurden den 
26. April in gute Gartenerde gesetzt, sind indess gar nicht 
aufgegangen, ah 

Grüne chinesische Gurke, wurde den 14. Mai in ein 
kaltes Mistbeet gesetzt, ging aber der Samen (3 Körner) 
nicht auf, | 

Radis von Madras, wurde auf Salatbeete in einer Ent- 
fernung von 1 Fuss, wie es die Vorschrift besagte, gesäet, 
ging. aber nicht auf. (Ungefähr 12 Körner.) 

(gez.) v. Suter, Oberstlieutenant a. D. 


153 


Kl. Beeren, den 9. November 1861. 
Der Gärtner des Herrn Rittergutsbesitzer Behrend sen- 
det folgenden Bericht ein: 
1)Maisä pouletrouge. 2) Terzano-Mais. 3)Forty- 
days-Mais. Anfang Mai legte ich diese Maissorten auf eine 
gut und tief bearbeitete Rabatte, welche im vergangenen Jahr 
mit Kuhdung gedüngt war, in Entfernung von 1'/; Fuss im 
Quadrat, immer 2 Körner in ein Loch. Der Same ging gut 
auf und erreichte der 
Terzano-Mais eine Höhe von 8 Fuss mit einem, selten zwei 
Kolben, 

Mais & poulet rouge eine Höhe von 6 Fuss mit einem, sel- 
ten zwei Kolben, 

Forty days-Mais eine Höhe von 5 Fuss mit einem Kolben. 

Alle drei Sorten waren Ende September reif und füge 
ich von jeder einzelne Proben bei. 

Rother Soemmer-Emmer aus Christiania. Da mir der 
Anbau dieses Productes gänzlich unbekannt war, so legte ich 
die Samenkörner zu zweien im Quadrat von 6 Zoll auf ein 
lockeres, ein Jahr zuvor gedüngtes Land, wo sie bald auf- 
gingen, die Pflanzen kräftig heranwuchsen, und bis Ende 
August gegen 3'/; Fuss hoch wurden. Zeit der Reife war 
Mitte September, und habe auch hiervon zur Probe etwas 
zurückbehalten, welches hierbei erfolgt. 

Mumien-Erbse. Amerikanische Riesenerbse. 
Graue Erbse. Dunnets first early. Diese Erbsensorte 
legte ich am 2. Mai auf kräftigen etwas lehmigen Boden. Mu- 
mien-Erbse mit kurzen dicken Schoten war im Ertrag mittel- 
mässig, reif Mitte August, und ist als Gemüse zu empfehlen. 

Dunnets first early war im Ertrag sehr gering, reif An- 
fang August und ist nicht als Gemüse zu empfehlen. 

Amerikanische Riesenerbse war von gutem Ertrag, reif An- 
fang September und trägt sehr grosse dicke Schoten mit gros- 
sen glatten Samenkörnern, ist als Gemüse nicht zu empfehlen. 


154 


Graue Erbse mit blassrothen Blüthen wurde 9 Fuss hoch, 
fing erst Mitte Juli an zu blühen und ist nicht reif geworden. 

Erbse des Ueberflusses, welche ich von meinem vorjäh- 
rigen Samen wieder säete, ist nicht als Gemüse zu empfeh- 
sen, war im Ertrag wieder ganz vorzüglich, und soll näch- 
stes Frühjahr im Felde ausgesäet werden. 

Phaseolus oblongus vinosus, 

” Pr spadiceus, 
* ellipticus carneus, 

Canadische Zwergbohne., 

Am 6. Mai legte ich den Samen auf kräftigen, lehmigen 
Boden und ging er nach 8 Tagen gut auf, Alle 4 Sorten 
sind Staudebohnen, 

Phaseolus oblongus vinosus: wurde im Kraut 2 Fuss hoch 
und hatte die wenigsten Schoten, die sich sehr lange grün 
hielten, aber nicht zur Reife kamen, sondern bei der im 
Herbst anhaltenden nassen Witterung alle zu Grunde gingen. 
Als Gemüse ist diese die einzige, die ihrer zarten, breiten 
Schoten wegen empfohlen werden kann. 

Phaseolus oblongus spadiceus war Anfang September reif 
und lieferte die Staude zu 8 Samenkörner 76. Schoten, jede 
zu. 5 auch 6 Körner. 

Phaseolus ellipticus carneus war ebenfalls Anfang  Sep- 
tember reif, und hatte die Staude von 8 Samenbohnen 106 
Schoten, jede zu 5 auch 6 Bohnen. 

Canadische Zwergbohne war Ende August reif und lie- 
ferte die Staude zu 8 Samenbohnen 92 Schoten mit 4 auch 
5 Bohnen. 

Stangenbohne aus Mexico ist ihrer zähen Schoten 
wegen nicht als Gemüse zu empfehlen, und brachte in diesem 
Jahre auch nur sehr geringen Ertrag. 

Neue amerikanische Melone. Mitte April säete ich 
den Samen in eine flache Schaale, die ich in’s kalte Mistbeet 
setzte, wo er nach 14 Tagen aufging, und ich die jungen 
Pflanzen bald in kleine Töpfe pflanzen konnte. Wie sie 
einigermaassen zum Auspflanzen kräftig ‘genug waren und 


155 


den Topfballen hielten, pflanzte ich sie am 20, Mai in ein 
abgetragenes Mistbeet, das zum Heranziehen von Sellerie- 
und Borree-Pflanzen angelegt war, nur 2 Pflanzen in einem 
Fenster, legte jedoch keine Fenster auf, sondern schützte 
sie nur in der ersten Zeit durch des Abends darüber ge- 
stürzte Blumentöpfe gegen kalte Nächte. Sobald die Pflan- 
zen das dritte Blatt gemacht hatten, schnitt ich vorsichtig 
die Spitze heraus, um Nebentriebe zu erzielen, und über- 
liess sie dann ihrem  ferneren Wachsthum in soweit, dass 
ich nur von Zeit zu Zeit durch Giessen die Feuchtigkeit im 
Beete erhielt. Bald bemerkte ich, als die ersten Früchte 
die Grösse eines Hühnereis erreicht hatten, dass es 2 ver- 
schiedene Arten waren, und zeigte sich späterhin beim Rei- 
fen,.der Früchte, Ende Juli, dass eine Sorte mit grösserer 
Frucht und genetzter Schaale, gelbes Fleisch, die andere da- 
gegen mit kleinerer Frucht und glatter Schaale, weisses 
Fleisch hatte: Da beide Arten sehr zuträglich sind, und 
durch’ihre frühe Reife sich auszeichnen, so wären sie die- 
serhalb wohl zu empfehlen, ich muss aber hinzufügen, dass 
die gewöhnliche Netzmelone, sowohl als Tafelmelone wie 
eingemacht, vor beiden den Vorzug behält. 

Grüne chinesische Gurke. Am 22. Mai legte ich die 
Körner in ein abgetragenes offenes Mistbeet, nach der Länge 
desselben in eine Reihe, immer 6 Zoll von einander ein 
Korn, Nur. ungefähr . die Hälfte des Samens ging auf, was 
auch hinreichend war um den ganzen Flächenraum des Bee- 
tes zu beranken, welches Ende Sommer mit schönen langen 
Gurken wie besäet war. Wohl verdient diese Gurke man- 
cher andern vorgezogen zu werden, weil sie sich durch Grösse, 
langes Grünhalten der Frucht, Reichhaltigkeit an Fleisch 
und reiche Fruchtbarkeit auszeichnet. Eine der schönsten 
Früchte wog 3 Pfund 13 Lth. | 

Pyrethrum carneum säete'ich am 27. März in ein kal- 
tes Mistbeet, wo der Same bald aufging, die jungen Pflanzen 
heranwuchsen, dass ich sie am 22. Mai im Garten auf Ra- 
batten in Entfernung von 1 Fuss auspflanzte, wo sie kräftig 


156 


fortwuchsen, und von Anfang August bis jetzt geblüht 
haben. 

Ailanthus glandulosa. Einen Theil des RER säete 
ich am 27. März in einen mit sandiger Mistbeeterde gefüllten 
flachen Kasten, den ich in ein kaltes Mistbeet stellte, wo 
der Same nach 3 Wochen aufging. Als die Pflanzen 1!/, 
Zoll gross waren, pflanzte ich sie am 22. Mai im Garten 
auf eine halb schattig liegende Rabatte, welche 1 Fuss tief 
bearbeitet war, in Entfernung von 1 Quadratfuss aus, goss 
sie an, welches den ganzen Sommer hindurch bei trockener 
Witterung wiederholt wurde; und haben die kleinen Bäum- 
chen zu meiner Freude eine Höhe von 1?/, Fuss erreicht, 
bei einer Stärke von '/, Zoll. Den anderen Samen legte ich 
einzeln am 12. April auf ein schattig liegendes Land, das 
ebenfalls ein Fuss tief bearbeitet war, in Entfernung von 6 
Zoll im Quadrat. Die jungen Pflanzen zeigten sich doch 
erst, obgleich ich das Samenbeet beständig feucht hielt, An- 
fang Juni, haben bei Weitem nicht diesen kräftigen Wuchs 
wie die andern, und sind kaum 1 Fuss hoch geworden, 
woran ich wohl sehe, dass ein Verpflanzen in grösserer Ent- 
fernung auf eine nicht so schattige Stelle besser gewesen 
wäre. Da bei den bis jetzt sich eingestellten Reifen das 
Laub der jungen Bäume erfroren ist, wird es gut sein, sie 
durch eine Decke gegen zu grosse Kälte zu schützen, und 
sie, sobald sie erst grösser und stärker sind, von Jahr zu 
Jahr abzuhärten. Jedenfalls werde ich einige zum Versuch 
frei stehen lassen, und den Erfolg davon BUEIREIUERG: Ä 

Taxodium distrehhik, 

Fagus sylvatica purpurea. 

Quercus coccinea. 

Am 27. März legte ich diese drei verschiedenen Samen 
in flache Schaalen, welche ich ins kalte Mistbeet setzte. 
Nach 4 Wochen gingen von Taxodium 5 Pflanzen auf, welche 
ich später einzeln in Töpfe pflanzte, anfangs schattig hielt 
und nach und nach an die Sonne gewöhnte. Sie sind 1 Fuss 


re 


157 


hoch geworden, und werde ich sie im nächsten Frühjahr in’s 
Freie pflanzen. 
Fagus sylvatica purpurea und Quercus coceinea sind bis 
August nicht aufgegangen. 
(gez.) Wünn. 


6. 


Königsaal, im November 1861. 

1) Erbsen: Becks Price, Amerikanische Riesen, Victoria, 
Mumien- und Erbse des Ueberflusses, sämmtliche Sorten gin- 
gen gut auf und entwickelten sich vollkommen; was den Er- 
trag anbelangt, so habe ich nur die letztere als sehr dank- 
bar gefunden, alle übrige Sorten werden von älteren, wie 
2..B. Knigths of Marrow u. s. w., die schon seit mehreren 
Jahren in Deutschland cultivirt werden, übertroffen. 

2) Ailanthus glandulosa ging sehr gut auf, allein 
schon zu bekannt, um in Details darüber einzugehen. 

3) Mais a poulet rouge und Terzano gingen gut auf 
und brachten zeitig reife Kolben, da aber dieses Jahr alle Sor- 
ten Mais vom Brand heimgesucht wurden, waren nur wenig 
Kolben vollkommen ausgebildet. 

4) Quercus rubra ist nicht aufgegangen. 

5) Die broncirte Hirse ging sehr gut auf, wurde 
aber vor vollkommener Reife total vom Hagel zerschlagen. 

(gez.) Rudolph Haenisch, 
Kunstgärtner des Herrn Anton Richter 
zu Königsaal. 


T. 


Königsberg i. Pr., den 29. Nov. 1861. 
Die im März c. der unterzeichneten Centralstelle geneig- 


- test zuertheilten Sämereien sind verschiedenen Landwirthen 


zu Anbau-Versuchen übergeben; indessen ist bis jetzt nur 
von den Herren Dr. Kleeberg und Nitschmann-Con- 
radswalde Bericht erstattet worden. 

Das Resultat stellt sich in folgender Weise heraus: 


158 


1) Ailanthusglandulosa. Der Samen ging sehr gut auf. 
Die Schwierigkeit der Anzucht besteht wesentlich darin, dass 
das Holz nicht völlig reif wird und daher durch den Win- 
ter — wenn nicht sehr geschützte Lage und Stroheinwicke- 
lung zu Hülfe kommt — fast bis zur Erde niederfriert. Die 
beste Behandlungsweise ist immer, wie bei der von Paulow- 
nia imperialis, deren Wurzelstock allerdings perennirt und 
nur die jährlichen Stocktriebe gelassen werden, wobei frei- 
lich nur ein Strauch, aber mit imponirender Blattfülle er- 
halten wird. 


2) Fagus sylvatica rubral gingen gut auf; rm hier aber 

: nur an sehr geschützter Stelle; da Kö- 
3) Quercus coceinea und nigsberg schon für die gewöhnliche Bu- 
4) Quercus rubra 


che die Nordgrenze ihrer Vegetation ist. 

5) Maispraecox d’Auxonne wurde 8—10 Fuss hoch, 
doch ohne zu fructifieiren. 

6) Grüne chinesische Gurke lieferte reichlich und gute 
Früchte in schönen Exemplaren von 1'/, Fuss Länge und 
Armsdicke, mit sehr dicker Fleischschale. 

7) Anthyllis vulneraria. Die empfangene Probe von 
Samen war nicht keimfähig. Wr 

8) Ostfriesländische Speck-Buschbohne lieferte das 6. Korn. 

9) Phaseolus oblogus tureicus (Christiania) „ „21. 


” 
10) Phaseolus oblongus vinosus ® gi REBORe, 
11) Phaseolus ellipticus carneus „ Eee > 
12) Phaseolus oblongus spadicus ,„ a N 


13) Canadische Zwergbohne (Christiania) sehr früh reif 
lieferte das 12. Korn. | 
14) Heller-Linse lieferte das 11. Korn. 

Um für die Folgezeit ein grosses Quantum Samen zu er- 
zielen, wurden die Bohnen, incl. Linse, in einem Gemüsegar- 
ten, jedoch ohne frischen Dung angebaut. 

Schliesslich wäre noch zu bemerken, dass — um dem 
Anbau der Weberkarde (Dipsacus fullonum) für die Folge- 
zeit auch in Ostpreussen eine grössere Ausdehnung zu ge- 


ben — der erhaltene Same, ausser den Vorständen einzel- 


ner Zweigvereine, noch namentlich dem Kantor Lange in 


159 


Kl. Dexen (bei Pr. Eylau) und dem Lehrer Kanitz in Hein- 
richsdorf (bei Friedland) zu weiteren Versuchen übergeben 
worden ist. Ein Bericht hierüber bleibt für nächstes Jahr 
vorbehalten. 
Die ostpreussische landwirthschaftliche Centralstelle. 
In Vertretung 
(gez) Minden. 


8. 


Hasenholz, den 9. Dezember 1861. 

Ueber die mir im Frühjahr gütigst mitgetheilten Säme- 
reien erlaube ich mir ganz ergebenst Folgendes zu berichten: 

1) Die drei Tabackssorten: Gounditaback, Maryland- 
und Duttentaback säete ich am 3. April in’s freie Land, sie 
gingen aber erst Ende Mai auf und wurden am 16. Juni ver- 
pflanzt. Das Ertrags-Quantum ist genügend. Auch habe ich 
alle drei Sorten geprobt, welehe sich sehr gut zum Rauch- 
taback eignen. Die vorzüglichste Sorte an Geschmack ist 
der Duttentaback. Reifer Samen ist nicht gewonnen. 

2) Anthyllis vulneraria ist am 30. März gesäet, und 
ging schon am 20. April auf. Aber die Höhe zum Schneiden 
hat er nicht erreicht. 

5) Die ostfriesländische Speck-Buschbohne und 
Phaseolus oblongus spadiceus habe ich am 10. Mai ge- 
legt. Aufgegangen den 19. Mai. Die Früchte von beiden Sor- 
ten sind zart, delikat, reifen früh und kochen sich sehr gut. 
Die ziemlich stärkeren Bohnen bleiben noch zum Brechen. 

4) Die drei Sorten Erbsen, als: Mammuth-Pahlerbse, 
AmerikanischeRiesenerbseundErbsedesUeberflus- 
ses sind ausgelegt am 5. April, am 20. April sehr gut aufgegan- 
gen und wuchsen sehr üppig. Ich hatte sämmtliche Erbsen mit 
- 5 Fuss hohen Reisern gestabelt, aber sie wuchsen noch 4 
Fuss darüber. Alle drei Sorten sind meines Erachtens sehr 
zu empfehlen. | 

5) Dispsacus fullonum ist gut aufgegangen und mit 
kräftigen Pflanzen in den Winter gekommen. 


160 


6) Die weisse, braune und broneirte Hirse wurden 
am 3. April gesäet, es kamen aber von jeder Sorte nur sehr 
wenig Pflanzen zum Vorschein und wurde auch von diesen 
‘wenigen Pflanzen kein reifer Samen erhalten. 

7) Morus alba ist sehr gut aufgegangen, die jungen 
Pflanzen haben eine Höhe von 4 bis 6 Zoll erreicht. 

8) Pyrethrum carneum ist nicht aufgegangen. 

9) Frühreifende amerikanische Melone nicht auf- 
gegangen. 

10) Mais a poulet rouge wurde am 9. April gelegt, 
ist aber bei der Kälte’und Nässe nicht gediehen. 

11) Ailanthus glandulosa habe ich am 17. April in Rei- 
hen ausgelegt, und zwar an einem Orte, wo sie den ganzen 
Sommer von der Sonne beschienen wurden. Sämmtlicher 
Samen ist gut aufgegangen und die jungen Pflanzen haben 
eine Höhe von 3 bis 5 Zoll erreicht. Zum Frühjahr werde 
ich dem Vereine mehrere junge Bäumchen senden, indem 
ich nicht Raum genug habe, sie alle regelmässig zu ver- 
pflanzen. Ä | 

12) Ricinus communis minorist auch dieses Jahr sehr 
gut aufgegangen, und erreichte eine Höhe von 10 Fuss. Lei- 
der konnte ich die schönen Blätter nicht benutzen, indem 
die Graines, welche ich am 4. Juli erhielt, am 6. Juli aus- 
kriechen sollten. Es erfolgte aber bei gehöriger Tempera- 
tur von 17 bis 18° doch erst das Auskriechen am 12. Juli, 
und zwar von sämmtlichen Graines sind nur 6 Räupchen 
ausgekommen, lauter Weibliche. Die übrigen Graines habe 
ich noch lange bei gehöriger Wärme beobachtet, aber alle 
meine Mühe ist vergebens gewesen, also glaube ich, dass die 
übrigen Graines taub waren. Die 6 ausgekrochenen Würm- 
chen entwickelten sich sehr schnell, und lieferten auch sehr _ 
kräftige Cocons, (gez.) Lehrer Schojan. 


9 


Pfaueninsel, den 23. Dezember 1861. 
Mais. Die im Mai d. J. erhaltenen Maissorten sind zu 


161 


'spät eingetroffen, als dass aus deren Anbau noch reife Kol- 
ben zu erwarten gewesen wären, wenn ihnen nicht sehr be- 
günstigte Oertlichkeiten angewiesen werden konnten. Ueber 
alle solche mir zu Gebot stehenden war aber zur Zeit der. 
Ankunft der gedachten Samen bereits anderweit verfügt, so 
dass ich die Versuche damit bis zum nächsten Jahre aus- 
gesetzt habe. Die Kolben, welche ich dem Vorstande wie- 
der zugestellt, von denen ich aber je 25 Körner zur Aus- 
saat zurückbehalten habe, waren wie folgt bezeichnet: 
Panizo alto blanco, ca. 15’, aus Murcia (14 zeilig). 
Panizo alto pajizo (goldgelb) ca. 20’ aus Murcia (18zeilig). 
Panizo moruno (klein, kegelf., weiss) aus Murcia (regel- 
los vielzeilig). 
Panizo pajizo de en medio ca. 6’ aus Murcia (18zeilig). 
Panizo perdicero (klein, kegelf., roth) aus Murcia (regel- 
los vielzeilig). 


Von den im vorigen Jahre hier angebauten Sorten sind 
aus hiesiger Ernte wieder und zwar am 17. Mai ausgesäet 
die Folgenden: 

| 1860 
Terzano, aufg. 29/5, stäubt 16/7, reif 3/9. 189. 
Praecox d’Auxonne, „ 295, „ 14/7, „ 3/9. 10/9 
Gelber Kärnthner, „ 16, „ 2/8, „ 17/10. 10/9. 
Fortydays, Te ae: 10/9, 

Der Anbau fand reihenweise nebeneinander in langen 
Vierecken auf verschiedenen Feldern statt, um die Sorten 
möglichst vor gegenseitiger Befruchtung zu bewahren. 

Die Reihen waren 18 Zoll von einander entfernt und auf 
diesen waren alle 18Z. 3 Korn einzeln (etwa 1 Zoll von 
einander) gesteckt worden. Das Ausdünnen begann Mitte 

Juni, war in den ersten Tagen des Juli beendet und wurde 
in der Weise durchgeführt, dass durchschnittlich auf den 
Steckstellen nur eine Pflanze stehen geblieben. 

Die angegebene Zeit der Reife bezeichnet den Tag, an 


welchem das erste Ausbrechen reifer Kolben ausgeführt wor- 
1861. Ba, IY. 11 


162 


den ist. Im Vergleich mit dem vorigen Jahre, in dem am 
30. April ausgesteckt worden, und die Lage der: kleineren 
Saatflecke eine viel geschütztere war, ist bei 3 Sorten (Ter- 
zano, Praecox und Fortydays) eine Verfrühung, hingegen bei 
der 4. (dem Kärnthner) eine auffallende Verspätung einge- 
treten, welche aus der Oertlichkeit um so weniger zu er- 
klären, weil diese gegen Nord geschützter ist, als bei der 
anderen, auch in früheren Jahren bei anderen Anbauver- 
suchen sich eher als die wärmere gezeigt hat. Schon die 
wenigen hier nebeneinander gestellten Zahlen lassen erken- 
nen, dass zu uns her versetzte Sorten (Spielarten) Abände- 
rungen unterworfen sind, welche nicht nur ihr Verhalten 
gegeneinander verschieben, sondern auch Verwandelungen 
hervortreten lassen können, welche den Namen von Neuge- 
staltungen beanspruchen dürfen. Die Erfahrung hat dies 
auch schon längst festgestellt, und wir dürfen danach hof- 
fen, auch noch Maissorten zu erzielen, welche bei uns als 
Getreidepflanze wichtig werden kann. 

Bohnen. Early yellow six week (frühe gelbe Sechs- 
wochen- Staudebrechbohne); die Saat 1860 erhalten. Von 
der eigenen Ernte wurde am 17. Mai gelegt und am 28. 
August der Bestand reif aufgezogen. Am 11. Juli junge Boh- 
nen 2 Zoll lang. 

Von allen Bohnen, welche im Allgemeinen im vergan- 
genen Sommer schlecht gediehen sind, war diese die zutra- 
gendste und zeigte das kräftigste Gedeihen. 

Die mannigfachen Schädigungen, welche die Versuchs- 
stücke betroffen, haben die Ernteergebnisse in einer Weise 
gestört, dass jeder Vergleich unzulässig, daher unterlasse ich 
auch jede Angabe über die genau nach Land, Maass und 
Saat, Gewicht, angelegten Versuche und über Gewicht der 
Erträge. In Folge meiner mehrwöchentlichen Abwesenheit 
sind auch keine Vermerke gesammelt, wann die grünen Boh- 
nen verwendbar geworden und sind auch die Kochversuche 
unterblieben. 

Haricot renfle blanc nain (weisse Kugel-Stauden- 


BE Te dd a Du Zn Mn I An iD nn in m ” 


163 


brechbohne); die Saat 1860 erhalten. Von der eignen Ernte 
wurde am 17. Mai ausgelegt und am 28. August der Bestand 
reif aufgezogen. Am 11. Juli junge Bohnen 3 Zoll lang. 

Nach dem Aufgehen zeigten sich viele Lücken und die 
Saatbohnen waren verfault. Ohne Zweifel wird diese Bohne 
früher für die Küche zur Verwendung kommen, als die vor- 
stehende. 

Haricot de Liancours, (Stängenbrechbohne von Li- 
ancours, weiss) am 16. Mai gelegt, blühete den 17. Juli bei 
9 Fuss Höhe, reif den 17. Oktober, 12 Stangen (& 3 Bohnen) 
gaben 2 Pfd. 28 Loth reif. 

Haricot Demoiselle, (Jungfern - Stangenbrechbohne, 
weiss) am 16. Mai gelegt, blühete den 17. Juli noch nicht 
und war 4 Fuss hoch, geerntet den 17. Oktober. 12 Stan- 
gen (& 3 Bohnen) gaben 28 Loth reif. 

Neue Stangenbrechbohne von Algier, schwarz, gelegt 
den 16. Mai, blühete den 17. Juli blau bei 6 Fuss Höhe, geern- 
tet den 17. Oktober. 6 Stangen (& 3 Bohnen) gaben 29 Lth. 
nothreif. Am 17. Juli fanden sich bereits Früchte von 5 
auch 6 Zoll Länge. 

Unter den drei letztgenannten Sorten, deren Saat ich in 
diesem Jahre vom Vereine erhalten, ist die algerische Stan- 
genbrechbohne unstreitig die beachtenswertheste und wahr- 
scheinlich eine überaus empfehlenswerthe Grünbohne, aber 
zur Saatgewinnung geschützte warme Lage verlangend. 

(gez) G. A. Fintelmann., 


10. 


Jacunowen, den 31. Dezember 1861. 

1) Reissgerste aus Christiania, Bericht des Herrn 
Siemens-Piontken. 

Dieselbe wurde in meinem Garten auf strengen Lehmbo- 
den gesäet. Der Acker war im Herbst 1859 gut gedüngt 
und hat im Jahre 1860 Bohnen getragen. Der nassen Wit- 
terung wegen konnte die Gerste erst den 28. Mai in die 


Erde gebracht werden, welches in der Art geschah, dass 
11* 


164 


die einzelnen Körner mit der Hand in Reihen und in 8 und 
6 Zoll Entfernung gelegt wurden. Die Gerste ging beinah 
sämmtlich und kräftig auf, bestaudete sich sehr stark, so 
dass bis 8 Halme aus einem Korne kamen. Das Stroh war 
nicht hoch, sehr dick, aber weich, so dass es sich. leicht 
lagert. Die Aehre ist sechszeilig, hat bis 60 Körner. und 
ist mit langem Barte versehen. 

Das Schneiden der Gerste konnte erst am 5. Oktober vor- 
genommen werden, da sie sehr ungleich reif geworden, woran 
wohl nur der dünne Stand Schuld haben mochte. 

Das Resultat der Ernte ist, von 36 Körnern, die aufge- 
gangen waren 1 Stof 3 Quartir. Ausserdem waren noch an 
30 Aehren so grün, dass sie keine ausgewachsene Körner 
hatten, und ungedroschen bleiben mussten. 

2) Rothe Hirse, nach der Beschreibung des Herrn 
Boruttau, Amt Angerburg. 

Rothe Hirse aus Christiania ist im Jahre 1861 im Gute 
Angerburg gebaut, das Saatquantum ist mir nicht genau 
bekannt, es kann höchstens !/,, Stof gewesen sein. Es wurde 


auf gutes Gartenland dünn ausgesäet und gab einen sehr - 


guten Ertrag, wie viel, kann ich aber auch nicht mehr an- 
geben. Die Körner waren etwas grösser als die erhaltene 
Saat, jedoch immer noch kleiner, als die sonst gewöhnliche 
gelbe Hirse, welche ich zwar nie angebaut habe, aber auch 
nicht weiss, wesshalb dieser der Vorzug gegeben werden soll. 
Der Ertrag wird muthmaasslich auf 20 Körner angegeben. 

3) Chinesische Erbse, welche einen besonders guten 
Ertrag gegeben hat, welcher indessen genau nicht festzustel- 
len war, da Vögel die Frucht sehr geschädigt hatten. 

4) Ferner hat der weisse Mohn einen brillanten Ertrag, 
der sich auf 150 Körner veranschlagen lässt, gegeben. 

5) Hat sich die neue grün bleibende chinesische Gurke 
ganz vorzüglich bewährt. 

6) Sowie endlich auch die verschiedenen Arten Bohnen 
sich alle gut und vortheilhait gezeigt haben. 

(gez.) Der Vorstand des landwirthsch. Kreisvereines 
Angerburg. 


a ee nn > u 


165 


11. 


Bütow, den 6. Januar 1862. 

Von den im vorigen Jahre dem hiesigen ökonomischen 
Verein zu Versuchen gefälligst übersandten Sämereien ist: 

No. 3. Terzano-Mais sehr gut aufgelaufen, aber nur 4 
Fuss hoch geworden und sehr von den Sperlingen zerhackt 
worden. 

No.5. Gelber Kärnthner Mais ebenfalls sehr gut auf- 
gelaufen, bis 6 Fuss hoch geworden, auch ziemlich reif ge- 
worden. 

No. 14. Rothe Hirse ist sehr schön gerathen, reif ge- 
worden und wird der Versuch in diesem Jahre fortgesetzt. 

No. 25. Pois en ombrelle sehr gut aufgelaufen; sehr 
voll Schoten aber gar nicht gegen Sperlinge zu schützen. 

No. 53. Ricinis communis ebenfalls sehr gut gerathen; 
wurde Ende April gesäet; nach 3 bis 4 Wochen zeigte sich 
das Erstlingsblatt; bis zum August erreichte die Pflanze 
eine Höhe von 3 Fuss, im August bei heissem Wetter ward 
sie 8 Fuss hoch und erlangte eine Ausbreitung von 3— 4 
Fuss; blühte bis Ende August und setzte im September 
Früchte an, die aber nicht zur Reife gelangten. Bis Mitte 
Oktober blieb die Pflanze frisch und kräftig und verlor erst 
die Blätter nach dem ersten leichten Frost, der Hauptsten- 
gel hatte einen Durchmesser von 2 Zoll. 

No. 24, Erbse des Ueberflusses und 

No. 20. Erbse aus China sind auch sehr gut gerathen, 
auch reif geworden und werden in diesem Jahre weitere 
Versuche angestellt. 

Ausserdem wird noch weiter cultivirt: 
die Stangenbohne aus Mexico, 

‘ die Riesen-Pahlerbse und 

die Reisgerste aus Norwegen, 

wovon Sämereien zu Versuchen im Jahre 1860 dem hiesigen 

Vereine übersandt wurden. (gez) H. Griebel, 
Sekretair des Bütower Oekonomischen Vereins. 


166 


12. 


Warbelow, den 10. Januar 1862. 

Die an den Vorstand des Oekonomischen Vereins für 
Stolp, Rummelsburg und Schlave im Frühjahr 1861 gesand- 
ten Sämereien, kamen in die Hand des Unterzeichneten am 
3. April. Mit Ausnahme von Bohnen und Mais-Arten, welche 
erst Anfangs Mai gelegt wurden, ist die Bestellung aller 
übrigen Sämereien am 8. April erfolgt und wurden nachste- 
hende Resultate erreicht: 

Erbse aus China. Wuchs sehr hoch und setzte reich- 
lich Schoten, reifte jedoch erst Mitte September. 

Mumien-Erbse. Sehr grossschotig, jedoch von minder 
üppigem Wuchse. 

Rothe Erbse aus Christiania. Reifte im August, 
war jedoch nicht allzu zuträglich, 

Grüne englische Felderbse. Mässig stark wachsend 
mit reichem Schotenansatz, Anfangs August reifend. 

Sämmtliche Erbsenarten auf in guter Cultur befindlichem 
leichten Gartenboden. 

Sämmtliche übersandte Bohnenarten gediehen gut und 
reiften Mitte September, nur die ostfriesländische Speck- 
bohne erst im Oktober. Die frühreifenden Sorten waren: 

Türkische Dattelbohne. 

Zwei Sorten aus Christiania. 

Canadische Zwergbohne. 

Phaseolus spadiceus. Olivenfarbige Bohne. Sonniger 
Stand, leichter Gartenboden, 

Grosse Hellerlinse: Auf kräftigem Gartenland war der 
Wuchs sehr üppig und die Reife kommt — etwas ungleich- 
mässig — Ende August bis Mitte September ein. 

Schottische Annat-Gerste. Dieselbe ist schon früher 
in hiesiger Gegend gebaut worden und scheint einen sehr kräf- 
tigen Boden zu verlangen. Auf gutem Gartenboden gedieh 
dieselbe gut, hatte jedoch von Vögeln (Sperlingen) viel zu 
leiden. 


167 


Sommer-Emmer. Gab der Gerste nichts nach und 
gab einen guten Ertrag. 

Rothe Hirse 

Braune Hirse 
säet, gaben beide Arten einen ausserordentlich reichen Ertrag 
und boten dem Auge einen prächtigen Anblick dar. Die stets 
sehr ungleiche Zeit des Reifens der Hirse, trat vom August 
bis Mitte September ein. Der Standort war jedoch nicht 
ganz sonnig. 

. Hierbei möchte ich noch erwähnen, dass ich unter der 
Serredella eine Hirsenart fand, die auf sehr armem, leich- 
tem Boden doch noch einen guten Wuchs entwickelte, und 
obgleich erst am 20. Mai gesäet noch reifen Samen brachte, 
den weiter zu cultiviren, ich mir angelegen sein lassen werde. 

Anthyllis vulneraria. Als zweijährige Pflanze hat die- 
selbe in diesem Jahre keine Triebe, aber dafür desto üppi- 
gere Stauden gemächt. Dieselbe scheint von Mäusen sehr 
gesucht zu werden, die sonst in der Nähe nicht bemerkt 
wurden, obgleich das Feld davon wimmelte. 

Taback von Chiras und Guayra. Die Witterung des 
Monats August war dem Gedeihen des Tabacks nicht günstig 
und so blieb auch die Entwickelung gegen die des Cuba- 
Tabacks in dem Jahre 1858 und 1859 weit zurück. 

Quercus macrocarpa. Von drei Eicheln keimte nur 
eine, die jedoch einen 10 Zoll langen Trieb machte. 

Mais. Zu grosser Befriedigung gereichte die Cultur der 
drei übersandten Maisarten, die sich sämmtlich auf kräfti- 
gem Gartenboden, trotz der nicht ganz sonnigen Lage (ein 
entsprechenderer Platz war nicht mehr zu vergeben) üppig 
und rechtzeitig entwickelten. 

Zea praecox und der rothe Mais aus Norwegen ent- 
- wickelten sich zuerst und hatten bereits im August die ersten 
reifenden Kolben. Die sehr nasse und kalte Witterung, die 
Ende August eintrat und den grössten Theil des Septem- 
ber währte, konnte nicht verhindern, dass alle Maisarten 
die. völlige Reife erlangten, Selbst von den spätest reifen- 


} Auf sehr kräftigen Gartenboden ausge- 


168 


den der drei cultivirten Arten, vom Kärnthner Mais, er- 
langten nur einige zurückgebliebene Kolben nicht die ganz 
vollständige Reife. Dabei ist das Korn normal ausgebildet 
und erreichte der Kärnthner Mais eine Höhe von 6 — 7 Fuss. 

Nicht ohne Einfluss ist hierbei ohne Zweifel die Bezie- 
hung des Samens aus dem hohen Norden (Christiania) ge- 
wesen, da die hochnordischen Sämereien erfahrungsmässig 
früher reifen, als andere. Daher beziehen auch die Norwe- 
ger gern Saatgerste von den Laffoden (69°), wohl dem ein- 
zigen Punkte der Welt, wo unter so hoher Breite noch Ge- 
treide eultivirt wird. 


(gez.) v. Homeyer. 


Zweiter Bericht über den Nordamerikanischen Wil- 
. den Reis, 


‚Von Friedrich Kühne, Consul. 
Mitglied des Bankhauses Knauth, Nachod und Kühne. 


New-York, September 1861. 
Der nordamerikanische Wild Reis (Zizania aquatica), 
dessen Anbau in Deutschland der Unterzeichnete so dringend 
empfohlen hat, gehört zu der Familie der Gräser und ist 
in seinem Heimathslande, den Vereinigten Staaten, als Tus- 
carora Rice, Wild Rice, Indian Rice, oder Water-oats (Wasser- 
hafer) bekannt. Letztere Bezeichnung als Vulgärname ist 
vielleicht die wichtigste, da namentlich zur Zeit der Blüthe 
ein Feld mit Wild Reis von einem Unerfahrnen leicht für 
ein Haferfeld genommen werden kann, so gross ist die 

Aehnlichkeit beider zu einer Ordnung gehörigen Pflanzen. 
Der Verbreitungsgürtel des Wild Reis läuft in seiner 
südlichen Grenze bis nach Kentucky und Arkansas, nörd- 
ich dagegen bis über die fünf grossen Seen hinaus nach 
Canada hinein, dabei die ganze Breite des Continents um- 


169 


fassend, vorausgesetzt, dass der zu seinem Fortkommen un- 
bedingt nöthige Sumpfboden vorhanden ist. — Er wächst 
nämlich nur auf einem marschigen Sumpfboden, welcher mit 
einem Wasserspiegel (bis zu neun Fuss Tiefe) das ganze Jahr 
hindurch bedeckt sein kann, jedenfalls aber, wenn auch 
im Sommer trocken, doch im Frühjahr und Spätherbst 
(zur Zeit der Aussaat) unter Wasser stehen muss. Dies 
sind die Elementarbedingungen, unter denen die Zizanid 
allein gedeiht; wenn dagegen der Unterzeichnete sich in sei- 
nem frühern Berichte dahin aussprach, dass der Wasser- 
hafer weder in stehendem Wasser noch in starker Strö- 
mung fortkomme, so möchte er diese, den Angaben des 
diesseitigen Patentamtes entnommene Behauptung nach eige- 
ner sorgfältiger Beobachtung jetzt auf ihren letztern Theil 
beschränken. Denn dass der Wild Reis allein in langsam 
fliessendem Wasser fortkomme, ist keineswegs der Fall, im 
Gegentheil hat ihn der Unterzeichnete am üppigsten in ste- 
henden Gewässern, deren Spiegel häufigen Höhe-Veränderun- 
gen ausgesetzt war, gedeihen sehen. 

Es dürften sich daher nach der Ansicht des Unterzeich- 
neten am besten zum Anbau der Zizania die marschigen 
Ufer von Binnenseen eignen, die im Frühjahr und Herbst 
Ueberschwemmungen ausgesetzt, ungefähr sieben Monate im 
Jahr mit Wasser bedeckt sind. — 

Dabei ist der Anbau dieser schätzbaren Pflanze, welche 
Gegenden, die für die Cultur bisher nutzlos waren, 
in fruchtbringende umzugestalten weiss, so wenig mühe- 
voll, als möglich; bedarf es doch, abgesehen davon, dass 
keinerlei Zurichtung des Bodens nothwendig ist, nur einer 
einzigen Aussaat, um auf einer Strecke Landes den Wild 
Reis für immer einheimisch zu machen, da er sich später 


= yon selbst säet! Der Fruchtkern sitzt nämlich so lose in 


der Fruchthülse, dass beim Einerndten stets genug Aussaat 
zu Boden fällt. 

Was nun die erste Aussaat anbelangt, so bedarf man 
für einen Acker Wild Reis ungefähr dieselbe Quantität 


170 


Saamens, als man an Hafer nötlig haben würde, und 
braucht man nur im Oktober oder November (jeden- 
falls ehe der Boden gefroren ist) den Saamen einfach in 
das Wasser zu streuen, ihn übrigens seinem Schicksale ruhig 
überlassend. Er fällt dann von selbst zu. Boden, keimt und 
treibt im Frühjahr Halme, die stets 3 bis 34 Fuss lang über 
dem Wasserspiegel emporstehen. Ist daher das Feld im Som- 
mer nicht von Wasser bedeckt, so werden auch die Halme 
nicht länger als 3 bis 3} Fuss, in anderm Falle aber wach- 
sen sie — der Tiefe des Wassers entsprechend — bis zu 
12 Fuss, und bei höherm Wasserstand als 9 Fuss kommt 
der Wild Reis, wie schon bemerkt, nicht mehr fort. Die 
Blüthezeit des Wasserhafers fällt auf Ende Juli, Anfang Au- 
gust, und vollständig reif wird die Frucht erst in der Mitte 
September. Bei der Einerndtung muss man etwas vorsich- 
tig zu Werke schreiten, da. bei vollkommner Reife der Saa- 
men schon durch leise Berührung zu Boden fällt. — Am 
besten folgt man dem Beispiel der Indianer, welche die von 
ihnen so hoch geschätzte Frucht in folgender Weise erndten: 
Ehe der Saamen vollständig reif geworden ist, gehen oder 
fahren in einem Canoe (je nach den Umständen) einige In- 
dianerfrauen in die Reisfelder hinein und binden ein paar 
Buschel Gräser in der Mitte der Halme zusammen. Hier- 
durch verhindern sie, dass der Wind die einzelnen Aehren 
gegen einander schlägt und ausdrischt, sowie das Herunter- 
hängen in das Wasser der natürlich gegen die Reife hin 
schwerer werdenden Aehren. Ist der Saamen nun reif ge- 
worden, so wird ein Bündel der Gräser nach dem andern in 
das Canoe oder in einen Korb hineingebogen, mit einem paar 
Stockschlägen ausgeklopft und so an Ort und Stelle ausge- 
droschen. Die Fruchthülsen von den Saamenkörnern ganz zu 
befreien ist hernach ein leichtes Ding und geschieht durch 
Sieben oder Schlagen in einem Ledersack. 

Den so gereinigten Saamen lässt der Indianer etwas in 
der Sonne austrocknen und dörrt ihn sodann über Feuer. 
Die Einrichtungen, deren er sich hierbei bedient, sind sehr 


171 


primitiver Natur und, bestehen in einigen, über einen Holz- 
rahmen gespannten Muslin - Darren, welche mit Saamen be- 
schüttet einfach um ein im Freien angezündetes Feuer herum- 
gestellt und der Wärme desselben ausgesetzt werden. Wenn 
auf diese Weise getrocknet oder vielmehr gedörrt, hat der 
Saamen ein schwarzgrünes oder zuweilen schwarzes Aussehn, 
ist mehr oder weniger durchscheinend, von der Grösse und 
der Form eines Haferkorns und in Geschmack dem ächten 
Reis ausserordentlich ähnlich. Natürlicherweise hat durch 
solchen Dörrprocess der Saamen seine Keimfähigkeit ver- 
loren, und ist diesem Umstande zuzuschreiben, dass die bis- 
her mit Wild Reis in Europa angestellten Cultur-Versuche 
so gänzlich unglücklich ausgefallen sind. Denn der Beschrei- 
bung nach zu urtheilen, die man dem Unterzeichneten von 
dem zur Aussaat benutzten Saamen gemacht hat, ist die von 
dem diesseitigen Patentamte an europäische Ackerbaugesell- 
schaften zu Cultur-Versuchen vertheilte Aussaat nichts an- 
deres als solcher gedörrte Saamen gewesen. 

Auch scheint darum, dass nur gedörrter Saamen in 
den Handel kommt, sich die Ansicht eingeschlichen zu ha- 
ben, dass es zur Erhaltung seiner Keimfähigkeit 
nothwendig sei, den zur Aussaat bestimmten Wild 
Reissaamen fortwährend feucht zu erhalten. 

In dem Glauben an die Richtigkeit dieser Ansicht hatte 
denn auch der Unterzeichnete in seinem ersten Bericht über 
die Zizania den Rath ertheilt, den zur Aussaat bestimmten 
Saamen in feuchtem Moos zu erhalten, dasman von 
Zeit zu Zeit anwässern sollte — einen Rath, welchen 
er, nach seinen neuern Erfahrungen hiermit zurücknimmt. 
Auf seine Veranlassung und unter seiner Aufsicht nämlich 
hat ein hiesiger Farmer im verflossenen Herbste auf ein ge- 
-eignetes Marschfeld eine Parthie Saamen ausgesäet, welcher 
nach der Erndte ungefähr sechs Wochen auf einem trocknen 
Dachboden gelegen hatte, daselbst völlig ausgetrocknet war, 
und nur zwei Tage lang vor der Aussaat in Wasser aufge- 


172 


weicht wurde. Dieser Saamen ging prächtig auf und wuchs 
zum schönsten Reisfelde heran. 

Es hat daher der Unterzeichnete den Bänihäht welchen 
er in diesem Jahre nach Europa schickt, nicht in feuch- 
tem Moos verpackt (worin er wahrscheinlich verfaulen 
würde), sondern ihn lediglich in der Luft etwas ausgetrock- 
net und dann ohne weitere Vorbereitung abgeschickt. Rath- 
sam möchte es indessen sein, ihn vor der Aussaat erst zwei 
Tage lang in Wasser zu halten, damit er aufquelle und 
schwer genug werde, um beim Ausstreuen auf die von Wasser 
bedeckten Felder schnell genug zu Boden zu fallen. 

Ueber den Gebrauch des Wild Reis hat sich der Un- 
terzeichnete schon früher ausführlich verbreitet, es genüge 
daher, zu erwähnen, dass der reife Saamen, an Schmack- 
haftigkeit den ostindischen Reis übertreffend, in der mensch- 
lichen Küche überall da gebraucht werden kann, wo man 
diesen anzuwenden gewohnt ist, dass er aber ausserdem ein 
ganz vorzügliches Futter zum Fettmachen von Geflügel ab- 
giebt. Auch kann der Wasserhafer, im Juli und August 
grün geschnitten, zum Futter von Rindvieh verwandt oder 
von diesem abgeweidet werden, denn die Kühe schätzen ihn 
so sehr, dass sie tief in das Wasser waten, um seiner hab- 
haft zu werden. 

Es empfiehlt sich daher der Wild Reis ausserordent- 
lich zur Besserung und grössern Ausbeutung von Sumpf- 
wiesen, und kann derselbe für viele Strecken Norddeutsch- 
lands, sowie Russlands, Schwedens und Norwegens zum 
wahren Segen werden. — 

Der Unterzeichnete ist gern bereit, Ackerbaugesellschaf- 
ten oder Privatleuten, welche sich an ihn wenden, weitere 
Mittheilungen über diese so interessante und nicht genug zu 
schätzende Pflanze zu machen, sowie er auch erbötig ist, sich 
der Mühe zu unterziehen, guten Saatsaamen zu Oultur-Ver- 
suchen bei nächster Erndte zu beschaffen. 


Friedrich Kühne, Consul. 


173 


Den’ vorstehenden interessanten Bericht hatte Herr Con- 
sul Kühne die Güte unserm Vorstande in 40 Exemplaren, 
zugleich mit einem Schreiben vom 4. Oktober 1861 zu über- 
senden, in welchem er uns Mittheilung machte, dass er 3 
Bushel Wild-rice-Samen in zwei Fässern an uns abgesendet 
habe. Nachdem Herr Kühne die Ueberzeugung gewonnen 
hatte, dass der Verlust der Keimkraft nicht durch die trockene 
Versendung des Samens, sondern durch das bei den India- 
nern übliche Dörren desselben veranlasst werde, war es 
überflüssig denselben, wie vorgeschlagen, in feuchtem Moose 
zu verpacken, dagegen war es höchst nothwendig, sich hin- 
reichende Sicherheit zu verschaffen, dass nicht abermals eine 
vorläufige Dörrung damit vorgenommen werde. Um diese 
Gewissheit zu erreichen, war Herr Kühne genöthigt, einen 
besonderen Agenten nach den Indianer-Distrikten zu senden, 
damit derselbe die Einsammlung des Samens auf das Sorg- 
fältigste überwachen und das Dörren desselben verhüten 
könne. Hierdurch sind freilich die Kosten der Einsamm- 
lung bedeutend vermehrt, aber auch wirklich guter und keim- 
fähiger Samen erlangt worden. 

Die beiden Fässer mit Zizania trafen am 25. Oktober 
hier ein und befand sich der Same in einem völlig trocke- 
nen und wohlerhaltenen Zustande. Sein Aussehen war we- 
sentlich verschieden von dem, welchen unser Vorstand be- 
reits im Jahre 1859 durch die Vermittelung des Patent of- 
fice in Washigton erhalten hatte.*) Schon die Samenhüllen 
erschienen in einem viel frischeren Grün, während die des 
früher erhaltenen Samens eine gelbbräunliche Farbe hatten. 
Befreite man die Samen von ihren Hüllen, so zeigte sich 
ein schönes, glänzend schwarzgrünes, fast durchscheinendes 
Korn, dessen Eiweisskörper beim Durchbrechen von vollkom- 
men weisser Farbe war. 

Dass sonach die Qualität dieses Samens ungleich vor- 
züglicher sei, als die des früher erhaltenen, konnte schon 


*) Zeitschr. f. Acclim., Bd. II. p. 235. 


174 


beim blossen Ansehn nicht dem geringsten Zweifel unter- 
liegen. Indessen, da von allen Seiten früher vor der trocke- 
nen Versendung gewarnt worden war und selbst wissenschaft- 
liche Autoritäten sich zu dem bestimmtesten Ausspruche 
hatten verleiten lassen, dass der Same einmal trocken 
geworden, seine Keimkraft unwiederbringlich ver- 
liere, so konnten wir uns trotz des schönen Aussehens des 
Samens nicht entschliessen, der entgegengesetzten Beobach- 
tung und Versicherung des Herrn Consul Kühne früher Zu- 
trauen zu schenken, als bis die Keimkraft durch den Ver- 
such sich bewährt haben würde. Es wurden deshalb sofort 
Keimungsversuche mit dem neuen Samen angestellt; freilich 
im November eine etwas missliche Sache! Es wurden weite 
Porzellan-Gefässe einige Zoll hoch mit Wasser gefüllt, der 
Same eingestreut und die Gefässe beständig in einer zwi- 
schen 15° und 18°R. wechselnden Temperatur erhalten. Das 
Wasser, welches bald trübe und unrein wurde, wurde an- 
fangs täglich, später alle zwei Tage gewechselt; indessen 
erst nach 14 Tagen zeigte sich bei einem einzelnen Körn- 
chen eine Spur von Keimung, die meisten Keime erschie- 
nen erst nach 21 Tagen und noch viel später, aber wir hat- 
ten die Freude zu sehen, wie die meisten Körner, welche 
nicht offenbar beschädigt oder unreif gewesen waren, Keime 
entwickelten. *) . 

Indem es sonach keinem Zweifel mehr unterliegen konnte, 
dass Herrn Kühne’s Beobachtung richtig sei, und der Same 
trotz der trockenen Versendung seine Keimkraft vollkommen 
bewahrt hatte, beeilten wir uns, unsere Mitglieder, von de- 
nen wir voraussetzen konnten, dass sie Gelegenheit zum An- 
bau dieser Pflanze haben würden, von diesem interessanten 
Umstande in Kenntniss zu setzen, und sie zur Anstellung 
von Anbau-Versuchen aufzufordern. Dieser Aufforderung 
ist auch von sehr vielen Seiten entsprochen worden. — Spä- 


*) Ueber die interessanten Erscheinungen beim Keimen siehe die Ab- 
handlung des Herrn Dr. Karsten in diesem Hefte, pag. 181 und die 
beigefügte Tafel. | 


175 


ter im Dezember und Januar in ähnlicher Weise von neuem 
von uns angestellte Keimungs-Versuche hatten ebenfalls gün- 
stige Resultate und scheinen zu beweisen, dass der Samen 
auch nach mehreren Monaten noch nicht viel von seiner 
Keimkraft eingebüsst hatte, so dass wohl anzunehmen ist, 
er werde dieselbe auch noch bis zum Frühjahr bewahren. 
Nichts destoweniger glaubten wir unsern Mitgliedern em- 
pfehlen zu müssen, die Aussaat wenn irgend möglich lieber 
noch im Winter vorzunehmen, als den Samen erst im Früh- 
jahr auszustreuen. Denn da der Samen nach den angeführ- 
ten Keimungs-Versuchen selbst im lauwarmen Wasser einer 
Zeit von 3-—-4 Wochen zum Keimen bedurfte, so ist anzu- 
nehmen, dass er dazu im Wasser von niedriger Temperatur 
eine weit längere Zeit nöthig haben werde, und wenn im 
Frühjahr ausgesäet, die Pflänzchen vielleicht zu spät zum 
Vorschein kommen würden. Dagegen ist zu vermuthen, dass 
der Same, wenn er im Spätherbst gesäet wird, den Winter 
über ruhig auf dem Grunde der Gewässer liegen bleibt und 
erst im Frühjahr, wann die Temperatur des Wassers sich 
zu erhöhen anfängt, zu keimen beginnt. Es ist daher auch 
wahrscheinlich, dass ein Ausfrieren der Gewässer, selbst bis 
auf den Grund, dem Samen bei uns in Deutschland ebenso 
wenig nachtheilig sein dürfte, als in Canada und an den 
Ufern der nordamerikanischen Seen, wo die Wintertempera- 
tur in der Regel eine viel niedrigere ist, als in Nord-Deutsch- 
land. Dagegen ist aber die dortige Sommertemperatur wär- 
mer, als bei uns und da der Haferreis in seinem Vaterlande 
‚erst Mitte September zur Reife gelangt, so dürfte die Reif- 
zeit in Deutschland wohl erst in den Oktober fallen, selbst 
wenn die Samen im Herbste gesäet wurden, und wahrschein- 
lich: gar nicht mehr eintreten, wenn die Aussaat erst im 
Frühjahr stattfand. 
“ - Ueber alle diese Umstände werden jedoch erst Erfahrun- 
gen gesammelt werden müssen und es wird daher auch sehr 
wünschenswerth sein, dass Aussaaten des Haferreises auch 
im Frühjahr vorgenommen werden. Vor allen Dingen aber 


176 


kommt es darauf an, festzustellen, ob es möglich ist, von 
dieser Pflanze im Freien ohne künstliche Mittel reifen -Sa- 
men zu gewinnen, denn obwohl sie auch im unreifen Zu- 
stande eine vortreffliche Futterpflanze sein und von dem 
Rindvieh begierig gefressen werden soll, so dürfte es doch 
nicht gut ausführbar sein, jährlich neuen Samen aus dem 
Vaterlande zu beziehen und sie immer von neuem wieder 
anzusäen. Auch würde dadurch ihr Hauptvortheil beein- 
trächtigt werden, der einmal hauptsächlich darin besteht, 
dass sie eine neue Brodfrucht sein soll und andererseits darin 
begründet ist, dass sie sich ganz von selbst immer wieder 
von Neuem aussäet, an den Orten, wo. sie einmal gestan- 
den hat. 

Es musste daher auch von Wichtigkeit sein, die Samen 
der Zizania auf ihren Werth als menschliche Nahrung genau 
zu untersuchen und es kam zunächst darauf an, einige Pfunde 
davon in Mehl verwandeln zu lassen. Da dies wegen der 
verhältnissmässig sehr kleinen Quantität nicht gut auf einer 
Mehlmühle geschehen konnte, so hatte unser verehrtes Ver- 
eins-Mitglied, Herr Apotheker Simon, die Güte, diese Ope- 
ration auf einer seiner Pulverisir-Maschinen ausführen zu 
lassen. Das so gewonnene Mehl ist von zarter Beschaffen- 
heit, hat aber einen Stich ins Grünliche, denn obwohl das 
Innere der Körner schneeweiss ist, so hatte doch die den 
Samen umkleidende sehr feine schwärzlich grüne Samenhaut 
nicht davon getrennt werden können; die Samenhüllen (Spel- 
zen) dagegen lösen sich sehr leicht; sobald die Körner gut 
getrocknet worden sind, lassen sie sich leicht abreiben oder 
abklopfen und durch Werfen im Luftzuge trennen. 

Wir hatten gehofft unsern Lesern schon in diesem Hefte 
das Resultat der chemischen Untersuchung über das rela- 
tive Verhältniss der Bestandtheile des Zizaniamehles mit- 
theilen zu können, sehen uns aber genöthigt, diese Mitthei- 
lung für ein späteres Heft unserer Zeitschrift aufzusparen, 
da die Untersuchung auf unerwartete Schwierigkeiten ge- 
stossen und daher zur Zeit noch nicht beendigt ist. Es hat 


5” 


‚177 Bun 


sich nämlich gezeigt, dass die quantitative Trennung der 
stickstofffreien Bestandtheile des Zizania-Mehles von den 
stickstoffhaltigen ‚nicht auf ähnliche Weise bewirkt werden 
kann, wie bei andern Getreidearten; 'auch zeigen die. ein- 
zelnen Bestandtheile, das Stärkemehl sowohl, als das Pflan- 
zen-Eiweiss und der: Pflänzenleim abweichende und, wie 
es scheint, der Zizania allein eigenthümliche chemische Eigen- 
schaften. Es lässt sich für jetzt nur so viel sagen, dass das 
reine Zizania-Stärkemehl vollkommen weiss und die Stärke- 
mehlkörnchen von ausserordentlicher Kleinheit und Zartheit 
sind und dass es in sehr reichlicher Menge im Samen vor- 
handen ist. Auch Herr Dr. Karsten schätzt in Folge seiner 
mikroskopischen Untersuchung den Gehalt des Stärkemehls 
auf fast 75 pCt. | 

Das Mehl lässt sich mit ae Wasser zu einem festen 
Teig kneten, der wenn er angemessen behandelt ist, sich 
ohne Zweifel gut wird backen lassen; mit mehr Wasser an- 
gerührt und gekocht, giebt es einen steifen Mehlkleister. — 
Werden die Zizaniakörner unzerkleinert, wie gewöhnlicher 
Reis, ‘gekocht, so erfordern sie um weich zu werden, län- 
geres Kochen oder vorheriges vierundzwanzigstündiges Ein- 
weichen in Wasser. In beiden Fällen quellen sie schliess- 
lich sehr stark auf, zertheilen sich der Länge nach in zwei 
Theile, welche sich nach aussen zusammen krümmen und 
geben ein sehr schmackhaftes Gericht, welches im Geschmack 
Aehnlichkeit mit gewöhnlichem gekochtem Reis, aber nicht 
ganz dessen feste Consistenz hat. Fa 
| F, 
Während des Druckes des vorliegenden Heftes ging noch 
folgender Bericht über die Ricinus- nnd Ailanthus -Spinner 
- ein, den wir seines grossen Interesses wegen, hier noch an- 
fügen wollen: | 
& Öftringen, den 5. Februar 1862. 
Die Zucht der Ricinus-Raupe ging glücklich von Statten 


und die Acclimatisation scheint nun vollständig gelungen zu 
1861. Bd. IV. 12 


178 


sein. Wie ich früher mitgetheilt, ist mir die Ueberwinte- 
rung der Puppen im Winter 1860/61 vollständig gelungen. 
Die Nachkommen jener Generation pflanzten sich im Som- 
mer von 1861 in drei auf einander folgenden Zuchten fort. 
Raupen und Schmetterlinge waren grösser und kräftiger als 
früher; diese hatten intensivere Farben, jene verfertigten 
Cocons, welche die früheren an Gewicht übertrafen. Auch 
die Ueberwinterung der Puppen ist bis heute wieder trefi- 
lich gelungen. Ebenso glücklich war ich mit der Zucht von 
Bomb. Ailanthi, die ich theils im Hause, theils im Freien 
züchtete. | | 

Mit beiden gelang die Kreuzung sehr gut und brachte 
äusserst robuste Nachkommen.  Sämmtliche Raupen der hy- 
briden Art zogen die Blätter des Götterbaums jeder andern 
Nahrung vor und genossen Ricinus, Dipsacus, Evonymus 
europaeus, Rhamnus catharticus u. A. nur wann jene ver- 
zehrt waren. Was mich hier aber am meisten überraschte, 
war das rasche Wachsthum der Raupen und besonders die 
grossen seidenreichen Cocons, die in der Färbung ziemlich 
denjenigen des Ricinus-Spinners gleichen, sonst aber alle 
Merkmale des B. Ailanthi zeigen. 

J. Wullschlegel. 


179 


Zum Andenken 


an 


Isidore Geoffroy Saint-Hilaire, 


Präsidenten der Kaiserlichen Acclimatisations-Gesellschaft in Paris. 


Indem wir unsern Lesern hiermit einen kurzen Lebens- 
abriss des Mannes geben, dessen Arbeiten, ausser dem was 
er für die Zoologie überhaupt geleistet, ganz besonders der 
Acclimatisation gewidmet waren, glauben wir sowohl ihrem 
Wunsche entgegenzukommen, als auch eine Pflicht der Dank- 
barkeit gegen das Andenken des Mannes zu erfüllen, welcher 
auch unserm Vereine stets mit Rath und That beigestan- 
den hat. 

Isidore Geoffroy Saint-Hilaire wurde am 16. De- 
cember 1805 dort geboren, wo er später seine ganze Thä- 
tigkeit entfaltete — im Jardin des Plantes in Paris, an dem 
sein Vater, der berühmte Naturforscher und Schöpfer des 
Jardin des Plantes, Etienne Geoffroy St.-Hilaire als 
Professor der Zoologie angestellt war. 

‚ Der junge Geoffroy studirte anfangs Mathematik, wandte 
sich aber bald gänzlich den Naturwissenschaften zu, mit 19 
Jahren war er am Museum Hülfsarbeiter, mit 24 Jahren 
- fing er an als ausserordentlicher Professor Vorlesungen über 
Ornithologie zu halten, welche einen solchen Beifall fanden, 
dass ihm 4 Jahre nachher bei Erblindung seines Vaters des- 
sen Lehrstuhl übertragen wurde ; womit er zugleich das Amt 


eines Direktors der Menagerie, sowie des zoologischen Mu- 
12* 


180 


seums erhielt. Mit welchem Eifer er sich dieser Thätigkeit 
gewidmet, geht am besten daraus hervor, dass sich das Mu- 
seum unter ihm in den Jahren 1828 — 1861 von 7500 bis 
auf 15,500 Nummern, die Menagerie von 283 auf 900 le- 
bende Thiere erhob. Zugleich machte er sich auf literari- 
schem Gebiete durch sein klassisches Werk: die allge- 
meine Naturgeschichte der organischen Reiche, 
für welches ihn die Akademie der Wissenschaften zu ihrem 
Mitgliede erhob, für alle Zeiten unsterblich. Seine Leistun- 
gen auf dem.Gebiete der Acclimatisation sind zu bekannt, 
um sie hier noch einmal zu wiederholen, namentlich erwarb 
er sich durch die Schöpfung des Acclimatisations - Gartens 
im Bois de Boulogne ein bleibendes Verdienst. Er starb 
nach kurzer Krankheit am 10. November 1861, im Alter von 
56 Jahren. | Ä | 


“ 


181 


Nichtamtlicher Theil. 


Ueber Zizania aquatica, Linn. *) 
Von Dr. H, Karsten, 


Die Zizania aquatica L. Spec. pl. (Z. palustris, L. Mant. 
Hydrochloa P. B. Hydropyrum esculentum Lk. hort. berol. 
Melinum Lk. Handb.)**) ist ein rohrartiges, die Sümpfe und 
langsam fliessenden Gewässer Nordamerikas bewachsendes 
Gras mit blaugrünen Blättern und mit Blumen getrennten Ge- 
schlechtes, welche, an einer und derselben Pflanze in männ- 
lichen und weiblichen Aehren beisammenstehend, eine aus- 
gebreitete dem Hafer ähnliche Rispe bilden. Den Namen 
Wasserhafer hat das Gras wohl dieser Eigenschaft wie auch 
der dem Hafer ähnlichen Formen seiner Früchte zu verdan- 
ken. Die systematische Botanik weist der Zizania aquatica 
wegen des Baues ihrer Spelzen neben dem Reis (Oryza) und 
der Leersie (Leersia) ihren Platz an. Der Name Wasser- 
reis, Wildreis ist ihr zum Theil vielleicht desshalb gegeben. 
Da in der männlichen Blume ebenso wie in der des Reises 
sechs Staubgefässe vorhanden sind, stellte Linn& diese Pflanze 
in die sechste Ordnung seiner 21. Klasse (Monoecia Hexandria). 

Der Werth dieser Pflanze als Nahrungsmittel für Thiere 
und Menschen ist durch verschiedene Berichte des Accelima- 
tisations-Vereines auch in Europa bekannt geworden, und 
der Wunsch, die der Cultur bisher fast völlig unzugängli- 
chen Ländereien durch den Anbau dieses Futter- und Getrei- 
degrases nutzbar zu machen, ist seinem Ziele näher geführt 


*) Hierzu eine lithographirte Tafel. 

**) Falls die Trennung der Arten der Linneischen Gattung Zizania 
in zwei Gattungen ausgeführt werden müsste, so würde die Zizania aqua- 
tica L. Hydrochloa aquatica zu benennen sein, 


182 


worden durch das jetzt schliesslich erlangte Resultat, keim- 
fähige Samen in grösserer Menge aus Nordamerika zu er- 
halten. 

Nach den Beobachtungen und Berichten*) des Herrn Con- 
sul Friedr. Kühne in New-York wächst diese nützliche 
Pflanze von Arkansas und Kentucky im Süden bis nach Ca- 
nada hinein durch die ganze Breite des Continentes an 
überflutheten Orten, die ohne Zweifel im Winter bis auf 
den Grund ausfrieren und im Sommer nicht selten trocken 
gelegt sind. 

Linne giebt von seiner Zizania aquatica (die nach neue- 
ren Untersuchungen identisch mit der Z. palustris ist) an, 
dass sie in Virginien und Jamaica wachse, wonach der von 
Herrn Consul Kühne angegebene Verbreitungsbezirk noch 
bedeutend erweitert würde. | 

Der Vorstand des Vereines beehrte mich mit dem Auf- 
trage der anatomischen Untersuchung der Früchte dieser in- 
teressanten Pflanze, um durch dieselbe nicht nur die mor- 
phologischen Eigenschaften dieser kennen zu lernen, son- 
dern auch eine annähernd richtige Kenntniss: von ihrem Ge- 
halte an Nahrungsstoffen zu erlangen. 

Die mir übergebenen, noch in den Spelzen lose einge- 
schlossenen Früchte sind in natürlicher Grösse: in Fig. 1 
und 2 dargestellt. | 

Die Samen der Zizania aquatica sind wie die der Gräser 
überhaupt, bekanntlich mit der Fruchthülle verwachsen; der 
gewöhnlich Gras-Same genannte Körper ist also die Gras- 
frucht. In 1. sieht man die Frucht von der Rückseite, 
d. h. bedeckt von der breiteren und längeren von drei stär- 
keren und vier schwächeren Rippen durchzogenen Spelze, 
die in Fig. 4 ausgebreitet gezeichnet wurde. 

In 2. ist dieselbe Frucht von der Bauchseite dargestellt, 
man sieht hier die kleinere Spelze von den Rändern der 
grösseren umfasst. 


”) Bd. IV. pag. 168. 


183 


In 3. ist das obere Ende dieser kleineren dreinervigen 
Spelze aus der sie umfassenden grösseren hervorgezogen: 
in 5 ist sie ausgebreitet besonders gezeichnet. 

Die reife, von den Spelzen befreite Frucht ist bräunlich 
grün, längs der nach der Spindel gewendeten Seite (Bauch- 
seite) von einer dunklen, scharf abgegrenzten Linie der Länge 
nach durchzogen, welche der Mittelrippe des Fruchtblattes 
entspricht und welche in der auf dem Scheitel der Frucht 
befindlichen Griffelbasis endet. Auf der äusseren, nach der 
grösseren Spelze gewendeten Seite (Rückenseite) der Frucht 
liegt der Embryo, dessen Gewebe fast den siebenten Theil 
der Frucht einnimmt, und der, wie immer bei den Gras- 
Samen, an einer Seite und nach der Basis des Eiweisses 
zu, ausserhalb desselben liegt, welches fast die übrigen °/; 
Theile der Frucht ausfüllt. Das Gewebe der Fruchthäute 
und Samendecken, welches das Eiweiss und den Embryo 
umgiebt, ist sehr geringe. 

Fig. 7. stellt eine vergrösserte reife Frucht längsdurch- 
schnitten dar; : bei a ist der Anheftungspunkt derselben an 
den Stiel, an dem auch die Spelzen angewachsen sind, b 
ist die Basis des Griffels. Der mit seiner Rückenfläche dem 
Eiweisse angewachsene Samenlappen ist fast so lang als die 
Frucht; er umhüllt vollständig die übrigen Theile der jun- 
gen Keimpflanze, da er von seiner Anheftungsstelle an den 
Stengel nicht nur nach oben hin über die nächst jüngeren 
Blätter, sondern auch nach unten ringsum abwärts sich über 
das Wurzelende des Embryo ausdehnte und dasselbe schei- 
denförmig überwuchs (das Wurzelscheidchen die coleorrhiza 
Mirbel’s) der Scheide ähnlich, die den Blüthenstiel der Ar- 
meria von den Hüllblättern abwärts überzieht, während seine 
freien Ränder, dort wo sie an die oberen jüngeren Theile 
(der plumula) der Keimpflanze grenzen, über diese hin sich 
ausdehnten, dieselbe vollständig einhüllend. 

An der stengelumfassenden Basis des Samenlappens findet 
sich an der Seite des Knotens, welche dem eigentlichen Samen- 
lappen gegenüberliegt, der dem Eiweisse angewachsen ist, ein 


184 


Organ, welches schon früher an verschiedenen Grasembryo- 
nen z. B. an Olyra, Triticum, Avena, Lolium ‚beobachtet 
wurde, jedoch bei ’keinem' so deutlich und vollkommen aus- 
geprägt vorkommt als bei diesem Zizanien-Samen.: In 7 
ist es bei ce längsdurchschnitten ' zu erkennen.  Mirbel, 
De Candolle, Bischoff und andere ausgezeichnete Mor- 
phologen glaubten dieses Organ. als zweiten Samenlappen 
deuten zu dürfen, wonach die Gräser als ‘die den Dicotylen 
nächst verwandte Familie der Monocotylen erscheinen würde. 

Schon in meiner Untersuchung der‘Vegetations-Organe 
der Palmen habe ich jedoch darauf hingewiesen, dass dies 
Blättchen vielmehr nur 'als Anhangs-Organ des Samenlappen 
anzusehen ist, wie ein solches auch an den Stengelblättern 
mancher Gräser, z. B. der Melica uniflora und anderen ''sten- 
gelumfassenden Blättern, z B. bei Palmen und 'Compositen 
vorkommt. 

Auch dieser blattförmige Anhang de; Blensieläiiekeihhehs 
wird von den Rändern des: ausgewachsenen Samenlappen 
umfasst, wie Fig. 15 zeigt, so dass man aus der Knospen- 
lage dieser Organe vermuthen könnte, es stehe dieses <An- 
hängselchen des Samenlappen etwas höher an der Achse als 
der Samenlappen selbst, was jedoch, wie gesagt, ae der 4 
Fall ist. 4 
| Während des Keimens löst sich die Fruciik gänzlich von 

dem kurzen Stiele, bleibt aber gewöhnlich noch von den 
' 'Spelzen umhüllt, ‘Die ‘grössere derselben zerreisst 'an der 
Basis der Länge nach, neben der Mittelrippe, dem Keimlinge 
gegenüber und dieser tritt dann während des Keimens aus 
dem Spalt hervor, wie es in Fig. 8. gezeichnet ist. 

Durch diese Einrichtung bleibt also die nahrungsstoff- 
reiche Frucht bis nach der Keimung durch die harten, rau- 
hen Spelzen vor den Nachstellungen vieler im Wasser le- 
bender Thiere gesichert, die den zarthäutigen stärkemehl- 
reichen Samen gewiss vertilgen würden. 

In Fig. 9 ist ein solcher gekeimter Same "aus den Baden 
herausgenommen gezeichnet, ü 


185 


Gleichzeitig mit der Knospe des Keimlings dehnt sich 
auch das Würzelchen aus, noch eingeschlossen in seiner 
Scheide, welche sich gleichfalls etwas verlängert doch bald 
von dem bedeutender sich verlängernden Würzelchen an 
seiner Spitze durchwachsen wird; zugleich wird der Samen- 
lappenanhang durch das schwellende Knöspchen des Keim- 
lings von dem Körper desselben, an dem es anlag, entfernt 
und nach aussen gedrängt, so dass es in diesem Zustande, 
der in Fig. 10 und 11 RE ist, besonders deutlich er- 
kannt wird. 

In Fig. 12 wurde aus diesem gekeimten und vergrössert 
gezeichneten, der Länge nach durchschnittenen Samen die 
Keimknospe (k) herausgebogen und mit dem Schüppchen (c) 
vergrössert gezeichnet. 

Das erste eigentliche Stengelblatt (f, Fig. 10 und 11) 
steht an dem sich verlängernden Stengelchen etwa 45° von 
dem Anheftungspunkte des Mittelnerven des Samenlappen 
entfernt. 

Das kleinzellige Gewebe des Eiweisskörpers (13.a) ist 
vollständig angefüllt mit sehr kleinen Stärkemehlbläschen 
von eckiger oder rundlicher Form, die keine Schichtung oder 
irgend eine Struktur erkennen lassen. Sie bestehen aus einer 
dicken durch Jod blau werdenden Wandung, und an den 
grösseren erkennt man eine centrale Höhlung, die sich unter 
Wasser mit Flüssigkeit füllt. Die Gewebe des Keimlings 
dagegen werden durch Jodlösung gelb gefärbt, was darauf 
schliessen lässt, dass ihr Gehalt ausser Gummi und Zucker 
aus Stickstoffverbindungen (Proteinsubstanzen) besteht. Nur 
einzelne und etwas grössere Stärkemehlkügelchen, als in dem 
Eiweisse, finden sich in dem Gewebe des Keimlinges und awar 
vermehren sich diese während der Keimung. 

-- Auch in einer Zellenschicht, welche das Eiweiss zunächst 

umgiebt und von dem Fradhtpewobe trennt (13.p) sind Pro- 
teinsubstanzen enthalten, ähnlich wie dies von den übrigen 
Getreidearten bekannt ist. Der Embryo ist nicht von dem 
Fruchtgewebe durch diese Zellenschicht getrennt, die ent- 


186 


weder als Epiderminalschicht des Eiweisses oder als Rest 
der Samenschale zu deuten ist. Die Zellen des Eiweiss- 
körpers sind in radial gestreckte Gruppen vereinigt, die 
mehr oder weniger symmetrisch um die Mittellinie der Frucht 
(14) oder um den Keim (13. 15) geordnet sind, ohne Zwei- 
fel den Mutterzellen der Eiweisszellen entsprechend. Die 
Wandungen aller dieser parenchymatischen: Eiweisszellen 
sind sehr zart und scheinen schon durch kaltes Wasser ge- 
löst oder wenigstens erweicht zu werden; vielleicht liegt 
darin die Ursache der Schwierigkeit, das Stärkemehl aus 
den zerriebenen Samen durch Auswaschen zu trennen, da 
dasselbe lange suspendirt und mit den übrigen Substanzen 
gemischt bleibt. 

Da die Zellenwände des Albumen der Zizania so sehr 
zart sind, kann man die Quantität des in demselben enthal- 
tenen Stärkemehls zusammengenommen mit dem im Embryo 
enthaltenen auf 75 pCt. von dem ganzen Gewichte der Frucht 
schätzen, während Gummi, Zucker und die Proteinsub- 
stanzen, welche in dem Gewebe des Embryo und in der 
das Eiweiss umgebenden Zellenschicht enthalten sind, etwa 
ein Drittel dieses Gewebes, also fast’ 5 pCt. von dem Ge- 
wichte des ganzen Samen ausmachen. — 

Die anatomischen Verhältnisse dieses Getreides mit. denen 
des Hafers, des Reises und des Roggen verglichen, lassen 
vermuthen, dass die Zizanienfrüchte ärmer an Stärkemehl | 
als der Reis, aber reicher an demselben als der Hafer und 
Roggen sind, dass sie an Gehalt von Zucker, Gummi, Pflan- 
zenleim und anderen Stickstoffverbindungen hinter dem Rog- 
gen zurückstehen, jedoch mehr von demselben als der Hafer 
und Reis enthalten: dass mithin. die Früchte des Wildreises 
oder Wasserhafers als Nahrungsmittel einen mittleren Werth 
unter den genannten Früchten einnehmen möchten. 

Wenn demnach schon der Futterwerth dieses Grases, 
welches sich mit einem Boden begnügt, den die grösste Mehr- 
zahl der Futter- und Nahrungspflanzen verschmähen, seinen 


187 


Anbau in dem bevölkerten Europa höchst wünschenswerth 
erscheinen lässt, so dürfte auch in Zeiten der Missernten 
unserer Getreidearten und der Kartoffeln, z. B. in sehr reg- 
nerischen Sommern, diese nahrungsreiche, von den Nord- 
amerikanern als Speise benutzte Brodfrucht ein erwünschtes 
Ersatzmittel derselben sein. 


Erklärung der Zeichnungen 


zur Zizania aquatica L. 


Die noch in den Spelzen eingeschlossene Frucht von der Rük- 
kenseite, | 

Dieselbe von der Bauchseite. 

Dieselbe mit hervorgezogener kleiner Spelze. 

Die grosse Spelze ausgebreitet. 

Die kleine desgleichen. 

Ein Theil der grossen Spelze unterhalb der Spitze vergrössert. 
Die Frucht längs durchschnitten, 5mal vergrössert, co Samenlap- 
penanhang und Samenlappen. 

Die noch in den Spelzen befindliche gekeimte Frucht; (in natür- 
licher Grösse, wie auch No.1—5 und 9— 11). 

Diese Frucht aus den Spelzen herausgenommen. 

und 11. Entwickeltere Keimpflanzen. 

Der untere Theil eines keimenden Samen c und c’ wie in Fig. 7 
k die inneren Theile des Keimpflänzchen. 

Ein Theil des Eiweisses und des Keimlings im Querschnitt stark 
vergrössert, c’ Samenlappen, c Samenlappenanhang, a Stengel- 
chen, p. die Zellenschicht, welche das Eiweiss von dem Frucht- 
blattgewebe trennt und Proteinstoffe enthält. 


18a. Einige Zellen des Eiweisses noch stärker vergrössert. 


14. 


Querschnitt der Frucht, Fig. 7 in d. 


14a. Derselbe stärker vergrössert, c’ Samenlappen. 


15. 


Querschnitt der Frucht, Fig. 7. in e, 


15a. Derselbe stärker vergrössert, ec’, c und a wie in Fig. 13. 


188 


Ueber die Einführung und Zähmung der Hoccos. 


Von Barthelemy-Lapommeraye, 
Director des naturhistorischen Museums zu Marseille. 


In den Sommermonaten 1825, welche ich alle Jahre auf 
dem Lande bei Marseille zubrachte, wurden dem Maıre die- 
ser Stadt ein Paar Hoccos geschenkt, von denen, welche auf 
den Antillen unter dem Namen Hocco mitu, bei den Natur- 
forschern als Crax alector bekannt sind. 

Man setzte diese Vögel in ein weites verschlossenes Hüh- 
nerhaus zu einer grossen Menge von Hühnern. Nach einiger 
Zeit, als wir annehmen konnten, dass sie sich hinreichend 
an die Gesellschaft der übrigen Vögel gewöhnt haben möch- 
ten, gestattete man ihnen, in einem ziemlich grossen Hofe 
umherzugehen, der mit chinesischen Maulbeerbäumen und 
einigen schönen Kastanienbäumen bepflanzt war, die in der 
Nähe des Wohnhauses standen. 

Die Hoccos sind im Ganzen sehr friediieher Natur. Sie 
. werden leicht zutraulich und manchmal sogar ziemlich keck. 

Die neuen Ankömmlinge nahmen bald die ihrem Aufent- 
haltsort entsprechenden Sitten an. Sie. kamen: gelaufen, 
wann die Enten, Hühner, Truthühner und Perlhühner ge- 
füttert wurden. Sie liefen unter diesen umher, nahmen an 
ihrem Mahle Theil, vertheilten Schnabelhiebe an die näch- 
sten Nachbarn, oder es wurde ihnen selbst von einem auf 
die Vorrechte seiner Odalisken eifersüchtigen Hahn zugesetzt. 

Ziemlich häufig flogen sie über die Mauer des Hofes in’s 
Feld, wo sie sehr gern den Trauben nachgingen, deren: sie | 
hoch eine grosse Menge verzehrten. | | 

Gegen Abend kamen sie immer zum Hause zurück, und 
gingen in den Hühnerstall, wo sie sich mitten unter; die 
Hühner auf die Stange setzten. | | 

Der milde Winter dieses Jahres übte keinerlei schädli- 
chen Einfluss auf ihre Gesundheit aus. Sie waren bedeu- 
tend gewachsen, denn als sie zu Saint-Menet angekommen 


189 


waren (so heisst das Gut), waren sie noch jung. Gegen das 
Ende des zweiten Jahres waren sie sehr schön geworden. 
Ihr Gefieder war glänzend schwarz, und die Hervorragung 
auf dem Oberschnabel des Männchens war vom reinsten Gelb. 

Oft habe ich gesehen, dass das Männchen sein Weibchen 
aufgeregt und hartnäckig verfolgte, aber es wollte mir nie 
gelingen, Zeuge‘ der Begattung zu werden. 

Eines schönen Tages war das Weibchen verschwunden. 
Ich vermisste morgens sein leises scharfes Pfeifen, nur die 
absteigende Tonleiter des Männchens war noch vernehmbar, 
und dieses verliess den Hof nicht mehr. 

Diese längere Abwesenheit brachte uns auf die Vermu- 
thung, dass das arme Weibchen irgend einem Raubthiere 
zur Beute geworden sei, und wir beklagten seinen Verlust, 
als wir es plötzlich nach Verlauf mehrer Wochen in der 
Nähe des Pferdestalles, der ausserhalb des dem Geflügel an- 
gewiesenen Hofes gelegen ist, zum Vorschein kommen sahen, 
und zwar in Begleitung von 15 schon ziemlich starken Kü- 
chelchen, welche es nach seiner früheren Wohnung führte. 
Unsere Freude war eben so gross, wie unsere Ueberraschung. 
Wir konnten nicht wissen, wohin es seine Eier gelegt, von 
was es selbst gelebt und womit es seine zahlreiche Familie 
ernährt hatte, sondern wir konnten darüber nur Vermuthun- 
gen hegen. | 

Wie dem auch sei, die jungen Hoccos wuchsen herrlich 
heran unter dem Einfluss der schönen Sommertage. 

Jeden Morgen machte ich mir das Vergnügen, von mei- 
nem Fenster aus, welches auf das Dach eines Schuppens 
ging, ‚das Hoccohuhn herbeizulocken und ihm einige Hände 
voll Hirse ‚hinzuwerfen. Sie kam eiligst mit ihren Jungen 

herbeigelaufen, ‚und diesen niedlichen Thieren war es eine 
Kleinigkeit, auf das Dach zu flattern, welches übrigens nicht 
sehr hoch vom Boden entfernt war. 

‚Die Mutter stolzirte mit einer Art von Koketterie vor 
mir herum, hob und senkte ihre aufgerollte Haube, breitete 
ihren Schwanz nach beiden Seiten stossweise, man möchte 


190 


fast sagen, krampfhaft aus, wobei sie zuweilen für einen 
Augenblick bös wurde, wenn ich that, als wolle ich sie fan- 
gen, und einen stark accentuirten und mehrfach wiederhol- 
ten Kehllaut ausstiess. x 

Sowie die Jungen im Stande waren, ihre Mutter überall 
hin zu begleiten, entsagte diese dem Aufenthalt im Hühner- 
stall für die Nacht. Sie suchte die höchsten Baumgipfel, 
deren dichtes Laub ihr einen sicheren und bequemen Ruhe- 
platz bieten konnte. Das Männchen ging immer mit. Mit 
Tagesanbruch war Klein und Gross schon auf dem Felde, 
oft sehr weit und sie suchten da und dort nach Futter. 

Wir erhielten in dieser Weise mehrere Jahre hinterein- 
ander mehr oder weniger zahlreiche Bruten, und endlich 
entdeckte ich auch den geheimen Ort, wohin die Eier nach 
und nach bis zum Brüten gelegt wurden. Er war in einem 
ungeheuren Holzstoss und in einem Winkel, wo die aufge- 
häuften Reiser kaum einige Zwischenräume liessen, um die 
arme Henne aufzunehmen. Ich hatte mit der grössten Auf- 
merksamkeit suchen müssen, um diese heimliche Stätte zu 
finden, zu welcher ich dadurch gelangte, dass ich der Henne 
folgte als sie eben über die Umfassungsmauer das Hofes ge- 
flogen war. 

Wenn sich aus der Zahl der ausgeschlüpften Jungen auf 
die Zahl der gelegten Eier schliessen lässt, so steht zu ver- 
muthen, dass es nie mehr als 15 sind. Niemals betrug die 
Zahl einer Brut mehr als 15 und nie weniger als 10. Ich 
erhielt nur sehr wenig nicht befruchtete Eier. Die anfäng- 
lich rauhen Eier wurden später ganz glatt. Sie sind bekannt- 
lich von der Grösse der Truthühner und etwas wolkig weiss, 

Das Fleisch der Hoccos ist weiss, zart und saftig. Das 
von jungen, wohlgenährten Thieren ziehen die Feinschmecker 
bei guter Zubereitung jungen Truthühnern, Pfauen und Perl- 
hühnern vor. | 

In der Wahl ihrer Nahrung sind die Hoccos durchaus 
nicht empfindlich, sie fressen Korn, Hirse, Welschkorn und 
streiten mit Hühnern und Enten um die für diese bestimmte 


191 


angefeuchtete Kleie. Brod ist für sie ein Leckerbissen. Wie 
die meisten Hühnervögel, fressen sie begierig Brocken von 
rohem und gekochtem Fleisch. 

Man erinnert sich des kalten Winters von 1829 bis 1830. 
Das südliche Frankreich blieb nicht unverschont, es erfro- 
ren viele Olivenbäume und Weinstöcke, und die Kälte drang 
sogar bis tief in die Erde, 

Unsere armen Hoccos, die sich durch mehrjährigen Aufent- 
halt so gut an das Klima gewöhnt hatten, wurden über Nacht 
von einem starken Schnee überfallen, den der Nordwind auf 
den Kastanienbäumen, wo sie den Abend vorher gesessen 
hatten, in Eis verwandelte. 

Wir hatten schon in den ersten Tagen des November 
das Gut verlassen. 

Die Bauern, welche über das Schicksal dieser Thiere 
unruhig waren, fingen sie ein, wie sie vor Kälte schon ganz 
erstarrt waren. Sie begingen aber die grosse Thorheit, sie 
vor das Feuer zu setzen, um sie zu erwärmen, und in Folge 
dieser ungeeigneten Sorgfalt gingen sie sämmtlich zu Grunde. 

Fassen wir nun das Resultat dieser Beobachtungen zu- 
sammen, so finden wir, dass die Zucht dieser werthvollen 
Hühner im südlichen Frankreich nicht gerade eine allzuernste 
Sorgfalt erfordert, aber sie erheischt das Zusammentreffen 
anderer, besonderer Umstände, z. B. dass sie in den ersten 
Monaten des Jahres zu uns gebracht werden müssen, dass 
sie mit anderem Geflügel zusammenleben und anfangs ein- 
gesperrt werden müssen. Diese Art von Zucht verlangt fer- 
ner viel Raum, eine gewisse Freiheit und Geheimhaltung 
des Platzes, wo die Fortpflanzung stattfindet. Im Sommer 
Freiheit und Zugang zu hohen Bäumen gegen die Angriffe 
der Marder an Orten, wo diese schädlichen Raubthiere vor- 
kommen, Schutz im: Winter, um den durch Nachtfrost ent- 
stehenden Schaden zu vermeiden, gegen dessen Einfluss dem 
Züchter nur sehr geringe Hilfsmittel zu Gebote stehen. 

Was den Nutzen anbelangt, so dürfen die Hoccos nicht 
unter die Truthüner und Pfauen gestellt werden, denen sie 


192 


an Gestalt und Umfang nahe stehen und welchen sie auch 
in Betreff der Vortheile, welche ihre Verbreitung der Land- 
wirthschaft darbietet, an die Seite zu stellen sind. (Bulle- 
tin de la Soc. d’Acclim. V. 1. p. 123.) 


Ueber die Hoccos und Jakhühner. 
Aus einem Briefe von Herrn Pomme an Herrn Geoffroy 
St. Hilaire, 


Ich besass sechs weibliche Hoccos und nur vier Männ- 
chen. Dieses Missverhältniss hat mir. den Beweis geliefert, 
dass dieser Vogel in Monogamie lebt. Die nicht gepaarten 
Weibchen legen zwar dennoch und suchen die Liebkosungen 
des ersten Männchens, welches ihnen in den Weg kommt, 
aber sie gehen in den Geschlechtsverrichtungen nicht weiter. 
So bauen sie kein Nest, sondern legen ihre Eier, wohin sie 
gerade kommen, meist Abends, wann sie sich schon aufge- 
setzt haben. Diejenigen dagegen, welche ein Männchen ha- 
ben, legen immer in ein Nest, welches das Letztere gebaut 
hat, denn bei diesen Vögeln baut das Männchen. Ich muss 
zugleich bemerken, dass es in Frankreich wenigstens sehr 
selten ist, dass ein Hocco brütet und es hat von Allen, die 
ich bekommen konnte, nur ein einziges Neigung dazu ge- 
zeigt. Fünf Stück haben Eier gelegt und das sechste war 


mehrere Jahre lang gepaart und suchte das Männchen auf, 
aber es hat nie Eier gelegt. Die neu angekommenen Weib- 


chen bleiben während des ersten Jahres ihrer Einführung 
kalt und gefühllos. Im zweiten Jahre paaren sie sich, aber 
sie legen nicht, oder schallose Eier. Im dritten Jahre ist 
Schale daran, aber sie ist zerbrechlich und unvollkommen 
und erst im vierten Jahre verschwindet auch dieser Mangel. 
Jedes Weibchen legt dreimal jährlich, wenn es nicht brütet. 


Wenn es brütet, legt es nur einmal und zwar gegen 


193 
Ende April oder Anfang Mai. Die Brütezeit dauert 31 bis 
32. Tage. Bei mir wurden jedesmal zwei, manchmal, aber 
selten, drei Eier gelegt. 

Um die Angewöhnung zu erleichtern, schien es mir nütz- 
lich diese Vögel frei laufen zu lassen und ihnen möglichst 
mannigfaltiges Futter zu reichen; es scheinen dies die ge- 
eignetsten Verhältnisse für sie zu sein. Ich liess sie also 
in meinem Hofe laufen, von wo sie nach Belieben in meinen 
Garten flogen, in welchem sie umhergingen. Dieser Garten 
ist nur zwei Hectaren gross, aber dennoch war er ihnen zu 
ihren Ausflügen stets genügend und sie überschritten seine 
Grenzen niemals. Sie finden in demselben Früchte, Körner, 
Pflanzen, Insekten, die man ihnen unmöglich geben kann, 
wenn sie eingesperrt sind. Wenn jedoch die Zeit der Liebe 
gekommen war, sah ich mich genöthigt, sie getrennt einzu- 
sperren, denn die Männchen kämpften auf Leben und Tod 
mit einander. Einen einzigen Hahn und die Hühner, die 
kein Männchen hatten, liess ich frei umherlaufen. Diese 
legten besser und es hatten auch ihre Eier eine vollkom- 
menere Schale, und ausserdem waren die, welche brüten 
wollten, auch unter ihnen, während die eingesperrten durch- 
aus keine Neigung hierzu bewiesen. Diese Vögel fressen 
Mais, Korn, Gerste, Hafer und Hanfsamen sehr gern. Mit 
‚ihrem starken Schnabel zerpieken sie Aepfel, Birnen und 
Pflaumen in Stücke. Sie lieben ausserdem Trauben, Insek- 
ten, Salat und Kohl, sie kamen auch in meine Küche und 
flogen nach den Coteletten auf dem Heerde. 

. Fast alle Eier, welche ich bekam, waren befruchtet, aber 
fast alle waren sie nicht von besonders günstiger Beschaf- 
fenheit; denn das völlig entwickelte Junge starb in der 
Schale ab, als ob ihm die Kraft zum Ausschlüpfen gefehlt 
- hätte. Es kommt dies in unseren Gegenden bei einheimi- 
schen Vögeln oft vor, wenn die Mutter während des Legens 
nicht ganz gesund war. Dreimal konnten indessen die jun- 
gen Hoccos die Schwierigkeiten beim Ausschlüpfen überwin- 


den, aber obwohl sie ganz kräftig waren, lebten sie doch 
1861, Bd. IV. 13 


194 


nur drei bis vier Tage. Sie frassen nichts und starben ohne 
Zweifel Hungers. Sie hatten eine grosse Abneigung gegen 
die Truthenne, welche sie ausgebrütet hatte (denn damals 
hatte ich noch kein Hoccohuhn, welches brüten wollte), und 
sie hielten sich immer von ihr entfernt. Diese Beobach- 
tung brachte mich auf die Vermuthung, dass die Mutter 
eine erste Nahrung besässe, wie der Milchsaft der Tauben, 
welcher sich am Ende der Brütezeit einstellte und den jun- 
gen Hoccos in den ersten Tagen zu ihrer Existenz unum- 
gänglich nothwendig wäre. Um mich davon zu überzeugen, 
gab ich einem Hoccohuhn drei Eier von Jackhühnern (Pe- 
nelope Marail). Zu besserem Verständniss will ich hier. be- 
merken, dass ich seit drei Jahren von diesen Vögeln zwei 
Weibchen und nur ein einziges Männchen besitze. 

Das eine der Weibchen möchte gern brüten, aber leider 
ist, seit es brüten will, mein einziges Männchen unfrucht- 
bar geworden, so dass ich früher gute Männchen hatte, wäh- 
rend die Weibchen nicht brüten ‚wollten, während jetzt eines 
brüten will, aber das Männchen unfruchtbar ist. Endlich 
war das Nest mit grosser Sorgfalt auf dem Dach einer Fa- 
sanerie, drei Meter über dem Boden gebaut. Meine Marail- 


Eier wurden so gut bebrütet, dass am 29, Tage um 6 Uhr 


Morgens das Hoccohuhn mit den drei Penelopes in einem 
Gang meines Gartens umherspazierte. Das Männchen be- 
kümmerte sich nicht um die Jungen, aber das Weibchen 
20g sie recht gut auf. Sie sind jetzt völlig ausgewachsen. 
Ich habe daraus gesehen, dass die Hoceohühner als Ammen 
nichts Besonderes haben, und dass ihre Jungen wie die von 
anderen Hühnervögeln behandelt werden. 

Die Hoccos kommen in zwei getrennten Arten zu uns, 
nämlich als eine grosse und eine mittlere oder kleine. 
Von der ersten habe ich nur ein einziges Paar gehabt. Das 
Männchen war ausserordentlich gross und schwarz; es ist 
dasselbe, welches ich schlachten musste. Das Weibchen, 
welches ich noch besitze, ist untenher röthlichgelb, oben 
braunroth. Es ist der schönste Vogel, den ich je gesehen 


195 


habe. Es legt viel, brütet aber nicht. Der vor Kurzem 
verstorbene Vogelhändler Vaillant hat mir diese beiden 
Hocecös als nordamerikanische verkauft, und ich glaube, dass 
er mir die Wahrheit sagte, denn sie ertrugen die Kälte bes- 
ser, als die anderen kleineren. Ihr grosser Körper deutete 
auch auf eine Abstammung aus nördlichen Gegenden, auch 
erfrieren ihnen im Winter die Füsse nicht. In den sieben 
Jahren, seit welchen sich das schöne Huhn in meinem Be- 
sitz befindet, brachte es den Winter im Freien zu und ist 
noch so kräftig wie am Tage seiner Ankunft. Das Männ- 
chen war ebenso. 

Die kleine Art dagegen fürchtete die Kälte und beson- 
ders die Berührung mit dem Schnee. Bei dem geringsten 
Froste erstarren ihnen die Füsse und sind nicht mehr im 
Stande sie zu tragen, und wenn man sie so der Kälte aus- 
gesetzt lässt, erfrieren ihnen die Füsse und fallen im Früh- 
jahr ab. Das Männchen, welches ich noch besitze, hat an 
jeder Zehe zwei Phalangen verloren und sein Weibchen (wel- 
ches brütet) hat gar keine Zehen mehr, aber dennoch geht 
es und setzt sich sogar auf dicke Aeste. Ich glaube, dass 
die Unfruchtbarkeit des Männchens mit dem Verluste seiner 
Zehen im Zusammenhange steht, und es ist dadurch viel- 
leicht nicht im Stande, sich bei der Begattung auf dem 
Rücken des Weibchens festzuhalten. Kälte und Feuchtig- 
keit sind demnach die grössten Feinde dieser Vögel und die 
empfindlichsten Theile sind die Füsse und Krallen, und nie 
habe ich gesehen, dass selbst die stärkste Kälte eine andere 
Wirkung auf sie geäussert. hätte. 

Um diese nachtheiligen Einflüsse zu beseitigen, habe ich 
mich entschlossen, die kleinen Hoccos den Winter über in 
einem kleinen Treibhause zu halten, wo sie beständig einen 
völlig trockenen Boden haben. Die vordere Wand dieses 
Hauses besteht aus Glasfenstern, welche Tag und Nacht offen 
bleiben, wenn nicht die Kälte zu heftig ist, und nur, wenn 
es friert, werden sie Nachts geschlossen. Sowie ein wenig 
Sonne scheint, durchdringt die Wärme die Scheiben und 

13* 


196 
erwärmt das Lokal für lange Zeit. Ich 'glaube, dass ‘dies 


die einzige Weise ist, um den Hoccos die Kälte erträglich 


zu machen. Künstliche Wärme ist ihnen weniger zuträglich 
und war ihnen in allen Fällen, wo ich sie anwenden sah, 
tödtlich. Ich halte es für besser, sie ein wenig Kälte ertra- 
gen zu lassen, ihre Gesundheit bleibt besser und die Accli- 
matisation gewinnt dadurch. LIUrE 
Alle diese Beobachtungen gelten. ish von den Pene- 
lope Marail, mit dem Unterschied, dass diese letzteren alle 
14 Tage legen und zwar drei, manchmal aber: vier Eier auf 
einmal. | | 
Das sind die Erfahrungen, welche ich bei meiner H6bco- 
zucht gemacht habe, und ich wiederhole, dass das Einsper- 
ren die Aussicht auf Nichtgelingen vermehrt und man“muss 
den Räumen, in welchen man diese Vögel halten will, eine 
möglichst bedeutende Ausdehnung geben. Ferner ist’ es 
zweckmässig, ihnen von allen Seiten, Süden ausgenommen, 
verschlossenen Raum zum Aufenthalt zu. geben, als Schutz 
gegen Regen, kalten Wind oder Frost. Wenn die Südseite 
mit Glasfenstern verschlossen werden kann, so sind die Hoc- 
cos gegen die Winterkälte hinreichend gesichert. ; (Bulletin 
de la Soc. d’Acclim., V.I., p. 139.) | 


Bericht über die japanische Seidenraupe (Bombyx 


mori). 
Von 8. Roberti. 


Am 1. Mai brachte ich circa 5000 Eier in ein Zimmer 
mit einer Temperatur von 14'/, Centigr., von denen am näch- 
sten Morgen einige Räupchen auskrochen, da sie jedoch nicht 
frassen, brachte ich die Graines in: mein Schlafzimmer, wel- 


ches etwa 16'/; C. Grad Wärme hatte, aber auch hier: woll- 


ten die Räupchen, von denen täglich eine kleine Quantität 


u eg aa 


197 


auskam, nicht fressen, erst am 11., wo sich die Temperatur 
auf 18 Grad hob, wurden sie lebhaft im Fressen und im 
Bewegen. 

Von’ nun’an wurde das Auskommen bis zum 22. immer 
lebhafter, da die Temperatur bis auf 21'/; Grad gestiegen 
war, und sich auf dieser Höhe erhalten hätte, Nach zwei- 
tägiger Unterbrechung kamen etwa noch 100 Räupchen aus, 
die sich weniger und langsamer wie die anderen entwickel- 
ten, ich schloss hieraus, dass die @raines nicht gut erhal- 
ten waren, ' Die erhaltenen Räupchen waren beim Auskom- 
men: sehr klein und schwarz, ihr Wachsthum' schien mir 
anfangs sehr langsam vorzuschreiten, ‘sie kamen indessen 
binnen 8 Tagen zur ersten Häutung, und nach 8 Tagen zur 
zweiten, ohne dass’ eine einzige starb, da ich Vorsorge ge- 
troffen, dass keine, von der Häutungsperiode ab, auf der 
alten Streu blieb, und konnte nicht anders handeln, da ich 
eine Mischung von Räupchen hatte, welche an 11 verschie- 
denen Tagen ausgekommen waren. Die am weitesten ent- 
wickelten meiner Räupchen' kamen auch sehr gut durch die 
dritte Häutung, und wurden nun während des vierten Al- 
ters sehr schön, nahmen: eine reine weisse Farbe mit einem 
bläulichen oder grünlichen Reflex an, hatten eine sehr feine 
Oberhaut, ‘obgleich sie kleiner als unsere gewöhnlichen Sei- 
denwürmer waren, und frassen bei einer Temperatur von 
21 —22Grad'sehr gut, die Luft: hielt: sich trocken und kein 
schlechter Geruch entstand im Zimmer. — Es stellte sich 
klar heraus, dass’ es (chinesische Seidenraupen waren. — $ie 
befanden sich so wohl, dass’ es; mir gar nicht in den Sinn 
kam, sie nach der vom Grafen Castellani beschriebenen 
chinesischen Methode als Präservativ mit Kohlen- und Kalk- 
pulver zu bestreuen. Und dennoch beobachtete ich, dass 
einige Stunden nachher, etwa 100 der zuerst ausgekomme- 
nen Räupchen, welche ich von den anderen seit einigen Ta- 
gen getrennt, und die die vierte Häutung überstanden hat- 
ten, nicht wohl waren, sie sahen schlecht aus, frassen nicht, 


198 


verloren ihre Durchsichtigkeit und wurden steif, 'einige schie- 
nen schwarz zu werden, eine oder zwei hatten schon auf 
der Schwanzspitze schwarze Flecken. 

Da ich der Ueberzeugung war, dass ich Alle verlieren 
würde, entschloss ich mich, den Kalk und Kohle anzuwen- 
den, theilte meine Räupchen, die die 4. Häutung überstan- 
den, in 3 Klassen, welche ich Nachmittags mit Kohle allein, 
mit Kalk allein, und mit Kohle und Kalk: hintereinander in 
Zeiträumen von 4 Stunden bestreute. Am andern Morgen 
befanden sich meine so hinlänglich bestäubten Räupchen wie- 
der wohl, nur einige, etwa 6 — 8 der allerkranksten $tarben. 
Ich bestreute dann auch die noch in der Häutung begriffe- 
nen, und die übrigen in der Zeit, dass sie sich der vierten 
Häutung näherten, indem ich diejenigen in der Entwicke- 
lung zurückgebliebenen Raupen wiederholt mit Kohle und 
Kalk bestreute, die man bei einer !grossen Zucht gänzlich 
vernachlässigt hätte. ; 

Alle meine so behandelten Raupen, mit Ausnahme einer 
unbedeutenden Anzahl, gelangten zum Spinnen der Cocons, 
der einen feinen Faden, sowie ein gutes: Gewebe hat, von 
mittlerer passender Grösse, jedoch von einer blassgrünen 
Farbe, welche im Handel nicht sehr beliebt ist, da sie eine 
schmutzig weisse Seide giebt, die kein gutes Ansehen hat. 

Das mittlere Gewicht der Cocons ist. 90  Centigramme, 
um 100 Gr. vollzumachen, habe ich etwa 10 grössere Cocons 
hinzugenommen, von denen 50 die 100 Grammes 'wogen. Ich 
habe im Ganzen 2 Kilogramm gewonnen, 50 Cocons, die ich 
auskriechen liess, und von denen ich ungefähr 200 Gramme 
Graines bekommen. | 

Die Schmetterlinge sehen im allgemeinen gut aus, aber 
eine kleine Anzahl hatten auf den Flügeln einige schwarze 
Flecken, was darthun würde, dass die Raupen von der herr- 
schenden Krankheit befallen waren, und dass sie dieselben 
durch die Maulbeerbaumblätter erhalten. Ich hoffe, dass es 
mir nächstes Jahr gelingen wird, die etwa hervortretenden 


199 


Keime der Krankheit dieses Jahres durch Anwendung der 
vollständigen chinesischen Methode mit Kohle und Kalk von 
dem Beginn der Zucht an, zu ersticken. (Bulletin de la 
Soc. d’Acelim., Vol. VIII p. 546.) 


Ueber die in Frankreich eingeführten neuen Seiden- 
raupenarten. 


Von Aug. Dumeril und Gu&rin-Meneville. 


Der französische General-Consul von Frankreich in Japan, 
Herr Duchesne de Bellecourt, hatte der Societe impe- 
riale zoologique d’Acclimatation eine Seidenprobe nebst Grains 
mit der Bezeichnung: „Eier der wilden japanischen, Jama- 
mai genannten Seidenraupe* übersendet. 

Im naturhistorischen Museum sind seit der Gründung der 
Soeiete d’Acelimatation fortdauernd Versuche mit dieser 
Raupenart mit seltener Beharrlichkeit, Intelligenz und gros- 
ser Geschicklichkeit von Herrn Vall&ee, dem Aufseher der 
Menagerie der Reptilien, ausgeführt worden. 

Die Eier waren ohne jede genauere Nachweisung über- 
sendet worden, und als ihr Ausschlüpfen den 15. März 1861 
begann, war die Vegetation erst sehr wenig vorgeschritten. 
Herr Vallee bot den jungen Raupen verschiedene Blätter 
dar, und nach vielfachen und verschiedenartigen Versuchen 
brachte man dieselben auch auf die ersten Triebe der Eiche, 
und zwar von Quercus cuspidata, welche von der noch übrig 
gebliebenen kleinen Anzahl mit Lebhaftigkeit gefressen wur- 
den. Man liess Eichenblätter aus »den südlichen Departe- 
- ments senden, diese wurden jedoch überflüssig, weil man 
hinreichend Blätter von Quercus pedunculata und castanei- 
folia hatte, und namentlich das Laub der Letzteren von die- 
ser Raupe vorgezogen wurde. 

Die Raupen entwickelten sich sehr gut, viele gingen je- 


200 
doch während der letzten Häutung zw Grunde, und Herr 
Quatrefages schreibt diese Sterblichkeit nicht der Pe- 
brine, sondern der unter dem Namen. Negrone bekannten 
Krankheit zu. Es wurden nur wenige ‘Cocons' gesponnen, 
jedoch darf man hoffen, diese Race erhalten zu sehen, durch 
welche Europa eine sehr wünschenswerthe Bereicherung zu 
Theil werden würde. 

Herr Guerin-Meneville berichtet über diese Versuche 
an die kaiserliche Central-Ackerbaugesellschaft,: dass er jetzt 
mehr Hoffnung habe, diese von ihm nach dem Bischof und 
Missionar Perny „Bombyx Pernii“ genannten Art mit Er- 
folg zu züchten, indem die Eier einer japanesischen Raupe, 
welche dem Bombyx Pernii sehr ähnlich sei, lebend nach 
Paris gelangt sind, wo sie in der :Menagerie der Reptilien, 
in ‘welcher. eine. constante Temperatur von 20 bis. 25°. C. 
herrscht, untergebracht wurden. . Einige hatte.er zu sich ge- 
nommen, um ihr Ausschlüpfen in. einem nur 10 bis 12 Grad 
warmem: Zimmer etwas zu verzögern, bis die Eichen Blätter 
getrieben hätten. Indessen sind merkwürdiger Weise beide 
zu gleicher. Zeit ausgeschlüpft; jedenfalls ist ihre Brütung 
bereits auf der Seereise erfolgt, ‘wovon der: Berichterstatter 
sich durch Oeffnung eines Eies, welches: bereits die ausge- 
bildete junge Raupe enthielt, überzeugte. | 

Den. jungen Raupen wurden verschiedene Pflanzen. dar- 
geboten, sie berührten dieselben. jedoch nicht und starben 
nach 3 oder 4 Tagen... Sie. verweigerten Lattich',  Schwarz- 
wurzel, Distel, Ulme, Rosen.  Unglücklicher Weise hatten 
die Eichen noch keine. Blätter, nur im. Museum fanden sich 
an einer fremden, und. seltenen: Eichenart bereits Blätter- 
triebe, die man den noch übrigen verspäteten Raupen an- 
bieten konnte, ‘welche,sie auch frassen, und wodurch ihr 
Leben 'so lange gefristet wurde, bis. aus Toulon Eichenblät- 
ter eintrafen. Mit diesen wurden sie erhalten; und gedie- 
hen sehr gut, so dass nun: die Hoffnung vorhanden, wenn 
ihr ferneres Leben ohne Unfall bleibt, es werde gelingen, 
die japanische Seidenraupe in Frankreich einzuführen. 


201 


Es, ist-möglich, dass diese Raupe dieselbe ist, welche man 
in Japan auf der Eiche erzieht, sie kann aber auch einer 
anderen Art: angehören, denn ‚schon die Eier erschienen ver- 
schieden von denen des Bombyx Pernii und Mylitta. Die 
Coconsi der letzteren sind übrigens ganz geschlossen, wie die 
der'Maulbeerseidenraupe, welche man abhaspeln kann, wäh- 
rend die der anderen Arten, welche auf dem Wege der Ac- 
climatisation: sich befinden , wie Bombyx aurota, cecropia, 
hesperus, Tarquinius, Arrindia und Cynthia nur Flockseide 
geben. Deshalb haben die Raupen auch nicht in dem hin- 
teren Theile ihres Körpers das Reservoir mit einer zur Er- 
weichung des Cocons bestimmten Flüssigkeit; man kann also 
durch eine einfache Untersuchung hierauf schon vorher fest- 
stellen, ob die Arten geschlossene oder offene Cocons spinnen. 

Ferner machte Herr-Guerin-Meneville kürzlich. der 
kaiserlichen. Central- Ackerbaugesellschaft Mittheilung über 
49 ungewöhnlich grosse und seidenreiche Cocons, welche er 
von einem Kaufmann in Bahia erhalten hatte. 

Dieselben haben eine grauweisse, fast weisse Farbe, die 
Grösse von Hühnereiern und stammen; von einer in Brasi- 
lien. sehr gewöhnlichen Raupe. Der: Falter, welcher aus 
ihnen hervorgeht, ist: einer: der grössten bekannten Schmet- 
terlinge, nämlich Bombyx (saturnia) aurota, Fahr. 

Diese wilde Seidenraupe ist in ganz Brasilien gemein, 
sie. scheint jedoch nicht in grosser Höhe zu gedeihen. Ihre 
Nahrung besteht hauptsächlich aus den Blättern von Anda 
Gomesii, einem grossen Baume aus der Familie der Euphor- 
biaceen, welcher dem Wallnussbaum und: Rieinüs ähnlich 
sieht; jedoch ernährt sie sich auch von der Jatropha man- 
hiot und anderen amerikanischen Pflanzen. 

In Brasilien schlüpft der Schmetterling während des gan- 
‚- zen Jahres aus, man kann seine Züchtung in: Zimmern oder 
auch im Freien auf Bäumen vornehmen, und dauert die- 
selbe zwischen 40 und 45 Tage. Wie alle ähnlichen Rau- 
pen spinnt dieselbe ihren Cocon zwischen 2 oder 3 Blätter, 
und befestigt ihn noch an den Zweigen ‚mit: einer: langen, 


202 


platten, seidenartigen und sehr starken Schnur. Der Schmet- 
terling schlüpft nach 8 bis 10 Wochen aus, zuweilen ver- 
gehen aber auch mehrere Monate und sogar Jahre, bevor 
einzelne Exemplare ausschlüpfen. 

Wie schon oben bemerkt, enthält dieser Cocon viel Seide, 
und zwar 35 bis 40 Centigr. Die Seide ist flachsfarben, 
fast weiss. Jeder Faden ist für sich allein 3'/, bis 4 Hun- 
derttheile eines Millimeters stark, und trägt ohne zu zer- 
reissen, 15 bis 20 Grammen. Er ist also zwei Mal so dick 
und drei Mal stärker als der gewöhnliche Seidenfaden. Mit 
ihren Insassen wiegen die Cocons im Mittel 5 Grm., die ge- 
wöhnlichen 2 Grm. Zu einem Kilogramm Rohseide sind 2500 
leere Cocons von dieser Raupe erforderlich; von der des 
Bombyx mori gegen 8000. 

Weil diese Cocons eine von der Raupe selbst aurärbgte 
Oeffnung zum Ausschlüpfen haben, so kann man dieselben 
nicht in gewöhnlicher Weise abhaspeln, man muss sie des- 
halb kämmen, wie man es gewöhnlich mit. durchbohrten 
Cocons macht, nachdem man sie zuvor gekocht hat. Die 
Flockseide ist fast weiss und sehr glänzend, und würde des- 
halb die zartesten Farben annehmen, auch zu einer Menge 
von Geweben geeignet sein, besonders zu denen, welche man 
„Phantasie -Stoffe* nennt, und die aus Seide, Baumwolle 
oder Wolle bestehen. 

Man würde diese Art mit Nutzen im mittäglichen Frank- 
reich und Italien, besonders aber in Algerien auf den Ca- 
narischen Inseln u. s. w. erziehen können, wo man ihnen 
Rieinus-Blätter geben könnte. Dieser letztere Umstand haupt- 
sächlich macht ihre Acelimatisation in diesen Ländern mög- 
lich. Merkwürdig ist es, dass die Brasilianer noch nicht 
daran gedacht haben, diese bei ihnen im Ueberfluss vorhan- 
dene Raupe zum Gegenstand einer fruchtbringenden Industrie 
zu machen. Wenn diese Cocons nach Europa geschickt wür- 
den, so würden die Fabrikanten in Lyon, Saint-Etienne und 
Roubaix sehr vortheilhafte Geschäfte damit machen können, 
(Landwirth. Centralbl. 1861, p. 350.) 


203 


Ueber den Wellenpapagei (Melopsittacus undulatus). 
Von Jules Delon. 


Es war in unseren früheren Sitzungen von der Acclima- 
tisation nützlicher Säugethiere und Vögel die Rede, aber 
der Plan unserer Gesellschaft sagt auch, dass wir uns mit 
der Einführung und Zucht von Luxusvögeln beschäftigen 
werden. In dieser Kathegorie steht der kleine, gestreifte, 
neuholländische Papagei (Melopsittacus undulatus) obenan. 

Sein Gefieder ist so bunt, sein Thun und Lassen so in- 
teressant, dass eines der hervorragendsten Mitglieder unse- 
rer Gesellschaft, wenn von ihm die Rede ist, stets zu sa- 
gen: pflegt: Je mehr man ihn ansieht, desto lieber gewinnt 
man ihn. | 

Es sind wenigstens sieben oder acht Jahre, seit er nach 
Frankreich und England gebracht wurde und von mehreren 
Vogelliebhabern, wie H. H. Saulnier zu Saint-Brice und 
Bisseut zu Belleville seitdem gezogen wird. Ich kenne ihn 
erst seit 5 oder 6 Jahren, aber er-hat mein Interesse so 
sehr gefesselt, dass das Studium seiner Sitten und seiner 
- Züchtung mir täglich Gelegenheit zu neuen Beobachtungen 
darbietet. 

Ich habe mir nun über das Treiben dieser Vögel so aus- 
führlich als es möglich war, Notizen gesammelt, die ich auf 
Wunsch mehrerer unserer Mitglieder mittheilen werde; doch 
dürfen Sie nicht einen ornithologisch-wissenschaftlichen Vor- 
trag, sondern nur einige praktische Bemerkungen erwarten. 

Obwohl dieser Papagei aus einem wärmeren Klima stammt, 
als das unserige ist, so kommt er doch bei mittlerer Tem- 
peratur, die sogar bis auf Null herabsinken kann, gut fort. 


In einem gegen Südwest gerichteten Käfig lasse ich ihn von 


Mai bis November im Freien und bringe ihn im Winter in 
ein wenig geheiztes Zimmer. 

Seine Nahrung ist weisse Hirse, Traubenhirse und haupt- 
' sächlich Kanariensame. Er trinkt sehr wenig und ich habe 


204 


das mit dem Männchen in einem Käfig lebende Weibchen 
niemals. trinken sehen. Er ’nistet in hohlen. Baumstämmen, 
wie der Staar. Ich habe es mit Eichen-, Ulmen-, Kasta- 
nien- und Weidenholz versucht, und er hat stets das letz- 
tere vorgezogen. » Das Weibchen legt alle zwei Tage bis zu 
sechs oder acht weissen Eiern, die etwas grösser als die des 
Zeisigs und etwas rundlicher sind. Die Jungen’gehen auch 
von zwei zu zwei Tagen aus, was beweist, dass es sogleich, 
nachdem es das erste Ei gelegt hat, zu brüten beginnt. Mit 
dem Aushöhlen des Nestes und mit dem Erweitern des Ein- 
gangs beschäftigt sich das Weibchen allein und es legt seine 
Eier auf das Holz, ohne Moos oder sonstige Gegenstände, 
womit. andere Vögel: zu bauen pflegen, "hineingetragen zu 
haben, ‚es lässt nur ein ‘wenig Holzstaub liegen, den’ es mit 
seinem Schnabel abgekratzt hat, während es die bei seiner 
Arbeit ‚abgefallenen 'kleinen Späne: alle hinauswirft.:. Ich 
habe gesehen, dass sie sogar auf einer glatten Diele legten, 
auf: welche ich einen hohlen Weidenstamm. ohne Boden ge- 
stellt hatte. Das Weibchen brütet einundzwanzig Tage, wäh- 
rend welcher Zeit es das Nest nur verlässt um seine Excre- 
mente abzusetzen, und ich habe nie gesehen , dass es wäh- 
rend der Brutzeit, ja bis seine Jungen völlig 'befiedert 'wa- 
ren, Wasser oder Getränk zu sich genommen hätte, sondern 
das Männchen bricht ihm die' für es selbst’ und für seine kleine 
Familie nothwendige Nahrung vor.: Im vergangenen Jahr 
hatte ich eine Brut von: sechs Jungen, welche gegenwärtig 
im: besten Wohlsein und völlig. herangewachsen ‘sind. Die 
Jungen bleiben, nachdem sie ausgegangen sind , etwa 30: bis 
35 Tage in. dem Neste, welches sie erst dann verlässen, 
wenn sie ganz: befiedert sind, wie ihre Eltern, doch sind 
dann ihre Farben noch weniger lebhaft, und: sie sind -be- 
sonders daran zu erkennen, dass die Querstreifen am 'Kopfe 
bis zum Grunde des Schnabels gehen, während bei den Er- 
wachsenen die Stirne bis zum Scheitel ganz gelb ist. Sehr 
merkwürdig ist: die Sorgfalt: des; Weibchens, das Nest sehr 
rein'zu: hälten, und man könnte: wohl: sagen; dass 'es wie 


en er 


nn ra an dern ann 


205 


eine ordentliche Hausfrau sein Zimmer jeden Morgen aus- 
kehrt, auch putzt und reinigt es seine Jungen mit einer un- 
vergleichlichen Sorgfalt. 

Die ‚Fruchtbarkeit dieser Vögel ist so bedeutend, dass 
oft das Weibchen neue Eier legt, ehe die letzten Jungen 
das Nest verlassen und bereits auf denselben brütet, wobei 
es fortfährt seine kleine Familie zu füttern. Ein einziges 
Paar: hat mirim vergangenen Jahre auf vier Mal zwölf Jun- 
gen geliefert, die sich alle im 'vollkommsten Wohlsein be- 
finden. Indess muss ich bemerken, dass ich das Männchen 
gegen das Ende des Herbstes verloren habe; vielleicht in 
Folge von’ Erschöpfung, vielleicht aber auch durch einen an- 
deren, von mir nicht‘ wahrgenommenen Unfall. Ich kann es 
nicht sagen, übrigens war sein Gefieder sehr gut und das 
Cadaver nicht mager. Beim Abziehen fand ich, dass im 
Gehirn etwas Blut ausgetreten war, 

' Was diesen Vogel hauptsächlich von allen andern klei- 
nen Papageien unterscheidet, ist sein zuthünliches, lebhaf- 
tes und fröhliches Wesen. Das Männchen ist wirklich ein 
Muster von einem Gatten, wie das Weibchen das Muster 


. einer Mutter ist; er beschäftigt sich ausschliesslich mit ihr 


und nie mit den andern, welche etwa zugleich in demsel- 
ben Käfig sein mögen und ist stets eifrig, aufmerksam, glü- 
hend und sogar sinnlich gegen sein Weib. Auf einem Zweige 
vor:der Oeffnung des Nestes sitzend, singt er ihr seine schön- 
sten Lieder vor, er ist nie-traurig, still oder schläfrig, wie 
so viele andere Papageiarten. Das Männchen füttert die 


Jungen nicht selbst. Endlich hat es einen so intelligenten 
Ausdruck in ‘seinen Augen, dass man glaubt, es  spräche 


und hörte, zu. - Ich (hatte ‚ein Paar gehäubte Dominikaner- 
vögel, welche in einem nebenan hängenden Käfig ihren 


r- Aufenthalt hatten und von denen das Männchen wunder- 
“ schön. sang — das: Männchen der. australischen Papageien 
 alımte den Gesang täuschend ähnlich nach. 


Endlich ist, nach meinem Dafürhalten, dieser kleine Pa- 


206 


pagei einer der schönsten Vögel, welche man zur Zierde 
eines Vogelhauses ziehen kann. 

Ich könnte eine grosse Menge physiologischer Erschei- 
nungen mittheilen, welche ich im Laufe mehrerer Jahre ge- 
sammelt habe, aber ich würde fürchten, die Zeit und 
die mir geschenkte wohlenliendk Aufmerksamkeit zu miss- 
brauchen. 

Eine schon mehreren Personen bekannt gewordene That- 
sache will ich indess hier noch erzählen: 

Herr Saulnier zu Saint-Brice hatte im verflossenen 
Jahr eine Brut von vier oder fünf Undulaten‘, bei denen ein 
kleines lahmes sich befand, welches das Nest einige Tage 
nach seinen Geschwistern verlassen hatte und auf den Bo- 
den des Käfigs gefallen war, wo es verhungert sein würde, 
da es nicht an die Fressgeschirfe gelangen konnte. Da füt- 
terten es nun seine Geschwister vier oder fünf-Monate und 
vielleicht noch länger und vielleicht lebt es noch jetzt auf 
diese Weise, obwohl es wahrscheinlich ist, dass es diese 
Hülfe entbehren gelernt hat. (Bulletin de la Soc. d’Acelim. 
V.1., pag. 58.) | 


Bericht über die arkadische- Tanne (Abies Reginae 
Amaliae). | 
Von M. Th. v. Heldreich. 


Auf Grund eines Ministerial-Befehls vom 29. März begab 
ich mich nach Arkadien, um dort vom wissenschaftlichen 
Standpunkte aus eine Tannen-Art zu untersuchen, welche 
man neuerdings entdeckt hat, welche die Herren Balsamaki 
und Origoni zuerst im Jahre 1859 bemerkten, und welche 
später den Namen „Tanne der Königin ae (Abies re- 
ginae Amaliae): erhielt. 

Ich konnte mich also durch Untersuchung an Ort und 


207 


Stelle von den Eigenschaften dieser Tannen-Art und von 
ihrem wunderbar zahlreichen Auftreten überzeugen, und fand, 
dass sie aller Aufmerksamkeit werth ist und den hohen Na- 
men rechtfertigt, welchen sie trägt. 

Diese Tanne wächst im Innern Arkadiens, besonders in 
den Bezirken von Phalanthus, Nymphasia und Gortynia, 
wo ihre ausgedehnten und dichten Wälder die Berge Chio- 
notrypa (Menalus), Madara, Thaumasio, Rhoudia und viele 
andere, bedecken. Der schönste, unversehrteste und dich- 
teste dieser Wälder befindet sich in der Nähe von Pateriza 
bei Bityne und ist berühmt durch die Tropfsteinhöhle, welche 
den Namen Grotte der Nymphen führt. 

Nach den Höhen-Messungen, welche mein Reisegefährte, 
der Direktor der Sternwarte zu Athen, Herr J. Smith an- 
stellte, fand sich diese Tanne nicht tiefer als 2700 franz. 
Fuss über dem Meeresspiegel und erstreckte sich nicht über 
5000 Fuss. 

Höchst bemerkenswerth ist die Bigenthümlichkeit dieser 
Tanne, sowohl am Hauptstamm als auch an den Seitenzwei- 
gen neue Sprossen zu treiben, wenn man sie verschneidet. 
Diese neuen Triebe sind stets Bea aufwärts gerichtet und 
da man diese Eigenschaft benutzt und die meisten Bäume 
ihrer Gipfel und: Aeste beraubt, so bilden sich in Folge da- 
von mächtige und dicht belaubte Kronen. Wir sahen solche 
' Tannen, welche mehrmals zu verschiedenen Zeiten und in 
verschiedener Höhe geköpft worden waren, und nun funfzig 
bis sechszig neue Gipfel getrieben hatten. Zwei der bemer- 
kenswerthesten und riesigsten dieser vielgipflichen Bäume 
stehen auf dem Plateau von Bas-Diasselon oberhalb des Dor- 
fes Alonistene in einer Höhe von 3800 Fuss. 

Auch bilden sich diese neuen Triebe nicht allein aus 
- dem Hauptstamm und den Aesten, sondern eben so häufig 
aus der Wurzel, wie dies beim Oelbaum geschieht. 

Die Fähigkeit Sprossen zu treiben, welche so sehr selten 
ist in der Familie der Harz führenden Bäume, besitzt dieser 
Baum in jedem Lebensalter und man kann davon Tausende 


208 


von Beispielen in den ‘Wäldern antreffen, da die Bauern 
früher diese Bäume ohne alle Rücksicht köpften. ' Sie nen- 
nen ihn Tanne (&4«rog) und kennen vollkommen’seine Eigen- 
schaften. | 

Aus einer Stelle in der historia plantarum des Theo- 
phrastus (III., 7), auch wenn sie verdorben sein sollte, ist 
man berechtigt zu schliessen, dass auch den Alten’ diese 
Eigenschaft der Arkadischen Tanne wohl bekannt war. 
„Wenn der Stamm einmal. abgehauen ist, sprossen alle an- 
deren Bäume wieder aus, wenn nur die Wurzeln vorher noch 
nicht beschädigt waren, die Fichten und Tannen äber ver- 
dorren ganz und gar, wenn man ihnen auch nur den'Gipfel 
raubt. Bei der Tanne tritt aber zuweilen der eigenthüm- 
liche Fall ein, dass sie, wenn sie durch den Wind oder 
durch andere Ursachen gebrochen oder’ an ihrer Rinde be- 
schädigt ist, daneben einen neuen Trieb macht, welcher 
niedriger bleibt und @upavdıg oder Kupumpvia genannt wird. 
Die Arkadier verfertigen daraus Gefässe,* 

In botanischer Hinsicht kann indessen die bewunderns- 
werthe Eigenschaft dieser Tanne nicht als charakteristisch 
angesehen werden, da mehrere andere Pinus-Arten', beson- 
ders die gemeine europäische Tanne (Abies pectinata D.C.) 
dieselbe ebenfalls besitzen, wenn auch in geringerem Grade. 


Abies reginae' Amaliae 'hat aber besondere Kennzeichen, 


welche sie sofort mit wissenschaftlicher Schärfe für eine be- 
sondere Species erkennen lassen, wohl ünterschieden von 
allen andern derselben Familie und besonders von der ge- 
meinen griechischen Fichte, welche man Apollo-Tanne nennt 
(Abies Apollonis Link). Der Stamm ist länger und von ge- 
raderem Wuchse; die Blätter sind gerader, ohne Krümmung, 
weniger spitz, weicher anzufühlen und von einem helleren 
Grün als die gemeine Apollo-Tanne; die Zapfen aber sind 
um die Hälfte kleiner. Die Arkadische Tanne hat aber viel 
Aehnlichkeit mit der von Cephalonien, (Abies Cephalonica 
Loud.) Um diese beiden Species zu vergleichen und zu un- 
terscheiden, musste ich meine Reise bis nach Cephalonien 


” 209 


ausdehnen; dort traf ich die Wälder des Berges Aino ge- 
rade in Blüthe und überzeugte mich, dass auch diese Tanne 
sich durch viele Kennzeichen an Blättern und Blüthen von 
der Arkadischen unterscheidet. 

Theophrastus beschreibt zwei Arten von Tannen, de- 
ren eine er die männliche, die andere die weibliche nennt 
(IlI., 10, 6), und es unterliegt keinem Zweifel, dass er mit 
der männlichen die gemeine Tanne meint, welche die neue- 
ren Botaniker Apollo-Tanne nennen, denn der Vater der 
botanischen Wissenschaft beschreibt sie sehr bestimmt fol- 
gendermaassen: „Es giebt eine männliche Tanne und eine 
weibliche, welche sich durch die Blätter unterscheiden: die 
der männlichen sind mehr zugespitzt, stechender und ge- 
krümmter, auch hat dieser Baum ein dunkleres Aussehen.“ 

Ob aber die Tanne, welche Theophrast mit dem Na- 
men der weiblichen bezeichnet, die Arkadische Tanne ist, 
kann nicht bewiesen werden, denn er setzt hinzu, dass sie 
auch in Macedonien vorkommt, unglücklicher Weise sind 
aber die macedonischen Pinus-Arten noch nicht von neue- 
ren Botanikern untersucht worden. 

Ich bin überzeugt, dass die Cultur und Verbreitung die- 
ser arkadischen Tanne in den übrigen Theilen Griechen- 
lands überall da gelingen wird, wo der Boden bergig und 
bei der gewöhnlichen Temperatur Griechenlands mindestens 
2000 Fuss über dem Meeresspiegel gelegen ist, in Gegenden 
aber wo die Temperatur niedriger ist, wird dieser Baum 
auch in der Ebene gedeihen; er ist ausserdem allen andern 
Pinus-Arten vorzuziehen wegen seiner Grösse, seines gera- 
den Wuchses und der Fähigkeit reichlich Sprossen zu trei- 
ben. (Bulletin de la Soc. d’Acc. Dec. 1861.) 


1861. Bd. IV, 14 


210 ° 


Der Weinbau in der Krimm. 
Von Fr. Neidigk. 


Mit dem Weinbau wurde in der Krimm etwa um das 
Jahr 1805 angefangen und erhielt er 1811. durch die An- 
lage des Kronsgartens Nikite eine wesentliche Unterstützung, 
da diesem die Verbreitung guter Wein- und Fruchtsorten 
zur Aufgabe gestellt wurde. Mittelst, dieses: Gartens sind 
indessen auch viele Ziergewächse acclimatisirt und verbrei- 
tet worden. In den 'Thälern halten Camelien, Azalea ind., 
Nerium, Metrosideros ete, unter leichter Bedeckung aus, ver- 
schiedene Arten Yucca gedeihen ohne allen Schutz ausge- 
zeichnet, Fuchsien lassen sich als Staude behandeln; vor 
Winter abgeschnitten und bedeckt, erscheinen sie im näch- 
sten Frühjahr um so üppiger. Hunderttausende von Bäu- 
men sind aus dem Garten Nikite verbreitet worden, es ge- 
deihen die feinsten französischen Aepfel- und Birnensorten, 
als auch Feigen, Kastanien, Granaten, Mispeln, Oelbäume 
ete.; besonders zur Verbreitung der letzteren lässt es die ° 
Regierung an Aufmunterung nicht fehlen, In Gursuff auf 
dem Landsitze des Herrn Senator v. Fundukle befinden sich 
noch einige. alte Oelbäume, welche vor der Tartarenherr- 
schaft von Genuesen und Griechen angepflanzt worden sind. ° 
Die günstigste Lage zum Weinbau erstreckt sich am schwar- | 
zen Meere entlang von ‚Alupke bis Sudak. Diese roman- 
tische, vergleichsweise zur ‚sächsischen, russische Schweiz, 
eignet sich indessen nicht so allgemein zum Weinbau, wie | 
einige Berichterstatter, angenommen haben, dass besagte i 
Fläche gehörig in Cultur gesetzt, hinreiche, ganz Europa 
mit Wein zu versorgen; nach meiner Ueberzeugung muss 
ich dem widersprechen; ich behaupte, dass nicht einmal 
der Bedarf des russischen Reiches erzielt werden kann. Der ° 
Gebirgskamm am Meere entlang erreicht beiläufig 4000 Fuss 
Höhe von der Meeresfläche. Der obere Theil des Gebirges 
ist beinah durchschnittlich mit Pinus taurica bewachsen, der 


211 


Schnee bleibt dort ziemlich lange liegen, während um Weih- 
nachten die semper-florens-Rosen in den Thälern blühen. 
Es ergiebt sich vielleicht eine 2000 Fuss hohe Gebirgslage, 
bis wohin Weinbau möglich ist, und auch in dieser Region 
giebt es Strecken von Steingerölle und grobem, rothem Kies, 
worin Wein nicht gedeihen will, am besten gedeiht der 
Wein in Schiefergerölle, welches mittelst einer starken Hacke 
rajolt wird, und nachdem es 10 bis 20 Jahre lang nament- 
lich von der feuchten Winterluft zersetzt worden, lässt sich 
‘endlich der Spaten anwenden. In Nikite befindet sich wahr- 
scheinlich die grösste Rebensammlung der Welt; ausser den 
bekannten europäischen Sorten sind dort noch viele aus den 
angrenzenden Ländern Asiens eingeführt, welche sich be- 
sonders durch grosse Trauben und Beeren auszeichnen. 

Im‘ Jahre 1846 betrug laut Bericht der russischen land- 
wirthschaftlichen Zeitung in verschiedenen Kreisen der Krimm 
die Lese 634,000 Wedro, ein Wedro (russischer Eimer) gleich 
12 Quart. Gewöhnlicher einjähriger Wein wurde der Wedro 
von 50 bis 75 Kop., besserer von 80 Kop. bis 1/, Rub. ver- 
kauft, mehrjähriger verwerthet sich zu 3 bis 4 Rub. Es 
lässt sich annehmen, dass der Weinbau sich alljährlich um 
5 pCt. vergrössert, so dass jetzt wohl 1,000,000 Wedro ge- 
keltert werden. Die reichen Weingartenbesitzer an der süd- 
lichen Küste haben die schönsten Rebensorten aus Frank- 
reich, Deutschland, Spanien und Italien hierher verpflanzt, 
in der Hoffnung, gleichartige Weine zu erzielen, allein der 
lehmige, feste Grund, die Anlage der Weinberge auf steilen 
direkt nach Süden gewandten Abhängen verändern die Eigen- 
schaften der Traube in kurzer Zeit in einem solchen Grade, 
dass der Wein viel stärker, als der rheinische und franzö- 
sische ausfällt, und mit diesen durchaus nicht verglichen 
..werden kann. Auch bei Odessa wird viel Weinbau getrie- 
ben, nur ist hier Lage und Klima bei weitem nicht so gün- 
stig als die Südküste, während hier die Bedeckung unnütz 
erscheint, muss um Odessa schon frühzeitig zum Vergraben 
geschritten werden, 


14* 


212 


Der Zoologische Garten in Paris (Jardin d’Aceli- 
matation). 


Dieses neue, in dem schönsten Theile des Bois de Bou- 
logne gelegene Institut verdankt bekanntlich seinen Ursprung 
der Acclimatisations-Gesellschaft, welche sich vor etwa fünf 
Jahren auf die Anregung des Herrn Geoffroy St.-Hilaire, 

"Director des Jardin des Plantes, gebildet hat. Diese Ge- 
sellschaft hat sich zur Aufgabe gestellt, neue Thier- und 
Pflanzenarten in Europa einzuführen. Unterstützt von den 
ersten Auctoritäten der Wissenschaft und patronisirt vom 
Kaiser und der Regierung, hat die Gesellschaft ausserordent- 
lich ‚rasche Fortschritte gemacht, und das Bedürfniss machte 
sich bald fühlbar', auch ein Terrain zu besitzen, wo dem 
Publikum und den Mitgliedern die Versuche und Erfolge 
selbst vorgeführt werden könnten. 

Auf die Veranlassung dieser Gesellschaft und mit ihrer 
kräftigen Unterstützung bildete sich vor einem Jahr eine 
zweite Gesellschaft, Societe du Jardin d’acclimatation. Die 
Stadt Paris gab bereitwilligst und gratis 90 Morgen Terrain 
im Bois de Boulogne dazu her, und in der zweiten Hälfte 
des vorigen Jahres konnte der Garten eröffnet werden. Der 
Garten ist ganz in der Art der modernen zoologischen Gär- 
ten angelegt. Parkartig grosse Wiesen wechseln mit Baum- 
gruppen und kleinen Hainen. Elegant gezeichnete Wege 
und Fusspfade durchziehen das bewegte Terrain, und Bäche, 
Wasserfälle und Teiche beleben die Landschaft. Die Grösse | 
des Terrains erlaubt es, dass neben zahllosen Fussgängern 
auch die Equipagen und Reiter sich nach Corso-Art darin 
bewegen. Wer die Sorgfalt kennt, mit welcher die grosse 
Ausdehnung der Champs Elysees, das Bois’ de Boulogne und 
das Pr& Catalan gehalten ist, sowohl was den Geschmack 
der Anlagen, als die Pünktlichkeit und Sauberkeit anbelangt, 
der nur kann sich einen Begriff machen von der Ausstat- 
tung des Jardin d’acclimatation, und es gewährt dieser in 


213 


der That ein Vorbild, dem überall nachgestrebt werden sollte, 
da jene Ausstattung den Genuss des Erholung oder Beleh- 
rung Suchenden bedeutend vermehrt. 

Die Gebäude, welche theils in ländlichem, theils im mo- 
numentalem Styl erbaut sind, wie es eben die Zwecke, de- 
nen sie'entsprechen, erforderten, geben der Anlage schöne 
Anhaltspunkte für's Auge, und müssen wir das Aquarien- 
haus, die Anstalt für Seidenzucht und die Treib- und Con- 
servirhäuser, die Volieren- und Hühnerställe besonders her- 
vorheben. 

Die Sammlung des Gartens enthält: 

1) Arten ‘und Racen von Thieren und Pflanzen, welche 
in Frankreich acclimatisirt werden sollen und 

2) Gattungen, welche auch in andern Ländern acclima- 
tisirt werden können, oder welche dort gewöhnlich zum 
Nutzen oder Vergnügen gezogen werden. 

Zu den schönsten und seltensten Exemplaren von Thie- 
ren gehören die caledonischen Stiere, das wilde Lama, eine 
Heerde zahmer Lamas’, Antilopen (Leucoryx), Zebus und 
Yaks. 

Von Vögeln sieht man eine sehr reiche Sammlung von 
 Fasanen und Hühnern; zahlreiche Stelz- und Schwimmvögel, 
darunter den weissen Schwan mit schwarzem Hals, Cereopsis 
und Casarka. Unlängst hat die Gesellschaft von den Ufern 
des Missisippi zwölf Tetrao Cupido erhalten, welche zu dem 
 gesuchtesten und schmackhaftesten Wildpret Amerikas ge- 
- hören, und welche man zu acclimatisiren gedenkt. 

Auch einen Lophophorus, einen prächtigen ostindischen 
Fasan, der erst in wenigen Exemplaren nach Europa gekom- 
men, findet man dort. | 

Die Musteranstalt von Seidenraupen, welche auf Eich- 
.bäumen und Rieinus leben, wird nächstens eröffnet; sowie 
auch das grosse Aquarienhaus, worin man das seltsame Le- 
ben der Fische, Krebse und Muschelthiere, sowie die Pflan- 
zen des Meeres und der süssen Gewässer bewundern wird. 
In. den Wintergärten prangen die seltensten tropischen 


214 


Gewächse und man findet dort alle Hauptformen des Pflan- 
zenreichs vereint. 

Der Besuch dieser Anstalt ist ausserordentlich stark, und 
sie reiht sich würdig den Hauptsehenswürdigkeiten von Pa- 
ris an, sie bildet jetzt schon für Paris einen neuen Anzie- 
hungspunkt und wird bei der Unterstützung, welche ihr von 
der Regierung, der Wissenschaft und dem Publikum gewid- 
met wird, in kurzer Zeit zu den ausgezeichnetsten ihrer 
Art gehören. 

Diese moderne Art, die Naturwissenschaft durch zoolo- 
gische Gärten zu fördern, findet allenthalben die lebhafteste 
Unterstützung von Seiten der Regierungen und der Muni- 
cipalitäten. 

-Der zoologische Garten im Hyde Park bei London hat 
das Terrain umsonst, der Jardin d’acelimatation in Paris 
zahlt eine Scheinrente von 1000 Fres. an die Municipalität. 
Der König von Preussen und der König von Sachsen gaben 
herrliche Parks den zoologischen Etablissements gratis. In 
Brüssel votirte die Municipalität eine Zinsengarantie von 
5 pCt. für 700,000 Fres. Anleihe, welche die zoologische Ge- 
sellschaft machte, und Hamburg steht im Begriff, dem zoolo- 
gischen Garten ein prächtiges Terrain mit Wasserleitung 
gratis zu übergeben, denn allenthalben werden diese anzie- 
henden Etablissements mehr und mehr als ein Bedürfniss 
für grössere Städte erkannt, wo der Einheimische wie der 
durchreisende Fremde seine Sommer-Nachmittage angenehm 
und nützlich zubringt. (Der zool. Garten, v. Dr, Wein- 
land, IL, 7.) 


Ueber Racen und Racenbildung. 


Von Geysmer auf Wogenab. 


Die Frage nach dem ersten Ursprung der Thiere und | 
wie die verschiedenen Gattungen, Species und Racen ent- 


215 


standen sind, welche zu jeder Zeit die Naturforscher so ge- 
waltig beschäftigte, bleibt vorläufig für uns in ein undurch- 
dringliches Dunkel gehüllt. Unleugbar ist, dass es wirklich 
verschiedene Species und Racen giebt, die in ihren Eigen- 
thümlichkeiten erkannt werden müssen, um ihr Verhalten 
zueinander beurtheilen und daraus die Schlüsse ziehen zu 
können, die für uns nothwendig sind, um die Gesetze der 
Vererbung kennen zu lernen. Auffallend tritt uns sofort vor 
Augen die Uebereinstimmung desselben Gesetzes der Züch- 
tungs- und der Vererbungs-Grundsätze im ganzen Bereiche 
der lebenden Natur, wir finden dasselbe Gesetz der Fort- 
pflanzung bei Pflanzen, Fischen, Vögeln und Säugethieren, 
stets ist es die Begattung, die Vermischung des Samens 
beiderlei Geschlechts, die die Frucht bedingt und stets fin- 
den wir in dem Product die Vererbung der Eigenschaften 
der Eltern unter Modificationen, die später näher bezeich- 
net werden sollen. ‘Die Fortpflanzung der Art, in welchem 
Bereich es auch sei, wird bedingt durch die Homogenität 
der Eltern, d. h. sie ist nur dann möglich, wenn die Ge- 
schöpfe zu einer Gattung gehören; gehören die Geschöpfe, 
die zu einander gebracht werden, verschiedenen Gattungen 
an, so ist ihre Fortpflanzung durch Nachzucht fast unmög- 
lich. Diese Erscheinung muss uns vorläufig als Kriterium 
des Unterschiedes zwischen Race und Gattung dienen. Wie 
dieses auffallende Merkmal des nicht Zusammengehörens der 
Thiere zu einander mit der Zeit entstanden ist, dürfte uns 
zu weit führen, doch so viel steht fest und wird sich zum 
Theil aus dem Nachfolgenden ergeben, dass die Erblichkeit 
der Eigenschaften und der Einfluss, sowohl äusserer wie in- 
nerer Veränderungen, eine solche Verschiedenheit mit der 
Zeit zu Wege bringen kann; dass die seit unendlicher Zeit 
. wirkenden Kräfte Geschöpfe aus demselben Ursprunge so 
verschiedenartig gestaltete, dass in der Folge unter ihnen 
keine Aehnlichkeit mehr zu finden ist. 

Die Erfahrung lehrt uns, dass in der Vererbung zwei 
Kräfte unaufhörlich sich zur Geltung zu bringen trachten; 


216 


. die erste Kraft ist die der Vererbung der Eigenschaften der 
Eltern, die Heredität, die zweite die des steten Einwirkens 
auf’s Abweichen von dieser unbedingten Vererbung. 

Ueber die Ursache dieser stets vorkommenden Abwei- 
chungen von der Heredität, haben sich die Gelehrten von 
Aristoteles und Hipokrates ab, bis auf die neuesten 
Forscher, stets den Kopf zerbrochen; im Alterthume herrsch- 
ten hierüber die abentheuerlichsten Ansichten, man schrieb 
‚den Einfluss den Sternen, der Zauberei, dem Teufel zu und 
heute noch divergiren hierüber die Ansichten sehr, man 
schreibt die Ursache einer angebornen eigenen Selbststän- 
digkeit des entstehenden Wesens zu, man schiebt es auf 
ein inneres Leben und dergleichen mehr, und doch ist die 
Lösung dieser Aufgabe die Hauptsache, um die es sich han- 
delt, um einen klaren Blick in das Erkennen der Züchtungs- 
grundsätze zu thun. | 

Ich erlaube mir näher hierauf einzugehen. Wenn ein 
Thier sich allein selbst vererben könnte, so ist wohl anzu- 
nehmen, dass, da es nichts anderes vererben kann, als sich 
selbst, das Product ihm allein gleichen würde; zur Zeugung 
gehören jedoch stets Zwei, der Vater und die Mutter, die 
beide dasselbe Recht der Vererbung beanspruchen, das Kind 
muss daher das Resultat dessen sein, was beide 'vererben, 
und das Erbtheil beider Eltern zieht sich daher wie ein Fa- 
den von der ältesten Generation bis zur ‘neuesten. Die 
eigenthümlichen Eigenschaften der Eltern finden sich in der 
progenies wieder, je nachdem sie sich ‚bei der: Verschmel- 
zung zu einem harmonischen Ganzen gegenseitig bedingten, 
sich abschwächten oder kräftigten — plus dessen, was die 
Einwirkungen, die aus inneren oder äusseren Einflüssen her- 
rührend, zur Folge gehabt haben; die eigenthümlichen Eigen- 
schaften der Eltern können daher geschwächt oder gestärkt 
in den nachfolgenden Generationen erscheinen, ja nachdem 
sie fast untergegangen zu sein scheinen, plötzlich, wenn för- 
dernde, weckende Momente eintreten, zur Geltung gelangen. 

Diese Einwirkungen sind für die Entwickelung des neu 


217 


zu gestaltenden Wesens höchst wesentlich, denn sie begin- 
nen nicht erst mit dem Fötus, sondern bereits mit dem Sa- 
men der Eltern, der durch irgend eine Veranlassung abnorm 
geworden sein kann, und unter diesem Einfluss forterbt, sie 
werden durch die Mutter, die die Frucht austrägt, die das 
Junge späterhin nährt, fortgesetzt, sie werden durch äussere 
Einwirkungen, wie z. B. das Klima, die Nahrung, Krank- 
heiten und Leiden, die individuell auf die Eltern gewirkt 
und Abweichungen zu Wege gebracht haben, bedingt. Diese 
so wesentliche Einwirkung ist die zweite Kraft, die mit 
demselben Recht sich Geltung schafft und ihren Einfluss 
ausübt, wie die erste Kraft der Erblichkeit, die ihrerseits 
dennoch so unvertilgbar ist, dass die gewaltigsten und dau- 
erndsten Störungen sie nicht zu vernichten vermögen; bei- 
spielsweise sehen wir bei andalusischen Schafen, die seit 
Jahrhunderten gemengt werden, dass von ganz weissen El- 
tern Lämmer mit schwarzen Flecken geboren werden; bei 
Seidenwürmern, dass gelbe Cocons vorkommen, trotzdem, 
dass man sie auf’s Sorgfältigste ausrottet. 

Dieses häufige Rückschlagen nach den Voreltern kann 
daher von nichts Anderem herrühren, als von der Hart- 
näckigkeit der Vererbungskraft und lässt sich dadurch er- 
klären, dass der Samenstoff der Eltern, der seinen Ursprung 
den Voreltern verdankt und deren Resultat ist, letztere ver-- 
erbt, plus der Eindrücke und Einflüsse, die er als integri- 
render Theil der Eltern durch dieselben erlitten, daher die 
Erscheinung, dass die Enkel in vielen Eigenschaften mehr 
den Grosseltern als den Eltern ähneln. Diese besonderen 
charakteristischen Eigenthümlichkeiten,, wozu z. B. Farbe, 
Gestalt,- Temperament, auch besonderes Vererbungsvermögen 
gehören, erhalten sich durch Generationen und werden in 
denselben gefördert, wenn sie in den Eltern noch besonders 
hervorragen, ‘durch äussere Verhältnisse oder innere Ein- 
flüsse Unterstützung finden. Hieraus folgernd, müsste man 
voraussetzen, dass unter Geschwistern eine unbedingte Aehn- 
lichkeit die natürliche Folge sein müsste, was doch häufig 


218 


nicht der Fall ist; die Erklärung mag darin zu finden sein, 
dass jedes einzelne zu befruchtende Ei der Mutter in vielen 
Nüanecirungen von dem andern verschieden sein kann, hierzu 
tritt die Befruchtung durch den Vater, die ja auch unter 
verschiedenen Einflüssen stattfindet, Das’ Product dieser 
Mischung ist erst die progenies, welche von der Conception 
ab bereits ihr besonderes Leben mit allen Folgen der äusse- 
ren und inneren Eindrücke, die auch verschieden sein kön- 
nen, durchführen muss, es scheint daher natürlich, dass 
eine unbedingte Aehnlichkeit, eine identische Gleichheit 
nicht möglich sind, dass daher Geschwister mehr oder we- 
niger stets verschieden fallen müssen. Die Eindrücke, die 
der zarte Keim empfängt, sind die bleibendsten und ver- 
grössern sich mit dem Wachsthum, namentlich wenn sie 
ganze Organismen beeinflussen. Diese Einflüsse können von 
der verschiedensten Art sein, sie können von der Nahrung, 
von den klimatischen Verhältnissen herrühren, direct oder 
mittelbar das zu gebährende Wesen berühren; uns bleiben 
sie grösstentheils unerforschbar, wenn es dem Menschen auch 
gestattet ist, hin und wieder darauf hinzuwirken; mit Safran 
gefütterte Hennen legen röthliche Eier, die einen besonde- 
ren Geruch haben; Forellensaat in ungeeignetes Wasser ge- 
legt, verändert sich, die Fische verlieren ihre Streifen und 
dergleichen mehr. Thiere, die in einem wilden Zustande 
leben, sind gewöhnlich nur den Einflüssen ausgesetzt, die 
das Klima, die Lebensweise bedingen und die sich durch 
Generationen gleich bleiben. Daher finden wir bei wilden 
Thieren viel weniger Varietäten derselben Species, als bei 
Hausthieren, die durch künstliches Einwirken der Menschen 
so vielfältige Abweichungen zeigen. Wie wichtig das Klima 
einwirkt, sehen wir sogar bei den wilden Thieren, so z. B. 
verliert unser einheimisches nordisches Vieh das Haar in 
Süd-Amerika, das Huhn im Süden kommt nackt aus dem 
Ei und bleibt so, bis ihm die Spulen wachsen, wohingegen 
es bei uns mit Pflaum bewächst, um es vor Kälte zu schützen: 
So erklärlich der Zweck dieser Einwirkung der Naturkräfte 


219 


_ auch ist, so bleibt uns doch Vieles noch dunkel, es treten 
häufig Erscheinungen ein, die so abweichend von dem Re- 
sultat, welches wir zu erwarten uns berechtigt glauben, sind, 
dass wir von diesen Erscheinungen, von diesem Spiel der 
Natur gar keine Erkenntniss besitzen und nur hoffen kön- 
nen, mit der Zeit, mit dem Fortschritt der Wissenschaft 
eine klarere Einsicht gewinnen zu können, da Alles in der 
Natur folgerecht ist und auf unumstösslichen Gesetzen be- 
ruht; zu diesen so unerklärlichen Erscheinungen gehört z. B., 
dass von Schafen ohne Hörner mit einem Male Lämmer mit 
Hörnern geboren werden; dass aus den wohlproportionirten 
Hunden im wilden Zustande der Teckel mit kurzen Beinen, 
der Windhund, die Dogge entstanden sind.. Solche abnorme 
Erscheinungen ereignen sich noch heut zu Tage und geben 
dem Menschen Veranlassung, durch sorgfältige Pflege neue 
Racen zu seinem Nutzen zu bilden; so entstand im Jahre 
1791 in Massachusets von einem mit kurzen Beinen gebor- 
nen Schaf die Anconrace, weil sie dem Züchter den Vor- 
theil bot, dass die Schafe über Zäune nicht springen konn- 
ten; so in neuester Zeit die Mauchamprace von einem 1828 
in Mauchamp geborenen Lamm mit seidenartiger weicher 
Wolle, welches bereits in Hunderten von Exemplaren con- 
stant gezüchtet wird und ein zur Fabrication beliebter Stoffe 
besonders geeignetes Material liefert. 

Das Festhalten dieser eigenthümlichen Erscheinungen, 
die das Ergebniss von Bedingungen sind, die sie zur Folge 
haben mussten, gewährt dem Züchter die Möglichkeit, die 
Kräfte der Natur zu seinem Vortheil auszunutzen. Wie die 
Erscheinungen zu Wege gebracht worden sind, bleibt uns 
noch heute verborgen und das unleugbare Gesetz der Ver- 
erbung des einmal Entstandenen muss uns dazu dienen, un- 
sere Zwecke zu verfolgen, um durch geeignete Paarung und 
Beseitigung aller störenden Momente Constanz zu erlangen. 

Der Kampf der Vererbung gegen dieselbe störenden Ein- 
wirkungen ist so gross, dass Darwin, der ihn Struggle for 
existence, Kampf um’s Leben nennt, nachgewiesen hat, dass 


220 


wenn die letztere Kraft weggedacht werden könnte, so würde 
ein Thier oder eine Pflanze, die sich ohne Hindernisse ent- 
wickelte,, bald die ganze Erde bedecken. Denn: wahrlich, 
die ganze äussere Welt steht in einem ewigen Kampfe ge- 
gen die Erblichkeit und. sorgt für Vernichtung derselben; 
ihr Einfluss ist so gross, dass, wo das Thier sich nicht ac- 
comodiren kann, es untergehen muss; tausende fallen täg- 
lich in diesem unsichtbaren Kampfe und nur die Exemplare 
sind im Stande sich zu erhalten, deren Eigenschaften, deren 
Organismus kräftig genug sind, den schädlichen Einflüssen 
zu widerstehen. In diesem Kampfe gehen Eigenschaften 
unter, andere, die ihn überstanden, erstarken darin, und 
vererben diese gekräftigten Organismen auf ihre Nachkom- 
men, die nach dieser Richtung hin stärker entwickelt sind, 
bis sie erstarkt, diese besonders ausgeprägten Eigenschaften. 
weiter vererben und so wieder Veranlassung zu neuen Ra- 
cen werden. Diese störenden Einflüsse sind, wie’ oben be- 
reits gesagt wurde, verschiedenartig, Klima, Nahrung, Lei- 
den, locale Verhältnisse beeinflussen die Entwickelung nach 
verschiedenen Seiten und kann man annehmen, dass ur- 
sprünglich dieselben Thiere sich derartig verschieden ent- 
wickeln können, dass sie mit der Zeit nach unserer Auffas- 
sung verschiedenartige Species bilden. So mag der ägyp- 
tische, so der sibirische Fuchs, so die verschiedenen Ab- 
weichungen unter wilden Thieren entstanden sein. Im wilden 
Zustande erhalten sich Racen durch Selection, Auswahl der 
Thiere, die den verschiedenen Einflüssen Widerstand ge- 
leistet haben und sterben aus, wenn die Bedingungen der 
Erhaltung nicht mehr zutreffen. Das Eingreifen des Men- 
schen kann sich die Selection zu Nutzen machen, indem!’ es 
die zerstörenden Momente. theilweise abhält und. im Ein- 
klange mit den gegebenen Naturgesetzen fördernd auf Ent- 
wickelung der Eigenschaften bei Thieren einwirkt, die Vor- 
theil bringen. So kann der Mensch sich die Natur zu seinen 
Zwecken dienstbar machen; so ist es ihm gelungen, beson- 
ders mastfähiges oder milchergiebiges Vieh, so den arbeits- 


221 


fähigen Ochsen vorzugsweise zu erziehen; so den Windhund, 
die Dogge, den Teckel ete.; so das Karrenpferd, den Ren- 
ner und treten durch Zufall Erscheinungen oder Modifica- 
tionen in der natürlichen Vererbung ein, so kann er ver- 
möge seiner Intelligenz lebende Materie gleich der todten 
formen, er bricht vermöge derselben das natürliche Gleich- 
gewicht der Organismen, bildet vorzugsweise Fett, wie bei 
den Leicester-Schweinen, Sehnen und Knochen, wie beim 
Rennpferde, indem er von den anderen Organen nur so viel 
lässt, als zum Leben durchaus nothwendig. Und doch thut 
der Mensch, indem er diese einseitigen Zwecke verfolgt, 
nichts mehr, als dass er das Naturgesetz, die Kraft der 
Vererbung benutzt, die Erblichkeit fördert und die schädli- 
chen Einflüsse der äusseren Welt mit ihren Eindrücken ab- 
schwächt, die Entwickelung, wenn ich mich so ausdrücken 
darf, leitet; oft leitet ihn bei der Förderung seiner Zwecke 
der Verstand, oft unbewusst der Zufall, denn unerklärlich 
bleiben ihm die Resultate, ob sie zu seinen Gunsten oder 
zu seinem Nachtheile ausfallen. Beim Zähmen wilder Ra- 
cen sehen wir die Einwirkung des Menschen in den Folgen 
oft am deutlichsten; das wilde Thier ändert sich, indem es 
nicht mehr dem Einfluss der natürlichen Entwickelung aus- 
gesetzt ist, es lernt sich fügen, verliert frühere, gewinnt 
neue Eigenschaften; die Kuh giebt wenig Milch im wilden 
Zustande, durch die Einwirkung des Menschen ist die Ver- 
längerung der Zeit der Milchsecretion gewonnen, er hat ihr 
den Kampf um’s Leben erleichtert, indem er ihr bei der 
Zähmung die Existenzmittel darbot, die sie sich früher mühe- 
voll selbst suchen musste. In diesem Ersatz, den der Mensch 
den Thieren bietet, bei dem Struggle for existence liegt der 
grosse Unterschied ‘der Entwickelung der wilden und der 
Hausthiere. So lebt das wilde Schaf auf den Orkney-Inseln 
von trocknen Fischen. Unser Haushund, der hier die Nah- 
rung des Menschen theilt, lebt’ von Früchten in Polinesien, 
in Lappland von Fischen. Verschiedene Nahrung, verschie- 
denes Klima, die Abwartung, der Schutz gegen Unwetter, 


222 


Stallfütterung bilden mit der Zeit Racen, und wir dürfen 
uns gar nicht wundern, wenn oft in der nächsten Nähe aus 
demselben Stamme durch Consequenz die verschiedensten 
Racen entstehen, denn bei verschiedener Haltung erfolgt 
verschiedene Wirkung, oft zunächst ohne Ziel, dann aber 
durch den Menschen erkannt, des Ziels bewusst, entwickelt 
sie das, was der Mensch verlangt, indem ihm das zähe Ge- 
setz der Vererbung zu Hilfe kommt. So sah man vor circa 
einem halben Jahrhundert, wie Bakewell und Collins 
fast Unglaubliches ermöglicht hatten; ersterer paarte Schafe 
mit 3 Zoll langer Wolle, und zwar die sich besonders hin- 
sichtlich der Länge der Wolle auszeichnenden Exemplare 
mit einander, und es gelang ihm nach 10 Jahren Schafe zu 
produeiren, die 22 Zoll lange Wolle hatten, so entstand die 
Dishleyrace. So gelang es Collins, das Durham Shorthorn- 
Vieh, das vorzüglichste, was an Milchergiebigkeit und Mast- 
fähigkeit die Welt jetzt aufführen kann, zu produeiren. Die 
Paarung durch Auswahl führt jedoch nicht immer: gleich 
rasch und gleich sicher zu denselben Resultaten, denn nicht 
jede Race eignet sich gleich gut zu demselben Zweck; so 
blieben Bakewell’s Versuche mit dem Leicester-Vieh nach 
demselben Ziele hin fruchtlos, wogegen es Collins gelang, 
mit dem Vieh der Tees rasch ans Ziel zu gelangen. Merk- 
würdig bleibt es, dass einige Eigenschaften bei einigen Thie- 
ren leichter sich umwandeln lassen als andere. So behaup- 
tet ein John Sebright in England, dass er den Tauben 
in 3 Jahren jede beliebige Farbe geben kann, dass jedoch 
mindestens 6 Jahre dazu gehörten, um die Form des Kopfes 
und des Schnabels zu ändern, ein neuer Beweis von der 
Beharrlichkeit der Vererbung mancher Eigenschaften der 
Thiere, und dass es dem Menschen überlassen und möglich 
ist, durch richtige Wahl der Individuen die durch Zufall 
sich herausstellenden Eigenthümlichkeiten einzelner Exem- 
plare constant zu machen, die, wenn einmal durch Genera- 
tionen erhalten, stets sich Geltung zu verschaffen sucht und 
siegreich hervortritt bei Paarungen mit Thieren, die sich 


223 


der Constanz, d. h. eines dauernden Einwirkens auf die Ent- 
wickelung einer besonderen Eigenschaft nicht erfreuen, wenn 
störende äussere Momente den angestrebten Eigenschaften 
nicht entgegen treten. Diese einseitige Entwickelung der 
Eigenschaften bei Thieren, die durch richtige Wahl der EI- 
tern aus derselben Race, mit Förderung alles Zweckdienli- 
chen, entstanden sind, hat zur natürlichen Folge, dass Thiere 
aus demselben Stamme, die nicht nach derselben Richtung 
gezüchtet sind, mit der Zeit einander unähnlich werden; so 
mag es vielleicht im Laufe der unermesslichen Zeit mög- 
lich geworden sein, dass Thiere, die sich heute ganz unähn- 
lich sind, dennoch im Ursprunge zu einander gehören. Ich 
will mich auf die Erörterung dieser Frage nicht weiter ein- 
lassen, allein das steht fest, dass Thiere der verschieden- 
sten Art bereits auf Erden vorhanden sind, und hinsichtlich 
der Zusammengehörigkeit unter einander der Unterschied 
gemacht werden kann, dass es Thiere giebt, die zu hetero- 
gen zu einander stehen, als dass eine Paarung unter ihnen 
möglich wäre; zweitens, dass es Thiere giebt, unter denen 
eine Paarung zwar möglich, doch die Nachzucht der Kreu- 
zung in sich nicht mehr zeugungsfähig ist, wie z. B. zwi- 
schen Pferd und Esel, Schaf und Ziege, Löwe und Tiger 
(da der Fall feststeht, dass in der Gefangenschaft eine Lö- 
win vom Tiger ein Junges geworfen hat), zahmes Vieh mit 
wildem, verschiedene Gattungen Affen untereinander und 
drittens Thiere, die zu einander gehören und zeugungsfähige 
Junge gebären. Der Uebergang zwischen diesen drei Klas- 
sen ist nicht nachweislich; denn wenn auch unter den ad 2 
genannten halbverwandten Thieren eine Vererbungsfähigkeit 
nicht immer ganz ausgeschlossen ist, so ist sie stets bedingt 
und überdauert nur wenige Generationen, es sei denn, dass 
sie ganz einseitig nach einem oder dem anderen der Eltern 
regenerirt wird. Bei Pflanzen, wo fast eine ähnliche Ab- 
stufung nachzuweisen wäre, hat man durch mikroskopische 
Untersuchungen ermittelt, dass bei Bastardirung, wenn ich 
die Vermengung der verschiedenen Species so nennen darf, 


“ 


bei der Mischung des Samens abnorme Zustände eintreten 
und statt des männlichen. Blüthenstaubes eine granulirte 
Masse sich vorfindet, die mit seltenen Ausnahmen eine wei- 
terere Entwickelung nicht zulässt; so mag es sich auch ana- 
log bei der Vermengung verschiedenartiger Thiere gestalten. 


Uns Landwirthen, die die Züchtung interessirt, jemehr sie 


die praktische Betreibung der Entwickelung un Eigenschaf- 
ten der Hausthiere angeht, kann die Erörterung der festzu- 
stellenden Grenze zwischen der Verwandtschaft der Thiere 
gleichgültig bleiben; unser Zweck ist es, in den vorhande- 
nen Thieren, die zur Wirthschaft gehören, Eigenschaften 
festzuhalten und zu entwickeln, die unseren Zwecken dien- 
lich sind, und ich glaube den Schluss aus dem oben Ge- 


sagten ziehen zu können, dass wir jedes Thier als zur sel- 


ben Species gehörig betrachten können, welches mit einem 
anderen zeugungsfähige Nachkommenschaft erzeugt, dass wir 
bei der Wahl der Thiere hauptsächlich darauf bedacht sein 
müssen, dass sie in den Eigenschaften, die wir fördern wol- 
len, sich vor allem Andern auszeichnen, dass wir, um der 
Vererbung auch sicher zu sein, stets den Thieren den Vor- 
zug geben, von denen wir wissen, dass sie an ihren Vor- 
eltern sich durch Generationen auszeichneten, indem die 
Constanz der Eigenschaften bei der Zähigkeit der Verer- 
bungskraft uns eine Garantie bietet, dass wir in der Nach- 
zucht dieselben Eigenschaften womöglich gesteigert wieder 
vorfinden; dass, da der grösste Feind der Heredität das 
stete Einwirken äusserer Einflüsse ist, wir diese Einflüsse 
bekämpfen müssen, indem wir den Thieren durch Pflege 
und Nahrung den Kampf ums Leben erleichtern und schliess- 
lich, dass wir stets ein offenes Auge auf die täglich vorkom- 
menden Erscheinungen haben müssen, und wo wir in den 


einzelnen Individuen besondere Vorzüge, wozu auch die in- 


dividuelle Potenz in der Vererbung gehört, erkennen, wir sie 
besonders pflegen müssen, um, bewusst des Zieles, wonach 
wir streben, das zu öätkein; was wir wünschen. (Mitth. 
des landw. Contralr: zu Marienwerder.) 


Z 


225 


“ Beschreibung 

eines Ofens nach, der Angabe des Unterzeichneten, 

welcher 'sich seit einer Reihe von Jahren in meh- 

reren Exemplaren "im Gebrauch befindet, den fol- 

genden Anforderungen grösstentheils entspricht, und 

sich demüach auch besonders für Zimmer und Säle, 
zum Seidenbau bestimmt, eignet. ee 


Die Anforderungen, Yale mai m einen nwöckmässigen 


\; Zimmerofen stellt, sind besondörs folgende’ "1. Er muss ein- 


fach, leicht hierkastsllen‘ möglichst billig, ‚und ‚dauerhaft sein 
und möglichst wenig Raum einnelimen; 2. den: Zimmerraum 
schnell und andauernd erwärmen; $;; die Anwendung jedes 
' Brennmaterials gestatten” und dävoıt gin möglichst, ringe 
erfordern. 

Figur ABCD stellt den Grundriss der Umfassungswand 
dieses Ofens nebst seinen inneren Wänden .aüs Gusseisen 
und aus gewöhnlichen, gebrannten Mauersteinen auf der 
Kante oder schmalen Seite stehend 3.und 2 —3 Zoll stark, 
dar. Seine Vorder- und Hin iseite BC und AD beträgt 
mit den Steinen 3 Fuss, die beiden anderen Seiten jede 2. 
Fuss, seine Höhe 6 Fuss. Er erfordert über 300 Steine und 
bedarf es kaum der Erwähnung, dass zu seiner Umfassungs- 
wand glasirte oder unglasirte, alte oder neue Kacheln ver- 
 wandt ‚werden können. Der Ofen ruht auf einer flach ge- 
legten Schicht gebrannter Steine. Auf dieser erhebt sich 
bei eeee der Aschenraum von 10 Zoll im Quadrat und 11), 
- Fuss hoch, von gebrannten Steinen auf der schmalen Seite 
I} stehend gebildet, und oben deckt ihn ein etwas weiterer 


„> *) Dieser interessante Aufsatz ist uns von unserm geehrten corre- " 
-  spondirenden Mitgliede, Herrn Hauptmann.a. D. Voight, eingesandt 
worden. Obwohl das Thema, welches derselbe behandelt, der Acelimati- 
sation im Allgemeinen etwas fern liegt, so glaubten wir doch durch die’ 
Veröffentlichung, besonders denjenigen unserer Mitglieder, welche sich 
_ mit Seidenzucht beschäftigen, einen Dienst zu leisten. Red. 

1861. Bd. IV. 15 i 


226 


Rost aus Gusseisen. Von diesem Aschenraum bis durch die 
Ofenwand BC befindet sich bei nn: ein geschlossener Kanal 
von 10 Zoll Breite und 6 Zoll Höhe, um in der Wand BC 
entweder eine diesen Kanal schliessende Thür mit einer 
kleinen Zugthür versehen, einzusetzen, oder einen’ Aschen- 
kasten aus Blech, welcher einen Zoll vom oberen Rande ab- 
stehend mit einem Schieber 4 Zoll lang, 2 Zoll hoch ver- 
sehen, und I1:bis 16 Zoll lang, 10 Zoll breit und 6 Zoll 
hoch ist, und: mithin vom hinteren Ende des Rostes bis vorn 


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zur Wand BC reicht, bequem einschieben zu können. Die 
vordere Seite dieses Aschenkastens muss die Wand dieser 
Oeffnung von allen 4 Seiten etwa 1 Zoll breit umfassend, 
möglichst gut schliessen. Um den Rost erhebt sich ein guss- 
eiserner Ofen ffpp, dessen jede der 3 Seiten 1 Fuss breit 
und 1'/-Fuss hoch, und die vierte, durch welche die Feue- 
rungsöffnung ‘von 9 Zoll Höhe und 8 Zoll Weite durchführt, 
nur 1 Fuss breit und 9 Zoll hoch ist. Die Ofendecke bildet 
eine Platte von 1 Fuss im Viereck. Das zum Abzug des 
Rauchs dienende Rohr von 5 Zoll Durchmesser wird nun 
entweder der Feuerungsthür gegenüber am Ende dieser Platte 
oder Decke oben senkrecht angebracht, wie denn diese Plat- 


227 


ten bei den Oefen des Unterzeichneten beim Giessen .dersel- 
ben mit. der betreffenden Oefinung und darin passendem Rohr 
versehen wurden, oder män lässt oben an der Seitenplatte 
ff ein kurzes senkrechtes Knie anbringen, in welches dann 
ein senkrecht stehendes Rohr oben mit einem waagerechten 
Knie versehen, angebracht wird, wodurch dann der Rauch 
aus dem Feuerungsraum oben durch. die Wand rr in den 
ersten Rauch- oder Zugkanal tritt. Ueber der Aschenkasten- 
Oefinung nn, mit dem Rost die Waage haltend, wird durch 
die Ofenwand BC ein offener, oben geschlossener Raum von 
9.Zoll Höhe und 8 Zoll Breite belassen, um dort die Feue- 
rungsthüren,. anzubringen, indem der Zwischenraum von 1— 2 
Zoll von der Wand des eisernen Ofens bis zu dieser Wand 
rechts und links mit Steinen ausgesetzt wird, auf welchen 
die. eiserne Wand pp, welche deshalb bei 1 Fuss Breite und 
9 Zoll Höhe hat, zugleich ruht, und 'somit diesen Feuerungs- 
kanal von 9 Zoll Höhe und 8 Zoll Weite bis zum Rost rauch- 
dicht schliesst. In der Wand BC wird dann die eben so 
grosse Feuerungsthürzarge befestigt. Diese Zarge fasst 2 
Thüren; die innere nach dem Feuerungsraum zu «besteht am 
zweckmässigsten aus 2 Abtheilungen übereinander, jede 8 
Zoll lang und 4'/, Zoll hoeh, am besten auch aus Gusseisen. 
Die ‚unterste hat in einer Reihe die 5 üblichen Zugöffnun- 
gen. Diese Thüren finden sich in den Läden 'vorräthig, und 
man lässt die inneren ‚über den Zugöffnungen durchschnei- 
den, um ‚wie angegeben, zwei darzustellen. Die andere 
Thür nach dem Zimmer zu aus starkem Blech, deckt, wenn 
kein Feuer brennt, diese beiden inneren, die Zarge von al- 
len 4 Seiten umfassend und möglichst dicht schliessend. 
Diese, so wie die Thür zum Aschenraum 'kann sehr zweck- 
mässig eine ‚so genannte luftdicht Schliessende sein. Der 
Aschenkasten muss dann begreiflich so viel kürzer sein, als 
die Thürzarge von der Ofenwand bei nn Raum einnimmt, 
und 'so weit, dass der Aschenkasten leicht durchgezogen 
werden kann. Dieser eiserne Ofen steht von den Wänden 


“AB, BC und rr L—2 Zoll:ab. Anstatt dieses Ofens aus 
15* 


228 


Platten, kann man auch einen runden aus Gusseisen 1 Fuss 
im Durchmesser, eben so hoch, oder etwas höher oder nie- 
driger, anwenden. Kann man ihn nicht ohne Füsse bekom- 
men, so werden diese, wenn hinderlich abgenommen, und 
der Ofen mit seinem Rost, wie angegeben, über dem Aschen- 
raume rauchdicht aufgestellt. Die Feuerungsöffnung wird 
gleichfalls, wie vorstehend angegeben, bis in die Umfassungs- 
wand BC geleitet, in welcher dann gleichfalls die Feuerungs- 
thüren befestigt werden. Diese in den Läden zu erhalten- 
den Oefen sind immer unter ihrer Decke mit einer Oeffnung 
zur Aufnahme des vorstehend angegebenen Rauchabzugrohrs 
versehen. In gleicher Höhe mit der Decke des eisernen 
Ofens befindet sich in der Ofenwand BC eine Oeffnung von 
1 Fuss Länge und 10 Zoll Höhe, welche durch eine Blech- 
thür verschliessbar ist, und 1 Fuss über derselben und in 
der Breite von 1 Fuss wird in der Wand AB bis zur Wand 
ır auf zwei eisernen Stangen ruhend, waagerecht eine Decke 
aus Dachsteinen angebracht, deren Fugen auch mit Lehm 
verstrichen werden. Ueber dieser Decke in der Ofenwand 
AB kann man ferner eine Thür 6 DZoll anbringen, wodurch 
auch hier beim Oeffnen, wie im Folgenden näher angegeben 
wird, die erhitzte Luft ins Zimmer tritt. Es bedarf wohl 
kaum der Erwähnung, dass die Fugen des eisernen Ofens 
so wie der übrigen Wände sorgfältig rauchdicht mit Lehm 
verstrichen werden müssen, doch werden die inneren Wand- 
flächen nirgends mit Lehm bekleidet. Dem eisernen ‚Ofen 

gegenüber bei 1 befindet sich am Fussboden durch die Wand 
AD eine Oeffnung von 8 Zoll Länge und 5 Zoll Höhe, durch 
welche die kälteste Zimmerluft in den Raum, in welchem 
sich der’ eiserne Ofen befindet, eindringt. g, h, i, k stellen 
die 4 senkrechten Züge oder Rauchkanäle des Ofens dar. 
Sie sind 6 Fuss hoch, 2 ihrer Seiten 6 Zoll, 2 bis zu 9 Zoll 
weit. Zwischen den Zügen gh und ik, unter der Wand oo, 
befindet sich eine Ofinung von 6 Zoll Weite und 5 Zoll 
Höhe auf der Grundfläche, wodurch mithin immer 2 Zug- 
kanäle unten waagerecht verbunden sind. Bei mm, durch 


229 


die Ofenwand BC befinden sich, der Sohle der Kanäle fol- 
gend, 2 Oeffnungen, jede 4 Zoll breit und 5 Zoll hoch, 
welche mit eben so grossen Steinstücken, etwas vorstehend 
geschlossen und nur schwach mit Lehm gefugt werden, um, 
wann nöthig, diese Züge von Asche und Russ leicht durch 
diese Oeffnungen zu reinigen. Die ganze Decke des Ofens 
ABCD in der Höhe von 6 Fuss oder höher, wird durch 
eine einfache Schicht Dachsteine gebildet, wenn man sich 
hierzu nicht der Platten aus Gusseisen oder Blech bedienen 
will. Die 4 Oeffnungen der Zugkanäle g, h, i, k deckt 
man jede mit einer Eisenplatte oder Dachsteinen und ver- 
streicht die Fugen auf den Wänden so mit Lehm, dass man 
die Platten oder Steine zur Reinigung der Kanäle leicht ab- 
nehmen kann, sie selbst werden nicht mit Lehm überzogen. 
Da, wo das Knierohr von 5 Zoll Weite aus dem eisernen 
Ofen dieht unter der Decke durch die Wand rr in den ersten 
Zugkanal g tritt, werden die Dachsteine auch so gelegt, 
damit sie zur Reinigung des Knierohrs leicht abgenommen 
werden können. Der ganzen Aussenfläche des Ofens kann 
man mit einer Mischung von geschlemmter Kreide und Mehl- 
kleister, gleich einer dicken Oelfarbe mit einem Pinsel auf- 
getragen, eine ganz glatte, weisse Farbe geben, welche nicht 
abfärbt, die Fugen sehr fest schliesst und wenig kostet. Sollte 
eine getrocknete Probe noch abfärben, so muss man noch 
mehr Kleister zusetzen. 

Die Erscheinungen, welche sich den Naturgesetzen ge- 
mäss zeigen, sobald das Feuer im Ofen mit einem beliebi- 
gen Brennmaterial bei geöffneten Zugthüren brennt, sind 
nun folgende: Der sich entwickelnde Wärmestoff theilt sich 
sogleich grösstentheils dem eisernen Ofen, als besten Wär- 
meleiter, mit, dieser setzt ihn an die ihn umgebende Luft 
ab, und diese dadurch bald heiss und leicht geworden, dringt 
durch den in der Ofenwand BC befindlichen und geöffneten 
Thürraum in das Zimmer und eilt zu den kältesten Thei- 
len desselben. Eben so schnell tritt durch die Oeffnung in 
der Ofenwand AD am Fussboden bei 1 die kälteste Luft- 


250 


schicht des Zimmers in den Raum, der: den ieisernen ‘Ofen 
umgiebt, wodurch mithin die ganze Zimmerluft und so schnell 
in Bewegung gesetzt wird, dass ein Zimmerraum von 18 
Fuss im Quadrat und 12 Fuss Höhe in wenigen Minuten zu 
mehr denn 20° R. erwärmt werden kann. Hat nun die Zim- 
merluft den verlangten Wärmegrad erreicht, so schliesst man 
die bezeichnete Thür, (durch welche die Wärme ins Zimmer 
drang. Nun setzt sich der Wärmestoff im Innern des Ofens 
fast ganz an den Wänden desselben ab; denn der Rauch 
und mit ihm ein Theil der Wärme tritt ‚aus dem jeisernen 
Ofen durch sein Knierohr und durch die Wand. rr in ‚den 
ersten Zugkanal g, steigt unter der Wand o in den Kanal 
h, dann dicht unter der Decke durch eine Oeffnung von 5 
Zoll Höhe und 6 bis 8 Zoll Breite oben in den Kanal i, 
dann ‘unter der Wand o in den Kanal k und oben durch 
den Theil der Ofenwand DC oder Ad, je nachdem der Stand 
des Schornsteins es erfordert, durch ein Rohr von 5—6 
Zoll Durchmesser ohne Schlussklappe in denselben. Durch 
die Einrichtung dieses Ofens wird somit dem  Wärmestoff 
ein Flächenraum von mehr denn 90 DFuss zum Absetzen 
geboten, indem er einige 30 Fuss zurücklegt, ehe er den 
Schornstein erreichen kann. Da somit ‚allmählich, durch 
Anwendung geringen Brennmaterials die Steinwände dieses 
Ofens, als gute Wärmeleiter den Wärmestoff leicht aufneh- 
men, geben sie denselben nach und nach an die (Zimmer- 
luft ab, und gewähren, im Verhältniss zur Stärke der Steine 
und ihrer Erhitzung, somit auch Ausdauer der Wärme. Ist 
die Flamme im Ofen erloschen und schliesst man dann die 
dicht schliessende Feuerungs- und Aschenraumsthür, wo- 
durch der Luftzug durch den Ofen aufhört, so kann durch das 
Abzugsrohr in den Schornstein nur unbedeutend Wärme 
entweichen. Da durch diese Ofeneinrichtung die Zimmer- 
luft fortwährend nach Belieben durch mehr oder weniger 
Öefinen der bezeichneten Thür in Bewegung erhalten wird, 
ferner die kältere und schwere Zimmerluft durch die Zug- 


231 


thüren zum Feuer dringt und demselben reichlich Sauerstoff, 
der um so mehr Hitze erzeugt, zuführt, so dient sie auch 
sehr zur Reinigung der Zimmerluft, indem so viel in die- 
sem Fall vom Feuer verzehrt wird und durch den Ofen 
streicht, reine Aussenluft einströmt, und im ersten Fall 
durch die stark erhitzte, schwerste Zimmerluft auch manche 
nachtheilige Stoffe zersetzt werden. Es bedarf wohl kaum 
der Erwähnung, dass die 3 Thüren des Aschenraums, der 
Feuerung und des Raumes der erhitzten Luft auch in der 
Mitte der schmalen Ofenwand AB angebracht werden kön- 
nen, wodurch nur die Umfassungswände AD und BC um 
einige Zoll verlängert werden müssen, damit das Abzugs- 
rohr des eisernen Ofens in seiner Hinterwand ff, nun gegen 
die Wand rr stehend, den nöthigen Raum gewinnt, um oben 
in den Zugkanal g oder h zu gelangen, in welchem Fall es 
zweckmässig ist, das Einströmen der kältesten Zimmerluft 
durch die Oeffnung an der Sohle des Ofens bei 1, durch 
einen kleinen Kanal, bis zwischen -der Wand des eisernen 
Öfens und der Wand rr zu leiten, und dort durch eine Oeff- 
nung von 1 Fuss Länge und 1— 2 Zoll Weite ausströmen 
zu lassen. Ebenso ist es besser, wenn man die Sohle oder 
den Boden der Zugkanäle gh und ik, aus 2 Platten aus Guss- 
eisen bildet, welche von der Wand AD bis zur. Wand BC 
durchreichen, mithin 2 Fuss lang und 7 bis 8 Zoll breit 
sind und mit demselben ihrer Länge nach, unter mm durch 
die Wände AD und BC durchlaufend, einen hohlen Raum 
von 6 Zoll Breite und 2—3 Zoll Höhe darstellen, durch 
welche die kälteste Zimmerluft so lange sich wärmend streicht, 
als diese Platten noch wärmer als dieselbe sind. Dass man 
statt 2 solcher Platten 4 Stück, jede 1 Fuss lang, wählen 
kann, welche dann unter der Wand oo rauchdicht zusam- 
. mengestossen werden müssen, bedarf kaum der Erwähnung. 
Da man auf der Decke des eisernen Ofens bequem+- kochen 
kann, so dient ein dort stehendes eisernes Gefäss mit Was- 
ser um die für die Seidenraupen zuträgliche Feuchtigkeit 


232 


beliebig zu erzeugen. Füllt man den hohlen Raum.zwischen 

dem eiseren Ofen und der Wand AD durch gebrannte Stein- 

stücke mit Zwischenräumen gelegt, aus, so wird: begreiflich 

durch deren Erhitzung die Ausdauer der Wärme bedeutend 
vermehrt. | 

Freienwalder Alexandrinenbad, im Januar 1862 

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