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Full text of "Zellen-Studien"

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Zellen-Studien  '^c 


von 


Dr.   Theodor  Boveri, 

Professor  an  der  Universität  Würzburo-. 


Heft  4. 
üeber  die  Natur  der  Ceiitrosomen. 

iXo  40 


Mit  8  lithographiselieii  Tafeln  uud  3  Textlia-ur 


eil. 


Jena 

Verlag  von  Gustav  Fischer 
1900. 


^. 


Uebersetzunssreclit  vor  bell  alten. 


Inhaltsübersicht. 


Seite 

Einleitung       1 

Abschnitt  A.     Zur  Kritik  der  Eisenhämatoxylin- 

Färbung.    Künstliche  Centralkörperchen,     .        12 
Abschnitt  B.     Specieller  Teil. 

1)  Die  Teilung  der  Centrosomen  in  den  Spermatocyten  von 

Ascaris  megalocephala 23 

2)  Die  Teilung  der  Centrosomen  in  den    Ovocyten    von    Di- 

aulula  sandiegensis 27 

3)  Die  Centrosomen  bei  der  Furchung  des  Eies  von  Echinus 

microtuberculatus 29 

a)  Eigene  Beobachtungen 29 

b)  Litteratur 54 

4)  Die  Centrosomen  bei  der  Furchung  des  Eies  von  Ascaris 

megalocephala 62 

a)  Eigene  Beobachtungen      ...  62 

b)  Litteratur 79 

Abschnitt  C.     Allgemeiner  Teil. 

Kapitel  I.     Größe  und  Beschaffenheit  der  Centrosomen.    Die 

Centriolen 88 

Kapitel  II.     Teilung  der  Centrosomen 97 

Kapitel  III.     Das  Verhältnis    von   Centrosom    und    Centriol 

zur  Sphäre 115 

Kapitel  IV.     Kriterien,  ob  Centrosom  oder  Centriol    .     .      .  123 
Kapitel  V.     Ueber    das    Verhältnis    der   Centrosomenteilung 

zur  Zellteilung 127 

a)  Eigene  Auffassung 129 

b)  C.  Rabl's  Hypothese 136 

c)  Die  Mikrocentrenlehre  M.  Heidenhain's 140 

Kapitel  VI.     Das    Centrosom    als    cyklisches    Gebilde.     Zur 

Theorie  der  Centrosomenwirkung    bei    der   Zellteilung  153 

Kapitel  VII.     Entstehung  der  Centrosomen 163 

a)  Neubildung  von  Centrosomen  im  Protoplasma.    Künst- 
liche Astrosphären 164 

b)  Neubildung  von  Centrosomen  aus  dem  Kern.     Homo- 
logie des  Centrosoms 176 

Abschnitt  D,     Nomenklatur 196 


Einleitung.  ^<C 

Lange  Beschäftigung  mit  den  Centrosomen  in  sehr  verschie- 
denen Tiergruppen  hat  mich  allmählich  zu  der  Ueberzeugung  ge- 
führt, daß  es  möglich  ist,  die  mancherlei  sich  scheinbar  wider- 
sprechenden Befunde,  welche  in  der  Litteratur  über  diese  Bildun- 
gen zu  Tage  getreten  sind,  bis  zu  einem  gewissen  Grade  mit- 
einander zu  versöhnen  und  einige  Sätze  von  allgemeinerer  Giltig- 
keit  über  ihre  Morphologie  aufzustellen.  Zu  diesem  Behufe  soll 
im  folgenden  an  4  Objekten  der  Kreislauf  der  Centrosomen  von 
einem  Punkt  ihrer  Existenz  bis  zu  dem  gleichen  Punkt  in  der 
nächsten  Zellengeneration  verfolgt  werden,  worauf  sich  durch 
Vergleichung  dieser  und  anderer,  in  der  Litteratur  beschriebener 
Objekte  aus  der  Verschiedenartigkeit  im  einzelnen  das  überall 
Gleichartige  herausheben  wird. 

Das  Bestreben,  einen  bei  der  Kern-  und  Zellteilung  so  wich- 
tigen Bestandteil  unseres  Elementarorganismus  in  allen  Phasen 
seines  Bestehens  so  weit,  wie  es  unsere  Untersuchungsmittel  nur 
erlauben,  zu  analysieren,  bedarf  keiner  Begründuog.  Doch  muß 
ich  gestehen,  daß  es  weniger  die  bloße  morphologische  Erkenntnis 
ist,  welche  mich  in  diesem  Falle  anzieht,  als  vielmehr  die  physio- 
logische Bedeutung  der  Centrosomen,  speciell  bei  der  Zellteilung. 
Schon  seit  meinen  ersten  Veröffentlichungen  im  Jahre  1887  habe 
ich  die  Centrosomenfrage  wesentlich  von  dieser  Seite  behandelt 
und  aus  den  Geschehnissen  in  normalen  wie  in  abnormen  Zellen 
physiologische  Schlüsse  gezogen,  auf  deren  Berechtigung  im  all- 
gemeinen Teil  näher  eingegangen  werden  soll.  Gewiß  wird  hier 
wie  anderwärts,   nachdem  fürs   erste   schon   der   morphologische 

B  0  V  e  r  i ,  Zellen-Studien.  IV.  1 


—     2     — 

Befund  eine  gewisse  physiologische  Einsicht  gewähren  kann, 
weiterer  Fortschritt  nur  durch  das  Experiment  erreichbar  sein, 
oder  richtiger  gesagt,  durch  das  Studium  in  der  Natur  vor- 
kommender oder  künsthch  hervorgebrachter  Abweichungen  von 
dem  normalen  Verhalten  und  der  Folgen  dieser  Abweichungen. 
Allein  hierfür  ist  eben  eine  genaue  Kenntnis  der  morphologischen 
Verhältnisse  unerläßliche  Vorbedingung.  Denn  wenn  auch  die 
schließliche  Entscheidung  durch  das  Experiment  geliefert  wird, 
müssen  wir  doch  vor  allem  wissen,  womit  wir  experimentieren. 

Dieses  Bedürfnis  war  es  hauptsächlich,  was  mich  veranlaßte, 
dem  Seeigel -Ei  eine  besonders  ausführliche  Untersuchung  zu 
widmen.  Dieses  Objekt  steht  hinsichtlich  der  Klarheit  und  Sicher- 
heit, mit  der  sich  die  Centrosomen  und  ihre  Veränderungen  de- 
monstrieren lassen,  anderen  Zellen  weit  nach.  Aber  als  günstigstes 
Experimentalobjekt,  welches  überdies  im  Leben  mehr  von  den 
\^'irkungen  der  Centrosomen  erkennen  läßt  als  die  meisten  anderen 
Zellen,  verlangt  es  die  minutiöseste  Untersuchung,  die  sich  frei- 
lich auch  insofern  verlohnt,  als  wir  hier  einen  besonderen  Typus 
der  Centrosomenteilung  finden,  der  uns  in  den  Stand  setzt,  andere 
sich  ferner  stehende  zu  verbinden.  —  Für  die  Wahl  eines  zweiten 
Objektes,  des  Ascaris-Eies,  waren  vor  allem  historische  Gründe 
maßgebend.  Es  mußte  mit  den  modernen  Hilfsmitteln  geprüft 
werden,  was  von  den  alten  Befunden  au  diesem  Objekt,  das  die 
erste  Grundlage  für  die  Centrosomenlehre  gebildet  hat,  noch  zu 
Recht  besteht.  —  Ganz  allgemein  aber  waren,  der  Natur  der  Unter- 
suchung gemäß,  nur  solche  Zellen  in  Betracht  zu  ziehen,  die  sich 
durch  ihre  Größe  und  die  Größe  ihrer  Teile  auszeichnen,  die 
weiterhin  in  rascher  und  nachweisbar  normaler  Teilung  begriffen 
sind  und  endlich  in  so  großen  Mengen  zur  Verfügung  stehen,  daß 
alle  Stadien  zur  Beobachtung  kommen  müssen.  Solche  Zellen 
sind  die  Ovocyten  und  manche  Spermatocyten,  die  Eier  und 
Blastomeren,  welche  überdies  bei  vielen  Organismen  durch  die 
fast  absolute  Gleichzeitigkeit,  mit  der  sich  große  Mengen  von 
ihnen  zur  Teilung  bringen  lassen,  die  Möglichkeit  gewähren,  die 
Succession  der  Stadien  mit  voller  Sicherheit  zu  bestimmen. 

Ueberblickt  man  die  neuere  Litteratur  über  die  Cytocentren, 
so  zeigt  sich,  daß  sich  die  Studien  auf  diesem  Gebiet  in  zwei 
Richtungen  gespalten  haben.  Die  eine  sucht  die  Ceutrosomen  in 
den  —  zumeist  ruhenden  —  Zellen  des  erw^achsenen  Organismus 
oder  auch  des  bereits   weiter   vorgeschrittenen   Embryo   auf.     Sie 


—     3     — 

fördert  unsere  Kenntnisse  vor  allem  hinsichtlich  des  Vorkommens 
der  Centrosomen  überhaupt ;  dann  aber  ist  sie  dazu  berufen,  über 
die  Lage  des  Centrosoms  in  der  ruhenden  Zelle  und  die  Be- 
ziehungen, die  es  geometrisch  oder  strukturell  zu  anderen  Zell- 
teilen einnimmt,  Aufschlüsse  zu  geben,  worüber  ja  in  Zellen,  die 
unmittelbar  von  einer  Teilung  zur  nächsten  schreiten,  nichts  zu 
ermitteln  ist.  Durch  Feststellung  solcher  Beziehungen  wird  diese 
Richtung  auch  physiologische  Ergebnisse  zu  Tage  fördern  oder 
wenigstens  den  Weg  zu  solchen  zeigen  können,  insofern  aus  ge- 
setzmäßigen Lageverhältnissen  und  Verbindungen  Schlüsse  über 
die  Funktion  abzuleiten  sind. 

Die  andere,  ältere  Richtung  der  Centrosomenforschnng  be- 
schäftigt sich  mit  Zellen,  die  in  rapider  Teilung  begriffen  sind, 
wie  Eiern  und  Furchungszellen.  Sie  sucht  die  Centrosomen  in 
ihrem  ganzen  Kreislauf  zu  verfolgen  und,  soweit  sie  kann,  ihre 
Rolle  bei  der  Kern-  und  Zellteilung  und,  was  damit  aufs  engste 
zusammenhängt,  bei  der  Befruchtung  zu  ermitteln.  Dieser  Seite 
wird  aber  weiterhin  auch  die  Aufgabe  zufallen,  in  der  Frage  nach 
der  Struktur  der  Cytocentren  das  entscheidende  Wort  zu 
sprechen.  Denn  sie  hat  es  mit  den  größten  Zellen  zu  thun,  in 
denen  auch  die  Ceutren  am  größten  und  am  leichtesten  zu  analy- 
sieren sind ;  außerdem  aber  steht  ihr,  nach  der  Natur  ihrer  Objekte, 
der  ganze  Cyklus  in  den  minimalsten  Abstufungen  und  in  vielen 
Fällen  in  gesicherter  Reihenfolge  zur  Verfügung,  und  sie  vermag 
oft,  wenn  ein  Stadium,  für  sich  allein  betrachtet,  der  Deutung 
Schwierigkeiten  bereitet,  durch  Vergleichuug  mit  den  voraus- 
gehenden und  folgenden  die  Lösung  zu  erbringen.  Sich  gegen- 
wärtig zu  halten,  was  jeder  dieser  beiden  Zweige  zu  leisten  ver- 
mag, wird  nicht  ohne  Nutzen  sein ;  mancher  Gegensatz  ist  dadurch 
entstanden,  daß  die  eine  Richtung  Fragen  entscheiden  zu  können 
glaubte,  die  in  die  Kompetenz  der  anderen  gehören. 

Es  ist  mir  neuerdings  gelungen,  wovon  unten  ausführlicher 
die  Rede  sein  wird,  in  den  Eiern  und  Blastomeren  von  Ascaris 
die  Centrosomen  im  Leben  zu  sehen,  allerdings  nur  in  denjenigen 
Stadien,  wo  sie  durch  besondere  Größe  ausgezeichnet  sind.  Allein 
auch  so  ist  die  Beobachtung  für  einige  Streitfragen  von  Bedeutung. 
Denn,  wie  ich  schon  früher  betonte  (17,  S.  61),  sind  die  Centro- 
somen nicht  resistente  Gebilde,  die  sich  mit  Leichtigkeit  dem 
lebenden  Zustand  entsprechend  konservieren  lassen ;  ein  Satz,  den 
die  seitherigen  Veröffentlichungen  in  der  schlagendsten  Weise  be- 

1* 


stätigt  habeo.  Wie  wechselnd  sich  das  Centrum  der  Astrosphäre 
bei  verschiedener  Konservierung  und  gar  erst  unter  der  so  trüge- 
rischen Variabilität  der  Eisenhämatoxylinfärbung  darstellen  kann, 
geht  daraus  hervor,  daß,  wie  es  wiederholt  vorgekommen  ist,  das- 
jenige, was  der  eine  Autor  an  seinen  Präparaten  aufs  deutlichste 
sieht,  von  einem  anderen  auf  Grund  anderer  Präparate  als  nicht 
existierend  bezeichnet  wird.  Es  wird  eine  Hauptaufgabe  der 
folgenden  Untersuchungen  sein,  Gegensätze  dieser  Art  aufzuklären. 


Handelt  es  sich  in  dem  eben  Gesagten  um  Kontroversen  der 
Centrosomenforscher  untereinander,  so  sind  diese  Autoren  kürz- 
lich alle  gemeinsam  von  einem  Urteil  getroffen  worden,  welches 
auf  Grund  ausführlicher  Erörterungen  der  Botaniker  A.  Fischer  (38) 
gefällt  hat  und  das  sich  kurz  dahin  zusammenfassen  läßt,  daß  es 
Centrosomen  als  specifische  Gebilde  überhaupt  nicht  giebt,  und 
daß  somit  auch  alles,  was  über  ihre  Funktion  behauptet  worden 
ist,  einfach  dahinfällt.  Bevor  ich  die  Gründe  für  dieses  Urteil 
untersuche,  halte  ich  es  für  ersprießlich,  das,  was  sich  als  das 
Allgeraeinste  und  Wesentlichste  an  der  Centrosomenlehre  angeben 
läßt,  in  den  Hauptzügen  hierherzusetzen.  Ich  thue  dies  mit 
den  Worten,  in  welche  ich  im  Jahre  1887  (11,  S.  153  ff.)  meine 
Ergebnisse  zusammengefaßt  habe.  Obgleich  in  dieser  Darstellung 
einige  Punkte  specieller  ausgedrückt  sind,  als  wir  dies  heute,  wo 
wir  eine  gewisse  Variabilität  der  Phänomene  kennen  gelernt  haben, 
thun  würden,  spricht  sie  das  Essentielle  meines  Standpunktes  doch 
auch  jetzt  noch  vollkommen  aus. 

„Das  Centrosoma,  das  bisher  nur  als  Polkörperchen  der  Spindel 
bekannt  war,  ist  ein  selbständiges  dauerndes  Zellenorgan,  das  sich, 
gerade  wie  die  chromatischen  Elemente,  durch  Teilung  auf  die 
Tochterziellen  vererbt.  Es  repräsentiert  das  dynamische  Centrum 
der  Zelle ;  durch  seine  Teilung  werden  die  Centren  der  zu  bildenden 
Tochterzellen  geschaffen,  um  die  sich  nun  alle  übrigen  Zellbestand- 
teile symmetrisch  gruppieren.  Jedes  Tochtercentrosoma  zieht  die 
Hälfte  des  Archoplasmas  um  sich  zusammen  und  belegt  mit  Hilfe 
dieser  in  Fädchen  ausstrahlenden  Substanz  i)  die  eine  Seite  eines 
jeden    Kernelements,    d.  i.  das    eine    der   beiden    im    Mutterelement 

1)  Statt  dessen  würde  man  jetzt  sagen:  Um  jedes  Tochter- 
centrosoma entsteht  aus  gewissen  Bestandteilen  des  Zellkörpers  eine 
Astrosphäre,  und  es  differenzieren  sich  in  manchen  Fällen  aus  dem 
Kerninhalt  ähnliche  Fasern,  die  gleichfalls  auf  die  Centrosomen 
centriert  sind. 


-     5    — 

vorbereiteten  Tochterelemente,  mit  Beschlag,  um  dasselbe  möglichst 
nahe  an  sich  heranzuziehen  ^).  Indem  das  noch  ungeteilte  Element 
diese  Einwirkung  von  beiden  Seiten  in  gleicher  Weise  erfährt, 
wird  es  möglichst  in  die  Mitte  zwischen  beiden  Centrosomen,  ge- 
wissermaßen auf  die  Grenze  der  von  diesen  beiden  Körperchen 
beherrschten  Grebiete  geführt,  und  so  entsteht  die  chromatische 
Aequatorialplatte,  die  durch  die  Teilung  der  einzelnen  Elemente  in 
zwei  parallele  Platten  zerfällt,  welche  nun  infolge  der  entgegen- 
gesetzt gerichteten  Bewegung  der  beiden  Centralkörperchen  von- 
einander entfernt  werden  ^).  Wie  die  Aequatorialplatte,  so  gelangt 
auch  die  unter  dem  Namen  der  Zellplatte  bekannte  Scheidewand 
des  Protoplasmakörpers  sowie  die  Einschnürung  der  Zellenoberfläche 
in  der  auf  der  Verbindungslinie  der  beiden  Centrosomen  in  deren 
Mitte  senkrechten  Ebene  zur  Ausbildung. 

Das  Centrosoma  ist  das  eigentliche  Teilungsorgan  der  Zelle, 
es  vermittelt  die  Kern-  und  Zellteilung. 

Die  aktive  Thätigkeit  des  Kernes  bei  der  Teilung  besteht 
lediglich  in  der  Kontraktion  des  Gerüstes  in  die  kompakten  chro- 
matischen Elemente  und  in  der  Teilung  dieser  Körper.  Allein  dieser 
Prozeß,  so  wesentlich  er  auch  ist,  würde  für  sich  allein  nicht  zu 
einer  Kernteilung,  sondern  nur  zu  einer  Verdoppelung  der  Zahl  der 
chromatischen  Elemente  in  einem  einzigen  Kern  führen.  .  .  .  Eür 
die  Entstehung  zweier  Kerne  aus  einem  einzigen  ist  es  notwendig, 
daß  die  durch  die  Spaltung  der  chromatischen  Elemente  gebildeten 
Tochterelemente  so  in  zwei  Gruppen  verteilt  werden,  daß  sie  beim 
Uebergang  in  den  Zustand  des  ruhenden  Kernes  nicht  mehr  von 
einer  einzigen  Vakuole  umschlossen  werden  können.  Diese  Trennung 
geschieht  ausschließlich  durch  die  Thätigkeit  der  Centrosomen  und 
ihrer  Archoplasmakugeln. 

Am  lehrreichsten  für  die  Erkenntnis  dieser  Beziehungen  sind 
jene  wohl  stets  als  pathologisch  zu  bezeichnenden  Fälle,  wo  mehr 
als  zwei  Centrosomen  vorhanden  sind.  .  .  .  Sie  führen  mich  zu  dem 
Schluß,  daß  sich  die  Zahl  der  entstehenden  Tochterkerne  weder  nach 
der  Qualität,  noch  nach  der  Quantität  der  Kernsubstanz  richtet, 
sondern  einzig  und  allein  davon  abhängt,  wie  vielen  von  den  vor- 
handenen Centrosomen  es  gelingt,  sich  mit  einem  Teil  der  chroma- 
tischen Elemente  in  Verbindung  zu  setzen  und  so  mit  einem  der 
übrigen  Centralkörperchen  Spindeln  zu  bilden.  Die  Kernelemente 
verhalten  sich  hierbei  genau  wie  sonst:  ein  jedes  tritt  nur  mit 
zwei  Polen  in  Beziehung  und  teilt  sich  nicht  in  so  viele  Stücke,  als 
Tochterkerne  gebildet  werden,  sondern  nur  in  zwei. 

Wie  die  Kernteilung,  so  ist  auch  die  Zellteilung  eine 
Punktion  der  Centrosomen.     Es    entstehen    stets    so    viele    Tochter- 


1)  Wobei    allerdings    ein    gewisser   Abstand    nicht    überschrit- 
ten wird. 

2)  Hierzu    kann    sich    noch    eine    Verkürzung    der    ziehenden 
Pasern  gesellen,  ja  diese  spielt    in    manchen  Fällen    die  Hauptrolle. 


—     6     — 

Zellen,  als  Centrosomen  vorhanden  sind  i),  und  auch,  wenn  eines 
dieser  Körperchen  bei  der  Kernteilung  leer  ausgeht,  grenzt  es  einen 
Teil  der  Zellsubstanz  für  sich  ab ;  es  entsteht  eine  kernlose  Zelle^ 
die  zu  Grunde  geht^)." 

Fragt  man  sich,  wie  ein  bewährter  Forscher  wie  A.  Fischer 
in  einem  Buch,  dessen  allgemeine  wissenschaftliche  Tendenz  bei 
jedem  Cytologen  freudige  Anerkennung  finden  wird,  dazu  kommt, 
das  vorstehend  Skizzierte  und  alles,  was  sich  seit  13  Jahren  darauf 
aufgebaut  hat,  als  Irrtum  und  Phantasie  zu  bezeichnen,  so  werden 
sich  folgende  Gründe  namhaft  machen  lassen.  Fischer  hat  durch 
seine  Versuche  festgestellt,  daß  vieles,  was  wir  an  Strukturen  in 
konservierten  Zellen  finden,  wie  Körner,  Fädeben,  ja  sogar  Strah- 
lungen, durch  die  Einwirkung  der  histiologischen  Reagentien  auf 
Eiweißlösungen  hervorgebracht  werden  kann.  Diese  Erfahrungen 
machen  ihn,  und  bis  zu  einem  gewissen  Grade  mit  vollem  Recht, 
sehr  skeptisch  gegen  alles,  was  sich,  ohne  im  Leben  sichtbar  zu 
sein,  als  Struktur  an  konservierten  Objekten  darstellen  läßt.  Da 
nun  nach  Fischer  der  Kreislauf  der  Centrosomen  nur  aus  kon- 
servierten Präparaten  zusammengesucht  ist,  so  bürgt  nichts  dafür, 
daß  es  nicht  lediglich  zufällige,  vielleicht  artificielle  Körnchen,  zum 
Teil  aus  dem  Kern  ausgestoßene  Nukleolen  sind,  die  dann,  wenn 
sie  eine  der  Theorie  günstige  Lage  einnehmen,  als  „Centrosomen" 
in  Anspruch  genommen  werden.  —  Man  hätte  erwarten  dürfen, 
daß  ein  Autor,  der  über  ein  großes,  von  zahlreichen  Forschern 
gepflegtes  Arbeitsgebiet  ein  solches  Urteil  fällt,  die  in  Betracht 
kommenden  Objekte  genauestens  untersucht  habe,  um  sich  von  der 
Leichtfertigkeit  seiner  Vorgänger  zu  überzeugen.  Aus  Fischer's 
Darstellung  läßt  sich  ersehen,  daß  ihm  diese  eigene  Erfahrung 
völlig  fehlt.  Nur  so  wird  es  verständlich,  wie  er  dazu  kommt,  zu 
sagen,  daß  er  der  herrschenden  Deutung  seine  eigene  gegenüber- 
stelle. Denn  eine  Kenntnis  der  Dinge  selbst,  über  die  er  hier 
schreibt,  würde  ihn  belehrt  haben,  daß  es  sich  bei  dem  wesent- 
lichen Inhalt  der  Centrosomenlehre  gar  nicht  um  Deutung  handelt. 
Freilich  hätte  ihm  schon  eine  genauere  Ueberlegung  klar  machen 
können,  daß  er  sich  mit  seinen  Erörterungen  über  unsere  Frage 
auf  einem   Felde   bewegt,   das   der  Kompetenz   des   Protoplasma- 


1)  Dieser  Satz  ist,  wie  ich  später  gezeigt  habe  (19),  wenigstens 
für  das  Seeigel-Ei  nur  mit  gewissen  Einschränkungen  giltig. 

2)  Die  thatsächlichen  Nachweise  zu  diesen  Ausführungen,  so- 
weit nicht  in  dem  Aufsatz  selbst  enthalten,  finden  sich  im  II.  Hel't 
meiner  Zellen-Studien.     Weiteres  in  12,   16  und  19. 


—     7     — 


techuikers  völlig  entrückt  ist.  Wenn  wir  eine  Serie  von  Zellen- 
präparaten  vor  uns  haben,  die  nachweislich  genau  und  lückenlos 
die  successiven  Stadien  konserviert  repräsentieren,  welche  eine 
Zelle  der  gleichen  Art  von  einer  Teilung  zur  nächsten  im  Leben 
durchläuft,  und  wenn  wir  darin  Strukturen  finden,  die  in  kon- 
tinuierlichen Uebergängen  einen  höchst  sinnvollen  Kreislauf  dar- 
stellen, so  muß  etwas  dem  Entsprechendes  im  Leben  vorhanden 
sein.  Dazu  kommt  noch,  daß  vieles  von  diesem  Lebenden  an 
manchen  Zellen  auch  sichtbar  ist.  Schon  Mitte  der  70  er  Jahre 
haben  Bütschli  und  Auerbach,  0.  Hertwig,  Fol,  Flemming 
u.  a.  in  lebenden  Eiern  die  Strahlensonnen  beobachtet,  in  deren 
Mittelpunkten  das  konservierte  Objekt  die  Centrosomen  zeigt,  und 
ich  selbst  vermochte  1888  (12)  zum  ersten  Mal  an  lebenden 
Eiern  und  Blastomeren  von  Seeigeln  zu  verfolgen,  daß  die  beiden 
Radiencentren  der  karyokinetischen  Figur  aus  einem  vorher  ein- 
fachen Centrum  durch  Teilung  hervorgehen.  Würde  der  Proto- 
plasmaforscher zu  dem  Resultat  gelangen,  daß  die  Körperchen, 
die  wir  in  unseren  Präparaten  in  den  Radiencentren  finden, 
nicht  so  aussehen  wie  im  Leben,  so  würde  er  hierin  eine  ge- 
wisse Autorität  beanspruchen  können ;  über  die  Herkunft  und 
Schicksale  dieser  Körperchen  aber  steht  ihm  von  seinem  Stand- 
punkt aus  kein  Urteil  zu. 

Aehnlich  verhält  es  sich  mit  dem  zweiten  Argument  Fischer's, 
das  seinen  Untersuchungen  über  die  Grundlagen  der  Färbungs- 
technik entsprungen  ist.  Auch  hier  hat  er,  speciell  mit  dem,  was 
er  über  die  Eisenhämatoxylinfärbung  sagt,  in  vielen  Stücken  ganz 
recht;  wie  nahe  ich  hier  mit  ihm  übereinstimme,  wird  aus  dem 
nächsten  Kapitel  hervorgehen,  das  lange  vor  dem  Erscheinen  von 
Fischer's  Buch  geschrieben  war  und  ja  auch  nur  eine  erweiterte 
Ausführung  von  früher  (17,  S.  GOfi'. ;  46,  S.  108)  bereits  kurz 
Mitgeteiltem  enthält.  Aber  Fischer  übersieht  auch  hier  den 
Hauptpunkt,  daß  nämlich  die  Eisenhämatoxylinfärbung  zwar  ein 
sehr  wertvolles  Hilfsmittel  für  das  Studium  der  Centrosomen  ist, 
daß  aber  die  Lehre  von  der  Persistenz  und  den  Wirkungen  der 
Centrosomen  von  dieser  und  jeder  Färbung  unabhängig  ist;  denn 
alles  Prinzipielle  ist  schon  zu  einer  Zeit  festgestellt  worden,  wo 
man  diese  Körperchen  ohne  jede  Färbung  studierte. 

Das  für  Fischer  wichtigste  Motiv  zu  seinem  Zweifel  ist  wohl 
darin  zu  suchen,  daß  er  die  Angaben  über  Centrosomen,  die  von 
einigen  seiner  botanischen  Fachgenossen  gemacht  worden  sind,  als 
sehr  bedenklich   erkannt  hat.     Auch   hierin    kann   man   ihm ,   be- 


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sonders  auf  Grund  der  wertvollen  Untersuchungen,  die  wir  Stras- 
BUEGER  und  seinen  Schülern  (98)  verdanken,  voll  beistimmen.  Es 
kann  kaum  mehr  bezweifelt  werden,  daß  auf  pflanzlichem  Gebiet 
Fälle  vorliegen,  wo  in  der  Ueberzeugung,  was  für  tierische  Zellen 
gilt,  müsse  auch  für  pflanzliche  gelten,  zufällige  Strukturen  als 
Centrosomen  beschrieben  worden  sind.  Aber  ein  ganz  ähnlicher 
falscher  Analogieschluß,  wie  er  hier  in  die  Irre  geführt  hat,  findet 
sich  nun  auch  bei  Fischer  selbst,  indem  er  der  Meinung  ist,  daß 
das,  was  für  ein  pflanzliches  Objekt  widerlegt  ist,  damit  für  alle 
Zellen  als  irrtümlich  erkannt  sei.  Eine  solche  irrige  Generali- 
sierung mag  nahe  liegen ;  die  Sicherheit  jedoch,  mit  der  wir  ihr 
bei  Fischer  begegnen,  kann  nur  aus  der  auf  jeder  Seite  sich  aus- 
prägenden außerordentlichen  Unerfahrenheit  erklärt  werden,  mit  der 
er  nicht  nur  den  tierischen  Objekten,  sondern  auch  dem,  was  über 
ihre  Centrosomen  und  deren  Wirkung  bei  der  Zellteilung  und  Be- 
ftuchtung  geschrieben  worden  ist,  gegenübersteht.  Ehe  man  hier 
weiter  mit  ihm  diskutiert,  wird  man  abwarten  dürfen,  bis  er  die 
notwendigsten  Litteraturstudien  gemacht  haben  wird,  um  über- 
haupt die  Grundlagen  zu  kennen,  auf  denen  unsere  gegenwärtigen 
Vorstellungen  über  die  Centrosomen  und  ihre  Wirkungsweise  ruhen. 

Muß  sonach  diese  Kritik  als  in  der  Hauptsache  gänzlich  halt- 
los abgelehnt  werden,  so  ist  die  Frage,  ob  nicht  auf  Grund  anderer 
Erfahrungen  eine  Modifikation  der  herrschenden  Anschauungen 
einzutreten  hat.  Ich  habe  hier  die  speziell  von  amerikanischen 
Forschern  herrührenden  Erfahrungen  im  Auge,  welche  auf  eine 
künstliche  Erzeugung  von  Centrosomen  hinzudeuten 
scheinen  und  von  denen  vor  allem  diejenigen  Morgan's  über 
„Künstliche  Astrosphären"  (84,  85)  von  Interesse  sind.  Ich  werde 
im  allgemeinen  Teil  auf  diese  Erscheinungen  einzugehen  haben; 
hier  genüge  die  Bemerkung,  daß  meines  Erachtens  durch  die  in 
Rede  stehenden  Beobachtungen  und  Versuche,  ihre  volle  Richtig- 
\  \  keit  vorausgesetzt,  nur  bewiesen  wird,  daß  Strahlungen  im  Proto- 

(^k7\lnj/t^  plasma  auch  auf  andere  Reize  als  die  von  Centrosomen  ausgehen- 
Qtt/^^  den  entstehen  können,   und   daß  solche  Pseudospliäi'en  unter  Um- 

ständen mit  den  echten  in  Struktur  und  Wirkungsweise  eine  über 
alle  Erwartung  gehende  Uebereinstimmung  zeigen.  In  der 
Sphären  lehre  also  werden  diese  Erfahrungen  zu  reformieren 
haben  und  manchen  Theorien  ein  Ende  bei'eiten.  Aber  eine  zur 
normalen  Zellvermehrung  nötige  Eigenschaft  fehlt  den  künstlichen 
Astrosphären  durchaus:  die  regulierte  Zahl,  und  hier  scheint 


—    9    — 

mir  eben  der  Punkt  zu  sein,  wo  die  Centrosomen  als  specifiscbe 
durch  Zweiteilung  sich  vermehrende  Gebilde  ihre  Unerläßlichkeit 
dokumentieren  ^). 

Ich  halte  somit  die  Möglichkeit,  daß  sich  Ceutrosoraen 
irgendwo  aus  inditierentem  Protoplasma  ditferenzieren  könnten, 
nach  wie  vor  für  höchst  unwahrscheinlich  und  werde  in  dieser 
Ueberzeugung  auch  nicht  erschüttert  durch  die  kürzlich  veröffent- 
lichten Versuche  von  J.  Loeb  (78),  welche  im  Zusammenhang  mit 
denen  Morgan's  der  Annahme  einer  durch  chemische  Einwirkung 
möglichen  Erzeugung  von  Centrosomen  besonders  günstig  er- 
scheinen könnten.  Loeb  hat  gefunden,  daß  sich  unbefruchtete 
Seeigel-Eier  zu  normalen  Larven  entwickeln,  wenn  man  sie  auf 
etwa  2  Stunden  in  eine  Mischung  einer  ^'^/g  Normallösung  von 
MgClg  niit  gleichen  Teilen  Seewasser  und  dann  wieder  in  reines 
Seewasser  bringt.  Was  hierbei  im  Ei  vorgeht,  darüber  macht 
Loeb  keine  Angaben.  Nach  den  Anschauungen,  die  ich  über  das 
Wesen  der  Befruchtung  ausgesprochen  habe  (11,  16),  steht  diese 
Entdeckung  Loeb's  mit  der  Frage  nach  einer  Neubildung  von 
Centrosomen  in  so  engem  Zusammenhang,  daß  eine  kurze  Be- 
sprechung hier  am  Platze  sein  dürfte.  So  wichtig  und  aussichts- 
reich die  Versuche  von  Loeb  sind,  so  anfechtbar  scheinen  mir 
die  Schlüsse  zu  sein,  die  er  daraus  gezogen  hat.  Dies  wird  sich 
zeigen  lassen,  ohne  daß  man  einstweilen  etwas  von  den  feineren 
Vorgängen  weiß,  die  die  Einwirkung  seiner  Lösung  im  Ei  hervor- 
ruft *).  Loeb  kommt  zu  dem  Resultat,  daß  bei  dem  Befruchtungs- 
prozeß nicht  die  Nukleine,  sondern  die  Ionen  des  Spermatozoon 
das  Wesentliche  sind :  bringt  man  zu  dem  unbefruchteten  Ei  diese 
bestimmten  Ionen,  indem  man  dem  Wasser  gewisse  Salze  zusetzt, 
so  vermögen  sie  das  Spermatozoon  zu  ersetzen.  —  Verweilen  wir 
einen  Augenblick  bei  der  negativen  Seite    dieses   Ergebnisses,    so 


1)  Maü  möge  dies  nicht  mißverstehen.  Ich  bin,  wie  ich  von 
Anfang  an  (11)  betonte,  nicht  der  Meinung,  daß  der  von  den 
Centrosomen  abhängige  Teilungsmechanismus  nicht  durch  andere 
Mechanismen  vertreten  sein  könnö.  Aber  wo  die  Teilung  an  diese 
specifischen  Organe  geknüpft  ist,  da  können  sie,  meines  Erachtens, 
nicht  durch  artificielle  Differenzierungen  ersetzt  werden. 

2)  Ich  habe  vor  kurzem  bei  einem  Aufenthalt  an  der  russischen 
zoologischen  Station  in  Villafranca  versucht,  die  LoEß'schen  Ex- 
perimente zu  wiederholen,  um  dabei  zu  ermitteln,  in  welcher  Weise 
sich  die  Teilungsfigur  im  Ei  ausbildet.  Es  gelang  mir  aber  weder 
bei  Strongylocentrotus-  noch  bei  Spbaerechinus- Eiern,  parthenogene- 
tische  Entwickelung  zu  erzielen. 


—     10     — 

darf  ich  bemerken,  daß  ich  die  Bedeutungslosigkeit  der  „Nukleine" 
(Kernsubstanzen)  für  die  Befruchtung  schon  vor  mehr  als  10  Jahren 
für  das  Seeigel-Ei  nachgewiesen  habe,  indem  ich  zeigte,  daß  einer- 
seits bei  Anwesenheit  eines  Spermakerns  der  Eikern  entbehrlich 
ist  (14),  andererseits  bei  Anwesenheit  eines  Eikerns  der  Sperma- 
kern gelähmt  sein  kann,  ohne  daß  die  Entwickelung  beeinträchtigt 
ist  (12)  1). 

Was  nun  die  positive  Seite  von  Loeb's  Schlußfolgerung  an- 
langt, so  geht  er  stillschweigend  von  der  Voraussetzung  aus,  daß 
die  Entwickelung  des  Eies  in  seinem  Experiment  genau  so  durch 
die  Wirkung  der  Salzlösung  veranlaßt  wird,  wie  bei  der  Be- 
fruchtung durch  die  Wirkung  des  eindringenden  Spermatozoon. 
Diese  Voraussetzung  ist  jedoch  vorläufig  nicht  begründet.  Denn 
wie,  um  einen  Vergleich  zu  gebrauchen,  ein  an  einem  Abhang 
stehender  eingehemmter  Wagen  sowohl  durch  einen  vorgespannten 
ungehemmten  Wagen  von  genügender  Masse,  als  auch  durch 
Lösung  seiner  Hemmung  in  Bewegung  gesetzt  werden  kann,  ebenso 
ist,  um  die  Teilung  des  Eies  einzuleiten,  gleichfalls  ein  doppelter 
Modus  denkbar:  1)  daß  ein  gehemmter  Teilungsapparat  des  Eies 
zur  Thätigkeit  angeregt  und  2)  daß  ein  neuer  hineingebracht  wird. 
Bei  der  Befruchtung  ist  nach  der  von  mir  (11)  und  in  ähnlicher 
Weise  von  Vejdovsky  (100)  aufgestellten  Theorie  das  letztere  der 
Fall;  das  Spermatozoon,  das  nebenbei  unter  Umständen  auch 
gewisse  Hemmungen  löst  (vgl.  16,  S.  432),  bringt  ein  Centrosoma, 
d.  i.  einen  neuen  Teilungsapparat  in  das  Ei  und  ersetzt  dadurch 
denjenigen  des  Eies.  Daß  es  dieses  letzteren  zur  Entwickelung 
nicht  bedarf,  habe  ich  durch  meine  Versuche  über  die  Befruchtung 
und  Entwickelung  rein  protoplasmatischer  Eifragmente  bewiesen 
(14,  18). 

Wenn  also  Loeb  mit  der  Behauptung,  daß  gewisse  Ionen 
genau  so  wirken  wie  ein  Spermatozoon ,  recht  haben  sollte ,  so 
würde  dies,  meiner  Meinung  nach,  heißen,  daß  die  Ionen  ein 
Centrosoma  von  der  Qualität  eines  Spermacentrosoms,  oder  daß 
sie  2  Furchungscentrosomen,  wie,  sie  dem  sich  teilenden  Ei  zu- 
kommen, im  Eiprotoplasma  hervorrufen  können.  Es  würde  sich 
dann  bei  seinem  Experiment,  wie  bei  den  MoRGAN'schen  Ver- 
suchen,   die  ja    mit    dem   gleichen  Salz   angestellt   sind,    um   die 


1)  Eine  zusammenfassende  Darstellung  dieser  Versuche  und 
ihrer  Bedeutung  habe  ich  in  meinem  Aufsatz  Befruchtung  (16, 
S.  424— 433j  gegeben. 


—   n   — 

Erzeugung  künstlicher  Astrosphären  handeln,  nur  mit 
dem  fundamentalen  Unterschied,  daß  dieselben  in  Loeb's  Versuch 
in  der  Zahl,  in  der  sie  auftreten,  und  in  allen  Qualitäten  voll- 
kommen denen  entsprechen,  die  wir  sonst  durch  Teilung  ihrer 
Ceutren  von  einer  Zellengeneration  auf  die  nächste  überliefert  sehen. 

Allein  es  besteht  noch  eine  zweite,  von  Loeb  außer  acht  ge- 
lassene Möglichkeit.  Schon  1887,  als  ich  meine  Auffassung  vom 
Wesen  der  Befruchtung  zum  ersten  Mal  darlegte,  habe  ich  für  die 
Parthenogenese  die  Annahme  aufgestellt,  daß  bei  dieser  selb- 
ständigen Entwickelung  des  Eies  die  sonst  eintretende  Rückbildung 
des  Eicentrosoma  unterbleibe.  Könnte  nun  nicht  die  LoEB'sche 
Parthenogenese  des  Seeigel-Eies  in  dieser  Weise  zu  erklären  sein  ? 
Es  liegen  ja  gerade  für  das  Seeigel-Ei  verschiedene  Erfahrungen 
vor,  welche  mit  Entschiedenheit  dafür  sprechen,  daß  hier  ein 
„Ovoceutrum"  vorhanden  ist.  Ich  eitlere  hierzu  einen  Satz, 
den  ich  vor  3  Jahren  geschrieben  habe  (19,  S.  6):  „Aus  den  Er- 
scheinungen, die  0.  und  R.  Hertwig  und  besonders  neuerdings 
R.  Heetwig  und  Ziegler  ....  festgestellt  haben,  geht  mit 
aller  Sicherheit  hervor,  daß  diesem  Kern  (dem  Eikern  im 
Seeigel-Ei)  ein  C  e  n  t  r  o  s  o  m  a  beigesellt  i  s  t  ^).  .  .  ."  Bei 
der  Befruchtung  spielt  dieses  Ovocentrum  allem  Anschein  nach 
gar  keine  Rolle;  gewisse  Reize  aber  (R.  Hertwig,  64,  Zieg- 
ler, 109,  Boveri,  19)  bringen  es  zu  einer  Wirksamkeit,  die 
freilich  in  den  bisherigen  Experimenten  eine  sehr  beschränkte  war. 
Immerhin  scheint  es  mir  nach  diesen  Erfahrungen  vorläufig  das 
Nächstliegende  zu  sein,  die  LoEß'schen  Versuche  in  der  Weise  zu 
erklären,  daß  der  veränderte  Salzgehalt  des  Wassers  das  Ovo- 
centrum zur  Aktivität  anregt,  oder  vielleicht  richtiger,  daß  die 
Versetzung  in  die  LoEB'sche  Mischung  das  Eiprotoplasma  in  eine 
Verfassung  bringt,  daß  das  Ovocentrum  wirken  kann.  Ist  diese 
Erklärung  richtig,  so  hat,  trotz  des  gleichen  Endresul- 
tates, die  Wirkung  des  MgCl^  mit  der  des  Spermato- 
zoon gar  nichts  gemein 2). 

Ich  muß  mich  damit  begnügen,  diese  Vermutung  hierher  zu 
setzen.     Gelingt  der  LoEß'sche  Versuch  an  hinlänglich  durchsich- 


1)  In  welcher  Form  dieses  Ovocentrum  vorliegt,  braucht  hier 
nicht  weiter  erörtert  zu  werden.  S.  hierüber  Abschnitt  C,  Kapitel 
VII,  b. 

2)  Es  mag  nebenbei  bemerkt  sein,  daß  Gbeeff  (47)  schon  im 
Jahre  1876  beobachtet  hat,  daß  bei  Seesternen  gelegentlich,  und  zwar 
ohne   jede    experimentelle  Beeinflussung,    Parthenogenese  vorkommt. 


—     12    — 

tigen  Eiern,  so  wird  es  nicht  schwer  sein,  nachzuweisen ,  wie  es 
sich  verhält,  und  es  wird  sich  dann  zeigen,  ob  die  Bedeutung  des 
Experiments  eine  so  revolutionäre  ist,  wie  der  Autor  annimmt. 

Wir  stehen  in  der  Centrosomenfrage  gegenwärtig  in  einer 
Periode  der  Reaktion.  Nachdem  die  Bedeutung  dieser  Gebilde, 
sowohl  was  Verbreitung  wie  Funktion  anlangt,  von  manchen  Seiten 
sehr  sta"k  überschätzt  worden  ist,  zeigen  uns  Erscheinungen,  wie 
das  FiscHEE'sche  Buch  und  die  Vorstellungen  einiger  amerika- 
nischer Forscher,  den  nach  meiner  Meinung  nicht  minder  ver- 
fehlten Rückschlag.  Aus  diesen  Extremen  und  in  diesem  Wider- 
streit wird  sich  allmählich  eine   richtige  Bewertung   herausbilden. 

Es  geht  schon  aus  dem  Titel  dieser  Arbeit  hervor,  daß  der 
Gegensatz,  in  welchem  meine  Erfahrungen  und  Anschauungen  über 
die  Cytocentren  zu  denen  M.  Heidenhain's  stehen,  hier  noch  ein- 
mal zu  erörtern  ist,  und  daß  ich  also  auf  die  Schriften  Heiden- 
hain's  von  1897  (55,  57),  soweit  sie  unseren  Gegenstand  betreffen, 
werde  einzugehen  und  auf  seine  Einwände  gegen  meine  Auffassung 
werde  zu  antworten  haben.  Diese  Erwiderung  wird  eine  lediglich 
sachliche  sein,  und  man  erwarte  nicht,  daß  ich  das,  was  es  diesem 
Autor  gefallen  hat,  über  mich  und  meine  Untersuchungen  zu 
sagen,  anders  als  durch  Konstatierung  des  Sachverhaltes  beant- 
worten werde.  Wer  das  im  folgenden  an  Thatsachen  Nieder- 
gelegte gelesen  haben  wird  und  mit  meinen  früheren  Arbeiten  be- 
kannt ist,  der  ist  in  der  Lage,  die  Berechtigung  und  den  Charakter 
der  Angriffe  M.  Heidenhain's  zu  beurteilen.  Ueber  diese  Art 
von  Polemik  ein  weiteres  Wort  zu  verlieren,  darauf  glaube  ich 
verzichten  zu  dürfen. 


Abschnitt  A. 

Zur  Kritik  der  Eisenhämatoxylin-Färbung.    Künstliche 
Centralkörperchen. 

Die  folgenden  Betrachtungen  machen  nicht  den  Anspruch,  zur 
Theorie  der  histiologischeu  Färbungen  etwas  beizutragen  ;  immerhin 
dürften  die  zu  schildernden  Thatsachen  bei  denjenigen  Forschern, 
die  jenem  Problem  nachgehen,   einige  Beachtung  verdienen.     Was 


—     13     — 

ich  hier  beabsichtige,  ist  lediglich,  darauf  aufmerksam  zu  machen, 
welche  Vorsicht  bei  der  Deutung  der  Eisenhämatoxylinbilder, 
speciell  für  die  Darstellung  der  Centrosomen,  geboten  ist. 

Der  Reiz  und  große  Wert  der  Eisenhämatoxylinfärbung  liegt 
darin,  daß  man  mit  ihrer  Hilfe  imstande  ist,  gewisse  Elemente 
des  mikroskopischen  Bildes,  die  auf  andere  Weise  nur  wenig  oder 
bei  besonderer  Kleinheit  gar  nicht  mehr  unterscheidbar  sind,  in 
tiefer  Schwarzfärbung  aus  einer  fast  farblosen  Umgebung  mit  einer 
nicht  zu  überbietenden  Schärfe  hervortreten  zu  lassen. 

Freilich  enthält  diese  extrem  scharfe  Differenzierung  auch 
einige  unmittelbare  Nachteile,  nämlich  einmal,  daß  alle  in  den 
schwarz  gefärbten  Teilen  vielleicht  noch  vorhandenen  Strukturen 
verschwinden  müssen  ^),  zweitens  aber,  daß  alle  nicht  oder  auch 
vermittelst  einer  Vor-  oder  Nachtinktion  anders  gefärbten  Struk- 
turen der  Umgebung  um  so  weniger  gut  hervortreten.  Besonders 
in  der  unmittelbaren  Nachbarschaft  des  schwarz  gefärbten  Bereiches 
macht  der  Kontrast  nach  meinen  oft  wiederholten  Erfahrungen 
eine  Analyse  viel  schwieriger,  als  wenn  die  Eisenhämatoxylin- 
Färbung  unterblieben  ist,  und  es  dürfte  hauptsächhch  diesem  Um- 
stände zuzuschreiben  sein,  daß  Kostanecki  und  Siedlecki  (73)  im 
Ascaris-Ei  die  wirkliche  Grenze  des  Centrosoras  vollkommen  über- 
sehen konnten. 

Doch  ist  dieser  Umstand  bei  der  Beurteilung  von  Eisen- 
hämatoxylin-Präparaten  von  viel  geringerer  Bedeutung  als  eine 
andere  Erscheinung,  welche  ganz  unabhängig  von  der  Schärfe  des 
Sehens  zu  Täuschungen  führen  muß  und  vielfach  schon  geführt 
hat.  Wer  sog.  gelungene  Eisenhämatoxylin-Präparate  ohne  ge- 
nauere Prüfung  der  Methode  betrachtet,  dem  wird  ihre  ungemeine 
Klarheit  und  Schärfe  die  Ueberzengung  erwecken,  daß  in  den 
schwarz  gefärbten  Teilen  des  Präparates  celluläre  Elemente  dar- 
gestellt seien,  die,  von  ihrer  Umgebung  hochgradig  ditferent,  durch 
eine  äußerst  scharfe  Grenze  von  ihr  abgesetzt  sind ;  ja  es  scheint 
die  Eisenhämatoxylin-Färbung,  was  Klarstellung  einer  Grenze  an- 
langt, jedes  andere  Färbungsverfahren  weit  zu  übertreffen.  Allein 
einige  Aufmerksamkeit  bei  öfterer  Anwendung  des  Farbstoffes  muß 
diese  Zuversicht  alsbald  erschüttern. 


1)  Es  ist  deshalb  sonderbar,  wenn  Autoren,  welche  Centro- 
somen  lediglich  mit  Eisenhämatoxylin  als  durch  und  durch  schwarze 
Kugeln  dargestellt  haben  eine  weitere  Struktur  derselben  in  Ab- 
rede stellen. 


—     14     - 

Das  Eisenbämatoxylin-Bild  kommt  bekanntlich  in  der  Weise 
zu  Stande,  daß  nach  der  Hämatoxylin-Behandlung  zunächst  alle 
Teile  des  Präparates,  soweit  sie  sich  überhaupt  imbibieren,  voll- 
kommen schwarz  sind,  und  daß  dann  in  der  Eisenlösung  einzelne 
sich  rasch,  andere  sehr  langsam  entfärben,  so  daß  schließlich  das 
Bild  einzelner  aus  hellem  Grunde  intensiv  schwarz  hervortretender 
Figuren  entsteht.  Für  diese  verschiedene  Schnelligkeit  der  Ent- 
färbung mögen  zum  Teil  chemische  Unterschiede  zwischen  den 
einzelnen  Zellenbestandteilen  in  Betracht  kommen,  gewiß  aber  ist 
dieselbe  in  hohem  Maße  davon  abhängig,  ob  der  einge- 
lagerte Farlj Stoff  für  die  ihn  auswaschende  Eisen- 
lösung leichter  oder  schwieriger  zugänglich  ist. 

Wie  bestimmend  dieses  Moment  ist,  dafür  führe  ich  einen 
groben,  aber  darum  gerade  besonders  klaren  Fall  an,  den  übrigens 
jeder,  der  Ascaris-Eier  schneidet,  sich  leicht  zur  Anschauung 
bringen  kann.  Diese  Eier  haben  auf  der  Außenseite  ihrer  Schale 
eine  Substanzlage,  die  in  vielen  Farbstoffen,  z.  B.  in  Karmin  und 
Hämatein,  eine  intensive  Färbung  annimmt.  Auch  in  Eisen- 
hämatoxylin  bleibt  diese  Oberflächenschicht  zunächst  schwarz  ^), 
entfärbt  sich  jedoch  früher  als  das  Chromatin  und  die  Centro- 
somen, wenn  auch  an  verschiedenen  Stellen  verschieden  rasch. 
Nur  da,  wo  zwei  Eischalen  einander  berühren,  geht  die  Entfärbung 
viel  langsamer  von  statten,  und  man  erhält  so  auf  einer  gewissen 
Entfärbungsstufe  ein  Bild,  wie  es  in  Fig.  16  (Tat.  I)  dargestellt 
ist,  wo  die  Berührungsfläche  zweier  Eischalen  durch  einen  schwarzen 
scheibenförmigen  Fleck  —  im  Durchschnitt  eine  kurze  dicke  Linie 
—  markiert  ist,  während  alle  übrigen  Teile  schwach  gefärbt  oder 
bereits  ganz  farblos  sind.  Untersucht  man  ein  solches  Präparat 
mit  starker  Vergrößerung,  so  zeigt  sich,  daß  genau,  soweit  die 
beiden  Schalen  aneinander  stoßen,  die  erwähnte  Oberflächenschicht 
einer  jeden  Schale  den  Farbstoff  festgehalten  hat,  während  er  im 
übrigen  Bereich  vollkommen  ausgewaschen  ist. 

Man  könnte  vermuten,  daß  an  der  Berührungsstelle  zweier 
Schalen  jene  Oberflächenschicht  bei  der  Härtung  chemisch  be- 
sonders modifiziert  werde,  so  daß  sie  nun  den  Farbstoff'  fester 
binde.  Dagegen  spricht  einerseits  das  Verhalten  gegenüber  anderen 
Farbstoffen,  welche  die  Schicht   stets   gleichmäßig   um   das  ganze 


1)  Die  eigentliche  Schale  nimmt  in  Eisenhämatoxj^lin  nur  einen 
blaß-bräunlichen  Ton  an,  der  beim  Ausziehen  sofort  vollständig 
verschwindet. 


—     15     - 

Ei  herum  tingiereD,  mag  der  Farbstoff  nur  wenig  oder  stark  aus- 
gezogen sein.  Ganz  ausgeschlossen  aber  wird  eine  solche  An- 
nahme durch  folgende  Thatsache.  Wenn  man  die  in  ihrer  Ei- 
röhre  gehärteten  Eier  später  durch  Zerklopfen  voneinander  isoliert 
und  nun  schneidet,  so  entfärben  sie  sich  ringsum  so,  wie  sonst 
an  den  freien  Flächen,  während  unter  der  gemachten  Voraus- 
setzung, daß  an  der  Berührungsfläche  eine  besonders  modifizierte 
Oberflächenschicht  vorläge,  die  den  Farbstoff  länger  halten  würde, 
diese  auch  nach  der  Isolation  noch  durch  stärkere  Färbbarkeit 
ausgezeichnet  sein  müßte.  Umgekehrt  zeigen  Eischalen,  die  nach 
der  Härtung  während  der  weiteren  Präparation  deformiert  worden 
und  dadurch  in  größerer  Ausdehnung  miteinander  in  Berührung 
gekommen  sind,  jene  intensive  Färbung  nunmehr  genau  so  weit, 
als  sie  sich  jetzt  berühren.  Die  längere  Bindung  des  Farbstoffes 
an  den  Berührungsflächen  kann  demnach  nur  so  erklärt  werden, 
daß  die  auswaschende  Eiseulösung  hier  nicht  so  rasch  und  in- 
tensiv wirken  kann  wie  an  den  freien  Flächen,  indem  offenbar 
die  eigenthche  Schalensubstauz,  zwischen  welche  die  sich  be- 
rührenden Oberflächeuschichten  gewissermaßen  eingepreßt  sind,  sehr 
wenig  durchlässig  ist. 

Allgemein  aber  führt  uns  diese  Thatsache  zu  dem  Resultat: 
ein  Eisenhämatoxylin-Bild  mit  schärfstem  Gegensatz  gefärbter  und 
ungefärbter  Stellen  kann  dadurch  bedingt  sein,  daß  an  einer  Stelle 
ein  rein  mechanisches  Hindernis  die  Entfärbung,  die  an  anderen 
chemisch  und  strukturell  ganz  gleichwertigen  Stelleu  sich  ohne 
Schwierigkeit  vollzieht,  verhindert.  Indem  die  Entfärbung  an  den 
Stellen,  wo  die  Eisenlösung  direkt  zutritt,  sehr  rasch  und  voll- 
kommen von  statten  geht,  üben  Behinderungen  für  das  Hinzu- 
treten der  differenzierenden  Flüssigkeit,  die  bei  anderen  Färbungen 
gar  nicht  in  Betracht  kommen,  den  größten  Einfluß  aus. 

Auf  solche  Weise  können  auch  im  Innern  von  Zellen  und 
Geweben  Trugbilder  verschiedener  Art  entstehen,  wovon  unten 
noch  einiges  zu  erwähnen  sein  wird.  Vor  allem  aber  sei  nun  hier 
auf  eine  gerade  für  Centrosomen-Untersuchungen  wichtige  Er- 
scheinung aufmerksam  gemacht,  die  mit  der  dargelegten  Eigen- 
schaft der  Eisenhämatoxylin-Methode  eng  zusammenhängt  und  die 
ich  als  die  „Erscheinung  der  konzentrisch  en  Ent- 
färbung" bezeichnen  will^). 


1)  Einiges  hierüber  ist  bereits    in    der  Arbeit  meines  Schülers, 
des  Herrn  Dr.  E.  Fürst  (46),  mitgeteilt. 


-     16    — 

Verfolgt  man  die  Entfärbuog  eines  Schnittes  mit  stärkerer 
Vergrößerung,  so  kann  man  unter  Umständen  wahrnelimen,  daß 
sich  die  oberflächlichen  Schichten  etwas  rascher  entfärben  als 
tiefere.  Doch  treten  hierbei  schließlich  nur  selten  größere  und 
störende  Differenzen  auf,  weil  der  Schnitt  z.  B.  durch  eine  Zelle 
einen  schwammigen  Bau  besitzt  und  so  die  Differenzierungsflüssig- 
keit sehr  rasch  in  die  Tiefe  dringen  und  alle  Teile  ziemlich  gleich- 
mäßig umspülen  kann. 

Viel  ausgeprägter  zeigt  sich  die  in  Rede  stehende  Erscheinung 
im  Kleinen  an  gewissen  Zellbestandteilen,  vor  allem  an  den  Cen- 
trosomen. Ich  verweise  zunächst  auf  Figg.  7  —  10,  11  — 13 
(Taf.  I),  welche  Spermatocyten  von  Ascaris,  und  Figg.  73,  74, 
87—89  (Taf.  VI),  welche  Ascaris-Eier  und  Furchungszellen  dar- 
stellen. Figg.  7 — 10  und  74,  87  zeigen  die  Centrosomen  in  ihrer 
richtigen  Größe,  so  wie  sie  an  ungefärbten,  in  Wasser  unter- 
suchten Präparaten  oder  mit  anderen  Färbungsmitteln  erscheinen. 
Läßt  man  nun  auf  ein  solches  Präparat  die  Eisenlösung  länger 
einwirken,  so  entstehen  allmählich  die  Bilder  der  Figg.  11 — 13 
bezw.  73  und  88-89b. 

„Es  wird  dabei"  —  wie  schon  E.  Fürst  (46)  diese  Verhält- 
nisse beschrieben  hat  —  „die  schwarze  Kugel  successive  kleiner, 
und  man  kann,  von  der  .  .  .  wirklichen  Größe  an,  jede  beliebige 
Größe  bis  zu  einem  kaum  mehr  wahrnehmbaren  schwarzen  Pünktchen 
erreichen."  Wie  bereits  dort  mitgeteilt,  habe  ich  ein  und  den- 
selben Schnitt  in  5  verschiedenen  Etappen  immer  weiter  extrahiert, 
wobei  die  schwarz  gefärbte  Kugel  successive  kleiner  wurde,  aber 
immer  annähernd  rund  und  aufs  schärfste  begrenzt  blieb.  „Dieser 
Umstand,  daß  die  Eisenlösung  den  Lack  nicht  diffus  aus  den 
Centrosomen  extrahiert,  sondern  in  konzentrischen  Schichten  nach 
und  nach  sozusagen  wegfrißt,  ist  es,  der  den  Beobachter  so  leicht 
zu  der  Meinung  verleiten  kann,  daß  er  in  dem  jeweils  schwarz 
gefärbten  Bereich  ein  reales  Gebilde  der  Zelle  vor  sich  habe. 
Denn  nichts  sieht  mehr  Vertrauen  erweckend  aus,  als  eine  intensiv 
schwarz  gefärbte,  scharf  begrenzte  Stelle  in  einer  entfärbten  Um- 
gebung. Trotzdem  handelt  es  sich  in  diesen  verkleinerten  schwarzen 
Kugeln  um  Artefakte ;  sowie  man  noch  weiter  entfärbt,  bleibt  an 
der  früheren  Begrenzungsfläche  keine  irgendwie  nachweisbare 
Struktur  übrig,  welche  berechtigen  würde,  gerade  hier  die  Grenze 
des  Centrosoms  zu  setzen." 

Auch  andere  Teile  der  Zelle  zeigen  diese  Erscheinung,  sehr 
deutlich   z.   B.  die   Chromosomen.     Vergleicht    man  die  4  Bilder 


-     17     - 

Fig.  87 — 89b  (Taf.  VI),  so  sieht  man,  wie  genau  parallel  der 
konzentrischen  Entfärbung  und  scheinbaren  Verkleinerung  der 
Centrosomen  eine  solche  der  Chromosomen  sich  vollzieht,  so  daß 
diejenigen  der  Fig.  89b  nur  noch  den  halben  Durchmesser  von 
denen  der  Fig.  87  zu  besitzen  scheinen.  In  Fig.  89a  und  89b  ist 
ein  und  dasselbe  Präparat  auf  zwei  sehr  nahe  bei  einander 
liegenden  Entfärbungsetappen  abgebildet;  schon  hier  ist  von  einem 
zum  anderen  die  Abnahme  in  den  Dimensionen  der  Chromosomen 
sehr  deutlich. 

Ich  denke,  daß  schon  die  bisher  angeführten  Thatsachen  über- 
zeugend genug  sind;  doch  sei  noch  ein  besonders  frappanter  Fall 
angeführt,  bei  dem  jeder  Zweifel,  daß  es  sich  um  eine  artificielle 
Verkleinerung  handelt,  ausgeschlossen  ist.  Fast  stets  findet  man 
an  den  Schnitten  durch  befruchtete  Seeigel-Eier,  wenigstens  auf 
den  Anfangsstadieu,  der  Dotterhaut  außen  einige  nicht  einge- 
drungene Spermatozoen  anhängen.  In  der  Regel  zeigen  dieselben 
das  Bild  der  Fig.  14a,  b,  c  (Taf.  I) ;  der  Kopf  (Kern)  ist  intensiv 
schwarz,  höchstens  die  Spitze  etwas  heller,  das  Mittelstück  tief 
dunkelgrau  und  fast  stets  einheitlich  und  homogen.  Ist  dagegen 
das  Präparat  stärker  entfärbt,  so  kann  man  Bilder  erhalten,  wie 
sie  in  Fig.  14d — f  gezeichnet  sind.  Au  Stelle  von  Kopf  und 
Mittelstück  sieht  man  3  oft  aufs  schärfste  begrenzte  schwarze 
Punkte,  einen  größeren,  länglich-kegelförmigen,  der  dem  Kopf 
entspricht,  und  in  der  Verlängerung  seiner  Längsachse  2  bald 
größere,  bald  kleinere  quer  gestellte,  die  im  Mittelstück  ihre  Lage 
haben.  Die  Bilder  sind  etwas  variabel,  was  hauptsächlich  durch 
die  wechselnde  Lage  bedingt  zu  sein  scheint.  An  manchen  Sperma- 
tozoon zeigt  sich  dem  Mittelstück  entsprechend  ein  queres  Stäb- 
chen (Fig.  14g);  sieht  man  in  der  Richtung  der  Spermatozoen- 
achse,  so  erhält  man  gewöhnlich  das  Bild  der  Fig.  14h.  Daß  nun 
der  kegelförmige  schwarze  Bereich  im  Kopf  nicht  den  ganzen 
Spermakern  repräsentiert,  ist  klar;  des  weiteren  wird  niemand 
annehmen,  daß  in  diesem  Kern  eine  centrale  Difl'erenzieruug  von 
der  abgebildeten  Form  vorhanden  sei.  Ueberdies  wird  dies  da- 
durch ausgeschlossen,  daß  der  schwarze  Fleck  je  nach  dem  Grade 
der  Entfärbung  verschieden  groß  ausfällt.  Wir  haben  es  also  hier 
sicher  mit  einem  reinen  Kunstprodukt  als  Folge  konzentrischer 
Entfärbung  zu  thun.  —  Wie  geringe  Unterschiede  nur  nötig  sind, 
um  den  Färbungseffekt  sehr  verschieden  zu  gestalten,  geht  daraus 
hervor,  daß  der  Kopf  eines  eingedrungenen  Spermatozoon,  welcher 
dem  gleichen  Ei  und  gleichen  Schnitt  angehört   wie  die    eben  be- 

B  0  V  e  r  i ,  Zellea-Studien.   IV.  O 


—     18    — 

sprochenen,  und  ebenso  die  freien  Köpfe  benachbarter  Schnitte- 
des  gleichen  Objektträgers  vollkommen  schwarz  sind. 

Schon  an  den  freien  Spermaköpfen  ist  es,  wenn  sie  ober- 
flächlich entfärbt  sind,  schwierig,  im  Balsampräparat  ihre  Be- 
grenzung festzustellen.  Denkt  man  sich  nun  ein  solches  Gebilde 
in  eine  ihm  ziemlich  gleichartige  Umgebung  versetzt,  so  wird  es 
fast  unmöglich  sein,  seine  wahre  Grenze  zu  bestimmen,  und  man 
wird,  wo  andere  Kriterien  fehlen,  nur  zu  leicht  geneigt  sein,  sie 
dahin  zu  verlegen,  wo  die  Schwarzfärbung  aufhört. 

Noch  in  anderer  Beziehung  sind  die  fraglichen  Präparate 
lehrreich.  Die  starke  Entfärbung  läßt  in  dem  Mittelstück  ein 
Doppelkörperchen  zum  Vorschein  kommen.  Die  Bedeutung  dieses 
Befundes  kann  hier  unerörtert  bleiben;  jedenfalls  muß  ihm  eine 
reale,  wenn  auch  vielleicht  durch  das  Absterben  deutlicher  werdende 
Struktur  zu  Grunde  liegen.  Vielfach  sind  im  Mittelpunkt  von 
Astrosphären  solche  Doppelkörperchen  darstellbar,  und  es  wird 
von  manchen  Seiten  behauptet,  daß  sie  nicht  Einschlüsse  eines 
größeren  Körperchens  seien,  sondern  direkt  in  die  „Sphäre"  ein- 
gelagert. Findet  sich  an  ihrer  Stelle  ein  größerer  Bereich  schwarz 
gefärbt,  so  bezeichnet  z.  B.  Heidenhain  dies  als  eine  Ver- 
klumpungsfigur.  Ich  bezweifle  nun  keineswegs,  daß  in  manchen 
Fällen  dadurch,  daß  zwei  dicht  benachbarte  Körperchen  den 
zwischen  ihnen  abgelagerten  Farbstoff  der  differenzierenden  Flüssig- 
keit schwer  zugänglich  machen,  ein  scheinbar  einheitliches  Gebilde 
vorgetäuscht  wird;  daß  jedoch  nicht  alle  derartigen  Bilder  so  zu 
deuten  sind,  zeigt  das  Mittelstück  des  Seeigel-Spermatozoon.  Denn 
daß  der  größere  einheitliche  Körper,  den  man  bei  stärkerer  Eisen- 
hämatoxylin-Färbung  erhält,  ein  reales  Gebilde  ist,  lehrt  die  Beob- 
achtung im  Leben.  So  bin  ich  der  Ueberzeugung,  daß  überall  da, 
wo  in  einer  Sphäre  an  Stelle  zweier  kleiner  Körnchen  ein  be- 
trächtlich größerer  Bereich  schwarz  gefärbt  werden  kann,  diesem 
Verhalten  eine  besondere  Struktur  zu  Grunde  liegen  muß. 

Auch  an  den  Spiudelfasern  und  Polradien  habe  ich  gelegent- 
lich die  Erscheinung  der  konzentrischen  Entfärbung  konstatiert. 
Zu  einer  Zeit,  wo  dünne  Radien  bereits  ganz  entfärbt  sind,  können 
dickere  noch  durch  scharfe  intensiv  schwarze  Linien  markiert  sein, 
so  daß  man  unter  Umständen  zu  der  Meinung  verleitet  werden 
kann,  Bildungen  von  zweierlei  Art  vor  sich  zu  haben. 

Zu  erklären  scheinen  mir  diese  Thatsachen  so  zu  sein,  daß 
die  Eisenlösung  nur  sehr  langsam  ins  Linere  der  genannten  Zell- 
bestandteile vordringen  kann  und  so  zuerst  den  peripheren  Schichten 


—     19     — 

die  Farbe  entzieht,  erst  allmählich  den  tieferen.  Ja,  die  ungemein 
scharfe  Grenze,  bis  zu  welcher  die  Entfärbung  an  den  Centro- 
somen und  Chromosomen  jeweils  vorgedrungen  ist,  so  daß  volle 
Farblosigkeit  direkt  an  intensivstes  Schwarz  stößt,  könnte  viel- 
leicht dafür  sprechen,  daß  gerade  in  der  Imprägnation  mit  dem 
ohne  Zweifel  sehr  dichten  Farbstoff  ein  Hindernis  für  das  Ein- 
dringen der  Eisenlösung  gegeben  ist,  so  daß  dieselbe  nur  immer 
an  der  jeweiligen  Grenze  ihre  auflösende  Wirkung  entfalten  kann. 

Von  Wichtigkeit  ist  es  nun,  daß  die  besprochene  konzentrische 
Entfärbung  nicht  immer  und  iüberall  eintritt,  sondern  daß  auch 
eine  diffuse  vorkommt,  wobei  der  schwarze  Bereich,  ohne  sich 
zu  verkleinern,  allmählich  blasser  wird.  Diese  Art  der  Entfärbung 
findet  sich  nach  den  Angaben  meines  Schülers,  Prof.  F.  M.  Mao 
Faeland  (79)  stets  an  den  Centrosomen  der  Ovocyten  von  Di- 
aulula.  Aber  auch  an  Objekten,  die  sonst  in  ausgeprägtester 
Weise  die  konzentrische  Entfärbung  darbieten,  wie  an  den  Centro- 
soraen  der  Ascaris-Spermatocyten,  habe  ich'  bei  ganz  gleicher  Kon- 
servierung manchmal  ditfuse  Entfärbung  erhalten,  wie  Figg.  1 — 6 
(Taf.  I)  lehren,  wo  die  Centrosomen  einen  blassen  grauen  Ton 
zeigen  und  nur  die  Centralkörner  schwarz  geblieben  sind.  Da 
sich  diese  diffuse  Entfärbung  nur  an  Präparaten  fand,  die  längere 
Zeit  in  Kanadabalsam  eingeschlossen  gewesen  waren  und  dann 
wieder  weiter  entfärbt  wurden,  so  mag  es  sein,  daß  diese  Zwischen- 
prozeduren einen  Anteil  an  ihrem  Zustandekommen  haben.  In- 
tensiver habe  ich  mich  um  die  Aufklärung  dieser  Verschieden- 
heiten, wie  auch  noch  anderer  zwischen  der  konzentrischen  und 
diffusen  Entfärbung  in  der  Mitte  stehender  Entfärbungseftekte 
nicht  bemüht. 

Bei  dieser  Gelegenheit  sei  noch,  um  das  Kapriziöse  der  Eisen- 
hämatoxylin-Färbung  weiterhin  zu  illustrieren,  bemerkt,  daß  mir 
an  Ascaris-Eiern,  die  in  Alkohol-Essigsäure  konserviert  waren  — 
eine  Konservierung,  welche  im  allgemeinen  bei  Eisenhämatoxylin- 
Behandlung  eine  vorzügliche  Färbung  der  Centrosomen  gestattet  — 
ein  Fall  vorgekommen  ist,  in  dem  die  Centrosomen  bei  dem  ersten 
Auswaschen  schon  die  Farbe  vollständig  abgeben,  so  daß  auf 
einem  Entfärbungszustand,  wo  das  Protoplasma  noch  grau,  die 
Chromosomen  in  voller  Größe  schwarz  gefärbt  sind,  die  Centro- 
somen sich  in  dem  Grad  ihrer  Tinktion  von  der  Umgebung  nicht 
unterscheiden. 

Das  Gesagte  genügt,  um  zu  zeigen,  wie  variabel  die  Eisen- 
hämatoxylin-Färbung  schon  unter  normalen  Verhältnissen  ausfallen 

2* 


/ 


-     20     - 

kann  und  mit  welchen  Kunstprodukten  man  bei  ihrer  Anwendung 
zu  rechnen  hat.  Die  herrschende  Meinung  scheint  die  zu  sein, 
daß  stark  entfärbte  Präparate  die  zuverlässigsten  seien.  Das  hier 
Mitgeteilte  lehrt,  daß  in  vielen  Fällen  das  Gegenteil  richtig  ist. 
Jedenfalls  zeigen  meine  Erfahrungen,  daß  es  ganz  unzulässig  ist, 
bis  zu  einem  beliebigen  Grad  zu  extrahieren  und  das  so  ge- 
wonnene Bild  ohne  weiteres  als  dem  wirklichen  Verhalten  ent- 
sprechend anzusehen;  vielmehr  ist  es  für  jedes  neu  zu  studierende 
Objekt,  abgesehen  von  der  Kontrolle  durch  andere  Methoden,  un- 
erläßlich, durch  Entfärbung  in  Etappen  die  Wirkungsweise 
des  Verfahrens  zu  erproben.  Sowohl  die  frühesten  Entfärbungs- 
stufen sind  zu  prüfen,  damit  mau  sicher  ist,  ob  nicht  durch 
weiteres  Auswaschen  künstliche  Verkleinerungen  entstehen,  als  auch 
die  Auswaschung  successive  bis  zu  fast  völliger  Entfärbung  zu 
treiben,  um  festzustellen,  ob  in  dem  schwarz  gefärbten  Gebilde 
nicht  noch  feinere  Strukturen  enthalten  sind. 

Daß  die  Nichtbefolgung  dieser  Forderungen  zu  irrigen  Vor- 
stellungen über  die  Centrosomen  führen  muß,  lehrt  die  Arbeit  von 
KosTANECKi  und  SiDLECKi  Über  das  Ascaris-Ei  (vgl.  die  Arbeit 
vor  Fürst  [46]  und  das  unten  über  diesen  Gegenstand  Gesagte). 
Neben  den  künstlich  verkleinerten  Centrosomen  dieser  Autoren 
können  aber  noch  andere  Trugbilder  vorkommen.  So  muß  in 
Fällen,  wo  ein  sich  teilendes  Centrosom  Hantelform  annimmt,  bei 
konzentrischer  Entfärbung,  der  dünnere  Stiel  zuerst  alle  Farbe 
verlieren,  und  das  Bild  zweier  anscheinend  bereits  voneinander 
getrennter  Centrosomen  entstehen. 

Diese  Erscheinung  der  scheinbaren  Diskontinuität 
habe  ich  im  Groben  sehr  schön  an  eigentümlichen  Ballen  von 
fettartig  aussehenden,  im  allgemeinen  kugeligen  Körpern  beob- 
achtet, die  man  unter  den  künstlich  entleerten  Seeigel-Eiern  sehr 
häufig  antrifft  und  die  wohl  aus  dem  Ovarium  stammen.  Man 
findet  darunter  manchmal  eingeschnürte  und  unregelmäßig  ge- 
lappte Formen,  wie  in  Fig.  15a,  b  (Taf.  I)  zu  sehen.  Diese  Ge- 
bilde zeigen  sehr  schön  das  Phänomen  der  konzentrischen  Ent- 
färbung und,  wie  von  vornherein  nicht  anders  zu  erwarten,  eine 
vollständige  Entfärbung  zuerst  an  den  dünnsten  Stellen.  So  wird 
der  schwarz  gefärbte  Bereich  hier  unterbrochen,  und  in  Fällen, 
wo  dieser  allein  deutlich  sichtbar  wäre,  würde  man  glauben,  zwei 
völlig  getrennte  Körper  vor  sich  zu  haben. 

Auch  scheinbar  verschiedene  Größe  der  beiden 
in  einer  Zelle  vorhandenen  Centrosomen  kann,  wie  ich 


—    21     - 

mich  überzeugt  habe,  künstlich  hervorgebracht  werden.  Nachdem 
ich  zuerst  an  Schnitten  durch  Ascaris-Spermatocyten  beobachtet 
hatte,  daß  die  Centrosomen  nach  der  Eisenhämatoxylin-Behandlung 
in  dicken  Schnitten  durchgängig  größer  aussehen  als  in  dünnen 
des  gleichen  Objektträgers ,  fand  ich  einen  Fall ,  wo  in  einem 
Schnitt  durch  eine  solche  Zelle,  deren  eines  Centrosom  tief  unten, 
das  andere  ganz  oberflächlich  lag,  ersteres  voll  gefärbt  war,  wäh- 
rend in  dem  hoch  gelegenen  die  Farbe  bis  auf  ein  ganz  kleines 
Pünktchen  ausgewaschen  war. 

Was  nun  die  Forderung  sehr  weitgehender  Entfärbung  zum 
Zweck  der  Darstellung  allenfalls  vorhandener  feinerer  Strukturen 
anlangt,  so  handelt  es  sich  speciell  bei  den  Centrosomen  haupt- 
sächlich um  den  Nachweis  des  von  mir  zuerst  im  Ascaris-Ei  an 
ungefärbten  Präparaten  aufgefundeneu  Centralkorns,  das,  wie. 
ich  nach  meinen  seitherigen  Untersuchungen  annehmen  möchte, 
allen  Centrosomen  auf  allen  Stadien  ihres  Bestehens  zukommt. 
Die  Existenz  dieses  Gebildes  läßt  sich  mit  Eisenhämatoxylin  nur 
dann  sicherstellen,  wenn  entweder  die  Substanz  des  Centrosoms 
selbst  den  Farbstoff  sehr  rasch  abgiebt,  so  daß  bei  der  Differen- 
zierung sofort  das  Centralkorn  erscheint,  oder  wenn  die  Ent- 
färbung des  Centrosoms  diffus  vor  sich  geht,  wobei  dann  in  dem 
allmählich  blasser  werdenden  Körper  ein  centrales  schwarzes 
Pünktchen  mit  immer  größerer  Deutlichkeit  hervortritt  (Fig.  4—6, 
Taf.  I).  Entfärbt  sich  ein  Centrosom  dagegen  konzentrisch, 
so  führt  die  Extraktion  zwar  schließlich  auch  zur  Darstellung  eines 
kleinen  schwarzen  Pünktchens,  allein  dieses  könnte  nach  dem  oben 
Gesagten  ebenso  gut  ein  Artefakt  sein.  Es  giebt  nur  ein  Sta- 
dium, wo  die  Eisenhämatoxylin-Methode  bei  konzentrischer 
Entfärbung  das  Vorhandensein  der  Centralkörner  darthun  kann: 
dann  nämlich,  wenn  beim  Auswaschen  zwei  oder  mehrere 
schwarze  Pünktchen  im  Innern  des  Centrosoms  übrig  bleiben. 
Denn  diese  müssen  dann  durch  specifische  Stellen  bedingt  sein. 


Wie  nun  die  Eisenhämatoxylin-Methode  an  normalen  Ob- 
jekten gewisse  Teile  so  überaus  scharf,  ja  man  darf  sagen,  manch- 
mal unnatürlich  scharf  hervorhebt,  so  bringt  sie  auch  die  Pro- 
dukte pathologischer  Veränderungen  der  Zellen  oder  der  bei 
der  Konservierung  auftretenden  Ausfällungen  unter  Umständen  in 
gleicher  Schärfe  und  Klarheit  zur  Anschauung.  Auf  diese  Weise 
kommt    eine    zweite    Art   künstlicher   Centralkörper   zu- 


•f^ 


—     22     — 

Stande,  denen  freilich  die  Vergleichung  mit  den  normalen  ohne 
weiteres  ihre  richtige  Stelle  zuweist  und  die  deshalb  kaum  einer 
besonderen  Erwähnung  bedürften,  wenn  nicht  M.  Heidenhain  (55) 
solche  pathologische  Zustände  zur  neuen  Grundlage  seiner  „Mikro- 
centren"-Lehre  gemacht  hätte. 

In  den  verschiedensten  Objekten  nämlich  zeigen  die  Centro- 
someu  eine  Neigung  zu  körnigem  Zerfall,  den  ich  zwar  meist  nur 
in  Zellen  gefunden  habe,  die  auch  in  ihrer  Protoplasmastruktur 
eine  krankhafte  Beschaffenheit  aufweisen,  der  aber  doch  auch  in 
sonst  scheinbar  normalen  Zellen  eintreten  kann.  Dieser  patho- 
logische Prozeß,  im  einzelnen  wechselnd  verlaufend,  besteht  darin, 
daß  die  vorher  homogen  oder  netzig-wabig  erscheinende  Substanz 
des  Centrosoms  sich  differenziert  in  eine  homogene  Grundmasse 
und  in  mehr  oder  weniger  zahlreiche  Körner  von  sehr  wechselnder 
Größe.  Diese  Körner  oder  Tröpfchen  bleiben  in  Eisenhämatoxylin 
schwarz,  während  die  Grundmasse  sich  rasch  entfärbt.  So  be- 
richtet Mac  Farland  von  Diaulula-Eiern  (79,  S.  248) :  „In  einem 
Stück  des  Laiches  zeigten  alle  Eier  an  Stelle  der  beschriebenen 
Centrosomen  ^)  unregelmäßige  Häufchen,  aus  einer  großen  Menge 
winziger  Körnchen  zusammengesetzt.  Der  ganze  übrige  Zustand 
dieser  Eier  läßt  keinen  Zweifel,  daß  es  sich  hier  um  krankhafte 
Veränderungen  handelt,  die  insofern  nicht  ohne  Interesse  sind, 
als  sie  darthun,  wie  leicht  zerstörbar  diese  Gebilde  sind." 

Ganz  entsprechende  pathologische  Zustände  habe  ich  auch  in 
Ascaris-  und  Seeigel-Eiern  nicht  gar  selten  gefunden.  Figg.  17 
und  18  (Taf.  1)  geben  davon  Beispiele.  In  Fig.  18,  welche  einen 
Schnitt  durch  eine  Furchungszelle  von  Ascaris  wiedergiebt,  sind 
an  Stelle  des  Centrosoms  4  schwarz  gefärbte  Körperchen  zu  sehen, 
in  Fig.  17  von  einem  Seeigel-Ei  ist  ein  Zerfall  der  Centrosomeu 
in  sehr  zahlreiche  kleine  Körnchen  eingetreten,  die  in  ihrer  Größe 
ungefähr  dem  Centralkorn  dieser  Centrosomen  entsprechen. 


Die  vorstehenden  Bemerkungen  werden  genügen,  um  das,  was 
ich  schon  im  Jahre  1895  über  das  Eisenhämatoxylin  als  Dar- 
stellungsmittel für  Centrosomen  gesagt  habe  (17,  S.  02),  in  jeder 
Hinsicht  vollständig  zu  rechtfertigen. 


1)  homogener  Kugeln  mit  Centralkorn. 


—    23    — 

Abschnitt  B. 

Specieller  Teil. 

1.  Die  Teilung  der  Centrosomen  in  den  Spermatocyten  Ton 
Asearis  megalocephala. 

üeber  die  Gestalt  uad  Größe  der  Centrosomen  in  den  Ascaris- 
Spermatocyten,  sowie  über  die  Wirkung  des  Eisenhämatoxylins 
auf  diese  Körperchen  hat  vor  kurzem  E.  Fürst  (46)  in  einer  aus 
dem  hiesigen  zoologischen  Institut  hervorgegangenen  Arbeit  be- 
richtet, wobei  sich  eine  volle  Bestätigung  der  früheren  Angaben 
von  Brauer  (21)  ergeben  hat.  Ich  kann  deshalb  hier  auf  diese 
beiden  Arbeiten  verweisen  und  mich  auf  eine  genauere  Analyse 
des  Teilungsvorganges  beschränken.  Zwar  hat  Brauer  auch  diesen 
Prozeß  im  wesentlichen  völlig  richtig  beschrieben;  allein  einmal 
vermochte  ich  gewisse  Einzelheiten  doch  noch  etwas  genauer  zu 
verfolgen,  sodann  aber  gilt  es,  durch  Darstellung  der  Verhältnisse 
vermittelst  der  Eisenhämatoxylin-Methode  auch  diejenigen  Autoren 
zu  überzeugen,  die  alles,  was  auf  andere  Weise  über  die  Centro- 
somen ermittelt  wird,  mit  Mißtrauen  ansehen  zu  müssen  glauben. 

Ich  verweise  zunächst  auf  die  Figg.  7 — 10  (Taf.  I),  welche 
die  Centrosomen  in  ihrer  vollen  Größe  darstellen  ^).  Wie  FtJRST 
bereits  gezeigt  hat,  können  die  schon  von  Brauer  beschriebenen 
Körperchen  in  Eisenhämatoxyhn  durch  und  durch  schwarz  gefärbt 
sein.  Sie  sind  auf  gewissen  Stadien  sehr  groß,  verkleinern  sich 
dann  während  der  Ausbildung  der  ersten  Teilungsfigur  und  be- 
sitzen kurz  vor  ihrer  Teilung  die  in  Fig.  7  dargestellte  Größe. 
Um  diese  volle  Größe  des  Centrosoms  in  schwarzer  Färbung  zu 
erhalten,  muß  die  Entfärbung  auf  einem  Zustand  unterbrochen 
werden,  wo  die  Dotterkörner  noch  sehr  dunkel  und  auch  die 
Astrosphäre  noch  in  ihrem  centralen  Bereich  grau  gefärbt  ist. 
Zieht  man  den  Farbstoff  noch  mehr  aus,  so  ist  die  größte  Wahr- 
scheinlichkeit vorhanden,  daß  auch  die  Centrosomen  sich  bereits 
vom  Rande  her  zu  entfärben  beginnen. 

Dieses  kugelige  Centrosom  nimmt  gewöhnlich  während  der 
Metakinese   eine   längsellipsoide  Form   an   (Fig.  8),   eine   Gestalt- 


1)  Für  die  meisten  Abbildungen  habe  ich  Schnitte  gewählt, 
welche  auf  der  Achse  der  vorhergehenden  Teilungsfigur  annähernd 
senkrecht  stehen,  so  daß  von  den  Chromosomen  in  diesen  Figuren, 
nichts  getroffen  ist. 


f 


—        24:        — 

Veränderung,  welche  als  erster  Schritt  zur  Teilung  anzusehen  ist. 
Die  Achse  des  Ellipsoids  steht  gewöhnlich  senkrecht  zur  Teilungs- 
achse, aber  auch  alle  sonst  denkbaren  Stellungen  kommen  vor  und 
führen  dann  zu  ungewöhnlicher  Lagerung  der  Tochtercentrosomen, 
wovon  Beauer  in  Fig.  206  ein  Beispiel  gegeben  hat.  Die  Teilung 
des  Centrosoms  beginnt  mit  einer  Aufhellung  im  Aequator  (Fig.  9), 
wobei  es  sehr  schwer  zu  sagen  ist,  ob  eine  Einfurchung  an  dieser 
Stelle  stattfindet.  Nicht  selten  ist  das  gestreckte  Centrosom  ein 
wenig  gebogen,  und  in  diesen  Fällen  sieht  es  so  aus,  als  wenn  die 
Teilung  auf  der  konkaven  Seite  beginne,  was  an  gewisse  Modi 
der  Zellteilung  erinnert.  Die  so  gebildeten  Hälften  sind  nicht 
sofort  kugelig,  sondern  gegeneinander  abgeplattet;  auch  scheint 
es,  als  ob  sie  noch  durch  eine  weniger  färbbare  Zwischenmasse 
miteinander  verbunden  wären.  Daran  schließen  sich  Bilder  mit 
2  völlig  getrennten,  nahe  benachbarten  Körperchen  (Fig.  10),  die 
allmählich  kugelig  werden  und  bei  ihrem  weiteren  Auseinander- 
rücken sehr  erheblich  au  Größe  zunehmen. 

Die  Verhältnisse,  welche  Mac  Farland  (79)  bei  der  Teilung 
der  Centrosomen  in  den  Ovocyten  von  Diaulula  festgestellt  hat, 
ließen  mich  besondere  Aufmerksamkeit  darauf  richten,  ob  vielleicht 
auch  in  dem  vorliegenden  Objekt  bei  der  Centrosom-Teilung  ein 
mittlerer  Bereich  desselben  unter  Verlust  der  Färbbarkeit  in  die 
Bildung  einer  Centralspindel  eingeht.  Ich  glaube  jedoch  diese 
Möglichkeit  ausschließen  zu  dürfen.  Das  Aussehen  des  sich  tei- 
lenden Centrosoms  in  der  oben  besprochenen  Fig.  9  spricht  aller- 
dings dafür,  daß  eine  minimale  Aequatorialzone  des  ellipsoiden 
Körpers  nicht  mit  in  die  Tochtercentrosomen  eingeht.  Allein  zu 
einer  Centralspindel  wächst  dieser  Bereich,  über  dessen  Natur 
sich  bei  der  Kleinheit  der  Verhältnisse  kein  sicheres  Urteil  ge- 
winnen läßt,  nicht  aus ;  er  entschwindet  bei  der  Weiterentwickelung 
völlig.  Sobald  die  Tochtercentrosomen  etwas  weiter  voneinander 
entfernt  sind,  zeigen  ihre  gegeneinander  gekehrten  Flächen  eine 
ganz  scharfe  Begrenzung,  und  das  Areal,  das  zwischen  ihnen  liegt, 
läßt  durchaus  keine  Zugehörigkeit  zu  ihnen  erkennen.  So  glaube 
ich,  daß  das  Muttercentrosom  vollkommen  oder  fast 
vollkommen  in  die  beiden  Tochtercentrosomen 
übergeht. 

Was  die  Astrosphäre  anlangt,  so  lassen  sich  deren  Radien 
bis  an  das  Centrosom  verfolgen.  Wenn  dieses  sich  streckt,  wird 
auch  die  Gesamtheit  der  Radien  ellipsoid  (Fig.  8,  9).  Auf  die 
noch  dicht  nebeneinander  liegenden  Tochtercentrosomen  sieht  man 


—    25    — 

bereits  einige  neue  Radien  centriert  (Fig.  3,  4  u.  10),  wenn  auch 
äußerst  blaß  und  verschwommen.  Zwischen  ihnen  treten  beim 
weiteren  Auseinanderrücken  neue  auf  (Fig.  5  u.  6),  so  daß  bald 
2  typische  Astrosphären  hergestellt  sind.  Die  Frage,  ob  die 
beiden  Tochtercentrosomen  einfach  die  Radien  des  Muttercentro- 
soms  oder  wenigstens  einige  davon  übernehmen,  glaube  ich  fast 
mit  Sicherheit  ausschließen  zu  dürfen.  Nach  allem ,  was  ich 
gesehen  habe,  scheinen  die  alten  Radien  bei  der  Teilung  des 
Centrosoms  zu  zerfallen,  vielleicht  in  ein  schaumiges  Plasma  über- 
zugehen, aus  dem  sich  fast  unmittelbar  undeutliche,  auf  die  Tochter- 
centrosomen eingestellte  centrifugal  wachsende  Radien  wieder 
differenzieren.  Sind  die  Tochtercentrosomen  weiter  auseinander- 
gewichen, so  treten  in  reicher  Entfaltung  von  Pol  zu  Pol  ver- 
laufende Fasern  auf  (Fig.  6),  die  mit  den  frei  ausstrahlenden 
völlig  übereinstimmen  und  deren  Komplex  von  jenen  kaum  ab- 
zugrenzen ist.  Den  Ausdruck  „Centr alspindel"  würde  ich 
daher  hier  nicht  für  angebracht  halten. 

Daß  im  Vorstehenden  ein  Centrosom  oder  Central- 
körper  und  dessen  Teilung  beschrieben  worden  ist,  dürfte 
kaum  bestritten  werden.  Das  Gebilde  färbt  sich  aufs  beste  in 
Eiseuhämatoxylin  und  zeigt  Dimensionen,  die  im  Verhältnis  zur 
Größe  der  Zelle  eher  kleiner  sind  als  z.  B.  die  der  Central- 
körperchen,  welche  M.  Heidenhain  (55)  in  den  roten  Blutkörperchen 
beim  Entenembryo  gefunden  hat.  Gleichwohl  enthält  nun  dieses 
Gebilde  als  centrale  Differenzierung  noch  ein  viel  kleineres  Kör- 
perchen, das  von  mir  zuerst  im  Ascaris-Ei  aufgefundene  Gen  tral- 
korn.  Ich  gebrauche  für  dieses  Gebilde  fortan  neben  dem  Wort 
Centralkorn  den  früher  von  mir,  wenn  auch  nicht  genau  im  gleichen 
Sinne  vorgeschlagenen  Terminus  Centriol  (Centriolum,  ent- 
sprechend dem  Terminus  Nucleolusj.  Eine  genaue  Begründung 
meiner  Nomenklatur  findet  sich  im  Abschnitt  D. 

Schon  Brauer  hat  dieses  Korn  in  allen  Stadien  gefunden  und 
seine  Verdoppelung  erkannt.  Mit  Eisenhämatoxylin  einen  Beweis 
von  seiner  Existenz  zu  erbringen,  ist  nur  unter  gewissen  Um- 
ständen möglich.  Schon  im  vorigen  Abschnitt  (S.  16)  habe  ich  kurz 
auf  die  Bilder  hingewiesen,  welche  fortgesetzte  Entfärbung  an  den 
Centrosomen  unserer  Zellen  hervorbringt.  Das  gewöhnliche  Ver- 
halten ist  dieses,  daß  sich  die  Centrosomen  konzentrisch  ent- 
färben. Ich  habe  diesen  Vorgang  an  zahlreichen  markierten 
Zellen  in  einzelnen  Etappen  verfolgt;  einige  Beispiele  für  die  zu 
erzielenden  Artefakte  sind  in  Fig.  11 — 13  dargestellt,   von   denen 


—     26    — 

ich  besonders  die  Fig.  12  hervorhebe,  weil  sie  zeigt,  wie  der 
durch  das  Auswaschen  sich  verkleinernde  schwarze  Bereich  immer 
annähernd  die  Form  des  ursprünglich  gefärbten  Körpers  bewahrt. 
So  geben  kugelige  Centrosomen  schließlich  ein  kleines  kugeliges 
Pünktchen,  ellipsoide  einen  kleinen  ellipsoiden  schwarzen  Fleck. 
Allein  —  und  dies  ist  von  großer  Wichtigkeit  —  in  diesem  letz- 
teren Fall  geht  die  konzentrische  Verkleinerung  nicht  bis  zu 
völliger  Entfärbung  weiter,  sondern  es  tritt  ein  Moment  ein,  wo 
sich  der  länglich  schwarze  Fleck  in  zwei  in  seiner  Achse  gelegene 
Pünktchen  auflöst:  die  beiden  Centriolen. 

Ich  kann  darauf  verzichten,  derartige  Bilder  und  ihre  Be- 
deutung näher  zu  erörtern,  da,  wie  schon  im  vorigen  Abschnitt 
erwähnt  wurde,  an  einigen  von  meinen  Präparaten,  die  längere 
Zeit  in  Kanadabalsam  gelegen  waren,  bei  weiterer  Differenzierung 
in  der  Eisenlösung  der  in  den  Centrosoraen  abgelagerte  Farbstofif 
diffus  ausgezogen  wurde,  auf  welche  Weise  die  Bilder  der  Figg. 
1 — 6  entstehen,  wo  in  dem  grau  gefärbten  Centrosom  das  oder 
die  Centriolen  direkt  und  auf  allen  Stadien  als  schwarze  Pünktchen 
sichtbar  werden.  Wie  Fig.  1  lehrt,  kann  das  Centriol  bereits  geteilt 
sein,  wenn  das  Centrosom  noch  völlig  kugelig  ist,  seine  Ver- 
doppelung ist  demnach  als  der  erste  für  uns  erkennbare  Schritt 
zur  Teilung  des  Centrosoms  anzusehen.  Natürlich  ist  von  der 
Teilung  des  Centralkorns  bei  der  Kleinheit  der  Verhältnisse  nicht 
viel  zu  sehen;  doch  habe  ich  verschiedene  Stadien  des  Prozesses 
von  den  ersten  Anfängen  an,  wo  zwei  schwarze  Pünktchen  dicht 
aneinander  geschmiegt  sind,  vor  Augen  gehabt.  Sind  die  Tochter- 
centriolen  ein  wenig  voneinander  entfernt,  so  fand  ich  sie  manch- 
mal wie  zwei  parallele  Scheibcheu  einander  gegenüberstehend,  und 
der  ganze  Eindruck  ist  der,  daß,  wenn  wir  diese  Dinge  so  groß 
sehen  könnten  wie  etwa  einen  Zellkern,  sich  noch  manche  feinere 
Struktur  daran  möchte  erkennen  lassen. 

Während  der  Streckung  des  Centrosoms  rücken  die  Cen- 
triolen weiter  auseinander  und  werden  bei  dessen  Teilung  zu  den 
Mittelpunkten  seiner  beiden  Abkömmlinge  (Fig.  2,  3  u.  ti'.).  Wir 
können  damit  die  Beschreibung  des  Vorganges  abbrechen. 

Zum  Schluß  erwähne  ich  noch,  daß  ich  wiederholt  ungefärbte 
Schnitte  durch  Ascaris-Spermatocyten  in  Wasser  untersucht  habe, 
in  welchem  Medium  die  Centrosomen  als  sehr  stark  lichtbrechende 
Kugeln  ungemein  deutlich  hervortreten. 


—    27     - 

3.  Die  Teilung  der  Ceiitrosomen  in  den  Orocyten  TOn 
Diaulula  sandiegensis. 

Der  folgenden  Darstellung  liegen  die  Untersuchungen  von 
F.  M.  Mac  Farland  (79)  zu  Grunde,  der  die  Eireifung  bei  diesem 
Opisthobrauchier  im  Jahre  1895/96  unter  meiner  Leitung  im  hie- 
sigen zoologischen  Institut  bearbeitet  hat.  Ich  füge  eine  kurze 
Schilderung  seiner  Befunde  in  diese  Arbeit  ein,  einmal  weil  es  sich 
um  einen  ganz  besonders  lehrreichen  Fall  einer  Centrosonien- 
Teiluug  handelt,  der,  dank  den  günstigen  Untersuchungsbedingun- 
gen, mit  einer  bis  dahin  kaum  sonst  erreichten  Klarheit  verfolgt 
werden  konnte,  dann  aber  auch,  weil  ich  in  der  Lage  war,  die 
Präparate  Mac  Farland's  genau  zu  studieren  und  so  seine  An- 
gaben wie  diejenigen  einer  eigenen  Untersuchung  zu  vertreten. 

Ich  gebe  zur  Illustration  des  Vorganges  einige  Abbildungen 
bei,  welche  nach  Präparaten  und  Zeichnungen  Mac  Farland's 
angefertigt  sind.  Man  wird  die  entsprechenden  Bilder  leicht  in 
seiner  Abhandlung  finden.  Leider  sind  die  Tafeln  der  Mac  Far- 
LAND'schen  Arbeit  etwas  roh,  die  Figuren  auf  Tafel  20  direkt 
schlecht  ausgeführt,  weshalb  ich  bemerke,  daß  die  den  Abbildungen 
zu  Gi'unde  liegenden  Präparate  an  Schönheit  und  Klarheit  nichts 
zu  wünschen  übrig  lassen.  Die  von  mir  reproduzierten  Bilder  sind 
insofern  schematisch,  als  sie  lediglich  die  Centrosomen  und  Astro- 
sphären  darstellen,  ohne  Rücksicht  auf  deren  Lagerung  in  der 
Zelle  und  ohne  Berücksichtigung  der  allenfalls  im  Schnitt  vor- 
handenen Chromosomen. 

Fig.  19  (Taf.  II)  zeigt  das  innere  Centrosom  der  fertigen 
ersten  Bichtungsspindel ,  Fig.  26  die  beiden  Centrosomen  der 
zweiten  Spindel  auf  einem  Stadium,  wo  die  Chromosomen  be- 
ginnen, sich  zur  Aequatorialplatte  zu  ordnen.  Wie  dieser  letztere 
Zustand  aus  dem  ersteren  entsteht,  wird  durch  die  zwischen- 
liegenden Figuren  klargestellt. 

Das  Centrosom  der  ersten  Richtungsspindel  ist  eine  relativ 
große  homogene  Kugel  mit  einem  kleinen  Kügelchen,  dem  Central- 
korn  oder  Centriol  im  Mittelpunkt.  Die  Teilung  des  Centrosoms 
wird  eingeleitet  durch  die  Teilung  dieses  Korns,  über  die  bei  der 
Kleinheit  des  Gebildes  nichts  Näheres  zu  ermitteln  ist.  Man  sieht 
eben  zunächst  an  Stelle  des  einfachen  Centralkorns  deren  2, 
dicht  nebeneinander,  schätzungsweise  von  der  halben  Größe  des 
ursprünglichen  und  untereinander  gleich  groß  (Fig.  20).  Sind  die 
beiden  Centriolen   weiter  voneinander  entfernt,    so   läßt   sich   in 


—     28     — 

manchen  Fällen  ein  ungemein  feines  Fädchen  zwischen  ihnen  er- 
kennen (Fig.  21).  Ob  wir  darin  eine  bei  der  Teilung  des  Körper- 
chens nachbleibende  Brücke  zu  sehen  haben,  muß  unentschieden 
bleiben.  In  der  Richtung,  in  welcher  die  beiden  Centriolen  aus- 
einanderweichen, streckt  sich  das  Centrosoma  zu  einem  Ellipsoid, 
wobei  es  sich  gleichzeitig  vergrößert  (Fig.  21  u.  22).  Die  ellipsoide 
Form  geht  dann  unter  weiterem  Wachstum  in  eine  Spindelform 
mit  kugelig  aufgetriebenen  Enden  über  (Fig.  23).  Während  dieser 
Vorgänge  vollzieht  sich  in  der  anfangs  ganz  gleichmäßig  homo- 
genen Substanz  des  Centrosoms  eine  Differenzierung,  die  damit 
beginnt,  daß  die  centralen  Teile  an  Dichtigkeit  abnehmen  (Fig.  20 
u.  21).  Die  dichtere  Rindenzone  zieht  sich  sodann  mehr  und 
mehr  gegen  die  Pole  des  Ellipsoids  zusammen  (Fig.  22),  um  sich 
beim  Uebergang  zur  Spindelform  in  den  kugeligen  Endanschwel- 
lungen um  die  beiden  Centralkörner  anzusammeln.  Der  mittlere 
Teil  wird  gleichzeitig  netzig  -  faserig  (Fig.  22  u.  23) ;  er  ist  die 
Centralspindel,  während  die  Endanschwellungen  die  beiden 
neuen  Centrosomen  repräsentieren.  Die  folgenden  Bilder  zeigen, 
wie  fortan  der  ganze  Komplex  noch  sehr  beträchtlich  wächst  und 
wie  die  einzelnen  Teile  sich  schärfer  gegeneinander  absetzen 
(Fig.  25  u.  26).  So  finden  wir  schließlich  in  dem  letzten  Bilde 
wieder  2  kugelige  Centrosomen  vor,  genau  von  der  Beschafi'en- 
heit  derjenigen  der  ersten  Richtungsfigur,  verbunden  durch  eine 
mächtige  Centralspindel. 

Auch  bei  diesem  Objekt  ist  die  Wirkung  des  Eisenhämatoxylins 
von  großem  Interesse.  Die  Entfärbung  ist  eine  diffuse,  d.  h. 
die  differenzierende  Flüssigkeit  wirkt  im  Innern  ebenso  rasch  wie 
an  der  Oberfläche,  und  zwar,  wie  es  scheint,  so,  daß  die  dichtesten 
Teile  den  Farbstoff  am  längsten  halten.  Noch  auf  Stadien,  wie 
dem  der  Fig.  24,  können  in  den  ersten  Stufen  der  Entfärbung  die 
beiden  Centrosomen  samt  der  Centralspindel  als  ein  einheitlicher^ 
gleichmäßig  schwarzer  Körper  erscheinen,  bei  weiterem  Ausziehen 
wird  zuerst  die  Centralspindel  heller,  und  die  neuen  Centrosomen 
setzen  sich  als  schwarze  Kugeln  von  ihr  ab  (vgl.  Fig.  44a  bei 
Mac  Farland),  dann  entfärbt  sich  die  Centralspindel  mehr  und 
mehr  und  läßt  ihre  Faserstruktur  hervortreten,  während  nun  auch 
das  Schwarz  der  Centrosomen  in  Grau  übergeht  und  damit  die 
Centriolen  als  schwarze  Pünktchen  sichtbar  werden.  Durch  weiteres 
Ausziehen  können  auch  die  Centrosomen  völlig  farblos  gemacht 
werden,  und  als  einzig  gefärbte  Teile  bleiben  die  Centralkörner 
übrig,  bis  schließlich  auch  diese  unter  allmählicher  Verkleinerung 
verschwinden. 


-     29    — 

An  dem  Verhalten  der  Astrosphäre  sind  für  unsere  Betrach- 
tungen von  Wichtigkeit :  1)  daß  die  Radien  beim  Uebergang  des 
Centrosoms  in  die  Spindel  und  während  der  beginnenden  Difl'eren- 
zierung  der  Tochtercentrosomen  noch  immer  auf  den  spindel- 
förmigen Körper  als  Ganzes  centriert  sind,  2)  daß  die 
neuen  Radiensysteme  nicht  einfach  Fädchen  der  alten  Astro- 
sphäre übernehmen,  sondern  daß  sie  sich  neu  bilden,  während  sich 
die  alten  Radien  in  centrifugaler  Richtung  allmählich  auflösen. 

Vergleicht  man  das  beschriebene  Centrosom  und  seine  Teilung 
mit  den  unter  1.  beschriebenen  Verhältnissen  in  den  Ascaris- 
Spermatocyten,  so  kann  über  die  Gleichwertigkeit  dessen,  was  hier 
und  dort  als  Centrosoma  bezw.  als  Ceutriol  bezeichnet  worden 
ist,  kein  Zweifel  bestehen.  Auch  die  Anfangsstadien  der  Teilung : 
die  Verdoppelung  des  Centralkorns,  die  darauf  folgende  Streckung 
des  kugeligen  Centrosoms  zum  Ellipsoid  mit  der  entsprechenden 
Umformung  der  Astrosphäre  sind  nahezu  identisch.  Allein  im 
weiteren  Verlauf  tritt  ein  erheblicher  Unterschied  ein.  Während 
das  Centrosom  der  Ascaris-Spermatocyten  sich  direkt  in  die  beiden 
Tochtercentrosomen  spaltet,  bilden  sich  die  Tochtercentrosomen 
in  den  Ovocyten  von  Diaulula  durch  Diti'erenzierung  aus  dem  ge- 
waltig anwachsenden  Muttercentrosom.  Und  wenn  man  also  auch 
diese  beiden  Körper,  wie  Mac  Farland  (S.  255)  schreibt,  „als 
durch  Teilung  aus  einem  Muttercentrosoma  entstanden"  be- 
zeichnen darf,  so  ist  dies  doch  in  unserem  Falle  keine  einfache 
Teilung  in  der  Weise,  daß  das  Muttercentrosoma  ganz  in  den 
Tochtercentrosomen  aufginge,  sondern  es  bleibt  ein  beträchtlicher 
Rest  übrig,  der  gewissermaßen  ausgeschaltet  und  abgestoßen  wird : 
das  ist  die  Centralspindel. 


3.  Die  Centrosomen  bei  der  Furchung  des  Eies  von 
Echinus  microtubereulatus. 

a)   Eigene  Beobachtungen. 

Das  Seeigel-Ei  ist  von  allen  Objekten,  die  mir  bekannt  sind, 
dasjenige,  welches  einer  sicheren  Darstellung  der  Centrosomen  die 
größten  Schwierigkeiten  bereitet.  Dies  prägt  sich  auch  in  der 
Litteratur,  die  darüber  vorliegt,  deutlich  aus.  Seit  dem  Jahre 
1891  sind  die  Centrosoraen  des  Seeigel-Eies  von  Fol  (43),  BtJTSCHLi 
(26),    E.   B.    Wilson   (105,    107),    von   mir    (17),    Reinke   (91), 


—     30     — 

'  Hill  (67),  Kostanecki  (72)  und  Erlanger  (36)  mehr  oder 
weniger  eingehend  beschrieben  worden,  und  von  diesen  Autoren 
stinamen  nicht  zwei  vollständig  miteinander  überein.  Wie  die  zum 
Teil  sehr  weit  auseinandergehenden  Angaben  zu  erklären  sind, 
werde  ich  nach  Darlegung  meiner  eigenen  Befunde  näher  erörtern ; 
einstweilen  sei  bemerkt,  daß  der  eine  Hauptgrund  für  die  Ditfe- 
renzen  der  ist,  daß  die  einen  Autoren  nur  die  Centrosomen,  die 
anderen  nur  die  Centriolen  gesehen  haben,  ein  zweiter,  daß  da 
und  dort  die  durch  mangelhafte  Konservierung  verdorbenen  Struk- 
turen als  normal  betrachtet  worden  sind. 

Bezüglich  der  Methode  bemerke  ich,  daß  alle  im  folgenden 
besprochenen  Präparate  mit  Pikrinessigsäure  gehärtet  worden  sind. 
Schon  früher  hatte  sich  mir  dieses  von  0.  und  R.  Hertwig  für 
Seeigel-Eier  eingeführte  Härtungsmittel  vorzüglich  bewährt.  Um 
aber  auch  die  Wirkung  anderer  Methoden  auf  diese  Eier  kennen 
zu  lernen,  veranlaßte  ich  Herrn  W.  R.  Coe,  bei  einem  Aufenthalt 
in  Neapel  die  verschiedensten  Konservierungsflüssigkeiten  zu  ver- 
suchen. Die  Schnitte  lehrten  jedoch,  daß  keines  der  angewandten 
Mittel  die  Pikrinessigsäure  übertriöt,  ja  daß  die  meisten  ihr  nicht 
entfernt  gleichkommen. 

Mein  Verfahren  war  neuerdings  dies,  daß  die  Eier  etwa  8  Tage 
in  der  Pikrinessigsäure  verweilten  und  dann  mit  äußerster  Lang- 
samkeit ausgewaschen  wurden,  derart,  daß  zuerst  successive  kleine 
Mengen  von  50-proz.  Alkohol  zugesetzt  wurden,  dann  ebenso  all- 
mählich 70-proz.  u.  s.  f.  Ich  wandte  diese  vorsichtige  Behandlung 
an,  weil  ich  an  anderen  Serien  die  Erfahrung  gemacht  hatte,  daß 
auf  gewissen  Stadien  sehr  häufig  durch  Schrumpfung  und  Zer- 
reißungen die  im  folgenden  zu  betrachtenden  Strukturen  fast 
gänzlich  vernichtet  werden,  wie  auch  die  Angaben  der  Litteratur 
zum  Teil  auf  solche  Bilder  gegründet  sind.  Ob  wirklich  das  lange 
Härten  und  das  allmähliche  Ueberführen  von  einer  Flüssigkeit  in 
die  andere  die  Ursache  ist:  jedenfalls  fehlen  an  dem  so  be- 
handelten Material  derartige  Zerstörungen  nahezu  ganz. 

So  sehr  nun  auch  alle  Anzeichen  dafür  sprechen,  daß  die 
Konservierung  der  in  dieser  Arbeit  besprochenen  Präparate  eine 
gute  ist,  so  muß  doch  eine  gewisse  Variabilität  der  Bilder,  be- 
sonders in  den  feinsten  Verhältnissen,  davor  warnen,  alles,  was 
an  den  einzelnen  Präparaten  zu  sehen  ist,  als  dem  lebenden  Zu- 
stand völlig  entsprechend  zu  betrachten.  Ich  bemerke  dies  haupt- 
sächlich deshalb,  weil  manches  in  meinen  Schnitten  sichtbare 
Detail   eine   ausführlichere  Besprechung   finden  müßte,    wenn  mir 


—    31     — 

nicht  mein  stets  wachsendes  Mißtrauen  gegen  die  Zuverlässigkeit 
unserer  Methoden,  soweit  es  sich  um  feinste  Zellstrukturen  handelt, 
eine  beträchtliche  Zurückhaltung  auferlegen  würde.  Daß  die  Vor- 
gänge, auf  die  ich  hier  Gewicht  lege,  sich  im  wesentlichen  so  ab- 
spielen, wie  ich  sie  beschreibe,  darüber  wird  die  Succession  der 
einzelnen  Stadien  keinen  Zweifel  lassen. 

Von  praktischer  Wichtigkeit  ist  die  merkwürdige  Erscheinung, 
daß  sich  anscheinend  ganz  gleich  konservierte  Serien  von  Echinus- 
Eiern  der  Eisenhämatoxylin-Färbung  gegenüber  ganz  verschieden 
verhalten  können  :  in  dem  einen  Falle  —  au  solchen  Objekten  habe 
ich  früher  den  Befruchtungsvorgang  untersucht  —  lassen  sich 
durch  Eisenhämatoxylin  die  Centrosomen  sehr  deutlich  darstellen, 
wogegen  ein  Nachweis  der  Centriolen  nicht  gelingt,  im  anderen 
Falle  bringt  die  Eisenhämatoxylin-Methode  auf  den  meisten  Sta- 
dien nur  diese  Körner  als  schwarze  Pünktchen  zu  deutlicher  An- 
schauung. Leider  fehlt  mir  jeglicher  Anhaltspunkt,  um  zu  be- 
stimmen, worauf  diese  Verschiedenheit  beruhen  könnte.  So  lange 
nicht  eine  Konservierungs-  und  Färbungsmethode  ausfindig  ge- 
macht ist,  die  im  gleichen  Präparat  beide  Gebilde  deutlich  sicht- 
bar macht,  so  lange  wird  die  Beschaffenheit  und  Teilung  der  Cen- 
trosomen des  Seeigel-Eies  nur  durch  Kombination  dieser  beiden 
Arten  von  Präparaten  genau  erforschbar  sein. 

Ich  beschreibe  zuerst  jene  Serie,  an  welcher  die  Centro- 
somen besonders  gut  hervortreten.  Dabei  beginne  ich  mit  dem 
Stadium  der  fertigen  ersten  Teilungsfigur  und  verfolge  von  hier 
die  Schicksale  des  Centrosoms  bis  annähernd  zu  dem  gleichen 
Zustand  in  den  beiden  primären  Furchungszellen. 

Fig.  27  (Taf.  III)  zeigt  einen  Schnitt  durch  ein  Ei  mit  fertiger 
erster  Furchungsspindel.  Wie  ich  früher  beschrieben  habe,  finde 
ich  hier  die  Ceutrosomen  als  wohlbegrenzte  kugelige  Gebilde  von 
beträchtlicher  Größe.  Wie  klar  sich  diese  Kugeln  darstellen  lassen, 
lehrt  die  Abbildung,  die  in  keiner  Weise  übertrieben  ist.  Der 
Verdacht,  der  gegen  meine  frühere  Angabe  ausgesprochen  wurde, 
daß  es  sich  in  dem,  was  ich  hier  Centrosom  nenne,  um  einen  Teil 
der  „Sphäre"  handle,  muß  angesichts  dieses  Bildes  für  jeden,  der 
weiß,  was  Van  Beneden  als  „sphere  attractive"  bezeichnet  hat, 
hinfällig  werden.  Sphäre  in  diesem  Präparat  wäre  der  dichtere 
Strahlenbereich,  von  welchem  nach  außen  mehr  vereinzelte  Radien 
ausstrahlen ;  der  helle  Hof  im  Umkreis  des  kugeligen  Körpers 
könnte  als  Van  Beneden's  „Markschicht"  aufgefaßt  werden.  Der 
kugelige  Körper    selbst,    welcher   niclit   einen   Teil  des   Strahlen- 


—     32    — 

Systems,  sondern  dessen  Centrum  darstellt,  ist  das  Centralkörper- 
chen  oder  Centrosoma. 

Ob  die  deutliche  Abhebung  desselben  von  der  Astrosphäre 
durch  den  hellen  Hof  dem  lebenden  Zustand  völlig  entspricht, 
lasse  ich  unentschieden.  Ich  besitze  Präparate,  wo  sich  stark  ge- 
färbte Radien  bis  an  das  Centrosom  verfolgen  lassen.  Doch 
könnten  diese  Verschiedenheiten  sehr  wohl  Stadiumsunterschiede 
sein.  Denn  wenn  man  sieht,  wie  sehr  sich  der  Bereich  um  das 
Centrosom  später  aufhellt  (Fig.  28,  29),  so  dürfte  der  Hof  in 
Fig.  27  wohl  der  erste  Anfang  dazu  sein.  Aber  auch  wenn  es 
sich  hier  um  ein  Artefakt  handeln  sollte,  würde  doch  das  regel- 
mäßige Eintreten  einer  solchen  in  vielen  hundert  Fällen  beobach- 
teten Abhebung  den  Beweis  liefern,  daß  an  jener  Stelle  zwei  ganz 
verschiedenartige  Zellbestandteile  aneinander  grenzen. 

Zur  Ergänzung  des  Gesagten  führe  ich  vor  allem  die  Bilder 
an,  die  man  erhält,  wenn  man  ungefärbte  Schnitte  in 
Wasser  untersucht.  Man  erkennt  dann  im  Centrum  der  Strah- 
lung einen  sehr  stark  lichtbrechenden,  kreisrunden  Fleck  von  der 
in  Fig.  27  gezeichneten  Größe,  der  besonders  bei  schwächerer 
Vergrößerung  mit  großer  Schärfe  aus  der  Umgebung  hervorleuchtet. 
Der  Effekt  ist  ungefähr  der  eines  Actinosphaerium-Kerns  im  lebenden 
Zustande,  nur  wesentlich  deutlicher.  Daß  ein  besonderer,  von  der 
Umgebung  stark  differenter  Körper  vorliegen  muß,  unterliegt  da- 
nach keinem  Zweifel. 

Was  nun  die  feinere  Zusammensetzung  dieses  Centralkörper- 
chens  anlangt,  so  läßt  sich  in  seiner  Substanz,  die  ich  fortan  als 
Centroplasma  bezeichnen  will,  bei  keiner  Untersuchungsweise 
eine  Spur  einer  radiären  Struktur  erkennen.  Im  übrigen  aber 
sind  die  Bilder  wechselnd.  Das  eine  Extrem  ist  eine  blasse,  gleich- 
mäßig strukturierte  Kugel  von  einer  vielleicht  schaumigen  Be- 
schaffenheit in  außerordentlicher  Feinheit.  Der  Ton  ist  bei  Eisen- 
hämatoxylin-Behandlung  ein  gelbbrauner  und  der  Gegensatz  zu 
den  matt-graublauen  Radien  ein  sehr  deutlicher.  In  anderen 
Fällen,  wie  dem  abgebildeten,  halten  die  Centrosomen  das  Eisen- 
hämatoxylin  in  beträchtlicher  Menge  fest,  so  daß  sie  bei  schwächerer 
Vergrößerung  als  ziemlich  dunkle  Körper  erscheinen.  Die  Färbung 
ist  aber  keine  diffuse,  sondern  auf  ein  Fädchenwerk  lokalisiert, 
das  die  ganze  Kugel  ziemlich  gleichmäßig  durchsetzt.  Der  Ver- 
gleich mit  einem  Kerngerüst  drängt  sich  unwillkürhch  auf;  trotz- 
dem bin  ich  keineswegs  überzeugt,  daß  diese  Strukturen  prä- 
formiert sind.    Endlich  habe  ich  allerdings  nicht  aus  dieser  Serie 


-     33     — 

durch  sehr  langes  (8-tägiges)  Belassen  in  der  Fnrbflüssigkeit  Prä- 
parate erzielt,  wo  das  Centrosom  durch  und  durch  schwarz  ge- 
färbt aus  vollkommen  entfärbter  Umgebung  hervortritt  (Fig.  54, 
Taf.  IV),  so  daß  nun  auch  diejenigen  Forscher,  welche  für  ein 
Centrosom  volle  Schwarzfärbung  fordern,  zufriedengestellt  sein 
dürften. 

Fig.  28  (Taf.  III)  giebt  ein  Stadium  mit  noch  nahe  benach- 
barten Tochterplatten.  Die  beiden  Centrosomen  sind  beträchtlich 
auseinandergerückt,  ihr  Abstand  von  der  zugehörigen  Tochter- 
platte aber  nicht  kleiner,  als  in  der  vorigen  Figur  der  Abstand 
von  der  Aequatorialplatte.  Die  Entfernung  der  Schwesterchromo- 
somen voneinander  beruht  also,  wie  nebenbei  bemerkt  sein  mag, 
in  den  Anfangsstadien  nicht  auf  einer  Annäherung  derselben  an 
die  Pole,  sondern  sie  geht  parallel  mit  einem  Auseinanderweichen 
der  Pole  selbst.  Die  Centrosomen  sind  auf  diesem  Stadium  etwas 
größer  geworden  und  nicht  mehr  kugelig,  sondern  deutlich  in  der 
Richtung  der  Spindelachse  abgeplattet.  Nicht  selten  aber  erfolgt 
die  Abplattung  nicht  genau  in  der  Richtung  der  Spindelachse, 
sondern  etwas  schief  dazu. 

Entsprechend  seiner  Vergrößerung  ist  das  Centroplasma  heller 
geworden,  dadurch  auch  der  Gegensatz  zur  Umgebung  nicht  mehr 
ein  so  scharfer,  wenn  auch  vollkommen  deutlich. 

Sehr  auffallend  hat  sich  die  Astrosphäre  verändert.  Viele 
Radien  haben  sich  auf  das  Doppelte  verlängert  und  erreichen  fast 
die  Eioberfläche.  Vor  allem  aber  fällt  auf,  daß  die  dichte  und 
stark  färbbare  Zone  der  Sphäre  —  ich  will  sie  kurzweg  Ver- 
dichtungszone nennen  —  welche  sich  in  Fig.  54  (Taf.  IV)  fast 
direkt  dem  Centrosom  anschließt,  nun  weit  hinausgerückt  und  daß 
an  ihrer  früheren  Stätte  eine  Aufhellung  (zone  medullaire)  ein- 
getreten ist,  welche  jedoch  gleichfalls  eine  äußerst  feine  Radiär- 
struktur erkennen  läßt. 

Fig.  29  (Taf.  III).  Die  Schwesterchromosomen  sind  weiter 
auseinandergewichen,  die  Centrosopaen  nicht;  es  hat  also  inzwischen - 
eine  Annäherung  der  Tochterplatten  an  die  Pole  stattgefunden. 
Die  Centrosomen  sind  sehr  stark  aufgequollen  und  dabei  äußerst 
blaß  gewor^^en.  Ihre  Abplattung  ist  noch  deutlicher  als  in  dem 
vorhergehenden  Stadium,  und  eine  entsprechende  Umformung  macht 
sich  nun  auch  an  den  früher  kugeligen  Sphären  bemerkbar. 

Fig.  30.  Dieses  Bild  unterscheidet  sich  hinsichtlich  seiner 
ganzen  Konfiguration  kaum  von  dem  der  Fig.  29,  ja  die  Tochter- 
platten sind  in  ihrer  Wanderung  gegen  die  Pole  im  Vergleich  zu 

BoTeri,  Zellen-Studien.  I\'.  o 


—     34     — 

Fig.  29  eher  noch  etwas  zurück.  Dagegen  haben  sich  hier  Um- 
formungen in  den  Centrosomen  vollzogen,  die  für  den 
weiteren  Verlauf  von  der  größten  Bedeutung  sind.  Ich  habe 
Bilder,  wie  das  in  Rede  stehende,  lange  Zeit  als  ungenügend  kon- 
serviert angesehen ;  allein  sie  kehren  auf  diesem  Stadium  immer 
wieder  und,  was  viel  wichtiger  ist,  sie  bilden  einen  fast  unabweis- 
baren Uebergang  zu  dem  nächsten,  in  Fig.  31  abgebildeten  Sta- 
dium, an  dessen  Realität  jeder  Zweifel  ausgeschlossen  ist.  Sucht 
man  nach  Uebergängen  zwischen  Fig.  29  und  31,  so  müssen  sie 
in  Bildern,  wie  dem  der  Fig.  30,  gesehen  werden. 

An  Stelle  des  zwar  wenig  hervortretenden,  aber  immer  noch 
als  ein  dichterer  Körper  erscheinenden  Centrosoms  der  Fig.  29 
finden  wir  hier,  annähernd  von  gleicher  Form  und  Größe,  ein 
lichtes  Areal,  viel  heller  und  offenbar  weniger  dicht  als  die  um- 
gebende Sphäre,  so  daß  man  an  die  „Astrocoele"  Fol's  erinnert 
wird ;  in  diesem  Bereich  ist  eine  dichtere,  intensiv  färbbare  und 
gegen  die  Umgebung  sehr  undeutlich  und  unregelmäßig  abge- 
grenzte Scheibe  entstanden,  die,  der  Abplattung  des  Centrosoms 
folgend,  auf  der  Spindelachse  annähernd  senkrecht  steht. 

Die  Deutung  dieses  und  ähnlicher  Bilder  kann  meines  Er- 
achtens  nur  die  sein,  daß  in  dem  Centroplasma  eine  Scheidung 
vor  sich  geht  in  zweierlei  Substanzen :  eine  mehr  locker  gefügte, 
wahrscheinlich  stark  wasserreiche  und  in  eine  sehr  dichte,  welche 
sich  aus  jener  auf  einen  scheibenförmigen  Bereich  zusammenzieht. 

Das  Ende  dieses  Prozesses  ist  erreicht  in  Fig.  31.  Die  un- 
regelmäßige Scheibe  der  Fig.  30  hat  sich  zu  einer  dünnen  Platte 
zusammengezogen,  die  auf  dem  Durchschnitt  wie  ein  dicker 
schwarzer,  nach  beiden  Enden  sich  zuspitzender  Strich  erscheint. 
Der  lockere  Bereich  des  ursprünglichen  Centrosoms  dagegen, 
welcher  in  der  vorigen  Figur  von  der  Sphäre  noch  deutlich  ab- 
gesetzt ist,  hat  sich  inzwischen  untrennbar  mit  ihr  gemischt,  und 
man  kann  schon  auf  diesem  Stadium  erkennen,  daß  sich  die 
Radiärstruktur  der  Sphäre,  wenn  auch  sehr  verschwommen,  durch 
den  hellen  Hof  hindurch  bis  in  die  Nähe  der  Platte  fortsetzt. 

Ich  möchte  den  beschriebenen  Prozeß  in  den  Satz  zusammen- 
fassen :  Das  Centrosom  zieht  sich,  indem  es  einen 
Teil  seiner  Substanz  abstößt,  zu  einer  dünnen,  auf 
der  Teilungsachse  senkrecht  stehenden  Platte  zu- 
sammen. 

Wie  schon  in  den  vorhergehenden  Stadien  eine  Umformung 
der  Sphäre  entsprechend  der  Abplattung  des  Centrosoms  bemerk- 


-     35     — 

bar  war,  so  zeigt  sich  dies  nun  in  ausgeprägtester  Weise  auf  dem 
in  Rede  stehenden  Stadium.  Das  Ei  ist  noch  immer  kugelig; 
die  Chromosomen  beginnen  sich  zur  Bildung  der  Tochterkerne 
aufzulockern,  doch  können  neben  den  abgebildeten  plattenförmigen 
Centrosomen  noch  völlig  kompakte  Chromosomen  gefunden  werden. 

Ehe  ich  in  der  Betrachtung  solcher,  die  Teilungsachse  ent- 
haltenden Schnitte  fortfahre,  will  ich  hier  eine  Besprechung  der 
Bilder  einschalten,  welche  das  Centrosom  und  seine  Umgebung 
aufschnitten  senkrecht  zur  Teilungsachse  sowohl  auf  den 
bisher  betrachteten,  als  auch  auf  einigen  noch  weiter  vorge- 
schrittenen Stadien  gewährt.  In  den  Stadien  der  Figg.  27 — 29 
sehen  die  Centrosomen  bei  polarer  Ansicht  typischer  Weise  ganz 
ebenso  aus  wie  in  der  Seitenansicht.  Ein  wesentlicher  Unter- 
schied tritt  erst  hervor,  wenn  sich  das  Centrosom  zur  Platte  zu- 
sammenzieht. Eine  polare  Ansicht  dieses  Stadiums,  ungefähr  dem 
der  Fig.  30  entsprechend,  ist  in  Fig.  41  (Taf.  IV)  gezeichnet. 
Man  sieht  ein  netzig-körniges  Areal,  nicht  völlig  rund  und  sehr 
unregelmäßig  begrenzt,  mit  vorspringenden  Zacken ;  das  ist  das  in 
Kontraktion  zur  Platte  befindliche  Centrosoraa. 

Dem  Zustand  der  Fig.  31  (Taf.  III)  entsprechen  polare  An- 
sichten wie  die  der  Fig.  42  (Taf.  IV).  Man  ist  vielleicht  im  ersten 
Augenblick  überrascht,  daß  das  so  ungemein  scharf  ausgeprägte 
Centrosom  der  Fig.  31  bei  polarer  Ansicht  ein  so  zartes  ver- 
schwommenes Bild  geben  soll.  Allein  wenn  man  bedenkt,  wie 
dünn  die  Schicht  von  Centroplasma  ist,  die  hier  in  der  Richtung 
der  optischen  Achse  vorliegt,  so  wird  man  verstehen,  daß  die 
beiden  Bilder  zusammengehören.  Die  Platte  ist  nicht  kreisrund, 
sondern  länglich-oval,  ihr  Rand  zwar  annähernd  glatt,  aber  äußerst 
zart  und  unbestimmt,  was  nicht  wunder  nehmen  kann,  wenn  man 
an  den  anderen  Schnitten  darauf  achtet,  zu  welch  einer  ungemein 
feinen  Kante  sich  der  Rand  zuschärft.  Die  Radien  der  Sphäre 
lassen  sich  bis  unmittelbar  an  diesen  Rand  verfolgen,  ja  es  scheint 
nach  Schnitten,  wie  dem  der  Fig.  31,  als  wenn  ein  besonders 
starker  Kranz  von  Radien  sich  an    den  Rand   der  Platte  ansetze. 

Dieses  Stadium  der  Abplattung  führt  nun  fast  unmerkbar  über 
zur  Zweiteilung  des  Centrosoms.  Betrachtet  man  un- 
gefärbte Schnitte  in  Wasser  auf  dem  Stadium  später  Anaphase 
oder  beginnender  Kernrekonstruktion,  so  kann  man  au  vielen  Prä- 
paraten bei  polarer  Ansicht  sehr  deutlich  zwei  stärker  licht- 
brechende  Verdichtungen    im    Innern    des    Strahlenkranzes   wahr- 

3* 


—     36     — 

nehmen.  Die  entsprechenden  Bilder  an  gefärbten  und  in  Kanada- 
balsam eingeschlossenen  Präparaten  sind  äußerst  zart  und  auch 
einigermaßen  wechselnd,  was  zum  Teil  wohl  von  verschiedenartiger 
Konservierung,  zum  Teil  aber  sicher  von  einer  nicht  geringen 
Variabilität  des  Geschehens  herrührt.  Ich  beschreibe  eine  Serie 
von  Zuständen,  die  ich  weitaus  am  häufigsten  angetroffen  habe, 
und  die  in  der  Reihenfolge,  in  der  ich  sie  angeordnet  habe,  wohl 
einer  aus  dem  anderen  entstanden  zu  denken  sind. 

Schon  in  der  besprochenen  Fig.  42  (Taf.  IV)  zeigt  sich  in 
der  Mitte  des  Centrosoms  eine  von  der  einen  Längsseite  zur 
anderen  verlaufende  Aufhellung,  die  als  der  erste  Beginn  der  Zwei- 
teilung anzusehen  sein  dürfte.  Ein  unzweifelhaftes  Teilungs- 
stadium giebt  Fig.  43.  Die  Platte  hat  sich  noch  weiter  gestreckt 
und  ist  hanteiförmig  geworden :  zwei  rundliche  Endanschwellungen 
sind  durch  einen  breiten  Stiel  miteinander  verbunden.  Während 
die  Enden  die  frühere  schaumig-retikuläre  Struktur  beibehalten 
haben,  ist  das  Maschenwerk  des  Verbindungsstieles  deutlich  zu 
Längszügen  angeordnet. 

Von  großem  Interesse  ist  dasVer  halten  der  Sphäre. 
Innerhalb  der  Verdichtungszone,  welche  in  annähernd  rings  gleichem 
Abstand  das  Centrosom  umgiebt,  findet  sich  ein  lichteres  Areal 
von  einer  ungemein  feinen  und  verwickelten  Struktur.  Während 
hier  einerseits  Faserzüge  sichtbar  sind,  welche  sich  als  Fort- 
setzungen der  peripheren  alten  Radien  nach  innen  verfolgen  lassen, 
stellen  sich  die  angeschwollenen  Enden  der  Centroplasmascheibe 
als  neue  Strahlencentren  dar,  was  besonders  in  dem  Auftreten  von 
Radiensystemen,  die  dem  Aequator  zustreben  und  sich  hier  mit 
denen  der  anderen  Seite  durchkreuzen,  zum  Ausdruck  kommt. 
Auch  in  der  Verdichtungszone,  deren  Radien  in  der  Hauptsache 
noch  auf  das  Centrosom  als  Ganzes  centriert  sind,  macht  sich 
doch  auch  schon  der  Einfluß  der  beiden  neuen  Centren  in  einer 
deutlichen  Ablenkung  einzelner  Radien  bemerkbar.  Es  ist  dies  in 
der  Zeichnung  einigermaßen  angedeutet,  doch  ist  es  kaum  möglich, 
den  Eindruck  des  Präparates  selbst  vollkommen  wiederzugeben. 

Die  vorzügliche  Erhaltung  dieser  so  außerordentlich  zarten 
Strukturen  scheint  mir  ein  sicherer  Beweis  dafür  zu  sein,  daß  die 
Konservierung  der  Präparate  im  wesentlichen  dem  lebenden  Zustand 
entspricht. 

Das  Bild  der  Fig.  44  (Taf.  IV)  schließt  sich  dem  beschriebenen 
eng  an.  Die  Zweiteilung  ist  dadurch  eine  noch  schärfere  ge- 
worden,  daß   der   Verbindungsstiel    sich    erheblich    verdünnt    hat. 


-     37     - 

Die  Eiulanschwelliiiigeri,  die  in  ihrer  Form  sich  einem  Rhombus 
Hähern,  heben  sich  nun  viel  auffallender  ab.  Die  Sphäre  verhält 
sich  wie  im  vorigen  Bild,  nur  haben  die  beiden  innerhalb  des 
alten  Systems  entstandenen  neuen  Strahlensysteme  entschieden  an 
Deuthchkeit  gewonnen. 

Kehren  wir  nun  von  diesen  polaren  Ansichten  wieder  zu 
Schnitten  zurück,  welche  die  Teilungsachse  der  Länge  nach  ent- 
halten, so  ist  es  klar,  daß  die  Bilder  verschieden  sein  müssen,  je 
nach  der  Richtung,  in  welcher  der  Schnitt  die  sich  streckenden 
und  zur  Teilung  vorbereitenden  Centrosomen  getroffen  hat.  In 
dem  Schnitt  der  oben  schon  besprochenen  Fig.  31  (Taf,  III)  sind 
offenbar  die  beiden  Centrosomen  nach  ihrem  größten  Durchmesser 
getroffen ;  eine  leichte  Aufhellung,  bezw.  Verdünnung  in  der  Mitte 
spricht  dafür,  daß  der  Zustand  ziemlich  genau  dem  der  Fig.  42 
entspricht. 

Durchschnitte,  welche  den  in  Fig.  43  und  Fig.  44  abgebildeten 
Flächenansichten  des  Centrosoms  entsprechen ,  sind  in  Fig.  32 
(Taf.  III)  und  49  (Taf.  IV)  wiedergegeben.  Fig.  32  zeigt  den 
seltenen  Fall,  daß  die  Teilungsrichtungen  der  beiden  Centrosomen 
nicht  parallel,  sondern  senkrecht  zu  einander  stehen.  Das  hnke 
Centrosom  ist  der  Länge  nach  getroffen;  man  erkennt  ganz  deut- 
lich die  in  den  Flächenansichten  allerdings  viel  stärker  ausgeprägte 
Zweiteilung.  Wie  dort,  so  läßt  sich  auch  hier  erkennen,  daß  die 
beiden  Endanschwellungen  zu  den  Centren  von  zwei  neuen  Radien- 
systemen geworden  sind.  Ein  fast  identisches  Bild  zeigt  das  in 
Fig.  49  (Taf.  IV)  dargestellte  Ei ;  doch  ist  gerade  hier  der  Verlauf 
der  neuen  Radien  besonders  klar  zu  verfolgen.  Die  Anordnung 
derselben  läßt  keinen  Zweifel,  daß  die  Radien  eines  jeden  der 
beiden  neuen  Systeme  nicht  auf  einen  Punkt  hinstreben, 
sondern  daß  die  Endanschwellung  der  bisquitförmi- 
gen  Platte  als  Ganzes  den  Strahlenniittelpunkt 
bildet. 

Auf  der  rechten  Seite  der  Fig.  32  ist  das  Centrosom  senk- 
recht zu  seiner  Längsrichtung  getroffen,  und  zwar  enthält  der  der 
Zeichnung  zu  Grunde  liegende  Schnitt  die  eine  Endanschwellung 
in  Gestalt  eines  nach  den  Seiten  kantig  zugeschärften  Körpers, 
von  dem  ringsum,  am  stärksten  aber  von  den  Kanten,  Radien 
entspringen. 

Wenn  durch  die  beschriebenen  Prozesse  auch  bereits  die 
beiden  Tochtercentrosomen  angelegt  sind,  so  dauert  es  doch  noch 


—    38     — 

sehr  lange,  ehe  sie  zu  vollständiger  Selbständigkeit  gelangen ;  bis 
nach  voller  Ausbildung  der  Kerne  bleiben  sie  aneinander  gekoppelt. 
Die  wichtigste  Weiterbildung  während  dieser  Periode  ist  die,  daß 
die  Zusammenziehung  des  Centrosoms,  die  zunächst  nur  in  der 
Richtung  der  Teilungsachse  stattgefunden  und  zur  Abplattung  ge- 
führt hat,  sich  nun  auch  in  allen  anderen  Richtungen  vollzieht» 
so  daß  das  bisquitförmige  Gebilde  unter  Beibehaltung  dieser  Form 
beträchtlich  kleiner  wird  und  dabei  entsprechend  an  Färbbarkeit 
gewinnt.  Ob  diese  Verkleinerung  stets  so  weit  geht,  wie  meine 
Abbildungen  zeigen,  ist  nicht  ganz  sicher  festzustellen,  da  der 
jeweilige  Zustand  des  Kernes  und  auch  die  Durchschnürung  des 
Zellkörpers  nicht  immer  genau  mit  der  nämlichen  Phase  in  der 
Umwandlung  der  Centrosomen  parallel  geht. 

Ich  verweise  zunächst  auf  die  polare  Ansicht  der  Fig.  45 
(Taf.  IV),  die  sich  leicht  aus  dem  Zustand  der  Fig.  44  ableiten 
läßt.  Die  beiden  Enden  des  Centrosoms  sind  noch  annähernd 
rhombisch,  aber  viel  dichter  geworden ;  besonders  intensiv  färbbar 
ist  der  ganz  kompakt  gewordene  Verbindungsstiel.  Die  Sphäre 
hat  sich  kaum  verändert ;  nur  die  beiden  neuen  Radiensysteme 
prägen  sich  noch  schärfer  als  früher  aus. 

Durchschnitte  in  der  Richtung  der  alten  Teilungsachse  aus 
dieser  Periode  sind  in  Fig.  50  und  51  wiedergegeben.  Sie  zeigen 
gleichfalls  die  auffallende  Verkleinerung  des  Doppelcentrosoms, 
die  in  Fig.  50  ihren  höchsten  Grad  erreicht  hat.  Zugleich  lehren 
diese  Bilder,  wie  sich  das  Centrosora  dem  entstehenden  und 
wachsenden  Kern  annähert,  bis  es  sich  in  seiner  ganzen  Länge 
der  Kernmembran  anschmiegt.  Demgemäß  ist  auch  in  den  ent- 
sprecheuden  Polaransichten  stets  wenigstens  eine  Kappe  des  Kernes 
mit  in  dem  Schnitt  enthalten,  doch  wurde  dies  vernachlässigt,  um 
die  Deutlichkeit  des  Bildes  nicht  zu  beeinträchtigen. 

Allmählich  findet  wieder  eine  Streckung  des  hanteiförmigen 
Centrosoms  statt,  wie  die  Polaransicht  Fig.  47  (Taf.  IV)  erkennen 
läßt.  Der  Stiel  der  Hantel  verlängert  sich  und  scheint  sehr  häufig 
leicht  S-förmig  gekrümmt  zu  sein.  Die  Endanschwellungen  sind 
wenig  hervortretend ;  nicht  selten  fand  ich  sie  in  eine  oder  einige 
feine  Spitzen  ausgezogen,  wie  dies  in  Fig.  47  zu  sehen  ist.  Mit 
größter  Deutlichkeit  treten  nun  die  beiden  neuen  Radiensysteme 
hervor.  Aber  auch  die  alte  Astrosphäre  ist  noch  nicht  erloschen, 
ihre  Verdichtungszone  formt  sich  ganz  parallel  mit  der  Streckung 
des  Centrosoms  um,  und  der  Verlauf  der  peripheren  Radien  weist 
noch  großenteils  auf  das  alte  einheitliche  Centrum  hin,  wenn  auch 


-     39     - 

bereits  die  neuen  Centren  anfangen,  ihre  Wirkung  bis  in  die 
Peripherie  zu  erstrecken.  Es  kommen  dabei  Bilder  zustande,  die 
sich  kaum  zeichnen  lassen :  eine  Durchkreuzung  des  alten  und  der 
neuen  Systeme,  die  ich  früher  (12)  nach  dem  Leben  als  das 
Stadium  der  „Strahlen Verwirrung"  beschrieben  habe. 

Ein  Längsdurchschnitt  durch  das  sich  teilende  Ei  während 
der  Streckungsperiode  des  Centrosoms  ist  in  Fig.  33  (Taf.  III) 
wiedergegeben ;  die  beiden  Centrosomen  sind  der  Länge  nach  zu 
sehen.  Hier  treten  die  Endanschwellungen  gar  nicht  hervor;  nur 
durch  die  darauf  gerichteten  neuen  Radien  werden  sie  markiert. 
Sie  streben  beiderseits  über  den  Kern  hinaus,  der  in  seiner  Form 
sehr  auffallend  von  dem  Centrosom  beeinflußt  ist.  Es  scheint  in 
der  Kernvakuole  eine  Tendenz  vorhanden  zu  sein,  sich  möglichst 
dicht  dem  schwach  gekrümmten  und  hierin  wahrscheinlich  seiner- 
seits vom  Kerne  beeinflußten  Centrosom  anzuschmiegen.  Zum 
letzten  Mal  begegnet  uns  hier  die  Verdichtungszone  der  alten 
Sphäre,  in  ihrer  Form  bestimmt  durch  die  in  ihr  gelegenen  Ge- 
bilde :  Centrosom  und  Kern. 

Die  allmähhche  Umgestaltung  dieser  Verdichtuugszone  von 
der  Kugelform  bis  zu  dem  eben  beschriebenen  Stadium  stimmt 
aufs  beste  überein  mit  dem,  was  man  an  lebenden  Eiern  sieht 
und  was  bis  auf  diesen  Tag  durch  die  alten  Zeichnungen  von 
0.  Hertwig  (60,  Taf.  XII)  noch  immer  am  besten  illustriert  wird. 
Was  dort  als  homogener,  körnchenfreier  Fleck  erscheint,  entspricht 
genau  dem  Bereich,  der  in  meinen  Figuren  durch  die  äußere 
Grenze  der  Verdichtungszone  (Sphäre  im  Sinne  Van  Beneden's) 
markiert  wird.  Damit  ist  für  die  bisher  noch  immer  unsicher 
gewesene  Deutung  der  Bilder,  die  das  lebende  Seeigel-Ei  gewährt, 
eine  Grundlage  gegeben,  die  vor  allem  zu  dem  Satze  führt,  daß 
wir  von  denjenigen  Teilen,  welche  im  Präparat  den  deutlichsten 
radiären  Bau  besitzen,  nämlich  von  der  Verdichtungszone  der 
Sphäre  und  von  allem,  was  innerhalb  derselben  gelegen  ist,  im 
Leben  gar  nichts  wahrnehmen,  so  daß  man  annehmen  muß,  daß 
die  Sphären-Radien  im  lebenden  Seeigel-Ei  überhaupt  nur  indirekt, 
d.  h.  dann  sichtbar  werden,  wenn  zwischengelagerte  Eibestaudteile, 
wie  die  Dotterkörnchen,  durch  die  Radien  in  entsprechende  Radiär- 
bahnen  angeordnet  werden. 

Solange  nun  auch  bereits  die  beiden  Tochtercentrosomen  an- 
gelegt sind  und  eine  gewisse  Wirkung  auf  ihre  Umgebung  ent- 
falten, so  ist  es  doch  erst  nach  der  vollen  Durchschnürung  des 
Eies  in  zwei  Zellen,  daß  die  Enden  unseres  Doppelcentrosoms  sich 


—     40     - 

schärfer  individualisieren  und,  in  gegenseitiger  Beschränkung,  den 
ganzen  Zellleib  zu  beherrschen  beginnen.  Leider  geht  mein  Ma- 
terial mit  dieser  Phase  zu  Ende,  und  nur  einzelne  in  der  Ent- 
wickelung  vorausgeeilte  Eier  setzen  mich  in  den  Stand,  den  Vor- 
gang der  Centrosomteilung  noch  über  einige  weitere  Stadien  zu 
verfolgen. 

Zwei  Präparate  des  Zweizellenstadiums  nach  eben  erfolgter 
Durchschnürung  sind  in  Fig.  34  und  35  (Taf.  III)  abgebildet.  Die 
beiden  Schnitte,  beide  die  alte  Teilungsachse  enthaltend,  stehen 
auf  einander  senkrecht.  Fig.  34  zeigt  den  abermals  gewachsenen 
Centrosombügel  der  Länge  nach.  Seine  Enden,  die  beiden  Tochter- 
centrosomen,  sind  entschieden  gewachsen  und  heben  sich  deutlicher 
von  dem  Verbindungsstiel  ab.  Sie  haben  dabei  an  Färbbarkeit 
verloren  und  lassen  wieder  deutlicher  eine  retikuläre  Struktur  er- 
kennen. Die  von  ihnen  entspringenden  neuen  Radien  haben  sich 
mächtig  verstärkt,  vermehrt  und  in  die  Peripherie  ausgedehnt. 
Damit  ist  die  alte  Sphäre  verschwunden. 

Zur  Ergänzung  dient  Fig.  35,  in  welcher  der  in  der  Mitte 
durchschnittene  Verbindungsstiel  des  Doppelcentrosoms  als  ein  der 
Kernmembran  anliegender,  unregelmäßig  begrenzter  schwarzer 
Punkt  erscheint.  Wer  solche  Bilder,  die  oft  ungemein  scharf  sind, 
zum  ersten  Mal  sieht,  könnte  leicht  auf  den  Gedanken  kommen, 
das  ganze  Centrosom  vor  sich  zu  haben ;  allein  schon  der  Ver- 
gleich mit  den  Nachbarschnitten  des  gleichen  Eies  lehrt,  daß  es 
nur  ein  Durchschnitt  durch  den  Bügel  ist.  Ich  habe  in  Fig.  40a— d 
(Taf.  III)  4  aufeinander  folgende  Schnitte  durch  ein  ähnliches  Ei 
abgebildet,  welche  diese  Verhältnisse  sehr  klar  illustrieren.  Von 
der  linken  Furchungszelle  sieht  man  in  a  das  angeschnittene  Ende 
des  einen  Tochtercentrosoms,  in  b  dessen  Hauptmasse  neben  einem 
Anschnitt  des  Kernes,  in  c  den  Kern  in  seiner  größten  Aus- 
dehnung getroifen,  ihm  anliegend  den  aus  2  Fasern  bestehenden 
Verbindungsstiel,  in  d  das  andere  Tochtercentrosom.  In  der 
rechten  Zelle  zeigt  der  Schnitt  a  das  eine  Ende  des  Kernes,  an 
ihm  herablaufend  den  Verbindungsstiel ,  in  das  eine  Tochter- 
centrosom übergehend,  b  enthält  den  Hauptteil  des  Kernes  und 
den  durchschnittenen  Bügel,  c  das  andere  Tochtercentrosom,  von 
dem  ein  kleines  Endchen  noch  in  d  enthalten  ist. 

Je  nach  der  Schnittrichtung  stellt  sich  demnach  das  in  Teilung 
begriffene  Centrosom  in  sehr  wechselnder  Weise  dar ;  doch  lassen 
sich,  wenn  man  einmal  die  Verhältnisse  richtig  erkannt  hat,  die 
verschiedenen  Bilder  leicht  aufeinander  beziehen. 


—    41     — 

Es  macht  den  Eindruck,  als  sei  es  der  Verbindungsstiel,  der 
durch  seine  Streckung  die  Centrosomen  auseinanderschiebt,  bis  sie 
au  nahezu  entgegengesetzten  Seiten  des  Kernes  angelaugt  sind 
(Fig.  34  und  52).  Ist  dieser  Zustand  erreicht,  so  beginnt  sich  der 
Stiel  rückzubilden.  Ein  Bild  dieser  Art  in  polarer  Ansicht,  welches 
in  diesem  Punkte  die  genauesten  Aufschlüsse  giebt,  ist  in  Fig.  48 
(Taf.  IV)  wiedei'gegeben ;  der  Kern  ist  hier  in  seiner  größten  Aus- 
dehnung eingetragen.  Die  jungen  Tochtercentrosomen  ragen  zapfen- 
artig über  den  Kern,  dem  sie  mit  etwas  verbreiterter  Basis  auf- 
sitzen, hinaus.  Verfolgt  man  nun  von  diesem  optischen  Schnitte 
aus  durch  allmähliches  Heben  des  Tubus  die  Kernoberfläche,  so 
erkennt  man,  daß  sich  zwischen  den  beiden  Centrosomen  noch 
Reste  des  früheren  Bügels  in  Gestalt  einiger  unregelmäßiger 
Stränge  hinziehen.  Dieses  und  ähnliche  Bilder  sprechen  dafür, 
daß  der  Bügel  unter  allmählicher  Auffaserung  in  loco  aufgelöst, 
also  nicht  in  die  beiden  Tochtercentrosomen  eingezogen  wird. 

Das  letzte  Stadium,  welches  ich  von  dieser  Serie  besitze,  ist 
das  in  Hg.  36  (Taf.  III)  abgebildete.  Die  beiden  Zellen  sind  nicht 
genau  im  gleichen  Zustande ;  in  der  linken  ist  der  Bügel  zwischen 
den  beiden  Centrosomen  noch  deutlich  nachweisbar,  wenn  auch 
bereits  in  Entartung  begriÖ'en,  die  Centrosomen  selbst  hegen  be- 
reits an  nahezu  opponierten  Kernseiten,  sind  aber  noch  in  der 
Richtung  ihres  Verbindungsstieles  verlängert  und  imponieren  noch 
immer  als  Endanschwellungen  desselben.  In  der  rechten  Zelle  ist 
von  dem  Bügel  nichts  mehr  vorhanden;  die  Tochtercentrosomen 
sind  dadurch  ganz  unabhängig  voneinander  geworden,  sie  haben 
sich  mehr  konzentriert  und  sitzen  in  Gestalt  kurzer,  abgestumpfter 
Kegel  der  Kernmembran  auf.  Eine  mächtige  Doppelstrahlung 
durchsetzt  den  ganzen  Zellkörper. 

Damit  sind  wir  unserem  Ausgangsstadium,  der  fertigen  Tei- 
lungsfigur, wenigstens  so  weit  wieder  nahe  gekommen,  daß  die 
Lücke,  die  uns  noch  davon  trennt,  leicht  überbrückt  werden  kann. 
Der  Hauptunterschied  besteht  darin,  daß  in  der  fertigen  Spindel, 
wie  sie  Fig.  27  vom  Ei  zeigt,  die  Centrosomen  noch  etwas  größer 
und  kugelig  geworden  sind,  sodann  daß  die  Astrosphäre  sich 
wesentlich  geändert  hat,  indem  die  peripheren  Radien  zum  größten 
Teil  rückgebildet  und  um  das  Centrosoma  eine  Aufhellung  ein- 
getreten ist,  welche  dieses  Körperchen  nun  mit  voller  Deutlichkeit 
als  etwas  Specifisches  hervortreten  läßt.  In  welcher  Weise  dieses 
letztere   Bild    aus   dem   in   Fig.  36   entsteht,    darüber  kann   eine 


—     42     — 

Meinungsverschiedenheit    kaum    stattfinden,    so   daß   ich   auf  eine 
nähere  Erörterung  verzichten  darf. 

Vergleicht  man  Bilder,  wie  Fig.  36,  48,  52  und  53,  mit 
einander,  so  fallen  weitgehende  Verschiedenheiten  in  der  Gestalt 
der  sich  bildenden  Tochtercentrosomen  auf,  von  den  gedrungeneu 
Körpern  der  Fig.  36  bis  zu  den  weit  über  den  Kern  hinaus- 
ragenden dünnen  Stiften  der  Fig.  53.  Wie  weit  hierfür  Phasen- 
unterschiede, wie  weit  individuelle  Variationen  bedingend  sind, 
vermag  ich  bei  der  Spärlichkeit,  mit  der  diese  Stadien  in  meinem 
Material  vertreten  sind,  nicht  zu  entscheiden.  Der  Zustand  der 
Fig.  53,  den  ich  so  ausgeprägt  nur  in  diesem  einen  Ei  gefunden 
habe,  dürfte  wohl  als  Ausnahme  anzusehen  sein.  Doch  ist  er 
gerade  von  besonderem  Interesse  wegen  der  Richtung  der  Sphären- 
strahlen, worauf  ich  im  allgemeinen  Teil  zurückkommen  werde. 


Seit  dem  Erscheinen  meiner  Arbeit  über  die  Centrosomen  im 
befruchteten  Seeigel-Ei  (17)  sind  von  verschiedenen  Seiten,  von 
M.  D.  Hill  (67),  von  Kostanecki  (72),  zuletzt  von  Eelanger  (36) 
in  den  Sphären  dieser  Eier  kleine,  in  Eisenhämatoxylin  intensiv 
färbbare  Körner  nachgewiesen  worden,  die,  in  einem  verschieden 
sich  darstellenden  „Hof"  gelegen,  von  allen  diesen  Autoreu  als 
Centrosomen  in  Anspruch  genommen  werden.  Daß  ein  solches 
Korn  in  dem  von  mir  beschriebenen  und  im  Vorstehenden  wohl 
über  jeden  Zweifel  nachgewiesenen  Centrosoma  vorhanden  sei, 
konnte  mich  um  so  weniger  überraschen,  als  ich  ja  selbst  zuerst 
in  dem  Centrosom  des  Ascaris-Eies  ein  derartiges  „Central- 
korn"  aufgefunden  hatte.  Es  ist  also  der  Nachweis  dieses  Ge- 
bildes nicht  etwa,  wie  man  es  darzustellen  beliebt  hat,  eine 
Widerlegung  meiner  Auffassung,  sondern  nur  eine  mir  sehr  will- 
kommene Ergänzung  zu  meinen  Beobachtungen  gewesen.  Ich  hatte 
selbst,  eben  auf  Grund  meiner  Erfahrungen  an  Ascaris,  eifrig  nach 
diesem  Korn  im  Seeigel-Ei  gesucht,  aber  vergeblich.  Daß  ich  es, 
falls  es  an  meinen  damaligen,  im  Vorstehenden  genauer  be- 
schriebenen Präparaten  überhaupt  darstellbar  wäre,  hätte  finden 
können,  möchte  ich  glauben. 

In  der  That  zeigte  mir  schon  im  Jahre  1896  eine  in  Neapel 
zu  anderen  Zwecken  in  Pikrinessigsäure  eingelegte  Serie  von 
Echinus-Eiern,  die  mit  Strongylocentrotus-Samen  befruchtet  waren, 
diese  Centralkörner  in  jedem  Präparat,  und  ebenso  sind  sie  in 
einer  mir  von   Herrn   Kollegen   Sobotta   gütigst   besorgten   Serie 


—     43     — 

von  Echinus  microtuberculatus,  gleichfalls  in  Pikrinessigsäure  kon- 
serviert, aufs  klarste  zu  sehen.  Die  im  folgenden  beschriebenen 
Präparate  stammen  sämtlich  aus  dieser  letzteren  Serie. 

Schon  oben  habe  ich  auf  die  höchst  merkwürdige  Thatsache 
aufmerksam  gemacht,  daß  sich  die  Centrosomen  dieser  Serie  ganz 
anders  gegen  Eisenhämatoxyliu  verhalten  als  die  der  zuerst  be- 
schriebenen. Dort  sind  die  mit  Eisenhämatoxylin  behandelten 
Centrosomen  auf  dem  Stadium  der  Aequatorialplatte  gewöhnlich 
mäßig  gefärbt,  sie  nehmen  mit  ihrer  Aufquellung  immer  mehr  an 
Färbbarkeit  und  damit  an  Deutlichkeit  ab.  Erst  das  zur  Platte 
zusammengezogene  Centrosom  färbt  sich  intensiver,  um  auf  dem 
Stadium  der  verkleinerten  Hantel  die  größte  Affinität  für  den 
Farbstoff  zu  gewinnen,  die  dann  allmählich  wieder  abnimmt. 

Die  zweite  Serie  verhält  sich  fast  genau  umgekehrt.  Hier 
nimmt  die  Färbbarkeit  der  Centrosomen  im  allgemeinen  mit  der 
Vergrößerung  zu,  so  daß  die  kolossal  aufgequollenen  Centro- 
plasmen,  wie  sie  in  Fig.  58  (Taf.  V)  gezeichnet  sind,  in  einer  ganz 
heilen  Umgebung  nahezu  schwarz  gefärbt  sein  können.  Wenn 
dann  die  Hauptmasse  des  Centroplasmas  abgestoßen  wird  und  das 
hanteiförmige  Doppelcentrosom  sich  zu  differenzieren  beginnt, 
nimmt  die  Färbbarkeit  ab  und  zwar  in  dem  Maße,  daß  die  dem 
Kern  angeschmiegte  Hantel  nicht  die  leiseste  Spur  von  Farbe  fest- 
zuhalten vermag  und  so  stets  als  ein  helleres  Areal  aus  der  Um- 
gebung absticht.  Die  Tochtercentrosomen  bewahren  diese  Eigen- 
schaft bis  ungefähr  zur  Zeit  der  Kernauflösung ;  dann  werden  sie 
wieder  färbbar.  —  Aber  nicht  nur  das  Verhalten  gegen  unsere 
Reagentien  ist  in  diesen  Eiern  ein  anderes ;  auch  der  Verlauf  der 
Teilungsprozesse  weicht  nicht  unerheblich  von  dem,  was  die  andere 
Serie  zeigte,  ab. 

Ich  beginne  auch  hier  mit  dem  Stadium  der  fertigen  ersten 
Furchungsspindel.  Betrachtet  man  ungefärbte  Schnitte  in  Wasser 
mit  mäßiger  Vergrößerung  (Obj.  7  von  Leitz),  so  treten,  fast  noch 
schärfer  als  in  der  anderen  Serie,  die  Ceuirosomen  mit  außer- 
ordentlicher Klarheit  als  stark  lichtbrechende  Kugeln  hervor.  So 
schwer  es  manchem  modernen  Zellenfoischer  fallen  mag,  ein  Objekt 
in  dieser  einfachen  Weise  zu  betrachten,  so  möchte  ich  doch 
dringend  empfehlen,  diese  Art  der  Untersuchung  wenigstens  ein- 
mal anzuwenden,  da  dann  sofort  jeder  Zweifel  an  der  Richtigkeit 
meiner  Angaben  schwinden  wird. 

Bei  der  Behandlung  mit  Eisenhämatoxylin  verhalten  sich  die 
Centrosomen  etwas  verschieden.     In    manchen    Fällen    bleiben    sie 


_     44     — 

ziemlich  dunkel  und  heben  sich  dann  ebenso  klar  von  der  Um- 
gebung ab,  wie  die  der  Fig.  27  (Taf.  III),  ja  selbst  volle  Schwarz- 
färbung kann,  wie  Fig.  54  (Taf.  IV)  lehrt,  erzielt  werden.  Ge- 
wöhnlich aber  zeigen  sie  bei  stärkerer  Entfärbung  nur  einen 
bräunlichen  Ton,  der  sie  wenig  hervortreten  läßt.  Das  Centro- 
plasma  dieser  Serie  macht  auf  dem  in  Rede  stehenden  Stadium 
einen  nahezu  homogenen  Eindruck.  Ist  die  Entfärbung  genügend 
vorgeschritten,  so  lassen  sich  in  einem  Ei  wie  im  anderen  die 
Centriolen  nachweisen  als  schwarze  Pünktchen,  deren  ungefähre 
Größe  aus  Fig.  56  und  57  (Taf.  V)  zu  ersehen  ist.  Ich  glaube, 
daß  auf  dem  Stadium  der  Aequatorialplatte  bereits  in  jedem  Cen- 
trosom  zwei  Centriolen  vorhanden  sind  ^).  Die  seltenen  Fälle, 
wo  nur  eines  zu  sehen  ist,  dürften  wohl  durch  Deckung  zu  er- 
klären sein.  In  allen  gut  konservierten  Eiern  fand  ich  die 
Schwestercentriolen,  soweit  sich  dies  schätzen  läßt,  von  gleicher 
Größe  und  als  einfache  Pünktchen,  die  so  klein  sind,  daß  ich  eine 
Angabe  über  ihre  Form  für  unmöglich  halte.  In  einer  anderen 
Serie  dagegen,  die  nach  allen  Anzeichen  viel  weniger  gut  kon- 
serviert ist,  finde  ich  an  Stelle  dieser  Körnchen  beträchtlich  größere 
und  oft  unregelmäßig  zackige  oder  wie  aus  mehreren  Teilchen 
zusammengesetzte  Gebilde,  die  ich  bei  ihrer  großen  Variabilität 
für  Artefakte  halten  muß,  und  die,  wie  mir  scheint,  so  zu  erklären 
sind,  daß  bei  der  Konservierung  Teile  des  Ceutroplasmas  sich  um 
die  Centriolen  zusammengebacken  und  so  eine  größere  färbbare 
Masse  gebildet  haben. 

Bezüglich  der  Lagerung  der  beiden  Schwestercentriolen  ist 
vor  allem  die  Thatsache  erwähnenswert,  daß  ihre  Verbindungslinie 
zur  Achse  der  karyokinetischen  Figur  jede  beliebige  Stellung 
einnehmen  kann,  und  daß  auch  zwischen  den  beiden  Centrosomen 
keinerlei  Beziehung  in  der  Stellung  ihrer  Centriolen  zu  bestehen 
scheint.  Ich  beschränke  mich  auf  die  Wiedergabe  eines  Falles, 
wo  die  Centriolen  in  dem  rechten  Centrosom  in  der  gleichen  op- 
tischen Ebene  liegen  und  ihre  Verbindungslinie  mit  der  alten 
Teilungsachse  einen  spitzen  Winkel  bildet,  während  im  linken 
das  eine  bei  höherer,  das  andere  bei  tieferer  Einstellung  sichtbar 
wird  und  ihre  Verbindungslinie  auf  der  Teilungsachse  ungefähr 
senkrecht  steht. 


1)  KosTANECKi  (72)  hat  in  Fig.  8  einen  Fall  abgebildet,  wo 
schon  neben  dem  ersten  Furchungskern  in  dem  einen  Pole  2  Cen- 
triolen vorliegen. 


—    45     — 

Fast  stets  fiude  ich  die  Entfernung  der  Schwestercentriolen 
voneinander  annähernd  so,  wie  in  dem  rechten  Centrosora  der 
Fig.  56  (Taf.  V);  sie  liegen  meist  in  einem  Durchmesser  des 
kugeligen  Centrosonis  und  das  eine  so  weit  von  der  Oberfläche 
abstehend,  wie  das  andere.  Doch  kommen  recht  merkbare  Ab- 
weichungen von  dieser  Regel  vor. 

Die  Figg.  57  und  58  zeigen  Stadien,  wie  sie  in  Fig.  28—30 
von  der  anderen  Serie  gezeichnet  sind ;  die  allgemeine  Ueberein- 
stimmung  ist  leicht  zu  konstatieren,  wenn  auch  der  Habitus  der 
Präparate  ein  ziemlich  verschiedenartiger  ist.  Am  auffallendsten 
verschieden  ist  das  Verhalten  der  Centrosomen,  welche  mit  ihrem 
Wachstum  das  Eisenhämatoxylin  immer  zäher  festhalten.  Man 
könnte  denken,  das  Präparat  der  Fig.  58  sei  weniger  entfärbt, 
allein  dieser  Einwurf  wird  sofort  hinfällig,  Avenn  mau  sieht,  daß 
in  einem  und  demselben  Schnitt  ganz  ausnahmslos  die  Centro- 
somen auf  Stadien  der  Fig.  56  blaß,  auf  denen  der  Fig.  58  tief 
dunkelgrau  und  die  mittleren  Zustände  entsprechend  zwischen 
beiden  gefärbt  sind.  Bei  dieser  Umwandlung  verändert  sich  auch 
das  Gefüge  des  Centroplasmas,  es  nimmt  an  denjenigen  Präparaten, 
die  ich  für  die  besten  halte,  eine  mit  der  Vergrößerung  immer 
deutlicher  hervortretende  wabige  Struktur  an.  In  anderen  Prä- 
paraten zeigen  sich  mehr  netzige  Bildungen,  mit  stark  färbbareu 
Körnchen  durchsetzt. 

Wie  wir  an  der  anderen  Serie  konstatiert  haben,  so  ist  auch 
hier  die  Vergrößerung  der  Centrosomen  mit  einer  Formveränderung 
verbunden,  für  deren  Feststellung  vor  allem  Schnitte  senkrecht 
zur  Teilungsachse,  da  sie  vollkommen  eindeutig  sind,  in  Betracht 
kommen.  Sie  lehren,  in  Kombination  mit  Schnitten,  welche  die 
Teilungsachse  enthalten ,  daß  die  Centrosomen  bei  ihrer  Ver- 
größerung zunächst  kugelig  bleiben.  Dann  platten  sie  sich  in  der 
Richtung  der  Teilungsachse  ab,  sehen  also  bei  polarer  Ansicht 
noch  kreisrund  aus  (Fig.  60) ;  sie  sind  linsenförmig  geworden. 
Endlich  strecken  sie  sich  in  einer  zur  alten  Teilungsachse  senk- 
rechten Richtung.  Diese  Endform  ist  aus  Fig.  58  und  62  zu  er- 
sehen. In  manchen  Fällen  scheint  die  Streckung  mit  der  Ab- 
plattung Hand  in  Hand  zu  gehen,  so  daß  die  Linsenform  über- 
sprungen wird.  Wir  wollen  nun  hier  Halt  machen,  um  uns  den 
Schicksalen  der  Ceutriolen  während  der  besprochenen  Periode 
zuzuwenden.  Sowohl  die  dunklere  Färbung  des  Centroplasmas  als 
besonders  seine  veränderte  Struktur  erschwert  auf  diesen  Stadien 
die  Auffindung  dieser  Körperchen  ungemein,  ja  macht  sie  in  sehr 


-      46     — 

vielen  Fällen  unmöglich.  Schon  im  Stadium  der  Fig.  57  beginnt 
sich  dies  geltend  zu  machen ;  doch  gelang  es  mir  hier  meistens 
noch,  die  Centriolen  unzweifelhaft  zu  erkennen.  Von  späteren 
Stadien  dagegen  sind  mir  nur  sehr  wenige  Präparate  zu  Gesicht 
gekommen,  wo  nicht  wenigstens  einige  Körnchen  im  Centroplasma 
verstreut  waren,  die  nach  Größe  und  Färbbarkeit  ebenso  gut  Cen- 
triolen sein  könnten  wie  die  beiden,  die  wir  zur  Zeit  der  Aequa- 
torialplatte  gefunden  haben.  In  der  Regel  sind  auf  Stadien,  wie 
dem  der  Fig.  58,  zahlreiche  solche  Körnchen  vorhanden.  Sollte 
hier  eine  Vermehrung  der  Centriolen  eingetreten  sein,  wie 
Wilson  sie  angenommen  hat?  Ich  glaube,  daß  diese  Annahme,  so 
naheliegend  sie  einmal  sein  mochte,  heute  als  sehr  unwahrschein- 
lich bezeichnet  werden  muß.  Der  Uebergang  der  beiden  in  einem 
Spindelpol  gelegenen  Centriolen  auf  die  zwei  nächsten  Pole  ist  für 
mehrere  Objekte  über  allen  Zweifel  sichergestellt,  und  es  ist  gewiß 
von  vornherein  anzunehmen,  daß  überall,  wo  im  Muttercentrosom 
2  solche  Körnchen  vorhanden  sind,  ihre  Bestimmung  die  gleiche 
sein  wird.  Man  w'erfe  einstweilen  einen  Blick  auf  Fig.  68,  von 
welchem  Stadium  an  mir  der  Nachweis  je  eines  Centriols  in  den 
beiden  auseinanderweichenden  Tochtercentrosomen  in  fast  allen 
genauer  analysierten  Fällen  wieder  mit  Sicherheit  möglich  war. 
Sollten  diese  Centrioleu  Neubildungen  sein  ?  Oder  sollten  sie  aus- 
gewählt sein  aus  den  auf  eine  große  Zahl  vermehrten  Centriolen 
des  Muttercentrosoms?  Hier  wird  doch,  ehe  zwingende  Gründe 
dagegen  sprechen,  die  Annahme  die  meiste  Berechtigung  haben, 
daß  die  beiden  Centriolen  unverändert  fortbestehen  und  nur  durch 
neben  ihnen  auftretende  Körnchen  von  gleichem  Aussehen  —  und 
wie  unendlich  wenig  will  dies  bei  Gebilden  von  solcher  Kleinheit 
sagen  —  für  einige  Zeit  nicht  mehr  erkennbar  sind.  Im  übrigen 
sprechen  meine  Präparate  entschieden  gegen  eine  Entstehung  dieser 
letzteren  Körnchen  durch  Teilung  der  beiden  Centriolen.  Denn 
auf  Stadien,  wie  dem  der  Fig.  57,  wo  die  ersten  überzähligen 
Körnchen  aufzutreten  pflegen,  finde  ich  sie  oft  in  der  Peripherie 
des  Centrosoms,  in  weitem  Abstand  von  den  beiden  unverändert 
erscheinenden  primären. 

Das  Wichtigste  aber  ist  der  Umstand,  daß  in  den  besprochenen 
ungünstigen  Stadien  sehr  häufig  eine  besondere  Struktur  im  Centro- 
plasma nachweisbar  ist,  durch  welche  2  Körnchen  vor  den  anderen 
ausgezeichnet  werden ,  so  daß  es  kaum  zu  kühn  sein  dürfte,  sie 
als  die  Centriolen  in  Anspruch  zu  nehmen.  Diese  Struktur  ist 
eine  fadenförmige  Differenzierung,  wie  sie  in  Fig.  59,  60,  61  und  62 


—     47     — 

gezeichnet  ist.  Ich  habe  sie  in  so  vielen  Fällen  gesehen,  daß 
an  eine  Zufälligkeit  des  Präparates  nicht  zu  denken  ist.  In 
seitlichen  Ansichten  der  Teilungsfigur  ist  das  Bild  sehr  ähnlich 
demjenigen  der  Platte  in  den  Centrosomen  der  anderen  Serie 
(Fig.  59),  und  es  liegt  auch  in  der  That,  wie  verschiedene  Ein- 
stellung lehrt,  eine  solche  scheibenförmige  Verdichtung  hier  vor. 
Allein  in  dieser  ist,  wie  die  Polaransichten  ergeben  (Fig.  60  u.  62), 
noch  ein  besonderes  Fädchen  vorhanden.  Von  Wichtigkeit  ist  nun, 
daß  schon  auf  Stadien,  wo  die  etwas  auseinandergerückten  Cen- 
triolen  noch  mit  voller  Sicherheit  diagnostiziert  werden  können 
(Fig.  57),  ein  in  w'echselnder  Weise  sich  darstellender  Verbindungs- 
strang zwischen  ihnen  nachweisbar  ist.  Diesen  Strang  halte  ich 
für  identisch  mit  dem  späteren  Fädchen,  und  2  an  den  Enden 
dieses  Fädchens  mehr  oder  weniger  deutlich  hervortretende  Körn- 
chen müssen  dann  die  Centriolen  sein.  Am  klarsten  fand  ich 
diese  Verhältnisse  auf  einem  Objektträger,  den  ich  mehr  als 
14  Tage  in  der  Hämatoxylinlösung  belassen  und  dann  sehr  lange 
mit  der  Eisenlösung  behandelt  hatte.  Fig.  61  ist  diesem  Präparat 
entnommen.  Es  zeigt  sich  hier  ein  hellerer  Hof  im  Umkreis  des 
Fädchens,  so  daß  dieses  mit  seinen  Endkörnchen  in  aller  nur 
wünschenswerten  Deutlichkeit  hervortritt  ^).  Auch  ist  gerade  dieses 
Präparat  durch  das  Fehlen  anderer  Körnchen  sehr  günstig.  Aber 
auch,  wo  zahlreiche  solche  Körnchen  vorhanden  sind,  wird  man 
durch  Vergleichung  einer  großen  Zahl  von  Präparaten  zu  der 
IJeberzeugung  gelangen,  daß  2  von  ihnen,  immer  an  gleicher 
ausgezeichneter  Stelle  wiederkehrend,  von  besonderer  Art  sind. 

Ist  dieses  richtig,  so  ergiebt  sich  aus  der  Vergleichung  der 
einzelnen  Stadien,  daß  die  Verbindungslinie  der  Centriolen,  die 
anfänglich  jede  beliebige  Stellung  einnehmen  kann,  später  in  be- 
stimmter Weise  orientiert  wird.  Sie  stellt  sich,  wie  mir  scheint, 
zunächst  senkrecht  zur  alten  Teilungsachse  und  weiter  in  die 
Längsrichtung  des  Centrosoms.  Da  die  beiden  gestreckten  Centro- 
somen fast  ausnahmslos  mit  ihrer  Längsachse  parallel  stehen,  so 
folgt  daraus  eine  parallele  Stellung  der  Verbindungslinie  der 
Centriolen  und  als  weitere  Konsequenz  die  bekannte  Stellung  der 
beiden  nächsten  Teilungsfiguren :  parallel  zu  einander  und  senk- 
recht zu  der  alten  (vgl.  Fig.  70).     Diese  Stellungsveränderung  der 


1)   Das  Bild    ist    im    höchsten   Grade    ähnlich    dem    in    Fig.   21 
von  Diaulula  gezeichneten  (vgl.  Mac  Farland,  Fig.  33). 


-     48     — 

Centriolen  dürfte  aber  vermutlich  in  einer  Abhängigkeit  stehen 
von  der  Formveränderung  der  Centrosomen;  unter  der  einfachen 
Annahme,  daß  die  Centriolen  im  Centrosom  bei  gegebener  Ent- 
fernung voneinander  eine  stabile  Gleichgewichtslage  einzunehmen 
bestrebt  sind,  müssen  sie  die  konstatierten  Lageveränderungen 
erleiden.  Fraglich  bleibt  dann  noch,  wodurch  die  gleichsinnige 
Formveränderung  an  beiden  Centrosomen  bedingt  ist.  Die  Ab- 
plattung senkrecht  zur  alten  Teilungsachse  erklärt  sich  leicht  aus 
der  Symmetrie  der  Teilungsfigur ;  was  aber  die  parallele  Streckung 
der  beiden  Centrosoraen  anlangt,  so  möchte  ich  auf  die  Thatsache 
hinweisen,  daß  die  Teilungsachse  des  Eies  niemals  in  einem  Durch- 
messer, sondern  stets  ein  wenig  excentrisch  liegt.  Hat  man  nun 
die  sich  streckenden  Centrosomeu  in  polarer  Ansicht  vor  sich, 
so  zeigt  sich,  daß  die  Streckung  fast  ausnahmslos  senkrecht  zu 
dem  das  Centrosom  in  der  Mitte  durchschneidenden  größten  Kreis 
erfolgt.  Dies  weist  aber  darauf  hin,  daß  die  parallele  Streckung 
der  beiden  Centrosomen  durch  eine  Struktur  des  Zellkörpers  be- 
stimmt wird. 

Wir  haben  bei  Betrachtung  der  anderen  Serie  gesehen,  wie 
dort  gerade  auf  den  nun  folgenden  Stadien  äußerst  scharfe  Bilder 
zu  Stande  kommen,  indem  sich  das  zur  Scheibe  zusammengezogene 
Centrosom  sehr  stark  färbt  und  dadurch  besonders  auf  dem  Durch- 
schnitt aus  der  blassen  Umgebung  aufs  deutlichste  heraustritt. 
Die  jetzt  zu  betrachtenden  Präparate  verhalten  sich  wesentlich 
anders,  und  es  wäre  mir  wahrscheinlich  nicht  möglich  gewesen, 
über  die  nun  folgende  wichtige  Periode  an  ihnen  zur  Klarheit  zu 
kommen,  wenn  ich  nicht  in  dem  mir  aus  der  anderen  Serie  be- 
kannten Verlauf  einen  Fingerzeig  gehabt  hätte,  wonach  zu  suchen 
sei.  Die  Ungunst  der  Präparate  für  die  fraglichen  Stadien  liegt 
darin,  daß  derjenige  Teil  des  Centroplasmas,  der  bei  der  Um- 
formung des  Centrosoms  abgestoßen  wird,  sich  noch  fast  ebenso 
intensiv  färbt,  wie  das  reduzierte  Centrosom  selbst.  Da  er  den 
Scheiben-  und  später  hanteiförmigen  Körper  dicht  umschließt,  wird 
dessen  Erkennung  sehr  erschwert.  In  Fig.  59  und  63  —  65  sind 
die  besten  Bilder  reproduziert,  die  mir  zu  Gesicht  gekommen  sind. 
Nach  der  ausführlichen  Beschreibung  der  anderen  Serie  kann  ich 
mich  darüber  kurz  fassen.  Fig.  68  dürfte  ungefähr  der  Fig.  30 
entsprechen ;  die  alte  Grenze  des  Centrosoms  beginnt  zu  ver- 
schwinden. Einen  ähnlichen,  etwas  vorgeschrittenen  Zustand,  etwa 
dem  der  Fig.   32  u.  49  entsprechend,   sieht  man    in    Fig.  64.     In 


—     49     - 

der  Platte  sind  bereits  zwei  Verdichtungen  ausgebildet,  auf  welche 
neue  Radien  centriert  sind.  Fig.  65  zeigt  mit  besonderer  Klarheit 
das  hanteiförmige  Doppelcentrosom;  das  Bild  ist  mit  dem  der 
Fig.  32  und  49  zu  vergleichen. 

Der  Nachweis  der  Ceutriolen  während  dieser  Periode  ist  an 
meinem  Material  höchst  unsicher.  Ich  besitze  kein  Präparat,  wo 
nicht  wenigstens  einige  andere  Körnchen  in  dem  fraglichen  Bereich 
vorhanden  sind,  so  daß  nur  die  Lage  und  die  Beschaffenheit  der 
Umgebung  zwei  davon  als  etwas  Besonderes  kenntlich  machen 
kann.  Was  ich  in  Fig.  63  und  64  gezeichnet  habe,  giebt  sonach 
nicht  genau  die  betreffenden  Präparate  wieder,  sondern  es  sind 
subjektive  Bilder,  in  welche  nur  diejenigen  Körnchen  eingetragen 
sind,  welche  ich  für  die  Centriolen  halte.  Ein  hellerer  Hof  in 
ihrer  Umgebung,  in  Fig.  64  auch  die  Richtung  der  neuen  Radien, 
dienten  hierbei  als  Kriterien.  Das  demonstrativste  Präparat,  das 
mir  von  den  in  Rede  stehenden  Stadien  zu  Gesicht  gekommen  ist, 
ist  in  Fig.  59  gezeichnet.  In  der  linken  Sphäre  ist  unten,  in  der 
rechten  oben  ein  winziges  schwarzes  Körnchen  zu  sehen ;  beide 
sind  auf  einen  größeren  Bereich  hin  die  einzigen,  und  ihre  Lage 
stempelt  sie  zu  Centriolen.  In  der  anderen  Centrosom-Anschwellung 
einer  jeden  Seite  ist  dagegen  ein  größerer  Bereich  dunkel  gefärbt. 
Aehnlich  verhält  es  sich  mit  dem  Schnitt  der  Fig.  65,  der  ein 
etwas  späteres  Stadium  darbietet. 

Bis  zu  dem  betrachteten  Zustande  hebt  sich  das  Doppel- 
centrosom, wo  es  überhaupt  deutlich  erkennbar  ist,  als  ein  etwas 
dunklerer  Bereich  von  der  Umgebung  ab.  Wenn  es  sich  nun  dem 
Kernbläschen  anzulegen  beginnt,  verliert  es  seine  Färbbarkeit  in 
Eisenhämatoxylin  vollkommen  und  ist  jetzt  stets  heller  als  die  Um- 
gebung. Dadurch  wird  es  äußerst  unscheinbar,  und  man  muß 
schon  suchen,  um  es  zu  finden.  Als  Wegweiser  dienen  die  neuen 
Astrosphärenstrahlen  (Fig.  66,  68)  und,  etwa  vom  Stadium  der 
Fig.  66  an,  die  Centriolen.  Mit  der  Färbbarkeit  im  ganzen 
verlieren  sich  nämlich  in  den  Endanschwellungen  des  Doppel- 
centrosoms  auch  die  überzähligen  Körnchen,  und  es  bleibt  in  jedem 
der  beiden  als  helle  Höfe  erscheinenden  Centrosomenenden  ein 
einziges  zurück,  das  als  etwas  Specifisches  ebenso  wenig  ver- 
kannt werden  kann,  wie  die  2  Körnchen  auf  dem  Stadium  der 
Aequatorialplatte. 

Ein  Stadium,  etwa  dem  der  Fig.  51  entsprechend,  ist  in 
Fig.  66  wiedergegeben,  alle  4  Centriolen  sind  im  gleichen  Schnitt 
getroffen;  das  hantelförmige  Centrosom  ist  als  ein  hellerer  Bereich 

B  0  V  e  r  i ,  Zellen-Studien.   IV.  ^ 


—    50    — 

zu  erkennen.  Zur  Ergänzung  gebe  ich  einen  Schnitt  in  der  dazu 
senkrechten  Richtung  (Fig.  67),  wo  die  beiden  Centriolen  bei 
wechselnder  Einstellung  untereinander  zum  Vorschein  kommen. 
Es  ist  beachtenswert,  wie  hier  nicht  nur  die  Form  der  Sphäre 
sich  ganz  anders  darstellt,  sondern  auch  die  Form  des  Kernes,  ja 
des  Zellkörpers,  eine  andere  ist.  Der  schon  in  der  ersten  Serie 
konstatierte  Zusammenhang  zwischen  der  Stellung  des  Centrosoms 
und  der  Form  des  Kernes  giebt  sich  also  auch  hier  aufs  deut- 
lichste zu  erkennen. 

Den  Bildern  Fig.  33  und  34  entspricht  ungefähr  das  der 
Fig.  68.  Die  Tochtercentrosomen  sind  am  Kern  herabgerückt,  sie 
sind  größer  geworden,  zeigen  sich  aber  in  ihrer  Form  noch  immer 
beeinflußt  durch  den  sie  verbindenden  Stiel,  der  hier  freilich  in 
seinem  mittelsten  Teile  mehr  zu  erraten  als  wirklich  klar  zu  sehen 
ist.  Schon  auf  diesem  Stadium  glaubte  ich  einige  Male  die  Teilung 
der  Centriolen  beginnen  zu  sehen. 

Recht  abweichend  von  dem  oben  beschriebenen  Verhalten  der 
Radiensysteme  ist  das  Aussehen  der  Sphären  in  den  ent- 
sprechenden Bildern  unserer  Serie,  sowohl  in  der  Form,  wie  in 
der  Beschaffenheit  der  Radien.  Der  erstgenannte  Unterschied 
hängt  offenbar  mit  der  verschiedenen  Form  des  Zellkörpers  zu- 
sammen, indem,  was  hier  nur  nebenbei  erwähnt  sei,  die  Teilung 
in  den  Eiern  der  ersten  Serie  durch  eine  bis  zur  völligen  Trennung- 
führende  Einschnürung,  in  der  zweiten  in  der  Hauptsache  durch 
Bildung  einer  Zellplatte  geschieht.  Ein  Blick  auf  die  einzelnen 
Bilder  lehrt,  wie  in  jedem  Falle  die  Konturen  der  Zelle  denen  der 
beiden  Sphären  ungefähr  folgen.  Ob  nun  auch  die  Struktur- 
unterschiede —  vor  allem  das  Fehlen  der  in  der  ersten  Serie 
so  auffallenden  Verdichtungszone  —  hiermit  zusammenhängen,  muß 
ich  unentschieden  lassen. 

In  einem  wichtigen  Punkte  aber  stimmen  beide  Serien  voll- 
kommen überein,  darin  nämlich,  daß  hier  wie  dort  die  Enden  des 
hanteiförmigen  Centrosoms  neue  Strahlencentren  darstellen,  die  die 
Elemente  der  alten  Sphäre  allmählich  zu  neuen  auf  sie  gerichteten 
Radien  umordnen. 

Dieses  Ziel  ist  vollkommen  erreicht  in  dem  Bilde  der  Fig.  69, 
wo  wir  zwei  neue  Radiensysteme  vor  uns  haben,  die  aber  doch 
in  ihrer  gemeinsamen  Form  noch  die  Gestalt  der  alten  Sphäre 
erkennen  lassen.  Die  Centrosomeii,  an  nahezu  opponierten  Seiten 
des  Kernes  angelangt,  liegen  der  Kernmembran  nicht  direkt  auf; 
vielmehr   ist    der   Kern    an    diesen    beiden   Enden   auffallend   ab- 


—    51     - 

gestumpft,  und  zwischen  der  Kernmembran  und  dem  Centrosom 
findet  sich  ein  kegelförmiger  Bereich,  der  keine  Radiärstruktur 
erkennen  läßt.  Die  Centrosomen  selbst  sind  gewachsen  und  be- 
ginnen sich  abzurunden,   die  Centriolen  sind  in  Teilung  begriffen. 

Ich  schließe  die  Betrachtung  dieser  Serie  mit  dem  Stadium 
der  Keruauflösuüg  ab  (Fig.  70).  Der  Anschluß  an  das  vorige 
Bild  ist  ein  sehr  enger.  Man  kann  auch  hier  noch  erkennen,  daß 
zwischen  Kern  und  Centrosomen  ein  Abstand  war,  so  daß  die  in 
Differenzierung  begriffenen  Spindelfasern  zwar  zum  größten  Teil 
aus  achromatischen  Bestandteilen  des  Kernes,  in  ihren  End- 
abschnitten aber  aus  Material,  das  außerhalb  des  Kernes  gelegen 
war,  entstehen.  Die  Centrosomen  sind  abermals  etwas  gewachsen 
und  nahezu  kugelig  geworden ;  sie  nehmen  noch  immer  keine  Spur 
von  Färbung  an.  In  3  von  den  4  Centrosomen  sind  die  Cen- 
triolen sicher  geteilt. 

Auf  eine  Abbildung  der  ausgebildeten  Teilungsfigur  kann  ich 
verzichten,  da  sie  mit  der  ersten  Spindel  vollkommen  überein- 
stimmt. 


Ich  habe  im  Vorstehenden  den  Cyklus  der  Centrosomen- 
Metamorphose  von  der  fertigen  ersten  Teilungsfigur  bis  zu  an- 
nähernd dem  gleichen  Zustande  der  nächsten  Zellgeneration  ver- 
folgt, anstatt,  wie  die  meisten  Autoreu  dies  bisher  gethan  haben, 
mit  der  Befruchtung  zu  beginnen  und  den  Verlauf  nicht  weiter 
als  nach  erfolgter  Teilung  zu  betrachten  oder  noch  früher  ab- 
zubrechen ^),  Es  bestimmte  mich  dazu  vor  allem  der  Grund,  daß 
ich  für  die  Schicksale  der  Centrosomen  von  der  Befruchtung  bis 
zur  Ausbildung  der  ersten  Furchungsspindel  nicht  alle  Stadien  in 
solcher  Klarheit  besitze,  wie  für  den  weiteren  Verlauf.  Sodann 
aber  war  für  die  Wahl  der  späteren  Periode  auch  noch  der  Um- 
stand bestimmend,  daß  die  Entstehung  der  beiden  ersten  Teilungs- 
centren aus  dem  Spermacentrosoma  bei  aller  Uebereinstimmung 
mit  dem  weiteren  Verlauf  doch  ein  Specialfall  ist,  der  überdies 
nicht  den  ganzen  Cyklus  von  einer  Zellteilung  bis  zum  gleichen 
Punkt  der  nächsten  umfaßt.  Das  Spermacentrosom  ist  ein  spe- 
cifisch  ausgebildetes  Centrosom,  wie  der  Spermakern  ein  besonderer 


1)  Hierbei  ist  allerdings  zu  bemerken,  daß  Reinke  (91)  und 
Eelanger  (36)  wohl  versucht  haben,  die  von  ihnen  beobachteten 
Centralgebilde  noch  weiter  zu  vei^folgen,  daß  ihnen  dies  aber  nicht 
gelungen  ist. 

4* 


W 


IPY- 


\  >- 


—     52     - 

Kern  ist.  Einen  Punkt  aus  der  Geschichte  der  Centrosomen 
im  befruchteten  Ei  darf  ich  jedoch  nicht  völhg  übergehen.  Von 
verschiedenen  Autoren,  zuerst  von  mir  selbst,  wurde  an  der  Basis 
des  eingedrungenen  Spermatozoonkopfes  ein  kleines,  intensiv  färb- 
bares Körperchen  als  Centrum  einer  Strahlenfigur  beschrieben  und 
als  Centrosom  bezeichnet.  Die  Frage  ist:  haben  wir  dieses  Kör- 
perchen wirklich  als  ein  Centrosom  oder  nur  als  ein  Centriol  auf- 
zufassen ?  —  womit  die  weitere  Frage  zusammenhängt,  ob  das 
Spermatozoon  ein  Centralkörperchen  oder  vielleicht  nur  ein  nacktes 
Centriol  ins  Ei  einführt. 

Hierauf  vermag  ich  nun  zu  antworten,  daß  das  von  mir  an 
frisch  eingedrungenen  Spermaköpfen  beobachtete  Körperchen  ohne 
Zweifel  als  Centrosom  anzusehen  ist  ^).  Zum  Beweis  gebe  ich  ein 
Bild  (Fig.  55a  und  b,  Taf.  IV),  welches  in  einem  Ei  mit  II.  Rich- 
tungsspindel den  bereits  gedrehten  Sperraakeru  und  auffallend  weit 
von  ihm  abgerückt,  umgeben  von  einer  kleinen  Astrosphäre,  ein 
tief  dunkelgrau  gefärbtes  Körperchen  zeigt,  das  die  Form  eines 
abgestumpften  Kegels  besitzt,  dessen  dem  Kern  zugekehrte  Basis 
sockelartig  verbreitert,  dessen  abgestumpfte  Fläche  leicht  gerundet 
ist.  Genau  die  gleiche  Form  habe  ich  wiederholt  konstatiert. 
Bei  sehr  starker  Vergrößerung  und  intensivem  Licht  glaube  ich 
mit  Sicherheit  noch  ein  ganz  kleines  schwarzes  Pünktchen  im 
Centrum  erkennen  zu  können,  wie  dies  in  Fig.  55b  angedeutet  ist. 
Einen  etwas  späteren  Zustand  findet  mau  in  Fig.  71  (Taf.  V)  dar- 
gestellt. Das  gewachsene  Centrosom  ist  blasser  gefärbt  und  läßt 
aufs  klarste  2  schwarze  Körnchen,  die  Centriolen,  erkennen.  Noch 
stärker  gewachsen  ist  das  Spermacentrosoma  der  Fig.  72  (Taf.  V), 
dementsprechend  sind  auch  die  Centriolen  weiter  voneinander 
entfernt. 

Wir  haben  demnach  schon  auf  diesem  frühen  Stadium  ein 
Gebilde  von  ganz  der  gleichen  Beschatfenheit  wie  später:  einen 
größeren  Körper,  das  Centrosom,  mit  einem  Ceutralgebilde,  dem 
Centriol.  Daß  nicht  das  ganze  Körperchen  der  Fig.  55  ein  Cen- 
triol sein  kann,  ergiebt  sich  schon  aus  seiner  viel  beträchtlicheren 
Größe,  welche  noch  gestattet,  die  Form  mit  voller  Sicherheit  zu 
bestimmen,  was  bei  den  Centriolen  nicht  möglich  ist. 

Aus  dem  Gesagten  folgt,  daß  ich,  in  Uebereinstimmung  mit 
Wilson  und  R.  Hertwig,  vollständig  an  meiner  früheren  Angabe 


1)  Das    von    Kcstanecki    (72)    abgebildete    Korn    dagegen    ist, 
seiner  Größe  nach  zu  urteilen,  das  Centriol. 


—    53     — 

festhalten  muß,  wonach  die  beiden  rehativ  großen  Kugeln,  die  ich  N^ 
in  der  Furchungsspindel  als  Centrosomen  bezeichnet  habe,  durch 
Wachstum  aus  den  beiden  Teilstücken  des  Spermacentrosoms 
hervorgehen.  So  beträchtlich  dieses  Wachstum  auch  ist,  so  ist  es 
doch  kaum  größer  als  das  eines  zu  seiner  vollen  möglichen  Größe 
anwachsenden  Spermakernes;  in  welch  letzterer  Größenzunahme 
niemand  etwas  Auffallendes  findet. 

Ist   diese  Beziehung   klargestellt,   so   fragt  es    sich    noch,   i  n 
welchem    Teile   des    Spermatozoon    wir   das   im   Ei    auf- 
tretende  „Sperma- Centrosoma"    zu    suchen    haben.     Ich   bin    der 
erste  gewesen,  der,  wenn  auch  nur  vermutungsweise,  das  Sperma- 
centrosoma    vom    Mittelstück    des    Samenfadens    ableitete^).     In 
meiner  Schrift  vom  Jahre  1895  sind  diese  Verhältnisse  nicht  ein- 
gehender berührt;    es   heißt  dort  nur   gelegentlich,    daß   sich  das 
Centrosom   „aus   der   Region   des   Mittelstückes"   ablöse.    Da   ich 
nämlich  damals  freie  Spermatozoeu   nicht  untersucht  hatte,   war 
ich  nicht  sicher,  ob  das  ganze  Mittelstück  oder  nur  ein  Teil  des- 
selben das  Centrosom  repräsentiere.    Ich  habe  nun  in  Fig.  14a— c 
(Taf.  I)  einige  freie  Spermatozoen   von  Echinus  microtuberculatus 
abgebildet,    welche    zeigen,  ^daß    das    Mittelstück    dem    späteren 
Spermacentrosoma    sehr   ähnlich    ist,    nur   in    allen    Fällen    ganz 
deutlich  etwas  größer.     Ich   möchte   demnach   annehmen,   daß   im 
freien    Spermatozoon    das   Centrosom    noch    von   einer    Hülle  um- 
schlossen ist,   die   im  Ei  schwindet,   daß  aber  das  Mittelstück  au 
essentiellen  Bestandteilen    nichts   weiter   als  das   Centrosom   ent- 
hält.    Wie   man  also   —   nicht   ganz    exakt   —   den    Kopf   des 
Samenfadens  mit  dem   Spermakern   identifiziert,   so   wird  man 
das  Mittel  stück  dem  Centrosom  gleichsetzen  dürfen. 


Hier  habe  ich  noch  einmal  auf  die  schon  im  Abschnitt  A 
(S.  17)  beschriebenen  konzentrisch  entfärbten  Spermatozoen  zurück- 
zukommen, die  in  Fig.  14d— h  (Taf.  I)  abgebildet  sind  und  die 
im  Mittelstück  zwei  dunklere  Stellen  von  verschiedener  Größe  und 
etwas  wechselnder  Form  erkennen  lassen.  Daß  diese  Diiferen- 
zierungen  den  Centriolen  entsprechen,   ist  nach  ihrer  Form   nicht 

1)  In  den  Diskussionsbemerkungen  zu  meinem  am  20.  Dezember 
1887  in  der  Ges.  f.  Morph,  u.  Phys.  in  München  gehaltenen  Vor- 
trag heißt  es  (11,  S.  163):  „Herr  Dr.  Boveki  bemerkt,  daß  auch 
beim  Spermafaden  das  Centrosoma  auf  und  nicht  im  Kerne  liege 
und  wahrscheinlich  dem  Mittelstück  entspreche". 


^^<, 


-     54     — 

anzunehmen,  wenn  sie  auch  diese  Körnchen  in  sich  enthalten 
mögen.  Ueberhaupt  ist  es  fragUch,  ob  wir  in  dieser  Duplicität 
des  Mittelstückes  eine  Eigenschaft  lebeusfrischer  Spermatozoen 
erblicken  dürfen;  denn  die  fraglichen  Samenfäden  hängen  einem 
25  Minuten  nach  dem  Spermazusatz  abgetöteten  Ei  außen  an  und 
waren  zu  dieser  Zeit  wahrscheinlich  bereits  abgestorben.  Nichts- 
destoweniger ist  die  -Erscheinung  interessant.  Sie  kann  kaum 
etwas  anderes  bedeuten  als  einen  Anlauf  zur  Zweiteilung  des 
Spermacentrosoma,  der  vielleicht  als  Absterbeerscheinung  eintritt, 
jedenfalls  aber  in  der  normalen  Entwickelungstendenz  dieses 
Körperchens,  wie  sie  sich  im  Eiprotoplasma  entfalten  würde,  be- 
gründet sein  muß. 


b)  Litteratur, 

Es  ist  sehr  lehrreich,  vor  Betrachtung  der  neueren  Arbeiten 
einen  kurzen  Blick  auf  die  grundlegenden  Untersuchungen  von 
O.  Hertwig  (60)  und  Fol  (42)  zu  werfen,  da  schon  hier  einige 
Angaben  über  die  Centrosomen  zu  finden  sind,  die  bei  aller,  sowohl 
in  der  damaligen  Fragestellung,  wie  in  der  Technik  begründeten 
Unvollkommenheit,  doch  in  mancher  Hinsicht  über  das  hinaus- 
gehen, was  neuerdings  an  Schnitten,  mit  komplizierten  Färbungs- 
methoden und  weit  überlegenen  optischen  Hilfsmitteln,  zur  An- 
schauung gebracht  werden  konnte. 

O.  Hertwig  giebt  für  die  erste  Teilungsfigur  des  Toxo- 
pneustes-  (Strongylocentrotus-)Eies  an  (S.  62),  daß  die  Spitze  der 
Spindel  als  ein  besonders  deutlich  erkennbares,  dunkler  geronnenes 
Korn  hervortrete  ^).  Er  muß  also,  wenn  auch  wohl  in  etwas  ver- 
dorbener Gestalt,  die  Centrosomen  vor  sich  gehabt  haben  ^).    Ganz 


1)  Nach  einer  Serie  von  Echinus-Eiern,  die  mit  Strongylo- 
centrotus-Sperma  befruchtet  sind,  möchte  ich  annehmen,  daß  die 
Centrosomen  bei  letzterer  Art  auf  dem  Stadium  der  Aequatorial- 
platte  beträchtlich  kleiner  sind  als  bei  Echinus.  Aus  dieser  Differenz 
dürften  sich  vielleicht  auch  einige  von  den  meinigen  abweichende 
Angaben  von  Eol  und  Reinke  erklären. 

2)  Die  erste  Beschreibung  und  Abbildung  von  Centrosomen 
hat,  worauf  Eükst  und  Erlanger  aufmerksam  gemacht  haben, 
Elemming  (39)  gegeben  Als  zweite  Angabe  haben  wir  die  oben 
citierte  von  0.  Hektwig  anzusehen,  die  wie  diejenige  Elemming's 
aus  dem  Jahre   1875  stammt.     Erst  als  dritter  in  dieser  Reihe  der 


—    55    - 

uDzweifleutig  zeigen  seine  Bilder  von  Stadien  mit  Tochterplatten 
(Fig.  23  und  24)  die  scheibenförmig  abgeplatteten  Centrosomen, 
die  im  Text  (S.  63)  als  dunkle,  scharf  begrenzte  Streifen  be- 
schrieben werden.  Auch  erkennt  man  aus  der  Beschreibung  S.  64 
und  den  allerdings  nicht  guten  Abbildungen  Fig.  25  und  26,  daß 
O.  Hertwig  noch  während  der  beginnenden  Kernrekonstruktion, 
auf  Stadien,  die  etwa  meiner  Fig.  32  entsprechen  mögen,  das  ge- 
streckte (hanteiförmige)  Centrosora,  und  zwar  in  dem  Ei  der  Fig.  25 
der  Länge  nach,  in  dem  der  Fig.  26  im  optischen  Durchschnitt 
gesehen  hat.  — 

Noch  näher  der  Wirklichkeit  kommen  einige  Abbildungen  von 
Fol  (42),  gleichfalls  von  Strougylocentrotus-Eiern.  Fig.  12  (Taf.  VI) 
zeigt  unter  ac  oftenbar  körnig  zerfallene  Centrosomen,  wie  über- 
haupt Fol  auch  auf  späteren  Stadien  die  Centrosomen  des  Seeigel- 
Eies  meist  in  einem  Zustande  körnigen  Zerfalles,  als  „amas  gra- 
nuleux",  gesehen  hat.  Fig.  13  (Taf.  VI)  dürfte  meiner  Fig.  30 
entsprechen,  den  Uebergang  zur  Abplattung  vorstellend,  welch 
letzterer  Zustand  aufs  klarste  in  Fig.  14  abgebildet  ist.  Ganz 
ähnliche,  in  gewisser  Beziehung  besser  erhaltene  Bilder  sind  auf 
Taf.  VII  zu  sehen.  Fig.  15  und  17  (Taf.  VI)  zeigen  die  ab- 
geplatteten Centrosomen  neben  den  sich  bildenden  Tochterkernen, 
in  Fig.  6  und  7  (Taf.  VII)  haben  wir  offenbar  das  hanteiförmige 
Doppelcentrosom  im  optischen  Durchschnitt  zu  erkennen.  Weiter 
hat  Fol  die  Centrosomen  nicht  verfolgen  können.  Er  hält  sie  auf 
dem  letzten  Stadium  für  rundliche  Körperchen  und  läßt  sie  sich 
schließlich  mit  dem  Kern  vereinigen  (S.  180),  woran  ja  so  viel 
richtig  ist,  daß  sie  sich  etwa  zu  dieser  Zeit  dem  Kerne  dicht 
auflegen. 

Von  Fol's  letzter  Arbeit  (43)  kommen  für  unser  Thema  nur 
Fig.  9  und  10  in  Betracht.  Die  letztere  könnte  in  dem  ver- 
dorbenen Centrosom  (Fol's  Astrocoele)  das  noch  ungeteilte  Centriol 
darstellen,  in  Fig.  9  dagegen  handelt  es  sich  ohne  Zweifel  um 
grobe  Artefakte,  auf  deren  Analyse  ich  verzichten  zu  dürfen 
glaube.  — 

Ich  schließe  hier  eine  Besprechung  der  kurzen  Mitteilung  von 
Reinke  (91)  an,  weil  die   Befunde  dieses  Autors   sehr  nahe   mit 


1^'/^ 


Centrosomen-Entdecker  wäre  Van  Beneden  (3)  zu  nennen,  der  1876 
(nicht  1874,  unter  welcher  Jahreszahl  die  Arbeit  irriger  Weise  bei 
Van  Beneden  und  Neyt  citiert  ist)  diese  Körperchen  bei  Di- 
cyemiden  beschrieben  und  abgebildet  hat. 


—    56     - 

den  alten  Angaben  Fol's  übereinzustimmen  scheinen,  und  weil 
Reinke  zu  denjenigen  Autoren  gehört,  welche  nicht  die  Cen- 
triolen,  sondern  die  ganzen  Centrosomen,  wenn  auch  in 
verdorbenem  Zustande,  gesehen  haben.  Da  seine  Schrift  der  Ab- 
bildungen entbehrt,  ist  eine  völlig  sichere  Deutung  dessen,  was  er 
beschreibt,  nicht  möglich.  Er  findet  im  Spindelpol  ein  Häufchen 
intensiv  färbbarer  Kügelchen,  deren  Zahl  er  auf  1 — 2  Dutzend 
schätzt  und  die  er  „Centralkörperchen"  nennt.  Diese  Körnchen 
sind,  wie  sich  aus  meiner  Darstellung  der  Verhältnisse  ergeben 
wird,  weder  Centralkörperchen  (Centrosomen),  noch  Centriolen, 
sondern  lediglich  Zerfallsprodukte  des  Centrosoms.  Was  Reinke 
auf  diesem  Stadium  unter  „Sphäre"  versteht,  vermag  ich  ohne 
Kenntnis  seiner  Präparate  nicht  festzustellen ;  sicher  ist  nur,  daß 
Reinke  diesen  Ausdruck  nicht  im  Sinne  Van  Beneden's  ge- 
braucht, denn  für  eine  „sphere  attractive"  auf  dem  Stadium  der 
Aequatorialplatte  muß  strahlige  Struktur  als  eines  der  obersten 
Characteristica  gelten.  Wenn  Reinke  von  späteren  Stadien 
schreibt,  daß  die  Sphäre  die  Gestalt  einer  bikonvexen  Linse,  dann 
einer  Birne  annimmt,  während  die  „Gi'uppe  der  Centralkörperchen" 
in  eine  tellerförmige  Platte  übergeht,  so  hat  er  hier  offenbar  ähn- 
liche Bilder  vor  sich  gehabt,  wie  sie  in  meinen  Figg.  31  und  32 
zu  sehen  sind.  Was  er  Gruppe  der  Centralkörperchen  nennt,  ist 
das  körnig  zerfallene  Centrosom.  Ueber  das  Stadium  der  Ab- 
plattung hinaus  vermochte  Reinke  dieses  Gebilde  nicht  zu  ver- 
folgen. 

Hinsichtlich  dessen,  was  Reinke  über  meine  frühere  Arbeit 
sagt,  möge  die  oben  gegebene  ausführliche  Darstellung  meiner 
Befunde  als  Erwiderung  angesehen  werden,  der  ich  nichts  hinzu- 
zusetzen brauche.  Nur  gegen  den  Vorwurf,  ich  hätte  Fol  ganz 
unberechtigter  Weise  „naive  Täuschungen  imputiert",  muß  ich  mich 
verwahren,  indem  ich  mir  bewußt  bin,  bei  der  Beurteilung  der 
FoL'schen  Darstellung  mit  all  der  Vorsicht  vorgegangen  zu  sein, 
die  man  den  Angaben  eines  anderen  Autors  schuldet.  Man  mag 
die  Täuschungen,  die  Fol  von  den  verschiedensten  Seiten  völlig 
übereinstimmend  nachgewiesen  worden  sind,  nennen,  wie  man  will, 
jedenfalls  hat  er,  wie  vor  allem  seine  Fig.  1  zeigt,  ganz  zufällige 
Strukturen  für  Centrosomen  gehalten.  Nichts  anderes  aber  habe 
ich  von  ihm  behauptet,  — 

Ganz  kurz  sei  hier  der  Angaben  Bütsculi's  (26)  gedacht,  der 
lediglich  dem  Centrosom  im  Stadium  der  Aequatorialplatte  eine 
bildliche  Darstellung   und   kurze  Beschreibung   vom   Standpunkte 


—    57     — 

seiner  Strukturlehre  des  Protoplasmas  gewidmet  hat.  Ich  kann 
dieses  Bild  nur  so  deuten,  daß  die  „wenig  umfangreiche  Zone  un- 
regelmäßig netzigen  Plasmas"  das  Centrosom  darstellt.  Was 
BüTSCHLi  als  solches  auffaßt,  nämlich  einen  centralen  Bereich 
dieser  Zone,  der  „aus  drei  mit  stark  gefärbten  Wandungen  ver- 
sehenen Bläschen  zu  bestehen  scheint",  kann  meines  Erachtens 
nur  eine  sei  es  natürliche,  sei  es  künstliche  Verdichtung  im  Innern 
des  Centrosoms  sein.  Die  Deutung  als  Centriol  ist  für  das,  was 
BÜTSCHLI  zeichnet,  ausgeschlossen.  — 

Von  den  wichtigen  Arbeiten  Wilson's  kann  ich  die  erste,  ge- 
meinsam mit  A.  P.  Mathews  herausgegebene  hier  übergehen,  da 
ich  sie  bereits  in  meiner  früheren  Mitteilung  kurz  besprochen  habe 
und  da  alle  für  unser  Thema  in  Betracht  kommenden  Punkte  iu 
der  zweiten  Abhandlung  (105)  eine  erneute  Darstellung  gefunden 
haben.  Trotz  mancherlei  widersprechender  Befunde  stimmen 
Wilson's  Angaben  doch  in  einem  der  wesentlichsten  Punkte  mit 
den  meinigen  überein,  und  zwar  noch  viel  besser,  als  Wilson  selbst 
annimmt  und  bei  der  Kürze  meiner  früheren  Mitteilung  und  dem 
Mangel  an  Abbildungen  annehmen  konnte.  Wie  er  zutreffend  be- 
merkt, ist  das,  was  er  mit  Strasburger  „Centrosphäre" 
nennt,  das  Centrosom,  und  zwar,  wie  ich  hinzufügen  möchte, 
nicht  allein  das  Centrosom  meiner  Auffassung;  vielmehr 
entspricht  es  genau  demjenigen  Gebilde  anderer  Zellen ,  welches 
ursprünglich  als  Centralkörper  oder  Centrosom  bezeichnet  worden 
ist  und  von  den  meisten  Autoren  noch  jetzt  so  bezeichnet  wixl 
(siehe  den  allgemeinen  Teil  und  den  Abschnitt  Nomenklatur).  Der 
Hauptgrund  für  Wilson,  das  Wort  Centrosphäre  vorzuziehen,  ist 
wohl  der  gewesen,  daß  die  so  bezeichnete  Bildung  sich  in  seinen 
Präparaten  viel  weniger  deutlich  von  der  Sphäre  abhebt  als  in 
meinen,  wo  sie  auf  den  meisten  Stadien  als  ein  wirklicher  „Körper" 
erscheint;  übrigens  nennt  Wilson  seine  Centrosphäre  auch  ge- 
legentlich „central  body",  so  daß  die  Bezeichnung  „Centralkörper- 
chen"  auch  ihm  nicht  völlig  unpassend  erscheinen  kann. 

Wilson  konnte  mit  Sicherheit  verfolgen,  daß  die  beiden 
Centrosomen  (Centrosphären)  der  Spindel  von  dem  Mittelstück  des 
eingedrungenen  Spermatozoon  abzuleiten  sind.  Diese  Angabe 
stimmt  mit  meinen  früher  schon  kurz  mitgeteilten  Befunden  völlig 
überein,  und  der  Gegensatz,  den  Wilson  konstatiert,  liegt  nur 
darin,  daß  er  annimmt,  das  Körperchen,  welches  ich  als  Centrosom 
des  Spermakopfes  bezeichnet  habe,  sei  nur  eine  centrale  Diti'eren- 
zierung  seiner  „central  mass",   eine  Annahme,   die   allerdings   bei 


—    58     - 

der  Kürze  meiner  Darstellung  und  bei  der  nichtssagenden  Be- 
zeichnung des  Centrosonis  als  eines  winzig  kleinen  Körnchens 
sich  wohl  unwillkürlich  aufdrängen  mußte  i).  Wie  nun  meine  oben 
besprochenen  Abbildungen  lehren,  ist  mein  Spermacentrosoma  das 
Gleiche,  was  Wilson  in  seiner  Textfigur  1  als  „central  mass"  be- 
nennt, nämlich  das  —  wenig  verkleinerte  —  Mittelstück.  Aber 
dieses  Mittelstück  sieht  in  seinen  Präparaten  etwas  anders  aus  als 
in  den  meinigen,  es  ist  von  Anfang  an  größer,  mehr  kugelig  und 
färbt  sich  offenbar  nur  blaß,  was  wahrscheinlich  in  einer  Ver- 
schiedenheit der  untersuchten  Arten  seinen  Grund  hat. 

Viel  erheblichere  Unterschiede  ergeben  sich  hinsichtlich  der 
späteren  Schicksale  der  Centrosomen  (Centrosphäreu).  Auch 
Wilson  beobachtete  ihre  starke  Aufquellung  während  der  Meta- 
kinese,  so  daß  zunächst  unsere  Ergebnisse  in  der  Hauptsache  über- 
einstimmen. Allein  während  nach  meinen  Präparaten  auf  Stadien 
später  Anaphase  sich  aus  dem  großen  Centrosom  eine  Platte 
differenziert  und  der  Rest  abgestoßen  wird,  um  sich  alsbald  mit 
der  Sphäre  zu  vermengen  und  radiäre  Struktur  anzunehmen,  findet 
Wilson  noch  auf  solchen  Stadien  nichts  anderes  als  seine  riesig 
aufgequollene  Centrosphäre,  ohne  jede  Spur  der  scheibenförmigen 
Differenzierung.  Ebensowenig  scheint  in  seinen  Präparaten  von 
dem  charakteristischen  hanteiförmigen  Doppelcentrosom  etwas  nach- 
weisbar zu  sein  und  von  der  nach  meinen  Befunden  schon  so  früh- 
zeitig sich  ausprägenden  Doppelstrahlung.  Demgemäß  ist  auch 
die  Ableitung  der  beiden  neuen  Centrosomen  von  dem  alten  bei 
Wilson  eine  etwas  unsichere;  er  glaubt  (p.  463),  daß  die  neuen 
Centrosphäreu  von  den  Resten  der  alten,  die  er  auf  einem  ge- 
wissen Stadium  sich  plötzlich  rapid  verkleinern  läßt,  herstammen. 
Wie  die  Bilder,  mit  denen  Wilson  diese  Stadien  illustriert, 
zu  erklären  sind,  wage  ich  nicht  zu  entscheiden.  Sollte  es  sich 
lediglich    um     die    Wirkung    verschiedener    Konservierungsmittel 


1)  Ich  habe  auf  S.  17  meiner  früheren  Arbeit  ein  Präparat 
genauer  beschrieben,  wo  im  gleichen  Schnitt  mit  der  zweiten  Rich- 
tungsspindel der  fast  völlig  gedrehte  Spermakern  enthalten  ist, 
„noch  kegelförmig,  also  mit  der  Basis  nach  innen  gerichtet,  und 
davor  das  Spermacentrosoma  von  deutlicher  Strahlensonne  um- 
geben". Es  ist  dies  das  Präparat,  welches  in  Fig.  55a  (Taf.  IV) 
dieser  Arbeit  reproduziert  und  von  welchem  die  Sperma-Elemente 
in  Fig.  55b  stärker  vergrößert  abgebildet  sind.  Es  ist  also  daraus 
zu  ersehen,  was  ich  damals,  genau  wie  jetzt,  unter  dem  Sperma- 
centrosom  verstanden  habe. 


—    59    — 

handeln,  so  kann  es  keinem  Zweifel  unterliegen,  daß  meine  Prä- 
parate die  besser  erhaltenen  sind.  Wilson's  Bilder  vvären  dann 
so  zu  erklären,  daß  —  schon  vom  Stadium  der  Aequatorialplatte 
an  —  das  Centroplasma  in  seinen  Präparaten  zu  einer  Art  Detritus 
verdorben  ist,  in  dem  alles  feinere  Detail  untergegangen  ist.  Wie 
ungemein  leicht  zerstörbar  Centrosom  und  Sphäre  gerade  in  der 
Periode  der  Differenzierung  der  Platte  sind,  dafür  habe  ich  in  einer 
sonst  nicht  schlecht  konservierten  Serie  die  deutlichsten  Beweise. 

Wilson's  Fig.  IX  und  X  A  würden  sich  nach  meiner  Meinung 
nicht  lediglich  durch  das  Stadium  voneinander  unterscheiden, 
sondern  vor  allem  dadurch,  daß  sie  verschiedene  Ansichten  bieten, 
die  um  90  <^  gegeneinander  gedreht  sind.  Fig.  IX  würde  meiner 
Fig.  67,  Fig.  X  A  meiner  Fig.  66  entsprechen.  Auch  hier  aber 
wären  die  Centrosomen  selbst  nicht  erhalten,  so  daß  sich  nur  aus 
der  Form  des  strahlenfreien  Bereiches  ungefähr  ihre  Gestalt  be- 
stimmen läßt.  Endlich  wäre  anzunehmen,  daß  in  den  Sphären 
der  Fig.  XA  schon  eine  dicentrische  Radienanordnung,  wenn  auch 
noch  äußerst  unbestimmt,  ähnlich  meiner  Fig.  66,  vorhanden  sein 
müßte. 

Stimmen  Wilson  und  ich  bis  hierher  wenigstens  in  der  Auf- 
fassung fast  völlig  überein,  so  ergiebt  sich  nun  zwischen  seinen 
Untersuchungen  und  meinen  neueren  ein  voller  Gegensatz  bezüg- 
lich der  Centriolen.  Diese  sind  nach  Wilson  nicht  ursprüng- 
lich im  Spermacentrosoma  vorhanden,  sondern  sie  entstehen 
„endogen"  in  den  bereits  opponiert  liegenden  Centrosomen  der 
ersten  Teilungsfigur,  zunächst  eines  oder  2,  um  allmählich  an 
Zahl  immer  mehr  zuzunehmen  und  sich  schließlich  als  die  Knoten- 
punkte des  Centrosphären-Netzwerkes  darzustellen.  Mit  diesem 
Netzwerk  gehen  die  Centriolen  bei  der  Verkleinerung  der  Centro- 
sphäre  zu  Grunde,  und  erst  in  den  neuen  Tochtercentrosphären 
treten  wieder  neue  auf.  —  Ich  glaube  nicht,  daß  Wilson  diesen 
Standpunkt  heute  noch  vertreten  wird,  so  wenig  wie  ich  selbst 
angesichts  der  neueren  Arbeiten  und  vor  allem  meiner  eigenen 
neuen  Untersuchungen  meine  frühere  der  WiLSON'schen  in  gewisser 
Beziehung  ähnliche  Ansicht  aufrecht  erhalten  konnte.  — 

Aus  der  sehr  interessanten  Arbeit  von  R.  Hertwig  (64)  über 
die  Entwickelung  des  unbefruchteten  Seeigel-Eies  habe  ich  hier 
nur  die  Angaben  über  das  Spermacentrosoma  kurz  zu  er- 
wähnen, die  in  dem  Satze  gipfeln,  daß  das'  ganze  Mittelstück  des 
Spermatozoon  als  Centrosoma  anzusehen  sei.  Wie  das  oben  Ge- 
sagte lehrt,  stimme  ich  diesem  Satze   von  jeher   im   wesentlichen 


—     60     — 

vollkommen  zu,  nur  mit  dem  geringfügigen  Unterschiede,  daß  ich 
auf  Grund  von  Größenvergleichungen  annehmen  muß,  daß  das 
Centrosom  im  Mitttelstück  des  Spermatozoon  noch  von  einer 
dünnen  Hülle  umgeben  ist,  die  im  Ei  verschwindet.  Sehr  groß  ist 
die  Uebereinstimmung  zwischen  R.  Hertwig's  Fig.  65  und  meiner 
Fig.  55b;  in  beiden  sieht  man  einen  lang  ausgezogenen  Sperma- 
kern und  eine  Strecke  von  der  Basis  desselben  entfernt  ein  dunkel 
färbbares  Körperchen,  welches  von  einer  Strahlung  umgeben  ist. 
In  zwei  Punkten  verlangt  jedoch  mein  Präparat  eine  andere 
Deutung,  als  R.  Hertwig  dem  seinen  gegeben  hat.  Erstens  ist 
das  dunkle  Körperchen  in  meinem  Präparat  unzweifelhaft  das 
Centrosom  und  nicht,  wie  R.  Hertwig  sein  Bild  und  auch  meine 
frühere  Angabe  deutet,  nur  ein  Teil  desselben.  Dies  geht  mit 
voller  Sicherheit  daraus  hervor,  daß  die  in  unübertretflicher  Klar- 
heit konservierten  Radien  einzig  und  allein  auf  dieses  Körperchen 
centriert  sind.  Zweitens  aber  lehrt  eine  Vergleichung  meines 
Bildes  mit  den  früheren  Stadien,  daß  dieses  Körperchen  nicht 
lediglich  eine  Kappe  des  aufgequolleneu  Mittelstückes,  sondern  in 
der  Hauptsache  dieses  selbst  ist.  Die  ungemein  verschwommenen 
zwei  Linien,  die  in  meinem  Präparat  ganz  ähnlich  wie  in  demjenigen 
R.  Hertwig's  vom  Spermakern  gegen  das  Centrosom  ziehen,  in 
meinem  Falle  aber  dieses  nicht  erreichen,  sondern  divergierend 
endigen,  umschließen  sicherlich  kein  körperliches  Gebilde ;  ich  halte 
es  für  sehr  wohl  möglich,  daß  wir  in  ihnen  die  geplatzte  Hülie 
zu  sehen  haben,  aus  welcher  das  Centrosom  selbst  heraus- 
getreten ist.  — 

Auch  DoFLEiN  (3J)  kommt  zu  dem  Ergebnis,  daß  das  gesamte 
Mittelstück  des  Seeigel- Spermatozoon  dem  Centrosom  entspricht. 
Doch  sind  die  weiteren  Veränderungen,  die  er  von  diesem  Teile 
im  Ei  beschreibt,  unzweifelhaft  pathologischer  Natur,  wie  das  bei 
Eiern,  die  mit  Chloralhydrat  oder  Strychnin  behandelt  waren,  nicht 
anders  erwartet  werden  kann.   — 

Schließlich  bleiben  noch  die  Arbeiten  von  Hill  (67),  Kosta- 
NECKi  (72)  und  Erlanger  (36)  zu  betrachten  übrig,  welche  drei 
Autoren  darin  übereinstimmen,  daß  sie  das  —  von  Hill  und  von 
Kostanecki  unabhängig  entdeckte  —  Centriol  als  Centrosom 
erklären,  wobei  entweder  jeder  specifische  Bereich  um  dasselbe 
überhaupt  geleugnet  oder,  wenn  anerkannt,  zur  Astrosphäre  ge- 
rechnet oder  als  ein  besonderer  Bereich  zwischen  „Centrosom"  und 
Sphäre  unterschieden  wird. 

Was  zunächst  die  Arbeit  von  Hill  anlangt,  so  besteht  zwischen 


/ 


—     61     - 

ihm  und  mir,  soweit  seine  ziemlich  fragmentarischen  Unter- 
suchungen reichen,  fast  nur  ein  Unterschied  in  der  Benennung. 
In  seiner  Fig.  6  finde  ich  sehr  deuthch  die  Centrosonien  mit  den 
Centriolen  abgebihlet;  die  Zeichnung  erinnert  sehr  auffallend  an 
meine  Fig.  70  (Taf.  V)  vom  Zweizellenstadium.  — 

Das  Verdienst  von  Kostanecki's  Untersuchungen  liegt  darin, 
daß  er  auf  einigen  Stadien  die  Centriolen  (von  ihm  Centrosomen 
genannt)  sehr  klar  beobachten  konnte  und  zuerst  richtig  in  ihrer 
außerordentlichen  Kleinheit  abgebildet  hat.  Gegenüber  seiner 
Negation  eines  abgegrenzten  Gebildes  im  Umkreis  des  Centriols 
glaube  ich  den  gleichen  Einwand  geltend  machen  zu  dürfen,  den 
FtJnsT  (46,  S.  109  u.  110)  gegen  Kostanecki's  und  Siedlecki's 
ganz  entsprechende  Angaben  über  das  Ascaris-Ei  erhoben  hat. 
Die  Abbildungen,  soweit  sie  nicht  überhaupt  für  mich  und  gegen 
KosTANECKi  sprechen,  glaube  ich  so  erklären  zu  müssen,  daß  in 
den  fraglichen  Eiern  eine  sehr  dicht  gefügte  Sphäre  unmittelbar 
bis  an  das  in  der  Färbung  nicht  unterschiedene  Centrosom  heran- 
reicht. Daß  man  unter  solchen  Umständen  leicht  zu  der  Annahme 
verleitet  werden  kann,  die  radiäre  Struktur  erstrecke  sich  bis  an 
das  Centriol,  davon  habe  ich  mich  selbst  in  ähnlichen  Fällen  über- 
zeugt. Es  scheint  mir  übrigens  sehr  bezeichnend  zu  sein,  daß 
man  fast  nur  mit  der  Lupe  imstande  ist,  in  Kostanecki's  Figuren, 
besonders  in  Fig.  4  und  5,  die  gezeichneten  Sphärenstrahlen  bis 
au  das  schwarze  Pünktchen  zu  verfolgen.  Für  mein  bloßes  Auge 
verlieren  sich  die  Radien  gegen  das  Centrum  in  ein  gleichmäßiges, 
fast  homogenes  Areal.  Nun  ist  wohl  kaum  anzunehmen,  daß 
KosTANECKi  das  mikroskopische  Bild  größer  gesehen  hat,  als  er 
es  zeichnet;  alles,  was  in  der  Zeichnung  nur  mit  der  Lupe  er- 
kennbar ist,  kann  als  im  Präparat  überhaupt  nicht  erkennbar  ge- 
wesen sein.  —  Schließlich  aber  verweise  ich  auf  meine  Beschreibung 
und  meine  Abbildungen.  Es  scheint  mir,  daß  ein  Gebilde,  welches 
sich  mit  solcher  Klarheit  darstellen  und  durch  alle  Phasen  des 
Zellteiluugsprozesses  unter  ganz  gesetzmäßiger  Metamorphose  ver- 
folgen läßt,  wie  das  von  mir  beschriebene  Centrosoma,  einer  An- 
zweifelung hinsichtlich  seiner  Realität  nicht  mehr  ausgesetzt 
sein  dürfte.  — 

Wie  KOSTANECKI,  so  betrachtet  auch  Erlanger  ein  kleines, 
sich  intensiv  färbendes  Körperchen  als  Centrosom.  Nach  seiner 
Beschreibung  ist  jedoch  nicht  anzunehmen,  daß  er  die  Cen- 
triolen, wie  sie  von  Kostanecki  und  von  mir  dargestellt  worden 
sind,  gesehen  hat.     Denn  er  vermag  an  der  von  ihm  beobachteten 


X 


—     62     — 

Bildung  eine  „Zusammensetzung  aus  mehreren  Bläschen  oder 
Alveolen"  zu  erkennen,  was  an  den  Centriolen  ihrer  ungeheuren 
Kleinheit  wegen  unmöglich  ist.  Erlanger's  Bilder  dürften  also 
wohl  so  zu  erklären  sein,  daß  sich  Teile  des  zerstörten  Centrosoms 
an  die  Centriolen  angesetzt  und  mitgefärbt  haben.  Interessant  ist 
Erlanger's  Fig.  9,  welche  sehr  deutlich  das  scheibenförmige 
Centrosom  mit  2  Centriolen  erkennen  läßt  (von  ihm  natürlich 
anders  gedeutet).  Ein  ähnliches  sehr  verschwommenes  Bild  zeigt 
seine  Fig.  10  von  einem  Stadium,  wo  die  Chromosomen  sich  gerade 
in  einzelne  Bläschen  umzuwandeln  beginnen.  Ueber  dieses  Sta- 
dium hinaus  hat  Erlanger  weder  von  dem  Centrosom,  noch  von 
den  Centriolen  (seinen  Centrosomen)  irgend  etwas  erkennen  können, 
ein  Umstand,  der  neben  dem  Aussehen  seiner  Abbildungen  gewiß 
zu  dem  Schlüsse  berechtigt,  daß  seine  Präparate  nicht  aufs  beste 
erhalten  waren,  und  daß  sie  ihm  auch  in  den  früheren  Stadien 
nicht  alles  so,  wie  es  im  Leben  vorhanden  ist,  dargeboten  haben. 


4.   Die  Centrosomeii  bei  der  Furcliung-  des  Eies  toii 
Ascaris  megalocephala. 

Dieses  Objekt,  an  dem  ich  vor  13  Jahren  den  ersten  Nachweis 
von  der  Persistenz  der  Centrosomen  und  ihrer  Vermehrung  durch 
Zweiteilung  erbrachte,  sei  hier  als  letztes  besprochen.  Trotz 
mancher  Anschlüsse  an  die  Verhältnisse  des  Seeigel-Eies  führt  es 
uns  in  der  Einfachheit  des  Teilungsvorganges  wieder  auf  unser 
erstes  Objekt,  die  Spermatocyten  von  Ascaris,  zurück. 

a)   Eigen  e  Beo  bachtungen. 

Wie  am  Seeigel-Ei  verfolge  ich  auch  hier  eine  Periode,  die 
sich  von  dem  Stadium  der  fertigen  Spindel  des  befruchteten  Eies 
bis  zu  dem  gleichen  Stadium  in  den  beiden  Tochterzellen  erstreckt. 
Ebenso  wie  dort  soll  der  Verlauf  an  zwei  Serien  von  Bildern  be- 
trachtet werden,  die  sich  bei  unserem  Objekt  allerdings  nur  durch 
den  verschiedenen  Grad  der  Entfärbung  unterscheiden:  zuerst  an 
solchen,  welche  das  Centrosom  in  seiner  jeweiligen  vollen  Größe 
schwarz  gefärbt  zeigen,  und  dann  an  stark  entfärbten  Schnitten, 
"WO  in  dem  blassen  Centrosom  die  Centriolen  zu  sehen  sind. 


-     63     — 

Bezüglich  der  Art  und  Weise,  wie  sich  die  Ascaris-Eier  dem 
Eisenhämatüxylin  gegenüber  verhalten,  verweise  ich  auf  die  Arbeit 
von  Fürst  (4(3)  und  auf  das  im  Abschnitt  A  Gesagte.  Wie  Fürst 
gezeigt  hat,  sind  die  Ergebnisse  der  Färbung  bei  allen  überhaupt 
brauchbaren  Konservieruugsarten  die  gleichen.  Als  vorzügliches 
Härtungsmittel  bewährte  sich  mir  schon  seit  längerer  Zeit  eine  ^^^-i.^-4<^v^ 
Mischung  von  100  Teilen  70-proz.  Alkohol  und  5  Teilen  Eisessig. 
Alle  abgebildeten  Schnitte,  mit  Ausnahme  des  in  Fig.  109  (Taf.  VIII) 
gezeichneten,  stammen  von  solchem  Material. 

Schon  Fürst  hat  den  Satz  ausgesprochen,  daß  man  die  mit 
Eisenhämatoxylin  als  schwarze  Kugeln   sich   darstellenden  Centro-  ^ 

somen  von  Ascaris  zwar  durch  Entfärbung  willkürlich  verkleinern, 
nicht  aber  durch  Ueberfärbung  künstlich  vergrößern  kann.  Meine 
eigenen  Untersuchungen  bestätigen  dies  vollkommen.  Es  sind  mir 
zwar  Fälle  vorgekommen,  wo  in  wenig  entfärbten  Schnitten  eine 
centrale  Zone  der  Sphäre  (Markschicht)  einen  grauen  Ton  bewahrt 
hatte,  während  die  Rindenschicht  bereits  sehr  hell  war;  allein 
niemals  ist  die  Markschicht  wirklich  schwarz  wie  das  Centrosom, 
so  daß  dieses  auch  in  solchen  Fällen  noch  als  eine  scharf  begrenzte 
Kugel  nachweisbar  bleibt. 

Dagegen  ist  bei  starker  Differenzierung  die  größte  Wahr- 
scheinlichkeit gegeben,  daß  die  schwarze  Kugel  durch  konzentrische 
Entfärbung  verkleinert  ist,  wie  in  Fig.  88  u.  89a  und  b  (Tat.  VI)  zu  ^ 

sehen  ist.  Um  also  die  Centromen  des  Ascaris-Eies  mit  Eisen-  - 
hämatoxylin  in  ihrer  vollen  Größe  darzustellen,  ist  es  notwendig,  '  - 
den  Farbstoff  nicht  zu  stark  auszuwaschen.  Speciellere  Angaben 
hierzu  lassen  sich  nicht  machen,  da  in  den  Eiern  mancher  Würmer 
die  Centrosomen  den  Farbstoff' viel  zäher  festhalten  als  in  anderen. 
Für  den  Fall  nun,  daß  ein  künftiger  Untersucher  dieses 
Objektes  trotz  Beachtung  der  gegebenen  Vorschrift  jene  großen 
schwarzen  Kugeln,  wie  sie  in  meinen  Figg.  85—87  abgebildet  sind, 
nicht  erhalten  sollte,  möchte  ich  bemerken,  daß  in  den  Eiern  ver- 
schiedener Würmer  nicht  unbeträchtliche  Verschiedenheiten  in  der 
Centrosomengröße  vorkommen,  und  daß  die  in  Fig.  85 — 87  wieder- 
gegebenen die  größten  sind,  die  ich  gefunden  habe.  Auch  mag 
es  sehr  wohl  sein,  daß  unsere  Konservierungsflüssigkeiten,  von 
denen  wir  ja  gar  nicht  angeben  können,  in  welcher  Konzentration 
und  Zusammensetzung  sie  nach  Durchdringung  der  Schale  mit 
dem  Ei  in  Berührung  kommen,  unter  Umständen  quellend  oder 
schrumpfend  wirken,  und  daß  hierdurch  Unterschiede  zwischen 
verschiedenen  Präparaten  bewirkt  werden.     Doch  lehren  die  Beob- 


-     64     — 

achtuiigen  an  lebenden  Elastomeren,  von  denen  sogleich  die  Rede 
sein  wird,  daß  die  in  Fig.  85 — 87  gezeichnete  Größe  der  Centro- 
somen sicher  nicht  erheblich  über  die  Dimensionen  im  Leben 
hinausgeht.  Endlich  könnte  ein  negatives  Ergebnis  bei  Eisen- 
hämatoxylin-Behandlung  noch  darin  seinen  Grund  haben,  daß  die 
Centrosomen  den  Farbstoff  ebenso  rasch  abgeben  wie  das  Proto- 
plasma. Dieser  Fall  ist  mir  an  den  Eiern  eines  Wurmes,  dessen 
Eischläuche  in  Alkohol-Essigsäure  eingelegt  worden  waren,  vor- 
gekommen. Die  Eier  sind  vorzüglich  konserviert,  eine  Centro- 
somen- oder  Centriolenfärbung  aber  war  nicht  zu  erzielen. 

Nachdem  bereits  E.  Fürst  ein  Ascaris-Ei  abgebildet  hat, 
welches  die  Centrosomen  auf  dem  Spindelstadium  in  voller  Größe 
schwarz  gefärbt  zeigt,  kann  ich  auf  Wiedergabe  eines  solchen 
Bildes  verzichten  und  gebe  statt  dessen  ein  stark  entfärbtes  Prä- 
parat wieder,  wo  das  Eisenhämatoxylin  aus  den  Centrosomen  so 
weit  ausgezogen  ist,  daß  nur  ein  schwarzes  Pünktchen  übrig  bleibt, 
das  in  seiner  Größe  ungefähr  dem  Ceutriol  entspricht,  Fig.  73 
(Taf.  VI),  Dieses  Bild  soll  vor  allem  den  Gegensatz  meiner  Beob- 
achtungen zu  denen  von  Kostanecki  und  Siedlecki  illustrieren, 
der  darin  besteht,  daß  sich  an  meinen  Präparaten,  mögen  sie  auch 
noch  so  stark  entfärbt  sein,  das  Centrosoma  mit  voller  Sicherheit 
als  eine  scharf  begrenzte  homogene  Kugel  nachweisen  läßt.  Ein 
sehr  gutes  Mittel,  um  die  Centrosomen  deutlich  darzustellen,  ist 
DELAFiELD'sches  Hämatoxyliu,  am  klarsten  aber  zeigen  sie  sich,  wie 
an  den  anderen  Objekten  auch,  bei  Betrachtung  der  ungefärbten 
Schnitte  in  Wasser, 

Freilich  ist   es,   wie   die  ersten   Centrosomen-Untersuchungen 

,    bei    Ascaris   lehren,   gar   nicht   einmal   notwendig.   Schnitte   zu 

machen.     Ich  habe  kürzlich  wieder   Eier   in  Pikrinessigsäure  kon- 

fitm^   *" '^     •  serviert  und  in  toto   in   Glycerin   eingebettet,   welche   die   Centro- 

■  ut^-  A>^^''^*^     somen    ohne   jede   Färbung   in    unübertrefflicher   Deutlichkeit   als 

"^    '  kugelige  Gebilde   von  nach  dem  Stadium  verschiedener  Größe  er- 


^^oA/n-    '  -  kennen    lassen.     Das   Wichtigste   aber   ist,    daß   man    sie 

,    U^trJ^-^^^^l     auch  im   Leben   sehen   kann.     Im  Ei  selbst  ist  dies   aller- 
'"^  '     (Lti_^  dings    wegen    der    vielen    Dotterkörner   weniger    gut    möglich;    in 

"^^  »j^^^U^  dotterarmen  Furchungszellen  dagegen,  speciell  in  den  von  mir  (20) 

^^^'^^X,^^.^^^,^-^  als  A  und  B  unterschiedenen  Zellen  des  primären  Ektoblasts  ge- 
lingt es  bei  sehr  gutem  Licht  nicht  allzu  schwer,  sie  lebend  zur 
Anschauung  zu  bringen.  Freilich  sind  die  Bilder,  wie  Fig.  90 
und  yi  (Taf.  VI)  lehren,  recht  unscheinbar,  auch  gelang  mir  der 
Nachweis  nur  auf  jenen  Stadien,  wo   die   Centrosomen   sehr  groß 


—     65    — 

und  die  Sphären  als  deutliche  Strahlensonnen  erkennbar  sind,  also 
kurz  vor,  während  und  nach  der  Zellteilung.  In  dieser  Periode 
aber  sind  sie  wirklich  sichtbar,  nicht  nur  als  hellere  Areale 
innerhalb  der  Radiensysteme,  sondern  als  stärker  lichtbrechende 
Körperchen  von  etwas  bläulichem  Glanz.  Auch  die  Abplattung 
während  der  Zellteilung,  von  der  unten  die  Rede  sein  wird,  ist 
im  Leben  ganz  klar  zu  sehen.  Die  Sphärenstrahlen,  die  in  manchen 
Fällen  sehr  scharf  ausgeprägt  sind,  lassen  sich  im  Leben  nicht 
ganz  an  die  Centrosomen  verfolgen ;  sie  verlaufen  unmerklich  in 
ihrer  Umgebung. 

Nach  all  dem  Gesagten  scheint  das  Centrosom  des  Ascaris- 
Eies  beträchtlich  dichter  zu  sein  als  das  des  Seeigel-Eies.  Eine 
Struktur  läßt  es  nach  meinen  Erfahrungen,  wenn  wir  hier  von 
den  Centriolen  absehen,  höchstens  andeutungsweise  in  Form  einer 
kaum  analysierbaren  Körnelung  erkennen,  und  was  man  nach 
manchen  Bildern  (Fig.  18,  Taf.  I)  als  eine  deutlichere  Zusammen- 
setzung auffassen  könnte,  ist,  wie  ich  bereits  im  Abschnitt  A  dar- 
gelegt habe,  nichts  anderes  als  ein  pathologischer  Zerfall. 

Wie  ich  früher  schon  gefunden  hatte  (13)  und  Erlanger 
neuerdings  bestätigt  hat,  sind  die  Centrosomen  auf  dem  Stadium 
der  Aequatorialplatte  gewöhnlich  schon  wieder  kleiner  geworden  ^) ; 
eine  weitere  kontinuierliche  Verkleinerung  findet  dann  während 
der  Zellteilung  statt,  so  daß  auf  Stadien,  wo  die  Tochterchromo- 
somen beginnen,  den  neuen  Kern  zu  bilden,  die  Größe  des  Cen- 
trosoms  in  der  Regel  ungefähr  die  der  Fig.  77  ist.  Doch  können 
noch  auf  diesem  Stadium  beträchtlich  größere  zur  Beobachtung 
kommen.  Ich  hatte  früher  die  Centrosomen  während  des  ganzen 
hier  betrachteten  Zeitraumes  kugelig  gefunden,  und  auch  in  der 
großen  Zahl  von  Eiröhren,  die  ich  seither  untersucht  habe,  kommen 
solche  Fälle,  bald  als  Regel,  bald  als  Ausnahme  vor.  Daneben 
aber  zeigt  sich,  bei  manchen  Individuen  fast  ohne  Ausnahme,  eine 
sehr  charakteristische  Umformung  des  Centralkörperchens,  nämlich 
zu  einer  Scheibe  oder  einem  kurzen  Kegel,  dessen  Achse  stets 
genau  in  die  Richtung  der  Teilungsachse  fällt. 

Betrachtet  man  ein  solches  Centrosom  vom  Pole,  so  ist  seine 
Begrenzung  stets  genau  kreisförmig,  aber  der  Durchmesser  ist 
gegen  früher  gewachsen ;  sieht  man  es  in  der  Seitenlage  der 
Spindel,  so  erhält  man  Bilder,    die  nach  dem  Stadium,   aber  auch 


1)  Doch  habe  ich  auch  Fälle  beobachtet,    wo  die  Centrosomen 
gerade  im  Stadium  der  fertigen  Spindel  am  größten  waren. 

BoTeri  ,  Zellen-Studien.  IV.  K 


—     66     — 

individuell  verschieden  sind  (Fig.  74,  75,  76,  Taf.  VI;  Fig.  103, 
104,  Taf.  VIII).  Schon  auf  dem  Stadium  der  Aequatorialplatte, 
wenn  das  Ei  noch  kaum  gestreckt  ist,  kann  die  Formveränderung 
beginnen,  wie  Fig.  74  lehrt,  wo  das  rechte  Centrosom  in  der 
Richtung  der  Teilungsachse  etwas  verlängert  ist,  während  das 
linke  bereits  die  charakteristische,  gegen  den  Aequator  gerichtete 
Kegelspitze  gewonnen  hat.  Der  Mantel  des  Kegels  ist  hier  noch 
nach  außen  gewölbt,  später  wird  er  mehr  gerade  (Fig.  104, 
Taf.  VIII)  oder  eingezogen,  wie  ich  2  solche  Fälle  in  meiner 
Arbeit  über  die  Entwickelung  von  Ascaris  (Fig.  36  und  37,  Taf.  XLV) 
nach  ganzen  Eiern  abgebildet  habe.  Ein  weiteres  Folgestadium, 
wenn  auch  manchmal  schon  sehr  frühzeitig  eintretend,  ist  dann 
dies,  daß  sich  der  Kegel  sehr  stark  verkürzt  und  dabei  verbreitert 
(Fig.  75,  Taf.  VI,  und  Fig.  103,  Taf.  VIII).  Bei  dieser  Ab- 
flachung kann  der  Gegensatz  zwischen  der  basalen  und  der  Mantel- 
fläche ganz  verschwinden ;  das  Centrosom  hat  dann  die  Form  einer 
flachen  bikonvexen  Linse.  Auf  diesem  Stadium  finde  ich  seine 
Begrenzung  gewöhnlich  ziemlich  verschwommen  (Fig.  75).  Zur 
Zeit,  wo  das  Ei  sich  durchschnürt,  besitzen  die  Centrosomen,  die 
sich  inzwischen  beträchtlich  verkleinert  haben,  nicht  selten  die 
Form  ganz  platter  Scheiben  (Fig.  76),  ein  Zustand,  der  in  den 
Blastomeren,  wo  die  Centrosomen  bei  der  Zellteilung  der  Ober- 
fläche sehr  nahe  rücken,  noch  viel  ausgeprägter  zur  Beobachtung 
kommt.  Ein  Bild  dieser  Art  findet  sich  bei  Kostanecki  und 
SiEDLECKi  (73,  Taf.  X,  Fig.  13). 

Nicht  selten  zeigen  sich  diese  Scheiben  im  optischen  Durch- 
schnitt wie  aus  drei  Anschwellungen  zusammengesetzt  (Fig.  76), 
ein  Bild,  welches  so  zu  erklären  ist,  daß  das  scheibenförmige 
Körperchen  einen  verdickten  Randwulst  besitzt  und  auch  im  Cen- 
trum nach  beiden  Seiten  ausgebaucht  ist. 

Noch  neben  den  in  Bildung  begriftenen  Tochterkernen  können 
stark  abgeplattete  Centrosomen  vorkommen;  meistens  aber  sind 
dieselben  auf  diesem  Stadium  wieder  zur  Kugelform  (Fig.  77, 
Taf.  VI)  oder  wenigstens  zur  Form  dicker,  bikonvexer  Linsen 
(Fig.  105  und  106,' Taf.  VIII)  zurückgekehrt. 

Stets  ist  die  Abplattung  des  Centrosoms  von  einer  ganz  ent- 
sprechenden Abplattung  des  dichteren  Teiles  der  Astrosphäre  und 
in  vielen  Präparaten  von  einer  merkwürdigen  DiÖerenzierung  der- 
selben in  zwei  ganz  verschieden  aussehende  Bereiche  begleitet,  die 
sich  noch  lange  erhält,  wie  dies  aus  Fig.  76  und  77  (Taf.  VI) 
deutlich  wird.     Fast  immer  geht  von  der  Kante  des  abgeplatteten 


—     67     — 

Centrosoms  ein  Kranz  stärkerer  Radien  aus,  die  gegen  den  Aequa- 
tor  leicht  gebogen  sind,  ein  Verhalten,  welches  schon  in  einigen 
Figuren  von  Van  Beneden  und  Neyt  zu  erkennen  ist.  Ich  weise 
aut  diese  Verhältnisse  hier  nur  kurz  hin,  weil  sie  uns  den  engen 
dynamischen  Zusammenhang  zwischen  Centrosom  und  Sphäre  klar 
vor  Augen  führen  ^). 

Die  besprochene  Abplattung  von  Centrosom  und  Sphäre  ent- 
spricht ohne  Zweifel  der  sehr  ähnlichen  Umformung,  welche  auf 
dem  gleichen  Stadium  im  Seeigel-Ei  eintritt  (vgl,  Fig.  30  und  31, 
Taf.  III,  mit  Fig.  75  und  76,  Taf.  VI),  wenn  auch  die  Scheiben- 
form des  Centrosoms  bei  Ascaris  in  etwas  anderer  Weise  erreicht 
wird.  Noch  mehr  aber  als  die  Entstehungsart  der  Platte  weichen 
die  weiteren  Schicksale  derselben  in  den  beiden  Objekten  von- 
einander ab.  Während  bei  Echinus  die  Scheibe  direkt  in  das 
Doppelcentrosom  übergeht,  kehrt  sie  bei  Ascaris  unter  beträcht- 
licher Verkleinerung  zur  Kugelform  zurück,  um  sich  erst  viel 
später  zur  Teilung  anzuschicken. 

Ein  Blick  auf  Fig.  78—80,  in  welch  letzterem  Bilde  bereits 
eine  Verdoppelung  des  Centrosoms  zu  konstatieren  ist,  lehrt,  wie 
stark  dieses  Körperchen  in  der  Tochterzelle  noch  an  Größe  ab- 
nimmt. Wie  diese  kontinuierliche  Verkleinerung  von  dem  Stadium 
der  Fig.  74  an  bis  zu  dem  Zeitpunkte  der  Verdoppelung  zustande 
kommt,  vermag  ich  nicht  genau  anzugeben.  Natürlich  müssen 
gewisse  Teile  abgestoßen  werden ;  allein  dieser  Prozeß  scheint  sich 
in  den  meisten  Fällen  so  allmählich  zu  vollziehen,  daß  er  kaum 
bemerkbar  ist  und  die  abgestoßenen  Teile  nicht  als  solche  erkannt 
werden  können.  Schon  oben  habe  ich  darauf  hingewiesen,  daß 
auf  dem  Stadium  stärkster  Abplattung  die  Begrenzung  der  Centro- 
somen undeutlich  ist  (Fig.  75).  In  Fig.  79  ist  von  einem  späteren 
Stadium    ein    solches    unscharf   begrenztes   Centralkörperchen    zu 


])  Die  Erscheinung,  daß  in  manchen  Eiern  die  Abplattung  des 
Centrosoms  nicht  zur  Beobachtung  kommt,  ist  sehr  auffallend.  Eine 
Erklärung  für  diese  Verschiedenheiten  läßt  sich  vorläufig  nicht  geben. 
Doch  wäre  es  denkbar,  daß  die  Abplattung  die  Folge  lokaler 
Spannungsveränderungen  in  den  Radiens\^stemen  ist,  und  daß  unter 
Umständen  bei  der  Abtötung  die  Spannung  der  Radien  beseitigt 
wird  und  das  Centrosom  in  seine  Gieichgewichtsform  —  die  Kugel 
—  zurückkehrt.  Ist  die  Abplattung  wirklich  in  dieser  Weise  zu 
erklären,  so  ist  sie  in  striktem  Widerspruche  mit  denjenigen  An- 
nahmen, welche  die  Zellteilung  durch  Zug  der  Radien  zvi  er- 
klären suchen. 


—     68     — 

sehen.  Diese  Bilder  mögen  mit  der  Auflösung  peripherer  Centro- 
plasmaschichten  zusammenhängen.  Auch  ist  hier  auf  Bilder  hin- 
zuweisen, wie  eines  in  Fig.  100  (Taf.  VII)  wiedergegeben  ist.  Es 
zeigt  eine  Sphäre  in  polarer  Ansicht  und  in  derselben  einen 
größeren,  nach  außen  scharf  begrenzten,  kreisförmigen  Fleck,  der 
im  Centrum  einen  kleineren,  schwarz  gefärbten  enthält.  Der 
Durchmesser  des  großen  Bereiches  entspricht  ungefähr  dem  eines 
scheibenförmig  abgeplatteten  Centrosoms,  wie  es  in  Fig.  75  bei 
schwächerer  Vergrößerung  abgebildet  ist.  Dieses  Areal  ist  im 
Vergleich  zur  Sphäre  sehr  dicht  und  sieht  bei  schwächerer  Ver- 
größerung homogen  aus;  bei  stärkerer  aber  läßt  es  eine  zarte 
Radiärstruktur  erkennen  und  muß  also  zur  Sphäre  gerechnet 
werden.  Ich  halte  es  nun  für  wahrscheinlich,  daß  wir  es  hier  mit 
einem  der  postulierten  Uebergangszustände  zu  thun  haben,  wo  das 
periphere  Centroplasma  sich  von  dem  centralen  gesondert  und 
ähnlich  wie  beim  Seeigel-Ei  der  Sphäre  angeschlossen  hat. 

Wie  dem  aber  auch  sein  mag,  an  der  Verkleinerung  der 
Centrosomen  lassen  die  Eisenhämatoxylin-Präparate  so  wenig  einen 
Zweifel,  wie  die  Betrachtung  ganzer  ungefärbter  Eier,  Meine 
jetzigen  Untersuchungen  sind  in  diesem  Punkte  in  vollem  Einklang 
mit  dem,  was  ich  1888  (13)  angegeben  und  abgebildet  habe.  Es 
heißt  dort  (S.  162),  daß  das  Centrosom  in  der  primären  Blastomere 
wieder  zu  einem  kleinen  kugeligen  Körperchen  geworden  ist,  „etwa 
von  der  gleichen  Größe,  die  es  im  Ei  bei  seinem  ersten  Auftreten 
erkennen  ließ". 


Die  Kleinheit  des  Centrosoms  zur  Zeit  seiner  Teilung  macht 
es  notwendig,  diesen  Vorgang  durch  stärker  vergrößerte  Bilder, 
als  es  die  bisher  betrachteten  sind,  zu  illustrieren.  Solche  sind 
auf  Taf.  VII  in  Fig.  92—97  dargestellt,  und  zwar  von  einem 
anderen  Wurm,  dessen  Eier  sich  bei  prinzipieller  Uebereinstimmung 
des  ganzen  Verlaufes  in  einem  nicht  uninteressanten  Punkte  ab- 
weichend verhalten.  Während  nämlich  bei  den  Objekten  der 
Tafel  VI  die  Teilung  der  Centrosomen  in  den  primären  Blasto- 
meren annähernd  senkrecht  zur  alten  Teilungsachse  erfolgt,  zeigen 
die  Eier  der  Tafel  VII  in  dieser  Beziehung  alle  nur  denkbaren 
Variationen,  wie  ein  Blick  auf  die  Abbildungen  erkennen  läßt, 
wobei  allerdings  gewisse  Schiefstellungen  vorherrschen.  Diese 
Regellosigkeit  ist  jedoch,  wie  die  Vergleichung  mit  den  späteren 
Stadien     ergiebt,    keineswegs    abnorm;    die    Tochtercentrosomen, 


-    69     - 

welche  zuerst  ganz  beliebig  zu  einander  gestellt  sein  können, 
wandern  so  lange,  bis  sie  ihre  typische  Endstellung  erreicht  haben, 
d.  i.  bis  ihre  Verbindungslinie  in  der  kleineren  Elastomere  in  die 
alte  Teilungsachse  fällt,  in  der  größeren  auf  ihr  senkrecht  steht  ^). 

Das  früheste  Stadium,  auf  welchem  ich  eine  Verdoppelung 
des  Centrosoms  beobachtet  habe,  ist  in  Fig.  92  wiedergegeben. 
Der  Kern  ist  noch  klein,  die  Sphäre  noch  deutlich  strahlig.  Im 
Centrum  eines  ziemlich  großen  helleren  Areals,  das  als  Mark- 
schicht bezeichnet  werden  kann,  läßt  sich  das  Centrosom  schon 
bei  Zeiss  E  oder  Leitz  VII  als  ein  Doppelkorn  erkennen.  Bei 
starker  Vergrößerung  gewinnt  man  den  Eindruck,  daß  ein  fast 
ungefärbtes,  längliches  Körperchen  vorliegt,  in  welchem  zwei  in- 
tensiv gefärbte,  aber  nicht  scharf  begrenzte  Verdichtungen  aus- 
gebildet sind. 

Ein  nach  dem  Zustande  von  Zelle  und  Kern  etwas  späteres 
Stadium  zeigt  Fig.  93.  Von  einer  Markschicht  der  Sphäre  kann 
man  hier  kaum  sprechen,  wenn  auch  ein  hellerer  Hof  im  Umkreis 
des  Centrosoms  vorhanden  ist.  Die  Strahlung  ist  viel  weniger 
deutlich  als  in  dem  Präparat  der  Fig.  92.  Das  Centrosom  er- 
scheint bei  schwächerer  Vergrößerung  einheitlich,  in  einer  Richtung 
etwas  verlängert.  Bei  starker  Vergrößerung  erkennt  man,  daß  es 
aus  zwei  dicht  aneinander  gelagerten,  sich  gegenseitig  abplattenden 
Hälften  besteht,  zwischen  denen  ein  heller  Spalt  gerade  noch 
wahrnehmbar  ist.  Ja,  es  mag  sein,  daß  nur  eine  tiefe  cirkuläre 
Furche  ein  einheitliches  Körperchen  unvollkommen  in  zwei  zerlegt. 
Das  Bild  ähnelt  ungemein  denjenigen,  welche  M.  Heidenhain 
(53,  Taf.  X,  Fig.  13  u.  14)  von  dem  Doppelcentrosom  in  den 
Salamander  -  Leukocyten ,  und  Kostanecki  und  Siedlecki  (73, 
Taf.  XI,  Fig.  50)  von  dem  Doppelcentrosom  eines  Leukocyten  von 
Proteus  abgebildet  haben. 

Diese  Doppelcentrosomen,  von  etwas  wechselndem  Aussehen, 
scheinen  von  relativ  langem  Bestand  zu  sein.  Denn  ich  habe 
niemals  beobachtet,  daß  sich  die  beiden  Hälften  eher  voneinander 
trennen,  als  bis  der  Kern  seine  volle  Größe  erreicht  hat.  Die 
ersten  Stadien  dieses  Auseinanderrückens  sind  in  meinem  Material 
außerordentlich  selten.  Ich  kann  mir  dies  nicht  anders  erklären, 
als  daß  die  beiden  Körperchen  sehr  rasch  bis  auf  eine  gewisse 
Entfernung    auseinanderweichen,    worauf   die   weitere   Entfernung 


1)    Vergl.    hierzu    die    Arbeiten    über    die    Entwickelung    von 
Ascaris  meg.,  z.  B.  Boveki  (20). 


—     70     - 

wieder  langsamer  erfolgt  ^).  Eine  ganz  ähnliche  Erscheinung  bietet 
ja  das  Chromatin  dar.  Stadien  mit  soeben  getrennten  Tochter- 
platten, wie  ich  eines  in  meiner  Arbeit  von  1888  (Fig.  65,  Taf.  IV) 
abgebildet  habe,  kommen  im  Vergleich  zu  den  späteren  sehr  selten 
zur  Beobachtung. 

Ein  Stadium,  wo  die  beiden  Schwestercentrosomen  um  wenig 
mehr  als  ihren  eigenen  Durchmesser  von  einander  entfernt  sind,  ist 
in  Fig.  94  (Taf.  VII)  gezeichnet.  Es  schließt  sich  sehr  eng  an 
das  Bild  der  Fig.  93  an.  Die  beiden  Körperchen  sind  von  der 
nämlichen  Größe  wie  jene  und  gleich  ihnen  in  der  Richtung  ihrer 
Verbindungslinie  abgeplattet.  Obgleich  ich  das  Präparat,  nach- 
dem es  gezeichnet  war,  noch  einmal  färbte  und  dann  so  wenig 
auszog,  daß  die  Sphäre  fast  schwarz  blieb,  ist  der  Bereich  zwischen 
den  beiden  Körperchen,  die  in  einem  hellen  Hofe  liegen  und  da- 
durch sehr  deutlich  hervortreten,  ganz  ungefärbt.  Nichtsdesto- 
weniger läßt  sich  ein  Verbindungsstrang  zwischen  ihnen  nach- 
weisen, der  die  gleiche  Breite  zu  haben  scheint  wie  die  Schwester- 
centrosomen selbst.  Die  Sphäre  zeigt  in  ihrem  dichten  centralen 
Bereich  kaum  eine  Spur  strahhger  Struktur,  peripher  lassen  sich 
noch  einige  verschwommene  radiäre  Züge  unterscheiden. 

Sind  die  Schwestercentrosomen  etwas  weiter  voneinander  ent- 
fernt, so  nehmen  sie  gewöhnlich  Kugelgestalt  an.  Zwei  Bilder 
dieser  Art  sind  in  Fig.  95  in  der  linken  Zelle  und  in  Fig.  96 
(Taf.  VII)  gezeichnet.  In  beiden,  besonders  deutlich  in  dem  der 
Fig.  96,  läßt  sich  ein  feines,  leicht  fingiertes  Fädchen  zwischen 
den  Schwestercentrosomen  verfolgen.  Das  so  aneinander  gekoppelte 
.  Paar  liegt  in  einer  kugeligen  Sphäre,  deren  spärliche  ver- 
schwommene Radiärstruktur  noch  ein  Rest  der  alten  Strahlung  zu 
sein,  scheint. 

Die  besprochenen  Bilder  werden  so  zu  deuten  sein,  daß  eine 
schmale  äquatoriale  Zone  des  Muttercentrosoms  unter  Verlust 
ihrer  Färbbarkeit  zu  einem  Stiel  auswächst,  der  als  eine  rudi- 
mentäre Centralspindel  aufgefaßt  werden  könnte.  In  einer  von 
den  Serien,  an  denen  ich  diese  Verhältnisse  eingehender  verfolgte, 
verschwindet  dieser  Verbindungsstiel  der  Tochtercentrosomen  sehr 
bald  wieder,  wie  Fig.  97  (Taf.  VII)  lehrt,   wo   zwischen  den  noch 


1)  Es  sei  hier  bemerkt,  daß  Schaudinn  (96)  die  lange  Dauer 
des  Doppelcentrosoms  und  die  plötzliche  und  sehr  schnelle  Sepa- 
ration der  beiden  Hälften  bei  den  Heliozoen  im  Leben  hat  kon- 
statieren können. 


—     71     — 

nahe  beuachbarteu  Ceutrosomen  der  linken  Zelle  keine  Spur  des- 
selben oder  auch  nur  einer  Bahn,  wo  er  gelegen  haben  könnte, 
zu  sehen  ist.  In  anderen  Eiröhren  fand  ich  in  manchen  Fällen 
noch  zwischen  beträchtlich  weiter  von  einander  entfernten  Schwester- 
centrosomen  ein  feines,  oft  etwas  gekrümmtes  Fädchen  verlaufen 
(Fig.  81,  Taf.  VI;  Fig.  99,  Taf.  VII).  In  der  Mitte  dieses  Fäd- 
chens  habe  ich  so  häufig  ein  kleines,  dunkel  färbbares  Korn  beob- 
achtet (Fig.  81,  Taf.  VI;  Fig.  97a,  Taf.  VII),  daß  ich  dasselbe 
kaum  mehr  als  etwas  Zufälliges  ansehen  kann^).  Wie  dieses 
Verbindungsfädchen  schließlich  schwindet,  ob  es,  wie  Erlanger 
will,  in  der  Mitte  reißt  und  in  die  Tochtercentrosomen  zurück- 
gezogen wird,  oder  ob  es  in  loco  degeneriert,  vermochte  ich  nicht 
festzustellen. 

Ueberblicken  wir  nun  noch  einmal  im  Zusammenhange  die 
zeitlichen  Verhältnisse  der  Centrosomen teilung  in  Rücksicht 
auf  den  Gesamtzustand  der  Zelle,  so  müssen  wir  zwischen  dem 
Zeitpunkte  der  Verdoppelung  und  dem  des  Auseinanderweichens 
unterscheiden.  Die  Verdoppelung  erfolgt  nach  meinen  Beobach- 
tungen frühestens  auf  Stadien,  wo  sich  die  beiden  Schwesterzellen 
nach  der  Abschnürung  von  einander  wieder  breit  aneinander  gelegt 
haben  und  wo  der  Kern  schon  bläschenförmig  geworden  ist.  Zwei 
von  einander  getrennte  Centrosomen  habe  ich  in  keinem  Falle 
früher  gefunden,  als  nachdem  der  Kern  seine  volle  Größe  erreicht 
und  die  beiden  Blastomeren  an  ihrer  Berührungsfläche  jene  cha- 
rakteristischen Wülste  gebildet  hatten,  die  zuerst  Hallez  (51) 
beobachtet  und  als  scheinbare  Wiederverschmelzung  der  Zellen 
beschrieben  hat-).  Das  gewöhnliche  Verhalten  scheint  zu  sein, 
daß  die  Trennung  der  Schwestercentrosomen  mit  dem  Uebergange 
des  chromatischen  Gerüstes  in  das  Spirem  zusammenfällt.  So 
sehen  wir  es  in  Fig.  94  (Taf.  VII),  und  die  sich  anschließenden 
Stadien  der  Fig.  95,  96  und  97  zeigen  den  Kern  in  entsprechend 
fortgeschrittenen  Phasen. 


1)  Auch  an  dem  Fädchen,  welches  die  beiden  Centrosomen  des 
Eies  zunächst  verbindet,  habe  ich  dieses  Körnchen  wahrgenommen. 

2)  Sollte  es  nötig  sein,  so  bemerke  ich,  daß  man  natürlich  bei 
Untersuchung  von  Schnitten  sehr  häufig  auf  Stadien,  wo  bereits 
2  Centrosomen  vorhanden  sind,  im  Schnitt  nur  eines  trifft.  Der 
mit  dem  Objekt  bereits  Vertraute  wird  schon  aus  den  Neben- 
umständen gewöhnlich  entnehmen  können,  wie  es  sich  verhält.  Doch 
ist  es  unerläßlich,  Serienschnitte  zu  haben,  um  völlig  sicher 
zu  sein. 


—     72     — 

Ein  einziger  Fall  ist  mir  vorgekommen,  wo  2  Centrosomen, 
die  ungefähr  so  weit  wie  die  der  Fig.  99  voneinander  entfernt 
waren,  neben  einem  Kerne  mit  feinem  Gerüst  vorlagen.  Dies  dürfte 
schon  als  abnorm  anzusehen  sein;  aber  auch  in  diesem  Falle  wird 
die  Trennung  der  Schwestercentrosomen  nicht  früher  eingetreten 
sein  als  nach  voller  Ausbildung  des  ruhenden  Kernes. 

Diese  meine  neuen,  an  Schnitten  und  mit  Eisenhämatoxylin- 
Färbung  gemachten  Erfahrungen  bestätigen  aufs  vollkommenste 
dasjenige,  was  ich  im  Jahre  1888  an  ganzen  Objekten  und  ohne 
specifische  Färbung  beschrieben  hatte.  Wie  auf  S.  168  jener 
früheren  Arbeit  (13)  hervorgehoben  und  in  Fig.  75  (Taf.  IV)  ab- 
gebildet ist,  beobachtete  ich  die  Teilung  des  Centrosoms,  d.  h. 
2  eben  gebildete  und  noch  verbundene  Schwestercentrosomen  auf 
Stadien,  „wo  das  Kerngerüst  sich  bereits  wieder  in  die  einzelnen 
Fäden  zu  kontrahieren  beginnt",  also  genau  auf  dem  gleichen 
Stadium,  welches  wir  in  Fig.  94 — 96  angetroffen  haben,  lieber 
die  Teilung  selbst  heißt  es  (S.  163):  „Die  ersten  Stadien  des 
Teilungsprozesses  sind  natürlich  bei  der  Kleinheit  des  Objektes 
nicht  klar  zu  erkennen.  Immerhin  glaube  ich  in  manchen  Prä- 
paraten an  dem  noch  einfachen  kugeligen  Körperchen  längs  eines 
größten  Kreises  eine  seichte  Furche  wahrnehmen  zu  können,  die 
als  erste  Andeutung  einer  Trennung  in  zwei  Hälften  zu  deuten 
wäre."  Es  waren  dies  ohne  Zweifel  jene  in  unseren  Figg.  92 
und  93  abgebildeten  Zustände,  die  sich  nun  mit  Eisenhämatoxylin 
aufs  klarste  demonstrieren  lassen.  In  Fig.  75  meiner  früheren 
Arbeit  ist  dann  ein  Bild  gegeben,  wo  man  „dicht  benachbart 
2  Centrosomen  konstatieren  kann,  die  durch  ein  deutliches  Fädchen 
noch  in  unzweifelhafter  Verbindung  stehen".  Die  Uebereinstimmung 
der  in  dieser  Figur  in  beiden  Blastomeren  dargestellten  Doppel- 
centrosomen  mit  unseren  Figg.  95  und  96  ist  eine  vollkommene  ^). 
Auch  die  häufig  zu  beobachtende  Krümmung  des  Verbindungs- 
fädchens,  von  der  oben  die  Rede  war,  konnte  ich  schon  damals 
als  ein  sehr  allgemeines  Vorkommnis   feststellen.     Dann    heißt  es 


1)  In  dem  mir  vorliegenden  Exemplar  meiner  Zellen-Studien 
(Heft  II)  und  also  wahrscheinlich  auch  in  anderen  sind  die  Figuren 
der  Tafel  IV  infolge  des  nicht  exakten  Uebereinanderdruckens  der 
einzelnen  Platten  etwas  verdorben,  und  besonders  die  in  Teilung 
begriffenen  Centrosomen  der  Fig.  75  haben  hierdurch  gelitten.  Die 
Betrachtung  mit  der  Lupe  lehrt,  daß  bei  richtigem  Druck  die 
Tochtercentrosomen  kleiner,  der  Verbindungsstiel  dünner  aus- 
sehen würde. 


-     73     — 

■weiter  (S.  163),  daß  „die  beiden  Centralkörperchen,  indem  sie  sich 
iramer  weiter  von  einander  entfernen,  zu  ziemlich  großen,  blassen 
Kugeln  mit  einem  centralen  Korn  aufquellen". 

Dieses  Wachstum,  das  ziemlich  genau  mit  der  zunehmenden 
Entfernung  Schritt  hält  und  bei  dem  die  Centrosomen  gewiß  auf 
das  Tausendfache  ihres  ursprünglichen  Volumens  anschwellen 
können,  ist  in  seinen  einzelnen  Etappen  in  Fig.  81 — 87  (Taf.  VI) 
dargestellt,  die  keiner  Erläuterung  bedürfen.  Die  ersten  Stadien 
des  Wachstums  sind  dann  noch,  aus  anderem  Material  stammend, 
in  Fig.  94 — 97  (Taf.  VII),  stärker  vergrößert,  repräsentiert.  Die 
Centrosomen  sind  stets  aufs  schärfste  begrenzt  und  färben  sich 
auf  allen  Stufen  ihres  Wachstums  ganz  gleichmäßig  durch  und 
durch,  so  daß  die  Annahme,  es  handle  sich  in  den  späteren  großen 
Kugeln  nur  um  einen  „Hof,  der  sich  aus  der  Astrosphäre  im 
Umkreis  eines  kleinen  „wirklichen  Centralkörperchens"  differenziert 
habe,  jeder  Begründung  entbehrt. 

Daß  der  Wachstumsprozeß,  wie  er  durch  die  Figurenreihen 
81—86  (Taf.  VI)  und  94—97  (Taf.  VII)  illustriert  ist,  nicht  etwa 
dadurch  vorgetäuscht  wird,  daß  die  Centrosomen  der  frühen  Sta- 
dien durch  konzentrische  Entfärbung  künstlich  verkleinert 
wären,  dies  wird  am  besten  durch  die  nicht  seltenen  Fälle  be- 
wiesen, in  denen  die  beiden  Elastomeren  in  der  Vorbereitung  zur 
Teilung  verschieden  weit  gediehen  sind,  wie  in  Fig.  97  und  be- 
sonders auffallend  in  Fig.  95.  Stets  sind  dann  die  schwarzen 
Kugeln  in  der  weiten  vorgeschrittenen  Zelle  größer  als  in  der 
anderen.  Sodann  ist  hier  nochmals  zu  betonen,  daß  man  an  Stelle 
der  kleinen  Kügelchen,  die  sich  in  den  frühen  Stadien  nach  der 
Teilung  zeigen,  durchaus  keine  größeren  Bereiche  schwarz  gefärbt 
erhalten  kann,  wie  ich  denn  z.  B.  das  Präparat  der  Fig.  94  bei 
nochmaliger  Färbung  in  fast  schwarzem  Zustande  beließ,  ohne  daß 
die  beiden  Centrosomen  sich  größer  zeigen   als   in  der  Abbildung. 


Ueber  das  Verhalten  der  Astrosphäre  während  der  zuletzt 
betrachteten  Periode  sei  folgendes  bemerkt.  Nachdem  das  Cen- 
trosom  aus  seiner  abgeplatteten  Gestalt  zur  Kugelform  zurück- 
gekehrt ist,  wird  —  manchmal  etwas  später  —  auch  die  Sphäre 
wieder  annähernd  kugelig;  die  verschieden  ausgebildeten  Radien- 
bereiche werden  in  Struktur  und  peripherer  Erstreckuug  ziemlich 
gleichartig,  die  Anordnung  zu  radialen  Fäden  verschwindet  mehr 
und  mehr  und  geht,  wie  ich  früher  gefunden  habe  und  Erlanger 


-     74     — 

bestä.tigen  konnte,  in  vielen  Fällen  vollständig  verloren.  Man 
findet  dann  im  Umkreis  des  Centrosoms  ein  dicht  körniges,  viel- 
leicht wabiges  Plasma,  das  sich  in  seinem  ganzen  Habitus  und 
auch  in  seinem  Verhalten  gegenüber  gewissen  FarbstoUen  von  dem 
übrigen  Plasma  sehr  deutlich  unterscheidet  (Archoplasma).  Diese 
Anhäufung  wird  in  manchen  Fällen  sehr  klein  und  unscheinbar, 
indem  ein  großer  Teil  der  Astrosphärensubstanz  sich  im  übrigen 
Plasma  verteilt  oder  sich  in  dieses  verwandelt.  In  diesem  Falle 
ist  auch  das  Material,  aus  dem  sich  die  neuen  Sphären  anlegen, 
zunächst  äußerst  spärlich  (Fig.  81,  Taf.  VI). 

In  anderen  Eiröhren  ist  die  Sphäre  auf  allen  Stadien  von  sehr 
ansehnlicher  Größe,  und  eine  schwache  Radiärstruktur  erhält  sich 
dauernd,  wenn  auch  nur  in  der  Peripherie.  Diese  Verschieden- 
heiten dürften  wohl  von  der  verschiedenen  Schnelligkeit  abhängen, 
mit  der  sich  die  Eier  entwickeln.  Sowohl  bei  Züchtungen  der 
Eier  innerhalb  der  dem  Muttertier  entnommenen  Eiröhren,  wie 
auch  isolierter  Eier  unter  dem  Deckglase  überzeugt  man  sich,  daß 
die  peripher  bezw.  vereinzelt  gelegenen,  also  dem  Sauerstoff  gegen- 
über günstiger  gestellten,  sich  rascher  entwickeln,  unter  Umständen 
so  viel  rascher,  daß  neben  beweglichen  Embryonen  in  der  Peri- 
pherie frühe  Furchungsstadien  in  der  Mitte  angetroffen  werden. 
Ich  halte  es  nun  für  sehr  wahrscheinlich,  daß  sich  die  Sphäre 
um  so  mehr  rückbildet,  je  langsamer  die  Entwickelung  vor  sich 
geht,  je  mehr  Zeit  also  zwischen  zwei  Zellteilungen  vergeht. 

Die  neuen  Radien  bilden  sich,  nachdem  die  Tochtercentro- 
somen  etwa  so  weit  voneinander  entfernt  sind  wie  in  Fig.  95  und  96, 
durch  Neugruppierung  der  Körnchen  oder  Knötchen  zu  radial  auf 
die  neuen  Centren  eingestellten  Linien,  die  anfangs  sehr  spärlich, 
kurz  und  undeutlich  sind,  um  sich  mit  der  weiteren  Entfernung 
der  Centrosomen  mehr  und  mehr  auszuprägen.  Ein  Uebergang 
alter  Radien  als  solcher  in  die  neuen  Systeme  erscheint  voll- 
kommen ausgeschlossen.  Zwischen  den  beiden  Polen  entwickeln 
sich,  manchmal  deutlicher,  manchmal  kaum  wahrnehmbar,  kon- 
tinuierlich gebogen  verlaufende  Stränge,  die  sich  im  übrigen  von 
den  anderen  Radien  in  keiner  Weise  unterscheiden  und  sich  so 
selten  von  jenen  anderen  als  ein  besonderer  Komplex  absondern 
lassen,  daß  ich  es  für  unthunlich  halte,  hier  von  einer  Ceutral- 
spindel  zu  sprechen. 

Wie  wir  die  Umformung  des  Centrosoms  während  der  Zell- 
teilung von  einer  entsprechenden  Veränderung  der  Sphäre  und 
seine  Verkleinerung   von   einer  Rückbildung   der  Sphäre   begleitet 


—     75    — 

fanden,  so  geht  nun  mit  dem  Wachstum  der  Tochtercentrosomeu 
eine  Entfaltung  und  Ausbreitung  der  beiden  neuen  Sphären  Hand 
in  Hand,  wie  dies  aus  einer  Vergleichurig  der  Fig.  81—86  (Taf.  VI) 
ersichtUch  ist. 

Ohne  auf  die  Konstitution  der  Radiensysteme  näher  einzu- 
gehen, will  ich  doch  bemerken,  daß  ich  in  vielen  Fällen  und  gerade 
auf  den  Stadien,  wo  die  Centrosomen  am  größten  sind,  sehr  deut- 
lich eine  hellere  Markschicht  der  Sphäre  gefunden  habe  (Fig. 
85  und  86),  ganz  entsprechend  den  Abbildungen  von  Van  Be- 
neden und  Neyt.  Ihre  Unterscheidbarkeit  von  der  Rindenzone 
wird  dadurch  bedingt,  daß  sie  das  Eisenhämatoxylin  leichter  ab- 
giebt,  was  natürlich  in  einer  irgendwie  besonderen  Konstitution 
seinen  Grund  haben  muß.  Entfärbt  man  stärker,  so  verschwindet 
die  vorher  so  deutliche  Abgrenzung  fast  völlig.  —  Sehr  eigentüm- 
lich ist  es  nun,  daß  man  in  manchen  Präparaten  an  Stelle  dieser 
hellen  Zone  gerade  umgekehrt  eine  schmale,  äußerst  dichte  Schicht 
der  Sphäre  antrifft,  so  daß  man  hier  wirklich  bei  schwächerer 
Vergrößerung  das  Centrosom  und  die  es  umgebende  Kugelschale 
für  einen  einheitlichen,  sehr  großen  Körper  halten  könnte.  Bei 
stärkerer  Vergrößerung  aber  erscheint  das  Centrosom  in  typischer 
Größe,  durch  einen  sehr  deutlichen  hellen  Spalt  von  jener  dichten 
Umhüllung  abgesetzt,  die  ihrerseits  durch  radiäre  Struktur  als  ein 
Teil  der  Sphäre  gekennzeichnet  ist. 


Schon  im  Jahre  1888  (13)  habe  ich  im  Mittelpunkte  des 
Ascaris-Centrosoms  ein  außerordentlich  kleines  Korn  nachgewiesen, 
das  seither  so  vielfach  aufgefundene  Centralkorn  (Centriol). 
Ich  vermochte  dasselbe  jedoch  nicht  auf  allen  Stadien  zu  sehen, 
sondern  nur,  solange  die  Centrosomen  sehr  groß  und  nicht  stark 
lichtbrechend  waren,  etwa  vom  Ende  der  Knäuelphase  bis  zur 
fertigen  Spindel  (Fig.  59);  von  da  ab,  in  den  sich  verkleinernden 
Centralkörperchen,  war  es  nicht  mehr  zu  entdecken. 

Diesem  Korn,  speciell  seinem  Verhalten  bei  der  Teilung  des 
Centrosoms,  sei  nun  eine  genauere  Betrachtung  gewidmet,  wobei 
ich  hinsichtlich  der  Färbung  desselben  in  Eisenhämatoxylin  auf 
das  im  Abschnitt  A  Gesagte  verweise :  daß  nämlich,  da  sich  die 
Centrosomen  konzentrisch  entfärben,  ein  Nachweis  der  Centriolen 
mit  dieser  Methode  nur  so  lange  möglich  ist,  als  in  einem  noch 
einheitlichen  Centrosom  ihrer  zwei  oder  mehr  vorhanden  sind. 


—     76     — 

In  einer  Eiröhre  fand  ich  nicht  ganz  selten  schon  auf  dem 
Stadium  der  Aequatorialplatte  2  Centriolen,  wie  dies  in  Fig.  102 
(Taf.  VIII)  in  beiden  Centrosomen  zu  sehen  ist.  Ein  ähnliches 
Bild  von  einem  Zweizellenstadium  ist  in  Fig.  109  abgebildet. 
Ich  bemerke  nebenbei,  daß  dieses  Ei  aus  meinem  alten  Material 
von  1887  stammt.  Ich  brachte  die  in  Glycerin  eingeschlossenen 
Eier  einiger  Objektträger  in  Paraffin  und  fertigte  Schnitte 
davon  an. 

Mehr  als  2  Centriolen  in  einem  Pole  habe  ich  niemals  beob- 
achtet. Wie  im  Seeigel-Ei,  so  scheinen  auch  bei  Ascaris  alle 
denkbaren  Stellungen  zwischen  ihnen  vorzukommen.  Während  aber 
im  Seeigel-Ei  bei  der  Umformung  des  Centrosoms  zur  Scheibe  die 
Centriolen  in  deren  größten  Durchmesser  zu  Hegen  kommen, 
können  sie  bei  Ascaris  auch  in  dem  abgeplatteten  oder  kegel- 
förmigen Centrosom  beliebig  gestellt  sein  (Fig.  103,  104,  Taf.  VIII; 
Fig.  98,  Taf.  VII),  und  der  Kontrast  zwischen  der  streng  radiären 
Symmetrie  von  Centrosom  und  Sphäre  mit  der  ganz  variablen 
Stellung  der  Verbindungshnie  der  Centriolen  ist  ein  sehr  auf- 
fallender. Uebrigens  gehören  auch  auf  diesem  Stadium  2  ge- 
trennte Centriolen  nicht  zu  den  häufigen  Erscheinungen;  vielfach 
tritt  gerade  zu  dieser  Zeit  die  Teilung  des  Centriols  ein ;  man 
findet  2  Körnchen  dicht  nebeneinander.  Erst  wenn  die  2  Schwester- 
zellen sich  vollständig  von  einander  abgeschnürt  haben  und  die 
Chromosomen  sich  zum  Gerüst  auflockern  (Fig.  105,  Taf.  VIII), 
dürften  zwei  Centriolen  in  einem  gewissen,  ziemlich  konstanten 
Abstand  von  einander  die  Regel  sein.  Sie  verändern  sich  nicht 
während  der  nächstfolgenden  Stadien  (Fig.  106  und  107) ;  in 
manchen  Präparaten  scheint  eine  zarte  Brücke  zwischen  ihnen  vor- 
handen zu  sein. 

Was  nun  ihre  Größe  anlangt,  so  glaube  ich  mit  Bestimmtheit 
behaupten  zu  können,  daß  die  2  Schwestercentriolen  von  Anfang 
an  gleich  groß  sind;  über  ihre  absolute  Größe  dagegen  sind  ganz 
sichere  Aufschlüsse  sehr  schwer  zu  erlangen.  Denn  es  unterliegt 
keinem  Zweifel,  daß  sie  sich  dem  Farbstoff  gegenüber  ebenso  ver- 
halten wie  die  Centrosomen,  nur  mit  dem  Unterschiede,  daß  sie 
ihn  etwas  zäher  festhalten.  Nachdem  sie  also  durch  Entfärbung 
des  Centroplasmas  als  schwarze  Pünktchen  zum  Vorschein  ge- 
kommen sind,  beginnt  auch  an  ihnen  der  Prozeß  der  konzentrischen 
Entfärbung,  bis  sie  an  die  Grenze  der  Wahrnehmbarkeit  gelangen 
und  dann  verschwinden.  Verschiedene  Größe  in  den  Präparaten 
ist  also  nicht   als  Verschiedenheit  der  Objekte   selbst  zu   deuten, 


-     77     - 

/ 
und  es  besteht  die  größte  Wahrscheinlichkeit,   daß  alle  in  meinen 

Zeichnungen  abgebildeten  etwas  kleiner   sind   als   in  Wirklichkeit. 

Gehen  wir  über  zu  den  Schicksalen  der  Centriolen 
bei  der  Teilung  des  Centrosoms,  so  wird  man  kaum 
zweifeln  können,  daß  die  beiden  Centroplasmaverdichtungen,  welche 
die  Teilung  des  Centrosoms  einleiten,  je  ein  Cestriol  zum  Mittel- 
punkte nehmen ;  allein  ein  exakter  Nachweis  hierfür  ist  an  meinem 
Material  sehr  schwer  zu  erbringen.  Denn  wenn  man  auch  in  den 
durch  Fig.  92 — 96  repräsentierten  Teilungsstadien,  und  ebenso 
später,  durch  konzentrische  Entfärbung  an  Stelle  der  größeren 
schwarzen  Kugeln  winzige  schwarze  Pünktchen  erhält,  so  können 
dies  eben  von  jetzt  an  wieder  Kunstprodukte  sein.  Dieser  Ein- 
wand gilt  schon  für  Fig.  108  (Taf.  VIII);  denn  auf  diesem  Sta- 
dium muß  nach  sonstigen  Erfahrungen  die  Verdoppelung  des 
Centrosoms  bereits  vollzogen  sein.  Auch  andere  Methoden  lassen 
hier  im  Stich.  Die  Substanz  der  Centrosomen  ist  zu  der  Zeit,  wo 
diese  Körperchen  am  kleinsten  sind,  so  dicht  und  stark  licht- 
brechend, daß  eine  weitere  Differenzierung  nicht  in  ihnen  erkenn- 
bar ist.  Nur  ein  paar  Eisenhämatoxylin-Präparate  sind  mir  vor- 
gekommen, die  etwas  mehr  zeigen,  indem  an  ihnen  das  einge- 
treten war,  was  bei  den  Spermatocyten  von  Ascaris  den  Nachweis 
der  Centriolen  auf  allen  Stadien  gestattet,  nämlich  diffuse  Ent- 
färbung des  Centroplasmas.  Da  die  Bilder  bei  der  Kleinheit 
der  Verhältnisse  sehr  undeutlich  sind,  beschränke  ich  mich  darauf, 
an  einer  willkürlich  vergrößerten  schematischen  Figur  zu  erläutern, 
was  ich  zu  sehen  glaube  (Fig.  93a).  In  dem  noch  kugeligen 
Muttercentrosom  ist  auf  der  erreichten  Entfärbungsstufe  ein  grauer 
Ton  auf  zwei  kalottenförmige  Bereiche  beschränkt,  die  durch  eine 
farblose  äquatoriale  Zone  von  einander  getrennt  sind;  jede  dieser 
beiden  färbbaren  Kalotten,  die  den  sich  bildenden  Tochtercentro- 
somen  entsprechen,  enthält  eine  schwarze  Differenzierung,  die  wohl 
das  Centriol  repräsentiert.  Das  Bild  erinnert  lebhaft  an  das  sich 
teilende  Centrosom,  wie  es  Mac  Farland  in  der  Diaulula-Ovocyte 
gefunden  hat,  und  wie  es  in  meiner  Fig.  22  (Taf.  II)  abgebildet 
ist,  nur  daß  hier  die  Verhältnisse  viel  größer  und  insofern  etwas 
anders  sind,  als  das  Muttercentrosom  eine  längsellipsoide  Form 
besitzt  und  demgemäß  der  zwischen  die  beiden  färbbaren  Kappen 
eingeschlossene  Bereich  beträchtlich  breiter  ist. 

Daß  die  Centriolen  in  irgend  einer  Weise  die  Grundlagen  für 
die  Tochtercentrosomen  bilden,  dies  ergiebt  sich  des  weiteren  noch 
aus    den    Stellungsverhältnissen.      Ich    habe    oben    schon 


—     78     — 

erwähnt,  daß  in  einer  meiner  Serien  die  Teilung  der  Centro- 
somen fast  ausnahmslos  annähernd  senkrecht  zur  alten  Teilungs- 
achse erfolgt  (Taf.  VI).  In  dieser  Serie  zeigen  auf  den  frühereu 
Stadien  die  Centriolen  die  gleiche  Orientierung,  wie  dies  in 
Fig.  107  (Taf.  VIII),  die  dem  gleichen  Material  angehört,  zu  sehen 
ist.  In  den  Eiern  eines  anderen  Wurmes,  nach  denen  die  Figuren 
der  Tafel  VII  gezeichnet  sind,  variiert  die  Verbindungslinie  der 
Tochtercentrosomen  zwischen  allen  denkbaren  Stellungen;  doch 
traf  ich  besonders  häufig  die  in  Fig.  92,  95,  96  und  97  zu  kon- 
statierende Schiefstellung  an.  Ganz  entsprechend  variabel  ver- 
halten sich ,  solange  sie  nachweisbar  sind ,  ,die  Centriolen  (Fig. 
102 — 106,  Taf.  VIII),  auch  ihre  Verbindungslinie  zeigt  weitaus  am 
häufigsten  die  in  Fig.  105  gezeichnete  Schiefstellung. 

Nach  all  dem  Gesagten  und  unter  Berücksichtigung  des  Um- 
standes,  daß  auf  späteren  Stadien,  wenn  die  neuen  Centrosomen 
gewachsen  sind,  an  ungefärbten  Glycerinpäparaten  in  jedem  wieder 
ein  Centriol  mit  Sicherheit  nachgewiesen  werden  kann  (Zellen- 
Studien,  Heft  II,  Fig.  77),  wird  die  Annahme,  daß  auch  bei  unserem 
Objekt  im  Centrum  der  Sphäre  auf  allen  Stadien  zwei  ineinander 
geschaltete  Gebilde  (Centrosom  und  Centriol)  existieren,  kaum  zu 
kühn  sein.  Die  einzige  andere  Annahme,  die  man  überhaupt 
machen  könnte,  wäre  die,  daß  nach  der  Verkleinerung  des  Mutter- 
centrosoms  die  beiden  Centriolen  sehr  stark  wachsen,  so  daß  sie 
zu  den  beiden  größeren  Bereichen  werden,  die  in  Fig.  92  (Taf.  VII) 
gezeichnet  und  oben  als  die  beiden  Hälften  des  in  Teilung  be- 
griöenen  Centrosoms  in  Anspruch  genommen  worden  sind.  Als 
Konsequenz  dieser  Annahme  würde  sich  ergeben,  daß  die  Centri- 
olen noch  weiter  wachsen  bis  zu  den  großen  Kugeln,  wie  sie  in 
Fig.  86  (Taf.  VI)  dargestellt  sind,  d.  h.  daß  sie  zu  den  Centro- 
somen  w^erden;  denn  die  Kontinuität  zwischen  dem  Körperchen 
der  Fig.  94  (Taf.  VII)  und  dem  der  Fig.  86  (Taf  VI)  kann  meines 
Erachtens  keinem  Zweifel  unterliegen.  Dann  würde  weiter  folgen, 
daß  sich  im  Innern  dieses  Gebildes  auf  einem  gewissen  Stadium 
ein  neues  Centriol  ditferenziert,  dessen  Teilstücke  ihrerseits  wieder 
zu  den  Centrosoraen  der  nächsten  Generation  heranwachsen  würden. 
Ich  erwähne  diese  Möglichkeit,  weil  sie  nicht  absolut  auszu- 
schließen ist;  wie  unwahrscheinlich  eine  derartige  Annahme  ist, 
glaube  ich  nicht  weiter  ausführen  zu  müssen. 


—     79     — 

b)  Litteratur. 

Das  Ascaris-Ei  hat  in  letzter  Zeit  zwei  ausführlichere  Be- 
arbeitungen an  Schnitten  erfahren,  von  Kostanecki  und  Siedlecki 
(73)  und  von  Erlanger  (35).  Die  erstere  Abhandlung  wurde 
eingehend  in  der  Arbeit  meines  Schülers,  des  Herrn  Dr.  Fürst 
(46)  besprochen,  so  daß  ich  auf  die  dort  gegebene  Kritik,  mit  der 
ich  vollkommen  tibereinstimme,  verweisen  kann.  Der  einzige  Punkt, 
den  ich  auch  meinerseits  zur  Sprache  bringen  möchte,  ist  der,  ob 
die  von  diesen  Autoren  abgebildeten  „Centralkörperchen"  meinen 
Centriolen  entsprechen,  d.  h.  ob  es  sich  um  Fälle  handelt,  wo  — 
infolge  einer  besonderen  Präparationsweise  —  nur  die  Centriolen 
sich  färben,  oder  ob  die  gezeichneten  Bilder  als  Produkte  einer 
in  einem  bestimmten  Moment  ausgesetzen  konzentrischen 
Entfärbung  anzusehen  sind.  Es  ist  zweifellos,  daß  unbedingt  das 
letztere  angenommen  werden  muß,  und  zwar  erstens,  weil  die 
gefärbte  Stelle  in  den  verschiedenen  Abbildungen  sehr  verschieden 
groß  ist  und  die  beiden  Autoren  selbst  angeben,  daß  die  Größe 
von  dem  Grade  der  Entfaltung  abhängig  ist,  zweitens  aber,  weil  der 
schwarze  Fleck,  den  Kostanecki  und  Siedlecki  zeichnen,  in  der 
Metakinese  und  während  der  Zellteilung  die  oben  beschriebene 
charakteristische  Abplattung  zeigt.  Dies  beweist  mit  aller  Sicherheit, 
daß  hier  ein  konzentrisch  entfärbtes  Gentrosora,  nicht  ein  Centriol 
vorliegt ;  denn  dieses  bewahrt  während  der  Abplattung  des  Centro- 
soms  seine  Kugelgestalt.  Die  späteren  Stadien,  in  denen  ich  2  Cen- 
triolen in  dem  noch  einheitlichen  Centrosom  gefunden  habe,  werden 
bei  Kostanecki  und  Siedlecki  überhaupt  nicht  behandelt. 

In  Erlanger's  Arbeit  finde  ich  in  betrefi"  der  Centrosomen 
eine  vollkommene  Bestätigung  meiner  früheren  Angaben,  was  freilich 
in  der  Darstellung  dieses  Autors  kaum  hervortritt.  Die  einzige 
wesentliche  Abweichung  von  meinen  Befunden  betrifft  die  Kon- 
stitution des  Centrosoms,  das  Erlanger  aus  einer  Anzahl  von 
Vakuolen  bestehen  läßt,  die  um  eine  centrale,  ziemlich  kleine  und 
stark  färbbare  Alveole  herumliegen  sollen.  Die  letztere  entspreche 
meinem  Centralkorn.  Ich  habe  diese  Angabe,  die  nur  durch  ein 
Diagramm  illustriert  ist,  an  meinen  Präparaten  geprüft  und  vermag 
von  einem  solchen  groben  Wabenbau  des  Centrosoms  nicht  das 
Geringste  zu  erkennen.  Ist  eine  solche  Struktur  vorhanden,  so 
muß  sie  von  solcher  Feinheit  sein,  daß  sie  an  der  Grenze  des 
Wahrnehmbaren  steht.  Die  Verdoppelung  des  Centriols  hat  Er- 
langer nicht  beobachtet. 


—     80     — 

Nachdem  das  Verhältnis  meiner  neuen  Befunde  zu  dem,  was 
ich  früher  gesehen  hatte,  schon  oben  dargelegt  worden  ist,  bleibt 
nun  noch  übrig,  die  Angaben  von  Van  Beneden  und  Neyt  (5) 
vom  Standpunkt  der  neueren  Erfahrungen  aus  einer  Betrachtung 
zu  unterziehen.  Zwischen  Van  Beneden  und  mir  bestand  eine 
erhebliche  Differenz  in  2  Punkten :  1)  hinsichtlich  der  Struktur 
und  zum  Teil  auch  der  Größe  des  Centrosoms,  2)  über  die  Art 
und  den  Zeitpunkt  der  Teilung  desselben. 

Was  den  ersteren  Punkt  anlangt,  so  war  im  allgemeinen  kein 
Zweifel,  daß  das,  was  ich  als  Centralkörperchen  oder 
Centrosoma  benannt  habe,  dem  Van  BENEDEN'schen  corpus- 
cule  central  gleichwertig  ist.  Bilder,  wie  die  der  Fig.  9 
(PI.  I)  und  Fig.  2  und  5  (PI.  VI)  bei  Van  Beneden  und  Neyt 
zeigen  im  Centrum  der  Sphäre  eine  Kugel,  die  in  ihrer  Größe 
mit  dem  Centrosom  meiner  entsprechenden  alten  Figuren  voll- 
kommen übereinstimmt.  Ebenso  klar  ist  die  Uebereinstimmung 
mit  meinen  neuen  Befunden.  Man  werfe  einen  Blick  auf  meine 
Fig.  76a  und  83a  (Taf.  VI),  welche  vergrößerte  Kopien  nach 
Van  Beneden  und  Neyt  darstellen.  Die  corpuscules  centraux 
in  diesen  Figuren  sind  ebenso  groß,  wenn  nicht  größer  als  die 
Centrosomen  meiner  entsprechenden  Zeichnungen.  Allerdings 
finden  sich  in  den  Abbildungen  von  Van  Beneden  und  Neyt  die 
großen  Centrosomen,  wie  ich  sie  auf  gewissen  Stadien  damals 
gefunden  habe  und  jetzt  ganz  ebenso  mit  Eisenhämatoxylin  demon- 
strieren kann,  nicht  vor.  Dies  rührt  aber  offenbar,  worauf  ich 
früher  nicht  aufmerksam  geworden  war,  in  der  Hauptsache  daher, 
daß  die  belgischen  Autoren  die  in  Betracht  kommenden  Stadien, 
nämlich  diejenigen  unmittelbar  vor  und  nach  der  Auflösung  des 
Kernes  gar  nicht  abgebildet  haben.  Ihre  Fig.  5  (PI.  I),  mit  Vor- 
kernen in  Knäuelphase,  entspricht  ziemlich  genau  meiner  alten 
Fig.  35  (Taf.  II),  in  der  die  Centrosomen  kaum  größer  sind 
als  bei  Van  Beneden  und  Neyt.  Ihr  nächstes  Bild  (Fig.  7) 
ist  sogleich  ein  Stadium  mit  weit  voneinander  entfernten  Toch- 
terplatten und  beginnender  Durchschnürung  des  Zellkörpers. 
Aehnlich  verhält  es  sich  mit  ihren  Bildern  vom  Zweizellen- 
stadium, Ihre  Fig.  11  (PI.  I)  giebt  ein  Stadium  der  Knäuel- 
phase, kaum  später  als  in  der  rechten  Zelle  meiner  neuen 
Fig.  95  (Taf.  VII);  in  ihrer  Fig.  12  sind  die  Kerne  bereits  auf- 
gelöst, in  der  einen  Zelle  die  Chromosomen  sogar  schon  zur 
Aequatorialplatte  angeordnet.  Stadien,  wie  ich  eines  seiner 
Zeit  (13)   in  Fig.  77   (Taf.  IV)   und  wie  ich  jetzt   etwas  frühere 


—    81     — 

in  Fig.  85  und  86  (Taf.  VI)  abgebildet  habe,  sind  bei  Van 
Beneden  und  Neyt  nicht  vertreten.  Und  diese  Stadien  sind  es 
eben,   in   denen   die  Centrosoraen   ihr  größtes  Volumen   erreichen 

Die  von  mir  selbst  anfangs  offen  gelassene  Möglichkeit,  daß 
das,  was  Van  Beneden  und  Neyt  in  einigen  Figuren  als 
corpuscule  central  abbilden ,  meinem  Centralkorn  entsprechen 
könnte,  ist  daher  mit  Sicherheit  auszuschließen.  Sollte  darüber 
bisher  noch  ein  Zweifel  möglich  gewesen  sein,  so  muß  er  angesichts 
meiner  neuen  Befunde  schwinden.  Wie  meine  jetzigen  Präparate 
in  voller  Uebereinstimmung  mit  meinen  früheren  lehren,  sind  die 
Centriolen  von  so  extremer  Kleinheit,  daß  sie  sich  auch  bei  stärkster 
Vergrößerung  nur  als  kleine  Pünktchen  erkennen  und  zeichnen  lassen. 
Demgegenüber  ist  Van  Beneden's  corpuscule  central,  selbst  da, 
wo  er  es  am  kleinsten  zeichnet,  noch  immer  ein  ansehnliches  /j 
Körperchen,  für  das  er  sogar  eine  weitere  Zusammensetzung  aus  /^^^^ 
mehreren  Körnchen  beschreiben  und  in  seineu  Bildern  deutlich 
ausdrücken  konnte.  Schon  damit  muß  der  Gedanke  an  eine 
Identität  mit  dem  Centriol  hinfällig  werden.  Man  betrachte  die 
Centriolen  in  meiner  Fig.  102  (Taf.  VIII)  und  vergleiche  damit  die 
in  Fig.  101  wiedergegebene,  entsprechend  vergrößerte  Kopie  einer 
Figur  von  Van  Beneden  und  Neyt.  Der  Schluß  ist  unabweisbar: 
ihr  corpuscule  central  entspricht  meinem  Centro- 
som;  das  Centriol  ist  in  keiner  einzigen  von  Van 
Beneden's  Figuren  zu  sehen. 

Der  Umstand  nun ,  daß  aus  den  Abbildungen  von  Van 
Beneden  und  Neyt  nicht  jener  auffallende  Größen  Wechsel 
der  Centrosomen  ersichtlich  ist,  den  ich  damals  und  jetzt  in  ganz 
gleicher  Weise  gefunden  habe,  erklärt  sich  nicht  allein  daraus, 
daß  in  der  Abhandlung  dieser  beiden  Autoren  die  Centrosomen 
auf  jenen  Stadien,  wo  sie  am  größten  sind,  nicht  dargestellt  sind, 
sondern  fast  noch  mehr  daraus,  daß  bei  Van  Beneden  und  Neyt 
auch  diejenigen  Stadien,  auf  denen  ich  die  Centrosomen  am 
kleinsten  gefunden  habe,  nämlich  vor,  während  und  nach  ihrer 
Teilung,  nicht  vertreten  sind,  worauf  ich  unten  zurückkommen  werde. 

Bezüglich   der   Angabe  Van   Beneden's,   daß  das  Centrosora 
aus  einem  Haufen  von  Körnchen  bestehe,  kann  ich  nur  annehmen, 
daß    die   Centrosomen    in   seinen   Präparaten    nicht   gut    erhalten      1 
waren  und  jenen  körnigen  Zerfall  zeigten,  den  ich  im  Abschnitt  A    / 
beschrieben  und  in  Fig.  18  (Taf.  I)  abgebildet  habe. 

Wir  kommen  nun  zu  einer  viel  wichtigeren  Frage,  zu  der 
nach    dem    Zeitpunkt    der    Teilung    des    Centrosoms. 

Boveri,  Zellen-Studien.  IV.  g 


-     82     — 

Schon  aus  meiner  ersten,  vor  Van  Beneden  und  Neyt's  Ver- 
öffentlichungen erschienenen  Mitteilung  (9)  ist  ersichtlich,  daß  ich 
noch  in  4er  ruhenden  Elastomere  ein  einfaches  Centrosoma 
gefunden  habe,  welches  sich  dann  teilt.  Nach  Van  Beneden  und 
Neyt  dagegen  sind  schon  in  den  ersten  Stadien  der  Kern- 
rekonstruktion, ja  schon  früher,  in  dem  noch  nicht  ge- 
teilten Ei,  in  jedem  Pole  zwei,  allerdings  noch  durch  einen 
dicken  Stiel  verbundene  Centrosomen  vorhanden.  In  meiner  aus- 
führlichen Arbeit  von  1888  mußte  ich  mich  darauf  beschränken, 
die  starke  Differenz  zwischen  diesen  Befunden  und  den  meinigen 
zu  konstatieren.  Wie  oben  erwähnt,  sah  ich  damals  genau  wie 
jetzt  die  Teilung,  d.  h.  das  Auseinanderrücken  der  Schwester- 
centrosomen,  erst  eintreten,  nachdem  der  Kern  seine  volle  Größe 
erreicht  hat  und  gewöhnlich  bereits  Spuren  der  Knäuelbildung 
erkennen  läßt.  Ich  möchte  nun  nicht  unterlassen,  zu  betonen, 
daß  das  Material,  auf  welches  sich  meine  Erfahrungen  stützen,  ein 
ungeheuer  großes  und  dabei  äußerst  mannigfaltiges  ist.  Seit  1886 
habe  ich  in  München  und  hier  eine  große  Anzahl  von  Eiröhren 
konserviert  und  zu  Präparaten  verarbeitet.  Meine  Untersuchungen 
über  die  Entwickelung  von  Ascaris,  zum  Teil  experimenteller 
Natur,  brachten  mir  immer  wieder  diese  Stadien  vor  Augen. 
Mehrere  Zoologen,  die  im  hiesigen  Institut  arbeiteten,  die  Herren 
0.  Meyer  (83),  W.  R.  Coe,  A.  Appellöf,  E.  Fürst  (46),  J.  Hjort 
u.  a.  haben  Ascaris-Eier  in  toto  oder  an  Schnitten  untersucht, 
und  ich  hatte  Gelegenheit,  ihre  Präparate  zu  sehen.  Ausnahmslos 
bestätigte  sich  mir  meine  erste  Erfahrung. 

Vollkommen  hiermit  übereinstimmend  sind,  so  weit  sie  reichen, 
die  Beobachtungen  von  Kostanecki  und  Siedlecki.  Diese  Autoren 
konstatieren  ausdrücklich,  daß  die  im  Stadium  der  Metakinese  zu 
flachen  Scheibchen  abgeplatteten  Centrosomen  (ihre  Fig.  13  zeigt 
diesen  Zustand  sehr  gut)  stets  wieder  kugelig  werden,  so  daß  die 
entstehende  Tochterzelle  ihre  Existenz  mit  einem  einfachen  Centro- 
som  beginnt  (vergl.  ihre  Fig.  31);  und  auch  während  der  Rück- 
bildung der  Strahlung  und  des  Uebergangs  zu  der  körnigen  Sphäre 
haben  Kostanecki  und  Siedlecki,  wie  aus  ihren  Angaben  auf 
S.  204  hervorgeht,  ein  noch  ungeteiltes  Centrosom  beobachtet. 

Wenn  Erlanger  den  Ausführungen  dieser  Autoren  zum  Teil 
widerspricht  und  die  auch  von  ihm  beobachtete  Abplattung  „als  die 
Vorbereitung  zu  einer  Teilung  des  Centrosoms"  ansehen  zu  müssen 
glaubt  (S.  381),  so  hat  er  dafür  nicht  nur  nicht  den  geringsten 
Beweis  erbracht,  sondern  er  muß  sich  auch  von  seinen  sämtlichen 


-     83     - 

eigenen  in  Betracht  kommenden  Figuren  (Fig.  15,  Taf.  XVI,  Fig.  1, 
2,  3,  4,  Taf.  XVII)  widersprechen  lassen,  die  die  Rückkehr  der 
Scheibe  zur  Kugel  und  somit  ein  zunächst  ganz  einheitliches 
Centrosom  in  jeder  Tochterzelle  deutlich  zeigen. 

Endlich  ist  zu  erwähnen,  daß  Van  Beneden  selbst  in  seiner 
großen  Abhandlung  von  1883  in  seinen  Figg.  11,  12,  ja  selbst 
noch  13  auf  Taf.  XIX ter^  welche  annähernd  meinen  Figg.  78 — 80 
(Taf.  VI)  entsprechen,  eine  noch  einheitliche,  annähernd  kugelige 
Sphäre  mit  einem  Centralkörperchen  abgebildet  hat. 

Zur  Ergänzung  dieser  an  konservierten  Objekten  gewonnenen 
Resultate  führe  ich  noch  meine  Beobachtungen  an  lebenden  Eiern 
an.  Ich  habe  neuerdings  an  zahlreichen  Ascaris-Eiern  die  Zell- 
teilung im  Leben  verfolgt  und  dabei,  wie  oben  schon  erwähnt, 
in  günstigen  Fällen  die  Centrosomen  selbst,  in  anderen  wenigstens 
die  Radien  der  Sphären  und  in  ihrem  Mittelpunkt  ein  dem  Centro- 
som entsprechendes  radienfreies  Areal  wahrnehmen  können.  Be- 
trachtet man  nun  die  sich  teilenden  Eier  oder  Blastomeren  in 
der  Richtung  der  Teilungsachse,  so  zeigt  sich,  daß 
Centrosom  und  Sphäre  während  der  Durchschnürung  der  Zelle 
vollständig  kreisrund  bleiben  und  daß  diese  Bildungen,  so  lange 
sie  überhaupt  verfolgt  werden  können,  was  mir  bis  nach  Deutlichr 
werden  des  Kerubläschens  möglich  war,  keine  Andeutung  einer 
Verdoppelung  durch  Streckung  oder  Einschnürung  erkennen  lassen. 

Mit  der  Konstatierung  dieser  Uebereinstimmung  soll  keines- 
wegs behauptet  werden,  daß  nicht  abnormer  Weise  einmal  das 
Centrosom  sich  früher  teilen  könne,  wenn  auch  solche  Fälle  zu 
den  allergrößten  Seltenheiten  gehören  müßten.  Allein  jedenfalls 
trifft  diese  Annahme  auf  die  Befunde  von  Van  Beneden  und 
Neyt  nicht  zu;  denn  die  Bilder,  die  sie  geben,  tragen  die  deut- 
lichsten Kennzeichen ,  daß  sie  nicht  eine  abnorm  frühzeitige 
Teilung  des  Centrosoms  darstellen,  sondern  daß  es  sich  in  dem, 
was  die  beiden  Autoren  für  den  Beginn  einer  Teilung  gehalt^ 
haben,  um  nichts  anderes  handelt  als  um  jene  von  Kostanecki 
und  SiEDLECKi,  von  Erlangrr  und  von  mir  übereinstimmend  be- 
obachtete Abplattung  während  der  Metakinese  und  während  der 
Entstehung  der  Tochterzellen. 

Um  dies  zu  beweisen,  ist  es  notwendig,  die  Abbildungen  von 
Van  Beneden  und  Neyt  etwas  genauer  zu  analysieren.  Die 
Photogramme,  die  der  Abhandlung  beigegeben  sind,  lassen  von  den 
fraglichen  Verhältnissen  nichts  erkennen,  was  in  Anbetracht  der 
Kleinheit   und  Zartheit  dieser  Strukturen   nicht   wunder   nehmen 

6* 


—     84    — 

kann.  Hat  doch  auch  Erlanger,  obgleich  er  Schnitte  photo- 
graphieren  konnte,  in  denen  die  Centrosoraen  intensiv  gefärbt 
waren,  darauf  verzichten  müssen,  diese  Körperchen  in  den  Teilungs- 
stadien zu  reproduzieren.  Auch  die  schematischen  Figuren  der 
Taf.  VI  kommen  für  unsere  Frage  nicht  in  Betracht;  und  wenn 
hier  Fig.  13  neben  einem  ganz  jungen  Kern  ein  in  Teilung  be- 
griffenes Centrosom  darzustellen  scheint,  so  ist  zu  bemerken,  daß 
ein  derartiger  Zustand  in  Wirklichkeit  nicht  vorkommt.  Es  bleiben 
also   die   nach    der  Natur   gezeichneten  Figuren  der  Taf.  I  übrig. 

Die  kritische  Periode,  in  welcher  die  Teilung  vor  sich  geht, 
wird  auf  dieser  Tafel  durch  2  Figuren  begrenzt,  Fig.  8,  welche 
die  beiden  vor  kurzem  entstandenen  primären  Blastomeren  in 
einem  Stadium  zeigt,  wo  die  Tochterchromosomen  sich  zur  Bildung 
der  Kerne  anschicken,  und  Fig.  9,  wo  in  diesen  beiden  Zellen  die 
Kerne  anfangen  sich  zur  nächsten  Teilung  vorzubereiten.  Ich 
habe  die  beiden  Bilder  i),  welche  bei  Van  Beneden  und  Neyt 
ohne  Zwischenstadien  aneinander  gereiht  sind,  in  meinen  Figg.  76a 
und  83a  (Taf.  VI)  wiedergegeben ,  wobei  ich  mir  nur  die  Ab- 
änderung erlaubt  habe,  die  bei  Van  Beneden  und  Xett  in  viel 
kleinerem  Maßstabe  gezeichnete  Fig.  9  (meine  Fig.  83a)  ungefähr 
in  der  gleichen  Größe  zu  zeichnen  wie  Fig.  8  (Fig.  76a).  Ich 
stelle  die  beiden  Bilder  zum  Vergleich  neben  meine  entsprechenden 
Stadien,  wodurch  sich  ohne  weiteres  ergiebt,  welche  Bedeutung 
ihnen  zukommt. 

Was  zunächst  Fig.  9  (meine  Fig.  83a)  anlangt,  so  zeigt  sie 
zwei  völlig  ausgebildete,  noch  in  Kontakt  stehende  Sphären,  ganz 
übereinstimmend  mit  denen,  die  Van  Beneden  im  Ei  zeichnet 
und  von  denen  er  sagt  (S.  57),  daß  sie  simultan  auftreten.  Dieses 
Bild  beweist  also  jedenfalls  über  die  Teilung  der  Centrosomen 
und  Sphären  gar  nichts.  Daß  neben  einem  intakten  Kern  zwei 
in  Kontakt  stehende  strahlige  Kugeln  mit  Centralkörperchen  be- 
stehen können,  hat  übrigens  schon  im  Jahre  1879  Fol  für  das  Ei 
von  Pterotrachea  beschrieben  und  abgebildet. 

Als  das  einzige  Bild,  welches  die  Teilung  darthun  könnte, 
bleibt  sonach  das  der  Fig.  8  übrig-).  Was  es  vorstellt,  darüber 
kann  kein  Zweifel  sein :  es  zeigt  das  zur  Scheibe  abgeplattete 
Centrosom,  ganz  entsprechend  meiner  Fig.  76,  und  die  damit  Hand 


i)  d.  h.  von  jedem  nur  die  eine  Blastomere. 

2)  Ein  ähnliches  Bild  von  einem  noch  jüngeren  Stadium  ist 
in  Van  Beneden's  Fig  7  (PL  I)  gezeichnet.  Es  dürfte  ungel'ähr 
meiner  Fig.  75  entsprechen. 


—    85    — 

in  Hand  gehende  Abplattung  der  Sphäre.  Das  Bild  ist,  abgesehen 
von  der  feineren  Ausführung,  die  ich  als  ziemlich  schematisch 
bezeichnen  muß,  völlig  korrekt,  nur  von  dem  Autor  unrichtig 
gedeutet.  Was  Van  Beneden  als  Streckung  von  Centrosom 
und  Sphäre  zur  Einleitung  ihrer  Teilung  auffaßt,  ist  nichts 
anderes  als  die  im  optischen  Schnitt  sich  darstellende  Abplattung 
dieser  Gebilde,  die  bei  einer  Drehung  des  Eies  um  seine  Längs- 
achse in  jedem  Moment  genau  das  gleiche  Bild  liefern  würde  ^). 
Es  kann  bei  der  vollen  Uebereinstimmung  dieser  Figur  mit  den 
Befunden  von  Kostanecki  und  Siedlecki,  Erlanger  und  mir 
nicht  zweifelhaft  sein,  daß  auch  der  weitere  Verlauf  in  dem 
Material  von  Van  Beneden  und  Neyt  der  gleiche  sein  würde, 
wie  oben  beschrieben,  daß  also  diese  angeblich  in  Teilung  be- 
griffenen Centrosomen  und  Sphären  sich  wieder  zur  Kugel  ab- 
runden würden.  Allein  diese  folgenden  Zustände  von  der  Ent- 
stehung der  Tochterkerne  bis  zu  deren  voller  Ausbildung,  also 
jene  ganze  wichtige  Periode,  in  welcher  sich  die  Abrundung  des 
Centrosoms,  seine  Verkleinerung  und  Teilung,  sowie  die  erste 
Größenzunahme  der  Tochtercentrosomen  vollzieht,  ist  in  den  nach 
der  Natur  gezeichneten  Bildern  von  Van  Beneden  und  Neyt  gar 
nicht  vertreten. 

Offenbar  war  die  Erhaltung  der  von  den  belgischen  Forschern 
studierten  Eier,  wie  ja  schon  aus  ihren  Angaben  über  die  Kon- 
stitution der  Centrosomen  geschlossen  werden  muß,  keine  sehr 
gute,  so  daß  ihre  Präparate  die  Sphären  und  Centrosomen  zwar 
auf  jenen  Stadien,  wo  sie  auf  der  Höhe  ihrer  Entfaltung  stehen, 
mit  großer  Deutlichkeit  darboten,  wogegen  sich  in  jener  Periode, 
wo  diese  Bildungen  klein  und  unscheinbar  sind,  d.  i.  vor,  während 
und  nach  der  Teilung,  nichts  Sicheres  von  ihnen  erkennen  ließ. 
"Wenn  es  für  diese  Behauptung  noch  eines  Beweises  bedürfte, 
so  wäre  er  darin  gegeben,  daß  den  belgischen  Autoren  nicht  nur 
in  den  Blastomeren  diese  Stadien  völlig  entgangen  sind, 
sondern  auch  im  E  i.    Das  Früheste,  was  sie  nachweisen  konnten, 


1)  Die  Täuschung,  der  Van  Beneden  hier  unterlegen  ist,  indem 
er  die  Stadien  der  Abplattung  für  Teilungsstadien  gehalten  hat,  ist 
natürlich  bei  Betrachtung  ganzer  Eier  viel  leichter  möglich  als  an 
Schnitten,  da  die  Begrenzung  der  Centrosomen  und  vor  allem  ihre 
Abgrenzung  gegenüber  den  an  die  Kante  sich  ansetzenden,  häufig 
sehr  starken  Radien  viel  weniger  deutlich  ist.  Ich  habe  ganze 
Eier  von  den  in  Eig.  75  und  76  abgebildeten  Stadien  gesehen,  nach 
welchen  man  ohne  großen  Zwang  ein  Bild,  wie  Van  Benedens 
Eig.  7  (PI.  I),  zeichnen  könnte. 


—     86     — 

sind  2  bereits  wohl  ausgebildete,  wenn  auch  noch  in  Kontakt 
stehende  Sphären.  Die  von  mir  beschriebene  einfache  Archo- 
plasma-Anhäufung  mit  einem  zunächst  einfachen,  dann  doppelten 
Centrosom  und  die  allmähliche  Herausbildung  der  beiden  Sphären 
aus  diesem  Zustand ,  Verhältnisse ,  die  sowohl  Erlanger  wie 
KosTANECKi  und  SiEDLECKi  gauz  Übereinstimmend  bestätigt  haben, 
hat  Van  Beneden  nicht  erkennen  können. 

Anmerkung.  Van  Beneden's  Werk  hat,  mit  vollem  Recht, 
eine  außerordentliche  Wirkung  ausgeübt,  und  es  ist  für  diese  Wirkung 
nicht  sehr  wichtig,  wenn  es  sich  nachträglich  ergiebt,  daß  die  von 
diesem  hervorragenden  Forscher  aufgestellte  Behauptung  einer  Per- 
sistenz und  Teilung  der  Centrosomen  nicht  auf  einer  wirklichen 
Beobachtung  der  in  Betracht  kommenden  Stadien,  sondern  nur  auf 
irrtümlicher  Deutung  eines  Zustandes  und  Ignorierung  der  folgenden 
beruhte.  Immerhin  ist  dieser  Sachverhalt  für  die  Geschichte  der 
Centrosomenfrage  bemerkenswert,  wie  denn  überhaupt  vom  histo- 
rischen Standpunkte  aus  hier  eine  Anmerkung  am  Platze  sein  dürfte. 
Obgleich  das  zeitliche  Verhältnis  meiner  Publikationen  zu  denen 
von  Van  Beneden  (und  Neyt)  bis  auf  den  Tag  genau  klar  liegt 
und  sowohl  in  der  Abhandlung  der  genannten  Autoren,  wie  auch 
in  meiner  ausführlichen  Arbeit  vom  Jahre  1888  dargestellt  ist,  zeigt 
sich  in  der  Litteratur  von  Anfang  bis  in  die  neueste  Zeit,  daß  eine 
Anzahl  von  Forschern,  welche  über  diese  Fragen  schreiben,  von 
einem  Anteil  meinerseits  trotz  Kenntnis  meiner  Arbeiten  gar  nichts 
zu  wissen  scheinen.  Es  genüge,  anstatt  vieler  Namen  einen  ein- 
zigen ausgezeichneten  zu  nennen,  denjenigen  Waldeyer's,  dem  schon 
bei  Abfassung  seines  bekannten,  höchst  verdienstvollen  kritischen 
Referates  von  1888  (102)  derjenige  Teil  meiner  ersten  Mitteilung, 
der  von  den  Centrosomen  und  ihrer  Teilung  handelt,  entgangen 
war.  Es  mag  zum  Teil  eine  Wirkung  dieses  Aufsatzes  Waldeyer's 
gewesen  sein,  daß  das  gleiche  Versehen  in  die  Publikationen  anderer 
Autoren  übergegangen  ist.  Ich  habe  mich  gegenüber  diesen  irrtüm- 
lichen Darstellungen  des  Verhältnisses  bisher  darauf  beschränkt, 
gelegentlich  die  Gleichzeitigkeit  der  in  Betracht  kommenden  Ver- 
öffentlichungen zu  erwähnen.  Nachdem  dies  aber  ohne  Wirkung 
war  und  z.  B.  in  einem  neueren  Referat  Waldeyer's  vom  Jahre 
1895  (103)  in  dem  dort  gegebenen  historischen  Ueberblick  über 
die  Centrosomenfrage  mein  Name  wieder  vollständig  fehlt  i),  könnte 
mein  weiteres  Ignorieren  den  Anschein  erwecken,  als  wenn  ich  mit 
dieser  Auffassung  einverstanden  sei.  Deshalb  konstatiere  ich  hier- 
mit, daß  die  erste  Publikation,  in  der  das  Fortbestehen  des 
Spindelpolkörperchens  und  die  Teilung  desselben  in  die  beiden  für 
die  nächste  Karyokinese  bestimmten  Polkörperchen  beschrieben  ist, 
von  mir  herrührt,  und  daß  erst  kurz  darauf,  ganz  unabhängig  davon, 
die  Mitteilungen  von  Van  Beneden  und  Neyt  erschienen  sind.      Es 


1)    Aehnlich    in   Waldeyer's    Vortrag    vom   Jahre    1897 :    Be- 
fruchtung und  Vererbung  (104). 


-     87     — 

genügt,  um  dies  klarzustellen,  einen  Satz  aus  dem  Postskriptum 
zu  der  Abhandlung  der  beiden  belgischen  Forscher  zu  eitleren 
(p.  78),  welcher  lautet:  „De  plus,  plusieurs  des  faits  relates  ci- 
dessus,  en  ce  qui  concerne  l'origine,  la  destinee  des  spheres  attrac- 
tives,  et  notamment  la  division  des  corpuscules  centraux,  ont  ete 
observes  par  M.  le  Dr.  Boveri."  —  Daß  das  Verhältnis  sich  nun- 
mehr noch  in  weit  höherem  Maße  zu  meinen  Grünsten  herausgestellt 
hat,  bedarf  nach  dem  oben  Dargelegten  keiner  weiteren  Ausführung. 

Nachträgliche  Anmerkung.-  Wie  falsch  die  in  Rede 
stehenden  Verhältnisse  vielfach  selbst  von  Autoren  dargestellt 
werden,  von  denen  man  eine  genaue  Kenntnis  derselben  erwarten 
dürfte,  dafür  kommt  mir  soeben  wieder  ein  schlagendes  Beispiel 
vor  Augen.  Flemming  schreibt  in  einem  Aufsatz  „Ueber  Zell- 
teilung", der  in  No.  16  der  Berliner  klin.  Wochenschrift  (1900) 
erschienen  ist,  mit  Rücksicht  auf  die  Centrosomen  in  einer  An- 
merkung (S.  3):  „Entdeckt  von  E.  Van  Beneden,  1875  —  1876; 
alsbald  bestätigt  von  Boveri."  —  Diese  Darstellung  enthält  so 
viel  Unrichtiges,  als  man  in  einen  so  kurzen  Satz  nur  bringen 
kann.  Erstlich  sind  die  Centrosomen  nicht  zuerst  von  Van  Beneden, 
sondern  von  Flemming  selbst  beschrieben  worden,  wie  näher  bei 
E.  Fürst  (46,  S.  103)  ausgeführt  ist.  Flemming  scheint  auf  diese 
Entdeckung  zu  Gunsten  Van  Benedbn's  verzichten  zu  wollen ;  allein 
er  kann  nicht  davon  befreit  werden,  der  erste  gewesen  zu  sein, 
der  Centrosomen  als  körperliche  Gebilde  im  Centrum  der  karyo- 
kinetischen  Radiensj'steme  klar  beschrieben  und  abgebildet  hat. 
Daß  er  auf  diese  Entdeckung  nicht  viel  Gewicht  legt,  ist  gerecht- 
fertigt. Denn  der  bloße  Nachweis  körperlicher  Differenzierungen 
in  den  Polen  der  fertigen  Spindel  —  und  weiter  ist  weder  Flemming, 
noch  im  Jahre  darauf  Van  Beneden  gelangt  —  hatte  für  unsere 
Einsicht  in  die  Zellteilungsphänomene  kaum  eine  Bedeutung  Ist  ja 
doch  BüTSCHLi,  der  an  Stelle  dieser  Centralkörperchen  nur  „Central- 
höfe"  unterscheiden  konnte,  als  derjenige  Forscher  zu  bezeichnen,  der 
damals  weitaus  am  tiefsten  in  das  Wesen  der  karyokinetischen  Er- 
scheinungen eingedrungen  war.  —  Das  Vorhandensein  der  „Spindelpol- 
körperchen"  (corpuscules  polaires)  wurde  von  verschiedenen  Autoren 
für*  mancherlei  Zellen  alsbald  bestätigt,  nicht  aber,  wie  Flemming  in 
dem  oben  citierten  Satze  behauptet,  von  mir;  denn  ich  war  damals 
ein  14jähriger  Gymnasiast  iind  habe  erst  etwa  10  Jahre  später  be- 
gonnen, mich  mit  cellulären  Untersuchungen  zu  beschäftigen.  Ich 
weiß  wohl,  was  Flemming  mit  seiner  Bemerkung  im  Auge  hat;  er 
meint  meine  Veröffentlichung  vom  Jahre  1887  (9),  in  der  ich  das 
Spindelpolkörperchen  für  die  Blastomeren  von  Ascaris  meg.  als 
dauerndes  Zellenorgan  nachgewiesen,  seine  Vermehrung  durch  Zwei- 
teilung und  seinen  Anteil  an  der  Bildung  der  Sphären  und  indirekt 
am  Aufbau  der  mitotischen  Figur  beschrieben  habe.  Allein  hiermit 
habe  ich  nicht  E.  Van  Beneden  bestätigt,  sondern  diese  Thatsachen, 
welche  die  Grundlage  für  die  Lehre  von  den  Centrosomen  bilden,  sind 
in  dieser  meiner  Publikation  überhaupt  zum  ersten  Mal  beschrieben. 


Abschnitt  C. 

Allgemeiner  Teil. 

Kapitel  I. 
OröBe  und  Beschaifenheit  der  Centrosomeii.    Die  Centriolen. 

Die  Centrosomen  sind  entdeckt  und  in  ihrer  ganzen  Geschichte 
von  einer  Teilung  bis  zur  nächsten  verfolgt  worden,  ehe  man  be- 
sondere Färbemittel  zu  ihrer  Darstellung  anwandte.  Daraus  geht 
schon  hervor,  daß  sie  eine  Eigenschaft  besitzen  müssen,  welche 
sie  —  an  konservierten  Objekten  ^)  —  von  ihrer  Umgebung  unter- 
scheiden läßt.  Diese  Eigenschaft  ist  ihr  starkes  Lichtbrechungs- 
vermögen, wie  es  in  Glycerin  und  besonders  in  Wasserkur  Wirkung 
kommt.  Ich  habe  schon  in  meinen  ersten  Veröflentlichungen  auf 
diese  Eigenschaft  ausdrücklich  aufmerksam  gemacht  und  wieder 
im  Jahre  1895  auf  die  Wichtigkeit  der  Untersuchung  ungefärbter 
Präparate  in  schwach  lichtbrechenden  Medien  hingewiesen.  Trotz- 
dem ist  die  Meinung  fast  allgemein  verbreitet,  daß  die  Centro- 
somen nur  mit  besonderen  Färbemethoden  dargestellt  werden 
könnten.  Eine  Ausnahme  macht  neuerdings  E.  Ballowitz  (1), 
der  bei  seinen  schönen  Untersuchungen  über  die  Centrosomen  im 
Salpenepithel  wieder  zu  jenem  einfachen  Untersuchungsverfahren 
zurückgekehrt  ist  und  bei  seinem  Objekt  die  ungefärbten  Centro- 
somen trotz  ihrer  Kleinheit  so  deutlich  und  scharf  begrenzt  findet^ 
daß  sie  leicht  und  sicher  erkannt  werden  können.  Seine  Beob- 
achtungen führen  ihn  zu  dem  Satze  (S.  4),  „daß  es  mit  größerer 
Sicherheit  und  mehr  Konstanz  gelingt,  die  Centrosomen  an  dem 
mit  FLEMMiNö'scher  Lösung  fixierten,  ungefärbten  Material  zu  er- 
kennen, als  durch  specifische  Tinktion  an  den  mit  Sublimat  be- 
handelten Objekten  sichtbar  zu  machen",  eine  Ueberzeugung,  die 
mit  dem,  was  ich  1895  (S.  62)  hierüber  gesagt  habe,  aufs  beste 
übereinstimmt. 

In  manchen  Zellen  wird  dieses  starke  Lichtbrechungsvermögen 
vielleicht  genügen,  um  Centrosomen,   auch   wenn  sie  direkt  in  in- 


1)  Die  Erkennung  der  Centrosomen  im  Leben  scheint  nur  bei 
sehr  wenigen  Objekten  möglich  zu  sein.  Hierher  gehören  einige 
einzellige  Organismen,  so  nach  der  von  Lautekbokn  (74)  bestätigten 
Entdeckung  Bütschli's  (24)  gewisse  Diatomeen,  sowie  einige  Helio- 
zoen  (ScHAUDiNN,  9ß) ;  sodann  nach  dem  oben  Mitgeteilten  die 
Blastomeren  von  Ascaris  meg. 


-     89     — 

differentes  Protoplasma  eingebettet  sindjlnit  Sicherheit  aufzufinden. 
In  den  Objekten  dagegen,  die  mir  genauer  bekannt  sind,  giebt  es 
im  Protoplasma  noch  mancherlei  stark  lichtbrechende  Körpercheu 
von  zum  Teil  ganz  der  gleichen  Größe,  so  daß  die  Centrosomen, 
wenigstens  auf  gewissen  Stadien,  nur  durch  ihre  Lage  in  einer 
specifischen  Umgebung:  der  Sphäre,  kenntlich  werden.  So  sind 
z.  B.  die  kleinen  Centrosomen  in  den  ruhenden  Blastomeren  von 
Ascaris  ganz  allein  nur  durch  ihre  Lage  im  Mittelpunkte  der 
Sphäre  als  solche  nachweisbar.  Freilich  gilt  dies  nach  meinen 
Erfahrungen  nicht  nur  für  ungefärbte,'  in  Wasser  oder  Glyceriu 
untersuchte  Präparate,  sondern  auch  für  alle  Arten  von  Färbungen. 
Denn  die  im  Protoplasma  verstreuten  Körner,  die  mit  den  Centro- 
soraen  gleiche  Größe  und  gleiches  optisches  Verhalten  aufweisen, 
scheinen  sich  auch  den  Farbstoffen  gegenüber  und  speciell  gegen 
das  Eisenhämatoxylin  ganz  entsprechend  zu  verhalten.  So  ist 
auch  am  Eisenhämatoxylin-Präparat  das  Centrosom  der  ruhenden 
Ascaris-Blastomere  von  den  bald  spärlichen,  bald  zahlreichen  ganz 
gleich  aussehenden  Körnern  nur  durch  seine  Lage  in  einer  be- 
sonderen Umgebung  unterscheidbar. 

Einen  Farbstoff,  der  Centrosomen  specifisch  färbt,  in  [dem 
Sinne,  wie  sich  das  Karmin  als  specifischer  Chromatin-Farbstoff 
bezeichnen  läßt,  giebt  es  bis  jetzt  nicht ;  und  das  nicht  selten  an- 
geführte Argument,  daß  ein  Gebilde  als  Centrosom  anzusehen  sei, 
weil  es  sich  in  Eisenhämatoxylin  schwarz  färbt,  kann  nicht  das 
geringste  Gewicht  beanspruchen.  Damit  ist  natürlich  nicht  aus- 
geschlossen, daß  es  Zellen  giebt,  in  deren  Protoplasma  andere 
schwarz  färbbare  Körperchen  vollständig  fehlen,  so  daß  das,  was 
im  Protoplasma  dieser  Zellen  das  Eisenhämatoxylin  besonders 
stark  festhält,  immer  ein  Centrosom  ist.  Gerade  in  diesen  Fällen 
aber  dürften  die  Centrosomen  nach  den  Erfahrungen  von  mir  und 
Ballowitz  durch  die  Betrachtung  der  ungefärbten  Objekte  in 
Wasser  oder  Glycerin  mit  gleicher  Sicherheit  nachweisbar  sein. 

Und  so  glaube  ich,  daß  man  im  allgemeinen  bezüglich  der 
Darstellungsmittel  für  Centrosomen  folgendes  behaupten  darf.  Wo 
das  Protoplasma  und  die  Centrosomen  so  beschaffen  sind,  daß 
diese  Körperchen  an  gefärbten  und  speciell  an  Eisenhämatoxylin- 
Präparaten  mit  Bestimmtheit  als  solche  kenntlich  sind,  da  werden 
sie  sich,  wenn  die  Verhältnisse  nicht  ganz  minutiöse  sind,  auch 
an  ungefärbten  Präparaten  erkennen  lassen.  W^o  dagegen  die 
letztere  Art  der  Untersuchung  wegen  Mangels  einer  specifischen 
Umgebung  und  wegen   des  Vorhandenseins  ganz   ähnlicher   licht- 


-     90    — 

brechender  Körperchen  eine  Erkennung  der  Centrosomen  nicht 
gestattet,  da  dürfte  auch  in  der  Regel  die  Färbung  nichts  nützen. 
Ich  führe  als  Beispiel  die  Erfahrungen  von  Mac  Farland  über 
die  Befruchtung  des  Eies  von  Pleurophyllidia  californica  an,  wo 
die  Sperma -Centrosomen,  solange  sie  von  einer  Strahlung  um- 
geben sind,  als  schwarze  Pünktchen  aufs  klarste  hervortreten,  des- 
gleichen später  die  von  Strahlung  umgebenen,  ohne  Zweifel  damit 
identischen  Centrosomen  der  ersten  Teilungsfigur,  wogegen  auf  den 
Zwischenstadien,  in  denen  die  Sphären  fehlen,  auch  die  Centro- 
somen nicht  erkennbar  sind,  weil  Hunderte  von  indifferenten 
Körnern  des  Protoplasmas  sich  genau  ebenso  darstellen. 

Mit  diesen  Auseinandersetzungen  will  ich  der  starken  Ueber- 
schätzung  entgegentreten,  welche  die  Eisenhämatoxylin-Färbung 
erfahren  hat ;  den  hohen  Wert  dieser  Methode  erkenne  ich  jetzt, 
wie  früher,  rückhaltlos  au.  Er  liegt  einmal  in  der  bequemen  und. 
demonstrativen  Art  der  Darstellung  der  Centrosomen  an  Dauer- 
präparaten und  in  der  Möglichkeit,  bei  richtiger  Anwendung  der 
Methode  (vgl.  Abschnitt  A)  feinere  Strukturen  (Centriolen)  in  den- 
selben mit  besonderer  Klarheit  zur  Anschauung  zu  bringen ;  so- 
dann aber,  und  dies  ist  das  Wichtigste,  wird  die  intensive  Schwarz- 
färbung auf  hellem  Grunde  Centrosomen  von  einer  Kleinheit  noch 
erkennen  lassen,  die  durch  ihr  bloßes  Lichtbrechuugsvermögen  nicht 
mehr  nachweisbar  sind. 

Im  allgemeinen  sind  die  Centrosomen  so  kleine  Körperchen, 
daß  schon  dieser  Umstand  die  Entscheidung,  ob  sie  eine  weitere 
Struktur  besitzen,  sehr  erschweren  muß.  Berücksichtigt  man  ferner, 
daß  in  letzter  Zeit  Centrosomen  meist  im  Zustande  tiefer  Schwarz- 
färbung studiert  worden  sind,  so  läßt  sich  leicht  verstehen,  daß 
über  ihre  Struktur  nur  wenige  Angaben  vorliegen,  ja  daß  eine  für 
unsere  Hilfsmittel  nachweisbare  weitere  Zusammensetzung  über- 
haupt als  etwas  den  Centrosomen  nicht  Zukommendes  in  Abrede 
gestellt  werden  konnte. 

Bei  dieser  Frage  ist  nun  zu  unterscheiden  zwischen  dem  Vor- 
handensein eines  specifischen  Centralgebildes,  des  Cen- 
triols,  und  einer  feineren  Struktur  der  das  Centriol  umgebenden 
Centrosomen-Substanz,  des  Centrop  lasmas.  An  dieser  Stelle 
soll  nur  von  diesem  letzteren  die  Rede  sein.  Ich  selbst  finde  das 
Centroplasma  an  der  Mehrzahl  der  von  mir  untersuchten  Objekte  mit 
allen  Methoden  fast  oder  völlig  homogen.  Nur  im  Seeigel-Ei  konnte 
ich  eine  feinere  Struktur  erkennen,  die  je  nach  der  Konservierung 
einigermaßen  wechselnd   ist  und   die  ich   an   den  Präparaten,  die 


—  Gl- 
ich für  die  zuverlässigsten  halte,  als  eiue  uageniein  feine  Schaum- 
struktur bezeichnen  möchte.  Daß  ein  ähnliches  Gefüge  auch 
anderwärts  vorkommt,  lehren  z.  B.  die  schönen  Abbildungen  So- 
botta's  (97)  vom  Aniphioxus-Ei,  desgleichen  diejenigen  Griffin's 
(48)  vom  Thalassema-Ei  (er  bezeichnet  die  Centrosomen  als  Centro- 
sphären)  und  manche  anderen  Angaben  der  Litteratur.  Da  es  sich 
in  allen  diesen  Fällen  um  sehr  große  Zellen  und  demgemäß  um 
sehr  große  Centrosomen  handelt,  so  könnte  man  denken,  daß  hier 
eine  Struktur,  die  überall  besteht,  zu  Dimensionen  ausgebildet  sei, 
die  uns  in  den  Stand  setzen,  sie  wahrzunehmen.  Denn  die  gleich- 
mäßige Schwarzfärbung,  welche  viele  Centrosomen  in  Eisen- 
hämatoxyün  annehmen,  ist  durchaus  kein  Beweis  für  homogene 
Beschaö'enheit ;  auch  das  netzig-wabige  Seeigel -Centrosom  kann' 
sich  bei  diesem  Verfahren  als  schwarze  Kugel  darstellen  (Fig.  54, 
Taf.  IV).  Man  könnte  aber  auch  annehmen,  daß  in  jenen  Fällen, 
wo  eine  Zelle  sehr  große  Centrosomen  nötig  hat,  in  das  eigentliche 
Centroplasma  eiue  andere  Substanz  in  Form  von  kleinsten  Tröpf- 
chen eingelagert  sei,  so  daß  das  Centrosoma  von  der  Furchungs- 
spindel  eines  Seeigel-Eies  sich  zu  jenem  des  Ascaris-Eies  etwa 
verhalten  würde  wie  ein  Actinosphaerium  zu  einer  Amöbe. 

Als  Kunstprodukte  muß  ich  nach  meinen  Erfahrungen  alle 
diejenigen  Bilder  bezeichnen,  in  denen  in  einer  Sphäre  an  Stelle 
eines  einfachen,  sei  es  homogenen,  sei  es  wabigen  Körperchens, 
ein  Haufen  von  Körnchen  zu  sehen  ist.  Nachdem  ich  an 
den  verschiedensten  Objekten  (vgl.  Abschnitt  A),  bei  denen  über 
die  normale  Beschaffenheit  der  Centrosomen  kein  Zweifel  bestehen 
kann,  einen  körnigen  Zerfall  als  Folge  mangelhafter  Konservierung 
oder  pathologischer  Veränderungen  eintreten  sah,  halte  ich  mich 
für  berechtigt,  diejenigen  Fälle  der  Litteratur,  in  denen  als  Cen- 
trum der  Astrosphäre  ein  variabler  Komplex  von  zahlreichen 
Körnchen  beobachtet  worden  ist,  speciell  also  die  Angaben  M. 
Heidenhain's  über  die  „Mikrocentreu''  mehrkerniger  Riesenzellen 
(55)  in  gleicher  Weise  zu  beurteilen  ^). 


Als  centrale  Differenzierung  enthält  das  Centrosom  ein  noch 
viel  kleineres  Körnchen,  das  Centralkorn  oder  Centriol, 
welches  gleichfalls  unter  Umständen   ohne  Färbung   sichtbar   sein 


1)  Heidenhain's  „Mikrocentren"  in  den  Riesenzellen  des 
Knochenmarkes  verlangen  allerdings  eine  andere,  schon  früher  von 
mir  gegebene  Deutung,  worauf  ich  unten  zurückkomme. 


—    92    — 

kann,  so  daß  ich  schon  im  Jahre  1888  im  Stande  war,  es  im 
Ascaris-Ei  auf  gewissen  Stadien  nachzuweisen.  Das  Centriol  ist 
noch  stärker  lichtbrechend  als  das  Centrosom,  und  dieser  Umstand 
sowohl,  wie  sein  Verhalten  gegen  das  Eisenhämatoxylin  weisen 
darauf  hin,  daß  es  dichter  ist  als  das  Centroplasma.  Daß  dieses 
Gebilde  ein  Bläschen  sei,  wie  Hacker  (49)  für  das  Ei  von 
Sida  crystallina  und  Erlanger  (35)  für  das  Ascaris-Ei  angegeben 
haben,  muß  ich  für  die  von  mir  studierten  Objekte  bestreiten ;  ich 
finde  das  Centriol  überall  als  ein  Pünktchen,  in  Eisenhämatoxylin- 
Präparaten,  in  denen  es  gefärbt  ist,  als  ein  schwarzes  Pünktchen, 
dessen  Kleinheit  jede  weitere  Analyse  unmöglich  macht. 

Vergleicht  man  das  Centrosom  mit  seinem  Centralkorn,  wie 
es  im  Seeigel-Ei,  im  Ei  und  den  Spermatocyten  von  Ascaris,  in 
den  Ovocyten  von  Diaulula  ganz  übereinstimmend  vorliegt,  in 
3  Tiergruppen  also,  für  die  wir  keinen  Anhaltspunkt  irgend 
näherer  Verwandtschaft  haben,  so  wird  man  zu  der  Meinung  ge- 
drängt, daß  in  dieser  Beschaffenheit  des  Centrosoms  ein  Verhalten 
von  sehr  allgemeiner  Verbreitung  gegeben  sein  müsse.  Es  dürfte 
daher  an  dieser  Stelle  eine  kurze  Erörterung  am  Platze  sein,  wie 
jene  Fälle,  wo  in  der  Sphäre  ausdrücklich  ein  nicht  weiter  zu- 
sammengesetztes Gebilde  beschrieben  worden  ist,  zu  beurteilen  sind. 
Zunächst  sind  solche  Fälle  zu  erwähnen,  wo  die  Abbildungen 
keinen  Zweifel  lassen,  daß  die  Autoren  als  Centrosomen  die  Cen- 
triolen  in  Anspruch  nahmen,  während  sie  die  Centrosomen  selbst 
zwar  mehr  oder  weniger  klar  gesehen,  aber  als  Sphäre,  Mark- 
schicht der  Sphäre,  Centroplasma,  Centrosphäre  oder  anders  be- 
zeichnet haben.  Hierher  gehören,  außer  den  oben  für  das  Seeigel-Ei 
aufgeführten  Angaben  von  Kostanecki  und  Erlanger,  diejenigen 
von  Griffin  (48)  für  das  Ei  von  Thalassema,  von  Mead  (80)  für 
das  Ei  von  Chaetopterus  u.  a.  Hier  handelt  es  sich  also  wesent- 
lich nur  um  eine  Differenz  in  der  Benennung,  und  wenn 
manche  Darstellungen  den  Eindruck  machen,  als  sei  im  Umkreis 
der  Centriolen  ein  von  der  Sphäre  unterscheidbares  Centralgebilde 
(Centrosom)  nicht  vorhanden,  so  glaube  ich,  aus  den  ganz  ähn- 
lichen Angaben,  welche  für  Ascaris  nnd  Echinus  gemacht  worden 
sind,  vorläufig  zu  dem  Schlüsse  berechtigt  zu  sein,  daß  ungünstige 
Untersuchungsbedingungen  die  Abgrenzung  des  Centrosoms  gegen 
die  Sphäre  übersehen  ließen  ^). 


1)  Eine  eingellendere  Erörterung  hierüber  siehe  in  Kapitel  III: 
Das  Verhältnis  von  Centrosom  und  Centriol   zur  Sphäre. 


—    93     - 

Sodann  sind  Fälle  zu  verzeichnen,  wo  ein  unzweifelhaftes 
Centrosom  vorliegt,  für  welches  die  Existenz  von  Centriolen  in 
Abrede  gestellt  wird.  Dahin  gehören  die  Angaben  von  Sobotta 
(97)  für  das  Amphioxus-.  von  Behrens  (2)  für  das  Forellen-Ei. 
Daß  die  letzteren  irrtümlich  sind,  daran  kann  nach  den  Unter- 
suchungen Henneguy's  (58),  die  neuerdings  von  W.  His  (68)  be- 
stätigt worden  sind,  kein  Zweifel  bestehen.  Mögen  die  Verhält- 
nisse bei  der  Forelle  auch  in  mancher  Hinsicht  noch  unklar  sein, 
so  hat  doch  Henneguy  in  vielen  seiner  Figuren  im  Centrum  der 
Sphäre  einen  größeren  kugeligen  Körper,  das  Centrosom,  mit  einem 
winzigen  Korn,  dem  Centriol,  abgebildet.  Es  dürfte  kaum  zu 
kühn  sein,  auch  beim  Amphioxus  das  Gleiche  anzunehmen,  um  so 
mehr,  als  Sobotta  in  Fig.  29  (Taf.  V)  in  den  riesig  aufgequollenen 
Centrosomen  je  ein  kleines  Körperchen  abgebildet  hat,  das  sehr 
wohl  dem  Centriol  entsprechen  könnte. 

Endlich  bezüglich  solcher  Angaben,  die  sich  auf  sehr  kleine 
Zellen  beziehen,  möchte  ich  folgendes  zur  Erwägung  geben.    Ich 
habe  in  Fig.  110  eine   Zelle    aus    einer    Blastula    von  Ascaris,  in 
Fig.  lila — c  verschiedene  Zellen    aus   einem    älteren  Embryo  ab- 
gebildet;  die  Centrosomen   besitzen   ungefähr  die  gleiche   relative 
Größe  wie  im  Ei.     Ich  habe  derartige  kleine  Zellen   in  allen  Sta- 
dien   der   Teilung   gesehen ;    das   Verhalten    der    Centrosomen    ist 
genau    das    gleiche   wie    in    den    primären  Blastomeren,   das   An- 
wachsen bei  der  Vorbereitung  zur  Teilung,  die  Abplattung  während 
der  Anaphasen  sind   deutlich   zu  konstatieren.     In   diesen  Centro- 
somen Centriolen  nachzuweisen,  war  mir  unmöglich.     Daß  sie  vor- 
handen sind,  so  gut  wie  in  den  Centrosomen  des  Zwei-  und  Vier- 
zellen-Stadiums, wird  nicht  zu  bezweifeln  sein ;  wenn  sie  hier  schon 
an  der  Grenze  der  Sichtbarkeit   stehen,   so   ist   es   nicht   zu   ver- 
wundern, daß  sie  bei  der  Verkleinerung  aller  Verhältnisse,  wie  sie 
während    der    Furchung    eintritt,    schließlich    unter    unser    Wahr- 
nehmungsvermögen heruntergehen.    Daraus  dürfte  aber  zu  schließen 
sein,  daß  man  in  kleinen  Zellen,  so  in  den  meisten  Gewebezellen, 
sowie   in    den    Samenbildungszellen   der    meisten  Organismen,    auf 
einen     Nachweis     der    Centriolen     wegen     ihrer    Kleinheit    nicht 
rechnen  darf. 

Es  scheint  mir  hier,  wie  [nebenbei  bemerkt  sein  mag,  einer 
derjenigen  Fälle  vorzuliegen,  wo  wir  die  Existenz  von  Strukturen 
annehmen  müssen,  ohne  etwas  davon  zu  sehen- 


—    94    — 

Was  nun  die  Größenverhältnisse  des  Centrosoms  und 
seines  Centralkorns  anlangt,  so  geht  schon  aus  dem  gewaltigen 
Größenwechsel,  welchen  ein  und  dasselbe  Centrosom  von  seiner 
Entstehung  bis  zu  seiner  Teilung  unter  Umständen  zu  durch- 
laufen hat,  hervor,  daß  bei  einer  Vergleichung  der  Centro- 
somengröße verschiedener  Zellen  nur  genau  entsprechende 
Stadien  mit  einander  verglichen  werden  dürfen.  Diese  Forde- 
rung ist  bisher  meistens  außer  Acht  gelassen  worden,  und  der 
Kampf,  der  von  gewissen  Seiten  gegen  die  Existenz  großer  Centro- 
somen geführt  wird,  beruht  nicht  allein  auf  einem  verschiedenen 
Verhalten  verschiedener  Zellenformen  und  auf  der  Gewohnheit 
mancher  Autoren,  nur  diejenigen  Objekte  als  maßgebend  anzu- 
sehen ,  die  sie  selbst  studiert  haben ,  sondern  zum  Teil  auch 
darauf,  daß  man  die  Centrosomen  ruhender  Zellen  mit  jenen  von 
Zellen  in  Teilung  vergleichen  zu  dürfen  glaubte. 

Als  diejenigen  Stadien,  welche  wir  von  einer  Zellenart  zur 
anderen  am  sichersten  vergleichen  können,  sind  einerseits  das 
der  vollen  Zellenruhe,  andererseits  das  der  fertig  ausgebildeten 
Teilungsfigur  mit  den  zur  Aequatorialplatte  angeordneten  Chromo- 
somen zu  bezeichnen.  Vergleicht  man  die  Centrosomengröße 
verschiedener  Zellen  auf  diesen  Stadien,  so  wird  sich  ganz  im 
groben  die  gleiche  Regel  aufstellen  lassen,  die  auch  für  den 
Kern  gilt ,  daß  das  Centrosom  um  so  größer  ist,  je 
größer  die  Zelle,  des  es  angehört.  Dieser  Satz  gilt 
ganz  streng  für  große  und  kleine  Zellen  gleicher  Art  vom  gleichen 
Organismus.  Ich  habe  in  Fig.  110  und  111  (Taf,  VIII)  Zellen 
aus  verschieden  alten  Embryonen  von  Ascaris  megalocephala 
wiedergegeben  und  neben  die  bei  gleicher  Vergrößerung  gezeich- 
neten Eier  und  primären  Blastomeren  gestellt.  Die  Centrosomen 
dieser  Zellen  besitzen  vielleicht  Vioo  und  noch  weniger  von  dem 
Volumen  derer  des  Eies,  aber  im  Verhältnis  zur  Größe  der  Zelle 
entsprechen  sie  aufs  beste  denen  der  Eier  vom  gleichen  Stadium. 
Fast  möchte  man  dies  für  selbstverständlich  und  kaum  erwähnens- 
wert halten.  Allein  nachdem  behauptet  worden  ist,  daß  die 
Centralkörperchen  Gebilde  seien,  in  deren  Natur  es  notwendig 
liege,  daß  sie  über  eine  gewisse  Größe  nicht  hinausgehen,  so  daß 
sie  auch  in  den  größten  Zellen  ein  gewisses  Maß  nicht  übersteigen 
könnten,  ist  es  nicht  überflüssig,  besonders  auf  jenen  Parallelismus 
aufmerksam  zu  machen  und  ganz  allgemein  zu  konstatieren,  daß 
die  Centrosomen  in  ihrer  Größe  der  gleichen,  zwischen  sehr  weiten 
Grenzen  liegenden  Variabilität  unterliegen,  wie  die  Chromosomen, 


—     95     — 

die  Zellkerne,  die  Zellen  selbst  oder  ein  aus  vielen  Zellen  auf- 
gebauter Organismus. 

Viel  enger  als  die  Beziehung  der  Centrosomen^röße  zur  Größe 
der  Zellen  ist  ihre  Abhängigkeit  von  der  Größe  der 
Spindelfigur.  Je  größer  die  Spindel,  um  so  größer  sind  die 
Centrosomen.  Man  vergleiche  für  die  Richtigkeit  dieses  Satzes 
die  Teiluugsfiguren  in  den  Eiern  von  Ascaris,  von  Echinus,  von 
Amphioxus  (Sobotta,  97),  von  der  Forelle  (Behuens,  2),  von 
Prostheceraeus  (Klinckowstköm,  71),  von  Thalassema  (Griffin, 
48),  in  den  Spermatocyten  ven  Ascaris  (Brauer,  21,  Fürst,  46) 
und  Helix  (Murray,  86),  in  den  Ovocyten  von  Diaulula  (Mac 
Farland,  79)  und  Thysanozoon  (Van  der  Stricht,  99),  in  den 
roten  Blutkörperchen  des  Entenembryos  (M.  Heidenhain,  55,  56) 
und  viele  andere.  Würde  man  alle  diese  Teilungsfiguren  auf  die 
gleiche  Größe  bringen,  so  wäre  die  Uebereinstimmung  in  der 
Größe  der  Centrosoraen  eine  höchst  auffallende. 

Allerdings  giebt  es  von  dieser  Regel  sehr  weitgehende  Aus- 
nahmen. So  scheinen  besonders  bei  dem  klassischen  Objekt  der 
Wirbeltier-Histiologen,  dem  Salamander,  relativ  sehr  kleine  Centro- 
someu  vorzukommen,  was  allerdings  nur  für  die  Teilungsstadien 
gilt.  Denn  die  Centrosomen  ruhender  Salamanderzellen  sind  relativ 
ungefähr  ebenso  groß  wie  die  einer  Ascaris-Blastomere.  Allein 
sie  wachsen  bei  der  Vorbereitung  zur  Kernteilung  nicht,  sondern 
werden  nach  den  schönen  und  sorgfältigen  Untersuchungen  von 
Meves  (81,  Taf.  IV,  Fig.  52 — 57)  entschieden  kleiner,  so  daß  sie 
in  der  fertigen  Spindel,  falls  hier  nicht  durch  konzentrische  Ent- 
färbung künstliche  Verkleinerung  zu  Stande  gekommen  ist,  am 
kleinsten  sind.  Damit  steht  nun  offenbar  die  andere  Erscheinung 
in  Zusammenhang,  daß  die  neuen  Radiensysteme,  die  sonst  auf 
jenen  Stadien,  wo  die  Tochtercentrosomen  sich  von  einander  zu 
entfernen  beginnen,  noch  sehr  schwach  entwickelt  sind,  in  den 
Spermatocyten  von  Salamandra  gerade  während  der  Trennung  der 
Centrosomen  am  mächtigsten  entfaltet  sind  (Meves,  Taf.  IV, 
Fig.  52—55),  um  dann  immer  mehr  abzunehmen,  so  daß  an  der 
fertigen  Spindel  (Fig.  57)  kaum  Spuren  von  Polradien  zu  sehen 
sind,  während  in  jenen  Fällen,  wo  die  Centrosomen  während  der 
Karyokinese  wachsen,  auf  diesem  Stadium  oder  noch  später  die 
Strahlung  am  mächtigsten  ist.  Dieses  abweichende  Verhalten  der 
Strahlung  in  den  Salamandra-Spermatocyten  hängt  aber  wahr- 
scheinlich wieder  irgendwie  zusammen  mit  der  mächtigen  Ent- 
faltung der  bei  der  Teilungsmechanik  so  wichtigen  Centralspindel. 


—    96     — 

Und  so  dürften  gerade  solche  Ausnahmen  das  Vorhandensein 
gewisser  allgemein  giltiger  Abhängigkeitsverhältnisse  für  die  Größe 
der  Centrosomen  nahe  legen. 

Bezüglich  der  Größe  derCentriolen  glaube  ich  behaupten 
zu  dürfen,  daß  sie  einigermaßen  der  Größe  der  Centrosomen 
parallel  geht.  Die  Centriolen  des  Seeigel-Eies  und  der  Ovocyten 
von  Diaulula  sind,  wie  die  Centrosomen  dieser  Zellen,  erheblich 
größer  als  die  entsprechenden  Gebilde  des  Ascaris-Eies.  Bei  der- 
artigen Vergleichungen  muß  aber  immer  berücksichtigt  werden,  daß 
bei  der  Darstellung  der  Centriolen  mittelst  Eisenhämatoxylins  durch 
konzentrische  Entfärbung  künstliche  Verkleinerung  bis  zu  Pünkt- 
chen, die  gerade  noch  wahrnehmbar  sind,  hervorgerufen  werden 
kann,  so  daß  es  nicht  statthaft  ist,  ein  beliebig  weit  ausgezogenes 
Präparat  als  Grundlage  für  Angaben  über  die  Größe  der  Centriolen 
zu  wählen. 

Eine  sehr  allgemeine  Eigenschaft  der  Centrosomen  scheint 
ihr  rhythmischer  Größenwechsel  zu  sein:  daß  sie  anwachsen 
und  wieder  klein  werden,  welch  letzterer  Prozeß  bereits  mit  der 
Teilung  Hand  in  Hand  gehen  kann.  Mäßig  ist  dieser  Wechsel  in 
den  Spermatocyten  von  Ascaris,  viel  ausgeprägter  im  Ascaris-Ei, 
sehr  stark  im  Seeigel-Ei;  denn  man  kann  nicht  umhin,  den 
großen  ellipsoiden  Körper,  wie  er  in  den  Figg.  58  und  62  (Taf.  V) 
vorliegt,  als  Centrosoma  zu  bezeichnen. 

Dieses  Wachstum  der  Centrosomen  geht  ganz  kontinuierlich 
vor  sich  und  geschieht  sicher  nicht  durch  Apposition,  sondern 
ist,  wie  die  damit  einhergehenden  Veränderungen  in  der  Reaktion 
des  ganzen  Körpers  beweisen,  ein  intussuceptionelles,  das  sich 
einer  weiteren  Analyse  ebenso  entzieht,  wie  das  Wachstum  einer 
Zelle.  Auffallender  als  das  Heranwachsen  dürfte  vielleicht  die 
Verkleinerung  erscheinen,  obgleich  es  auch  dafür  nicht  an  Ana- 
logien fehlt.  Ich  führe  die  merkwürdige  Verkleinerung  an,  die 
RücKERT  (92)  an  den  Chromosomen  im  Keimbläschen  des  Hai- 
fisch-Eies entdeckt  hat. 

Merkwürdigerweise  fällt  die  größte  Anschwellung  des  Centro- 
soms  nicht  überall  mit  der  gleichen  Phase  des  mitotischen  Pro- 
zesses zusammen.  Im  Ascaris-Ei  und  ebenso  in  den  Spermato- 
cyten dieses  Wurmes  sind  die  Centrosomen  vor  voller  Ausbildung 
der  Teilungsfigur  am  größten,  im  Seeigel-Ei  vergrößern  sie  sich 
kontinuierlich  während  der  Bewegung  der  Tochterplatten,  ähnlich 
verhält  es  sich  in  den  Ovocyten  von  Diaulula  und,  wie  es  scheint, 


—    97     — 

in  vielen  anderen  Fällen ;  in  den  Spermatocyten  von  Salamandra 
nehmen  sie  nach  Meves,  wie  oben  bereits  erwähnt,  schon  während 
ihrer  Entfernung  von  einander  an  Größe  ab. 

Es  wird  unten  eingehend  zu  betrachten  sein,  von  wie  großem 
Einfluß  diese  Verschiedenheiten  auf  die  Art  der  Centrosomen- 
Teilung  sind;  hier  sei  nur  erwähnt,  daß  das  gewaltige  An- 
wachsen des  Ceutrosoms,  wie  es  z.  B.  im  Seeigel-Ei  stattfindet, 
nicht  zu  einer  entsprechend  kontinuierlichen  Verkleine- 
rung führt,  sondern  zu  einer  ganz  plötzlichen.  Während  bei 
Ascaris  das  Centrosom  ganz  allmählich  an  Größe  abnimmt, 
ohne  daß  man  für  gewöhnlich  eine  Abstoßung  geformter  Teile 
wahrnehmen  kann,  stößt  das  Centrosom  des  Seeigel- Eies,  nach- 
dem es  seine  volle  Größe  erreicht  hat,  den  größten  Teil  seiner 
Substanz  fast  plötzlich  ab,  und,  ähnlich  wie  aus  einer  Algen- 
Zelle  sich  ein  kleiner  lebender  Teil  herauszieht  und  fortan  die 
„Zelle"  repräsentiert,  so  bleibt  als  „Centrosom"  nur  ein  Teil 
zurück,  alles  andere  mischt  sich  mit  dem  umgebenden  „Proto- 
plasma". Ganz  entsprechend  wird  bei  Diaulula  der  größte  Teil 
des  riesig  herangewachsenen  Centrosoms  als  Centralspindel  abge- 
worfen, nur  ein  kleiner  Teil  bleibt  übrig  in  Gestalt  der  Tochter- 
centrosomen. 


Kapitel   IL 
Teilung  der  Ceiitrosoinen. 

Die  Teilung  des  Centrosoms  wird  eingeleitet  und  in  manchen 
Fällen  lange  vorbereitet  durch  die  Teilung  des  Centriols  in  zwei 
Tochtercentriolen.  Von  diesem  Prozeß  ist  bei  der  Kleinheit  der 
Verhältnisse  nichts  Näheres  zu  ermitteln ;  oft  wird  es  unmöglich 
sein,  zu  entscheiden,  ob  noch  ein  gestrecktes  einfaches  oder  bereits 
zwei  Centriolen  vorliegen.  Im  übrigen  aber  lassen  sich  so  konti- 
nuierlich, entsprechend  den  Phasen  der  Kernmetamorphose,  alle 
Stadien  von  einem  einfachen  kugeligen  zu  einem  gestreckten  und 
dann  doppelten  Centriol  verfolgen,  daß  die  Zweiteilung  selbst 
unzweifelhaft  ist.  Ohne  jede  Ausnahme  fand  ich  in  den  von  ^— -^ 
mir  untersuchten  Objekten  nach  der  Teilung  zwei  Centriolen, 
niemals  mehr.  Die  beiden  Schwestercentriolen  zeigen  fast  immer 
gleiche  Größe ;  doch  kommt  es  vor,  daß  sie  deutlich  ungleich 
erscheinen.    Berücksichtigt  man  aber  die  Eigenschaften  der  Eisen- 

Boveri,  Zellen-Studien.  IV.  7 


—     98     - 

hämatoxylin-Färbung,  so  wird  man  daraus  noch  nicht  ohne  weiteres 
schließen  dürfen,  daß  sie  wirklich  verschieden  groß  sind. 

Sind  die  Schwestercentrioleu  weiter  von  einander  entfernt,  so 
kann  man  an  manchen  Objekten  eine  deutliche  Brücke  zwischen 
ihnen  wahrnehmen.  Ob  dies  eine  bei  der  Teilung  nachbleibende 
Verbindung  oder  eine  sekundäre  Differenzierung  ist,  dürfte,  wie 
schon  Mac  Farland  hervorhob,  sehr  schwer  zu  entscheiden  sein. 
Für  das  Seeigel-Ei  möchte  ich  aber  doch  das  letztere  annehmen. 
Denn  ich  habe  diese  Brücke  auf  Stadien,  wo  die  Centriolen  bereits 
weit  genug  von  einander  abstehen,  um  die  Erkennung  einer  Ver- 
bindungsbrücke zu  ermöglichen,  nicht  gefunden,  während  sie  später 
sehr  deutlich  wird. 

Ist  die  Teilung  des  Centriols,  soweit  wir  beobachten  können, 
in  allen  Objekten  wesentlich  der  gleiche  Vorgang,  so  verläuft  die 
Teilung  des  Centrosoms  selbst  unter  verschiedenen  Modi- 
fikationen. Diese  Verschiedenheiten  hängen  vor  allem  davon  ab, 
ob  sich  das  Centrosom  im  Zustand  seines  größten  Volumens  oder 
erst  nachdem  es  sich  wieder  verkleinert  hat,  zur  Teilung  anschickt. 
Im  letzteren  Falle,  der  durch  die  Spermatocyten  und  Furchungs- 
zellen  von  Ascaris  repräsentiert  wird  und  der  wahrscheinlich  für 
alle  Zellen  mit  langer  Ruhe  zwischen  zwei  Teilungen  typisch  ist, 
verläuft  die  Teilung  sehr  einfach,  besonders  einfach  in  den  Spermato- 
cyten von  Ascaris.  Hier  streckt  sich  das  Centrosom  in  der  Kichtung 
der  Verbindungslinie  der  beiden  Centriolen  in  die  Länge,  und  um 
jedes  Centriol  schnürt  sich  die  Hälfte  des  Centroplasmas  ab.  Die 
Substanz  des  Muttercentrosoms  scheint  ganz  oder  fast  ganz  in  die 
beiden  Tochtercentrosomen  aufzugehen,  die  sich  alsbald  zu  Kugeln 
abrunden  und  nun  wieder  "von  neuem  heranwachsen. 

Falls  in  den  Blastomeren  von  Ascaris  nicht  jene  oben  als  un- 
wahrscheinlich bezeichnete  Eventualität  verwirklicht  ist,  daß  die 
neuen  Centrosomen  aus  den  beiden  Centriolen  des  Muttercentrosoms 
durch  Wachstum  hervorgehen,  so  stimmt  die  Centrosomenteilung 
mit  der  in  den  Spermatocyten  in  der  Hauptsache  überein.  Der 
einzige  Unterschied  ist  der,  daß  die  Centrosomen,  die  bei  der 
Teilung  noch  viel  kleiner  sind  als  die  der  Spermatocyten,  sich 
nicht  alsbald  vollständig  von  einander  abschnüren,  sondern  daß 
eine  äquatoriale  Zone  zu  einem  Stiele  auswächst,  der  nach  einiger 
Zeit  verschwindet.  Hat  Erlanger  recht,  daß  dieser  Stiel  in  der 
Mitte  reißt  und  in^die  Tochtercentrosomen  eingezogen  wird,  so 
geht  auch  hier  das  verkleinerte  Muftercentrosom  völlig  in  den 
Tochtercentrosomen  auf;  degeneriert  der  Stiel  in  loco,  wie  ich  es 


—    99    — 

für  wahrscheinlicher  halte,  so  hätten  wir  schon  hier  ganz  deutlich 
ausgeprägt  jene  Abstoßung  von  Substanz  bei  der  Centrosomen- 
teiluug,  die  in  anderen  Fällen  zu  so  großer  Bedeutung  gelangt. 
(Textfigur  A,  Reihe  I,  S.  102.) 

Wesentlich  anders  nun  gestalten  sich  die  Verhältnisse,  wenn 
das  Centrosoma  sich  in  einem  Stadium  zur  Teilung  anschickt,  wo 
es  sein  größtes  Volumen  besitzt  und  wo  dann  Verkleinerung  und 
Teilung  in  einander  greifen. 

Einer  der  lehrreichsten  Fälle  dieser  Art  ist  der  von  Mac 
Farland  bei  Diaulula  festgestellte.  Das  Centrosom  wächst  zu 
einem  großen,  spindelförmigen  Körper  heran,  in  dessen  halbkugelig 
vorgewölbte  Enden  die  Centriolen  zu  liegen  kommen;  um  jedes 
Centriol  differenziert  sich  ein  homogener,  offenbar  besonders 
dichter  Teil  des  wachsenden  Muttercentrosoms,  der  mittlere  Teil 
wird  faserig  (Centralspindel) ;  er  entspricht  einigermaßen  dem 
Verbindungstiel  des  sich  teilenden  Centrosoms  im  Ascaris-Ei,  nur 
daß  er  viel  mächtiger  ist.  Dieser  weitaus  größte  Teil  des  riesig 
gewachsenen  Muttercentrosoms  geht  später  im  Protoplasma  unter, 
die  dichten  Endknöpfe,  die  sich  allmählich  abrunden,  repräsen- 
tieren die  Tochtercentrosomen  ^).     (Textfigur  A,  Reihe  IV.) 

Einen  anderen  Typus  zeigt  das  Seeigel-Ei.  Wie  in  den  Ovo- 
cyten  von  Diaulula,  so  wird  auch  hier,  nachdem  das  Centriol  durch 
seine  Spaltung  die  Teilung  vorbereitet  hat,  das  Centrosom  nicht 
kleiner,  sondern  es  nimmt  noch  sehr  bedeutend  an  Volumen  zu. 
Diese  Vergrößerung  entspricht  offenbar  dem  kolossalen  Wachstum, 
welches  das  Diaulula- Centrosom  in  seinem  Uebergange  zur  Spindel 
erleidet.  Nur  geht  in  diesem  letzteren  Falle  mit  der  Vergrößerung 
und  Streckung  Hand  in  Hand  die  Auseinanderbewegung  der 
Tochtercentriolen  nach  den  beiden  Enden  und  damit  die  Ent- 
stehung zweier  von  Anfang  an  weit  von  einander  entfernter  Tochter- 
centrosomen, während  bei  Echinus  auf  dem  entsprechenden  Sta- 
dium die  Tochtercentriolen  noch  mehr  central  liegen.  Damit 
hängt  es  ohne  Zweifel  zusammen,  daß  sich  nicht  gleich  2  völlig 
selbständige  Tochtercentrosomen  differenzieren,  sondern  eine  zuerst 
sehr  verschwommene,  allmählich  sich  konzentrierende  biscuit- 
förmige  Verdichtung  als  zunächst  gemeinsame  Anlage  der  Tochter- 


1)  Sollte  die  Centralspindel  in  den  Zellen  des  Salamanders 
durch  Wachstum  aus  einer  bei  der  Centrosomenteilung  bleibenden 
Verbindungsbrücke  hervorgehen,  so  wären  die  Verhältnisse  wohl 
ebenso  zu  beurteilen,  wie  bei  Diaulula. 


—     100     — 

centrosomen  entsteht^).  (Textfigur  A,  Reihe  III.)  Die  wesentliche 
UebereinstimmuDg  beider  Typen  besteht  darin,  daß  hier  wie  dort 
die  Hauptmasse  des  großen  Centrosoms  ausgeschieden  wird ;  was  bei 
Diaulula  als  Centralspindel  abgestoßen  wird,  geht  bei  Echinus  als 
peripherer  Hof  verloren.  Und  ähnlich  wie  dort  dieser  der  Auflösung 
bestimmte  Teil  als  Centralspindel  faserig  wird,  so  nimmt  auch  der 
abgestoßene  Teil  des  Seeigel-Centrosoms  fädige  Struktur  an,  indem 
seine  Substanz  zur  Anlage  der  neuen  Sphären  Verwendung  findet. 

Daß  zwischen  diesen  beiden  Modi  kein  prinzipieller  Unter- 
schied besteht,  lehren,  abgesehen  von  manchen  typischen  Bildern, 
gewisse  Abnormitäten,  welche  im  Seeigel-Ei  dann  auftreten,  wenn 
das  Centrosom  sich  sehr  frühzeitig  teilt,  d.  h.  wenn  die  Cen- 
triolen  schon  während  der  Aufquelluug  des  Centrosoms  au  ent- 
gegengesetzte Enden  gerückt  sind.  Zwei  Fälle  dieser  Art,  im  Sta- 
dium etwas  verschieden,  sind  in  Fig.  38  und  39  (Taf.  IH)  ab- 
gebildet. Die  Uebereinstimmung  mit  Diaulula  ist  ganz  frappant. 
Fig.  38  zeigt  das  Stadium  der  aus  dem  aufgequollenen  Centrosom 
differenzierten  Platte  bei  polarer  Ansicht  und  entspricht  ungefähr 
den  typischen  Stadien  der  Fig.  43  u.  44  (Taf.  IV).  Die  Centriolen  sind 
nicht  nachweisbar,  liegen  aber  ohne  Zweifel  in  den  beiden  äußerst 
zarten  Endverdichtungen,  zwischen  denen  sich  der  mittlere  Teil 
der  Platte  als  ein  faseriger  Komplex  erstreckt.  Die  Endanschwel- 
lungen zeigen  sich  bereits  als  neue  Strahleucentren.  Wie  nun  das 
normaler  Weise  entstehende  biscuitförmige  Doppelcentrosom  sich 
zusammenzieht  und  verdichtet,  so  geschieht  es  auch  in  unserem 
abnormen  Falle  mit  den  an  den  Enden  der  Spindel  sich  aus- 
bildenden Tochtercentrosoraen,  und  so  ist  das  Bild  der  Fig.  39 
zu  erklären,  in  dem  nun  auch  die  Centriolen  und  zwar  in  jedem 
Centrosom  bereits  zwei  nachweisbar  sind.  Diese  Zustände  sind 
so  eng  mit  dem  normalen  Verlauf  verwandt  und  stimmen  anderer- 
seits so  sehr  mit  den  Verhältnissen  von  Diaulula  überein,  daß  sie 
die  nahe  Beziehung  dieser  beiden  Typen  aufs  klarste  illustrieren. 

Die  Diöerenzierung  aus  einem  gewaltig  angewachsenen  Mutter- 
centrosom,  wie  sie  in  diesen  Fällen  vorliegt  und  bei  Diaulula  sofort 
zu  2  völlig  getrennten,  bei  Echinus  normalerweise  zu  2  hantei- 
förmig verknüpften  Tochtercentrosomen   führt,   vollzieht   sich  nun 


1)  Die  eigentümliche  Abplattung  dieser  Verdichtung  hat  offen- 
bar nichts  mit  der  Centrosomteilung  zu  thun,  sondern  steht  wohl, 
wie  die  ganz  entsprechende  Abplattung  im  Ascaris-Ei,  mit  der 
Mechanik  der  Karyokinese  in  Zusammenhang. 


—     101     — 

offenbar  bei  manchen  Objekten  bereits  auf  einem  Stadium,  wo  das 
Centriol  nocli  ungeteilt  ist  oder  die  Schwestercentriolen  noch  ganz 
dicht  nebeneinander  liegen,  und  führt  so  in  dem  noch  deutlich 
begrenzten  Centroplasma  zur  Bildung  eines  einfachen  redu- 
zierten Centrosoms,  das  sich  dann  erst  teilt.  Dieser  Typus 
ist  mir  aus  eigener  Erfahrung  nicht  bekannt,  und  ich  muß  mich 
daher  hier  ausschließlich  auf  die  Litteratur  stützen,  wobei  meine 
Deutung  der  beschriebenen  Befunde  an  manchen  Punkten  von  der- 
jenigen der  Autoren  etwas  abweicht.  Es  liegen  schon  in  der 
älteren  Litteratur  Angaben  vor,  die  sich,  wie  mir  scheint,  auf 
einen  derartigen  Modus  der  Teilung  beziehen.  Ich  nenne  hiervon 
die  wegen  ihrer  scheinbaren  Isoliertheit  und  Komplikation  bis  in 
die  neueste  Zeit  fast  unbeachtet  gebhebenen  Verhältnisse,  die 
Vejdovsky  (100)  in  seinen  vorzüglichen  Untersuchungen  am  Ei 
von  Rhynchelmis  konstatiert  und  neuerdings,  gemeinsam  mit 
Mräzek  (101)  in  verschiedener  Beziehung  ergänzt  hat.  Auch  bei 
der  Forelle  dürften  nach  den  Angaben  von  Henneguy  (58)  wohl 
ähnliche  Verhältnisse  bestehen.  Endlich  rechne  ich  hierher  den 
Teilungsmodus,  den  Griffin  (48)  im  Ei  der  Gephyree  Thalassema 
festgestellt  hat.  Da  dieser  Forscher  die  vollständigste  Serie  von 
Stadien  gegeben  hat,  lege  ich  den  folgenden  Betrachtungen  seine 
Darstellung  zu  Grunde.  Griffin  beurteilt  den  Fall  allerdings 
etwas  anders  als  ich,  d.  h.  er  legt  auf  die  Eigentümlichkeiten,  die 
ich  gerade  als  die  bedeutsamsten  ansehe,  kein  besonderes  Gewicht. 
Ich  halte  mich  also  hauptsächlich  an  seine  Zeichnungen ,  von 
denen  die  wichtigsten  auch  in  Wilson's  meisterhaftem  Handbuch 
(106)  reproduziert  sind.  Bezüglich  meiner  Deutung  verweise  ich 
auf  meine  schematischen  Figuren  (Textfigur  A,  Reihe  II,  S.  102). 
Was  Griffin  als  Centrosom  bezeichnet,  ist,  wie  er  selbst  bei 
Besprechung  meiner  Terminologie  hervorhebt,  das  Centriol,  seine 
Centrosphäre  das  Centrosom.  Nach  seinen  Angaben  nun  wäre 
zunächst  ein  nacktes  Centriol  vorhanden,  auf  welches  direkt  die 
Radien  konvergieren  und  welches  sich  erst  allmählich  mit  einer 
nicht  strahlig  gebauten  Kugel  umgiebt.  Es  scheint  mir  kaum 
zweifelhaft,  daß  es  sich  hier  um  Verhältnisse  handelt,  wie  ich  sie 
im  Seeigel-Ei  gefunden  habe,  wo  auch  bei  gewisser  Konservierung 
das  Centrosom  selbst  kurz  nach  der  Teilung  so  äußerst  unschein- 
bar ist,  daß  man  wohl  glauben  könnte,  das  Centriol  sei  direkt  das 
Strahlencentrum.  Ich  glaube  also  als  sicher  annehmen  zu  können, 
daß  schon  der  in  Griffin's  Fig.  10  und  11  sichtbare  ,, helle  Hof" 
das  Centrosom   repräsentiert,   welches   in   Fig.  12  gewachsen   und 


—     102    — 


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—     104     — 

in  Fig.  13  zu  einer  sehr  großen  Kugel  geworden  ist,  so  daß  die 
Verhältnisse  bis  hierher  vollkommen  denen  im  Ascaris-Ei  ent- 
sprechen würden.  In  diesem  großen  Centrosom  rückt  nun  (Griffin, 
S.  170)  das  sich  verdoppelnde  Centriol  nach  außen  (Textfigur  A,  II  c) 
und  im  Umkreise  dieser  beiden  Körnchen  dilferenziert  sich  ein 
kleiner,  kugeliger  Körper  (Fig.  A,  II  d),  eine  Erscheinung,  deren 
üebereinstimmung  mit  den  Vorgängen  bei  Diaulula  und  Echinus 
(III  d  und  IV  d)  ohne  weiteres  klar  ist.  Wie  dort,  bleibt  das  alte 
große  Centrosom  noch  eine  Zeit  lang  Strahlencentrum ;  bei  der 
Teilung  des  reduzierten  Muttercentrosoms  (II  e  und  f)  bilden  sich 
allmählich  die  neuen  Sphären,  zum  Teil  aus  dem  zerfallenden 
abgestoßenen  Centroplasma  i). 

Dieser  Fall,  so  eigenartig  er  zunächst  vielleicht  aussieht,  führt 
doch  wieder  zurück  auf  den  Ascaris-Typus  (Fig.  A,  Reihe  I).  Der 
Unterschied  ist  nur  der,  daß  sich  bei  Ascaris  das  Muttercentrosom 
allmählich  verkleinert,  d.  h.  den  größten  Teil  seiner  Substanz 
unmerkbar  abgiebt,  so  daß  er  sofort  in  der  Umgebung  verschwinden 
kann,  wogegen  bei  Thalassema  diese  Reduktion  plötzlich  geschieht, 
indem  sich  der  Bereich,  der  übrig  bleiben  soll,  zu  einer  Zeit  ab- 
grenzt, wo  das  ursprüngliche  Centrosom  als  Strahlencentrum  noch 
längere  Zeit  erhalten  bleibt.  Auf  der  anderen  Seite  ist  auch  der 
Anschluß  an  Echinus  ein  sehr  enger,  wie  die  Schemata  der  Fig.  A, 
Reihe  III)  unmittelbar  lehren  ^).  Endlich  bietet  der  Teiluiigstypus 
im  Thalasseraa-Ei  in  der  Art,  wie  sich  die  Tochtercentrosomen 
an  der  Peripherie  des  großen  Muttercentrosoms  differenzieren, 
eine  gewisse  Beziehung  zu  Diaulula  (Fig.  A,  Reihe  IV)  dar.  In 
beiden  Fällen  fassen  die  Tochtercentrosomen  das  abgestoßeneu 
Centroplasma  zwischen  sich,  und  es  bildet  sich  unter  ihrem  Ein- 
fluß aus  dieser  Substanz  ein  zwischen  beiden  ausgespanntes, 
spindelförmiges  Fasefsystem,  hinsichtlich  dessen  allerdings  keine 
volle  Vergleichbarkeit  besteht,  worauf  ich  unten  nochmals  zurück- 
komme. 


1)  Hiermit  fast  identische  Verhältnisse  sind  in  der  soeben  er- 
schienenen schönen  Arbeit  von  W.  R.  Coe  (30)  für  das  Ei  der 
Nemertine  Cerebratulus  beschrieben.  Auch  hier  finden  sich  die 
Centriolen,  ehe  sie  auseinanderrücken,  von  einem  kleinen  kugeligen 
Körper  umgeben,  dem  reduzierten  Centrosom  (Coe's  Fig.  36),  welches 
sich  dann  teilt  (Fig.  38). 

2)  Nach  gewissen  Litteraturangaben  wäre  es  sogar  denkbar, 
daß  es  Seeigel-Eier  giebt,  bei  denen  das  reduzierte  Centrosom  nicht 
direkt  als  Platte,  sondern  als  eine  central  gelegene  kleine  Kugel 
entsteht. 


—     105    — 

Echinus  umgekehrt,  obgleich  in  der  Hauptsache  zwischen 
Thalassema  und  Diaulula  einzureihen,  zeigt  wieder  gewisse  An- 
schlüsse an  Ascaris,  indem  die  Konzentration  des  hanteiförmigen 
Doppelcentrosoms  sich  in  der  Längsachse  des  alten  Centrosoras, 
nicht  excentrisch  vollzieht,  so  daß  das  abgestoßene  Centroplasma 
gleichmäßig  nach  außen  zu  liegen  kommt  (vgl.  Reihe  I  und  III  d). 

Schon  oben  habe  ich  bemerkt,  daß  meiner  Meinung  nach 
unter  den  durch  das  Thalassema-Ei  repräsentierten  Typus  auch 
des  Rhynchelmis-Ei  fällt;  jedoch  bestehen  hier  gewisse  Modi- 
fikationen, auf  die  ich  noch  etwas  näher  eingehen  will.  Ich  muß 
vorausschicken,  daß  es  mir  nicht  für  alle  Abbildungen  der  großen 
Abhandlung  Vejdovsky's  (100)  völlig  klar  ist,  wie  dieselben  auf 
einander  zu  beziehen  sind,  und  daß  ich  wieder  manches  von  dem, 
was  Vejdovsky  und  Meäzek  (101)  neuerdings  beschrieben  und 
abgebildet  haben,  mit  den  früheren  Befunden  nicht  recht  zu  ver- 
einigen weiß.  Sicher-  aber  scheint  mir  zu  sein,  daß  wir  es  im 
Rhynchelmis-Ei  mit  einem  riesig  anwachsenden  Centrosom  [Vej- 
dovsky's Periplast^)]  zu  thun  haben,  in  welchem  sich  um  das 
(noch  einfache  ?)  central  gelegene  Centriol  ein  reduziertes  Centro- 
som diöerenziert,  welches  alsbald  zum  Centrum  eines  neuen  kleineu 
Radiensystems  wird.  Vejdovsky  und  Meäzek  geben  zwar  an, 
daß  sich  die  Strahlen  direckt  an  das  Centriol  (von  ihnen  Centro- 
som genannt)  ansetzen.  Allein  wenn  man  ihre  Bemerkung  be- 
rücksichtigt, daß  wohl  infolge  der  Strahlenbildung  das  früher  kaum 
sichtbare  Korn  von  jetzt  an  viel  größer  ist,  dürfte  die  Annahme 
gerechtfertigt  sein,  daß  dieses  bedeutend  größere  Körnchen  das 
Centriol  4~  Hülle,  d.  h.  ein  Centrosom  in  meinem  Sinne  ist. 

Das  Eigentümliche  an  diesem  Objekt  nun  ist  dieses,  daß  das 
reduzierte  Centrosom,  schon  vor  seiner  Teilung,  in  dem  peri- 
pheren Centroplasma,  von  dem  es  umgeben  wird,  eine  kleine 
Astrophäre  hervorruft,  während  dieses  Centroplasma  selbst  als 
ein  deutlich  begrenztes  und  in  seiner  weitaus  größeren  peripheren 
Ausdehnung  nicht  radiär  strukturiertes  Areal  seinerseits  noch  das 
Centrum  einer  mächtigen  Astrosphäre  darstellt,  so  daß  hier  also 
zwei  Sphären  —  Vejdovsky  spricht  ganz  zutreffend  von  „endo- 
gener" Entstehung  —  in  einander  geschaltet  sind.  So  abweichend 
die  Bilder,  die  auf  diese  Weise  zu  Stande  kommen,  aussehen,  so 
ist  doch,  genauer  betrachtet,  der  Unterschied  gegenüber  den  Ver- 

1)  Ob  alles,  was  Vejdovsky  Periplast  nennt,  dem  Centrosom 
(Centroplasma)  gleichzusetzen  ist,    möchte  ich  unentschieden  lassen. 


—     106     — 

hältnissen  im  Ascaris-Ei  gar  kein  so  sehr  großer.  Denn  auch  hier 
ist  ja  das  noch  einfache  verkleinerte  Centrosom  stets  der  Mittel- 
punkt der  Radien,  die  sich  ihm  unmittelbar  anfügen  und  die 
offenbar  aus  dem  abgestoßenen  Centroplasma  gebildet  sind.  Die 
Differenz  besteht  nur  darin,  daß  bei  Ascaris  die  während  der 
Reduktion  sich  differenzierenden  neuen  Radien  einfach  als  die 
innere  Fortsetzung  der  alten  erscheinen,  wogegen  bei  Rhynchelmis 
das  periphere  Centroplasma  noch  lange  Zeit  seine  Selbständigkeit 
und  seine  Abgrenzung  bewahrt  und  sich  so  seinerseits  als  ein 
Strahlencentrum  darstellt. 

Würde  sich  somit  das  Rhynchelmis-Ei  sehr  nahe  den  oben 
aufgestellten  Typen  anschließen,  so  ist  nun  noch  ein  Punkt  zu 
erwähnen,  der  vielleicht  eine  Besonderheit  darstellt.  Schon  in 
seiner  ersten  Abhandlung  hat  Vejdovsky  in  einigen  Fällen,  so 
in  Fig.  5  und  6  (Taf.  VII),  in  dem  einen  der  beiden  vor  kurzem 
gebildeten  Tochtercentrosomen  noch  ein  kleineres  Körperchen  ab- 
gebildet, das  seinerseits  eine  kleine  Astrosphäre  um  sich  hat.  Für 
ein  Centriol  wäre  dieses  Gebilde  viel  zu  groß.  Was  aus  ihm  wird, 
darüber  lehren  die  Abbildungen  der  folgenden  Stadien  nichts;  in 
Fig.  3,  7  und  8  (Taf.  VII)  ist  von  dem  Gebilde  nichts  zu  sehen. 
So  möchte  man  an  Zufälligkeiten  einiger  Präparate  denken,  um 
so  mehr  als  Vejdovsky  dieses  Innenkörperchen  nur  immer  in  dem 
einen  der  beiden  Schwestercentrosomen  gefunden  zu  haben  scheint; 
allein  die  neue  Mitteilung  enthält  eine  Abbildung,  die  etwas  ganz 
Aehnliches  darstellt.  In  dem  noch  ungeteilten  reduzierten  Centro- 
som der  Fig.  5  sind  abermals  zwei  winzige  Astrosphären  gezeichnet. 
Aber  auch  hier  ist  nicht  ganz  klar,  was  aus  diesen  Bildungen 
wird.  Immerhin  ist  es  denkbar,  daß  es  sich  um  eine  merkwürdige 
Anticipation  handelt,  der  Art,  daß  sich  in  dem  Centrosom,  ehe 
es  sich  von  seinem  Schwestercentrosom  abschnürt,  also  ehe  es  die 
ihm  zufallende  Rolle  zu  spielen  beginnt,  schon  wieder  als  centrale 
Differenzierung  ein  neues  reduziertes  Centrosom  ausbildet,  dasjenige, 
welches  später  durch  seine  Teilung  die  Pole  für  die  übernächste 
Mitose  zu  liefern  hat.  Ist  diese  Interpretation  richtig,  so  wäre 
im  Rhynchelrais-Ei  ein  besonderer  und  jedenfalls  der  am  meisten 
spezialisierte  Typus  eines  Cytocentren-Kreislaufes  gegeben.  Wie 
dem  aber  auch  sein  mag,  jedenfalls  verdient  hervorgehoben  zu 
werden,  daß  Vejdovsky  schon  1887/88  einen  sehr  komplizierten 
und  deshalb  lange  Zeit  unverstanden  und  unbeachtet  gebliebenen 
Modus  der  Centrosomenteilung  im  wesentlichen  richtig  be- 
schrieben hat. 


—     107    — 

Sucht  mao  aus  dem  Gesagten  das  allgemein  Giltige  der 
Centrosomenteilung  zu  abstrahieren,  so  wird  sich  etwa 
folgendes  sagen  lassen. 

Die  Centren  für  die  Entstehung  der  beiden  Tochtercentro- 
somen  sind  allem  Anschein  nach  gegeben  in  den  Centriolen,  in 
der  Weise,  daß  da,  wo  ein  Tochtercentriol  liegt,  sich  schließlich 
ein  neues  Centrosom  bildet.  Falls  also  ein  Centrosom  sich  simultan 
in  drei  Stücke  teilt  zur  Bildung  einer  dreipoligen  Teilungsfigur, 
so  wird  man  annehmen  müssen,  daß  in  dem  Muttercentrosom 
drei  Centriolen  vorhanden  waren.  Ueber  die  dynamischen  Be- 
ziehungen hierbei  etwas  auszusagen,  ist  natürlich  unmöglich,  be- 
sonders da  wir  bei  der  Kleinheit  der  Verhältnisse  gar  nicht  wissen 
können,  ob  wir  überhaupt  das  Wesentliche  sehen.  Es  sei  nur 
daran  erinnert,  daß  man  früher  mit  Unrecht  die  Zellkerne  als 
Bilduugscentren  für  die  Tochterzellen  betrachtete,  weil  sie  eben  das 
Einzige  waren,  was  man  als  centrale  Dift'erenzierung  der  Zellen 
wahrnehmen  konnte. 

In  manchen  Zellen  wird  die  zufällige,  wenigstens  in  Rück- 
sicht auf  die  alte  Teilungsachse  völlig  variable  Lagerung,  welche 
die  Tochtercentriolen  bei  ihrer  Entstehung  gewinnen,  beibehalten, 
und  so  ist  die  hierdurch  bestimmte  Anfangsstellung  der  Tochter- 
centrosomen  gleichfalls  vollkommen  variabel.  Dies  ist  der  Fall 
bei  Ascaris.  In  anderen  Zellen,  so  im  Seeigel-Ei,  werden  die 
anfänglich  ganz  beliebig  gestellten  Tochtercentriolen  in  eine  be- 
stimmte Lage  gebracht,  ehe  die  Differenzierung  in  zwei  neue 
Centrosomen  beginnt,  und  so  haben  diese  dann  von  Anfang  an 
eine  bestimmte  Stellung  in  der  Zelle. 

Ich  möchte  auf  Grund  dieser  Thatsachen  die  Rolle  des 
Centriols  im  Centrosom  mit  derjenigen  vergleichen,  die  das  Centro- 
som seinerseits  in  der  Zelle  spielt.  Die  Durchschnürung  der  Zell- 
substanz richtet  sich  nach  der  Stellung  der  Ceutrosomen,  ist 
also  direkt  von  ihr  abhängig.  Allein  das  Protoplasma  hat  unter 
Umständen  die  Fähigkeit,  die  Stellung  der  Centrosomen 
zu  bestimmen,  und  seine  Teilungsrichtung  ist  also  indirekt 
doch  durch  seine  eigene  Konstitution  bestimmt.  Ein  ähnliches  Ver- 
hältnis scheint  zwischen  Centrosom  und  Centriol  zu  bestehen. 

Was  nun  den  verschiedenen  Verlauf  des  Teilungsvorgangs 
anlangt,  so  ist  dieser  bedingt  durch  das  Ineinandergreifen  zweier 
Vorgänge.  Erstens,  das  Muttercentrosom  teilt  sich  unter  dem 
Einfluß  der  beiden  Tochtercentriolen  in  zwei  Hälften;  zweitens, 
dasselbe   ist  während   seiner   Thätigkeit   unter   Umständen   riesig 


—     108     — 

angewachsen  und  kehrt  wieder  zu  seiner  ursprünglichen  Größe 
zurück.  Je  nach  dem  verschiedenen  Zusammentreffen  dieser  beiden 
Vorgänge  und  je  nach  der  verschiedenen  Raschheit,  mit  der  sie 
verlaufen,  treten  die  oben  beschriebenen  auffallenden  Unterschiede 
auf,  für  die  sich  vorläufig  folgende  Regeln  aufstellen  lassen : 

1)  Tritt  die  Rückkehr  des  Centrosoms  zu  seinem  kleinsten 
Volumen  ein,  so  lange  nur  ein  Centriol  vorhanden  ist  oder  die 
Schwestercentriolen  dicht  beisammen  liegen,  so  entsteht  ein 
einfaches,  kugeliges,  verkleinertes  Centrosom  —  reduziertes 
Muttercentrosom  (Ascaris,  Thalassema,  Fig.  A,  Reihe  I  und 
11  d).  Sind  die  Centriolen  beim  Eintritt  dieses  Reduktionsprozesses 
bereits  weiter  entfernt,  so  ist  das  reduzierte  Muttercentrosom  in 
dieser  Richtung  gestreckt  und  geht  alsbald  in  ein  hanteiförmiges 
Doppelcentrosom  über  (Echinus,  Fig.  A,  Reihe  III  d  und  e).  Sind 
die  Centriolen  beim  Eintritt  des  Reduktionsprozesses  sehr  weit 
von  einander  entfernt,  so  entstehen  direkt  2  selbständige  Tochter- 
centrosomen  (Diaulula,  Fig.  A,  Reihe  IV  d). 

2)  Tritt  die  Reduktion  sehr  langsam  ein,  so  mischt  sich  das 
abgestoßene  Centroplasma  sofort  mit  der  Umgebung  und  schließt 
sich  wahrscheinlich  den  Radien  der  Astrosphäre  an,  so  daß  man 
das  allmählich  kleiner  werdende  Centrosom  stets  als  Mittelpunkt 
einer  unter  Umständen  bis  au  seine  Oberfläche  zu  verfolgenden 
radiären  Struktur  antrifit  (Ascaris,  Fig.  A,  Reihe  Id,  e).  Tritt 
die  Ditferenzierung  des  reduzierten  Muttercentrosoms  dagegen 
plötzhch  ein,  so  besteht  neben  dem,  bezw.  den  beiden  reduzierten 
Centrosomen  das  alte  noch  eine  Zeit  lang  fort,  und  es  tritt  eine 
gewisse  Konkurrenz  zwischen  beiden  ein,  indem  das  alte  noch  ein 
Radiencentrum  darstellt,  während  allmähhch  das  reduzierte  Cen- 
trosom oder  die  beiden  Tochtercentrosomen  bereits  als  solche  in 
Thätigkeit  treten.  So  kommt  es  hier  zu  der  merkwürdigen  Durch- 
kreuzung des  alten  und  der  neuen  Systeme,  wie  sie  besonders  bei 
Echinus  und  Thalassema  deutlich  ist,  bis  schließlich  mit  dem 
Untergang  des  abgestoßenen  Centroplasmas  die  alten  Radien  gleich- 
falls verschwinden, 

3)  In  allen  Fällen  scheint  das  abgestoßene  Centroplasma 
unter  dem  Einfluß  des  reduzierten  Centrosoms  oder  der  Tochter- 
centrosomen zu  fädiger  Diflerenzieruug  befähigt  zu  sein,  welche 
in  ihrer  Anordnung  verschieden  ausfällt  je  nach  der  Lage  des 
abgestoßenen  Teiles  zu  dem  reduzierten  Muttercentrosom,  bezw. 
den  beiden  Tochtercentrosomen.  Hier  läßt  sich  allgemein,  wenn 
auch  nicht  völlig  streng,  sagen :  es  entstehen  fädige  Gebilde  in  der 


-     109     - 

Richtung  der  Kraftlinien,  wie  sie  einander  anziehenden  Polen  ent- 
sprechen ^).  Liegt  also  der  abgestoßene  Teil  im  Umkreis  des  noch 
einfachen  reduzierten  Centrosoms,  so  entsteht  eine  monocentrische 
Radiärstruktur  (Ascaris,  Rhynchelmis);  bilden  sich  direkt  zwei 
kleine  Tochtercentrosomen,  so  gewinnt  das  abgestoßene  Centro- 
plasma  eine  dicentrische  Faserstruktur  (Echinus). 

Bei  der  Mehrzahl  der  beschriebenen  Typen  kann  man  im 
strengen  Sinne  des  Wortes  von  einer  Teilung  des  Centrosoms 
reden,  und  wenn  jemand  sagen  wollte,  daß  das  „eigentlich  Teilungs- 
fähige" das  Centriol  sei,  so  wäre  zu  erwidern,  daß,  so  gut  die 
Zellteilung  immer  eine  Teilung  bleibt,  wenn  sie  auch  als  ab- 
hängig von  gewissen  in  ihr  gelegenen  Organen  erkannt  ist,  ebenso 
auch  die  Verdoppelung  der  Centrosomen  mit  Fug  und  Recht  als 
eine  Zweiteilung  bezeichnet  wird  2).  Selbst  bei  dem  durch  Diaulula 
repräsentierten  Typus  wird  gegen  die  Bezeichnung  „Teilung" 
kaum  eine  Einwendung  zu  erheben  sein. 

Immerhin  ist  es  bemerkenswert,  daß  der  Teilungsvorgang  an 
kleinen  Centrosomen  viel  klarer  ist  als  an  jenen,  die  sich  als 
mächtig  angeschwollene  Gebilde  zur  Teilung  anschicken.  Diese 
letzteren  bereiten  uns  hierin  eine  ähnliche  Enttäuschung,  wie  die 
großen,  dotterreichen  Eizellen,  mit  denen  sie  überhaupt  eine  ge- 
wisse Uebereinstimmung  darbieten.  Wie  wir  bei  diesen  mit  Nähr- 
stoffen überladenen  Eiern  von  einer  partiellen  Furch  ung 
sprechen,  so  dürfte  auch  für  manche  Ceutrosomen  der  Ausdruck: 
partielleTeilung  nicht  unangebracht  sein.  Denn  ganz  ähnlich, 
wie  die  große,  dotterreiche  Eizelle  bei  Beginn  der  Entwicklung  die 
Dottermassen  plötzlich  oder  mehr  allmählich  eliminiert,  so  stoßen 
auch  die  großen  Centrosomen  bei  ihrer  Teilung  den  größten  Teil 
ihrer  Substanz  ab.  Es  macht  den  Eindruck,  als  wenn  von  dem 
Plasma  der  so  stark  aufgequollenen  Centrosomen  nur  ein  kleiner 
Teil  „aktive"  Substanz  repräsentiere,  eben  derjenige,  der  sich  um 
die  beiden  Centriolen  zusammenzieht  und  abgrenzt  und  dadurch 
die  Teilung  bewirkt.  So  legt  gerade  diese  Vergleich  ung  den  Ge- 
danken nahe,  daß  das  riesige  Wachstum  der  Centrosomen  auf  der 


1)  Warum  der  Vergleich  der  karyoldnetischen  Strahlungen  mit 
den  magnetischen  Kraftlinien  nur  ein  ganz  oberflächlicher  ist,  habe 
ich  schon  1888  (13,  S.  183)  an  den  Erscheinungen  bei  den  mehr- 
poligen Figuren  dargelegt. 

2)  Im  übrigen  können  wir  nicht  wissen,  ob  nicht  auch  in  den 
Centriolen  noch  kleinere  Centralgebilde  vorhanden  sind. 


—     110    — 

Einlagerung  einer  mehr  passiven  Füllmasse,  eines  Centrodeuto- 
p  1  a  s  m  a .  wenn  ich  so  sagen  darf,  beruht,  aus  dem  sich  vor  oder 
bei  der  Teilung  das  Centroprotoplasma  absondert. 


Ich  möchte  an  dieser  Stelle  die  große  Uebereinstimmung  her- 
vorheben, in  welcher  die  vorgetragene  Auffassung  mit  derjenigen 
steht,  die  R.  Hertwig  in  seiner  Abhandlung  über  die  Fortpflan- 
zungsverhältnisse von  Actinosphaerium  (65)  ausgesprochen  hat,  eine 
Uebereinstimmung,  die  mir  um  so  wichtiger  zu  sein  scheint,  als 
die  Objekte,  aus  denen  sich  unsere  Ergebnisse  ableiten,  sehr  ver- 
schiedene sind.  Die  Erfahrungen  R.  Hertwig's  beziehen  sich  vor 
allem  auf  Protozoen,  speciell  Actinosphaerium,  sodann  auf  jene 
merkwürdigen  Veränderungen,  zu  denen  der  Eikern  im  unbefruch- 
teten Seeigel- Ei  durch  gewisse  Reize  angeregt  werden  kann.  Wie 
die  Anschaungen,  die  R.  Hertwig  in  seiner  letzten  Arbeit  über 
die  Centrosomen  geäußert  hat,  sich  sehr  eng  an  meine  früher  mit- 
geteilte Auffassung  anschließen,  so  bestätigen  hinwiederum  meine 
neuereu  Erfahrungen  viele  seiner  zuletzt  entwickelten  Vorstellungen. 
Besonders  nahe  begegnen  wir  uns  in  der  Betonung  des  rhyth- 
mischen Größenwechsels  der  Centrosomen,  wobei  R.  Hertwig  zu 
dem  gleichen  Ergebnis  einer  auf  der  Höhe  der  Entfaltung  ein- 
tretenden Reduktion  kommt,  die  ich  bei  gewissen  Typen  realisiert 
finde.  Der  für  Actinosphaerium  aufgestellte  Satz  (S.  75) :  „Aus 
alledem  geht  hervor,  daß  sich  das  Centrosom  nicht  auf  dem  Zu- 
stande seiner  größten  Massenentwickelung  teilt,  sondern  im  redu- 
zierten Zustande",  könnte  ebenso  gut  für  das  Ascaris-  oder  für 
das  Seeigel -Ei  gesagt  sein.  Allerdings  besteht  hierbei  insofern 
ein  Unterschied,  als  nach  R.  PIertwig  bei  dieser  Reduktion  nur 
2  Centriolen  übrig  bleiben  sollen,  die  durch  Wachstum  die 
neuen  Centrosomen  liefern,  während  nach  meinen  Untersuchungen 
um  jedes  Centriol  ein  Teil  des  Centroplasmas  bestehen  bleibt,  der 
die  Anlage  des  neuen  Centrosoms  darstellt.  Daß  dies  für  die 
oben  beschriebenen  Objekte,  besonders  für  die  Ascaris- Sperraato- 
cyten,  die  Ovocyten  von  Diaulula  und  die  Echinus-Eier  so  ist, 
scheint  mir  nicht  anfechtbar  zu  sein.  Hieraus  abzuleiten,  daß  es 
überall  so  sein  müsse,  dazu  berechtigen  uns  unsere  Kenntnisse 
über  die  Funktionen  der  einzelnen  Teile  nicht.  Doch  darf  be- 
merkt werden,  daß  das  kleine  Korn  oder  die  beiden  Körner,  die 
R.  Hertwig  als  Centriolen  bezeichnet,  sehr  wohl  reduzierte  Cen- 
trosomen   in    meinem   Sinne,    d.    h.    Centriolen    mit   sehr   dichter 


—   111    — 

Centroplasmahülle  sein  könnten,  wofür  auch,  wenn  wir  von  den 
Metazoen  auf  die  Protozoen  bis  in  so  feine  Details  schließen 
dürfen,  ihre  nicht  unbeträchtliche  Größe  sprechen  würde. 

Ganz  ebenso  halte  ich  es  für  möglich,  daß  bei  der  Centro- 
someuteilung,  die  Van  der  Stricht  (99)  für  die  Ovocyten  von 
Thysanozoon  beschrieben  hat,  die  in  Fig.  42  (PI.  XIX)  abgebildeten 
Schwestercentren  nicht  die  Centriolen,  wie  sie  z.  B.  in  Fig.  36 
(PI.  XVIII)  vorliegen,  sind,  sondern  Centrosomen  in  meinem  Sinne. 
Sie  sind  beträchtlich  größer  als  die  früheren  Centriolen  und  zeigen 
auch  einen  anderen  Habitus  ^).  Wie  nahe  an  die  Grenze  des  Ent- 
scheidbaren diese  Verhältnisse  gehen  können,  wurde  oben  für  die 
Blastomeren  des  Ascaris-Eies  gezeigt ;  ohne  Zweifel  verhalten  sich 
andere  Objekte  ganz  ähnlich.  Unter  diesen  Umständen  scheint 
mir  für  manche  der  beschriebenen  Fälle  eine  erneute  Untersuchung 
von  den  im  Vorstehenden  aufgestellten  Gesichtspunkten  aus 
dringend  notwendig  zu  sein. 


Ich  habe  früher  (13,  S.  114^  für  die  Chromosomen  aus- 
einandergesetzt, daß  vyir  unterscheiden  müssen  zwischen  Teilung 
(Verdoppelung)  und  Trennung,  d.  h.  zwischen  der  im  Mutter- 
element eingetretenen  Sonderung  in  2  Tochterelemente  und  einer 
so  völligen  Lösung  des  Zusammenhanges  zwischen  beiden,  daß  sie, 
wenn  frei  beweglich,  in  ganzer  Länge  auseinanderfallen  würden. 
Ich  habe  damals  dargelegt,  daß,  mag  die  Verdoppelung  auch 
noch  so  lange  vor  der  Bildung  der  Teilungsfigur  vollzogen  sein, 
die  Trennung  nicht  früher  als  in  der  fertigen  SpindeP)  erfolgen 
darf,  soll  der  Zweck  der  Karyokinese,  die  richtige  Verteilung  der 
Schwesterchromosomen,  bewirkt  werden. 

Es  scheint  mir  nun  nötig  zu  sein,  auch  für  die  Centro- 
somen eine  solche  Unterscheidung  zu  machen,  wenn  auch  in 
etwas  anderer  Art.  Hier  ist  nicht  die  Unterscheidung  eines  Tei- 
lungsstadiums mit  noch  bestehender  Verbindung  und  eines  solchen 
mit  gelöster  von  Wichtigkeit  =^),   sondern   es   handelt   sich   um   die 


1)  Die  Bilder,  die  Van  der  Stricht  von  den  Cytocentren  und 
Sphären  der  IL  Ricbtungsspiadei  giebt,  sind  so  variabel,  daß  sie 
für  Schlüsse  über  die  Struktur  dieser  Bildungen  nicht  in  Betracht 
kommen  können. 

2)  d.  i.  nachdem  die  Chromosomen  von  beiden  Seiten  her  mit 
Spindelfasern  besetzt  sind. 

3)  Im  Falle  von  Diaulula  sind  die  Schwestercentrosomen  noch 
fast  bis  zu  ihrer  eigenen  Teilung  durch  die  bei  ihrer  Bildung  ent- 
standene Centralspindel  verknüpft. 


-     112    — 

Unterscheidung  zwischen  jenem  Stadium,  wo  die  beiden  Schwester- 
centrosonien  zwar  gebildet,  aber  noch  so  dicht  verbunden  und  be- 
nachbart sind,  daß  sie  der  Sphäre  gegenüber  einen  einheitlichen 
Mittelpunkt  repräsentieren  (Fig.  92,  Taf.  VII),  und  dem  Stadium, 
wo  sie  beginnen,  sich  voneinander  zu  entfernen  und  eine  di- 
centrische  Strahlenanordnung  zu  bedingen  oder  wenigstens  zu  er- 
möglichen (Fig.  94—97).  Ich  möchte  diese  beiden  Vorgänge  als 
den  der  Verdoppelung  und  den  der  Separation  unter- 
scheiden. In  manchen  Fällen,  so  bei  Diaulula  und  Echinus,  wo 
sich  die  Tochtercentrosomen  gleich  in  beträchtlicher  Entfernung 
von  einander  differenzieren,  sind  Verdoppelung  und  Separation 
vereint.  Ihre  Unterscheidung  ist  dagegen  von  Bedeutung  bei 
Centrosomen,  die  bei  ihrer  Teilung  sehr  klein  sind,  und  speciell 
in  Fällen  mit  langer  Zellen  ruhe,  indem  hier  die  Verdoppelung 
meist  schon  unmittelbar  nach  Entstehung  der  Zelle,  die  Sepa- 
ration aber  erst  als  Einleitung  zur  nächsten  Zellteilung  einzutreten 
scheint.  Das  erstere  Stadium  möchte  ich,  um  das  noch  Einheit- 
liche des  Gebildes  auszudrücken,  als  das  des  Doppelcentro- 
soms  bezeichnen  und  von  zwei  Centrosomen  erst  dann  sprechen, 
wenn  die  Separation  begonnen  hat.  Eine  scharfe  Grenze  zwischen 
^den  beiden  Etappen  besteht  natürlich  nicht. 

Wie  für  die  Chromosomen  ^),  so  kann  es  auch  für  die  Centro- 
somen keinem  Zweifel  unterliegen,  daß  die  Verdoppelung  eine 
selbständige  Lebensäußerung  ist  und  nicht  von  außen,  etwa  durch 
einen  von  entgegengesetzten  Seiten  thätigen  Zug  bewirkt  wird  ^). 
Des  weiteren  aber  scheint  mir  Grund  zu  der  Annahme  vorhanden 
zu  sein,  daß  auch  die  erste  Separation  in  den  meisten,  wenn 
nicht  in  allen  Fällen  eine  Funktion  der  Centrosomen  selbst  ist. 
Wir  kennen  jetzt  für  mehrere  Fälle  die  Erscheinung,  daß  ein  ge- 
wisser Bereich  des  Muttercentrosoms  zu  einem  Stiel  oder  einer 
Centralspindel  auswächst.  Diese  Bildungen  dürften  die  gleiche 
Funktion  besitzen,  die  wir  von  den  ganz  ähnlichen  Verbindungs- 
stielen der  Infusorienkerne  kennen,  daß  sie  die  Schwestcrgebilde 
bis  auf  eine  gewisse  Entfernung  auseinandertreiben.  Wodurch  die 
weitere  Auseinanderbewegung  bewirkt  wird,  hat  uns  hier  nicht  zu 
beschäftigen. 

Nur  ganz  kurz  mag  hier  die  Frage  berührt  werden,  ob  sich 
ein  Centrosoma  in  gewissen  F"  allen   in   verschieden - 

1)  Vgl.  BovEiu,  13,  S.  113. 

2)  Näheres   hierüber  in  Kapitel  V. 


-     113    — 

wertige  Hälften  teilt.  Die  Vermutung  liegt  nahe,  daß  da, 
wo  2  Schwesterzellen  in  ihren  Qualitäten,  vor  allem  aber  in  ihrer 
Größe  verschieden  sind,  eine  Verschiedenheit  der  Centrosomen 
das  Bedingende  sein  könnte.  Halten  wir  uns  in  dieser  Frage  an 
das,  was  zu  sehen  ist,  so  ist  mir  weder  aus  eigener  Erfahrung, 
noch  aus  der  Litteratur  ein  Fall  bekannt,  wo,  etwa  bei  den  Ovo- 
cytenteilungen  oder  bei  der  Entstehung  von  Mikromeren,  die 
Schwestercentrosomen  bei  ihrer  Entstehung  sich  verschieden  dar- 
gestellt hätten.  Auch  bei  der  ersten  Teilung  des  Ascaris-Eies, 
das,  wie  schon  Hallez  (51)  erkannt  hat,  in  2  an  Größe  und 
Qualität  verschiedene  Tochterzellen  zerfällt,  sind  die  Centrosomen, 
die  für  die  beiden  Blastomeren  bestimmt  sind,  nicht  zu  unter- 
scheiden. Allerdings  sind  Fälle  beschrieben  worden,  wo  bei  in- 
äqualer Zellteilung  die  beiden  Cytocentren  in  späteren  Stadien 
verschieden  aussehen.  Allein  hier  ist  die  Annahme  einer  differen- 
tiellen  Teilung  nicht  im  mindesten  mehr  berechtigt,  als  die  einer 
nachträglichen  verschiedenen  Einwirkung  der  protoplasmatischen 
Umgebung.  —  Gewisse  Experimente  von  Driesch  ^)  über  Ver- 
änderung des  Furchungstypus,  wenn  auch  nicht  zur  Prüfung  dieser 
Frage  unternommen,  sprechen  im  gleichen  Sinne.  Es  scheint  mir 
aus  denselben  unweigerlich  hervorzugehen,  daß  die  Mikromeren- 
bildung  des  Seeigel-Eies,  also  eine  sehr  ausgeprägte  inäquale 
Zellteilung,  lediglich  in  Verhältnissen  des  Protoplasmas,  nicht  aber 
in  einer  differentiellen  Centrosomenteilung  ihren  Grund  hat.  Ob 
eine  solche  überhaupt  vorkommt,  dies  festzustellen  bleibt  weiteren 
Forschungen  vorbehalten. 


Endlich  sei  hier  noch  die  Behauptung  M.  Heidenhain's  be- 
sprochen, daß  die  Centralkörper  sich  durch  Knospung  ver- 
mehren. Daß  diese  Behauptung,  mag  sie  sich  nun  auf  Centrosomen 
oder  Centriolen  beziehen,  in  der  Allgemeinheit,  in  der  sie  von  ihrem 
Autor  aufgestellt  wird  (55,  S.  255),  keiner  Widerlegung  bedarf,  ist 
klar.  Es  fragt  sich  nur,  ob  sie  überhaupt  für  irgend  einen  Fall 
Giltigkeit  beanspruchen  kann.  Die  Objekte,  für  welche  Heidenhain 
diese  Art  der  Vermehrung  beschreibt,  sind  gewisse  Säugetier- 
zellen, speciell  die  Lymphocyten  vom  Kaninchen-Knochenmark. 
Zunächst  ist  zu  erwähnen,   daß  die  Abbildungen,  die  Heidenhain 


1)  Vgl.  dessen  soeben  erschienene  zusammenfassende  Dar- 
stellung in  den  Ergebnissen  der  Anatomie  und  Entwickelungs- 
geschichte  (34). 

Boveri,  Zellen-Studien.    IV.  Q 


—     114     — 

von  den  fraglichen  Zellen  giebt,  für  eine  Vermehrung  (Fort- 
pflanzung) der  dargestellten  Körperchen ,  welcher  Art  dieselbe 
auch  sein  möge,  überhaupt  nichts  beweisen.  Ein  Vorgang,  wie 
Teilung  oder  Knospung,  kann  entweder  durch  Beobachtung  im 
Leben  nachgewiesen  werden,  oder  dadurch,  daß  von  konservierten 
Objekten  eine  Serie  von  Zuständen  gegeben  werden  kann,  von 
denen  einer  aus  dem  anderen  sich  ableiten  läßt  und  deren  richtige 
Aneinanderfügung  durch  andere  damit  parallel  gehende  Prozesse, 
deren  Verlauf  bereits  klargestellt  ist,  garantiert  wird.  Wenn 
also  z.  B,  in  den  Centrosomen  des  Seeigel-Eies  in  manchen  Fällen 
ein  kugeliges  Centriol,  in  anderen  ein  gestrecktes,  in  wieder  anderen 
zwei  gefunden  werden,  und  wenn  diese  verschiedenen  Befunde  der 
Art  mit  den  im  Leben  zu  verfolgenden  Teilungsphasen  zusammen- 
fallen, daß  das  einfache  Centriol  immer  auf  den  früheren,  das 
doppelte  auf  späteren  Stadien,  das  gestreckte  auf  mittleren  zur 
Beobachtung  kommt,  so  ist  damit  die  Teilung  bewiesen. 

Betrachtet  man  nun  die  fraglichen  Gebilde  der  Leukocyten, 
wie  sie  Heidenhain  in  55,  S.  244  wieder  reproduziert  hat,  so 
wird  man  aus  diesen  Bildern  den  Beweis  einer  Vermehrung  und 
speciell  einer  Vermehrung  durch  Knospung  nicht  entnehmen 
können.  Vor  allem  muß  es  fraglich  erscheinen,  ob  die  verschiedenen 
Körperchen ,  die  sich  neben  einander  finden ,  überhaupt  Gebilde 
von  gleicher  Wertigkeit  sind.  Den  meisten  Bildern  nämlich  ist 
gemeinsam,  daß  zwei  intensiv  schwarze  Kügelchen  vorliegen,  die 
durch  eine  einseitig  vorspringende,  öfter  geknickte,  schwächer 
färbbare  Brücke  verbunden  sind.  Oft  ist  die  Mitte  dieser  Brücke 
verdickt,  und  die  Eigenschaften  der  Eisenhämatoxyliufärbung 
machen  es  sehr  wahrscheinlich,  daß  bei  stärkerer  Entfärbung  nur 
dieser  verdickte  mittlere  Bereich  die  Farbe  bewahrt,  während  die 
Seitenteile  schon  farblos  sind.  So  würde  dann  das  Bild  eines 
dritten  Körperchens  entstehen,  wie  es  in  vielen  Figuren  zu  sehen 
ist.  Die  Bilder  Heidenhain's  erinnern  sehr  entschieden  an  gewisse 
Fälle,  die  ich  von  dem  sich  teilenden  Centrosom  der  Ascaris- 
Blastomeren  oben  beschrieben  habe  (Fig.  97a),  wo  auch  in  der 
Mitte  des  Verbindungsstieles  einseitig  vorspringend  ein  kleines 
Körperchen  sichtbar  ist,  von  welchem  es  hier  nicht  zweifelhaft  ist, 
daß  niemals  ein  Centrosom  daraus  wird.  Auch  Kostanecki  und 
Siedlecki  (73)  bilden  an  dem  Doppelcentrosom  von  Salamaudra- 
Leukocyten  ein  kleines  Körperchen  ab,  das  dem  bei  Ascaris  zu 
beobachtenden  wohl  entsprechen  könnte. 

Wenn    Heidenhain   für   drei  seiner  Bilder   in   der   Figuren- 


—     115    — 

erklärung  sagt,  daß  liier  das  kleinste  Centralkörperchen  als  soeben 
neu  entStauden  zu  denken  sei,  so  scheint  mir  durch  diese  Aus- 
drucksweise das  Gewicht,  welches  den  fraglichen  Bildern  für  die 
Behauptung  einer  Knospung  zukommt,  ziemlich  richtig  gekenn- 
zeichnet zu  sein.  Zu  alledem  bedenke  man  noch,  daß  die  Figuren 
in  nahezu  5000-facher  Vergrößerung  gezeichnet  sind. 

Danach  scheint  es  mir  zwar  wohl  möglich  zu  sein,  daß  bei 
den  Leukocyten  des  Kaninchens  ein  solcher  Prozeß,  wie  Heiden- 
hain ihn  sich  denkt,  vorkommt;  und  ich  werde  unten  einen 
Versuch  machen,  zu  zeigen,  wie  eine  derartige  Vermehrung  sich 
mit  der  typischen  ohne  Zwang  in  Einklang  bringen  ließe.  Aber 
der  Beweis  für  ihr  Vorkommen  steht  noch  aus.  Jedenfalls  darf 
jetzt  schon  behauptet  werden,  daß  auch,  wenn  dieser  Beweis  ge- 
liefert wäre,  dieser  Fall  eine  Ausnahme  vorstellen  würde,  die 
um  so  weniger  als  Paradigma  dienen  kann,  als  niemand  anzugeben 
vermag,  was  aus  einem  solchen  Leukocyten  weiterhin  wird,  ob  er 
sich  überhaupt  noch  teilt,  ob  er  zur  Bildung  einer  normalen  zwei- 
poligen Teilungsfigur  befähigt  ist  oder  ob  er  unter  Bildung  mehr- 
poliger Mitosen  zu  einer  Riesenzelle  entartet. 

Aus  dem  Gesagten  ergiebt  sich,  was  ich  hinzuzufügen  nicht 
unterlassen  will,  daß  die  konstatierte  Unsicherheit  in  der  Natur 
des  untersuchten  Objektes  ihren  Grund  hat,  nicht  in  der  Unter- 
suchung; und  ich  erkenne  das,  was  Heidenhain  an  den  Leuko- 
cyten an  Beobachtung  geleistet  hat,  jetzt  wie  früher  rück- 
haltlos an. 


Kapitel  IIL 
Das  Verhältnis  Ton  Centrosom  und  Centriol  zur  Sphäre. 

Diese  Beziehungen  sollen  hier  nur  so  weit  betrachtet  werden, 
als  sie  mit  den  vorstehend  behandelten  Eigenschaften  der  Centro- 
somen in  Zusammenhang  stehen.  Alle  diejenigen  Beziehungen, 
welche  die  Natur  der  Sphären  betreffen,  haben  uns  hier  nicht 
zu  beschäftigen.  Doch  ist  es  notwendig,  einige  Bemerkungen  über 
die  Sphären  selbst  vorauszuschicken,  insofern  nämlich  für 
unsere  Probleme  eine  richtige  Fragestellung  hiervon  abhängt. 

Für  Van  Beneden  (5)  war  bekanntlich  das  corpuscule  central 
nur  einfach  das  Insertionsorgan  für  die  Radien  der  sphere  attractive, 

8* 


—     116     — 

die  als  ein  dauerndes  Zellenorgan  jenes  Körperclien  als  dauerndes 
Centralgebilde  enthalten  sollte.  Demgegenüber  habe  ich,  trotz 
großer  Uebereinstimmung  mit  Van  Beneden  hinsichtlich  der  Be- 
ziehung zwischen  Centrosom  und  Sphäre  während  des  karyo- 
kinetischen  Prozesses,  von  Anfang  an  als  dauerndes  Organ  nur 
das  Centrosoma  betrachtet,  die  Sphäre  dagegen  als  eine  Bildung, 
welche  durch  die  Einwirkung  des  Ceutrosoms  auf  die  Zellsubstanz 
hervorgebracht  wird,  wie  am  besten  das  Sperma-Centrosoma  lehrt, 
welches  als  ein  ganz  nacktes  Körperchen  sich  seine  Astrosphäre 
aus  protoplasmatischen  Bestandteilen  einer  anderen  Zelle  erzeugt. 
Aber  auch  viele  Fälle  von  Centrosomenteilung,  bei  denen  die 
specifische  Substanz  der  alten  Sphäre  im  Umkreis  des  sich  teilenden 
Centrosoms  erhalten  bleibt,  belehren  uns  darüber,  daß  die  neuen 
Centren  ihre  Strahlensysteme  als  etwas  der  Struktur  nach  Neues, 
oft  sogar  in  direktem  Widerstreit  mit  der  noch  fortbestehenden 
monocentrischen  Strahlung  erregen  i). 

Die  im  Anschluß  an  die  freilich  nur  angedeutete  Auffassung 
Van  Beneden's,  von  Rabl,  Heidenhain,  Kostanecki  u.  a.  ge- 
äußerten Vorstellungen,  wonach  dauernde  Radiensysteme  bei  der 
Teilung  der  Centrosomen  in  zwei  Hälften  zerlegt  werden  und  sich 
in  den  Tochterzellen,  etwa  durch  Radienspaltung,  wieder  ergänzen 
sollen,  konnten  bisher  nicht  für  einen  einzigen  Fall  auch  nur  im 
geringsten  wahrscheinlich  gemacht  werden. 

Die  Radiensysteme  um  jedes  neugebildete  Cen- 
trosom entstehen  neu;  und  damit  erheben  sich  in  Bezug  auf 
die  Struktur  und  Teilung  der  Centrosomen  die  folgenden  Fragen: 

1)  Von  welchem  Teile  des  Centrosoms  hängt  die  Sphären- 
liildmi^  und  überhaupt  die  ganze  Beziehung  zur  Sphäre  ab? 


1)  Auf  die  Frage  nach  der  Substanz  der  Sphären  gehe  ich  hier 
nicht  näher  ein.  Daß  das  Plasma  der  Sphären  des  Ascaris-Eies 
und  vieler  anderer  Zellen  sich  von  dem  übrigen  Protoplasma  dieser 
Zellen  unterscheidet,  kann  sowohl  nach  meinen  früheren  Erfahrungen, 
als  auch  nach  Färbungsversuchen  an  Schnitten,  die  ich  seither  ge- 
macht habe,  keinem  Zweifel  unterliegen.  Ob  es  sich  dabei,  wie  ich 
früher  annehmen  zu  müssen  glaubte,  um  einen  besonderen  dauernd 
unterscheidbaren  Protoplasmabestandteil  handelt,  der,  für  gewöhn- 
lich überall  verteilt,  sich  um  die  Centrosomen  ganz  oder  teilweise 
zusammenzieht  und  zu  radiären  Zügen  anordnet,  oder  um  eine  Um- 
wandlung des  gewöhnlichen  Plasmas  unter  dem  Einfluß  jener  Cen- 
tren, lasse  ich  unentschieden.  Unter  allen  Umständen  findet  eine 
Ansammlung  dichterer  Zellsubstanz  um  die  Centrosomen  und  Zurück- 
drängung von  Zwischensubstanz  statt. 


—     117     — 

2)  Steht  die  Teilung  des  Centrosoms  mit  der  Sphärenbilduug 
in  einem  gewissen  Verhältnis? 

Die  erste  Frage  läßt  sich  genauer  so  formulieren:  ist  es  das 
Centroplasraa  oder  dasCentriol,  welchesdie  Strah- 
lung erregt  und,  sie  beeinflussend  oder  von  ihr 
beeinflußt,  als  ihr  „Centrum"  in  irgend  einem  Sinne 
anzusehen  ist? 

Hier  habe  ich  vor  allem  zu  betonen,  daß  die  Sphärenstrahlen 
in  allen  von  mir  untersuchten  Objekten  nicht  bis  an  das  Centriol 
herangehen,  oder  mit  anderen  Worten,  daß  das  Gebilde,  welches 
ich  mit  Van  Beneden  Centralkörperchen  oder  Centrosoma  nenne, 
keinen  strahligen  Bau  besitzt.  Dies  ist  sogar  vorläufig  eines  der 
obersten  Charakteristiken  des  als  Centrosoma  zu  bezeichnenden  Ge- 
bildes, womit  nicht  in  Widerspruch  steht,  daß  das  abgestoßene 
Centroplasma  sich  metamorphosieren  und  zum  Aufbau  neuer 
Sphärenstrahlen  Verwendung  finden  kann. 

Wenn  also  das  Centriol  „Radiencentrum"  sein  soll,  so  kann 
es  dies  von  vornherein  nicht  im  Sinne  eines  Insertionsorgans 
sein,  als  welches  allein  das  Centrosom  in  Betracht  kommt,  sondern 
lediglich  in  der  Bedeutung,  daß  es,  ähnlich  wie  ein  Magnetpol 
Eisenfeile,  gewisse  Protoplasmateilchen  in  radiäre  Bahnen  ordnet, 
eine  Wirkung,  die  es  entfalten  würde  durch  eine  nicht  strahlig 
beeinflußbare  Substanz  (Centroplasma)  hindurch,  ähnlich  einem  in 
Papier  gewickelten  Magnet. 

Diese  Annahme  wäre  unter  Zuhilfenahme  einiger  Hilfsan- 
nahmen für  die  meisten  Objekte  wohl  zulässig,  indem  da,  wo  das 
Centrosom  kugelig  ist  und  das  Centriol  in  dessen  Mittelpunkt 
liegt,  die  Radien  ebenso  wohl  auf  das  Centriol  als  auf  das  Centro- 
som centriert  sind.  Dagegen  scheinen  mir  die  Erfahrungen,  die 
ich  am  Seeigel-Ei  gemacht  habe,  die  Annahme,  daß  die  Centriolen 
die  Strahlung  erregen,  nicht  zu  gestatten.  Ich  verweise  dazu  auf 
Fig.  46,  47,  49  (Taf.  IV).  Die  Centrioleu  sind  bei  der  Centro- 
somenteilung wie  später  winzig  kleine,  annähernd  kugelige  Körper- 
chen, die  Radien  der  neuen  Systeme  müßten  also,  wenn  in  diesem 
Körnchen  ihr  Centrum  gegeben  wäre,  auf  einen  Punkt  zusammen- 
laufen. Das  ist  jedoch,  wie  besonders  einzelne  Seitenansichten 
(Fig.  49)  erkennen  lassen,  nicht  der  Fall.  Die  Radien  sind  zwar  in 
ihrem  Verlauf  nicht  gleichmäßig  auf  die  ganze  Centroplasmascheibe 
verteilt,  sondern  konvergieren  deutlich  auf  zwei  Stellen,  in  denen 
nach  den  Bildern  der  anderen  Serie  die  Centriolen  liegen.  Allein 
wenn  man  nun  alle  Strahlen  in  diese  Anlagen  der  Tochtercentro- 


—     118     — 

somen  verlängert,   so  ergiebt  sich,   daß  sie  nicht  in  dem  Centriol 
zusammentreffen  können. 

Neben  diesem  Argument  giebt  es  dann  noch  eine  ganze  Reihe 
anderer,  welche  eine  direkte  Beziehung  des  Centriols  zur  Sphäre 
ebenso  unwahrscheinlich  machen,  wie  sie  andererseits  überein- 
stimmend  auf  das  Centrosom   als   deren  Centralorgan   hinweisen. 

Ich  führe  davon  vor  allem  die  auffallende  Beziehung  an,  die 
zwischen  dem  Wachstum  des  Centrosoms  und  der  Ver- 
änderung der  Sphäre  (Wachstum,  Veränderung  in  der  Beschaffen- 
heit der  Radien  etc.)  besteht  (vergl.  besonders  die  Abbildungen 
von  Ascaris-Eiern ,  P'ig.  81—87,  Taf.  VI),  während  zwischen 
Centriol  und  Sphäre  eine  solche  Beziehung  nicht  nachweis- 
bar ist. 
/  Eine  zweite  wichtige  Thatsache  ist  die,  daß  sich  die  Gestalt 

V  der  Sphäre  mit  der  Form  des  Centrosoms  ändert.  Sehr 
klar  ist  dies  zu  sehen  beim  Uebergang  des  Diaulula-Centrosoms 
zur  Spindel,  wie  schon  Mac  Farland  betont  und  dahin  zusammen- 
gefaßt hat,  daß  „als  Centrum  der  ,organischen  Radien'  nicht  das 
Centralkorn ,  sondern  das  ganze  Centrosom  angesehen  werden 
muß".  '  Ein  ganz  entsprechender  Zusammenhang  zwischen  Cen- 
trosom und  Sphäre  tritt  uns  bei  der  vorübergehenden  Abplat- 
tung des  Centrosoms  entgegen,  wie  sie  besonders  im  Ascaris-Ei 
vorkommt  und  mit  einer  ganz  entsprechenden  Umformung  und 
Differenzierung  der  Sphäre  parallel  geht.  Die  Centriolen,  auf 
diesem  Stadium  meist  schon  in  der  Zweizahl  vorhanden,  stehen 
zu  dieser  Umformung  der  Sphäre  in  gar  keiner  Beziehung,  wie  am 
besten  daraus  hervorgeht,  daß  die  Abplattung  von  Centrosom  und 
Sphäre  sich  in  der  Richtung  der  alten  Teilungsachse  vollzieht, 
während  die  Verbindungslinie  der  Centriolen  jeden  beliebigen 
Winkel  dazu  bilden  kann  (Fig.  103,  Taf.  VIII). 

Die  gleiche  Erscheinung,  nur  wieder  in  anderer  Form,  zeigt 
sich  an  den  eigentümlichen,  lang-stiftförmigen  Centrosomen,  wie 
sie  im  Seeigel-Ei  und  dessen  Tochterzellen  zur  Beobachtung 
kommen  und  kaum  als  Abnormität  aufgefaßt  werden  dürfen.  Ich 
habe  einen  solchen  Fall  in  Fig.  53  (Taf.  IV)  abgebildet.  Auch 
hier  richtet  sich  der  Verlauf  der  Radien  nach  der  Form  des 
Centrosoms. 

Es  ist  bei  Beurteilung  dieser  Erscheinungen  gleichgiltig,  ob 
man  die  betrachteten  Umformungen  der  Sphäre  als  durch  Ver- 
änderung des  Centrosoms  bedingt  ansieht,  oder  ob  man  die  meines 
Erachtens  unwahrscheinlichere  Ansicht  vertritt,   daß'  die   Sphären 


—     119    — 

durch  eine  in  ihnen  selbst  gelegene  Ursache,  oder  von  ihrer  Um- 
gebung aus  bestimmt,  ihre  Form  verändern  ^nd  die  Centrosomen 
entsprechend  umgestalten ;  in  keinem  Falle  sehen  wir  etwas,  was 
auf  eine  Einwirkung  oder  Beeinflussung  der  Centriolen  deuten 
könnte. 

Auf  Grund  dieser  Thatsachen  glaube  ich  für  die  mir  be- 
kannten Objekte  den  Satz  aufstellen  zu  können,  daß  das  Cen- 
triol  weder  als  Insertionspunkt  der  Radien,  noch 
als  Erregungscentrum  für  dieselben  augesehen 
werden  kann.  Die  ganze  Beziehung  zur  Sphäre  liegt 
dem  Centrosom  ob;  das  Centriol  dagegen  hat  in 
diesem  die  Funktion  eines  Central-  und  Teilungs- 
organs. 

Ob  andere  Erfahrungen  dazu  nötigen  werden,  diesen  Satz  zu 
modifizieren  oder  umzustoßen,  wird  die  Zukunft  zeigen.  Schon 
jetzt  liegen  ja  Angaben  vor,  wonach  die  Sphärenstrahlen  entweder 
dauernd  oder  wenigstens  zu  gewissen  Zeiten  direkt  bis  an  Körper- 
chen herantreten  sollen,  von  denen  nach  ihrer  Größe,  nach  dem 
Zeitpunkte  ihrer  Teilung  und  anderen  Merkmalen  kaum  ein  Zweifel 
sein  kann,  daß  sie  Centriolen  sind.  So  ist  es  nacli  Lillie  (77) 
bei  Unio,  nach  Mead  (80)  bei  Chaetopterus.  Nachdem  jedoch 
für  Ascaris  und  Echinus  ganz  entsprechende  Annahmen  mit 
Unrecht  gemacht  worden  sind,  scheint  mir  auch  für  die  ge- 
nannten Objekte  eine  Nachprüfung  notwendig  zu  sein.  Bevor 
eine  solche  vorliegt,  sei  es  gestattet,  einige  Möglichkeiten  nam- 
haft zu  machen,  wie  die  in  Eede  stehenden  Angaben  von  meinem 
Standpunkte  aus  erklärt  werden  können.  Die  Verhältnisse  im  Ei 
von  Ascaris  und  Echinus  4egen  vor  allem  die  Vermutung  nahe, 
daß  es  sich  in  manchen  der  hierher  gehörigen  Fälle  um  nichts 
anderes  als  eine  optische  Täuschung  handelt,  die  dadurch  zustande 
kommt,  daß  sich  in  den  betreffenden  Präparaten  das  wahrschein- 
lich körnige  oder  schaumige  Centroplasma  gegenüber  den  Sphären- 
strahlen nur  sehr  undeutlich  abgrenzt,  und  daß  das  Auge  sich 
aus  den  Granulationen  des  Centroplasmas  unwillkürlich  Züge  zu- 
sammensetzt, die  in  der  Verlängerung  der  peripheren  Radien 
liegen  und  also  eine  Fortsetzung  derselben  bis  an  das  Centriol 
vortäuschen.  Schon  E.  FtJRST  (46)  hat  auf  diese  Möglichkeit  den 
Angaben  von  Kostanecki  und  Siedlecki  gegenüber  hingewiesen 
und  hierbei  folgenden  Versuch  empfohlen  (S.  109):  „Man  mache 
auf  ein  Blatt  Papier  einen  schwarzen  Punkt,  umgebe  diesen  mit 
Bleistift  mit  einem  kreisförmigen   Hof  einer  zarten,   ganz   gleich- 


120    — 


r^:,2/X^ 


mäßigen  Köriielung  und  füge  daran  nach  außen,  ohne  scharfe  Ab- 
grenzung, körnige  Radien,  die  auf  den  schwarzen  Punkt  centriert 
sind.  Betrachtet  man  dieses  Bild,  so  glaubt  man  auch  in  dem 
centralen  Hof  eine  Radialstruktur  mit  großer  Deutlichkeit  zu  er- 
kennen ;  bedeckt  man  die  Radien  wieder  durch  ein  Stück  Papier 
mit  kreisförmiger  Oeffnung,  welche  gerade  den  centralen  Hof  frei- 
läßt, so  ist  man  überrascht,  daß  dieser  Eindruck  wieder  völlig 
verschwindet.  Der  Versuch  zeigt  also,  wie  leicht  der  Eindruck 
einer  radiären  Struktur  entstehen  kann,  ohne  daß  dieselbe  an  der 
betreffenden  Stelle  wirklich  vorhanden  ist." 

■  Eine  zweite  Möglichkeit,  die  unter  Umständen  zu  Täuschungen 
führen  könnte,  ergiebt  sich  aus  den  Erfehrungeu  A.  Fischer's  (38) 
über  die  künstliche  Erzeugung  von  Strahlungen  in  Eiweißkörpern. 
Es  ist  nicht  undenkbar,  daß  im  Centroplasma  mancher  Zellen  Be- 
dingungen vorliegen,  die  denen  in  einer  toten  Hollundermarkzelle, 
die  mit  Eiweiß  imprägniert  ist,  ähnlich  sind,  und  daß  sich  also 
bei  der  Einwirkung  von  Reagentien,  um  das  Centriol  als  dichteren 
Körper,  künstliche  Strahlungen  ausbilden  könnten.  Viel- 
leicht ließen  sich  auf  diese  Weise  manche  Widersprüche  der 
Litteratur  erklären.  Die  allgemeine  Meinung  ist  ja  die,  daß,  wenn 
bei  zwei  identischen  Objekten  an  dem  einen  nach  der  Konservierung 
radiäre  Struktur  sich  findet,  am  anderen  nicht,  der  erstere  Zu- 
stand als  dem  Leben  entsprechend  anzusehen  sei.  Vielleicht  ist 
es  viel  richtiger,  das  Gegenteil  anzunehmen.  Wenigstens  ist  nicht 
einzusehen,  warum  in  einer  vorzüglich  konservierten  Radieakugel 
plötzlich  von  einer  bestimmten  Zone  an  oach  innen  die  Radien 
verdorben  sein  sollten.  Viel  eher  scheint  es  mir  auf  Grund  der 
Experimente  Fischer's  möglich  zu  sein,  daß  ein  homogenes  Areal 
bei  der  Konservierung  radiäre -Struktur  annimmt. 

Endlich  ist  es  mit  meiner  Auffassung  nicht  unverträglich,  daß 
in  Centrosomen  eine  Radiärstruktur  im  Leben  wirklich  vorhanden 
ist;  nur  müßte  dieselbe  von  der  der  Sphäre  wesentlich  ver- 
schieden sein.  Um  dies  näher  zu  erklären,  knüpfe  ich  an  die 
Verhältnisse  des  sich  teilenden  Centrosoms  in  den  Ovocyten  von 
Diaulula  an.  Dort  wird,  wie  Mac  Farland  gezeigt  hat,  eine 
mittlere  Zone  des  in  einer  ^Dimension  sehr  stark  wachsenden 
Muttercentrosoms  zur  Centralspindel,  während  die  Enden  sich  zu 
den  beiden  Tochtercentrosomen  individualisieren.  Der  zur  Central- 
spindel auswachsende  Teil  stellt  zunächst  mit  den  Tochtercentro- 
somen ein  Ganzes  dar,  beide  gehen  ohne  scharfe  Grenze  in  einander 
über ;  nach  außen  ist  der  ganze  Komplex  aufs  schärfste  abgegrenzt. 


—     121     — 

In  dem  spindelförmigen  Körper  entwickelt  sich  nun  allmählich  eine 
Faserung,  die  man  zunächst  geneigt  sein  möchte,  mit  den  Radien- 
systenien  der  Sphären  in  eine  Rubrik  zu  stellen,  die  aber  gegen- 
über diesen  Strahlen,  welche  die  Centrosomen  im  Protoplasma 
erregen,  folgende  wichtige  Unterschiede  aufweist.  Vor  allem  be- 
steht sie  nicht  aus  selbständigen,  gestreckt  verlaufenden  Fädchen, 
sondern  sie  zeigt  sich  zusammengesetzt  aus  anastomosierenden 
Bälkchen ;  sie  ist  ein  Netzwerk,  vielleicht  ein  Schwammwerk,  dessen 
Hauptzüge  einen  der  Spindelachse  parallelen  Verlauf  nehmen. 
Schon  dieser  Umstand  spricht  dagegen,  daß  diese  Faserung  von 
den  sich  differenzierenden  Tochtercentrosomen  nach  Art  von 
Sphärenstrahlen  hervorgerufen  wird  ;  vielmehr  dürfte  die  nächst- 
liegende Deutung  die  sein,  daß  bei  dem  Wachstum  des  Gebildes 
eine  Scheidung  in  einen  dichteren  und  einen  weniger  dichten  Be- 
standteil stattfindet,  und  daß  der  dichtere  sich  in  der  Streckungs- 
richtung des  spindelförmigen  Körpers  mitstreckt.  Ein  wichtigeres 
Argument  im  gleichen  Sinne  ist  dieses,  daß  die  Faserung  der 
Centralspindel  sich  ausbildet,  lange  bevor  die  Tochtercentrosomen 
zur  Sphärenbildung  befähigt  sind  (vgl.  die  Figuren  auf  Taf.  II). 
Endlich  zeigt  der  faserige  Körper  seine  Gegensätzlichkeit  zur 
Sphäre  aufs  klarste  darin,  daß  die  Radien  der  alten  Sphäre  stets 
auf  die  wachsende  Spindelfigur  als  Ganzes  centriert  sind,  daß  diese 
also  das  Sphärencentrum  repräsentiert. 

Dieser  Fall   beweist,   daß   in   einem  Centrosom   eine   faserige  ■ 

Struktur  auftreten  kann,  welche  von  der  Fadenstruktur  der  Sphären  ) 
ihrer  Entstehung  nach  prinzipiell  verschieden  ist.  Es  wäre  nun 
sehr  wohl  denkbar,  daß  auch  in  einem  kugeligen  Centrosom  bei 
seinem  Heranwachsen  zu  einer  immer  größeren  Kugel  eine  ähnliche 
Differenzierung  in  eine  dichtere  und  eine  weniger  dichte  Sub- 
stanz stattfinden  und  daß  in  diesem  Falle  nun ,  bei  dem  all- 
seitigen konzentrischen  ^Yachstum,  eine  radiäre  Streckung  der 
dichteren  Teile  eintreten  könnte.  Diese  Radiärstruktur  des  Centro-  1 
soms  würde  in  die  Verlängerung  der  Sphärenstrahlen  zu  liegen 
kommen,  und  so  würde  die  Sphäre  sich  scheinbar  bis  an 
das  Ceutriol  erstrecken.  Scheinbar;  denn  die  Radiärstruktur 
des  Centrosoms  und  die  radiäre  fädige  Anordnung  protoplas- 
matischer  Bestandteile  um  dasselbe  würden  nicht  viel  mehr 
mit  einander  zu  schaffen  haben  als  die  in  einem  befruchteten  Ei 
von  dem  im  Mittelpunkt  angelangten  Spermocentrum  bis  zur  Ei- 
oberfläche  sich  erstreckende  Strahlensonne  mit  der  Radiärstruktur 
der  das  Ei  umgebenden  Zona  pellucida. 


—     122     — 

Ob  diese  Erklärungsweise  für  manche  Fälle  zutrifft,  werden 
weitere  Untersuchungen  festzustellen  haben.  Doch  kann  schon 
jetzt  bemerkt  werden,  daß  manche  Bilder,  welche  in  einem  Bereich, 
der  ofienbar  dem  Centrosom  entspricht,  Radiärstruktur  aufweisen, 
einen  auffallenden  Gegensatz  derselben  in  ihrer  Beschafl'enheit 
gegenüber  den  Sphärenstrahlen  darbieten.  Es  sei  hierfür  nur  auf 
Fig.  7F  bei  Lillie  (77)  hingewiesen. 


Wir  kommen  nun  zu  unserer  zweiten  Frage:  ob  die  Teilung 
des  Centrosoms  mit  der  Sphärenbildung  in  irgend  welcher 
Beziehung  steht.  Schon  aus  den  vorhergehenden  Erörterungen 
geht  eine  solche  Beziehung  insofern  hervor,  als  nach  jeder  Teilung 
früher  oder  später  um  jedes  Tochtercentrosom  eine  neue  Sphäre 
entsteht.  Da  nun  die  Sphäre  nicht  eine  dauernde  und  stets  gleiche 
Bildung  ist,  sondern,  von  minimalen  Anfängen  ausgehend,  sich  immer 
mächtiger  entfaltet,  in  diesem  Zustand  ihre  karyokinetische  Wirk- 
samkeit ausübt  und  dann  wieder  dahinschwindet,  so  fragt  es  sich, 
wie  viele  solche  „Sphären"  zwischen  2  Teilungen  entstehen  können, 
oder  anders  ausgedrückt,  ob  jede  Generation  von  Centrosomen  zur 
Erzeugung  einer  oder  mehrerer  Sphären  befähigt  ist  ^).  Diese  für 
das  Verhältnis  der  Centrosomen  zur  Zellteilung  hochwichtige  Frage 
muß,  wie  mir  scheint,  dahin  beantwortet  werden,  daß  normaler- 
weise jedes  Centrosom  nur  einmal  eine  Sphäre  erzeugen  kann. 
Doch  ist  hier  eine  Unterscheidung  zu  machen,  deren  Erläuterung 
ich  an  die  Verhältnisse  im  Ascaris-Ei  anknüpfen  will.  Wir  finden 
dort  die  Astrosphären  in  ihrer  Ausbildung  mit  dem  Wachstum 
der  Centrosomen  Schritt  halten;  mit  der  Reduktion  der  Centro- 
someu  bilden  sich  auch  die  Sphären  wieder  zurück.  Aber  doch 
findet  während  dieser  letzteren  Periode  noch  einmal  eine  Neu- 
bildung von  Strahlen  und,  wenn  man  also  will:  eine  Sphären- 
Neubildung  statt;  denn  wir  sehen  an  das  red  uzi er te  Centro- 
som direkt  Radien  herantreten.  Allein  eine  wirkliche,  aus  weit 
auslaufenden  Fädchen  bestehende  Strahlensonne  bildet  sich  um 
das  Muttercentrosom  nicht  mehr  aus,  solche  entstehen  erst  wieder 
um  die  Tochtercentrosomen.  Aus  dieser  Betrachtung  dürfte  her- 
vorgehen, daß  der  Ausdruck  Sphäre  oder  Astrosphäre,  mit  dem 
alle  beliebigen  Differenzierungen  im  Umkreis  des  Centrosoms  be- 


1)  Von  Fällen,  wo  die  Sphäre  vor  oder  auf  ihrer  vollen  Ent- 
faltung durch  Herstellung  abnormer  Bedingungen  unterdrückt  wird 
und  darauf  wieder  normale  Bedingungen  eintreten,  ist  hier  abgesehen. 


—    123    - 

zeichnet  zu  werden  pflegen,  nicht  für  alle  hier  vorliegenden  Be- 
ziehungen ausreicht.  Schon  Fol  (43)  hat  dies  erkannt.  Er  betont 
nachdrücldichst,  daß  man  die  im  Seeigel-Ei  in  der  Umgebung 
der  Cytocentren  auf  verschiedenen  Stadien  auftretenden  Radien- 
systeme nicht  identifizieren  dürfe;  er  unterscheidet  Sijhären, 
die  nur  aus  Strahlungen  (rayonnements),  und  solche,  die  aus 
Strahlen  (rayous)  zusammengesetzt  sind.  Die  ersteren  haben  nach 
seiner  Auffassung  auf  den  Namen  wirklicher  „Asteren"  keinen 
Anspruch. 

Ob  sich  nun  eine  derartige  Unterscheidung  wird  durchführen 
lassen,  ist  mir  zweifelhaft;  wohl  aber  glaube  ich,  daß  es  zweck- 
mäßig sein  wird,  für  die  zu  karyokinetischer  Wirksamkeit  be- 
fähigten Radiensysteme  einen  besonderen  Ausdruck  einzuführen, 
sie  etwa  als  „Kinosphären"  aus  dem,  was  man  inditferent 
Sphäre  nennt,  herauszuheben.  Danach  wäre  z.  B.  das  Radien- 
system, das  im  Ei  um  das  Spermatocentrum  auftritt,  wahrschein- 
lich keine  Kinosphäre. 

Der  oben  schon  ausgesprochene  Satz  würde  jetzt  genauer  so 
zu  formulieren  sein,  daß  um  jedes  Centrosomen-Individuum  nor- 
maler Weise  nur  einmal  eine  Kinosphäre  auftritt  und  also  nur 
ein  einmaliger  karyokinetischer  Prozeß  an  dieses  Centrosora  ge- 
knüpft ist.  —  Es  ist  dies  nichts  anderes  als  eine  Umschreibung 
der  Thatsachen ;  allein  die  Betonung,  die  durch  diese  Umschreibung 
dem  Sachverhalt  gegeben  wird,  ist,  wie  mir  scheint,  von  großer 
Wichtigkeit.  Dies  wird  sich  unten  zeigen,  wo  von  dem  Ver- 
hältnis der  Centrosomenteilung  zur  Zellteilung  die  Rede  sein  wird. 


Kapitel  IV. 
Kriterien,  ol)  Ceiitrosom  oder  Centriol. 

Im  Vorstehenden  sind  .schon  die  wesentlichsten  Kennzeichen 
enthalten ,  die  sich  einerseits  für  Centrosomen ,  andererseits  für 
Centriolen  aufstellen  lassen,  und  die,  wo  es  sich  um  die  Frage 
handelt,  was  in  einem  bestimmten  P'alle  vorliegt,  als  Kriterien  zu 
dienen  haben.  Ich  stelle  die  einzelnen  Punkte  hier  übersichtlich 
zusammen,  wobei  aber  auch  gerade  diejenigen  Momente,  welche 
mit  Unrecht  als  entscheidende  Merkmale  angesehen  worden 
sind,  besprochen  werden  sollen. 


—     124    — 

1)  Die  Größe  im  Verhältnis  zur  Zelle.  Die  Centri- 
olen  sind  von  so  extremer  Kleinheit,  daß  sie  selbst  in  den  größten 
Zellen,  wie  den  Eiern,  auch  mit  den  stärksten  Vergrößerungen 
nur  als  kleine,  nicht  weiter  analysierbare  Pünktchen  erscheinen. 
In  sehr  kleinen  Zellen  lassen  sie  sich  überhaupt  nicht  mehr  nach- 
weisen, und  wenn  also  in  einer  kleinen  Zelle  ein  Körperchen  ge- 
funden wird,  das  bei  Eisenhämatoxylinfärbung  sofort  deutlich 
hervortritt,  vielleicht  schon  mit  einem  Trockensystem,  wie  Leitz 
7,  erkannt  werden  kann,  so  ist  die  Wahrscheinlichkeit  sehr  groß, 
daß  es  sich  um  das  Centrosom  handelt^). 

Absolute  Regeln  aber  werden  sich  für  die  Größe  unserer 
Gebilde  nicht  aufstellen  lassen.  Es  wird  wahrscheinlich  Zellen 
geben,  in  denen  die  Centriolen  größer  sind  als  in  anderen  die 
Centrosomen,  so  gut  wie  es  in  manchen  Organismen  Zellkerne 
giebt,  die  größer  sind  als  in  anderen  die  Zellen,  und  Zellen,  die 
größer  sind  als  ganze  aus  Tausenden  von  Zellen  aufgebaute  Tiere. 

2)  Das  Verhalten  zum  Eisen hämatoxylin.  Für  sämt- 
liche im  speciellen  Teil  besprochenen  Objekte  wurde  gezeigt,  daß 
je  nach  dem  Grad  der  Entfärbung  und  nach  gewissen  in  der 
Konservierung  begründeten  Unterschieden  des  Präparates,  im  einen 
Falle  das  ganze  Centrosom  durch  und  durch  schwarz  gefärbt  sein 
kann,  während  in  einem  anderen  in  dem  entfärbten  Centrosom 
nur  [das  oder  die  Centriolen  schwarz  bleiben.  Ja,  man  kann  an 
einem  und  demselben  Präparat  durch  Entfärbung  in  Etappen 
zuerst  das  Centrosom,  dann  dessen  Centriolen  in  schwarzer  Färbung 
zur  Darstellung  bringen.  Die  Schwarzfärbung  in  Eisenhämatoxylin 
ist  sonach  im  allgemeinen  kein  Kennzeichen,  ob  ein  Centrosom 
oder  Centriol  vorliegt^).  Dazu  kommt  dann  noch,  daß  sich  in 
manchen  Zellen  die  Centrosomen  konzentrisch  entfärben,  und  da- 
durch Kunstprodukte  in  jeder  beliebigen  Größe  zwischen  Centrosom 
und  Centriol  hergestellt  werden  können. 

Wenn   also   in   einem  Präparat   bei  beliebiger  Extraktion  des 


1)  Ich  bemerke  bei  dieser  Gelegenheit,  daß  ich  die  (schwarz 
gefärbten)  Centrosomen  des  Ascaris-Eies  auch  im  Zustand  ihres 
kleinsten  Volumens,  wie  in  Fig.  94,  mit  Leitz  7  leicht  und  deutlich 
erkennen  kann.  Die  Centriolen  sind  bei  dieser  Vergrößerung  noch 
nicht  unterscheidbar. 

2)  Nur  in  sehr  großen  Zellen,  wie  manchen  Eizellen,  wo  die 
Centrosomen  sehr  groß  und  locker  gebaut  sind,  halten  dieselben 
den  Farbstoff  nicht  fest,  so  daß  hier,  wie  es  scheint,  nur  die  Cen- 
triolen in  schwarzer  Färbung  darstellbar  sind. 


—     125    — 

Farbstoffes  im  Mittelpunkt  der  Sphäre  ein  schwarz  gefärbter  Bereich 
bleibt,  so  hat  sich  der  Beobachter  nicht  allein  die  Frage:  ob 
Centrosom  oder  Centriol,  vorzulegen,  sondern  er  wird  überdies 
festzustellen  haben,  ob  er  nicht  ein  Artefakt  vor  sich  hat,  welches 
weder  dem  einen,  noch  dem  anderen  entspricht,  ganz  abgesehen 
von  den  Produkten  des  pathologischen  körnigen  Zerfalles,  welche 
in  ihrem  Aussehen  von  Centriolen  oder  Centrosomen  nicht  zu 
unterscheiden  sind.  '^  _^ 

3)  Der  Zeitpunkt  der  Teilung.     Das  Centriol  teilt  sich       J^ 
beträchtlich   früher  als   das   Centrosom.    In  Ei   von  Ascaris,   von 
Thalassema  (Griffin)  und  Chaetopterus  (Mead),  in  den  Ovocyten  i 

von   Thysanozoon    (Van   der    Stricht)   kommen    schon    auf   dem  j 
Stadium  der  Aequatorialplatte  zwei  Centriolen  zur  Beobachtung,  i 
im  Ei  von  Echinus  sogar  noch  früher,  ehe  überhaupt  die  Spindel 
gebildet  ist.     Die  Teilung  des  Centrosoms   selbst  scheint  dagegen 
normaler  Weise  nirgends  früher  als  in  der  Metakinese  zu  beginnen,  \ 
in  den  Ascaris-Blastomeren  und  so  wahrscheinlich  in  vielen  anderen 
Objekten    erfolgt   sie   erst   im   Ruhezustande   der  Zelle.     Doppel- 
körner  zur  Zeit  der   Aequatorialplatte   oder  früher   werden  also  | 
mit  großer  Sicherheit  als  Centriolen  in  Anspruch  genommen  werden 
dürfen. 

4)  Das  Verhältnis  zur  Astrosphäre.  Dieses  ist 
wohl  das  wichtigste  Kennzeichen,  Ein  Körper,  an  den  die 
Sphärenradien  dir ekt  heran  treten,  ist  das  Centro- 
soma. Sodann  scheinen  die  in  vielen  Fällen  zu  beobachtenden 
Abweichungen  der  Sphäre  von  der  Kugelgestalt  stets  von  einer 
entsprechenden  Umformung  des  Centrosoms  begleitet  zu  sein, 
während  sie  auf  die  Centriolen  ohne  Einfluß  sind.  Ein  im  Mittel- 
punkt der  Sphäre  liegender  Körper,  der  zu  erheblicher  Abweichung  j 
von  der  Kugelgestalt  befähigt  ist,  dürfte  sonach  immer  das  Centro- 
som sein.  — 

In  vielen  Fällen  wird  die  oben  beschriebene  Centroplasma- 
Abstoßuug  und  die  Art  der  Teilung  für  die  Ceutrosomnatur  be- 
weisend sein,  wie  ja  auch  der  Nachweis  eines  in  das  eine  Körper- 
chen eingeschlossenen  kleineren  die  Wertigkeit  beider  ergiebt. 
Ueberhaupt  wird  sich  in  Fällen,  W'o  das  Schicksal  der  fraglichen 
Bildungen  von  einer  Teilung  zur  nächsten  in  allen  Phasen  verfolgt 
worden  ist,  selten  ein  Zweifel  erheben  können.  Wo  aber  die 
Ungunst  des  Objekts  nur  einzelne  Stadien  zur  Beobachtung  kommen 
läßt,  sollte  man  sich  der  Aufstellung  allgemeiner  Gesetze  enthalten. 


—     126     — 

Betrachtet  man  von  den  angeführten  Gesichtspunkten  aus  die 
Centralgebilde,  die  in  den  Zellen  von  Wirbeltieren  beschrieben 
worden  sind,  so  kann  man  für  die  meisten  fast  mit  Sicherheit 
behaupten,  daß  es  Centrosomen,  nicht  Centriolen,  sind.  Ich 
eitlere  die  Abbildungen  Flemming's  (40,  Taf.  XIV)  und  M.  Heiden- 
hain's  (53,  Taf.  X,  Fig.  9,  12,  13,  14  u.  a.)  von  Leukocyten  des 
Salamanders,  ferner  die  Fig.  50  (Taf.  XI)  bei  Kostanecki  und 
SiEDLECKi  (73)  von  einem  Leukocyten  des  Proteus,  die  Ab- 
bildungen von  M.  Heidenhain  und  Th.  Cohn  (57)  von  ver- 
schiedenen Zellenformen  des  Entenembryos,  von  M.  Heidenhain 
(55)  von  embryonalen  roten  Blutkörperchen  der  Ente,  die  Bilder 
Lenhossek's  (75,  Taf.  I,  Fig.  19 — 27)  von  interstitiellen  Zellen 
aus  dem  Hoden  des  Katers,  sowie  zahlreiche  Abbildungen  von 
Meves  (81,  Taf.  IV)  von  ruhenden  oder  zur  Teilung  sich  vor- 
bereitenden Spermatocyten  des  Salamanders. 

Vergleicht  man  die  in  den  genannten  Figuren  von  zumeist 
ruhenden  Zellen  dargestellten  Centralgebilde  in  Rücksicht  auf  ihre 
Größe  mit  den  Centrosomen  von  ruhenden  oder  soeben  zur  Teilung 
sich  anschickenden  Ascaris-Blastomereu  (Fig.  92 — 97,  Taf.  VII), 
so  wird  man  sie  entschieden  als  Centrosomen,  und  zwar  die 
meisten  als  große  Centrosomen,  die  der  roten  Blutkörperchen 
des  Entenembryos  sogar  als  außergewöhnlich  große  bezeichnen 
müssen.  Und  wenn  manche  Autoren  glauben,  diese  Körperchen 
könnten  nicht  meinen  Centrosomen  entsprechen,  weil  sie  so  klein 
seien,  so  erlaube  ich  mir  demgegenüber  auf  meine  früheren  Ab- 
bildungen von  Eiern  und  Blastomeren  von  Ascaris  (13,  Fig.  29, 
32,  34,  74,  86)  zu  verweisen,  wo  die  Centrosomen  ungefähr  die 
gleiche  relative  Größe  haben,  ja  eher  kleiner  sind,  als  in  den 
Abbildungen  der  genannten  Autoren.  Ein  Unterschied  liegt,  soweit 
sich  dies  gegenwärtig  übersehen  läßt,  nur  darin,  daß  die  Centro- 
somen in  den  aufgeführten  Zellen  der  Wirbeltiere  bei  der  Mitose 
nicht  oder  nur  wenig  zu  wachsen,  ja  manche  sich  sogar  zu  ver- 
kleinern scheinen,  während  ich  bei  Ascaris  ein  sehr  starkes  Wachs- 
tum hatte  konstatieren  können.  Daß  dieses  Wachstum  wirklich 
stattfindet,  davon  werden  meine  neuen  Abbildungen  und  die  vielen 
Bestätigungen  an  anderen  Objekten  nunmehr  keinen  Zweifel  mehr 
bestehen  lassen.  Es  verhält  sich  eben  nicht  ein  Objekt  wie  das 
andere. 

Ist  es  richtig,  daß  sich  viele  der  namhaft  gemachten  Angaben 
über  die  Cytocentren  in  Wirbeltierzellen  auf  C  e  n  t  r  o  s  o  m  e  n  be- 
ziehen, so  dürfte  erwartet  werden,  daß  diese  Körperchen  als  cen- 


—     127     — 

trale  Diflferenzieruug  ein  Centriol  enthalten.  Diese  Möglichkeit 
wird  von  M.  Heideniiain  aufs  bestimmteste  bestritten,  ja  er  er- 
klärt es  als  ganz  irrtümlich  (55,  S.  246),  eine  weitere  Zusammen- 
setzung seiner  Centralkörper  auch  nur  zu  vermuten.  „Sie  sind 
wahre  histologische,  morphologisch  nicht  mehr  teil- 
bare Einheiten."  Es  dürfte  genügen,  Heidenhain's  Beweise 
aufzuzählen,  um  zu  zeigen,  welches  Gewicht  ihnen  zukommt.  Ab- 
gesehen davon,  daß  er  an  seinen  Objekten  und  mit  seinen  Dar- 
stellungsmitteln eine  weitere  Zusammensetzung  der  Centralkörper- 
chen  nicht  zu  erkennen  vermag,  sind  für  ihn  folgende  Gründe 
maßgebend: 

1)  weil  sie  drehrund  sind  —  wie  die  Himmelskörper ; 

2)  weil  ihre  Größe  in  bestimmte  enge  Grenzen  fällt  —  wie 
z.  B.  die  des  Menschen; 

3)  wegen  ihrer  vollkommenen  Analogie  mit  ähnlichen  histo- 
logischen Einheiten,  wie  den  Chromatinkügelchen  Altmann's  — 
deren  morphologische  Einheit,  vorausgesetzt,  daß  sie  nicht  über- 
haupt artificielle  Bildungen  sind,  ebenso  problematisch  ist; 

4)  wegen  der  merkwürdigen  Art,  wie  sie  durch  Knospung  aus 
einem  unbestimmbar  kleinen  Anfang  hervorwachsen  —  wie  alle 
Knospen,  die  an  irgend  einem  organischen  Körper  entstehen. 


Kapitel  V. 
Ueber  das  Verhältnis  der  Centrosomenteihmg  zur  Zellteilung. 

Die  reguläre  Kern-  und  Zellteilung  wird  vorbereitet  durch 
eine  Figur,  die  aus  zwei  monocentrischen  Radiensystemen  be- 
steht, welche  die  Elemente  des  Kernes  in  einer  äquatorialen 
Platte  zwischen  sich  fassen.  Alle  Abweichungen  von  dieser  di- 
centrischen  Anordnung,  sei  es  daß  die  Figur  nur  aus  einem 
Radiensystem  oder  daß  sie  aus  mehr  als  zweien  besteht, 
führen  zu  einer  ungeregelten  Verteilung  der  Kernelemente  und 
entweder  überhaupt  nicht  zu  einer  Zellteilung,  oder  zur  Bildung 
von  Tochterzellen,  die  nicht  die  typische  Zahl  von  Chromosomen 
enthalten  ^)    und    in   vielen   Fällen   auch   in   Bezug  auf   ihre  Zell- 


1)    Ueber    die    Frage,    warum    mehrpolige    Teilungsfigiiren    als 
pathologisch  zu  bezeichnen  sind,  vgl.  13,  S.   178  ff. 


—     128     — 

Substanz  anders  beschaffen  sind,  als  wenn  sie  durch  Verraittelung 
einer  dicentrischen  Figur  gebildet  worden  wären.  Alle  diese  Fälle 
mit  uni-  oder  mehr  als  bipolaren  Teilungsfiguren  sind  daher  als 
Abnormitäten  zu  bezeichnen,  was  auch  durch  unsere  Er- 
fahrungen über  die  Schicksale  derartiger  Zellen  bestätigt  wird. 
Multipolare  Mitosen  kommen  reichlich  nur  bei  degenerativen  oder 
direkt  pathologischen  Prozessen  (in  Geschwülsten)  vor,  deren  End- 
resultat an  der  krankhaften  Beschaffenheit  der  Zellen  keinen 
Zweifel  läßt;  und  wo  mau,  wie  bei  Seeigeln,  die  Entwickeluug  von 
Eiern  verfolgen  kann,  in  denen  auf  irgend  eine  Weise  mehrpolige 
Teilungsfiguren  entstanden  waren,  zeigt  sich,  daß  niemals  eine 
Larve  daraus  hervorgeht. 

Das  hier  vorliegende  Problem  ist  also  dieses:  Wodurch  ist 
die  zu  normaler  Teilung  notwendige  Bipolarität 
der  Teilungsfigur  bedingt? 

Nachdem  ältere  Vorstellungen,  wie  die  einer  Bestimmung  der 
Polzahl  durch  die  Beschaffenheit  des  Kernes,  speciell  durch  seine 
Größe,  als  ausgeschlossen  bezeichnet  werden  können  ^),  sind,  falls 
die  Erzeugung  der  karyokinetischen  Radiensysteme  überhaupt  an 
specifiscbe  Gebilde  der  Zelle  gebunden  ist,  von  vornherein  drei 
Möglichkeiten  denkbar: 

1)  Ein  zuerst  einfaches  Gebilde  (Centrosom)  teilt  sich  zufolge 
der  ihm  innewohnenden  Eigenschaften  aktiv  in  2  Körperchen, 
welche  durch  den  Einfluß,  den  sie  auf  die  Zelle  ausüben,  zu  den 
Polen  der  Teilungsfigur  werden.  Indem  um  jeden  Pol  eine 
Tochterzelle  entsteht,  ist  in  dieser  zunächst  wieder  ein  einfaches 
Centrosom  vorhanden,  das  sich  in  gleicher  Weise  zweiteilt. 

2)  Ein  zuerst  einfaches  Gebilde  (Centrosom)  wird  durch  ent- 
gegengesetzt auf  dasselbe  einwirkende  Spannung  (Radienspannung), 
die  durch  irgend  eine  zweistrahhge  Struktur  des  Zellkörpers  be- 
dingt ist,  passiv  in  zwei  Stücke  auseinandergezogen,  von  denen 
jedes  einen  Pol  darstellt.  Wie  bei  der  sub  1)  aufgestellten  Mög- 
lichkeit beginnt  die  Tochterzelle  ihre  Existenz  mit  einem  Central- 
gebilde,  das  durch  einen  in  der  neuen  Zellstruktur  bedingten  zwei- 
seitigen Zug  wieder  in  zwei  gespalten  wird, 

3)  Es  ist  eine  Einrichtung  vorhanden,  welche  bewirkt,  daß 
die  Sphären-erzeugenden  Gebilde  (Centralkörper),  deren  Zahl  eine 


1)  Natürlich  gilt  dies  nicht  für  jene  Kerne —  „Cen  troniicl  ei" 
—  die  das  Aequivalent  der  Centrosomen  in  sich  enthalten.  Hier- 
über im  Kapitel  VII,  b. 


—     129    — 

beliebige  ist,  aber  mindestens  zwei  betragen  muß,  an  zwei  Stellen 
—  den  Polen  der  Teilungsfigur  —  angesammelt  werden.  Diese 
Körperchen  müssen  sich  zwar  vermehren,  damit  immer  die  nötige 
Minimalzahl  von  zweien  vorhanden  ist;  eine  direkte  Beziehung 
dieser  Vermehrung  zu  der  der  Zelle  besteht  jedoch  nicht. 

Die  erste  und  zweite  dieser  Möglichkeiten  haben  geraein,  daß 
ein  zuerst  einfacher  Körper  (Centrosom)  vorhanden  ist,  der 
aktiv  oder  passiv  in  zwei  zerfällt.  Der  zweiten  und  dritten  ist 
gemeinsam,  daß  die  Bipolarität  der  Teilungsfigur  nicht  durch  eine 
Eigenschaft  der  Centrosomen,  sondern  des  Protoplasmas  bewirkt 
wird.  Alle  drei  Möglichkeiten  sind  vertreten  worden ;  mich  selbst 
haben  meine  Erfahrungen  von  Anfang  an  zu  dem  Ergebnis  geführt, 
daß  die  erste  in  der  Natur  verwirklicht  ist,  die  zweite  hat 
einen  Verteidiger  in  C.  Eabl  gefunden,  eine  nicht  ganz  klare 
Mischung  der  zweiten  und  dritten  charakterisiert  den  Standpunkt 
M.  Heidenhain's. 

a)   Eigene   Auffassung. 

Wenn  ich  zunächst  meine  eigene  Auffassung  näher  auseinander- 
setze, so  möge  ein  kurzer  Rückblick  auf  meine  früheren  Aeuße- 
rungen  in  dieser  Frage  gestattet  sein.  Nachdem  ich  bei  Ascaris 
megalocephala  die  Persistenz  des  Spindelpolkörperchens  in  der 
Tochterzelle  und  dessen  Zweiteilung  entdeckt  hatte,  durch  welchen 
Vorgang  die  für  die  nächste  Teilung  bestimmten  Polkörperchen 
(Centrosomen)  gebildet  werden,  habe  ich  (11)  in  Uebereinstimmung 
mit  Van  Beneden ^)  die  Zweiteilung  des  Centrosoms  als 
die  Ursache  für  die  Zweiteilung  der  Zelle  in  Anspruch  ge- 
nommen und  in  Zusammenfassung  der  Darlegungen,  wonach 
sowohl  die  Kern-  wie  die  Zellteilung  eine  Funktion  der  Centro- 
somen sei,  den  Satz  aufgestellt  (S.  153):  ,,Das  Centrosoma 
repräsentiert  das  dynamische  Centrum  der  Zelle; 
durch  seine  Teilung  werden  die  Centren  der  zu  bil- 
denden Tochterzellen  geschaffen,  um  die  sich  nun 
alle  übrigen  Zellbestandteile  symmetrisch  gi-up- 
pieren."     Dabei  wurde    das    Centrosoma    als   Erregungscentrum 


1)  Es  ist  aus  der  Darstellung  von  Van  Beneden  und  Neyt 
nicht  zu  ersehen,  ob  sie  an  eine  aktive  oder  passive  Teilung  des 
Centrosoms  gedacht  haben.  Nach  der  ganzen  Auffassung  Van 
Beneden's  ist  das  letztere  wahrscheinlicher. 

Boveri,  Zellen-Studien.  IV.  Q 


-     130    — 

der  Astrosphären  betrachtet,  und  das  Auftreten  der  bei  der  Zell- 
teilung und  Befruchtung  zu  beobachtenden  Radiensysteme  in  fol- 
gender Weise  beurteilt  (S.  156):  „Wo  in  einer  Zelle  eine  Strahlen- 
sonne im  Protoplasma  vorliegt,  da  ist  dieselbe  verursacht  durch 
ein  specifisches  Körperchen  von  den  oben  dargelegten  Eigen- 
schaften :  ein  Centrosoma.  Doppelte  oder  mehrfache  Strahlungen 
in  einer  Zelle  haben  entweder  darin  ihren  Grund,  daß  von  Anfang 
an  2  oder  mehrere  solche  Körpercheu  vorhanden  sind ,  oder 
darin,  daß  das  oder  die  ursprünghch  vorhandenen  sich  geteilt 
haben"  ^). 

Den  gleichen  Standpunkt  wie  damals  habe  ich  im  Jahre 
1895  (17)  wieder  vertreten  und  noch  näher  ausgeführt.  Meine 
Ergebnisse  sind  dort  in  den  Satz  zusammengefaßt  (S.  68),  „daß 
das  Centrosoma  ein  vollkommen  und  stets  selbständiges  Gebilde 
ist,  das  sich  —  vielleicht  die  Befruchtung  ausgenommen  —  nie- 
mals mit  anderen  seinesgleichen  vereinigt  oder  zu 
einer  höheren  Einheit  verbindet;  des  weiteren,  daß 
die  normale  Vermehrung  der  Centrosomen  überall 
durch  fortgesetzte  Zweiteilung  geschieht,  mag  nun  das 
gesetzmäßige  Eintreten  der  Zellteilung  jedes  Tochtercentrosom 
einer  neuen  Zelle  zuweisen  oder  Unterdrückung  der  Zellteilung 
alle  jeweils  bestehenden  Centrosomen  in  einer  Zelle  zusammen- 
halten;  und  endlich,  daß  die  Fortpflanzung  des  Centro- 
soma  im  strengsten  Verhältnis  steht  zur  Teilung 
der  Zelle,  der  Art,  daß  bei  jeder  normalen  karyokinetischen 
Zellenvermehrung  auf  jede  Teilung  des  der  Zelle  zunächst  in  der 
Einzahl  zukommenden  Centrosoms   eine  Teilung  der  Zelle  folgt". 

Diese  Sätze  ruhen  einerseits  auf  der  Feststellung  der  normalen 
Geschehnisse,  die  sich  von  einem  Spindelpol  zu  den  beiden  Polen 
der  nächsten  Mitose  beobachten  lassen ,  andererseits  auf  der 
Analyse  mehrpoliger  Teilungsfiguren  nach  Entstehung  und  Schicksal. 
Ueber  die  erstere  dieser  beiden  Grundlagen  ist  nach  dem,  was 
die  vorigen  Kapitel  enthalten,  nicht  viel  zu  sagen.  Doch  sei  hier 
noch  auf  die  nun  bald  unübersehbare  Litteratur  hingewiesen,  in 
der  für  die  verschiedensten  Zellen  in  den  Sphären  zuerst  ein,  dann 
2  Körperchen  beschrieben  werden,  deren  jedes  wieder  zu  einem 
neuen  Pole  wird.  Ob  die  beschriebenen  Körperchen  im  einzelnen 
Falle   die    Ceutrosomen    oder    Centriolen    sind ,    ist    gleichgiltig ; 


1)  Ausführlichere  Darlegungen  finden  sich  in  den  Zellen-Studien, 
Heft  2,  Jena  1888. 


—     131     — 

darüber  kann  kein  Zweifel  sein,  daß  die  reguläre  Folge  bipolarer 
Figuren  mit  einer  Zweiteilung  ihrer  Centralgebilde  parallel  geht. 
Hierzu  möchte  ich  sodann  aus  meiner  eigenen  Erfahrung  —  und 
diese  ist  eine  ziemlich  beträchtliche  und  vielseitige  —  noch  be- 
merken, daß  ich  niemals  in  einer  jungen  Sphäre  mehr  als  ein 
Centrosom  mit  einem  Centriol  gefunden  habe;  des  weiteren,  daß 
mir  niemals  ein  Fall  vorgekommen  ist,  wo  an  Stelle  eines  Doppel- 
centrosoms  ein  drei-  oder  mehrteiliges  vorgelegen  hätte.  Und 
wenn  ich  es  auch  für  fast  sicher  halte,  daß  pathologischer  Weise 
solche  simultane  Mehrteilungen  vorkommen,  so  zeigt  doch  die 
Einhelligkeit  jener  Beobachtungen  an  nachweislich  normalen  Zellen, 
daß  der  Zweiteilung  der  Zelle  Zwei  teil  uug  des  Centrosoms 
entspricht. 

In  dem  Gesagten  ist  eigentlich  schon  enthalten,  daß  auf  jede 
Centrosomenteilung  normaler  Weise  eine  Zellteilung  trifft.  Diese 
prinzipiell  höchst  wichtige  Thatsache  zeigt  sich  am  durchsichtigsten 
in  jenen  Fällen  (Ascaris-Blastomere),  wo  die  Zelle  bei  der  Ab- 
schnürung von  ihrer  Schwesterzelle  e  i  n  Centrosom  in  Gestalt  des 
Spindelpolkörperchens  erhält,  worauf  dieses  sich  nach  einiger  Zeit 
zweiteilt  und  die  so  entstandenen  2  neuen  Centrosomen  durch 
ihre  Einwirkungen  auf  Protoplasma  und  Kern  eine  neue  bipolare 
Figur  hervorrufen.  In  Abhängigkeit  davon  erfolgt  dann  die  Zwei- 
teilung der  Zelle,  womit  wir  wieder  zu  unserem  Ausgangspunkt 
zurückgekehrt  sind. 

Dieser  Verlauf  kann  insofern  modifiziert  sein,  als  zur  Zeit, 
wo  sich  die  beiden  Schwesterzellen  von  einander  abschnüren,  in 
jeder  das  Polkörperchen  schon  geteilt  ist,  so  daß  die  Zelle  ihre 
selbständige  Existenz  bereits  mit  2  Centrosomen  beginnt.  Besonders 
ausgeprägte  Fälle  dieser  Art  bieten  das  Ei  der  Forelle  (Henneguy, 
58)  und  das  von  Thalassema  (Griffin,  48).  Noch  ehe  sich  eine 
Spur  einer  Einschnürung  des  Zellkörpers  zeigt,  haben  sich  hier 
in  jedem  Pole  2  Tochtercentrosomen  gebildet,  von  denen  jedes  in 
der  noch  fortbestehenden  alten  Astrosphäre  seine  eigene  schwache 
Strahlung  zu  erzeugen  beginnt.  Derartige  Fälle  sind  von  einem 
großen  Interesse  für  das  Problem  der  Zellteilungsmechanik;  an 
der  Richtigkeit  der  von  mir  aufgestellten  Sätze  ändern  sie  nichts. 
Sie  zeigen  nur,  daß  die  durch  die  dicentrische  Figur  bedingte 
Bipolarität  der  Mutterzelle,  welche  zur  Durchtrennung  des  Proto- 
plasmas führt,  etwas  länger  bestehen  bleiben  kann  als  die  beiden 
Centren,  so  daß  deren  Teilung  auf  jene  Verfassung  noch  nicht 
sogleich  umgestaltend  einwirkt.     Das  Wichtige  ist,  daß   auch  in 

9* 


—     132     — 

diesen  Fällen  die  neue  Zelle  auch  in  der  Folge  nie  mehr  als 
zwei  Centrosomen  enthält.  Denn  ehe  diese  sich  so  weit  ent- 
wickelt haben,  um  sich  wieder  zu  teilen,  ist  auch  bereits  der  Kern 
wieder  aus  seiner  Ruhe  zurückgekehrt  und  eine  neue  karyo- 
kinetische  Figur  entstanden. 

Ich  bin  zu  diesen  Darlegungen  genötigt,  um  den  Mißverständ- 
nissen zu  begegnen,  denen  meine  früheren  Erörterungen  (17)  aus- 
gesetzt waren.  Ich  habe  damals  gesagt  (S.  63),  daß  das  Centro- 
soma der  entstehenden  Zelle  in  der  Einzahl  zukommt,  und 
habe  dies  mit  Rücksicht  auf  Objekte,  wie  das  Forellen-Ei,  dahin 
näher  bestimmt,  daß  man  „als  den  Moment  der  Entstehung 
einer  Tochterzelle  sehr  wohl  das  Stadium  ansehen  könne,  wo  die 
Centrosomen ,  von  ihren  Radiensystemen  umgeben,  durch  deren 
Vermittlung  mit  je  einer  Hälfte  der  sich  teilenden  Chromosomen  in 
Verbindung  getreten  sind,  und  damit  genau  bestimmt  ist,  was 
jeder  Tochterzelle  an  essentiellen  Bestandteilen  zukommen  wird". 
Wenn  daher  M.  Heidenhain  (55,  p.  251)  erklärt,  jene  Forde- 
rung, daß  die  entstehende  Zelle  nur  ein  Centrosom  besitze,  beruhe 
auf  einer  Petitio  principii,  indem  „in  den  Erläuterungen  so  ungefähr 
erklärt  werde,  daß,  wenn  das  „Centrosom"  sich  teile,  auch  die 
Zelle  schon  virtuell  geteilt  sei",  so  liegt  dieser  Behauptung  nur 
eine  sehr  grobe,  bei  Heidenhain  freilich  nicht  ungewöhnliche 
Entstellung  meiner  Ausführungen  zu  Grunde  ^) ;  denn  nicht  eine 
Phase  aus  der  Vermehrung  des  Centrosoms  habe  ich  als  den 
Zeitpunkt  bezeichnet,  wo  über  die  Entstehung  der  Tochterzellen 
entschieden  sei,  sondern  eine  Phase  aus  der  Teilung  der  Zelle, 
indem  thatsächlich  auf  dem  Stadium  der  Aequatorialplatte  der 
^  Bereich  und  Kernbestand  einer  jeden  Tochterzelle  genau  bestimmt 

c-ß-^^--^^^^         y^      ist.     Bis  zu   dieser  Zeit   aber   enthält,   soweit  wir   wissen,  jeder 
"^^■^z      >       C —       Pol  normaler  Weise  nur  ein  Centrosom. 

''^'  Nach  wie  vor  halte  ich  demnach  meine  frühere  Formulierung 

den  Thatsacheu  für  völlig  entsprechend :  daß  das  Centrosoma  der 

entstehenden  Zelle  in  der  Einzahl   zukommt,   indem  eben  diese 

Einheit  es  ist,  welche  bewirkt,  daß  sich  eine  neue  Zelle  um  sie 

r      bildet.     Oder  ganz  allgemein,  daß  die  Zweiteilung  der  Zelle 

/        durch  die  Z  weiteilung  des  Centrosoms  bedingt  wird. 


1)  An  Stelle  meines  Satzes  (S.  64),  daß  in  einer  normalen 
Zelle  nicht  mehr  als  zwei  Centrosomen  vorbanden  sein 
dürfen,  schiebt  mir  Heidenhain  (S.  250)  die  Behauptung  unter, 
„eine  normale  Zelle  dürfe  eigentlich  nur  ein  Centrosoma  besitzen". 


—     133    - 

Ich  bemerke  jedoch,  daß  der  Satz :  das  Centrosom  kommt  der 
entstehenden  Zelle  in  der  Einzahl  zu,  unter  Umständen  könnte 
aufgegeben  werden  müssen,  ohne  daß  dabei  das  Wesentliche  in 
meiner  Auffassung  berührt  würde.  Ich  habe  schon  oben  darauf 
hingewiesen,  daß  wir  nicht  wissen,  worauf  die  Erzeugung  und  vor 
allem  die  Umbildung  der  Strahlensysteme  beruht.  Es  wäre  nicht 
völlig  undenkbar,  daß  ein  einmaliger  Anstoß  genügen  könnte,  sie 
hervorzubringen,  und  daß  sie  als  in  sich  selbst  ruhende  Bildungen 
alle  weiteren  Umwandlungen,  die  zur  Teilung  von  Kern  und  Proto- 
plasma nötig  sind,  ohne  Einwirkung  eines  Centralgebildes  durch- 
laufen könnten.  Dann  könnte  das  Centrosom,  vorausgesetzt,  daß 
seine  beiden  Hälften  zunächst  inaktiv  bleiben,  sich  schon  in  der 
neu  gebildeten  Sphäre  teilen.  Das  Wesentliche  an  meiner  Auf- 
fassung ist  nur  dieses,  daß  die  Herstellung  von  gerade  zwei 
Punkten,  an  denen  die  Erzeugung  von  Radiensystemen  veranlaßt 
wird,  die  Folge  einer  aktiven  Zweiteilung  eines  vorher  in  der 
Einzahl  vorhandenen  Gebildes,  d.  h.  ausschließlich  eine  Funktion 
der  Centrosomen  selbst  ist,  und  daß  keine  sekundären  Einflüsse 
von  Seiten  der  Zelle  vorhanden  sind,  welche  diese  zum  normalen 
Verlauf  der  Zellteilung  nötige  Bipolarität  bewirken.  Ob  die  frag- 
liche Centrosomen-Zweiteilung  bereits  lange  vollzogen  ist,  ehe  sie 
zu  einer  Wirkung  auf  die  Zellsubstanz  kommt,  oder  ob  sie  der 
neuen  bipolaren  Anordnung  der  Zellsubstanz  unmittelbar  voraus- 
geht, ist  irrelevant.  Auch  im  ersteren  Falle  würde  jede  Zellteilung 
auf  einer  ihr  vorausgehenden  und  zu  ihr  gehörenden  Centrosomen- 
zweiteilung beruhen. 

Diese  aus  dem  normalen  Verlauf  geschöpfte  Auffassung  wird 
nun  aufs  vollkommenste  bestätigt,  ja  meines  Erachtens  als  die 
einzig  mögliche  bewiesen  durch  die  Zustände,  welche  in  Zellen 
eintreten,  die  bei  ihrer  Entstehung  eine  Ueberzahl  von  Cen- 
trosomen erhalten  haben.  Wir  kennen  bisher  zwei  Modi,  wie 
dieser  Fall  eintreten  kann:  1)  durch  Polyspermie,  2)  durch 
Unterdrückung  einer  oder  mehrerer  Zellteilungen  bei  ungestörtem 
Ablauf  der  inneren  Vorgänge. 

Betrachten  wir  zuerst  die  Polyspermie-Erscheinungen, 
wie  sie  vor  allem  für  das  Seeigel-Ei  festgestellt  sind,  so  ist  schon 
seit  den  grundlegenden  Untersuchungen  von  Fol  (42)  und  0.  und 
R.  Hertwig  (60,  66)  bekannt,  daß  in  Eiern,  in  welche  2  oder 
mehr  Spermatozoen  eingedrungen  sind,  vier-  oder  mehrpolige 
Teilungsfiguren  entstehen.  0.  und  R.  Hertwig  (66,  p.  155)  glaubten 


-     134    — 

diese  Thatsache  dadurch  erklären  zu  können,  daß  bei  der  Ver- 
einigung zweier  Spermakerne  mit  dem  Eikern  der  erste  Furchungs- 
kern  wesentlich  mehr  Masse  besitzt  als  bei  normaler  Befruchtung ; 
sie  hielten  es  für  „denkbar,  daß  eine  gewisse  Größenzunahme  des 
Kernes  allein  schon  ausreicht,  Vierteilung  zu  erzeugen,  gleich- 
giltig  ob  dieselbe  durch  abnormes  Wachstum  oder  durch  Auf- 
nahme eines  zweiten  Spermatozoon  veranlaßt  wurde". 

Diesen  Anschauungen  setzte  ich,  nachdem  ich  inzwischen  bei 
Ascaris  die  Individualität  der  Centrosomen  und  ihre  Vermehrung 
durch  Zweiteilung  erkannt  hatte,  die  andere  Erklärung  gegenüber, 
daß  jedes  Spermatozoon  ein  Centrosom  ins  Ei  einführt,  welches 
sich  nach  einiger  Zeit  teilt.  Hieraus  ergaben  sich  auf  die 
Polyspermieerscheinungen  folgende  Schlüsse  (11,  S.  158):  „Ist 
es  .  .  .  richtig,  daß  bei  der  normalen  Befruchtung  das  Centrosoma 
des  eingeführten  Spermatozoons  sich  nach  einer  bestimmten  Zeit 
in  zwei  solche  Körperchen  teilt,  welche,  indem  sie  sich  von 
einander  entfernen,  die  einfache  Strahlung  in  eine  doppelte  über- 
führen, so  muß  auch  bei  der  polyspermen  Befruchtung  nach  Ab- 
lauf der  gleichen  Zeit  an  Stelle  jeder  einfachen  Strahlung  eine 
doppelte  vorhanden  sein,  also  doppelt  so  viele  Strahlensonnen 
als  Sperraatozoen  eingedrungen  sind.  Diese  Forderung  scheint 
durch  die  Untersuchungen  Fol's  und  der  Brüder  Hertwig  voll- 
kommen bestätigt  zu  werden.  Gelaugen  2  Spermakerne,  jeder  mit 
seiner  Strahlung  ausgestattet,  zur  Verschmelzung  mit  dem  Eikern,  so 
entsteht  stets  eine  karyokinetische  Figur  mit  vier  Polen,  während 
jeder  nicht  zur  Kopulation  gelaugende  Spermatozoeukopf  für  sich 
allein  eine  zweipolige  Figur,  einen  Spermaamphiaster  erzeugt." 

Daß  diese  Erklärung  richtig  war,  daran  kann  heute  kein 
Zweifel  mehr  bestehen.  Es  ist  hier  also  ausschließlich 
die  Zweiteilung  der  ursprünglich  vorhandenen  Cen- 
trosomen, wonach  sich  die  Zahl  der  Pole  bestimmt. 

Völlig  übereinstimmend  hiermit  sind  die  Ergebnisse  bei 
Unterdrückung  der  Zellteilung,  die  auf  verschiedene 
Weise  bewirkt  werden  kann.  Auch  hier  verdanken  wir  den  Unter- 
suchungen von  O,  und  R.  Hertwig  die  ersten  wichtigen  That- 
sachen.  Die  beiden  Forscher  vermochten  dadurch,  daß  sie  normal 
befruchtete  Seeigel-Eier,  die  kurz  vor  der  Teilung  standen,  auf 
einige  Zeit  in  Chinin-  oder  Chlorallösung  brachten,  die  Durch- 
schnürung  des  Protoplasmas  zu  verhindern.  Die  Teilungsfigur 
bildete  sich  zurück  und  das  gesamte  Chromatin  vereinigte  sich 
schliessHch  wieder  in  einem  einzigen  ziemlich  großen  Kern,     Wenn 


—    135    - 

nun  die  gelähmte  Teilungsfähigkeit  wieder  erwachte,  zeigten  sich 
um  diesen  Kern  vier  Pole  und  es  entstanden  verschiedene  Typen 
vierpoliger  Teilungsfiguren.  Auch  diese  Thatsacheu  wurden  von 
den  Brüdern  Hertavig  in  der  bei  dem  damaligen  Stand  unserer 
Kenntnisse  nächstliegenden  Weise  gedeutet  (S.  153),  „daß  der  Kern 
in  seinen  Umgestaltungen  aufgehalten  wird  und  sich  wesentlich 
verspätet  teilt;  in  der  Zwischenzeit  hat  er  sich  aber  durch  Sub- 
stanzaufnahme vergrößert,  wodurch  es  ihm  ermöglicht  wird,  sich 
direkt  in  4  Stücke  zu  teilen."  —  Die  Erkenntnis  der  Individua- 
lität der  Centrosomen  verlangte  auch  hier  eine  andere  Deutung 
welche  ich  1888  (13,  S.  187)  gegeben  habe:  „Durch  die  Einwir- 
kung von  Chinin  und  Chloral  wird  zwar  der  Einfluß  der  Centro- 
somen auf  Protoplasma  und  Kern  gelähmt ;  wie  aber  das  Wachs- 
tum der  Kernsubstanz  ungestört  fortschreitet,  so  geht  auch  die 
Entwickelung  der  Centrosomen  ungehindert  ihren  Gang,  und  so 
erleiden  diese  beiden  Körperchen  schon  im  ungefurchten  Ei  die 
Teilung,  welche  bei  nicht  aufgehobener  Einwirkung  derselben  auf 
Kern  und  Protoplasma  erst  in  den  beiden  Furchungszellen  ein- 
treten würde.  So  sind,  wenn  nach  dem  Erlöschen  der  Chinin- 
und  Chloralwirkung  die  Wechselbeziehungen  zwischen  den  einzelnen 
Zellenorganen  wieder  hergestellt  sind,  4  Centralkörperchen  vor- 
handen, die  nun  zur  Entstehung  einer  entsprechenden  Teilungs- 
figur Veranlassung  geben  müssen." 

Auch  die  Richtigkeit  dieser  Erklärung  ist  heute  nicht  mehr 
zweifelhaft.  Ich  habe  selbst  seither  durch  Einwirkung  sowohl  von 
Druck  wie  von  Kälte  Zellteilungen  unterdrückt  und  die  entstehen- 
den Folgezustände  studiert.  Einiges  hiervon  habe  ich  bereits  kurz 
mitgeteilt  (19),  eine  ausführlichere  Darstellung  wird  in  anderem 
Zusammenhang  erfolgen.  Bei  diesen  Versuchen  zeigte  sich  aus- 
nahmslos, daß  die  Zahl  der  Pole  bei  jeder  neuen  Teilung  oder 
jedem  neuen  Teilungsversuch  doppelt  so  groß  ist  als  die  Zahl  der- 
jenigen, die  bei  der  letzten  Teilung  (Teilungsversuch)  in  die  be- 
treffende Zelle  zu  liegen  kamen. 

Der  reinste  Fall  dieser  Art  ist  aber  der,  den  ich  gleichfalls 
an  Seeigel-Eiern  festgestellt  habe  (19),  wo  infolge  einer  Abnormität 
bei  der  ersten  Teilung  alles  Chromatin  in  die  eine  Elastomere 
gerät,  während  die  andere  nur  ein  Centrosoma  enthält.  Die  kern- 
haltige Blastomere  furcht  sich  ungestört  weiter,  die  kernlose  ist 
nicht  zur  Teilung  befähigt^).    Nichtsdestoweniger   kommt  es  hier 

1)  Auf  gewisse  Differenzen  dieses  Befundes  von  einem  ähn- 
lichen, den  Ziegler  (109j  seither  gemacht  hat,  werde  ich  an  anderer 
Stelle  zu  sprechen  kommen. 


—     136    — 

zu  einer  ganz  regelmäßigen  Vermehrung  der  Centrosoraen  von  1 
auf  2,  von  2  auf  4,  von  4  auf  8  u.  s.  w.,  ganz  so  wie  in  dem 
kernhaltigen  Teil,  nur  daß  in  diesem  letzteren  auf  jede  Centro- 
somenteilung eine  Zellteilung  folgt  und  somit  jede  der  jeweils  vor- 
handenen Zellen  nie  mehr  als  2  Centrosomen  enthalten  kann. 

Die  volle  Uebereinstimmuug  dieses  Verhaltens  mit  meiner 
Auffassung  ist  ohne  Weiteres  klar;  was  sich  aus  demselben  gegen 
die  sonst  aufgestellten  Ansichten  ergiebt,  soll  bei  der  Erörterung 
dieser  Hypothesen,  zu  der  ich  jetzt  übergehe,  zur  Sprache  kommen. 

b)  Rabl's  Hypothese. 

Die  oben  schon  kurz  erwähnte  Auffassung  Rabl's,  die  sich 
in  dem  HI.  Teil  der  Abhandlung  über  den  Bau  und  die  Entwick- 
lung der  Linse  (89)  zusammengefaßt  findet,  kann  ich  am  besten 
mit  des  Autors  eigenen  Worten  wiedergeben.  Rabl  erklärt  (S.  119), 
es  sei  „nichts  weniger  als  selbstverständlich,  daß  sich  eine  Zelle 
unter  normalen  Umständen  immer  nur  in  2  Zellen  teilt.  „Die 
Thatsache  wird  aber  verständlich,  wenn  man  annimmt,  daß  die 
Fäden  der  Filarmasse  oder  die  Gerüstbalken  des  Zeilleibes,  oder 
wie  wir  uns  sonst  ausdrücken  wollen,  von  zwei  Seiten  her  in  gleicher 
Stärke  an  das  Centrosoma  angreifen.  Bei  dieser  Anordnung  wird 
es  verständlich,  warum  sie,  wenn  sie  sich  kontrahieren,  das  Cen- 
trosoma nach  zwei  Richtungen  auseinanderziehen  und  damit  auch 
die  Zweiteilung  des  Zellkerns  einleiten.  Den  Grund  der  Zwei- 
teilung sehe  ich  also  in  der  Organisation  der  Zelle :  diese  Organi- 
sation kann,  wenn  sie  eine  Zweiteilung  bewirken  soll,  nur  eine 
bilateral-symmetrische^)  sein.  Wird  die  bilaterale  Symmetrie  ge- 
stört, greifen  die  Gerüstbalken  nicht  mehr  von  2,  sondern  von  3 
oder  mehr  Seiten  in  gleicher  Stärke  an  das  Centrosoma  an,  so 
werden  sogenannte  pluripolare  Teilungsfiguren  die  notwendige 
Folge  sein". 

Was  also  nach  meiner  Anschauung  in  der  Konstitution  des 
Centrosoms  begründet  ist,  verlegt  Rabl  in  die  Konstitution  des 
Zellkörpers.  Gründe  für  diese  Annahme  liegen,  soweit  ich  sehen 
kann,  nicht  vor.     Denn   erstens   ist   von    einer  Zellenorganisation, 


1)  Rabl's  Vorstellungen  verlangen  nicht  notwendig  eine  bi- 
lateral-symmetrische Organisation  der  Zelle.  Auch  geht  aus 
seinen  weiteren  Ausführungen  hervor,  daß  er  unter  bilateraler 
Symmetrie  das  versteht,  wbs  man  in  der  Promorphologie  als  zwei- 
strahlige Symmetrie  bezeichnet. 


—     137     — 

wie  sie  Rabl  verlangt,  nichts  bekannt;  ist  ja  doch  seine  bilaterale 
Symmetrie  etwas  lediglich  seiner  Hypothese  zu  Liebe  Angenommenes. 
Damit  leugne  ich  natürlich  nicht,  daß  es  zweistrahlig-  und  bilateral- 
symmetrische Zellen  giebt;  allein  dieser  geometrischen  Zellen- 
symnietrie  entspricht,  wo  sie  überhaupt  vorhanden  ist,  durchaus 
nicht  immer  die  Teilungsrichtung  des  Centrosoms,  so  daß  die  von 
Rabl  postulierte  Symmetrie  mit  dieser  sichtbaren  gar  nichts 
zu  thun  hätte.  Zweitens  aber  ist  durch  den  Nachweis,  daß  die 
dicentrische  Fadenanordnung  nicht  durch  Spaltung  aus  der  mono- 
centrischen  entsteht,  sondern  eine  Neubildung  ist,  der  Voraus- 
setzung eines  auf  das  Centrosoma  von  zwei  Seiten  einwirkenden 
Zuges  jeder  Boden  entzogen. 

Positiv  aber  spricht  gegen  die  Hypothese  Rabl's  schon  der 
Vorgang  der  Centrosomenteilung  an  und  für  sich.  Wenn  ein 
Körper  durch  entgegengesetzt  gerichteten  Zug  passiv  zerrissen 
wird,  so  muß  dies  unter  ganz  charakteristischen  Formveränderungen 
vor  sich  gehen,  von  denen  uns  die  Centrosomenteilung  nirgends 
etwas  zeigt.  Vor  allem  aber  ist  hier  von  Wichtigkeit,  daß  die 
Teilung  des  Centrosoms  durch  einen  in  seinem  Innern  sich 
abspielenden  Vorgang  eingeleitet  wird,  zu  einer  Zeit,  wo  dieses 
Körperchen  meist  noch  völlig  kugelig  ist:  durch  die  Teilung  des 
Centriols.  Dieser  Prozeß  ist  schon  deshalb  von  jedem  Radienzug 
ausgeschlossen,  weil  die  Radien  nicht  bis  an  das  Centriol  heran- 
reichen. Sollte  man  aber  unsichtbare  Fortsetzungen  der  Astro- 
sphärenradien  sich  bis  an  dieses  Körnchen  erstrecken  lassen,  so 
erfolgt  doch,  wie  oben  gezeigt  wurde,  seine  Teilung  so  unabhängig 
von  den  Zellenachsen  und  in  so  schlagendem  Gegensatz  zu  der 
Symmetrie  der  Astrosphäre,  daß  eine  mechanische  Abhängigkeit 
dieser  Teilung  von  der  Zellenstruktur  ausgeschlossen  ist.  Da  nun 
die  Individualisierung  der  beiden  Tochtercentrosomen  aus  dem 
Centroplasma  des  Muttercentrosoms  um  die  beiden  Centriolen  er- 
folgt, so  ist  damit  auch  die  Verdoppelung  des  Centrosoms  als 
unabhängig  von  der  Zellstruktur  erwiesen. 

Ebenso  steht  der  RABL'schen  Hypothese  alles  entgegen,  was 
wir  von  pluripolaren  Mitosen  wissen.  Ich  habe  oben  dargelegt,  wie 
solche  entstehen  können ;  in  allen  diesen  Fällen  hat  sich  gezeigt, 
daß  die  Centrosomen  sich  genau  so  durch  Zweiteilung  vermehren, 
wie  in  normalen  Zellen,  und  daß  die  Mehrpoligkeit  auf  Störungen 
bei  der  Bildung  der  betreffenden  Zellen:  Vereinigung  von  mehr 
als  zweien  bei  der  Befruchtung  oder  Vereinigtbleiben  von  Schwester- 
zellen, beruht.     Allerdings  möchte  ich   selbst  bezweifeln,   daß  alle 


—     138     — 

pluripolaren  Figuren  in  dieser  Weise  entstehen ;  vor  allem  die 
nicht  selten  beobachteten  dreipoligen  Figuren  dürften  ver- 
mutlich auf  eine  simultane  Dreiteilung  des  Centrosoms 
zurückzuführen  sein,  wofür  ja  bei  Heidenhain  (55,  S.  261)  An- 
haltspunkte vorliegen  ^).  Warum  eine  solche  simultane  Mehr- 
teilung eintritt,  bleibt  nach  meiner  Theorie  dunkel,  wie  ja  auch  die 
normale  Zweiteilung  des  Centrosoms  oder  die  der  Chromo- 
somen und  überhaupt  jede  aktive  Teilung  eines  organischen  Ge- 
bildes wohl  unter  Umständen  um  eine  Stufe  zurückverlegt  werden 
kann,  ihrem  letzten  Grunde  nach  jedoch  unerklärbar  ist.  Jedenfalls 
aber  leistet  die  RABL'sche  Hypothese,  daß  simultane  Mehrteilung  des 
Centrosoms  durch  Störung  in  der  Symmetrie  der  Zelle  bedingt  sei, 
ganz  abgesehen  von  allem,  was  sonst  gegen  diese  passive  Zer- 
legung spricht,  nicht  im  geringsten  mehr.  Denn  wenn  man  eine 
Umbildung  der  zweistrahligen  Zellensymmetrie  in  eine  dreistrahlige 
supponieren  will,  kann  man  ebenso  gut  eine  entsprechende  Um- 
stimmuug  in  der  Centrosomen-  oder  Centriolenstruktur  annehmen. 
Im  übrigen  hat  aber  auch  hier  die  RABL'sche  Hypothese  alle  posi- 
tiven Befunde  gegen  sich.  Man  mag  Seeigel-Eier  und  Blastomeren 
in  irgend  eine  Form  bringen  —  es  lassen  sich  in  dieser  Be- 
ziehung, wie  ich  anderwärts  zeigen  werde,  sehr  mannigfaltige 
Störungen  erzielen  —  an  der  Zweiteilung  der  Centrosomen 
ändert  sich  dabei  nichts. 

Damit  dürfte  diese  Anschauung  als  in  jeder  Beziehung  un- 
begründet nachgewiesen  sein. 

Wende  ich  mich  nun  zu  der  dritten  Möglichkeit,  daß  beliebig 
viele  „Centralkörper"  auf  zwei  Punkte  verteilt  und  so  zu  den 
Polen  der  mitotischen  Figur  werden,  so  müssen  hier  noch  zwei 
Modalitäten  unterschieden  werden.  Entweder  die  zahlreichen 
Körperchen  sind  in  einen  einheitlichen  Körper  eingelagert,  der 
sich  aktiv  oder  passiv  zweiteilt,  oder  sie  sind  selbständig,  und  es 
bestehen  zwei  vorausbestimmte  Punkte  in  der  Zelle,  an  denen  sie 


1)  Heidenhain  spricht  (S.  258)  von  der  „BovERi'schen  xm- 
eingeschränkten  Vorstellung  von  einem  Organ,  dem  „Centrosoma", 
das  ein  für  allemal  mit  der  Fähigkeit  der  Zweiteilung  ausgestattet 
sein  soll".  Er  nimmt  es  hier,  wie  gewöhnlich,  nicht  genau  mit  dem, 
was  ich  gesagt  habe.  Denn  sowohl  S.  64  wie  S.  68  (17)  habe  ich 
betont,  daß  die  normale  Vermehrung  der  Centrosomen  durch 
Zweiteilung  geschieht,  womit  als  Abnormität  das  Vorkommen 
einer  simultanen  Mehrteilung  zugegeben  ist. 


-     139    — 

sich  ansammeln.  Was  diese  letztere  Möglichkeit  anlangt,  so  ge- 
nügt es,  zu  ihrer  Widerlegung  die  Erscheinungen  der  Polyspermie 
anzuführen.  Ist  in  der  Zelle  eine  Bipolarität  vorhanden,  welche 
die  vorhandenen  Centrosomen  an  zwei  Punkten  ansammelt,  so  müssen 
die  4  Centrosomen,  die  bei  der  Dispermie  auftreten,  gleichfalls 
auf  diese  zwei  Punkte  lokalisiert  werden.  Daß  dies  nicht  der  Fall 
ist,  mag  noch  etwas  näher  an  einem  bestimmten  Objekt,  dem 
Ascaris-Ei,  erläutert  werden,  welches  für  diese  Frage  besonders 
geeignet  ist.  Das  sich  furchende  Ascaris-Ei  besitzt  eine  im 
lebenden  Zustande  sehr  deutliche  Heteropolie,  die  vor  allem  durch 
die  einseitige  Anhäufung  des  Dotters  bedingt  ist.  Schon  zur  Zeit, 
wo  die  Vorkerne  im  Ruhezustande  neben  einander  liegen,  ist  dieses 
Verhalten  erkennbar.  Die  Stellung  der  Ceutrosomen  der  ersten 
Furchungsspindel  wird  durch  diese  Heteropolie  des  Eies  be- 
stimmt, die  Achse  der  fertigen  Spindel  fällt  mit  der  Eiachse  zu- 
sammen. Im  dispermen  Ei  ist,  wie  ich  feststellen  konnte,  die 
Dotterverteilung  genau  die  gleiche ;  man  kann  ein  lebendes 
dispermes  Ascaris-Ei  von  einem  monospermen  nach  der  Proto- 
plasma-Beschaö'enheit  nicht  unterscheiden.  Wenn  also  im  normal 
befruchteten  Ei  der  eine  Pol  in  die  dotterreiche,  der  andere  in 
die  dotterarme  Hälfte  des  Eies  zu  liegen  kommt,  so  müßten  nach 
der  obigen  Annahme  auch  im  disperm  befruchteten  Ei  nur  zwei 
Pole  an  den  gleichen  Stellen  zu  finden  sein.  Thatsächlich  aber 
treten  stets  4  annähernd  äquidistante  Pole  auf,  von  denen  in 
allen  von  mir  beobachteten  Fällen  2  die  typische  Lage  haben, 
die  2  anderen  mit  ihrer  Verbindungslinie  senkrecht  zur  Eiachse 
orientiert  sind. 

So  bleibt  also  als  letztes  noch  die  Annahme  einer  Einlage- 
rung oder  Zusammeufügung  der  in  beliebiger  Zahl  vorhandenen 
Körperchen  zu  einem  größeren  Körper  übrig.  Soll  ein  der- 
artiges Konglomerat  ein  Gefolge  normaler  Mitosen  garantieren,  so 
muß  es  sich  durch  Zweiteilung  vermehren,  und  auf  jede 
solche  Verdoppelung  muß  eine  Zellteilung  treffen.  Damit  haben  wir 
aber  im  Prinzip  die  oben  sub  1  und  2  aufgeführten  Verhältnisse; 
das  Gesamtgebilde  entspricht  dem  Ceutrosom,  die  zahlreichen 
„Centralkörper"  aber  sind  Inhaltskörper  oder  durch  besondere 
Beschaffenheit  unterschiedene  Unterabteilungen  desselben.  Das 
Wesentliche  an  dem  Verhältnis  eines  solches  Gebildes  zur  Zell- 
teilung ist  auch  hier  seine  Zweiteilung,  und  da  diese  nach 
dem,  was  oben  gegenüber  der  RABL'schen  Hyypothese  auseinander- 
gesetzt worden  ist,  keine  passive  sein  kann,  eine  aktive  Zwei- 


—     140    — 

teilung  in  meinem  Sinn.  Die  Frage  ist  hierbei  nur  noch,  ob 
es  solche  Gebilde  überhaupt  giebt,  und  damit  kommen  wir  zu  den 
von  M.  Heidenhain  vertretenen  Vorstellungen. 

/  C.  Die  Mikrocentren-Lehre  M.  Heidenhain's. 

Die  Objekte,  auf  die  sich  Heidenhain  bezieht,  sind  Zellen  von 
Säugetieren:  Leukocyten,  Riesenzellen  des  Knochenmarks  und 
Riesenzellen  aus  einer  mesenterialen  Lymphdrüse  vom  Kaninchen. 
Auf  Grund  seiner  Befunde  an  diesen  Zellen  hat  Heidenhain 
seine  Mikrocentren-Lehre  aufgestellt,  deren  wesentlicher  In- 
halt folgendes  ist.  Ein  Centrosoma  in  meinem  Sinne,  also  ein 
Körperchen,  wie  ich  es  oben  für  verschiedene  Objekte  in  Ueber- 
einstimmung  mit  meinen  früheren  Befunden  beschrieben  habe, 
giebt  es  nicht.  In  den  Sphären  finden  sich  kugelige  Körper  ohne 
weitere  Struktur  ^),  die  über  eine  bestimmte  Größe  nicht  hinaus- 
gehen, die  „C  en  tralkö  rper".  Diese  vermehren  sich  durch 
Knospung,  und  zwar  ohne  bestimmte  Beziehung  zur  Zellteilung 
so  daß  nicht  nur  zwei,  sondern  auch  drei,  vier,  ja  Hunderte 
neben  einander  in  einer  Zelle  vorhanden  sein  können,  unter  Um- 
ständen alle  in  eine  gemeinsame  Zwischenmasse  eingebettet  oder 
durch  zarte  Substanzbrücken  alle  oder  in  Gruppen  mit  einander 
verbunden.  Jede  solche  Gruppe,  deren  die  Zelle  eine  oder  zahl- 
reiche enthalten  kann,  ist  ein  Mikrocentrum.  Ein  solches  kann 
durch  den  bereits  genannten  Prozeß  der  Knospung  von  einem 
Centralkörper  aus,  andererseits  aber  auch  dadurch  entstehen,  daß 
viele  ursprünglich  getrennte  Centralkörper  zusammenrücken.  Eine 
direkte  Beziehung  der  Vermehrung  der  Central- 
körper zur  Zellteilung  kann  unter  diesen  Umständen 
natürlich  nicht  bestehen  (55,  S.  257). 

Ich  habe  meine  Ansicht  über  diese  Lehre  schon  früher  (17) 
eingehend  dargelegt  und  verM^eise  bezüglich  vieler  Einzelaus- 
führungen, die  ich  nicht  noch  einmal  wiederholen  will,  auf  das 
dort  Gesagte.  Die  Quintessenz  meiner  damaligen  Einwände  ist 
dieses,  daß  Heidenhain  zweierlei  ganz  verschieden  zu  beur- 
teilende Bildungen  als  vollkommen  gleichwertig  zusammengeworfen 
hat,  nämlich  einerseits  ein  Einzelcentrosoma,  andererseits  einen 
Centrosomenhaufen,  wie  ein  solcher  nur  in  abnormen  Zellen  durch 


1)  Vgl.  hierüber  das  oben  S.  127  Gesagte. 


—     141     — 

Unterdrückungen  von  Zellteilungen  zustande  kommen  kann.  Beides 
nennt  er  „M  i  krocen  tru  m",  und  indem  er  nun  Sätze  aufstellen 
will,  die  für  beides  gelten,  muß  er  das  Wesentliche  an  der  Ver- 
melirungsweise  der  Centrosomen  ganz  ignorieren  und  eine  direkte 
Beziehung  dieser  Vermehrung  zur  Teilung  der  Zelle  leugnen. 
Betrachtet  man  die  beiden  Arten  von  Mikrocentren  als  das,  was 
sie  sind,  so  fügen  sie  sich  nach  Heidenhain's  eigener  Darstellung 
vollkommen  den  von  mir  entwickelten  und  auch  im  Vorstehenden 
wieder  begründeten  Aufstellungen :  diejenigen  „Mikrocentren", 
welche  Einzelcentrosomen  sind,  vermehren  sich  —  typischer 
Weise  —  durch  Zweiteilung  und  jedes  Tochtercentrosom  wird 
wieder  zu  einem  karyokiuetischen  Pol;  diejenigen,  welche  Cen- 
trosomenhaufen sind,  zeigen  ein  entsprechendes  Verhalten  an 
ihren  Konstituenten.  Eine  Eigenschaft,  durch  welche  sich 
der  Haufen  als  eine  höhere  Einheit  dokumentieren  und  dem  Einzel- 
centrosom  einer  normalen  Zelle  in  irgend  einer  Weise  gleichwertig 
erscheinen  würde,  existiert  nicht.  Die  Aufstellung  des  Begriffes 
„Mikroceutrum"  kann  daher  nur  dazu  führen,  klare  Verhältnisse 
zu  verwirren. 

M.  Heidenhain  hat  nun  gegen  diese  meine  Kritik  eine  Er- 
widerung gerichtet,  und  wenn  Schmähungen  widerlegen  könnten, 
so  wäre  meine  Autfassung,  ja  man  darf  sagen,  alles,  was  ich  je 
in  der  Centrosomenfrage  an  Befunden  beschrieben  und  an  Ge- 
danken geäußert  habe,  als  abgethan  zu  betrachten. 

Anders,  wenn  man  das  Sachliche  in  den  Auseinandersetzungen 
Heidenhain's  herauszuschälen  sich  bemüht.  Hier  tritt  zunächst 
trotz  aller  Verschleierungen  wieder  klar  hervor,  daß  alles,  was 
Heidenhain  an  Thatsachen  anführt,  wie  ich  schon  früher  be- 
tonte, mit  meiner  Centrosomenlehre  vollkommen  übereinstimmt. 
Heidenhain  giebt  an  verschiedenen  Stellen  zu  (S.  252,  255),  daß 
zu  Beginn  der  Mitose  eine  Zweiteilung  des  „Centrosoma"  oder 
Microcentrums  eintrete,  daß  man  „in  zwangloser  Weise  von  einer 
Zweiteilung  der  Mikrocentren"  sprechen  könne,  und  seine  weiteren 
Ausführungen  lassen  keinen  Zweifel,  daß  er  nunmehr  von  einer 
aktiven,  nicht  etwa  durch  Zug  von  außen  bewirkten  Zweiteilung 
spricht.  Damit  ist  im  Grunde  alles  zugegeben,  was  ich  behaupte. 
Wenn  Heidenhain  angeblich  gegen  mich  hinzufügt,  daß  man  diese 
Teilung  nicht  als  „Fortpflanzung  im  engeren  Sinne"  be- 
zeichnen könne,  daß  sie  „kein  eigentlich  so  zu  nennender  Fort- 
pflanzungsprozeß" sei ,  so  mnß  ich  bemerken ,  daß  ich  erstens 
mich  niemals  darüber  ausgesprochen  habe,  ob  die  Zweiteilung  der 


—     142     — 

Centrosomen  eine  Fortpflanzung  im  engeren  oder  weiteren  Sinn, 
eine  eigentliche  oder  uneigentliche  ist,  und  daß  ich  zweitens  diese 
von  Heidenhain  erfundene  Distinktion  überhaupt  für  sinnlos  halte. 
Denn  danach  wäre  die  Teilung  einer  Zelle  kein  Fortpflanzungs- 
prozeß, die  Teilung  eines  vielzelligen  Organismus  noch  weniger; 
und  doch  ist  der  Ausdruck  Fortpflanzung  (im  biologischen 
Sinn)  gerade  von  diesen  kompliziertesten  Gebilden  genommen.  Das 
Wort  drückt  nichts  anderes  aus,  als  daß  ein  in  irgend  einer  Weise 
einheitliches  organisches  Gebilde  in  zwei  oder  mehrere  zerlegt 
wird,  die  in  ihrer  Weise  wieder  ein  Ganzes  darstellen.  Welche 
Kräfte  diese  Teilung  bewirken,  ist  ganz  gleichgiltig,  ja  nicht  ein- 
mal, daß  das  Gebilde  die  Teilung  durch  in  ihm  gelegene  Ur- 
sachen erleidet,  gehört  notwendig  zum  Begrifi"  der  Fortpflanzung, 
wofür  nur  an  die  Fortpflanzung  von  Pflanzen  durch  Stecklinge 
erinnert  sei.  Im  übrigen  aber  liegt  ja  der  Streitpunkt  gar  nicht 
in  dieser  Wortspielerei;  denn  das  Wort  „Fortpflanzung",  das  ich 
bei  der  ganzen  Erörterung  überhaupt  nur  einmal  gebraucht  hatte, 
kann  ich  entbehren.  Was  ich  gegen  Heidenhain  betonte,  war  die 
Zweiteilung  als  Eigenschaft  der  Cytocentren,  die  Thatsache, 
daß  diese  Gebilde,  mögen  sie  im  übrigen  beschaffen  sein,  wie  sie 
wollen,  sich  normaler  Weise  in  zwei  zu  karyokinetischer  Wirk- 
samkeit befähigte  Stücke  teilen  und  nicht  in  mehr ;  und  weiterhin, 
daß  auf  jede  dieser  Teilungen  zufolge  der  Wirkungsweise  der 
Teilstücke  normaler  Weise  eine  Zellteilung  folgt.  Diese  neben  der 
Erzeugung  der  Radiensysteme  fundamentalste  und  generellste 
Eigenschaft  der  Cytocentren  hatte  Heidenhain  durch  Schaö'ung 
seines  Mikrocentrenbegriffes  zur  Unkenntlichkeit  verschleiert,  denn 
weder  seinen  Centralkörpern  noch  seinen  Mikrocentren  —  und  ein 
drittes  giebt  es  nicht  —  kommt  diese  Eigenschaft  der  Zweiteilung 
und  der  Parallelismus  dieser  Zweiteilung  mit  der  der  Zelle  gene- 
rell zu. 

Ich  könnte  mich  mit  dieser  Konstatierung  begnügen.  Da  aber 
Heidenhain  seit  meinen  früheren  Erörterungen  noch  ein  weiteres 
Objekt  für  seine  Auffassung  ins  Feld  geführt  hat,  und  da  auf  der 
anderen  Seite  meine  Anschauungen  über  die  Morphologie  der 
Cytocentren  inzwischen  bestimmtere  Gestalt  angenommen  haben, 
halte  ich  es  für  ersprießlich,  die  Grundlagen  seiner  Lehre  noch 
einmal  Revue  passieren  zu  lassen. 

In  den  meisten  Objekten,  die  Heidenhain  neuerdings  unter- 
sucht hat,  findet  er,  wie  andere  Autoren,  als  Regel  zwei  dicht 
benachbarte  Centralkörperchen ,    also   ein   Doppelcen trosom, 


—     143     — 

wie  es  bei  den  von  mir  studierten  Objekten  rasch  vorübergeht, 
in  vielen  Zellen  aber,  in  denen  sich  die  Teilung  frühzeitig  ein- 
leitet und  eine  relativ  lange  Zellenruhe  durchgemacht  wird,  von 
langem  Bestand  ist.  Wenn  Heidenhain  in  manchen  dieser  Fälle, 
wie  z.  B.  gelegentlich  in  den  roten  Blutkörperchen  des  Enten- 
embryo, an  Stelle  dieses  Doppelcentrosonis  Bildungen  findet,  die 
aus  3  oder  4  Körperchen  zusammengesetzt  sind,  so  kommen 
andererseits  auch  mehrpolige  Teilung sfiguren  vor  (S.  260 
und  261),  sodaß  diese  Thatsachen,  soweit  die  der  Natur  der  Sache 
nach  äußerst  lückenhaften  Beobachtungen  überhaupt  ein  Urteil 
gestatten,  mit  den  sonstigen  Erfahrungen  über  die  Vermehrung 
der  Centrosomen  und  ihr  Verhältnis  zur  Mitose  in  bester  Ueber- 
einstimmung  stehen.  Auch  die  Annahme  einer  Knospung  dürfte 
durch  die  Bilder,  die  Heidenhain  von  den  genannten  embryonalen 
Zellen  giebt,  kaum  nahegelegt  werden. 

Wir  kommen  nun  zu  den  Kaninchen-Leukocyten.  Ich 
habe  schon  oben  (S.  113  tf.)  hervorgehoben,  daß  aus  dem,  was 
Heidenhain  über  die  „Mikrocentren"  dieser  Zellen  mitgeteilt  hat, 
der  Beweis  einer  Knospung,  ja  überhaupt  einer  Vermehrung  der 
gefundenen  Körperchen  nicht  zu  entnehmen  ist.  Wäre  nicht 
bereits  nachgewiesen  gewesen,  daß  die  Polkörperchen  der  Teilungs- 
figuren auf  einander  folgender  Zellgeneratiouen  durch  Teilung  aus 
einander  entstehen,  so  hätten  die  HEiDENHAm'schen  Bilder  kaum 
die  Vermutung  einer  Vermehrung  rechtfertigen  können.  Wir 
bekommen  nur  Stadien  von  ruhenden  Zellen  zu  sehen,  und 
dadurch  ist  schon  die  bloße  Deutung  der  fraglichen  Körperchen 
sehr  erschwert.  Ich  habe  früher  (17)  die  Ansicht  ausgesprochen, 
daß  die  von  Heidenhain  abgebildeten  Körner  Inhaltskörper  (Teile) 
eines  einheitlichen  Centrosoms  seien,  und  habe  für  dieselben  den 
Namen  „Centriolen"  vorgeschlagen,  allerdings  nicht  streng  in  dem 
Sinne,  den  ich  jetzt  dieser  Bezeichnung  beilege.  Ob  die  HEiDEN- 
HAm'schen Centralkörper  der  Leukocyten  Centriolen  in  diesem 
letzteren  Sinne  seien,  ist  schwer  zu  entscheiden.  Heiden- 
hain's  Versicherung,  daß  ein  größerer  Körper,  in  den  sie  einge- 
schlossen seien ,  nicht  existiere ,  würde  sie  zu  Centrosomen 
stempeln;  allein  wenn  man  bedenkt,  daß  Heidenhain  diejenigen 
Bilder,  wo  er  wirklich  einen  einheitlichen  größeren  Körper  findet, 
als  Verklumpungsfiguren  bei  Seite  schiebt,  so  kann  jene  Be- 
hauptung nicht  sehr  viel  Gewicht  beanspruchen.  Für  die  folgenden 
Betrachtungen  sei  nun  angenommen,  daß  die  dunkel  gefärbten 
jjörperchen   eines   jeden   Mikrocentrums   Centrosomen,    bezw. 


—     144     — 

Unterabteilungen  eines  in  Vermehrung  begriffenen  Centrosoms 
seien.  Die  zu  untersuchende  Frage  ist  dann  diese:  Zwingen  die 
von  Heidenhain  an  den  Leukocyten  des  Kaninchens  ermittelten 
Thatsachen  dazu,  die  aus  so  vielerlei  Beobachtungen  erschlossene 
direkte  Abhängigkeit  der  Zellteilung  von  der  Teilung  der  Centro- 
somen aufzugeben  oder  einzuschränken  ? 

Bei  Erörterung  dieser  Frage  stelle  ich  mich  völlig  auf  den 
Standpunkt  Heidenhain's  und  nehme  also  als  erwiesen  an,  daß 
alle  von  ihm  gefundenen  Körperchen  Ceutralkörperchen  sind  und 
daß  die  kleinen  aus  den  großen  durch  Knospung  entstehen. 

Denken  wir  uns  als  Ausgangspunkt  (Textfigur  B,  a)  ein  ein- 
faches   Ceutralkörperchen,    welches   durch    Knospung    ein    kleines 
solches  Gebilde  aus  sich  hervorgehen  läßt  (b), 
^    a  oder,   wie  ich   es  lieber  ausdrücken  möchte, 

welches   durch   eine  stark   inäquale   Teilung 
^^  ^  in  ein  sehr  großes  und  ein  sehr  kleines  Toch- 

tercentrosoma   zerfällt,   so   ist   es  nicht  nur 
^  möglich,  sondern  sogar  sehr  wahrscheinlich, 

^^*     ^  daß    dieses    kleine  Körperchen    die    Eigen- 

schaften seines  riesigen  Schwestercentrosoms 
d  nicht  sofort  besitzt,  sondern  erst  mit  seinem 

Heranwachsen     zu    ungefähr     der    gleichen 
Größe  gewinnt.  Daß  die  Centrosomen  mit  dem 
e  Wachstum   ihre   Eigenschaften   ändern,   muß 

ja  auch  aus  den  typischen  Verhältnissen  bei 

fder  äqualen  Ceutrosomenteilung  geschlos- 
-W  f      sen  werden 


Wir  erhalten  also  erst  nach  einiger  Zeit 

t  neben  dem   von  Anfang   an  großen  Tochter- 

w  g    centrosom     ein    ihm    an    Qualität    gleiches 
*        Schwestercentrosom,    und    nun    erst   können 
Textfio-ur  B.  beide   sich  trennen  und  in  bekannter  Weise 

die  Zellteilung  bewirken.  Während  des  Heran- 
wachsens des  kleinen  Centrosoms  kann  zwar  dessen  großes  Schwester- 
gebilde schon  seinerseits  wieder  die  gleiche  inäquale  Teilung 
inaugurieren,  mit  anderen  Worten :  eine  neue  Knospe  treiben  (d) ; 
diese  aber  übt  nach  unserer  Annahme,  daß  die  Knospe  erst  durch 
ihr  Heranwachsen  die  Qualitäten  ihres  großen  Schwestercentrosoms 
erwirbt,  auf  die  Zellsubstanz  und  auf  die  Prozesse,  die  sich 
zwischen  den  beiden  anderen  abspielen,  zunächst  keine  Einwirkung 
aus.    Sie    bleibt    einfach    bei   der   Separation   der  beiden   ausge- 


—     145    — 

"wachsenen  Centrosomen  an  dem  einen,  offenbar  an  dem  erzeugenden 
hängen.  Dann  hätten  wir  (e)  in  der  einen  Tochterzelle  ein  einziges 
ausgewachsenes  Centrosom,  in  der  anderen  ein  solches  mit  junger 
Knospe,  und  der  weitere  Verlauf  (f,  g)  wäre  der  gleiche,  wie  oben 
angenommen:  immer  würden,  so  lange  überhaupt  eine  normale 
Zellvermehrung  stattfindet,  die  beiden  jeweils  ausgewachsenen 
Centrosomen  sich  von  einander  trennen  und  den  Anstoß  zu  einer 
Zellteilung  geben,  ehe  die  nächstjüngere  Knospe  die  hierzu 
nötigen  Eigenschaften  erlangt  hat. 

Diese  Art,  die  HEiDENHAiN'schen  Befunde  zu  erklären,  hat 
ein  gewisses  Analogon  in  den  Vorgängen,  die  wir  bei  der  unge- 
schlechtlichen Vermehrung  einer  Hydra  finden.  Auch  hier  kann 
neben  der  ältesten  Knospe  noch  eine  zweite,  jüngere,  ja  noch  eine 
dritte  und  vierte,  immer  jüngere  vorhanden  sein.  Die  Qualitäten 
des  Muttertieres  und  die  Fähigkeit,  sich  abzuschnüren,  erhält  aber 
die  Knospe  erst  mit  einer  gewissen  Größe,  so  daß  zu  einer  und 
derselben  Zeit  nur  eine  sich  vom  Muttertier  trennt.  Es  ent- 
stehen also  simultan  stets  nur  zwei  selbständige  Gebilde,  die 
sich  fortan  unabhängig  ernähren,  die  unabhängig  ihren  Ort  ver- 
ändern können :  die  sich  ablösende  Knospe  und  das  eventuell  mit 
jüngeren  Knospen  ausgestattete  Muttertier ;  wir  haben  also  hier 
die  gleiche  Zweiteilung,  wie  wir  sie  für  den  HEiDENHAiN'schen 
hypothetischen  Fall  der  knospenden  Centrosomen  angenommen 
haben.  Nur  freilich  ist  für  die  Hydra  diese  simultane  Zerlegung 
in  nur  zwei  Individuen  ganz  gleichgiltig,  da  nichts  Komplizierteres 
von  ihrer  gemeinsamen  Wirkung  abhängt,  und  so  erscheint  die 
Hervorhebung  dieser  Thatsache  hier  künstlich,  wogegen  bei  dem 
Centrosom  gerade  in  diesem  Punkte  das  Essentielle  liegt,  indem 
sich  dieses  Körperchen  nicht  in  mehr  als  2  Stücke  zerlegen  darf, 
wenn  es  normal  funktionieren  soll. 

Diese  Betrachtung  führt  wieder  zurück  auf  die  im  Kapitel  II 
gemachte  Unterscheidung  zwischen  Verdoppelung  und  Sepa- 
ration, ja  die  Notwendigkeit  dieser  Unterscheidung  würde  gerade 
im  vorliegenden  Falle  eine  besonders  klare  Illustration  erhalten. 
Die  Verdopp  elung  wäre  hier  in  dem  Knospungsvorgang  ge- 
geben :  aus  dem  einfachen  Muttercentrosom  individualisieren  sich 
2  ihren  Zusammenhang  bewahrende  Tochtercentrosomen,  ein  sehr 
großes  und  ein  zunächst  sehr  kleines.  Und  hiervon  wäre  zu 
unterscheiden  die  Separation,  d.  i.  das  Auseinanderweicheu 
dieser  beiden  Schwestercentrosomen   zu  2  je  einen  Pol   bildenden 

Boveri,  Zellen-Studien.  IV.  -j^Q 


—     146    — 

Stücken  ^).  Verdoppelung  und  Separation  würden  auch  hier  inso- 
fern genau  parallel  laufen,  als  auf  jeden  Prozeß  der  ersteren  Art 
ein  solcher  der  zweiten  träfe.  Allein  die  beiden  Prozesse  wären, 
da  die  Separation  erst  erfolgen  kann,  nachdem  das  kleine  Körper- 
chen des  Doppelcentrosoms  zur  Größe  seines  Schwestergebildes 
herangewachsen  ist,  durch  ein  langes  Zeitintervall  getrennt.  Durch 
diese  Eigentümlichkeit  wird  es  ermöglicht,  daß,  ohne  Störung 
der  Normalität  der  Zellteilung,  an  dem  bereits  ausgewachsenen 
Schwestercentrosom  die  Verdoppelung  für  die  übernächste 
Zellteilung  eintreten  kann,  ehe  zwischen  den  beiden  in  Rede 
stehenden  Schwestercentrosomen  die  Separation  für  die  nächste 
vollzogen  ist.  Auf  diese  Weise  entstehen  dreiteilige,  unter 
Umständen  vierteilige  Centrosomen,  welche  der  direkten  Ab- 
hängigkeit der  Zellteilung  von  der  Centrosomenteilung  auf  den 
ersten  Blick  zu  widerstreiten  scheinen,  bei  genauerer  Analyse 
diese  Abhängigkeit  aber  gerade  in  besonders  instruktiver  Weise 
bestätigen.  Sie  lehren  vor  allem,  daß,  von  so  fundamentaler 
Bedeutung  bei  der  Centrosomenteilung  auch  die  Verdoppelung  ist, 
der  für  die  Normalität  der  Zellteilung  direkt  maßgebende  Vorgang 
in  der  Separation  liegt. 

Durch  die  im  Vorstehenden  gegebene  völlig  ungezwungene 
und  mit  den  HEiDENHAm'schen  Bildern  in  genügender  Harmonie 
stehende  Erklärung  würde  sich  auch  eine  solche  abweichende 
Fortflanzungsart  der  Centrosomen  mit  dem,  was  zahllose  andere 
Objekte  gelehrt  haben,  in  Einklang  bringen  lassen ;  die  normale 
Zellteilung  würde  auch  hier  in  gleicher  Weise  auf  Zweiteilung 
des  Centrosoms  beruhen,  auf  jede  Kuospung  würde  eine  Separation, 
auf  jede  Separation  eine  Zellteilung  treffen.  Der  einzige  wesent- 
liche Unterschied  wäre  wohl  nur  der,  daß  bei  den  Kaninchen- 
Leukocyten  die  beiden  Schwesterzellen  in  Bezug  auf  ihre  Centren 
nicht  völlig  gleichgestellt  sind,  indem  die  eine  länger  brauchen  wird, 
bis  sie  wieder  eine  herangewachsene  Centrosomenknospe  besitzt, 
als  die  andere  (Textfigur  B  e,  f,  g,  S.  144).  Allein  bei  Zellen,  wie 
den  Lymphocyten,  die  nach  ihrer  Teilung  nichts  mehr  mit  einander 
zu  schaffen  haben,  spielt  dies  keine  Rolle.  —  Sodann  könnten 
natürlich  auch  viel  leichter  abnorme  Zustände  eintreten  als  bei  der 
gewöhnlichen  Centrosomenteilung.     Denn  wenn   die  zweite  Knospe 


1)  Einen  ganz  entsprechenden  Gegensatz  zwischen  Verdoppelung 
und  Separation  bietet  unser  vorhin  gebrauchtes  Beispiel  der  un- 
geschlechtlichen Vermehrung  der  Hydra. 


—     147     — 

reif  wird,  ehe  zwischen  dem  Muttercentrosom  und  der  ersten 
Knospe  die  Separation  mit  ihren  mitotischen  Konsequenzen  voll- 
zogen ist,  so  wird  eine  dreipolige  Figur  entstehen  müssen.  Gerade 
derartige  Vorkommnisse  sind  nun  aber  bei  den  Leukocyten  offenbar 
äußerst  häufig,  sie  führen  zur  Bildung  der  Riesenzellen  (Heiden- 
hain), Und  so  erhält  auch  von  dieser  Seite  meine  Erklärungs- 
weise noch  eine  gewisse  Stütze. 

Ich  bemerke  nochmals,  daß  diese  Auseinandersetzungen  nur 
unter  der  unbewiesenen  Voraussetzung  gelten  können,  daß  die 
Centrosomen  der  Kaninchen-Leukocyten  sich  so  verhalten ,  wie 
Heidenhain  annimmt.  Einstweilen  gehören  diese  Zellen,  was  in 
ihrer  Natur  begründet  ist,  in  Bezug  auf  ihre  Centren  zu  den 
ungenügend  erforschten  Objekten,  und  es  dürfte  nicht  leicht  eine 
Zellenform  geben,  die  sich  weniger  als  Paradigma  für  eine  Dar- 
stellung der  Beschaffenheit  und  Fortpflanzung  der  Centrosomen, 
wie  deren  Beziehung  zur  Zellteilung  eignet,  als  diese. 

Ist  nun  bei  den  Leukocyten  ihr  Schicksal  nur  unsicher,  so 
ist  das  zweite  Objekt,  welches  Heidenhain  seiner  Mikrocentren- 
Lehre  zu  Grunde  gelegt  hat,  bereits  ein  unzweifelhaft  patho- 
logisches. Es  sind  dies  die  Riesenzellen  des  Knochen- 
markes. Wenn  ich  diese  Zellen  pathologisch  nenne,  so  soll 
das  nicht  heißen,  daß  ich  ihre  Herbeiziehung  verwerfe;  im  Gegen- 
teil, nichts  scheint  mir  lehrreicher  zu  sein,  als  die  Vorstellungen, 
zu  denen  uns  der  immer  gleiche  Verlauf  in  den  normalen  Zellen 
führt,  an  dem  Verhalten  solcher  abnormen  Fälle  zu  prüfen  und, 
wenn  nötig,  zu  berichtigen ;  und  ich  habe  das  Dankenswerte  in 
Heidenhain's  Analyse  der  Riesenzellen  voll  anerkannt.  Allein  man 
darf  die  durch  die  pathologische  Verfassung  dieser  Zellen  sich 
erklärenden  Verhältnisse  nicht  als  etwas  Typisches  ansehen  und 
in  das,  was  die  normalen  darbieten,  hineinkonstruieren. 

Heidenhain  hat  gegen  meine  frühere  Kritik  seiner  Auffassung 
folgende  sachlichen  Einwände  erhoben.  Er  führt  zunächst  aus 
(S.  266),  daß  ich,  vermutlich  wegen  Flüchtigkeit  beim  Lesen,  schon 
das  Thatsächliche  seiner  Befunde  nicht  richtig  wiedergegeben 
hätte.  Ich  hätte  jedes  Körperchen  des  sog.  Mikrocentrums  als 
ein  Centrosoma  in  Anspruch  genommen,  während  er  ausdrücklich 
angegeben  habe,  daß  er  im  Stadium  der  Anaphase  öfter  in 
jedem  Pole  zwei  Centrosomen  gefunden  habe.  Es  müßte  also  nicht 
ein,  sondern  2  solche  Körperchen  ein  Centrosom  in  meinem  Sinne 
vorstellen.  —  Wenn  hier  ein  Irrtum  unterlief,  so  kann  ich  die 
Schuld  daran  nur  meinem  Gegner  zuschieben.     Das  Wort  „öfter" 

10* 


—     148     — 

so  gebraucht,   wie  Heidenhain   es   in   fraglichem   Zusammenhang 
thut,  bedeutet:   in  einer  nicht   gerade    kleinen,    aber  immerhin  in 
einer  Minderzahl  der  beobachteten  Fälle.    Ich  hatte  also  volles 
Recht,  als  den  typischen  Fall  anzunehmen,    daß   die  Centrosomen 
der  vielpoligen  Teilungsfiguren    bei    der   Rückkehr   in    den  Ruhe- 
zustand einzeln  vorliegen^).     Ich  konnte  aber  diese  Einzelheiten 
deshalb  völlig  außer  Betrachtung  lassen,   weil  durch   sie,    wie   sie 
sich  bei  genauerem  Studium  auch  herausstellen  mögen,  an  meiner 
Argumentation   gar   nichts   geändert   wird.     Ich    habe   behauptet: 
\   das   HEiDENHAiN'sche    Mikrocentrum    der    Riesenzellen    ist    nichts 
\  anderes  als  ein  Centrosomenhaufen.     Ob  es  nun  ein  Haufen 
von    Einzelcentrosomeu    oder    von    Doppelcentrosomen    oder    von 
,  solchen  Gebilden  ist,   wie  Heidenhain    sie    in    den   Lymphocyten 
/    findet,  ist  ganz  irrelevant.     Ja,  noch  mehr,   wenn  in  dem  Haufen 
immer  je  2  (oder  3)  Körperchen  zu  einer  Einheit  verbunden  sind, 
so  tritt  der  Charakter  des  ganzen  „Mikrocentruras"  als  eines  bloßen 
Haufens  nur  noch  klarer  hervor-). 

Heidenhain  glaubt,  meine  Beweisführung  dadurch  widerlegen 
zu  können,  daß  er  sagt:  Das  Element,  aus  dem  jede  Zweier- 
gruppe zusammengesetzt  ist,  ist  das  gleiche,  aus  dem  der  ganze 
Haufen  zusammengesetzt  ist;  also  muß  der  Haufen  das  Gleiche 
sein  —  wenn  auch  nicht  vollkommen,  wie  er  jetzt  einräumt  — 
was  die  Zweiergruppe  ist;  stellt  diese  in  gewissem  Sinne  eine 
Einheit  dar,  so  thut  es  auch  die  große  Anhäufung  von  solchen 
Gruppen,  wie  die  Riesenzelle  sie  enthält.  —  Wie  falsch  diese 
Argumentation  ist,  zeigt  ein  einfaches  Beispiel.  Wenn  man  zahl- 
reiche gleichalterige,  von  ihrer  Dotterhaut  befreite  Seeigel-Eier 
auf  dem  Zweizellen-Stadium  in  dichte  Berührung  bringt,  so  kann 
man  bei  schwacher  Vergrößerung,  welche  nichts  von  der  inneren 
Struktur  erkennen  läßt,  nicht  mehr  sagen,  welche  zwei  zusammen- 
gehören.    Nach  der  Art,  wie  Heidenhain  die  „Mikrocentren"  der 


1)  Ueberdies  stellen  sich  nach  Hbidenhain's  eigenen  i^ngaben 
Centrosomen,  die  er  als  zvi'eiteilig  ansehen  zu  müssen  glaubt,  in 
Eisenhämatoxj'lin  nicht  selten  als  einheitliche  schwarze  Kugeln  dar, 
was  er  dann  eine    „Verklumpung"   nennt. 

2)  Damit  erledigt  sich  auch  Heidenhain's  Behauptung  (S.  263), 
der  Gegensatz,  in  den  ich  die  Mikrocentren  der  Riesenzellen  zu 
denen  der  Leukocyten  stelle,  sei  in  der  Weise  von  mir  erschlichen, 
daß  ich  die  gleichen  Körperchen  in  den  Leukocyten  Centriolen, 
in  den  Riesenzellen  Centrosomen  nenne.  Wer  meine  Ein- 
wendungen aus  meiner  eigenen  Arbeit  kennt,  wird  wissen,  was  er 
von  dieser  Behauptung  zu  halten  hat. 


—     149     - 

Riesenzellen  beurteilt,  wäre  dieser  Haufen  zweizeiliger  Eier  im 
wesentlichen  das  Gleiche  wie  ein  zweizeiliges  Ei.  Der  Haufen 
besteht  ja  in  der  That  aus  den  gleichen  Elementen  wie  die 
„Zweiergruppe".  Hier  ergiebt  sich  eben,  daß  nicht  der  momentane, 
dem  Auge  sich  darbietende  Zustand,  sondern  die  Geschichte 
für  die  Beurteilung  maßgebend  ist.  In  welcher  Weise 
die  fragliche  Ansammlung  entstanden  ist  und  vor 
allem,  was  aus  ihr  wird,  das  ist  die  Frage.  Wie  nun 
der  Haufen  zweizeiliger  Eier,  sowohl  wenn  man  ihn  auseinander- 
fallen, als  wenn  man  ihn  sich  weiterentwickeln  läßt,  zeigt,  daß  er 
aus  lauter  unter  einander  gleichwertigen,  selbständigen  Gebilden 
besteht,  die  gar  nichts  mit  einander  zu  thuu  haben,  so  zeigt  sich 
ein  Gleiches  an  den  Centrosomen,  welche  die  „Mikrocentren"  der 
Riesenzellen  zusammensetzen.  In  Vorbereitung  zur  Zweiteilung 
(vielleicht  in  Knospung)  kommen  sie,  jedes  einem  Spindelpol  ent- 
stammend, aus  den  multipolaren  Mitosen,  in  diesem  Zustande  über- 
dauern sie  die  Zellenruhe,  bei  der  Vorbereitung  zum  nächsten 
mitotischen  Prozeß  spaltet  sich  jedes  in  2  (vielleicht  unter 
Umständen  3)  Stücke,  von  denen  jedes  einen  neuen  Pol  bildet, 
und  wieder  in  Vorbereitung  zu  neuer  Teilung  kehren  sie,  in  — 
ungefähr  —  doppelter  Anzahl,  in  die  Zellenruhe  zurück.  Es  ist 
dies,  wenn  auch  nicht  so  klar  zu  verfolgen  und  vielleicht  mit  ge- 
wissen Unregelmäßigkeiten,  der  gleiche  Prozeß,  den  ich  an  Seeigel- 
Blastomereu  verfolgt  habe  (19),  die  infolge  gewisser  Störungen 
bei  ihrer  Entstehung  zwar  ein  Centrosoma,  aber  keinen  Kern  er- 
halten hatten.  Das  Centrosom  teilt  sich  hier,  wie  in  einer  normalen 
Elastomere,  in  2  Tochtercentrosomen,  die  sich  wie  die  Pole  einer 
Spindel  gegenüberstehen,  aber  es  erfolgt  wegen  Mangels  an  Kern- 
substanz keine  Zellteilung.  Die  beiden  Sphären  bilden  sich  zurück, 
wie  wenn  die  Zellteilung  eingetreten  wäre,  jedes  Centrosom  teilt 
sich  nach  einiger  Zeit  wieder,  wir  haben  nun  4  Centrosomen, 
jedes  von  seiner  Sphäre  umgeben,  dann  8,  16  u.  s.  w.  Ein  Unter- 
schied liegt  nur  darin,  daß  in  meinem  Falle  die  jeweils  vor- 
handenen Centrosomen  ungefähr  an  der  Stelle,  wohin  sie  während 
der  höchsten  Entfaltung  ihrer  Sphäre  zu  liegen  kamen,  liegen 
bleiben,  so  daß  sie  auf  späteren  Stadien,  wo  ihrer  viele  gebildet 
sind,  die  ganze  Protoplasmamasse  ziemlich  gleichmäßig  durch- 
setzen, während  sie  in  den  Riesenzellen  des  Knochenmarkes  eine 
gewisse  Neigung  zeigen,  sich  im  Mittelpunkte  der  ruhenden  Zelle 
anzusammeln.  Daß  durch  diese  Anhäufung  nicht  eine  höhere 
Einheit  hergestellt  wird,  geht  schon  aus  den  späteren  Schicksalen 


—     150    — 

der  daran  beteiligten  Centrosomen  hervor;  noch  besser  aber  do- 
kumentiert sich  das  Nebensächliche  dieser  Anhäufungen  durch  die 
außerordentlichen  Variationen,  die  Heidenhain  in  der  Anordnung 
und  Dichte  derselben  gefunden  hat^). 

So  konnte  ich  schon  früher  (17,  S,  67)  sagen,  daß  an  diesen 
sog.  Mikrocentren  der  Riesenzellen  nichts  vorhanden  sei,  „was  auf 
irgend  eine  Zusammengehörigkeit  zu  einer  Einheit  schließen 
ließe,  sei  es  durch  eine  nachweisbare  Verknüpfung,  sei  es  durch 
irgend  eine  alle  Körperchen  umfassende,  nur  von  einer  Einheit 
ausgehbare  Wirkung". 

Heidenhain  hat  zur  Widerlegung  dieses  Satzes  nochmals  auf  das 
Auftreten  gern  ein  schafthcher  Strahlenfiguren  und  konzentrischer  (?) 
Protoplasmaschichtung  im  Umkreis  seiner  Mikrocentren  hingewiesen. 
Er  übersieht  dabei,  daß  ein  H  a  uf  e  n  von  gleichartigen  und  in  keiner 
W'eise  zu  einer  höheren  Einheit  verbundenen  Gebilden  in  mancher 
und  speciell  physikalischer  Hinsicht  genau  die  gleiche  W'irkung 
ausüben  kann  wie  das  Einzelgebilde.  Protozoen,  die  irgend  ein 
Reiz  zu  einem  Haufen  versammelt  hat,  werden  in  ihrem  gemein- 
samen Umkreis  genau  die  gleiche  Erscheinung  einer  konzentrischen 
Sauerstofi'abnahme  bewirken,  wie  ein  einziges  solches  Tierchen. 
Oder  um  ein  anderes  Beispiel  anzuführen :  wie  das  einzelne  frische 
Seeigel-Ei  bei  Spermazusatz  alsbald  von  einer  dichten  Spermato- 
zoensphäre  umgeben  ist,  so  zeigt  sich  die  gleiche  Erscheinung  an 
einem  Haufen  sich  dicht  berührender  Eier. 

W'as  aber  speciell  das  Phänomen  der  Zellenstrahlung  anlangt, 
so  ist,  wie  ich  schon  früher  betont  habe,  das  Auftreten  einer  zu- 
nächst einheitlich  aussehenden  Strahlung  kein  Beweis  für  einen 
einheitlichen  Erreger.  Dies  lehren  mit  voller  Sicherheit  die  bei 
Seeigel-Eiern  häufig  zu  beobachtenden  Fälle  hochgradiger  Poly- 
spermie,  wobei   es   vorkommt,   daß  2  oder  mehrere  Spermaköpfe 


1)  Nachdem  Heidenhain  gezeigt  hat,  daß  das  Centrosoma  der 
Leukocyten  eine  Tendenz  hat,  den  Mittelpunkt  des  Zellkörpers 
einzunehmen,  wird  man  annehmen  müssen,  daß  den  Anhäufungen 
der  vielen  Centrosomen  einer  Knochenmarksriesenzelle  im  Zellen- 
mittelpunkt die  gleiche  Ursache  zu  Grunde  liegt.  Da  nun  in 
diesem  letzteren  Falle  nicht  angenommen  werden  kann ,  daß  jedes 
Centrosom  mit  der  ganzen  Zellenoberfiäche  durch  gleich  lange  Ra- 
dien verknüpft  ist  und  also  die  Anhäufung  der  Centrosomen  im 
Mittelpunkt  der  Zelle  unmöglich  auf  dem  sog.  „Spannungsgesetz" 
beruhen  kann,  so  ist  damit  ein  neuer  gewichtiger  Einwand  gegen 
die  Zulässigkeit  dieser  Erklärungsweise  auch  für  die  Leukocyten 
gegeben. 


—     151     — 

dicht  nebeneinander  liegen.  Sind  dieselben  so  gelagert,  daß  sie 
ihre  Centrosomeu  einander  zukehren,  so  erregen  diese  gemeinsam 
ein  mehr  oder  weniger  einheitliches  Radiärsystem.  Schon  bei  0. 
und  R.  Hertwig  (66)  sind  in  Fig.  2  (Taf.  VII)  und  Fig.  19  (Taf.  II) 
P'älle  dieser  Art  im  Umkreis  nahe  benachbarter  Spermaköpfe  ab- 
gebildet; ich  selbst  habe  ganz  ähnliche  Zustände  im  Leben  und  an 
Schnitten  gesehen.  Wenn  dies  aber  schon  bei  2  oder  3  Centro- 
somen möglich  ist,  wie  viel  mehr  muß  es  der  Fall  sein,  wenn  mehr 
als  hundert  solche  Körperchen  dicht  zusammengelagert  sind.  Das 
Wichtige  für  die  Beurteilung  solcher  Strahlungen,  welche  mehrere 
selbständige  Centrosomen  umfassen,  ist  dieses,  daß  dieselben 
nicht  als  „Kinosphären"  ^)  zur  Bildung  karyokinetischer  Figuren 
führen.  Vielmehr  werden  sie,  indem  die  erregenden  Centrosomen 
sich  teilen  und  alle  dadurch  gebildeten  Tochtercentrosomen  sich 
voneinander  entfernen,  aufgelöst,  und  es  bildet  sich  um  jedes  vor- 
handene Centrosom  eine  Kinosphäre  aus ;  jedes  Centrosom 
für  sich  wird  zu  einem  karyokinetischen  Pole.  Wie 
dies  in  den  soeben  erwähnten  Fällen  von  Polyspermie  verfolgt 
werden  kann,  so  gilt  es  nach  Heidenhain's  eigenen  Befunden  für 
die  Riesenzellen  des  Knochenmarkes.  Einzig  die  Zahl  und  Teilungs- 
art der  beim  letzten  mitotischen  Prozeß  vorhandenen  Centrosomen 
ist  maßgebend  für  die  Zahl  der  Pole  im  nächstfolgenden ;  ob  die 
Centrosomen  in  der  Zwischenzeit  sich  in  der  Mitte  die  Zelle  an- 
gesammelt haben  oder  weit  zerstreut  liegen,  ist  ohne  jede  Be- 
deutung. -~ 

Wenn  daher  Heidenhain  schließlich  fragt,  worin  sich  denn 
überhaupt  die  Einheit  des  fraglichen  Mikrocentrums  dokumentieren 
solle,  wenn  nicht  durch  die  von  ihm  beobachteten  Erscheinungen, 
so  ist  darauf  zu  antworten :  Wenn  der  aus  mehr  als  100  zu- 
sammenrückenden Centrosomen  entstandene  Haufen  sich  z.  B. 
in  2  Hälften  teilen  würde,  von  denen  jede  zu  einem  Pole  einer 
normalen  Teiluugsfigur  würde,  dann  müßte  der  ganze  Komplex  als 
eine  höhere  Einheit  angesehen  werden. 

Doch  etwas  derartiges  existiert  weder  hier,  noch,  so  viel  wir 
bis  jetzt  wissen,  in  irgend  einem  anderen  Falle.  Heidenhain  hat 
zwar  an  verschiedenen  Stellen  seiner  neueren  Arbeiten  gewisse  An- 
gaben Farmer's  (37)  ins  Feld  geführt,  durch  welche  angeblich 
seine  Auffassung  vollkommen  bestätigt,  die  meinige  aufs  schlagendste 
widerlegt  wird.    Farmer  soll  nachgewiesen    haben,   daß   sich  bei 


1)  Vgl.  bezüglich  dieses  Ausdruckes  die  Erörterungen  auf  S.  123. 


—     152     — 

der  Sporenbildung  von  Fossombronia  in  jeder  Zelle  zunächst  vier 
Centren  finden,  die  sich  paarweise  vereinigen,  so  daß  eine  typische 
zweipolige  Figur  entsteht.  Die  Vereinigung  mehrerer  Central- 
körperchen  zu  einer  höheren  Einheit  sei  damit  erwiesen.  — 
Untersucht  man  die  in  Betracht  kommenden  Bilder  Farmer's,  so 
ist  zunächst  nicht  zu  verstehen,  wie  dieser  Autor  selbst  zu  den 
Schlüssen  gelangen  konnte,  die  er  gezogen  hat.  Eine  v  i  e  r  p  o  1  i  g  e 
Anlage  der  Teilungsfigur  ist  in  keiner  seiner  Abbildung  auch  nur 
andeutungsweise  zu  sehen.  Manche  Figuren  deuten  auf  drei 
Pole.  Doch  haben  alle  diese  Figuren,  speciell  Fig.  2,  3  und  8, 
Merkmale  an  sich,  welche  die  Vermutung  nahe  legen,  daß  von  An- 
fang an  nur  zwei  Pole  vorhanden  und  in  den  eigentümlichen  drei- 
lappigen Figuren  Bildungen  gegeben  sind,  welche  der  „figure 
ypsili forme"  entsprechen,  die  Van  Beneden  (4)  bei  der  Ent- 
stehung der  I.  Richtungsspindel  von  Ascaris  beschrieben  und  in 
Abbildungen  veranschaulicht  hat,  welche  zu  einer  jeden  der  Farmer- 
schen  Figuren  ein  völlig  entsprechendes  Gegenstück  liefern.  Auch 
Bilder,  wie  sie  Harper  (52,  Taf.  XI,  Fig.  4)  von  Erysiphe  ge- 
geben hat,  dürften  auf  die  Bedeutung  der  FARMER'schen  Abbildungen 
einiges  Licht  werfen.  —  Von  einem  Nachweis,  daß  die  2  definitiven 
Spindelpole  durch  Verschmelzung  je  zweier  ursprünglicher  Pole 
entstehen,  fehlt  jede  Spur,  und  Farmer  sagt  selbst,  daß  er  den 
Prozeß  dieser  Verschmelzung  nicht  gesehen  habe.  Endlich  muß 
es  als  sehr  fraglich  bezeichnet  werden,  ob  in  diesen  Zellen  über- 
haupt Centralkörperchen  vorkommen ;  Farmer's  Angabe  daß  in 
der  Sphäre  oft  ein  winziges  Körnchen  unterscheidbar  ist,  von 
welchem  er  annehme,  daß  es  ein  Centrosom  sei,  wird  kaum  als 
ein  Beweis  anzusehen  sein. 

Mit  diesen  Einwendungen  möchte  ich  nicht  den  FARMER'schen 
Untersuchungen  zu  nahe  treten;  kein  Beobachter  kann  mehr  er- 
kennen, als  sein  Objekt  darbietet.  Auf  welchen  Fundamenten  aber 
ruht  die  HEiDENHAiN'sche  Lehre,  wenn  diese  FARMER'schen  Be- 
obachtungen bei  jeder  Gelegenheit  (55,  57,  S.  207,  252,  269,  270) 
seine  ultima  ratio  darstellen !  — 

Heidenhain  hat  nun  neuerdings  (55)  für  seine  Mikrocentren- 
Lehre  noch  ein  drittes  Objekt  beigebracht:  in  Entartung 
begriffene  vielkernige  Riesenzellen  unbekannter 
Herkunft,  welche  er  in  einer  mesenterialen  Lymphdrüse  eines 
Kaninchens  aufgefunden  hat.  Das  „Mikrocentrum"  soll  hier  aus 
einer  verschieden  großen  Zahl,  bis  etwa  50  Centralkörpern  bestehen, 
die    durch    eine   Zwischenmasse   verbunden    sind.     Die    einzelnen 


—     153    — 

Ceütralkörper  des  gleichen  Mikrocentruras  können  verschieden 
groß  und  verschieden  stark  gefärbt  sein.  Gewöhnlich  ist  nur  ein 
Mikrocentrum  vorhanden,  doch  können  es  auch  mehrere  (bis  zu 
acht)  sein.  —  Welche  Bedeutung  dieses  Objekt  für  die  Erkenntnis 
der  cellulären  Centren  beanspruchen  kann,  dafür  seien  einige  An- 
gaben Heidenhain's  über  dasselbe  angeführt.  Die  fraglichen 
Riesenzellen  sind  (S.  225)  „in  zweifacher  Hinsicht  pathologischer 
Natur".  Sie  sind  ,, erstlich  auf  Grund  eines  pathologisches  Prozesses 
,  .  .  entstanden,  und  zweitens  sind  zwar  nicht  alle,  aber  viele  von 
ihnen  in  cellulärer  Degeneration  begriffen".  Niemals  wurde  (S.  229) 
weder  eine  direkte  noch  eine  indirekte  Keruteilnng  oder  auch  nur 
Spuren  einer  solchen  au  diesen  Zellen  wahrgenommen  ;  viele  zeigen 
„die  deutlichen  Erscheinungen  des  inneren  Verfalls". 

Ich  habe  im  Abschnitt  A  dargelegt,  wie  leicht  zerstörbar  die 
Centrosomen  sind,  so  daß  ich  fast  bei  allen  mir  bekannten  Ob- 
jekten einzelne  Fälle  von  körnigem  Zerfall  beobachtet  habe, 
der  zu  genau  den  gleichen  Bildern  führt,  die  Heidenhain  an  den 
fraglichen  Rieseuzellen  gefunden  hat.  Wenn  man  nun  bedenkt, 
daß  dieser  körnige  Zerfall  in  Zellen  auftreten  kann,  die  in  jeder 
Beziehung  dem  Zustand  einer  normalen  gesunden  Zelle  viel  näher 
stehen,  als  das  in  Rede  stehende  Objekt,  so  wird  kaum  ein  Zweifel 
möglich  sein,  wie  diese  „Mikrocentren"  und  „Centralkörper"  zu 
deuten  sind.  Ihr  Verhältnis  zur  Struktur  und  Vermehrung  der 
Centrosomen  ist  das  gleiche,  wie  das  eines  im  Absterben  zerfallen- 
den Eies  zum  Furchungsprozeß.     Mehr  ist  darüber  nicht  zu  sagen. 

Damit  haben  wir  die  sämtlichen  Grundlagen  der  Heiden- 
HAiN'schen  Mikrocentren-Theorie  und  also  auch  diese  Theorie  selbst 
kennen  gelernt ;  über  ihre  Berechtigung  im  Ganzen  brauche  ich 
dem  Gesagten  nichts  mehr  hinzuzufügen. 


Kapitel  VI. 

Das   Ceiitrosom   als   cykHsches   Oebilde.    Zur   Theorie    der 
Centrosomenwirkuiig  bei  der  Zellteilung. 

Im  vorigen  Kapitel  glaube  ich  bewiesen  zu  haben,  daß  die 
normale  Succession  karyokinetischer  Teilungen  in  den  mit  Centro- 
somen ausgestatteten  Zellen  darauf  beruht,  daß  ein  der  entstehenden 
Zelle  in  der  Einzahl  zukommendes  Centrosom  sich  aktiv  zweiteilt, 
worauf  die   beiden  so  gebildeten  Centrosomen  vermöge  der  ihnen 


—    154    — 

innewohnenden  Eigenschaften  eine  Kern-  und  Protoplasmateilung 
zwischen  sich  bewirken,  so  daß  jede  Tochterzelle  ihre  Existenz 
wieder  mit  einem  Centrosom  beginnt  und  nun  der  gleiche  Vor- 
gang sich  wiederholt.  Es  fragt  sich  nunmehr,  welche  Eigenschaften 
den  Centrosomen  zukommen,  um  diesen  Parallelismus,  der  für  die 
Lebensfähigkeit  des  von  einer  Zelle  abstammenden  oder  abhängigen 
Organismenteiles  notwendig  ist,  zu  sichern ;  um  zu  garantieren, 
daß  das  Centrosom  nicht  wirkt,  ohne  sich  geteilt  zu  haben,  und 
daß  es  sich  nicht  wiederholt  teilt,  ohne  dazwischen  seine  Wirkung 
zu  entfalten,  in  welch  beiden  Fällen  pathologische  Zustände  ent- 
stehen würden.  Vor  allem  ist  zu  ermitteln,  ob  die  Centrosomen 
selbst  diese  notwendige  Fixierung  ihrer  Zahl  beherrschen,  oder  ob 
dieselbe  von  anderen  Teilen  der  Zelle  abhängig  ist. 

Diesen  Fragen  sollen  die  folgenden  Betrachtungen  gewidmet 
sein.  Die  Ueberschrift  verspricht  vielleicht  mehr,  als  die  folgende 
Analyse  leistet ;  denn  diese  soll  von  einer  allgemeinen  Theorie  der 
Centrosomenwirkung  nur  eine  Seite  behandeln.  Hierüber  mögen 
noch  ein  paar  Worte  vorausgeschickt  werden.  Die  Beziehung  der 
Centrosomen  zur  Kern-  und  Protoplasraateilung  ist  nicht  eine  direkt 
mechanische,  in  der  Weise  etwa,  wie  ein  zusammenschnurrender 
Ring  ein  in  ihm  eingelagertes  Gebilde  zerteilen  würde,  sondern 
sie  liegt  darin,  daß  die  Centrosomen  Vorgänge  im  Kern  und  Proto- 
plasma veranlassen,  welche  zu  einer  geregelten  Halbierung  und 
Verteilung  des  Kernmaterials  und  im  Zusammenhang  damit  zu 
einer  entsprechenden  Zweiteilung  des  Zellkörpers  führen.  Eine 
Theorie  der  Centrosomenwirkung  würde  also  zweierlei  zu  umfassen 
haben :  1)  die  Natur  dieser  Einwirkung  an  sich,  2)  die  in  den 
Eigenschaften  des  Centrosoms  begründete  Regelung  dieser  Ein- 
wirkung, der  Art,  daß  sie  zu  einer  normalen  Teilung  führen  muß ; 
gleichgiltig,  worauf  sie  beruht.  Ueber  die  erste  Seite,  vor  allem 
also  über  die  Frage,  auf  welchen  Eigenschaften  der  Ceutrosomen 
die  Bildung  und  eventuell  die  weitere  Beeinflussung  der  Kino- 
sphären beruht,  jenes  Mediums,  vermittelst  dessen  die  Centrosomen 
ihre  wichtigsten,  vielleicht  alle  ihre  Wirkungen  in  der  Zelle  be- 
thätigen,  enthalten  die  folgenden  Betrachtungen  nichts,  denn  hierüber 
wissen  wir  noch  nichts,  außer  daß  die  Strahlungen  durch  irgend  eine 
Einwirkung  der  Centrosomen  auf  die  Umgebung  veranlaßt  werden. 
Was  die  einmal  gebildeten  Strahlen  leisten,  darüber  ist  ja  bereits 
manches  sehr  Wichtige  ermittelt,  doch  gehört  dies  nicht  in  eine 
Theorie  der  Centrosomenwirkung.  Was  uns  im  folgenden  be- 
schäftigen wird,  ist  also  lediglich  die  Frage,  welche  Eigenschaften 


—     155     — 

die  Centrosomen  besitzen,  um  ihre  Wirkung  auf  Kern  und  Proto- 
plasma so  auszuüben,  daß  eine  Succession  von  normalen  Teilungen 
gewährleistet  wird. 

Eine  Untersuchung  hierüber  scheint  vielleicht  von  sekundärem 
Interesse  zu  sein,  und  doch  ist  sie  es  nicht.  Denn  die  Bedeutung 
der  Ceutrosomen  für  die  Zellteilung  ist  viel  weniger  eine  direkt 
mechanische  als  eine  regulatorische.  Nach  Erfahrungen,  wie  den  von 
Morgan  (85)  mitgeteilten  —  und  ähnliche  habe  ich  selbst  gemacht  — 
dürfte  es  kaum  zweifelhaft  sein,  daß  die  Fähigkeit,  sich  in  Stücke 
durchzuschnüren,  dem  Protoplasma  auch  solcher  Zellen,  die  Centro- 
somen besitzen,  ohne  Beteiligung  dieser  Körper chen 
eigen  ist.  Der  Mechanismus  der  Protoplasmateilung,  vielleicht  in 
lokaler  Veränderung  der  Oberflächenspannung  beruhend,  liegt  dem- 
nach im  Protoplasma  selbst ;  was  die  Centrosomen  dabei  bewirken, 
ist  meiner  Meinung  nach  nur  dieses,  daß  dieser  Mechanismus  in  einem 
bestimmten  Zeitpunkte,  nämlich  im  Anschluß  an  die  Kernteilung, 
und  an  einem  bestimmten  Orte,  nämlich  in  der  Mitte  zwischen  den 
beiden  Tochterkernen,  in  möglichst  exakter  Weise  zur  Thätigkeit 
gebracht  wird.  Aehnlich  ist  es  mit  der  Kernteilung.  Man 
braucht  nur  die  Tafeln  zu  betrachten,  die  in  den  von  Stras- 
burger und  seinen  Schülern  herausgegebenen  Cytologischeu  Studien 
(98)  enthalten  sind,  um  sich  zu  überzeugen,  daß  der  zweipolige 
Fadenapparat,  der  die  geregelte  Verteilung  der  Chromosomen  leitet, 
in  gewissen  Zellen  ohne  Centrosomen,  ja  ohne  etwas  irgend  damit 
Vergleichbares,  in  einer  fundamental  anderen  Weise,  entsteht.  Auch 
hierbei  sind  also  die  Centrosomen  nichts  überhaupt  Unerläßliches, 
sondern  offenbar  nur  das  beste  Mittel,  um  die  Bipolarität  der 
Teilungsfigur  in  einfachster  und  exaktester  Weise  herzustellen  und 
die  Kernteilung  räumlich  und  zeitlich  aufs  genaueste  mit  der  Zell- 
teilung zu  verbinden.  Ich  möchte  sagen:  die  Teilung  mit  Cen- 
trosomen ist  die  eleganteste  Lösung  einer  Aufgabe,  die  auch 
auf  andere  und  wohl  mehrfach  andere  Weise  gelöst  werden  kann  i). 
Bei  dieser  wesentlich  regulatorischen  Bedeutung  der  Centro- 
somen ist  die  Frage,  auf  welchen  Eigenschaften  die  exakte  Rege- 
lung ihrer  Wirkung  beruht,  im  Grunde  das  Kardinalproblem  ihrer 
Funktion.     Einstweilen  wird  sich  darüber  Folgendes  sagen  lassen. 

Das   Centrosom   ist   nicht    ein  Körperchen   mit  stets  gleichen 
Eigenschaften,   sondern   ein   cyklisch  sich  veränderndes  Gebilde^). 


1)  Wenn  auch  nicht  in  der  gleichen  Zellenart. 

2)  Vgl.  Zellen-Studien,  II,  S.  90/91,   186/187. 


—     156    — 

Wenn  dies  auch  an  vielen  Objekten  ihrer  Kleinheit  wegen  kaum 
oder  gar  nicht  nachweisbar  ist,  so  lassen  dagegen  die  großen 
Zellen,  wie  die  Ovocyten,  Eier  und  ersten  Furchungszellen,  diese 
höchst  wichtige  Thatsache  aufs  klarste  erkennen,  Größe,  Form, 
Struktur  und  Reaktion  der  Centrosomen  ändern  sich  successive 
in  gesetzmäßiger  Weise,  und  es  vollzieht  sich  so  in  jeder  Zelle  ein 
Kreislauf,  der  sich  in  den  Tochterzellen  genau  ebenso  wiederholt. 
Mit  diesem  Wandel  in  den  Eigenschaften  der  Centrosomen  gehen 
streng  parallel  Veränderungen  in  der  Zellsubstanz,  die  sich  be- 
sonders in  der  Entstehung,  Um-  und  Rückbildung  der  Sphären 
äußern,  Veränderungen,  die  also  in  ihrem  Verlauf  in  irgend  einer 
Weise  an  den  Kreislauf  der  Centrosomen  gebunden  erscheinen. 

Daß  der  Umbildungskreis  der  Centrosomen  nicht  eine  Wieder- 
spiegelung cyklischer  Veränderungen  ist,  die  sich  primär  in  der 
Zellsubstanz  oder  im  Kern  abspielen,  dafür  haben  wir  den  sichersten 
Beweis  in  dem  von  mir  (19)  an  einer  großen  Zahl  von  Exemplaren 
beobachteten  Falle,  wo  eine  primäre  Elastomere  eines  Seeigel-Eies 
(genauer:  eines  Eibruchstückes)  nur  ein  Centrosoma,  aber  keinen 
Kern  erhalten  hatte.  Ohne  daß  es  hier  zu  einer  Teilung  der 
Protoplasmamasse  kommt,  vermehrt  sich  das  Centrosoma  von  1 
auf  2,  von  2  auf  4,  von  4  auf  8  u.  s.  w.,  wobei  alle  sonst  zu 
beobachtenden  Erscheinungen  des  Centrosomencyklus :  Wachstum, 
Abplattung,  Reduktion,  und  auch  die  Begleiterscheinungen  in  der 
Zellsubstanz  ganz  ebenso  durchlaufen  werden,  wie  bei  einer  nor- 
malen Furchung.  Daß  dieser  Kreislauf  nicht  vom  Kerne  abhängt, 
ist  damit  unmittelbar  bewiesen ;  aber  auch  daß  eine  cyklische  Ver- 
änderung im  Protoplasma  das  primum  movens  sei,  ist  nicht 
denkbar.  Denn  centrosomenlose  Protoplasmastücke  machen  einen 
solchen  sich  rasch  wiederholenden  Kreislauf  von  Veränderungen, 
wie  er  hier  zu  postulieren  wäre,  nicht  durch. 

Wenn  ich  diese  somit  als  autonom  erkannte  Succession  von 
Veränderungen  des  Centrosoms  einen  cy  kuschen  Prozeß  nenne, 
so  soll  damit  ausgedrückt  sein,  daß  das  Centrosom  bei  seiner  Um- 
bildung nicht  an  irgend  einem  Punkte  Halt  machen  und  von  da 
rückläufig  auf  einen  früheren  Zustand  zurück- 
gehen kann;  sondern  es  liegt  otienbar  in  seiner  Konstitution, 
sich  nur  in  einer  bestimmten  Richtung  zu  verändern,  um  als  End- 
punkt dieses  Weges  den  Ausgangspunkt  wieder  zu  erreichen,  wor- 
auf der  gleiche  Cyklus  von  Neuem  anhebt. 

Mit  diesem  Cyklus  ist  nun,  wenn  auch  nicht  un- 
lösbar, so  doch  sehr  fest  d  ie  Einrichtung  verknüpft, 


—     157     — 

daß  auf  eiuer  gewissen  Stufe  eine  Zweiteilung  sich 
einleitet,  so  daß  das  Centrosoma  seinen  Ausgangs- 
punkt nicht  mehr  als  ein  Körperchen,  sondern  ver- 
dopi)elt  wieder  erreicht. 

In  den  beiden  konstatierten  Momenten,  der  cyklischen 
Veränderung  und  in  der  mit  jedem  Cyklus  verbundenen 
Zweiteilung  sind  diejenigen  zwei  Fundamentaleigenschaften 
der  Centrosomen  ausgesprochen,  in  denen  das  Gesetzmäßige  ihrer 
Wirkung  begründet  ist.  Die  Qualitäten  ändern  ng,  die  wir 
oben  konstatiert  haben,  läßt  uns  verstehen,  daß  das  Centrosoma 
nicht  in  allen  Stadien  seiner  p]xistenz  befähigt  ist,  die  zur  Er- 
regung des  Protoplasmas,  vielleicht  auch  des  Kernes,  nötige  Wirkung 
die  wir  während  der  karyokinetischen  Prozesse  beobachten,  aus- 
zuüben, sondern  daß  es  diese  Fähigkeit  auf  einem  bestimmten 
Punkte  seines  cyklischen  Entwickelungsganges  gewinnt,  um  sie  nach 
einer  gewissen  Zeit  wieder  zu  verlieren.  Und  da  nun  jedes  Cen- 
trosom  diesen  bestimmten  Punkt  nur  einmal  erreicht,  indem  mit 
jedem  Cyklus  eine  Zweiteilung  verbunden  ist,  so  folgt,  daß  jedes 
Centrosom  während  seiner  Existenz  nur  einmal  eine  „kinetische" 
Periode  durchläuft  oder,  wie  schon  im  Kapitel  III  konstatiert, 
nur  eine  Kinosphäre  erzeugt;  die  nächste  kinetische  Periode 
betriti't  bereits  seine  beiden  Tochtercentrosomen. 

Dieser  Satz  wird,  abgesehen  von  dem,  was  der  normale  Ver- 
lauf unmittelbar  lehrt,  am  klarsten  durch  Versuche  illustriert,  die 
ich  1896  (23)  mitgeteilt  habe  und  die  darauf  ausgehen,  die  Wir- 
kung des  Centrosoms,  soweit  sie  sich  in  der  Durchschnürung  des 
Protoplasmas  äußert,  bis  nach  Ablauf  seiner  kinetischen  Periode 
hintanzuhalten  und  den  weiteren  Verlauf  zu  verfolgen.  Es  sind 
verschiedene  Möglichkeiten  vorhanden,  um  eine  solche  Lähmung  zu 
erzielen ;  Kälte,  Pressung  und  chemische  Agentien  kommen  in  Be- 
tracht. Hier  seien  nur  die  Abkühlungsversuche  kurz  be- 
sprochen. Abkühlung  geringeren  Grades  scheint  bei  Zellen,  die 
in  Teilung  begriiien  sind,  nichts  weiter  zu  bewirken,  als  Stillstand 
aller  Prozesse,  ohne  daß  eine  Veränderung  der  Strukturen  eintritt. 
So  kann  man  Eier  von  Ascaris  durch  Versetzen  in  eine  Temperatur 
von  ca.  +  4  **  auf  Tage  und  Wochen  auf  dem  gerade  erreichten 
F'urchungsstadium  erhalten ;  ihr  Aussehen  bleibt  dabei  das  gleiche. 
Sowie  man  sie  wieder  in  eine  ihnen  zusagende  Temperatur  bringt, 
geht  die  Entwickelung  ungestört  da  weiter,  wo  sie  unterbrochen 
worden  war.  Stärkere  Abkühlung  auf  —  2  bis  3^  hat  dagegen,  wie 
0.  Hertwig   (61)   für   Seeigel- Eier    festgestellt   hat,    vollständige 


-     158     - 

Kückbildung  der  Strahlung  zur  Folge,  also  eine  Zerstörung  der 
Struktur,  welche  von  den  Centrosomen  hervorgerufen  wird  und 
vermittelst  deren  sie  auf  die  Teilungsvorgänge  einwirken  ;  beim 
Wiedererwärmen  stellt  sich  die  Einwirkung  der  Centrosomen  auf 
das  Protoplasma  wieder  her,  die  Strahlungen  erscheinen  wieder. 
Auf  Grund  unserer  vorausgehenden  Betrachtungen  ist  nun  zu  er- 
warten, daß  der  weitere  Verlauf  bei  diesen  Experimenten  ein  ver- 
schiedener sein  muß  je  nach  dem  Zeitpunkt,  in  welchem  man  die 
von  den  Centrosomen  hervorgerufenen  Strukturen  zum  Verschwinden 
bringt.  Geschieht  dies  während  der  kinetischen  Periode 
so  werden  die  Centrosomen  bei  der  Wiederherstellung  ihrer  Be- 
ziehungen zum  Protoplasma  die  rückgebildeten  Kinosphären  wieder 
erzeugen  können  und  der  Teilungsvorgang  wird  normal  ablaufen ; 
wirkt  dagegen  die  Kälte  nach  Ablauf  der  kinetischen 
Periode  der  Centrosomen,  aber  bevor  die  Wirkung  auf  das 
Protoplasma,  die  während  dieser  Periode  eingetreten  ist,  zur  Zell- 
teilung geführt  hat,  so  wird  eine  nochmalige  Entstehung  der  zur 
Teilung  führenden  Protoplasmaanordnung  nicht  möglich  sein  und 
die  Zellteilung  ausbleiben  müssen.  Die  Versuche  bestätigen  diese 
Erwartung.  Brachte  0.  Hertwig  Eier  vor  der  Kernauflösung 
oder  auf  dem  Spindelstadium  in  die  Kältemischung  und  dann 
wieder  in  Zimmertemperatur,  so  erfolgte  eine  normale  Zweiteilung. 
Eier  dagegen,  in  denen  ich  kurz  vor  oder  während  der  Proto- 
plasmadurchschnürung  durch  Einwirkung  der  Kälte  Rückbildung 
ihrer  Sphären  veranlaßte,  brachten  es  nach  dem  Wiedererwärmen 
in  keinem  Fall  zur  Teilung.  Selbst  da,  wo  die  Furche  fast  schon 
durchgegangen  war,  bildet  sie  sich  wieder  zurück  und  es  spielen 
sich  nun  in  dem  einheitlich  gebliebenen  Ei  genau  die  gleichen 
Prozesse  ab,  die  normaler  Weise  auf  die  beiden  primären  Blas- 
tomeren geschieden  sind,  so  daß  also  nach  einiger  Zeit  4  Cen- 
trosomen und  4  Sphären  gebildet  sind,  die  eine  im  einzelnen  ver- 
schiedene, unter  allen  Umständen  aber  pathologische  Teilung  be- 
wirken. 

Daß  ein  solches  Experiment  mit  diesem  Erfolg  mögUch  ist, 
beruht  darauf,  daß,  wie  schon  mehrfach  betont,  die  Wirkung  der 
Centrosomen  bei  der  Zellteilung  eine  indirekte  ist.  W.  His  spricht 
in  seinen  sehr  anregenden  Betrachtungen  über  die  Beziehungen 
der  Centrosomen  zu  den  Sphären  (68,  S.  443)  von  Ringwellen,  die 
sich  um  die  Centrosomen  ausbreiten,  immer  weitere  Kreise  be- 
schreiben und  allmählich  der  Zellenoberfläche  zustreben.  Dieses 
Bild  ist  ganz  geeignet,  um  die  Thatsache  der  zeitlichen  Dif- 


—     159     — 

renz  zwischen  der  unmittelbaren  Wirkung  der  Centrosoraen  und 
der  Endwirkung  der  von  ihnen  ausgelösten  Vorgänge  klar  zu 
machen ;  bis  die  Welle  ausgelaufen  ist  und  ihre  Wirkung  zu  Ende 
gebracht  hat,  kann  der  Wellenerreger  schon  geschwunden  sein 
oder  seine  Fähigkeit  der  Wellenerzeugung  verloren  haben.  So 
ist  es  ja  auch  zu  erklären  daß  die  beiden  Centrosomen  einer 
mitotischen  Figur  sich  bereits  vor  Beginn  der  Zelldurchschnürung 
teilen  können,  ohne  daß  hierdurch  eine  Störung  entsteht.  Denn 
ehe  die  von  den  4  neuen  Centrosomen  ausgehenden  Wellen  ihre 
Wirkung  entfalten  können,  sind  die  von  den  beiden  Muttencentro- 
somen  hervorgebrachten  Wellen  mit  ihren  Leistungen  zu  Ende  ge- 
kommen, d.  h.  die  Zelle  ist  in  2  Tochterzellen  geteilt,  deren  jede 
2  vor  oder  in  ihrer  kinetischen  Periode  stehende  Centrosoraen 
besitzt. 

Wir  dürfen  also  sagen :  muß  die  kinetische  Phase  in  dem 
Kreislauf  des  Centrosoms  vorübergehen,  ohne  daß  die  von  ihm 
ausgelösten  Vorgänge,  welche  mit  der  Zellteilung  endigen,  diese 
ihre  normale  Wirkung  bethätigen  können,  so  ist  dieses  nämliche 
Centrosoma  nicht  befähigt,  noch  einmal  auf  seinen  kinetischen 
Zustand  zurückzukehren ;  es  kann  in  dieser  Zelle  nicht  noch  ein- 
mal eine  zweipolige  mitotische  Figur  entstehen,  sondern  nur 
eine  vierpolige,  weil  erst  die  nächste  Centrosomengeneration 
wieder  zur  Erzeugung  von  Kinosphären  befähigt  ist. 

Was  nun  die  Einrichtung  anlangt,  daß  zu  jedem  Centrosomen- 
cyklus  eine  Zweiteilung  gehört,  so  läßt  sich  diese  Verknüpfung 
nach  dem,  was  wir  über  die  Vorgänge  bei  der  Centrosomenteilung 
wissen,  noch  etwas  näher  analysieren.  Wir  haben  gesehen,  daß 
die  Teilung  des  Centrosoms  vorbereitet  wird  durch  eine  Zwei- 
teilung des  zunächst  einfachen  Centriols.  Die  beiden  Tochter- 
centriolen  repräsentieren  die  Mittelpunkte  für  die  beiden  zu 
bildenden  Tochtercentrosomen ;  und  so  wenig  wir  über  die  dyna- 
mischen Beziehungen  hierbei  aussagen  können,  so  werden  wir  doch 
kaum  fehl  gehen,  wenn  wir  die  Verdoppelung  des  Centriols  als 
die  Bedingung  für  die  Zweiteilung  des  Centrosoms  betrachten. 
Ist  dies  aber  richtig,  so  können  wir  die  cyklische  Wiederkehr  der 
Centrosomenteilung  genauer  so  formulieren  :  In  den  Kreislauf  des 
Centrosoms  fällt  regulärer  Weise  eine  Zweiteilung  des  Centriols, 
und  zwar,  wie  die  Beobachtung  lehrt,  erfolgt  dieselbe,  ehe  das 
Centrosom  in  seine  akinetische  Phase  eintritt  oder  spätestens 
während  derselben.    Durch  die  Wirkung,  welche  die  beiden  Tochter- 


—     160    — 

centriolen  ausüben,  wird  dann  während  dieser  akinetischen  Periode 
die  Zweiteilung  des  Centrosoms  herbeigeführt,  so  daß  dasselbe  vor 
Erreichung  der  nächsten  kinetischen  Periode  verdoppelt  ist. 

Würde  die  Teilung  des  Centriols  abnormer  Weise  unterbleiben, 
so  würde  nach  dieser  Auffassung  das  Centrosom   als   das   gleiche 
einheitliche   Körperchen   seinen   inaktiven  Zustand   erreichen,    das 
es  vorher  war,  es  würde  ungeteilt  in  den  nächsten  Cyklus  ein- 
treten   und    eine    monocentrische    karyokinetische    Figur    er- 
zeugen.    Ich   habe   in  der   That   Fälle   beobachtet,   welche   dieser 
Forderung  entsprechen.     Bei   meinen  nicht  veröffentlichten  Unter- 
suchungen über   die  Spermatogenese   des  Flußkrebses,   mit   denen 
ich   in    den   Jahren    1885   und  1886   beschäftigt   war,   sind   mir  2 
Fälle  von  monocentrischen  Mitosen   vorgekommen,   von   denen  ich 
einen  in  Fig.  37a  und  b  (Taf.  III)  wiedergebe.     Die  Zellen  waren 
durch  vorsichtiges  Zerklopfen  der  Hodenacini  isoliert  worden.    Die 
Methode  hat  den  Vorzug,   daß  die  Zellen   gedreht  werden  und  so 
jeder  Zweifel  über  die  Anordnung  der  Teile  ausgeschlossen  werden 
konnte,     üeberdies  möchte   ich   glauben,   daß   man   auf   Schnitten 
diese  Art   von  Abnormitäten    nur    schwer   entdecken  würde.     Die 
beiden  Fälle  stimmen  vollkommen  mit  einander  überein.     In  beiden 
enthält  die  Zelle  nur  ein  Centrosom,  welches  ungefähr  den  Mittel- 
punkt   einnimmt.      Von    ihm    gehen    nach    allen    Richtungen    an- 
nähernd gleich  lange  Fädchen  aus,    an   denen   die   in  Form    einer 
Kugelschale    angeordneten   Chromosomen    befestigt    sind.      Durch 
Zertrümmern  der  einen  Zelle    konnten   einzelne  Chromosomen  mit 
ihrer  Faser   isoliert   werden.     Ob   zwischen   diesen    Fädchen,    die 
den  Spindelfaserhälften   einer   normalen  Mitose   entsprechen,   noch 
andere  verliefen,  vermag  ich  nicht  mehr  festzustellen,  doch  gingen 
sie  jedenfalls   nicht   über    die   Chromosomenschicht   hinaus.     Die 
etwa  1(J0  Chromosomen  —  es  ist   dies  die   typische  Zahl   in  den 
Spermatocyten  —  sind  ringsum  ziemlich  gleichmäßig  in  der  Kugel- 
fläche  verteilt,    wie   dies    aus   den   beiden   um  90  *'  gegeneinander 
gedrehten  Ansichten  ersichtlich  ist. 

Die  Bedeutung  dieser  eigenartigen  Vorkommnisse  für  die 
Auffassung  der  karyokinetischen  Figur  soll  an  einem  anderen 
Orte  besprochen  werden.  Hier  genügt  es,  auf  die  Existenz  solcher 
Fälle  aufmerksam  zu  machen,  welche  beweisen,  daß  zur  Ent- 
stehung der  mitotischen  Figuren  nicht  eine  Zwei-  oder  Mehr- 
poligkeit notwendig  ist,  sondern  daß  auch  das  einzelne  Cen- 
trosom, sobald  es  in  seine  Aktivitätsperiode  eintritt,  für  sich  allein 
alles  das  hervorruft,  was  sonst  jeder  Pol  einer  dicentrischen  oder 


-     161     — 

polycentrischen  Figur  erzeugt.  Auch  die  Halbspindeln  und 
„Fächerkerne",  die  R.  Hertwig  (64)  bei  der  Entwickelung  des 
unbefruchteten  Seeigel-Eies  gefunden  hat,  dürften  in  dieser  Weise 
zu  deuten  sein. 

Dem  Unterbleiben  der  Teilung  des  Centriols,  wie  es  für  die  '^ 
eben  besprochenen  Fälle  vorausgesetzt  wurde,  würde  gegenüber- 
stehen eine  Mehrteilung  desselben,  welche  dann  zu  einer 
simultanen  Mehrteilung  des  Centrosoms  führen  würde. 
Ob  solche  Fälle  wirklich  vorkommen,  ist  noch  nicht  sichergestellt, 
wenn  auch  gewiß  sehr  wahrscheinlich.  Besonders  die  nicht  selten 
zu  beobachtenden  dreipoligen  Figuren  dürften  in  dieser  Weise  y 
zu  erklären  sein.  Andere  Fälle  mehrpoliger  Teilungsfiguren  da- 
gegen entstehen,  wie  nachgewiesen,  durch  Unterdrückung 
der  Protoplasmateilung  bei  regulärem  Ablauf  aller 
sonstigen  Prozesse,  wodurch  Centrosomen,  die  auf  ver- 
schiedene Zellen  verteilt  sein  sollten,  in  einer  Zelle  zusammen- 
bleiben. 

Bei  manchen  Arten  der  Zellvermehrung,  so  bei  der  Furchung, 
scheinen  die  einzelnen  Centrosomen-Cyklen  ohne  Hemmung  auf 
einander  zu  folgen,  so  daß  eine  Phase  ohne  Stillstand  in  die 
andere  übergeht.  In  der  Regel  dagegen  steht  der  Cyklus  in  einem 
gewissen  Punkte  still,  um  erst  auf  einen  Reiz  von  Seiten  der 
Zellsubstanz  weiterzulaufen.  Dieser  Stillstand  wird  naturgemäß 
in  die  Periode  der  Inaktivität  fallen,  und  es  scheint  nach  den 
histiologischen  Befunden,  daß  es  das  Stadium  ist,  auf  dem  die 
Tochtercentrosomen  gebildet,  aber  noch  mit  einander  verbunden 
sind,  also  das  Stadium  des  Doppelcentrosoms  oder 
Diplosoma  (Zimmermann),  welches  den  Dauerzustand 
der  Centrosomen  darstellt.  In  der  That  wird  dieses  un- 
mittelbar vor  der  nächsten  kinetischen  Periode  stehende  Stadium 
dasjenige  sein,  welches  eine  ruhende  Zelle  zu  möglichst  rascher 
Einleitung  des  Teilungsprozesses  befähigt,  und  welches  wir  sonach 
als  das  zweckmäßigste  für  den  Dauerzustand  ansehen  dürfen. 


Auf  Grund  vorstehender  Betrachtungen  möchte  ich  meine 
Auffassung  von  dem  Verhältnis  des  Centrosoms  zur  Zellteilung  in 
folgende  Sätze  zusammenfassen: 

Zum  Zweck  der  Teilung  hat  sich  in  der  typischen  Metazoen- 
Zelle  in  Gestalt  des  Centrosoms  ein  Apparat  ausgebildet,  der  die 

Boveri,  Zellen-Studien.  IV.  11 


—     162    - 

karyokinetischen  Prozesse  maschinenmäßig  zum  Ablaufen  bringt. 
Auf  gewisse,  in  den  einzelnen  Fällen  jedenfalls  sehr  verschiedene 
Reize  hin  setzt  die  Zelle  das  gehemmte  Centrosoma  in  Bewegung, 
worauf  dieses  in  seinem  Entwickelungscyklus  weiterschreitet  und 
die  mit  seiner  Umbildung  verknüpften  Erscheinungen,  welche  wir 
kurz  als  karyokinetische  bezeichnen  können,  hervorruft.  Ob  dabei 
'•^  die  Chromatinmetamorphose  direkt  durch  den  gleichen  Reiz  von 
\^__  Seiten  des  Protoplasmas  ausgelöst  oder  erst  indirekt  durch  das 
Centrosom  veranlaßt  wird ,  ist  noch  festzustellen  ^).  Bei  dieser 
Regelung  des  Zellteilungsvorganges  ist  der  Zelle  als  Ganzes  außer 
der  Auslösung  jede  weitere  Einwirkung  genommen.  Die  Be- 
herrschung des  Teilungsprozesses  ist  den  Centrosomen  so  völlig 
überantwortet,  daß  der  normale  Verlauf  der  Teilung  ganz  auf  da& 
normale  Verhalten  der  Centrosomen  gegründet  ist.  Dieses  normale 
Verhalten  liegt,  abgesehen  von  der  selbstverständlichen  Voraus- 
setzung, daß  die  Centrosomen  an  sich  von  einer  der  gesunden 
Zelle  zukommenden  Beschaffenheit  sind,  darin,  daß  die  zur  Teilung 
schreitende  Zelle  mindestens  2  und  nicht  mehr  als  2  vor  ihrer 
kinetischen  Periode  stehende  Centrosomen  enthält.  Bedingt  aber 
ist  dieser  Zustand  dadurch,  daß  1)  zufolge  der  Art,  wie  die  Cen- 
trosomen während  ihrer  kinetischen  Phase  auf  Kern  und  Zell- 
substanz einwirken,  jedes  in  einer  Zelle  vorhandene  Centrosom 
typischer  Weise  einen  Teil  des  Protoplasmas  für  sich  als  Tochter- 
zelle abgrenzt,  so  daß  jede  entstehende  Zelle  ein  Centrosom  ent- 
hält, und  daß  2)  das  Centrosom  durch  eine  nicht  weiter  analysier- 
bare Regulation  die  Eigenschaft  besitzt,  sich  schon  während  oder 
unmittelbar  nach  dieser  Aktivitätsperiode  zur  Zweiteilung  vor- 
zubereiten und  vor  Erreichung  der  nächsten  kinetischen  Periode 
zu  verdoppeln,  wodurch  die  postulierte  Zweizahl  hergestellt  ist. 
Unterbleibt  diese  Teilung  abnormer  Weise,  oder  wird  die  Zelle 
nach  der  Verdoppelung  des  Centrosoms  des  einen  dieser  beiden 
Körperchen  beraubt,  oder  enthält  sie  infolge  irgend  einer  Ab- 
normität mehr  als  2  zur  karyokinetischen  Wirksamkeit  befähigte 
Centrosomen,  so  ist  sie  nach  allen  unseren  Erfahrungen  nicht  im 
Stande,  diesen  Mangel  oder  Ueberschuß  zu  korrigieren;  vielmehr 
folgt  jedes  vorhandene  Centrosom  den  in  ihm  liegenden  Tendenzen, 
ob  auch  die  Zelle  oder  ihre  Abkömmlinge  darüber  zu  Grunde  gehen. 


1)   Vgl.    BOVERI    (19). 


—     163    — 

Kapitel  VII. 
Entstehung  der  Centrosomen. 

Die  in  den  vorigen  Kapiteln  aufgestellten  Sätze  über  die 
Beschaffenheit  und  Wirkungsweise  der  Centrosomen  bedürfen  noch 
einer  Prüfung  in  Bezug  auf  die  Ausdehnung,  in  der  sie  giltig 
sind.  Es  kann  heute  keinem  Zweifel  mehr  unterliegen ,  daß 
die  karyokinetische  Teilung  nicht  in  allen  Zellen  unter  Betei- 
ligung von  Centrosomen  abläuft.  Die  Centrosomen  sind  sicher 
nicht  Gebilde  von  der  Wertigkeit  der  Chromosomen.  Man  braucht 
nur  an  die  Verhältnisse  bei  vielen  Protozoen ,  den  meisten 
Pflanzen,  in  den  Ovocyten  vieler  Tiere  zu  denken,  um  zu  erkennen, 
daß  es  sich  in  den  Centrosomen  um  Gebilde  zur  Erzeugung  ge- 
wisser Effekte  handelt,  die  durch  andere  Einrichtungen  ersetzt 
sein  können  ^) ;  Einrichtungen ,  die  zum  Teil  wahrscheinlich  als 
Vorstufen  für  das  Auftreten  typischer  Centrosomen  anzusehen  sind, 
so  daß  das  Homologon  dieser  Körperchen  angegeben  werden  kann, 
während  andere  Zellen  sich  von  Anfang  an  in  ganz  anderen  Bahnen 
entwickelt  haben  mögen  ^). 

Ist  nun  in  dieser  Hinsicht  die  Giltigkeit  der  Centrosomen- 
lehre sicherlich  eine  beschränkte,  so  ist  eine  andere  Frage  die, 
ob  eine  Einschränkung  der  aufgestellten  Sätze  auch  in  der  Rich- 
tung einzutreten  hat,  daß  in  Organismen,  deren  Zellteilung  durch 
Centrosomen  vermittelt  wird,  diese  Körperchen  nicht  dauernde 
Organe,  sondern  vorübergehende  Bildungen  sind,  daß  sie,  wenn 
geschwunden,  in  irgend  einer  Weise  wieder  neu  gebildet  werden, 
oder  daß  gar  neben  den  durch  Teilung  sich  forterbenden  unter 
gewissen  Umständen  neue  entstehen  können.  Auch  bei  dieser 
Frage  werden  wir  aber  nochmals  eine  scharfe  Unterscheidung  vor- 
zunehmen haben. 

Unter  Neubildung  kann  man  Verschiedenerlei  verstehen 
und  hat  damit  in  Bezug  auf  die  Centrosomen  in  der  That  2  ganz 


1)  Vgl.  das  auf  S.  155  Gesagte. 

2)  Mit  Rücksicht  auf  solche  Möglichkeiten  habe  ich  schon  1888 
(13,  S.  9)  geschrieben:  „Ist  es  richtig,  daß  die  ganze  achromatische 
Figur  nur  als  Mittel  zur  richtigen  Verteilung  der  chromatischen 
Elemente  von  Bedeutung  ist,  dann  haben  diese  Variationen,  meines 
Erachtens,  nichts  AuiTallendes.  Denn  es  scheint  mir  wohl  annehm- 
bar zu  sein,  daß,  wie  bei  verschiedenen  Typen  der  vielzelligen  Tiere, 
so  auch  bei  verschiedenen  Zellarten  der  gleiche  Zweck  hier  auf 
diese,  dort  auf  eine  andere  Weise  erreicht  werden  könne." 

11* 


164 


verschiedene  Entstehungsarten  bezeichnet.  Einnaal  bedeutet  Neu- 
bildung von  Centrosomen  einen  Vorgang,  bei  dem  auf  ge- 
wisse Reize  hin  an  beliebigen  Stellen  im  Protoplasma  und  in  ganz 
wechselnder  Zahl  Gebilde  auftreten,  welche  die  Qualitäten  von 
Centrosomen  besitzen  sollen.  Auf  der  anderen  Seite  wird  als 
Neubildung  eine  an  bestimmte  Teile  der  Zelle  gebundene,  in 
genau  regulierter  Weise  sich  vollziehende  Differenzierung  eines 
Centrosoms  bezeichnet. 

Die  erstere  Art  von  Centrosomenhildung  wird  man  am  besten 
künstliche  Erzeugung  nennen,  sie  hätte,  wenn  wir  an  die 
Qualitäten  der  Centrosomen  denken,  etwas  vom  Charakter  einer 
Urzeugung  an  sich.  Die  zweite  Art  dagegen  wäre  zu  vergleichen 
gewissen  Prozessen,  die  uns  besonders  klar  au  einzelligen  Orga- 
nismen entgegentreten  und  für  die  ich  als  Beispiel  eine  Thatsache 
aus  den  Lebenserscheinungen  von  Paramaecium  anführen  will.  Wie 
R.  Hertwig  gezeigt  hat,  geht  das  Cytostom  dieses  Infusoriums 
durch  eine  Art  von  Teilungsprozeß  auf  die  beiden  Tochtertiere 
über,  es  vererbt  sich  also  regulärer  Weise  wie  ein  durch  Zwei- 
teilung sich  vermehrendes  Centrosom.  Geht  aber  einem  kern- 
haltigen Paramaecium  das  Cytostom  verloren,  so  vermag  das  Tier 
dasselbe  an  der  richtigen  Stelle  neu  zu  bilden  oder,  wie  wir  hier 
sagen :  zu  regenerieren.  In  ähnlicher  Weise  würden  wir  auch  die 
zweite  oben  aufgeführte  Möglichkeit  einer  Centrosomenneubildung 
den  Regener ationserscheiüungen  im  allgemeinsten  Sinne 
des  Wortes  einzureihen  haben. 

Inwieweit  die  beiden  Möglichkeiten  in  der  Natur  verwirk- 
licht sind,  soll  im  folgenden  untersucht  werden.  Da  die  Angaben 
über  den  ersteren  Modus  die  Entstehung  der  Centrosomen  in  das 
Protoplasma  verlegen,  während  diejenigen  über  den  letzteren 
sich  auf  den  Kern  beziehen,  können  wir  dieses  Merkmal  unserer 
Einteilung  zu  Grunde  legen. 


a)  Neubildung  von  Centrosomen  im  Protoplasma. 
Künstliche  Astrosphären, 

Alle  Argumente,  welche  eine  Neubildung  von  Centrosomen 
im  Protoplasma,  bezw.  einen  Uebergang  gewöhnlicher  Protoplasma- 
Mikrosomen  in  Centrosomen  darthun  sollen,  scheinen  mir  in  hohem 
Maße  anfechtbar  zu  sein.  Der  Hinweis  darauf,  daß  Centrosomen 
oder  Centriolen  in  vielen  Fällen  ebenso  aussehen  und  so  reagieren, 
wie  jene  inditierenten  Körnchen  des  Protoplasmas,   ist  völlig  hin- 


—     165     - 

fällig,  wenn  man  bedenkt,  was  wir  denn  überhaupt  von  den  Eigen- 
schaften sowohl  der  Centrosomen  und  Centriolen  wie  jener  Körn- 
chen zu  erkennen  vermögen.  Ich  glaube,  man  braucht  auf  dieses 
Argument  nicht  weiter  einzugehen.  Eine  genauere  Betrachtung 
dagegen  erfordern  die  für  verschiedene  Zellen  nachgewiesenen 
multiplen  Strahlenfiguren,  von  denen  nach  der  Ansicht 
einiger  Autoren  die  beiden  für  die  Mitose  bestimmten  Sphären 
nur  ein  besonders  ausgezeichnetes  Paar  sein  sollen. 

Solche  vielfache  Strahlungen  hat  zuerst  Carnoy  (29)  in  den 
Ovocyten  von  Ascaris  megalocephala  gesehen ;  dann  hat  Reinke 
(90)  für  Bindegewebszellen  aus  dem  Bauchfell  der  Salamander- 
larve das  Vorkommen  von  sekundären  und  tertiären  Centren  neben 
den  typischen  primären  beschrieben,  und  endlich  wurde  von  Mead 
(80)  in  den  Ovocyten  des  Anneliden  Chaetopterus  das  Auftreten  ^ 
einer  großen  Zahl  von  kleinen  „Asteren"  nachgewiesen,  neben  denen 
erst  nach  einiger  Zeit  die  zwei  für  die  erste  Richtungsspindel 
bestimmten  Astrosphären,  durch  ihre  Größe  erkennbar,  auftreten, 
so  daß  Mead  sie  von  jenen  kleinen  indifferenten  ableiten  zu 
müssen  glaubt. 

Es  ist  nun  vor  allem  fraglich,  ob  es  sich  in  diesen  ver- 
schiedenen Fällen  um  vergleichbare  Bildungen  handelt.  Wenn  ich 
zunächst  die  Abbildungen  von  Reinke  betrachte,  so  muß  ich  ge- 
stehen, daß  sie  mich  von  dem  Vorhandensein  „sekundärer  oder 
tertiärer  Centren"  nicht  überzeugen.  Daß  die  Fädchen  eines  Netz- 
werkes, wie  Reinke  es  zeichnet,  gelegentlich  radiär  auf  einen 
Punkt  oder  ein  hier  gelegenes  Korn  zusammenlaufen,  erscheint 
ebenso  selbstverständlich  wie  bedeutungslos.  Etwas  weiteres  aber 
vermag  ich  in  den  Abbildungen  nicht  zu  sehen,  mit  Ausnahme 
der  Fig.  9,  welche  nach  meiner  Meinung  einen  abnormen  Fall  mit 
drei  Centrosomen  vorstellt.  Demnach  scheinen  mir  die  Befunde 
Reinke's  für  unsere  Frage  keinerlei  Bedeutung  zu  haben. 

Was  sodann  die  von  Carnoy  beschriebenen  multiplen  Strahlen- 
systeme bei  Ascaris  betrifft,  so  dürfte  auch  ihnen  gegenüber  größte 
Vorsicht  geboten  sein,  unter  der  großen  Zahl  von  Eiröhren  ver- 
schiedener weiblicher  Spulwürmer,  deren  Ovocyten  mir  bei  meinen 
eigenen  Arbeiten  und  denen  meiner  Schüler  vor  Augen  gekommen 
sind,  waren  zwei,  in  denen  der  Zellkörper  fast  sämtlicher  Ovo- 
cyten von  mehr  oder  weniger  zahlreichen  radiär  strukturierten 
Kugeln  durchsetzt  war.  Die  Ausdehnung  und  Anordnung  dieser 
Kugeln  legt  die  Vermutung  sehr  nahe,  daß  den  Figuren  Carnoy's 
die  gleichen  Bildungen  zu  Grunde  lagen.     Damit  wäre  ihnen  aber 


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-     166     — 

die  Bedeutung  von  „Sphären",  wie  sie  nach  den  Befunden  Fürst's 
(46)  ausnahmsweise  an  den  Richtungsspindeln  von  Ascaris  vor- 
kommen, genommen.  Denn  die  radiär  gebauten  Kugeln  in  meinen 
Präparaten,  so  unerklärbar  sie  auch  sonst  sind,  sind  sicherlich 
nicht  Systeme  protoplasmatischer  Fädeben  oder  Körncheureihen 
sondern  eigentümlich  glänzende  dichte  Massen,  die  fast  den  Ein- 
druck fremder  Einlagerungen  machen. 

Muß  ich  somit  die  Angaben  Carnoy's  gleichfalls  vorläufig  als 
unsichere  bezeichnen,  so  bleiben  noch  die  Befunde  Mead's  bei 
Chaetopterus  übrig.  Dai^  hier  kurz  vor  der  Bildung  der  I.  Rich- 
tungsspindel eine  große  Zahl  von  Strahlensystemen  auftreten,  die 
von  echten  jungen  Sphären  nicht  zu  unterscheiden  sind,  muß  an- 
gesichts der  Abbildungen  Mead's  unbedingt  zugegeben  werden. 
Fraglich  bleibt  nur,  ob  alle  diese  Radiensysteme  durch  C  e  n  t  r  o  - 
s  ome  n  bedingt  sind.  Diese  Annahme  ist  gewiß  sehr  naheliegend  ; 
ich  selbst  habe  früher  (11),  als  es  sich  darum  handelte,  die  älteren 
Angaben  der  Litteratur  über  Protoplasmastrahlungen  mit  den  Be- 
funden über  die  Centrosomen  in  Beziehung  zu  setzen,  als  leiten- 
den Grundsatz  die  These  aufgestellt:  Wo  im  Protoplasma  eine 
Strahlensonne  vorliegt,  da  ist  dieselbe  bedingt  durch  ein  Cen- 
trosoma. Allein  seitdem  Bütschli  gezeigt  hat,  wie  leicht  in  Sub- 
stanzen, die  in  ihrer  Consistenz  und  Struktur  dem  Protoplasma 
ähnlich  sind,  sphärenartige  Bildungen  erzeugt  werden  können,  und 
besonders  nachdem  Fischer  seine  wichtigen  Ergebnisse  über  künst- 
liche Strahlungen  in  Eiweißkörpern  mitgeteilt  hat,  wird  man  sich 
hüten  müssen,  jede  radiäre  Anordnung  im  Protoplasma  als  durch 
ein  Centrosom  bedingt  anzusehen. 

Die  bei  Mead  als  ganz  selbstverständlich  ausgesprochene 
Anschauung,  daß  die  beiden  Astrosphären  der  I.  Ovocytenspiudel 
aus  jenen  multiplen  Strahlungen  entstehen,  ist,  so  nahe  sie  dem 
Autor  auch  liegen  mochte,  doch  nur  eine  Hypothese,  wie  schon 
daraus  hervorgeht,  daß  Mead  es  unentschieden  lassen  muß  (S.  196), 
ob  die  echten  Astrosphären  durch  Wachstum  und  weitere  Ausbil- 
dung von  zweien  jener  indifferenten  Radiensysteme  oder  durch 
Fusion  von  solchen  entstehen.  Unter  diesen  Umständen  ist  die 
dritte  Annahme  ganz  ebenso  berechtigt,  daß  die  beiden  Sphären 
der  Richtungsspiudel  mit  jenen  kleinen  Radiensystemen  überhaupt 
nichts  zu  thun  haben,  sondern  Bildungen  eigener  Art  sind. 

Ich  halte  es  also  zunächst  für  das  Wahrscheinlichste,  daß  in 
der  vor  der  Teilung  stehenden  Ovocyte  I.  Ordnung  von  Chaetopterus 
zwei   Centrosomen   vorhanden    sind,    die    sich   aber    wegen 


—     167     — 

ihrer  Kleinheit  beim  Mangel  einer  Sphäre  nicht  nachweisen  lassen,  i 
Erst  wenn  sie  ihre  Wirkung  auf  das  Protoplasma  auszuüben  beginnen,  j 
werden  sie  als  solche  erkennbar ;  gleichzeitig  oder  vielleicht  schon  ! 
etwas  früher  treten  aber  auch  als  vorübergehende  Strukturen  jene  | 
Pseudosphären  auf,  die  vermutlich  in  eine  Kategorie  gehören  mit  | 
den  sogleich  zu  besprechenden  künstlichen  Astrosphären ,  die 
Morgan  durch  Veränderung  des  Salzgehaltes  des  Wassers  hervor- 
gebracht hat,  wofür  besonders  der  Umstand  spricht,  daß  auch  in 
Mead's  Fall  die  multiplen  Strahlensysteme  bei  der  Uebertragung 
in  ein  anderes  Medium  auftreten:  von  der  Leibeshöhlenflüssigkeit 
in  Seewasser,  dem  Mead  einen  höheren  Salzgehalt  zuschreiben 
zu  müssen  glaubt. 

Sollte  sich  aber  bei  weiterer  Untersuchung  ergeben,  daß  die 
beiden  Sphären  der  L  Richtungsspindel  wirklich  zwei  von  jenen 
zahlreichen  sind,  die  vorher  die  ganze  Ovocyte  durchsetzen,  so 
würde  auch  damit  noch  immer  nicht  bewiesen  sein,  daß  es  sich 
um  eine  Neubildung  von  Centrosomen  handelt.  Denn 
es  wäre  denkbar,  daß  in  den  Ovocyten  I.  Ordnung  eine  starke  Ver- 
mehrung des  ursprünglichen  einfachen  Centrosoms  stattgefunden 
hat,  so  daß  schließlich  zahlreiche  vorhanden  sind,  die  sich  dann 
wieder  bis  auf  eines  (oder  zwei)  rückbilden.  Es  wäre  dieser 
Prozeß  vergleichbar  der  Vermehrung  der  Infusorien-Nebenkerne 
vor  der  Konjugation,  wobei  dann  auch  alle  so  gebildeten  Kerne 
bis  auf  einen  zu  Grunde  gehen.  Gerade  für  die  Ovocyten  aber 
wäre  ein  solcher  als  Reminiscenz  zu  deutender  Prozeß  nicht  ganz 
unwahrscheinlich;  denn  wie  noch  jetzt  die  Richtungskörperbildung 
erkennen  läßt,  sind  in  der  Ovogenese  ursprünglich  vorhandene 
Zellteilungen  mehr  oder  weniger  vollständig  rückgebildet  worden ; 
und  solche  unterdrückte  Zellteilungen  könnten  eben  noch  hier  und 
dort  durch  Centrosomenteilungen  angedeutet  sein. 

Diesen  Befunden  an  normalen  Zellen  reihen  sich  nun  endlich 
Morgan's  (84,  85)  künstliche  Astrosphären  an,  dadurch 
hervorgebracht,  daß  Eier  in  gewisse  Salzlösungen  gebracht  und 
nach  einiger  Zeit  wieder  in  ihr  normales  Medium  (Seewasser) 
zurückversetzt  werden.  Daß  diese  Prozedur  in  verschiedenen  Eiern 
sphärenartige  Bildungen  an  beliebigen  Punkten  im  indifferenten 
Protoplasma  hervorrufen  kann ,  dürfte  durch  Morgan's  Befunde 
über  jeden  Zweifel  sichergestellt  sein ;  aber  damit  nicht  genug, 
sollen  sich  diese  artificiellen  Sphären  unter  Umständen  dem  Kern 
gegenüber  ganz   so   wie   die  karyokinetischen  Radiensysteme  ver- 


—     168     — 

halten,  und  Moegan  spricht  es  direkt  aus,  daß  unter  den  von  ihm 
gesetzten  Bedingungen  Centrosomen  de  novo  entstehen,  die 
vollkommen  auf  diese  Bezeichnung  Anspruch  machen  können. 

So  interessant  nun  auch  die  thatsächlichen  Ergebnisse  Morgan's 
jedenfalls  sind,  so  muß  doch  gesagt  werden,  daß  dieselben  einen 
höchst  fragmentarischen  Charakter  besitzen,  was  gewiß  mit  den 
großen  Schwierigkeiten  der  Untersuchung  zusammenhängt.  Erstlich 
läßt  sich  das,  worauf  es  ankommt,  nur  an  Schnitten  erkennen,  und 
da  Morgan  sich  immer  nur  auf  einzelne  Schnitte  bezieht,  weiß 
man  niemals,  was  alles  in  dem  Ei  vorhanden  ist.  Zweitens  ver- 
halten sich  die  einzelnen  Eier,  selbst  des  gleichen  Individuums, 
offenbar  so  verschieden  gegenüber  dem  abnormen  Medium,  daß  die 
Konstruktion  des  Verlaufs  aus  verschiedenen  abgetöteten  Exem- 
plaren etwas  sehr  Unsicheres  ist.  Und  diese  Unsicherheit  wächst 
noch  dadurch  außerordentlich,  daß  die  Lücken  zwischen  den  ein- 
zelnen Stadien,  die  Morgan  au  einander  reiht,  zum  Teil  sehr  groß 
sind.  Dadurch  wird  über  manche  Frage  von  fundamentaler  Be- 
deutung ein  Urteil  überhaupt  unmöglich  gemacht. 

Unter  diesen  Umständen  wird  es  gerechtfertigt  sein,  wenn 
ich  von  einer  Analyse  der  MoRGAN'schen  Befunde  im  einzelnen 
absehe  und  mich  darauf  beschränke ,  meine  Ansicht  über  das 
Wesentlichste  auszusprechen.  Vor  allem  scheint  es  mir  von  der 
größten  Wichtigkeit  zu  sein,  daß  in  der  gleichen  Zelle  neben  ein- 
ander sowohl  echte  Kinosphären  oder  Modifikationen  von  solchen, 
als  auch  künstliche  Strahlungen  vorhanden  sein  können.  Diese 
Thatsache  hat  Morgan  für  die  Ovocyten  von  Cerebratulus  fest- 
gestellt. Hier  treten  einerseits  als  vorübergehende  Bildungen 
die  künstlichen  Astrosphären  auf,  andererseits  verwandelt  die  Salz- 
lösung die  Sphären  der  Richtungsspindeln  in  riesige  Strahlensonnen, 
in  deren  „Mittelzone"  nach  einiger  Zeit  eine  Menge  kleiner  Sphären 
entstehen,  die  sich  dann  im  Protoplasma  verteilen. 

Für  diese  letzteren  Gebilde  wäre  es  nun  durchaus  möglich, 
daß  sie  nicht  künstliche,  sondern  echte  durch  Centrosomen  bedingte 
Sphären,  wenn  auch  von  ganz  abnormer  Art,  wären.  Denn  es  ist 
nach  den  Bildern  Morgan's  (speciell  Fig.  67)  denkbar,  daß  sich 
die  Centriolen  der  Richtungsspindel  sehr  stark  vermehren  und  daß 
diese  Körperchen  nach  einiger  Zeit  aus  dem  riesig  angewachsenen 
Centroplasma  kleine  Centrosomen  um  sich  bilden,  welche  ihrerseits 
zur  Bildung  von  Sphären  Veranlassung  geben. 

Auch  für  das  Seeigel-Ei  halte  ich  es  für  nahezu  sicher,  daß 
die  in  Morgan's  Versuchen  auftretenden  Astrosphären  von  zweier- 


—     169     - 

lei  Art  sind.  Wir  wissen  besonders  durch  die  Untersuchungen 
von  0.  und  R.  Hertwig  (66,  64)  und  von  Ziegler  (109),  daß 
durch  mancherlei  Reize  am  Eikern  des  Seeigel-Eies  Strahlungen 
hervorgerufen  werden,  die  wir  nicht  in  die  Kategorie  der  künst- 
lichen Astrosphären  Morgan's  stellen  dürfen.  Denn  erstens  sind 
sie  an  den  Eikern  gebunden  und  zweitens  treten  sie  in  gewissen 
Fällen,  so  in  den  R.  HERTWiG'schen  Strychninversuchen  in  regu- 
lierter Zahl:  eines  oder  zwei,  auf,  wenn  sie  auch  unter  anderen 
Bedingungen  multipolar  sind.  Hier  haben  wir  es,  wie  schon  öfter 
hervorgehoben,  mit  Strahlungen  zu  thun,  die  offenbar  auf  der  An- 
wesenheit eines  Eicentrosoms  oder  seines  Aequivalents  beruhen, 
also  echte  Sphären  sind.  Da  ihr  Auftreten  durch  sehr  verschieden- 
artige Reize  ausgelöst  werden  kann,  auf  der  einen  Seite  Strychnin 
und  Chloral,  auf  der  anderen  durch  den  Reiz  des  eingedrungenen, 
aber  an  seiner  Vereinigung  mit  dem  Eikern  verhinderten  Sperma- 
kopfes, so  ist  es  sehr  w^ahrscheinlich,  daß  die  von  Morgan  be- 
nutzten Salze,  speciell  das  Magnesiumchlorid,  die  gleiche  Wirkung 
haben ;  und  ich  habe  schon  in  der  Einleitung  die  LoEß'sche  Par- 
thenogenese des  Seeigel-Eies,  die  ja  gleichfalls  durch  MgClg -Lösung 
hervorgebracht  wird,  in  dieser  Weise  erklärt.  Ist  dies  richtig, 
so  ist  kaum  zu  bezweifeln,  daß  Morgan  bei  seinen  Versuchen  mit 
Arbacia-Eiern  zweierlei  Strahlungen  neben  einander  gehabt 
hat :  die  durch  das  Ovocentrum,  bezw.  dessen  Abkömmling  be- 
dingten und  rein  artificielle.  Damit  stehen  auch  seine  Figuren, 
soweit  sie  überhaupt  ein  Urteil  gestatten,  im  Einklang;  denn 
solche  Sphären,  wie  sie  in  Fig.  2  und  18  im  Umkreis  der  Chromo- 
somen des  Eikerns  abgebildet  sind,  scheinen  frei  im  Protoplasma 
nicht  vorzukommen ;  es  wäre  jedenfalls  eine  sonderbare  Unter- 
lassung, wenn  Morgan  sie  nur  nicht  abgebildet  hätte. 

Gegen  diese  Deutung  könnte  vielleicht  eingewendet  werden, 
daß  die  im  Umkreis  des  Kerns  auftretenden  Figuren  in  der  Regel, 
vielleicht  immer,  pluripolar  sind.  Allein  dies  ließe  sich  in  ein- 
facher Weise  so  erklären,  daß  während  des  Liegens  in  der  Morgan- 
schen  Salzlösung  eine  mehrmalige  Teilung  des  Ovocentrums  oder 
eine  pathologische  simultane  Mehrteilung  stattgefunden  hat  ^).  Auch 


1)  Der  wesentliche  Unterschied  zwischen  den  MoRGAx'schen 
und  den  LoEB'schen  Versuchen  würde  wahrscheinlich  darin  beruhen, 
daß  sich  bei  letzteren  das  Ovocentrum,  wenigstens  in  jenen  Fällen, 
wo  aus  dem  Ei  etwas  wird,  in  zwei  Tochterceutrosomen  teilt  und 
unmittelbar  darauf  die  erste  Kern-  und  Zellteilung  erfolgt,  worauf 
der  Prozeß  in  gleicher  Weise  weitergeht. 


—     170     — 

in  den  Chloralversuchen  von  0.  und  R.  Hertwig  sind  die  Mitosen 
des  Eikerns  direkt  pluripolar,  während  in  den  Strychninexperi- 
menten  von  R.  Hertwig  ausnahmslos  einpolige  oder  zweipolige 
Figuren  auftreten. 

Ist  diese  Erklärung  richtig,  so  möchte  ich  weiterhin  glauben, 
daß  auch  die  Pole  der  sog.  „nuclear  spindles",  die  sich  bei  Morgan's 
Arbacia- Versuchen  auf  späteren  Stadien  zeigen,  von  dem  Eicentro- 
soraa,  und  zwar  durch  Vermittelung  der  Centren  jener  eben  be- 
sprochenen Sphären  abstammen.  Morgan  sagt  zwar,  daß  die 
nuclear  spindles  mit  den  zuerst  auftretenden  Sphären  in  keiner 
Beziehung  zu  stehen  scheinen ;  allein  das  Wenige,  was  hier  an  Be- 
weismitteln vorliegt,  könnte  sehr  wohl  so  zu  deuten  sein,  daß  sie 
nicht  von  den  rein  künstlichen  Strahlungen  abzuleiten  sind. 
Eine  genetische  Beziehung  der  nuclear  spindles  zu  einzelnen 
der  früher  vorhandenen  Sphären  ist  absolut  nicht  auszuschließen. 
Wenn  Morgan  diese  Beziehung  leugnet,  so  scheint  er  hierzu  be- 
sonders auch  dadurch  veranlaßt  worden  zu  sein,  daß  ihm  die 
beiderlei  Bildungen  als  etwas  sehr  Verschiedenartiges  vorkommen. 
Ich  halte  jedoch  die  Aufstellung  eines  solchen  Gegensatzes  nicht 
für  gerechtfertigt.  Der  ganze  Unterschied  ist  der,  daß  im  einen 
Falle  lediglich  die  achromatische  Kernsubstanz  oder  der  zwischen 
dem  Centrosom  und  den  Chromosomen  gelegene  Bereich  faserig 
differenziert  wird,  im  anderen  die  ganze  protoplasmatische  Um- 
gebung. Auch  in  dieser  Hinsicht  sind  wieder  die  Ergebnisse  von 
O.  und  R.  Hertwig  von  großer  Bedeutung,  indem  sie  beweisen, 
daß  es  offenbar  nur  sehr  geringfügigei  Unterschiede  in  den  Be- 
dingungen bedarf,  damit  die  eine  oder  andere  Art  von  Figuren 
entsteht. 

Die  Annahme  einer  Neubildung  von  Centrosomen  entbehrt 
also  so  weit  jeder  Begründung.  Nun  hat  aber  Morgan  noch  ein 
Argument  angeführt,  dem  er  offenbar  eine  große  Bedeutung  bei- 
mißt, daß  nämlich  die  Centrosomen  der  fraglichen  nuclear  spindles 
in  Proportion  zur  Zahl  der  Kernelemente  auftreten. 
„Where  many  chromosomes  form  a  group  there  are  present  several 
nuclear  spindles  with  their  centrosomes,  where  few  chromosomes 
form  a  group  a  Single  nuclear  spindle  develops"  (p.  464).  Ehe 
ich  zu  einer  Erklärung  dieser  Erscheinung  schreite,  wird  es  am 
Platze  sein,  darauf  hinzuweisen,  daß  es  für  diejenigen  Fälle,  welche 
uns  in  der  vorliegenden  Frage  ein  Urteil  gestatten,  außer  Zweifel 
steht,  daß  eine  direkte  Beziehung  zwischen  der  Zahl  der  Chromo- 
somen und  der  Keruelemente  nicht  existiert.     Schon  im  Jahre  1888 


—     17J     — 

(13,  S.  187)  habe  ich  diese  für  die  Ceiitrosomenlehre  fundamentale 
Frage  an  der  Hand  verschiedene]'  abnormer  Fälle  im  Ascaris-Ei 
ausführlich  erörtert  und  bin  dort  zu  dem  Schluß  gekommen,  „daß 
zwischen  der  Menge  der  Kernsubstanz  und  der  Zahl  der  Pole 
keinerlei  Beziehungen  obvvalteu".  „Der  Kern,  ob  groß,  ob  klein, 
trifft  unter  allen  Umständen  die  nämlichen  Vorbereitungen  zur 
Teilung,  die  in  der  Bildung  isolierter  chromatischer  Elemente  und 
deren  Spaltung  in  zwei  Hälften  bestehen;  zu  wie  viel  neuen 
Kernen  sich  diese  Tochterelemente  gruppieren  werden,  ob  sie  alle 
wieder  in  einen  einzigen  Kern  zusammenkommen,  oder  ob  2,  3 
oder  mehr  Tochterkerne  entstehen  werden,  darauf  ist  die  Kern- 
substanz ohne  allen  Einfluß.  Der  Kern  teilt  sich  nicht,  sondern 
er  wii'd  geteilt." 

Zwingen  nun  die  MoRGAN'schen  Befunde,  diese  Sätze  umzu- 
stoßen? Meiner  Meinung  nach  durchaus  nicht;  seine  Resultate 
stehen  im  Gegenteil  damit  in  vollem  Einklang.  Denken  wir  uns 
nämlich  eine  mitotische  Figur  mit  zahlreichen  Polen,  wie  solche 
in  den  Anfangsstadien  der  MoKGAN'schen  Arbacia- Versuche  vor- 
liegen, so  wird  jeder  Pol  im  allgemeinen  nur  eine  geringe  Zahl 
von  Tochterchromosomen  an  sich  zu  binden  vermögen  (vergl. 
hierüber  meine  Ausführungen  in  13,  S.  180  ff.).  Für  den  weiteren 
Verlauf  giebt  es  nun  zwei  Möglichkeiten.  Rückt  ein  Pol  mit  seinen 
Chromosomen  von  den  übrigen  weit  ab,  so  wird  hier  ein  einzelner 
kleiner  Kern  entstehen.  Beim  nächsten  mitotischen  Prozeß  bildet 
sich  an  dieser  Stelle,  falls  das  Centrosom  sich  normal  geteilt  hat, 
eine  zweipolige  Spindel  mit  so  vielen  Chromosomen,  als  in  den 
Kern  eingegangen  waren.  Die  andere  Möglichkeit  ist  die,  daß 
viele  Pole  mit  ihren  Chromosomen  nahe  bei  einander  liegen  bleiben. 
Dann  entsteht  aus  allen  Tochterplatten  ein  gemeinsamer  riesiger 
Kern,  der  von  sämtlichen  beteiligten  Chromosomen  umgeben  ist. 
In  diesem  Falle  muß  bei  der  nächsten  mitotischen  Periode  wieder 
eine  multipolare  P'igur  entstehen,  zwischen  deren  Polen  sich 
sehr  viele  Chromosomen  verteilt  finden.  Damit  haben  wir  die 
einfachste  Erklärung  für  die  von  Morgan  konstatierte,  natürlich 
nur  sehr  annähernde  Proportionalität. 

Fasse  ich  nach  diesen  Auseinandersetzungen  meine  Meinung 
über  die  im  Seeigel-Ei  zu  beobachtenden  Strahlungen  zusammen, 
so  müssen  hier  dreierlei  Bildungen   scharf  unterschieden   werden : 

1)  Strahlensysteme,  die  durch  das  Spermocentrum  und 
dessen  Abkömmlinge  bedingt  sind,  Sie  sind  thätig,  und  zwar,  wie 
ich  schon  früher  (16)  aus  meinen  Versuchen  über  die  Befruchtung 


—     172    — 

kernloser  Eifragmente  geschlossen  habe,  ausschließlich  thätig 
bei  der  normalen  Entwickelung. 

2)  Strahlensysteme,  die  durch  das  Ovocentrum  und  dessen 
Abkömmlinge  bedingt  sind.  Auf  ihnen  beruht  die  Entwickelung 
bei  der  von  Loeb  entdeckten  Parthenogenese. 

3)  Strahlungen,  die  unter  dem  Einfluß  gewisser  Agentien 
überall  im  Protoplasma  auftreten  können,  um  nach  kürzerer  oder 
längerer  Zeit  wieder  zu  verschwinden,  die  von  Morgan  entdeckten 
künstlichen  Astrosphären. 

Sowohl  das  Spermocentrum  wie  das  Ovocentrum  vermehrt  sich 
typischer  Weise  durch  Zweiteilung.  Für  letzteres  scheint  mir 
dies  durch  die  Strychninversuche  von  R.  Hertwiü  (64)  bewiesen 
zu  sein.  Wie  oben  schon  erwähnt,  ist  eine  solche  typische  Ver- 
mehrung des  Ovocentrums  und  seiner  Abkömmlinge  für  die 
LoEB'sche  Parthenogenese  anzunehmen.  Spermo-  und  Ovocentrum 
können  jedoch,  wie  ich  aus  gewissen  Experimenten  von  O.  und 
R.  Hertv^^ig  (66)  schließen  zu  müssen  glaube,  unter  abnormen 
Bedingungen  eine  simultane  Mehrteilung  erleiden,  welche  stets 
pathologische  Produkte  zur  Folge  hat. 

Was  schließlich  Morgan's  Versuche  anlangt,  so  handelt  es 
sich  bei  ihnen  neben  den  vorübergehenden  und  an  den  mitotischen 
Prozessen  gänzlich  unbeteiligten  artificiellen  Astrosphären  um 
das  in  pathologischer  Vermehrung  begriffene  Ovocentrum  und 
dessen  Abkömmlinge.  Die  späteren  Generationen  dieser  Ab- 
kömmlinge erregen  aus  einem  unbekannten  Grunde  keine  Proto- 
plasmastrahlung. 

So  sehr  ich  von  der  Richtigkeit  der  gegebenen  Deutung  über- 
zeugt bin,  so  möchte  ich  doch  nicht  unterlassen,  hier  noch  die 
Frage  zu  untersuchen,  welchen  Einfluß  auf  unsere  Vorstellungen 
es  haben  müßte,  wenn  weitere  Untersuchungen  zeigen  würden, 
daß  wirkUch  rein  künstliche  Astrosphären  bei  günstiger  Lage  an 
dem  Aufbau  karyokinetischer  Figuren  beteiligt  sein  können.  Gewiß 
wäre  damit  etwas  sehr  Wichtiges  festgestellt,  nämlich  dieses,  daß 
echte  Kinosphären  auf  andere  als  die  von  Centrosomen  ausgehen- 
den Reize  entstehen  können.  Für  die  Centrosomeulehre 
selbst  aber  würde  es  sich  noch  darum  handeln,  zu  zeigen,  was 
aus  dem  Centrum  einer  solchen  Sphäre  wird.  Ist  es  ein  selb- 
ständiges Gebilde  mit  der  Fähigkeit,  sich  durch  Teilung  zu  ver- 
mehren, so  daß  seine  Teilstücke  wieder  Kinosphären  erzeugen, 
dann  ist  bewiesen,  daß  Centrosomen  künstlich  erzeugt  werden 
können.     Bildet  sich  dagegen  ein  derartiges  teilungsfähiges  Central- 


—     173     — 

gebilde  nicht,  sondern  entstehen  alle  diese  folgenden  Sphären  samt 
ihren  Centren  wieder  ganz  neu,  so  können  diese  Ceutren,  mögen 
sie  sich  auch  noch  so  klar  als  in  Eiseuhämatoxylin  schwarz  färb- 
bare Körperchen  darstellen,  auf  den  Namen  Ceutrosomen 
keinen  Anspruch  machen. 

Diese  Frage  nach  der  Teiluiigsfäliigkeit,  nach  dieser  neben 
der  Sphärenerregung  zweiten  Fundamentaleigenschaft  der  Centro- 
somen, wird  von  Morgan  gar  nicht  berührt.  Und  doch  ist  darin 
die  weitere  gewichtige  Frage  eingeschlossen,  ob  die  künstlichen 
Centralkörper  im  Stande  sind,  die  durch  Erbschaft  von  einer 
Zellengeneration  auf  die  nächste  übertragenen  Centrosomen 
zu  ersetzen  oder  nicht.  Denn  die  Bildung  von  Kinosphären  ge- 
nügt, wie  im  vorigen  Kapitel  ausführlich  gezeigt  worden  ist,  nicht, 
um  eine  Zelle  zu  normaler  Vermehrung  zu  befähigen  und  damit 
einen  lebensfähigen  Organismus  entstehen  zu  lassen  oder  zu  er- 
halten; es  müssen  vielmehr  Einrichtungen  vorhanden  sein,  welche 
bewirken,  daß  in  der  Zelle  vor  der  Teilung  2  und  nicht  mehr  als 
2  Kinosphären  auftreten.  Diese  Einrichtungen  sind  aber,  wie  oben 
gezeigt,  gegeben  in  dem  durch  Zweiteilung  sich  vermehrenden 
Centrosom^).  Daß  diese  Fähigkeit  der  Zweiteilung  oder  über- 
haupt der  Teilung  den  Centren  der  künstlichen  Astrosphären  Morgan's 
zukommt,  scheint  mir  nach  allem,  was  er  über  die  peripher  ge- 
legenen Strahlungen  mitteilt,  ausgeschlossen  zu  sein.  Und  damit 
ist  in  meinen  Augen  ihr  Urteil  gesprochen. 

Daran  würde  auch  die,  für  mich  freilich  sehr  unwahrschein- 
liche Möglichkeit  nichts  ändern,  daß  die  künstlichen  Astrosphären 
unter  Umständen  mitotische  Vorgänge  bewirken,  die  denen  in  nor- 
malen Zellen  sehr  täuschend  ähnlich  sehen.  So  überraschend  ein 
solches  Verhalten  auch  wäre,  ohne  Analogie  scheint  es  mir  nicht 
zu  sein.  Gewiß  wird  man  annehmen  müssen,  daß  die  Sphären-  \ 
bildung  ursprünglich  überall  von  Centrosomen  abhängig  war ;  allein 
die  Sphäre  ist  eine  Differenzierung  des  Protoplasmas,  und  es 
ist  denkbar,  daß  das  Protoplasma  in  manchen  Zellen  hierin  so 
selbständig  geworden  ist,  daß  ein  gewisser  Reiz,  der  unter  ab- 
normen Verhältnissen  auch  von  etwas  anderem  als  einem  Centro- 
som  ausgehen  kann,  genügt,  um  Sphärenbildung  und  alle  die  Vor- 


1)  Deshalb  heißt  es  in  meiner  Definition  des  Centrosoma  (17, 
S.  60):  Unter  Centrosoma  verstehe  ich  ein  der  entstehenden  Zelle 
in  der  Einzahl  zukommendes  distinktes  dauerndes  Zellenorgan,  das, 
durch  Zweiteilung  sich  vermehrend,  die  Centren  für  die 
entstehenden  Tochterzellen  liefert. 


-     174    — 

gänge  auszulösen,  die  zur  Durchführuog  des  karyokinetischen 
Prozesses  notwendig  sind.  Ich  glaube,  daß  wir  in  der  Ontogenese 
viele  solche  Prozesse  haben,  die  ursprünglich  in  ihrem  Verlauf 
durch  andere  bewirkt,  nun  unabhängig  von  diesen  ablaufen ;  einen 
etwas  ferner  liegenden ,  aber  seiner  Sicherheit  wegen  brauch- 
baren Vergleich  bieten  gewisse  Sexualverhältnisse.  Die  kom- 
plizierten sekundären  Geschlechtsfunktionen,  als  Erektion,  Be- 
gattungstrieb, Coitus,  Ejakulation,  sind  ursprünglich  alle  durch  die 
Hoden  veranlaßt.  Allein  diese  Mittel,  den  Samen  an  den  richtigen 
Ort  zu  bringen,  sind  so  selbständig  geworden,  daß  sie  in  typischer 
Succession  durch  bloße  Vorstellungen  ausgelöst  werden  können, 
nachdem  Hoden  gar  nicht  mehr  vorhanden  sind.  Diesem  Be- 
gattungsvorgang ohne  männliche  Geschlechtsdrüse  möchte  ich  die 
Bildung  und  Thätigkeit  der  künstlichen  Astrosphären  vergleichen  ^). 
So  wenig  der  Coitus  ohne  Sperma  dem  weiblichen  Organismus  die 
Entwickelungsfähigkeit  seiner  Zeugungstoöe  gewährt,  ebensowenig 
sind  die  centrosomenlosen  Astrosphären  im  Stande,  jene 
geregelten  Kern-  und  Zellteilungen  zu  veranlassen,  welche  zur 
Entwickelung  eines  Organismus  unumgänglich  notwendig  sind. 

/  Nachdem  ich  hiermit  gezeigt  zu  haben   glaube,   daß  alle  auf- 

/  geführten  Erscheinungen  nicht  im  Entferntesten  einen  Beweis  für 
eine  Neubildung  von  Centrosomen  bilden,  möchte  ich  noch  auf 
einige  Thatsachen  hinweisen ,  welche  von  ganz  allgemeinen  Ge- 
sichtspunkten aus  gegen  Annahmen  sprechen,  wie  sie  im  Vor- 
stehenden betrachtet  worden  sind.  Wenn  eine  Zelle  von  einer 
mit  einem  Centrosom  ausgestatteten  Mutterzelle  durch  karyo- 
kinetische  Teilung  abstammt,  muß  auch  sie  bei  ihrer  Entstehung 
ein  Centrosom  enthalten.  Warum  nun  nicht  auf  dem  einfachen 
und  für  zahlreiche  Fälle  sicher  nachgewiesenen  Weg  der  Zwei- 
teilung aus  diesem  Körpercheu,  die  beiden  für  die  nächste  Teilung 
notwendigen  Centrosomen  entstehen  sollen,  ist  nicht  einzusehen. 
Wozu  Rückbildung  und  dann  wieder  Neubildung,  und  gar  Neu- 
bildung von  zahlreichen  Centren,  welche  für  die  Auswahl  von 
2  schließlich  funktionierenden  oder  für  die  Verschmelzung  der- 
selben zu  2  Polen  wieder  besondere  Kräfte  verlangen  ? 

Wenn    überhaupt    eine    Auswahl,    oder    Bildung    von 
zwei   Centrosomen    aus    einer   größeren   Anzahl    stattfinden 


1)  Immer  unter  der  Voraussetzung,    daß   diese  artificiellen  Ge- 
bilde das,  was  Morgan  ihnen  zuschreibt,  in  der  That  leisten. 


—     175    — 

kann,  so  müßte  mau  diese  Erscheinung  doch  vor  allem  dort  er- 
warten, wo  sie  wirklich  notwendig  wäre,  nämlich,  wo  eine  Zelle  in- 
folge einer  Abnormität  eine  U  eher  zahl  von  Centrosomen  enthält. 
Allein  davon  ist  nichts  bekannt.  Wenn,  wie  dies  bei  Seeigel-Eiern 
durch  Unterdrückung  der  Zellteilung  so  leicht  erreichbar  ist,  die 
Zahl  der  Centrosomen  abnorm  erhöht  worden  ist  (vgl.  Boveri,  19), 
so  zeigt  sich,  daß  die  Eizelle  dieser  Ueberzahl  von  Centrosomen 
einfach  preisgegeben  ist,  sie  vermag  sich  ihrer  nicht  zu  erwehren. 
Ganz  ebenso  ist  es  nach  Heidenhain  in  den  Riesenzellen  des 
Knochenmarks,  und  das  Gleiche  zeigen  die  Erscheinungen  der 
Polyspermie.  Falls  nicht,  wie  bei  der  physiologischen  Polyspermie 
gewisser  Wirbeltiere  und  Arthropoden  die  überzähligen  Sperma- 
köpfe gleich  von  Anfang  an  in  den  Dotter  eliminiert  oder  erstickt 
werden,  entstehen,  der  Zahl  der  eingedrungenen  Spermaköpfe  ent- 
sprechend, multiple  Sphären  und  veranlassen  ein  pathologisches 
Produkt.  Um  angesichts  solcher  Thatsachen  die  Lehre  von  der 
Permanenz  der  Centrosomen  zu  erschüttern,  sind  sicherlich  bessere 
Beweismittel  nötig,  als  sie  bisher  erbracht  werden  konnten.  — - 

Im  Anschluß  an  die  erörterten  Fragen  sei  hier  noch  kurz  die 
gleichzeitig  von  Lenhossek  (76)  und  Henneguy  (59)  aufgestellte 
Hypothese  erwähnt,  wonach  dieBasalkörperchen  an  den 
Cilien  der  Flimmerzellen  als  Centrosomen  oder 
Centriolen  anzusehen  wären.  Eine  weitere  Erörterung 
über  die  Wahrscheinlichkeit  dieser  Hypothese  scheint  mir  unfrucht- 
bar zu  sein;  es  handelt  sich  einfach  darum,  ob  die  Entstehung 
der  Basalkörperchen  aus  dem  der  Flimmerzelle  bei  ihrer  Bildung 
zukommenden  Centrosom  nachgewiesen  werden  kann  oder  nicht. 
W^ird  sich  bei  dieser  Feststellung  ergeben,  daß  die  Hypothese  richtig 
war,  so  erhebt  sich  die  wichtige  Frage,  wie  es  mit  der  Teilungs- 
fähigkeit solcher  Zellen  bestellt  ist.  Nach  Henneguy  teilen  sich 
die  Flimmerzellen  überhaupt  nicht  mehr;  er  ist  der  Meinung,  daß 
die  zahlreichen  Centren  nur  noch  dazu  da  sind,  die  äußere  Be- 
wegung zu  beherrschen.  Dann  würde  bezüglich  des  Verhältnisses 
der  Centrosomen  zur  Zellteilung  hier  nichts  Neues  vorliegen ;  der 
Schluß,  den  ich  früher  aus  den  bekannten  Thatsachen  gezogen 
habe  (17):  daß  eine  normale  Zelle  nicht  mehr  als  höchstens  2 
Centrosomen  besitzen  dürfe,  müßte  nur,  wie  dies  ja  auch  damals 
schon  gedacht  war  und  aus  dem  Zusammenhang  hervorgeht,  dahin         -\  )  / 

präcisiert   werden,   daß  in    einer  zu   normaler  Teilung   be-  ] 

fähigten  Zelle  nicht  mehr  als   2  Centrosomen  vorhanden  sein  / 


—     176     — 

können,  wogegen  in  Zellen,  die  sich  nicht  mehr  teilen,  zu  anderen 
Zwecken  eine  Vermehrung  der  Centrosomen  stattfinden  könnte. 
'  Lenhossek  hat  darauf  aufmerksam  gemacht,  daß  Hammar  (50) 
eine  karyokinetische  Teilung  von  Flimmerzellen  beobachtet  haben 
will.  Bestätigt  sich  diese  Angabe,  für  die  ich  in  den  Abbildungen 
Hammar's  keinen  Beweis  erkennen  kann,  so  wäre  es  eine  für  die 
Centrosomenlehre  höchst  interessante  Frage,  in  welcher  Weise 
die  Teilungsfigur  entsteht.  Lenhossek's  Lösung  (S.  118),  daß 
dabei  von  den  Basalkörperchen  einfach  2  als  Polkörperchen  Ver- 
wendung finden,  klingt  zwar  sehr  einfach,  dürfte  aber  der  Zelle 
selbst  nicht  ohne  komplizierte  Einrichtungen  möglich  sein.  Immer- 
hin wäre  es  denkbar,  daß  bei  der  angenommenen  Vermehrung  des 
der  Zelle  zunächst  in  der  Einzahl  zukommenden  Centrosoms,  ver- 
mittelst einer  Art  inäqualer  Teilung,  wie  sie  z.  B.  bei  der  Furchung 
des  Ascaris-Eies  zwischen  den  Blastomeren  zu  konstatieren  ist, 
einer  der  Abkömmlinge  besondere  Qualitäten  bewahrt,  die  dieses 
Körperchen  allein  zur  Einleitung  eines  karyokinetischen  Prozesses 
befähigen,  während  die  anderen  diese  Eigenschaft  verlieren;  oder, 
wie  man  es  ausdrücken  müßte,  wenn  man  die  Erzeugung  der 
Teilungsfigur  als  Charakteristikum  des  Centrosoms  beibehalten 
wollte:  daß  sich  von  dem  ursprünglichen  Centrosom  eine  Anzahl 
von  besonderen  Körperchen  als  CiUenkörperchen  abgespalten  haben. 

b.  Neubildung  von  Centrosomen   aus  dem  Kern. 
Homologie  des  Centrosoms. 

Nachdem  ich  im  vorigen  Abschnitt  dargelegt  habe,  daß  alle 
Behauptungen  einer  Neubildung  von  Centrosomen  aus  dem  Proto- 
plasma einer  ernsthchen  Kritik  nicht  standhalten  können,  fragt 
es  sich,  ob  vielleicht  der  „Kern"  befähigt  ist,  Centrosomen  neu 
zu  bilden.  In  diesem  Sinne  spricht  R.  Hertwig  (65,  p.  70)  von 
einer  Neubildung  des  Centrosoma  bei  Actinosphaerium 
und  ist  der  Meinung,  daß  Aehnliches  weiter  verbreitet  sein  möge. 
So  heißt  es  dort:  „Ich  möchte  daher  an  dieser  Stelle  der  Er- 
wägung Raum  geben,  ob  man  in  der  Neuzeit  in  der  pflanzlichen  und 
tierischen  Histologie  nicht  allzu  sehr  bereit  ist,  aus  der  Anwesen- 
heit von  Strahlungen  einen  Rückschluß  auf  die  Anwesenheit  von 
Centrosomen  zu  macheu  und  demgemäß  etwaige,  wenn  auch 
undeutliche,  Strukturen  als  solche  zu  deuten,  was  zur  Folge  haben 
muß,  daß  man,  die  Centrosomen  für  Dauerorgane  der  Zelle  er- 
klärend, sich  selbst  der  Möglichkeit  beraubt,  über  ihre  Entwicke- 
lung  ins  Klare  zu  kommen." 


—     177     — 

Ehe  ich  nun  iiuf  diese  Frage  näher  eingehe,  ist  es  notwendig, 
ein  in  neuerer  Zeit  vielfach  erörtertes  Problem  zu  besprechen,  ob 
nämlich  in  Zellen,  welche  keine  Centrosomen  ent- 
halten, Aequivalente  dieser  Bildungen  vorhanden 
sind.  Viele  Autoren  stimmen  in  der  Meinung  überein,  daß  wir 
in  achromatischen  Teilen  gewisser  Kernformen,  wie  sie  besonders  bei 
Protozoen  vorkommen,  das  Homologon  des  Centrosoms  zu  erkennen 
haben ;  Bütschli  (24),  R.  Hertwig  (62 — 65),  Lauterborn  (74),  M. 
Heidenhain  (ö4),  Schaudinn  (94—96)  u.  a.  haben  sich  in  diesem 
Sinne  geäußert,  und  es  ist  vor  allem  R.  Hertwig  wiederholt  und 
mit  den  gewichtigsten  Argumenten  für  eine  solche  Gleichsetzung 
eingetreten.  Ich  selbst  bin  hierbei  mehrfach  als  Gegner  der- 
selben angeführt  worden,  jedoch  nicht  mit  Recht.  Denn  was  ich 
bei  meiner  Erörterung  dieser  Frage  1895  (17)  hervorhob,  war  nur, 
daß  unsere  Kenntnisse  meines  Erachtens  zu  lückenhaft  seien, 
um  ein  sicheres  Urteil  zu  gestatten;  für  positiv  verfehlt 
habe  ich  lediglich  die  Hypothese  erklärt,  daß  das  Centrosom  der 
Metazoenzelle  dem  Mikronucleus,  der  Kern  dem  Makronucleus  der 
Ciliaten  zu  vergleichen  sei.  Nachdem  ich  kurz  darauf  an  Mac 
Farland's  Präparaten  die  außerordentliche  Uebereinstimmung 
einer  Centrosomenteilung  mit  der  Teilung  gewisser  Protozoenkerne 
kennen  gelernt  hatte  und  nachdem  gleichzeitig  in  unserer  Kenntnis 
der  Teilungsvorgänge  bei  Protozoen  wichtige  Fortschritte  erreicht 
worden  waren,  habe  ich  mich  schon  1896  (19)  der  zuerst  von 
R.  Hertwig  formulierten  Auffassung  im  wesentlichen  ange- 
schlossen. 

Für  unsere  gegenwärtigen  Betrachtungen  würde  es  zu  weit 
abliegen,  die  mannigfachen  Zustände,  welche  bei  den  Einzelligen 
bisher  konstatiert  worden  sind,  auf  ihr  Verhältnis  zur  Centro- 
somenlehre zu  untersuchen;  ich  verweise  hier  auf  die  Erörte- 
rungen von  R.  Hertwig  (64,  65),  Lauterborn  (74),  Schaudinn 
(96),  Calkins  (27),  E.  B.  Wilson  (106)  u.  a.  Die  Protozoenkerue, 
um  die  es  sich  bei  unseren  Vergleichungen  handelt,  sind  solche, 
welche  trotz  des  Mangels  von  Centrosomen  doch  eine  Anknüpfung 
an  die  Verhältnisse  der  Metazoen  gestatten;  Kerne  nämlich,  wie 
sie  auch  in  gewissen  Zellen  der  letzteren  wiederkehren,  deren 
Teilung  zwar  unter  der  Erscheinung  einer  zweipoligen  „Spindel" 
abläuft,  bei  denen  diese  Spindel  aber  nicht  als  etwas  Sekundäres 
zwischen  2  vorher  vorhandenen  Polen  (Centrosomen)  auftritt,  sondern 
direkt  durch  Umformung  des  ganzen  Kernes  in  einen  spindel- 
förmigen, faserigen  Körper  entsteht,  dessen  Enden  sich  unter  Um- 

B  0  V  e  r  i ,  Zellen-Studien.   IV.  l  O 


-     178     — 

ständen    durch    eine    besondere    Ausbildung    von    dem    mittleren 
faserigen  Bereich  abheben  können. 

Solche  Kernteilungsformen  kennen  wir  einerseits  von  den 
Ovocyten  verschiedener  Tiere;  ich  habe  auf  ihr  Vorkommen  und 
ihre  auffallende  Abweichung  von  den  typischen  Mitosen  der 
Metazoen,  wie  auf  ihre  große  Uebereinstimmung  mit  Protozoen- 
kernen zuerst  bei  Nematoden  aufmerksam  gemacht  (10);  sehr 
verbreitet  sind  sie  andererseits  bei  Protozoen,  speciell  in  der 
Klasse  der  Ciliata.  Nachdem  nun  Mac  Farland  für  die  Ovocyten 
von  Diaulula  zum  ersten  Mal  den  Nachweis  erbracht  hat,  daß  hier 
bei  der  Teilung  des  Centrosoms  ein  spindelförmiger  Körper  ent- 
steht, an  dessen  Polen  sich  die  Tochtercentrosomen  differenzieren, 
ist  es  möglich,  eine  Reihe  aufzustellen,  welche  von  dem  Typus  der 
Teilung  eines  Infussorien-Nebenkernes  zu  demjenigen  überleitet, 
wie  er  z.  B.  im  Ascaris-Ei  verwirklicht  ist. 

Die  nebenstehende  Figur  C  wird  dies  anschaulich  machen. 
Querreihe  I  zeigt  einen  schematischen  Längs-  und  Querschnitt 
(a  und  b)  durch  den  Mikronucleus  eines  ciliaten  Infusorimus  im 
Spindelstadium.  Innerhalb  der  längsellipsoiden  Kernraembran  hat 
sich  die  achromatische  Kernsubstanz  zu  einem  parallelen  Faser- 
werk differenziert,  und  diese  Fasern  laufen  an  den  beiden  Enden 
in  ein  anscheinend  dichteres  polares  Areal  zusammen  (vergl.  hier- 
über R.  Hertwig  (63).  Das  Chromatin  ist  im  Innern  der 
Spindel  zur  Aequatorialplatte  angeordnet. 

Einen  v»'esentlich  gleichen  Typus  zeigen  uns  die  Ovocyten- 
spindeln  bei  Ascaris  (vergl.  meine  Beschreibung  und  die  zugehörigen 
Abbildungen  von  Asc.  megalocephala  und  lumbricoides,  10,  S.  74 
und  75).  Auch  hier  ist  es  der  Kern  (Keimbläschen),  bezw.  eine 
ihn  durchsetzende  dichte,  achromatische  Substanz,  welche  durch 
Streckung  und  Differenzierung  die  Spindel  liefert,  auch  hier  wird 
die  Bipolarität  der  Teilungsfigur  durch  den  Kern  selbst  bewirkt. 
Genau  wie  bei  den  betrachteten  Protozoenkernen  fehlt  jede  Be-  ' 
Ziehung  der  Pole  zur  Zellsubstanz,  wie  dort  liegen  die  Chromosomen 
im  Innern  des  spindelförmigen  Körpers.  Bemerkenswert  ist,  daß 
bei  Ascaris  megalocephala,  wie  Fürst  (46)  gezeigt  hat,  in  den 
beiden  dichteren  Polansammlungeu  manchmal  je  ein  winziges 
Körnchen  zur  Beobachtung  kommt,  das  vielleicht  als  Centriol  zu 
deuten  ist. 

Querreihe  II  unserer  Figur  stellt  einen  Kernteilungstypus  dar, 
der  bei  aller  Uebereinstimmung  mit  dem  vorigen  doch  schon  einen 
ersten  Schritt  zu  der  später  so  hochgradigen  Sonderung  zwischen 


—     179     - 

Textfigur  C. 
I 


//|\> 


II 


ir 


III 


IV 


12* 


—     180    — 

den  zunächst  eng  vereinigten  Elementen  darstellt.  Es  ist  ein 
Typus,  wie  ihn  die  den  Mikronuclei  der  typischen  Ciliaten  zu  ver- 
gleichenden Kerne  der  Opalinen  darbieten.  Wie  schon  Pfitzner  (87) 
gezeigt  hat,  füllt  hier  die  Easerspindel  das  Kernbläschen  nicht 
völlig  aus,  sondern  es  bleibt  ein,  wohl  nur  von  Kernsaft  ausge- 
füllter Raum  rings  um  die  Spindel  übrig.  Die  Chromosomen  der 
Aequatorialplatte  durchsetzen  die  Spindel  nicht  mehr,  sondern  sind 
auf  ihrer  Oberfläche  im  Kreis  angeordnet  (IIb).  Es  scheint,  als 
ob  von  den  Spindelpolen  eine  sehr  schwache  Protoplasmastrahlung 
ausgehe '^).  Eine  nur  untergeordnete  Variation  dieses  Verhaltens 
wäre  die  hypothetische  in  11'  gezeichnete,  wo  die  Spindel  nicht 
axial  verläuft,  sondern  an  die  eine  Seite  gerückt  ist.  In  beiden 
Fällen  haben  wir  einen  von  der  Spindel,  wenn  auch 
nur  vorübergehend,  unterscheidbaren  Kern  räum,  in 
welchem  die  Chromosomen  liegen. 

Dieser  zunächst  so  unscheinbare  Gegensatz  führt  nun  auf 
einer  höheren  Stufe  zu  einer  vollkommenen  Scheidung  und  damit 
zu  Verhältnissen,  von  denen  wir  einen  relativ  primitiven  Typus 
in  den  Ovocyten  von  Diaulula  verwirklicht  finden.  Ein  Schema 
hiervon,  welches  auf  die  den  Ovocytenteilungen  specifischen  Eigen- 
tümlichkeiten keine  Rücksicht^  nimmt,  ist  in  Querreihe  III  ge- 
zeichnet. Fig.  a  und  c  stellen  im  Längs-  und  Querschnitt  ein 
Stadium  dar,  wo  der  Kern  kurz  vor  der  Auflösung  steht,  Fig.  b 
und  d  entsprechende  Ansichten  der  fertigen  Teilungsfigur.  Wir 
begegnen  hier  der  gleichen  Faserspindel,  wie  in  dem  sich  teilen- 
den Infusorienkern;  aber  die  bisher  diffusen  Verdichtungen  an 
den  Polen  haben  sich  jetzt  zu  besonderen  Körpern 
(Centrosomen)  individualisiert,  die  nun  eine  von  jener 
Faserung  streng  zu  unterscheidende  mächtige  Strahlung  im  Proto- 
plasma (Astrosphäre)  erregen.  Wie  in  unserem  Typus  II  liegen 
die  Chromosomen  nicht  innerhalb  der  Spindel,  sondern  in  ihrem 
Umkreis  (Fig.  III  d),  wohin  sie  vermittelst  gewisser  von  den 
Centrosomen  erregter  Fasern  (Zugfasern)  geführt  zu  werden 
scheinen.  So  bietet  also  der  Querschnitt  durch  die  fertige  Teilungs- 
figur mit  dem  des  Typus  11  eine  auffallende  Uebereinstimmung 
dar;  nur  fehlt  die  Abschließung  nach  außen,  die  Kernmembran. 
Dies  führt  uns  nun  auf  den  wichtigsten  Unterschied  zwischen  den 


1)  Diese  Angaben  stützen  sich  auf  eine  Untersuchung,  mit 
welcher  Herr  E.  Teichmann  zur  Zeit  im  hiesigen  zoologischen  In- 
stitut beschäftigt  ist. 


—     181     - 

beiden  Typen,  denjenigen  nämlich,  der  sich  in  dem  gegenseitigen 
Verhalten  der  chromatischen  und  achromatischen  Bestandteile  der 
karyokioetischen  Figur  ausprägt,  wenn  beide  nunmehr  in  den 
Ruhezustand  übergehen.  Bei  den  Typen  I  und  11  ist  die  Spindel 
mit  den  Chromosomen  während  der  Teilungsstadien  durch  die 
Kernmembran,  welche  beide  gemeinschaftlich  umschließt,  zu  einem 
einheitlichen  Gebilde  vereinigt,  im  Typus  III  nicht.  Wenn  nun 
hier  die  vorübergehende  Bindung  der  Chromosomen  an  die  Spindel 
sich  gelöst  hat,  sind  die  beiden  Bestandteile  von  einander  unab- 
hängig geworden ;  die  Chromosomen  erzeugen  für  sich  allein  eine 
ringsum  abgeschlossene  Vakuole,  den  „Kern",  neben  dem  der  von 
der  Spindel  persistierende  Teil:  das  zum  Centrosoma  individuali- 
sierte Spindelende,  als  ein  selbständiger  Körper  bestehen  bleibt. 
Dieses  Centrosoma  repräsentiert  also  den  achromatischen  Bestand- 
teil des  früheren  Kernes,  es  wächst  bei  der  nächsten  Teilung  wieder 
zur  Spindel  aus ,  deren  Enden  sich  zu  2  neuen  Centrosomen 
diflerenzieren  und  durch  die  unter  ihrer  Einwirkung  entstehenden, 
in  den  sich  auflösenden  Kern  eintretenden  Fasern  die  Chromo- 
somen zum  Zwecke  ihrer  geregelten  Verteilung  wieder  an  die 
Spindel  fesseln. 

Zu  betonen  ist  für  unseren  Typus  III  noch  die  völlige  Auf- 
lösung der  Faserspindel  nach  Ablauf  der  Teilung.  Die  Kontinuität 
von  einer  Spindel  zur  nächsten  wird  durch  die  jeweiligen  Spindel- 
enden, soweit  sie  sich  zu  Centrosomen  individualisiert  haben,  ver- 
mittelt. Im  Grunde  ist  diese  Abstoßung  das  Gleiche,  was  uns  die 
Schwestermikronuclei  der  Infusorien  in  der  Abstoßung  ihres  Ver- 
bindungsstieles darbieten.  Die  beiden  Vorgänge  sind  nur  graduell 
von  einander  verschieden  ^). 

Aus  dem  durch  Diaulula  repräsentierten  Typus  leitet  sich  nun 
unser  letzter  (Querreihe  IV)  in  folgender  Weise  ab.    Nachdem  die 


1)  Dem  besprochenen  Typus  dürften,  wenn  auch  unter  gewissen 
Modifikationen,  die  Zustände  einzureihen  sein,  die  Schaudinn's  wert- 
volle Untersuchungen  bei  Paramoeba  eilhardi  (94)  aufgedeckt  haben, 
sowie  wahrscheinlich  auch  die  Verhältnisse  bei  Noctiluca  (Ishikawa 
69,  Calkins  28,  Doflein  32).  Was  bei  Noctiluca  Sphäre  genannt 
wird,  würde  sonach,  wenigstens  in  seinem  inneren  Teil,  auf  diesen 
Namen  keinen  Anspruch  machen  können,  es  müßte  der  Centralspindel 
-|-  Centrosomen  von  Diaulula,  bezw.  dem  bei  der  Teilung  zur 
Spindel  werdenden  Bestandteil  des  Infusorien-Mikronucleus  gleich- 
gesetzt werden.  Calkins'  „ Centrosomen'',  wenn  sie  nicht  überhaupt 
zufällige  Bildungen  sind  (Doflein),  müßten  als  C  e  n  t  r  i  o  1  e  n  in 
Anspruch  genommen  werden. 


—     182    — 

Anordnung  der  Chromosomen  zur  Aequatorialplatte  nicht  mehr 
im  Innern  der  Faserspindel,  sondern  außerhalb  derselben  zu  Stande 
kommt,  und  zwar  bewirkt  durch  Strahlen,  die  von  den  zu  Centro- 
somen individualisierten  Spindelenden  erregt  werden,  kann  die 
primäre  Faserspindel  überhaupt  ganz  in  Wegfall  kommen ;  wir 
sehen  sie  in  manchen  Zellen  noch  durch  ein  zwischen  den  Schwester- 
centrosomen  ausgespanntes  Fädchen  repräsentiert  (IV  a),  das 
weiterhin  völlig  schwindet.  Das  Centrosom  einer  jeden  Radien- 
kugel teilt  sich  ohne  Bildung  eines  spindelförmigen  Zwischen- 
bereichs direkt  in  2  ebensolche  Tochtercentrosomen. 

Die  „Spindel",  die  in  diesem  Falle  auftritt  (IV b),  ist  also 
mit  derjenigen  der  früheren  Typen  nicht  zu  vergleichen,  mag  sie 
sich  nun  aus  Protoplasma  oder  aus  Kernbestandteilen  aufbauen. 
Sie  besteht  aus  Fasern ,  die  erst  unter  "Tier  strahlenerregenden 
Wirkung  der  Centrosomen  entstehen  und  die  den  im  Typus  III  zu 
den  Chromosomen  ziehenden  Fasern  entsprechen. 

Hier  dürfte  noch  eine  Bemerkung  über  die  „C  e  n  t  r  a  1  s  p  i  n  d  e  1" 
am  Platze  sein.  Wir  haben  dieselbe  in  unserem  Typus  III  aus 
dem  Centrosoma  hervorgehen  sehen ;  es  scheint  jedoch,  daß  ein 
ganz  ähnlich  aussehendes  Gebilde  in  manchen  Fällen  erst  unter 
dem  Einfluß  der  bereits  völlig  von  einander  gelösten  Schwester- 
centrosomen  aus  dem  Protoplasma  entsteht ,  in  der  nämlichen 
W^eise  wie  die  Sphärenstrahleu.  In  diesem  Falle  wäre  die  Central- 
spindel  nur  ein  besonders  ausgebildeter  Bereich  der  beiden  in  ein- 
ander übergehenden  Sphären.  Wenn  dies  wirklich  zutrifft,  so 
müssen  wir  zwei  Arten  von  Centralspindeln  unterscheiden,  die  sich 
vielleicht  funktionell,  aber  nicht  genetisch  entsprechen.  Ich  will 
die  mit  dem  Centrosom  genetisch  zusammengehörige  Spindel  fortan 
von  jenen  Spindelfiguren,  die  sich  aus  Sphärenstrahlen  aufbauen, 
als  Netrum^)  unterscheiden.  Den  gleichen  Namen  hat  die  in- 
tranukleäre  Spindel  des  Typus  I  und  II  zu  führen,  die  nach  den 
vorausgehenden  Betrachtungen  damit  homolog  ist 2).  Auch  ist  wohl 
nichts  dagegen  einzuwenden,  den  achromatischen  Komplex,  als 
welcher  die  Spindel  im  ruhenden  Kerne  fortbesteht,  Net r um  zu 
nennen. 


1)  ro  vrjTQOv  die  Spindel. 

2)  Das  sog.  Nucleol  o-C  en  tr  osoma,  wie  es  z.B.  bei  Eu- 
glena  vorkommt  (Blochmann,  7,  Keuten,  70),  ist  wahrscheinlich  als 
ein  im  Innern  des  Kernes  verbleibendes,  konzentrierteres  und  schärfer 
individualisiertes  Netrum  aufzufassen. 


—     183     — 

Stimmt  man  der  vorgetragenen  Homologisierung  zu,  so  wird 
es  zweckmäßig  sein,  eine  klare  begriffliche  Scheidung  einzu- 
führen. Ist  der  Kern  des  lufusoriums,  der  das  Aequivalent  des 
Centrosoms  in  sich  enthält,  ein  Kern,  so  ist  der  Furchungskern 
des  Ascaris-Eies,  der  hiervon  nichts  mehr  besitzt,  sondern  ein  Cen- 
trosom  neben  sich  hat,  genau  genommen,  kein  Kern,  oder  um- 
gekehrt. Und  da  sich  der  Name  „Nucleus"  ursprünglich  auf 
die  Zellen  der  Metazoen  bezieht,  so  dürfte  es  sich  empfehlen,  für 
Betrachtungen,  wie  sie  uns  hier  beschäftigen,  diejenigen  Kerne, 
die  das  Cytocentrum  in  sich  enthalten  und  zu  denen  vor  allem 
Protozoenkerne  gehören,  mit  einem  anderen  Namen  zu  belegen, 
sie  etwa  Centronuclei  zu  nennen.  Der  Centronucleus  diffe- 
renziert sich  auf  einer  höheren  Stufe  in  einen  Nucleus  und  ein 
extranukleäres  Centrosom^).  Diese  Absonderung  des  Centrosoms 
ist  jedoch  nicht  notwendig  so  zu  denken,  daß  der  zurückbleibende 
Kern  das  vorher  in  ihm  gelegene  Cytocentrum  nunmehr  voll- 
ständig verloren  haben  müsse;  vielmehr  könnte  ein  diffuses  Cyto- 
centrum hier  fortbestehen  und  nur  neben  dem  individualisierten 
Centrosom  für  gewöhnlich  nicht  zur  Wirkung  kommen.  Mit 
anderen  Worten :  Centrosom  und  Centronucleus  können  in  einer 
Zelle  neben  einander  bestehen. 

Entwerfen  wir  uns  nun  auf  Grund  der  betrachteten  hypo- 
thetischen Reihe  ein  Bild,  wie  die  Centrosomen  entstanden  sein 
können,  so  wird  sich  folgendes  sagen  lassen : 

Ihr  Aequivalent  zeigt  sich  zuerst  in  dem  zur  Teilung  schreiten- 
den Centronucleus  in  Gestalt  der  beiden  dichteren  Polmassen. 
Die  Centrosomen  werden  also  hier  nur  repräsentiert  durch  die  in 
geringem  Grade  differenten  Enden  eines  in  Zweiteilung  begriffenen 
und  dabei  die  Form  einer  faserigen  Spindel  durchlaufenden 
Körpers,  des  N  e  t  r  u  m  s.  Selbständigkeit  kommt  diesen  Enden, 
soweit  wir  wissen,  nicht  zu ;  es  scheint  nicht,  daß  sie  dauernd  als 
gesonderte  Bereiche  vorhanden  sind  und  durch  Zweiteilung  zu 
den  Polplasmen  des  nächsten  Netrums  werden ;  sondern  daß  dieses 
in  sich  selbst  die  für  seine  Zweiteilung  nötige  Eigenschaft  besitzt, 
in  eine  bipolare  Anordnung  überzugehen,  wobei  sich  dann  eben 
jedes  Ende  zu  einem  vorübergehenden  Polknopf  differenziert. 

Centrosomen  entstehen  aus  diesem  Zustande  dadurch,  daß 
diese  Polknöpfe   sich  mehr   und   mehr  individualisieren,  wobei  es 


1)  Der  Ausdruck   „Kern"    mag  als  indifferent  für  beide  beibe- 
halten werden. 


—     184    — 

zweifelhaft  bleibt,  ob  hierbei  schon  die  Centriolen  eine  Rolle 
spielen.  Es  ist  nach  allen  bisherigen  Erfahrungen  nicht  wahr- 
scheinlich, daß  diese  in  den  typischen  Centrosomen  vorhandenen 
Diö'erenzierungen  schon  den  primitiven  Centronuclei  der  Protozoen 
zukommen.  Meine  eigenen  Untersuchungen  in  dieser  Beziehung 
hatten,  wie  diejenigen  anderer  Forscher,  bisher  ein  durchaus 
negatives  Ergebnis.  Es  scheint  sonach,  daß  die  Centriolen  sekun- 
däre Differenzierungen  der  Centrosoraen  sind.  Sollten  sie  aber 
schon  im  Centronucleus  vorhanden  sein  und  etwa  durch  ihre 
Teilung  und  Lokalisierung  die  Bipolarität  des  Netrums  bewirken, 
so  würde  die  Umgestaltung,  welche  die  vorstehenden  Betrach- 
tungen zu  erleiden  hätten,  sich  von  selbst  ergeben. 

Kehren  wir  nach  dieser  Abschweifung  zu  der  Individualisierung 
der  Centrosomen  zurück,  so  würde  mit  derselben  einhergehen  die 
Fähigkeit  der  Strahlenerregung  (Sphärenbildung)  und 
im  Zusammenhang  damit,  die  perinetrale  Lagerung  der  Chro- 
mosomen. Der  wichtigste  Fortschritt  ist  aber  der,  daß  sich  nun 
das  jeweilige  Netrum  nach  der  Teilung  als  solches  auflöst.  Es 
persistiert  von  ihm  in  jeder  Tochterzelle  als  dauerndes  „Organ" 
nur  der  Polknopf  und  aus  diesem  „Centrosoma"  geht  nun  das 
nächste  Netrum  als  dessen  bei  der  Streckung  differenzierte  Aequa- 
torialzone  hervor,  während  die  beiden  Enden  die  neuen  Centro- 
somen darstellen.  Das  Verhältnis  ist  also  allmählich  das  um- 
gekehrte geworden.  Waren  die  Polkappen  zuerst  polare  Diffe- 
renzierungen des  in  Zweiteilung  begriffenen  Netrums,  so  stellt  sich 
jetzt  das  Netrum  als  eine  äquatoriale  Differenzierung  der  Pol- 
masse (des  Centrosoms)  dar.  So  erscheinen  von  nun  an  dieCen- 
trosomen  als  das  Wesentliche  und  Dauernde,  das  Netrum  wird 
zu  einem  vorübergehenden  Verbindungsbereich  bei  der  Centro- 
somenteilung, der  im  weiteren  Verlauf  des  phylogenetischen  Weges 
zu  einem  dünnen  Stiel  degenerieren  und  ganz  in  Wegfall  kommen 
kann,  womit  dann  das  durch  Zweiteilung  sich  ver- 
mehrende Centrosom  in  reinster  Gestalt  vorliegt ^).  Die 
karyokinetische  Wirksamkeit  ist  damit  gänzlich  in  die  strahlen- 
erregende Fähigkeit  der  Centrosomen  übergegangen. 

Es  wäre  denkbar,  daß  auch  mit  diesem  Zustande  der  phylo- 
genetische Weg  noch  nicht  beendigt  ist.  Wie  an  Stelle  des  Ne- 
trums allmählich   dessen   polare  Differenzierungen   in  Gestalt   der 


1)  Hieraus    ergiebt  sich,    daß    der    einfachste    Typus    der  Cen- 
trosomenteilung  phylogenetisch  nicht  der  erste,  sondern  der  letzte  ist. 


—     185    - 

Centrosomen  zu  Dauergebilden  werden,  so  könnten  nun  auf  einer 
folgenden  Stufe  die  centralen  Differenzierungen  der  Centrosomen : 
die  Centriolen,  allein  die  Kontinuität  von  einer  Zellengeneration 
zur  nächsten  vermitteln  und  sich  nur  vor  jeder  Zellteilung  aus 
der  Umgebung  ein  Centrosom  differenzieren,  welches  seinerseits 
dann  die  Sphäre  hervorbringt.  Hierüber  werden  weitere  Unter- 
suchungen Licht  bringen. 

Fragt  man  sich,  worin  der  Fortschritt  liegt,  der  durch  die 
Individualisierung  eines  neben  dem  Kerne  gelegenen  Teilungs- 
apparates erzielt  wird,  so  wird  man  vor  allem  die  viel  innigere 
Beziehung  anführen  dürfen,  in  welche  die  Kern- 
teilung sowohl  zeitlich  wie  räumlich  zur  Proto- 
plasmateilung gebracht  wird.  Bei  den  Protozoen  mit 
reinem  Centronucleus  scheint  das  Protoplasma  in  sich  die  Fähig- 
keit zur  Zweiteilung  zu  haben,  ohne  daß  hierzu  ein  sich  ver- 
doppelndes Centralorgan  nötig  ist;  denn  Fälle,  wie  die  Zweiteilung 
des  vielkernigen  Actinosphaeriums  oder  der  vielkernigen  Opalina 
ranarum,  wären  sonst  nicht  möglich.  Kernteilung  und  Proto- 
plasmateilung sind  hier  also  relativ  unabhängige  Vorgänge.  Dies 
ändert  sich  mit  dem  Auftreten  der  Centrosomen.  Das  sphären- 
erzeugende Centrosom  macht  seinen  Einfluß  gleichzeitig  im  Kern 
und  im  Protoplasma  geltend,  und  in  allen  Fällen,  wo  es  darauf 
ankommt,  die  Kernteilung  streng  an  die  Protoplasmateilung  zu 
binden  und  zugleich  jedem  Kern  einen  ganz  bestimmten  Zellen- 
bezirk zuzuweisen,  unter  Verhältnissen  also,  wie  sie  für  die  Onto- 
genese der  Metazoen  maßgebend  sind,  wird  die  Bildung  von 
Centrosomen  ein  Fortschritt  sein.  Wo  dagegen  auf  eine  solche 
geregelte  Protoplasmateilung  nichts  mehr  ankommt,  wie  bei  den 
Teilungen  der  Ovocyten  (Richtungskörperbildung),  bei  denen  es 
sich  ja  nur  noch  um  die  Beseitigung  des  einen  Kernes  handelt, 
da  kann  der  Teilungsapparat  wieder  auf  den  primitiven  Zustand 
zurücksinken,  wenn  er  es  auch,  wie  z.  B.  die  Ovocytenteilungen 
der  Seeigel  und  Mollusken  beweisen,  nicht  in  allen  Fällen  thut^). 


1)  Mit  der  vorgetragenen  Anschauung  steht  scheinbar  in  Wider- 
spruch, daß  nach  der  Entdeckung  R.  Hbetwig's  bei  Actinosphaerium 
die  Individualisierung  der  Centrosomen  gerade  denjenigen  Kern- 
teilungen vorausgeht,  die  den  Ovocytenteilungen  der  Metazoen  ver- 
gleichbar sind.  Es  ist  jedoch  zu  beachten,  daß  die  Centrosomen- 
bildung schon  eintritt,  ehe  die  Primärcyste  in  die  Sekundärc3'sten 
zerlegt  ist,  so  daß  das  Erscheinen  von  Centrosom  und  Sphäre  doch 
an  eine  Zellteilung  geknüpft  erscheint,  die  mit  einer  Kernteilung 
eng  verbunden  ist. 


—     186     — 

Ein  anderes  Motiv  für  das  Selbständigwerden  eines  im  Proto- 
plasma lokalisierten,  zur  Strahlenerregung  befähigten  Centrosoms 
könnte  ein  von  der  Teilung  unabhängiges  Bedürfnis  nach  radiärer 
Struktur  der  Zelle  sein.  In  dieser  Weise  sind  vielleicht  die  Ver- 
hältnisse bei  Heliozoen  zu  deuten,  deren  Kenntnis  wir  den  wich- 
tigen Untersuchungen  Schaudinn's  (96)  verdanken. 

Endlich  könnte  der  Dualismus  von  Centrosom  und  Kern,  wie 
er  durch  die  Individualisierung  des  ersteren  zu  einem  extra- 
nukleären  Zellenorgan  geschaffen  wird,  die  Bedeutung  haben,  daß 
die  Teilung  zweier  oder  mehrerer  Kerne  unter  die  Herrschaft 
eines  einfachen  Teilungsapparates  gestellt  werden  soll.  Ein  solches 
Ausgreifen  auf  2  Kerne  besteht  ja  in  der  That  bei  der  Befruch- 
tung der  meisten  bisher  untersuchten  tierischen  Eier,  wo  das  dem 
Spermakern  zugesellte  Teilungsorgan  auch  die  Teilung  des  Ei- 
kernes  mit  übernommen  hat. 

Dieser  letzte  Punkt  führt  mich  nun  auf  die  Besprechung 
einer  Hypothese,  die  bei  phylogenetischen  Betrachtungen  über  die 
Herkunft  der  Centrosomen  bisher  eine  besonders  große  Rolle  ge- 
spielt hat,  daß  nämlich  als  Ausgangspunkt  ein  zweikerniger 
Zustand,  in  meiner  Terminologie  ein  Zustand  mit  2  sich  par- 
allel teilenden  Centronuclei  anzunehmen  sei,  von  denen  der 
eine  durch  Verlust  des  Chromatins  zum  Centrosoma,  der  andere 
durch  Verlust  des  Cytocentrums  zu  einem  chromatischen  Nucleus 
würde.  Dieser  Gedanke  findet  sich  zuerst  bei  Bütschli  (24); 
auch  R.  Hertwig  (62,  65)  hat  ihn  als  eine  Möglichkeit  in  Be- 
tracht gezogen;  am  konsequentesten  tritt  er  uns  neuerdings  bei 
ScHAUDiNN  (95)  und  Lauterborn  (74)  entgegen.  So  wenig  nun 
gegen  diese  Möglichkeit  etwas  einzuwenden  ist,  so  wenig  dürften 
die  bisher  geltend  gemachten  Argumente  zu  ihren  Gunsten 
sprechen.  Die  sog.  „Nebenkernschleifen",  die  manchen  Centro- 
somen beigesellt  sind  und  die  man  als  rudimentäre  Chromosomen 
des  zum  Centrosoma  gewordenen  Centronucleus  ansehen  zu  müssen 
glaubte,  dürften  nach  den  Untersuchungen  Murray's  (86)  wohl 
kaum  mehr  auf  diese  Deutung  Anspruch  machen  können.  Die 
Frage  wird  also  die  sein,  ob  der  postulierte  Ausgangszustand 
zweier  sich  neben  einander  parallel  teilender  Centronuclei  irgendwo 
besteht.  Wir  kennen  ein  solches  Verhalten  von  den  ciliaten  In- 
fusorien in  dem  Dualismus  von  Makro-  und  Mikronucleus;  allein 
daß  dieser  Zustand  nicht  zu  dem  Duahsmus  von  Kern  und  Ceu- 
trosoma  führen  kann,  ist  seit  meiner  Erörterung  dieser  Frage  (17) 
wohl  allgemein  anerkannt.     Man   hat  nun   neuerdings  in  der,  wie 


—     187     — 

der  Name  sagt,  zweikern  igen  Amoeba  binucleata,  deren  Teilung 
ScHAUDiNN  (95)  beschrieben  hat,  einen  Ersatz  für  die  Ciliaten  zu 
finden  geglaubt.  Schaudinn  selbst,  Lauterborn  und  R.  Heutwig 
(65)  haben  dieses  Protozoon  als  Ausgangspunkt  einer  Reihe  auf- 
gestellt, welche  schließlich  zu  dem  typischen  Gegensatz  von  Cen- 
trosom  und  Kern  führen  würde.  Hierbei  wurde  jedoch  übersehen, 
daß  bei  Amoeba  binucleata  von  einem  Dualismus,  wie  er  sowohl 
zwischen  dem  Makro-  und  Mikronucleus  der  Ciliaten,  wie  auch 
zwischen  Kern  und  Centrosoma  besteht,  gar  nicht  die  Rede  sein 
kann.  Denn  wir  haben  hier  ja  nicht  2  sich  parallel  teilende 
Kerne,  die  in  ihren  beiderseitigen  Abkömmlingen  von  Generation 
zu  Generation  neben  einander  hergehen ;  sondern  es  handelt  sich 
hier  offenbar  um  die  gleiche  Erscheinung  wie  bei  den  zweikernigen 
Opalina-Arten  (vgl.  Zeller,  108),  daß  nämlich  die  Kernteilung 
der  zugehörigen  Zellteilung  außerordentlich  vorauseilt.  So  besteht 
der,  einer  jeden  Zellteilung  vorausgehende  zweikernige  Zustand 
ungemein  lang.  Kommt  es  endlich  zur  Protoplasmateilung,  so 
schicken  sich  die  T.ochterkerne  schon  ihrerseits  wieder  zur  Teilung 
an,  so  daß  die  Tochtertiere  bereits  als  zweikernig  ihre  Existenz 
beginnen.  Wie  dieser  Zustand  zu  einer  Einmischung  des  einen 
Centronucleus  in  die  Teilung  des  anderen  führen  und  damit  der 
eine  zum  Nucleus,  der  andere  zum  Centrosom  werden  soll,  ist 
nicht  einzusehen. 

Die  vorläufig  einzige  Grundlage,  wie  man  die  in  Rede  stehende 
Differenzierung  an  die  parallele  Teilung  zweier  Kerne  anknüpfen 
könnte,  ist  meines  Erachtens  in  der  Befruchtung  gegeben.  Hier 
sehen  wir  ja  in  der  That  die  Teilung  zweier  Kerne  vermittelt 
durch  ein  zu  dem  einen  Kern,  dem  Spermakern,  gehöriges  Cen- 
trosoma, das  selbst  bei  Lähmung  des  Spermakernes  die  Teilung 
des  Eikernes  dirigiert  (Boveri,  12).  Versetzen  wir  diesen  Zu- 
stand auf  eine  primitive  Form  zurück,  so  würde  also  das  Spermato- 
zoon einen  Centronucleus,  das  Ei  nur  einen  Nucleus  beisteuern. 
Da  nun  ursprünglich,  wie  uns  die  Konjugation  lehrt,  in  den  beiden 
kopuherenden  Zellen  Centronuclei  vorhanden  sind,  so  würden  wir 
zu  dem  Resultat  kommen :  es  findet  eine  sexuelle  Differenzierung 
in  der  Weise  statt,  daß  die  weibliche  Zelle  ihren  Teilungsapparat 
verliert  ^)  und  die  Teilung  ihres  Kernes  von  dem  Centronucleus 
der  männlichen  Zelle  mitbesorgt  wird.  Dies  würde  von  Seiten 
dieses  männlichen  Centronucleus  eine  Wirkung  über  sich  selbst 
hinaus   verlangen,   womit   überhaupt   der    erste   Schritt   zu    einer 


1)  oder  inaktiv  werden   läßt  (siehe  unten). 


—     188     - 

Gegensätzlichkeit  von  Teilungsapparat  und  Kern  gethan  wäre. 
Man  könnte,  wenn  auch  nicht  völlig  zutreffend,  sagen :  in  Hinsicht 
auf  den  weiblichen  Kern  ist  der  männliche  Centronucleus 
bereits  ein  Centrosora.  Die  letzte  Stufe  wäre  dann  die,  daß  die 
Stellung,  welche  der  männliche  Centronucleus  zum  Eikern  ein- 
nimmt, zu  einer  entsprechenden  Scheidung  in  ihm  selbst  führt: 
er  würde  sich  in  einen  dem  Ei-Nucleus  entsprechenden  Sperma- 
Nucleus  differenzieren  und  in  ein  C  e  n  t  r  o  s  o  m  ,  welches  nun  den 
beiden  Kernen  gleich  gegenübersteht.  —  Diese  Hypothese  würde 
mit  den  ähnlichen  bisher  aufgestellten  zwar  insofern  überein- 
stimmen, als  sie  von  einer  parallelen  Teilung  zweier  Centronuclei 
ausgeht,  sie  würde  aber  darin  von  ihnen  abweichen,  daß  sie  den 
einen  der  beiden  Centronuclei  nicht  zum  reinen  Centrosom  werden 
läßt;  denn  er  würde  sein  Chromatin  nicht  verlieren,  sondern  nur 
von  sich  absondern. 

Nach  den  vielen  für  unser  Problem  so  äußerst  förderlichen 
Ergebnissen  der  letzten  Jahre  steht  zu  hoffen,  daß  weitere  Aus- 
breitung unserer  Kenntnisse  Zustände  aufdecken  wird,  die  auf  die 
Art  und  die  Motive  der  Centrosomenbildung  neues  Licht  zu 
werfen  geeignet  sind.  Einstweilen  bemerke  ich,  daß  ich  mit 
R.  Hertwig  darin  völlig  übereinstimme,  daß  ich  als  Ausgangspunkt- 
für die  phylogenetische  Entstehung  der  Centrosomen  durchaus  nicht 
einen  zweikernigen  Zustand  für  notwendig  halte.   — 

Ich  habe  oben  von  den  Vorteilen  gesprochen,  welche  die 
Individualisierung  der  Centrosoraen  für  das  Zellenleben  mit  sich 
bringen  dürfte;  hier  mag  nun  noch  darauf  aufmerksam  gemacht 
werden,  daß  sie  auch  nicht  ohne  Nachteile  ist.  Wenn  2  oder 
mehr  Centronuclei  in  einer  Zelle  vereinigt  sind  und  sich 
teilen,  wie  in  einem  vielkernigen  Protozoon,  so  stören  sie  einander 
gegenseitig  nicht;  jeder  Centronucleus  teilt  sich  in  2  normale 
Tochtercentronuclei.  Auch  können,  wie  wir  dies  bei  der  Kon- 
jugation sehen,  2  Centronuclei  sich  an  einander  legen  und  sich 
gemeinsam  teilen  oder  vorher  völlig  verschmelzen ;  niemals  greift 
die  Bipolarität  des  einen  störend  in  die  des  anderen  ein:  die 
beiden  spindelförmigen  Centronuclei  legen  sich  so  neben  einander, 
daß  je  ein  Ende  des  einen  mit  einem  des  anderen  zusammentrifft ; 
ist  aber  ein  einheitlicher  konjugierter  Centronucleus  entstanden, 
so   liefert   er  wie  jeder  sonstige  direkt  eine  zweipolige  SpindeP). 


1)  Diese  Thatsachen  sind  es  vor  allem,  die  dagegen  sprechen, 
daß  den  Polknöpfen  des  Netrnms  im  Centronuclus  schon  Individualität 
zukommt. 


—     189     - 

Ist  dagegen  die  Differenzierung  eingetreten  und  es  bestehen  in 
einer  Zelle  anstatt  unserer  beiden  Centronuclei  zwei  Kerne 
mit  je  einem  Centrosom,  so  können  die  beiden  Systeme 
und  werden  es  in  der  Regel,  falls  sie  nur  nahe  genug  liegen, 
beim  nächstfolgenden  Teilungsschritt  in  einander  eingreifen,  indem 
jedes  Centrosom  dem  anderen  Kern  gegenüber  sich  ebenso  verhält, 
wie  gegenüber  dem  eigenen,  und  jedes  Tochtercentrosom  seinem 
Schwestercentrosom  durchaus  nicht  anders  gegenübersteht  als  allen 
übrigen  in  der  gleichen  Zelle  vorhandenen  Tochtercentrosomen. 
Mit  anderen  Worten :  es  wird  eine  pathologische  Teilungsfigur 
entstehen  1)  und  ein  pathologisches  Produkt;  die  Individualität 
der  Centrosomen  giebt  Gelegenheit  zu  Störungen,  die  auf  dem 
primitiven  Zustand  nicht  vorkommen  können. 

Die  im  Vorstehenden  vertretene  Auffassung  läßt  sich  in  zu- 
treffender Weise  in  den  zuerst  von  R.  Hertwig  aufgestellten  Satz 
formulieren,  daß  „das  Centrosoma  als  ein  selbständig  gewordener 
Kernteil  aufzufassen  ist".  Doch  wird  man  sich  hierbei  klar  sein 
müssen,  daß  durch  diesen  Satz  nur  eine  Etappe  in  der  Ge- 
schichte des  Cyto  Cent  rums  ausgedrückt  ist;  er  darf  nicht 
so  aufgefaßt  werden,  als  enthalte  er  eine  endgiltige  Aussage  über 
den  Ursprung  der  Centrosomen.  Dies  wäre  nur  dann  der  Fall, 
wenn  gezeigt  werden  könnte,  daß  der  „Kern"  in  seiner  ursprüng- 
lichsten Form  ein  durch  und  durch  gleichartiges  Gebilde  ist,  das 
sich  später  in  verschiedene  Bestandteile  differenziert,  von  denen 
einer  schließlich  in  Gestalt  des  Centrosoms  aus  dem  Kern  austritt. 
Allein  von  einem  solchen  Zustand  wissen  wir  nichts.  Es  ist  ganz 
ebenso  gut  möglich,  ja  vielleicht  wahrscheinlicher,  daß  das,  was 
sich  als  Centrosom  vom  Kern  ablöst,  auf  einer  tieferen  Stufe  in 
den  Kern  aufgenommen  worden  ist,  oder  besser  gesagt,  daß  ein 
im  Protoplasma  aufgetretenes  Cytoceutrum  sich  mit  anderen 
im  Protoplasma  entstandenen  Differenzierungen  zu  einem  einheit- 
lichen Gebilde,  einem  „Kern",  vereinigt  hat  (vergl.  Calkins,  27). 


Die  bisherigen  Erörterungen    beziehen    sich  auf  das  Problem, 
wie    die    Centrosomen    phylogenetisch     entstanden    sind ; 


1)  Vgl.  hierzu  meine  Ausführungen  in  11  und  in  13,  8.  166/167. 
Die  besprochenen  Eigentümlichkeiten  individualisierter  Cytocentren 
sind  es,  welche  für  die  Vereinigung  von  Ei-  und  Samenzelle  zur 
ersten  Embryonalzelle  besondere  Einrichtungen  fordern,  wie  ich 
sie  in  der  Rückbildung  oder  Inaktivität  des  Ei-Centrosoma  als 
gegeben  erkannte. 


—     190     — 

wir  kehren  nun  zurück  zu  der  zu  Anfang  dieses  Abschnittes 
aufgeworfenen  Frage,  wie  diejenigen  Fälle  zu  beurteilen  sind,  wo 
sich  in  einer  Zelle  vor  unseren  Augen  aus  dem  „KerjL"  heraus 
ein  ne^es  Centrosoma  bildet.  Diesen  Vorgang  hat  Schaudinn 
(94)  bei  Heliozoen  beobachten  können,  R.  Hertwig  (65)  hat  ihn 
für  Actinosphaerium  beschrieben,  und  auch  im  unbefruchteten 
Seeigel-Ei  konnte  dieser  Forscher  (64)  am  Eikern  die  Entstehung 
mitotischer  Figuren  verfolgen ,  bei  denen  es  zur  Bildung  von 
centrosomenähnlichen  Körpern  kam.  Nach  der  oben  aufgestellten 
Distinktion  sind  für  Fälle  dieser  Art  zwei  Möglichkeiten  in  Betracht 
zu  ziehen :  entweder  der  Kern ,  der  ein  Centrosoma  erzeugt, 
ist  ein  Centronucleus,  er  enthält  also  das  Aequivalent  des 
Centrosoms  in  sich  und  dessen  Herausdifferenzierung  ist  ein  Vor- 
gang, vergleichbar  dem  angenommenen  phylogenetischen;  oder  der 
fragliche  Kern  ist  ein  Nucleus,  dann  muß  er,  wenn  wirklich 
das  Vorhandensein  eines  neben  ihm  gelegenen  Centrosoms  aus- 
geschlossen werden  kann,  im  Stande  sein,  Centrosomen  durch  eine 
nicht  weiter  analysierbare  Art  von  „Regeneration"  hervorzu- 
bringen. 

Wir  wollen  zunächst  die  erste  Alternative  ins  Auge  fassen. 
Schon  oben  habe  ich  hervorgehoben,  daß  das  Selbständigwerden 
eines  extranukleären  Centrosoms  dem  „Kern"  die  Qualität  des 
Centronucleus  nicht  notwendig  rauben  müsse.  Wie  der 
Darmkanal  auf  einer  tieferen  Stufe  diffus  gewisse  Funktionen 
ausübt,  die  sich  später  auf  besondere  von  ihm  abgegliederte 
Organe  lokalisieren,  daneben  aber  in  diffuser  Weise  doch  dem 
Darmrohr  noch  zukommen,  so  würden  wir  uns  ein  Gleiches  für 
das  Cytocentrum  zu  denken  haben.  Das  Netrum ,  als  dessen 
individualisierte  Enden  wir  die  Centrosomen  auffassen,  könnte  sich 
immer  wieder  mit  dem  Chromatin  im  Kern  vereinigen  und  diesem 
damit  die  Fähigkeit  bewahren,  unter  Umständen  wieder  Centro- 
somen zu  bilden.  Zu  betonen  ist  jedoch  hierbei,'  daß  dieses  inner- 
halb des  Kerns  gelegene  potentielle  Centrum  neben  dem  Centro- 
soma niemals  zur  Wirkung  kommt,  es  erbt  sich  —  vielleicht  in 
Form  von  Spindelfasern  —  von  einer  Zellgeneration  auf  die  nächste 
fort,  übt  aber,  solange  überhaupt  ein  Centrosom  neben  ihm  thätig 
ist,  eine  Einwirkung  auf  die  karyokinetischen  Prozesse  nicht  aus. 

Um  dies  klar  zu  machen,  brauche  ich  nur  auf  zwei  Erschei- 
nungen hinzuweisen ,  deren  außerordentliche  Bedeutung  für  die 
Centrosomenlehre  ich  schon  früher  (13,  p.  1820".;  15,  p.  55  ff.) 
erörtert   habe.     Der  Inhalt   zweier  oder    dreier   Kerne   wird 


—     191     — 

ebenso  zu  einer  zweipoligen  Teilungsfigur  vereinigt,  wie  der 
eines  einzigen  Kernes,  falls  in  der  betreffenden  Zelle  nicht  mehr  als 
2  Centrosomen  wirksam  sind;  und  umgekehrt  wird  ein  einziger 
Kern  zur  Bildung  von  3,  4,  6  etc.  Tochterkernen  gezwungen,  wenn 
die  Zahl  der  ihn  umgebenden  und  mit  Kernelementen  in  Ver- 
bindung tretenden  Centrosomen  3,  4,  6  etc.  beträgt.  Der  uns  hier 
besonders  interessierende  Eikern  des  Seeigel-Eies  macht  keine 
Ausnahme  von  dieser  Regel. 

Die  nächstliegende  Erklärung  für  diese  Thatsachen  ist  natür- 
lich die,  daß  den  fraglichen  Metazoenkernen  jede  Spur  eines 
immanenten  Cytocentrums  fehlt,  daß  sie  reine  Nuclei  sind.  Allein 
wenn  wir  beachten,  wie  sich  der  Eikern  im  Seeigel-Ei  unter  Um- 
ständen verhält,  wo  kein  Centrosoma  neben  ihm  vorhanden  ist 
oder  wo  die  Spermacentrosomen  nicht  an  ihn  herangelangen  können 
(0.  und  R.  Hertwig,  66,  R.  Hertwig,  64,  Ziegler,  109,  Boveri, 
19),  so  sind  wir  unbedingt  genötigt,  ihm  die  Eigenschaften  eines 
Centron ucleus  zuzuerkennen,  mit  der  Fähigkeit,  unter  der 
Einwirkung  gewisser  Reize  individualisierte  Centrosomen  aus  sich 
heraus  zu  bilden,  falls  die  normaler  Weise  durch  die  Befruchtung 
ihm  zugeführten  fehlen.  Sind  dagegen  die  letzteren  unter  sonst 
gleichen  Bedingungen  vorhanden,  so  bleibt  das  intranukleäre  Cyto- 
centrum  gewissermaßen  latent^). 

Am  ehesten  wird  uns,  um  ein  derartiges  Verhältnis  ver- 
ständlich zu  machen,  die  Vergleichung  mit  gewissen  Regenerations- 
erscheinungen der  Metazoen  dienen  können.  Der  Tubulär ia- Stiel-') 
bleibt,  solange  ihm  ein  Hydranth  aufsitzt,  immer  nur  Stiel,  er 
ist  ein  Teil  des  nicht  individualisierten  Cönosarks;  sobald  der 
Hydranth  weggeschnitten  ist,  individualisiert  sich  aus  dem  der 
Schnittfläche  angrenzenden  Teil  des  Stieles  ein  neuer  Hydranth. 
Aehnlich  wäre  es  in  unserem  Falle.  Was  für  gewöhnlich,  d.  h. 
beim   Vorhandensein   individualisierter  Centrosomen,   nur   „achro- 


1)  Schon  im  I.  Heft  meiner  Zellenstudien,  S.  75  findet  sich 
dieses  merkwürdige  Verhältnis  angedeutet.  Es  heißt  dort:  „Der 
Kern  des  Seeigel-Eies  besitzt,  wie  das  Keimbläschen  von  Ascaris, 
an  sich  die  Fähigkeit,  die  faserige  Differenzierung  durchzumachen 
lind  sich  zu  teilen  (er  ist,  wie  ich  jetzt  sagen  würde,  ein  Cen- 
tronucleus).  Allein  dieser  Prozeß  ist  hier  normaler  Weise  mit  dem 
Auftreten  zweier  körperlicher  Pole  des  Protoplasmas  (der  zwei  Sperma- 
centrosomen) verbunden ,  die  an  den  Kern  herantreten  und  ihn 
zwingen,  eine  dicentrische  Anordnung  zwischen  ihnen  anzunehmen." 

2)  Vgl.  E.  E.  BiCKFOKD  (6). 


—     192     - 

niatische  Kerüsubstaoz"  ist,  individualisiert,  nachdem  das  Centro- 
soma fehlt,  ein  solches  aus  sich  heraus.  Diese  Betrachtungsweise 
führt  zu  der  schon  früher  von  mir  vertretenen  Anschauung  (17, 
S.  33),  daß  das  Centrosoma  ein  specifisches  Zellenorgan  nicht  in 
dem  Sinne  ist,  daß  es  aus  einer  specifischen  chemischen  Substanz 
bestehen  müsse,  sondern  daß,  ähnlich  wie  Stielzellen  der  Tubularia 
zu  Hydranthenzellen  werden,  Teilchen  einer  im  Kern  enthaltenen 
Substanz,  dadurch  daß  sie  sich  in  besonderer  Weise  verändern 
und  an  einander  gruppieren,  sich  zu  einem  Centrosoma  umorgani- 
sieren. 

Aus  dem  Gesagten  ergiebt  sich,  daß  das  im  vorigen  Abschnitt 
mehrfach  erwähnte  Ovocentrum  des  Seeigel-Eies  nicht  als 
individualisiertes  Centrosom  zu  denken  ist,  sondern  als  ein  intra- 
nukleäres  latentes  Cytocentrum.  Der  Eikern  der  Echiuiden  ist 
am  Centronucleus ;  er  entspricht  in  dieser  Beziehung,  wie  ich  bereits 
1887  (10,  S.  75)  hervorgehoben  habe,  dem  Keimbläschen  von 
Ascaris. 

Hier  erhebt  sich  nun  die  Frage,  wie  die  fraglichen  Kerne  zu 
dieser  Eigenschaft  kommen  und  ob  vielleicht  alle  Metazoen- 
kerne  Centronuclei  sind  mit  der  Fähigkeit,  bei  ein- 
tretendem Bedürfnis  Centrosomen  zu  erzeugen?  Daß 
dies  letztere  der  Fall  sei,  halte  ich  für  unwahrscheinlich,  für  ein 
bestimmtes  Objekt,  das  Ascaris-Ei,  sogar  für  ausgeschlossen,  und 
zwar  auf  Grund  gewisser  früher  von  mir  mitgeteilter  Beobachtungen. 
Ich  habe  zwei  Fälle  beschrieben  (13,  S.  169,  und  17,  S.  20),  wo 
in  Eiern  von  Ascaris  meg.  die  Reifungsprozesse  abgelaufen  waren 
und  der  Eikern  vor  der  Auflösung  stand,  bezw.  sich  bereits  auf- 
gelöst hatte,  ohne  daß  das  Spermatozoon  in  Thätigkeit  getreten 
war.  In  dem  einen  Falle  war  das  Spermatozoon  gelähmt  in  der 
Eiperipherie  liegen  geblieben,  im  anderen  war  gar  keines  vorhanden. 
In  beiden  Eiern  war  nun  keine  Spur  von  faseriger  Dili'erenzierung, 
von  Centrosomen,  Spindel,  Sphären  etc.  vorhanden,  obgleich  nach 
dem  Zustande  der  Chromosomen  eine  zweipolige  Figur  zu  erwarten 
gewesen  wäre.  Ich  schließe  daraus,  daß  der  Eikern  von  Ascaris 
ein  reiner  N  u  c  1  e  u  s  ist,  der  die  —  offenbar  primitive  —  Fähigkeit 
der  Centrosomenbildung  vollkommen  verloren  hat^).  Das  Gleiche 
möchte  ich  für  die  meisten  Metazoen  annehmen;  doch  werden  nur 


1)  Nicht  alles,  was  wir  mit  dem  Verlegeriheitsausdruck  „achro- 
matische Kernsubstanz"  bezeichnen,  repräsentiert  demnach 
ein  Cytocentrum. 


—     193     — 

Versuche,  bei  denen  einer,  nach  ihren  sonstigen  Eigenschaften 
zur  Teilung  geneigten  Zelle  das  Centrosora  genommen,  der  Kern 
aber  gelassen  wird,  in  dieser  Frage  eine  Entscheidung  bringen 
können. 

Ist  es  nun  richtig,  daß  der  Eikern  im  Ascaris-Ei  und  somit 
auch  der  mit  ihm  ganz  identische  Spermakeru  ein  Nucleus  ist, 
während  das  Keimbläschen  sich  als  Centronucleus  dokumen- 
tiert, so  muß  ein  Vorgang  existieren,  welcher  entweder  dem  Keim- 
bläschen selbst  oder  einem  seiner  Vorfahrenkerne  den  Charakter 
des  Centronucleus  verleiht.  Und  hier  ist  gewiß  die  vorläufig 
nächstliegende  Annahme  die,  daß  das  Centrosoma  der  letzten 
Ovogonien-Generation  seine  Selbständigkeit  aufgiebt  und  sich  mit 
dem  Kerne  vereinigt.  Für  Fälle,  wie  sie  Sala  (93)  und  besonders 
E.  Fürst  (46)  beschrieben  haben,  wo  statt  der  typischen  Ovocyten- 
spindeln  (Netren)  solche  mit  Centrosomen  und  Strahlungen  vor- 
liegen, wäre  anzunehmen,  daß  entweder  jene  Vereinigung  unter- 
blieben ist  oder  daß  sich  von  dem  Centronucleus  wieder  Centro- 
somen abgespalten  haben.  In  ähnlicher  Weise  wären  wohl  die 
Erscheinungen  bei  der  Parthenogenese  von  Artemia,  wie  sie 
Brauer  (22)  beschrieben  hat,  zu  beurteilen.  Die  bei  der  Furchung 
auftretenden  Centrosomen  wären  aus  dem  bei  der  Ovocytenteilung 
fungierenden  Netrum  abzuleiten. 

Auch  für  den  Kern  des  Seeigel-Eies  wäre  es  denkbar,  daß 
sein  Cytocentrum  aus  dem  inneren  Centrosoma  der  IL  Ovocyten- 
spindel  hervorgeht,  wenn  auch  vielleicht  mehr  dafür  spricht,  daß 
bei  den  Seeigeln  in  allen  Kernen  ein  latentes  Cytocentrum  erhalten 
bleibt.  Ein  Gleiches  müssen  wir  für  die  Kerne  der  von  Schaudinn 
auf  diese  Verhältnisse  untersuchten  Heliozoen  annehmen. 

Wir  kommen  so  zu  dem  Ergebnis,  daß  es  sich  in  den  be- 
trachteten Fällen,  streng  genommen,  nicht  um  eine  Neubildung 
von  Centrosomen  handeln  würde.  Denn  wenn  auch  das  Centro- 
soma als  individualisiertes  Gebilde  vorher  nicht  vorhanden  war, 
so  entsteht  es  doch  nicht  als  etwas  eigentlich  Neues,  so  wie  es  die 
künstlich  erzeugten  Ceutrosomen  Morgan's  thun  würden,  sondern 
nur  durch  eine  in  genau  regulierter  Weise  sich  vollziehende  Um- 
bildung eines  schon  vorhandenen  Cytocentrums.  Ich  möchte  für 
diese  Art  der  Bildung  von  Centrosomen  einen  Ausdruck  anwenden, 
den  Driesch  (33)  für  die  eigentümlichen  Regenerationsvorgänge 
der  Tubularien  eingeführt  hat:  Reparation.  Gewisse  Cen- 
tronuclei  sind  im  Stande,  unter  bestimmten  Be- 
dingungen Centrosomen  zu  reparieren. 

B  overi ,  Zellen-Studien.  IV.  iß 


—     194     — 

Von  dieser  Reparatioo  würde  ich  als  Regeneration  (im 
engeren  Sinn)  den  Fall  unterscheiden,  daß  ein  reiner  Nucleus, 
dessen  essentieller  Bestandteil  also  nur  Chromatin  wäre,  die  Bildung 
eines  neuen  Centrosoms  veranlassen  könnte.  Es  wäre  dieses  Ver- 
mögen mit  demjenigen  in  Parallele  zu  stellen,  welches  wir  an  Proto- 
zoen sehen,  denen  ein  Teil  ihres  Körpers  mit  bestimmten  Organen 
weggenommen,  der  Kern  aber  erhalten  gebheben  ist.  Wie  hier  die 
Anwesenheit  des  Kernes  der  Zelle  die  Tendenz  und  Fähigkeit 
verleiht,  die  fehlenden  Teile  wieder  zu  ersetzen,  so  würde  in 
unserem  Falle  der  Mangel  des  Centrosoms  als  ein  Defekt  an  der 
Totalität  der  Zelle  empfunden  und  durch  eine  regulatorische  Ein- 
wirkung von  Seiten  des  Kernes  der  fehlende  Teil  wieder  gebildet 
werden.  Ich  halte  es  jedoch  nach  unseren  gegenwärtigen  Kennt- 
nissen für  unwahrscheinlich,  daß  Centrosomen  in  dieser  Weise 
regeneriert  werden.  Man  könnte  vielleicht  die  Art,  wie  nach 
R.  Hertwig  die  Abspaltung  des  Centrosoms  vom  Kern  bei  Actino- 
sphaerium  verläuft,  auf  die  erörterte  Möglichkeit  beziehen.  Allein 
es  scheint  mir  doch  viel  näher  zu  liegen,  auch  hier  die  Bildung 
des  Centrosoms  an  das  Netrum  des  Kernes  anzuknüpfen,  wobei 
dessen  dichte  Imprägnation  mit  Chromatin  einen,  wohl  neben- 
sächlichen, Uebergang  dieser  Substanz  auf  das  Centrosom  zur 
Folge  hat.  Bei  einer  Ersetzung  zu  Grunde  gegangener  Centro- 
somen ,  wie  ich  sie  als  Regeneration  gekennzeichnet  habe, 
müßte  wohl  eher  an  eine  Wirkung  des  Kernes  gedacht  werden,  die 
sich  ohne  direkte  Verwendung  eines  vorher  schon  geformten  Kern- 
teiles vollzieht. 

In  dem  Satze  R.  Hertwig's,  den  ich  Eingangs  dieses  Ab- 
schnittes citiert  habe,  ist  die  Vermutung  ausgesprochen,  daß  die 
Rückbildung  von  Centrosomen,  nachdem  sie  ihre  Funktion  bei  der 
Zellteilung  erfüllt  haben,  und  ihre  Wiederbildung  (aus  dem  Kerne) 
zum  Zweck  der  nächsten  Teilung  eine  weit  verbreitete,  um  nicht 
zu  sagen  gewöhnliche  Erscheinung  in  den  Zellen  der  Metazoen 
sein  dürfte.  Dieser  Meinung  kann  ich  mich  nicht  anschließen. 
Denn  wir  vermögen  nun  doch  für  eine  genügende  Zahl  von  Zellen, 
ja  man  darf  fast  sagen :  für  alle,  bei  denen  eine  genaue  Unter- 
suchung möglich  war,  zu  verfolgen,  wie  sich  das  Centrosom  als 
solches  durch  Teilung  von  einer  Zellengeneration  auf  die  nächste 
forterbt;  und  wie  zäh  sich  diese  Körperchen  erhalten,  dies  lehren 
in  unübertrefflicher  Weise  jene  abnormen  Fälle,  wo  eine  Zelle 
eine  größere  Zahl  von  Centrosomen  in  sich  birgt,  die  sich  nun  bei 
jedem    weiteren    Teilungsschritt    verdoppeln.     In    gleichem  Sinne 


—     195     — 

sprechen  die   in   rascher  Folge    sich  mehrenden  Erfahrungen  über 
das  Vorhandensein   von  Centrosomen    in  den   lange  oder  dauernd 
ruhenden  Gewebszellen.     Hier  ist  kein  Zweifel  mehr  möglich,  daß    J 
die  Centrosomen  zu  Dauerorganen  geworden  sind. 

Ich  möchte  diese  Betrachtungen  nicht  schließen,  ohne  eine 
allgemeinere  Bemerkung  hinzuzufügen.  Es  läßt  sich  verstehen, 
daß  Forscher,  die  die  Centrosomen  nur  bei  den  höchsten  Tieren 
zum  Gegenstand  ihrer  Studien  machen  und  sie  hier  als  scharf 
individualisierte,  aufs  klarste  begrenzte  und  durch  Färbung  dar- 
stellbare Körperchen  finden,  jenem  Grenzgebiet,  das  hier  behandelt 
wurde,  mit  einem  gewissen  Unbehagen,  ja  mit  Antipathie  gegen- 
übertreten. Und  etwas  Niederschlagendes  haben  Erörterungen 
wie  die  vorstehenden  in  der  That  an  sich ;  denn  kaum  auf  andere 
Weise  wird  es  uns  so  deutlich  zum  Bewußtsein  gebracht,  wie  un- 
endlich oberflächlich  sich  unsere  Erkenntnis  an  diesen  cellulären 
Phänomenen  herumbewegt.  Auf  der  anderen  Seite  aber  ist  das 
sozusagen  Vage  und  Verschwommene,  das  die  Centrosonienlehre 
durch  das  Zurückgehen  auf  die  ursprünglichsten  Zellenfonneu  er- 
hält, etwas  Selbstverständliches.  Was  uns  hier  begegnet:  daß  die 
auf  der  höchsten  Stufe  sich  darbietenden  Merkmale  schwinden  und 
selbst  der  Name  nicht  mehr  paßt,  dies  ist  uns  ja  auf  anderen 
Gebieten  etwas  längst  Gewohntes.  Wir  stoßen  uns  nicht  daran, 
daß  die  Säugetiere  in  ihren  niedersten  Repräsentanten  nicht  wirk- 
lich säugen,  daß  die  Wirbeltiere,  wenn  wir  bis  zu  den  niedersten 
herabsteigen,  keine  „Wirber'-Tiere  mehr  sind,  daß  wir  zwischen 
Protozoen  und  Metazoen,  zwischen  Tier  und  Pflanze  keine  scharfe^,^ 
Grenze  zu  ziehen  vermögen.  Solche  Erfahrungen  sind,  wo  wir 
zum  ersten  Mal  in  einem  neuen  Gebiet  auf  sie  stoßen,  unserem 
Bedürfnis  nach  Definition  und  Rubriken  unbequem  und  doch  im 
Grunde  das  Beste,  was  wir  wünschen  können.  Denn  es  ist  in  der 
historischen  Natur  eines  jeden  organischen  Gebildes  mit  Notwendig- 
keit begründet,  daß,  wenn  wir  nur  diese  ganze  Geschichte  kennen, 
eine  einheitliche  charakteristische  Benennung,  eine  scharfe  Definition 
und  Begrenzung  unmöglich  ist.  Dabei  müssen  wir  uns  eben 
immer  gegenwärtig  halten,  daß  mit  der  Schwierigkeit  einer  klassi- 
fikatorischen  Darstellung  zugleich  unsere  Einsicht  in  das  Werden 
der  organischen  Welt  gewachsen  ist.  Und  dies  ist  doch  die  Haupt- 
sache. 


13* 


—     196    — 
Absclinitt  D. 

Nomenklatur. 

Im  speciellen  Teile  dieser  Arbeit  habe  ich,  im  Einklang  mit 
meinen  früheren  Befunden  bei  Ascaris,  den  Nachweis  geführt,  daß 
die  Astrosphäre  in  ihrem  Mittelpunkt  ein  zusammengesetztes 
Gebilde  enthält:  einen  größeren  Körper  (Centrosom)  mit  einem 
kleineren  Korn  (Centriol).  Daß  dieser  größere  Körper  nicht  kurzer 
Hand  als  ein  „Teil  der  Sphäre"  abgethan  werden  kann,  braucht 
nach  allem,  was  oben  über  ihn  gesagt  worden  ist,  nicht  weiter 
begründet  zu  werden.  Wenn  die  Erscheinungen,  die  wir  beobachten 
können ,  richtig  beschrieben  werden  sollen,  müssen  wir  in  der 
Astrosphäre  noch  zwei  in  einander  geschaltete  Bildungen  unter- 
scheiden, die  durch  besondere  Namen  zu  bezeichnen  sind.  Wie 
man  sie  nennen  will,  ist  dabei  gleichgiltig,  und  man  möge,  wenn 
meine  Bezeichnungen  nicht  passend  scheinen,  andere  wählen.  Was 
ich  für  sie  beanspruche,  ist  lediglich  dies,  daß  sie  1)  historisch 
die  richtigen  und  2)  an  allen  von  mir  betrachteten 
Objekten  im  gleichen  Sinne  gebraucht  worden  sind. 
Auf  diese  beiden  Punkte  will  ich  noch  etwas  näher  eingehen. 

Bei  der  Entscheidung  der  Frage,  welches  Gebilde  den  Namen 
Centralkörperchen  oder  Centrosom^)  zu  führen  habe, 
handelt  es  sich  nur  darum,  festzustellen,  für  welches  ei'  eingeführt 
worden  ist.  Ich  stimme  darin  vollkommen  mit  Flemming  überein, 
der  sagt  (41,  S.  238):  „Um  aus  den  Verwirrungen  herauszu- 
kommen .  .  .  scheint  es  mir  am  besten,  ganz  genau  historisch  zu 
verfahren  und  den  Namen  Centralkörper  (sollte  eigentlich  heißen: 
Centralkörperchen)  gerade  so  anzuwenden,  wie  ihn  Van  Beneden 


1)  Diese  beiden  Ausdrücke  habe  ich  (11)  für  Van  Beneden's 
corpuscule  central  zuei'st  gebraucht.  Wie  Flemming  (41 ,  S.  238) 
und  Meves  (82,  S.  496)  zu  der  Meinung  kommen,  ich  wolle  unter  Centro- 
som etwas  anderes  verstanden  wissen  als  das  Van  BENEDEN'sche  corpus- 
cule central,  weiß  ich  nicht.  In  meiner  ersten  Veröffentlichung,  in  der 
ich  das  Wort  Centrosom  gebraucht  habe,  ist  damit  bezeichnet  ein 
außerhalb  des  Kernes  gelegenes  specifiscbes  Ivörperchen,  „das  ich 
„Centrosoma"  oder  mit  Van  Beneden  und  Neyt  „Central- 
körperchen (corpuscule  central)"  nenne"  (S.  152).  Und 
in  meiner  letzten  Veröffentlichung  (17,  S.  61)  habe  ich  mich  aus- 
drücklich gegen  die  Annahme  verwahrt,  daß  mein  Centrosom  mit 
dem  zu  identifizieren  sei,  was  Van  Beneden  „Markschicht  der 
Sphäre"  nennt. 


—     197     — 

gemeint  hat."  Diesen  Weg  also  wollen  wir  im  folgenden  ein- 
schlagen. 

Bekanntlich  wird  die  Entdeckung  der  Centralkörperchen  Van 
Beneden  zugeschrieben,  wenn  auch,  wovon  oben  schon  die  Rede 
war,  Flemming  und  O.  Hertwig  an  anderen  Objekten  entsprechende 
Gebilde  schon  etwas  früher  beschrieben  hatten.  Van  Beneden 
aber  war  es  jedenfalls,  der  diesem  an  den  Enden  der  Teiluugs- 
spindel  nachweisbaren  Körperchen  als  „corpus cule  polaire" 
zuerst  einen  Namen  gegeben  hat,  und  dieses  Polkörperchen 
der  Spindel  ist  später  von  vielen  Beobachtern  bei  der  Teilung 
von  Zellen  beobachtet  worden.  Im  Jahr  1887  taufte  Van  Beneden 
sein  corpuscule  polaire  in  „corpuscule  central"  um,  eine 
Bezeichnung,  die  übrigens  schon  1879  Fol  im  gleichen  Sinn  ge- 
braucht hatte.  In  Fol's  (42)  Figurenerklärung  (S.  299)  bedeutet 
ac  —  corpuscule  central  d'un  aster. 

Wenn  man  nun  an  die  histiologischen  Methoden  und  optischen 
Hilfsmittel  der  70er  Jahre  denkt  und  daneben  betrachtet,  was  die 
Autoren  damals  als  corpuscule  polaire  oder  central  abgebildet 
haben,  so  ist  kein  Zweifel  möghch:  soweit  sie  überhaupt  etwas 
Deutliches  gesehen  haben,  ist  es  das  Gebilde  gewesen,  welches  ich 
Centrosom  nenne,  nicht  dessen  centrale  Differenzierung,  Von  be- 
sonderer Wichtigkeit  ist  es  natürhch,  festzustellen,  was  Van 
Beneden  selbst  unter  diesen  Bezeichnungen  verstanden  hat.  Seiner 
Darstellung  liegen  neben  anderen  Objekten  zwei  zu  Grunde,  die 
im  speciellen  Teile  dieser  Arbeit  ausführlich  behandelt  worden 
sind:  die  Eier  und  Spermatocyten  von  Ascaris  megalocephala. 
Statt  einer  weitläufigen  Erörterung  reproduziere  ich  zwei  seiner 
Bilder  in  Fig.  7a  (Taf.  I)  und  Fig.  101  (Taf.  VIII)  und  bitte,  sie  mit 
den  meinigen  zu  vergleichen^).  Ich  denke  nicht,  daß  sich  an- 
gesichts dieser  Gegenüberstellung  noch  eine  Stimme  erheben  wird, 
um  zu  behaupten,  was  Van  Beneden  abgebildet  hat,  entspreche 
meinem  Centralkorn  oder  Centriol.  Sein  corpuscule  central  ist 
überall,  wenn  auch  manchmal  in  verdorbener  Gestalt,  das  gleiche 
Gebilde,  das  ich  Centralkörperchen  genannt  habe;  das  von  mir 
beschriebene  centrale  Korn  (Centriol)  hat  Van  Beneden  über- 
haupt nicht  gesehen.  Damit  fällt  natürlich  von  selbst  die  von 
manchen    Seiten    ausgesprochene    Annahme,    daß    mein    Central- 


1)  Auch  vergleiche  man  hier  nochmals  die  in  Fig.  76  a  und 
Eig.  83  a  (Taf.  VI)  reproduzierten  Abbildungen  von  Vax  Beneden 
und  Neyt  mit  meinen  entsprechenden  Figuren. 


—     198    — 

körperchen  mit  Van  Beneden's  Markschicht  der  Sphäre 
zu  identifizieren  sei,  und  es  ist  fast  überflüssig,  noch  auf  meine 
Figg.  85,  86,  Taf.  VI,  zu  verweisen,  wo  im  ünjkreis  des  zu  seiner 
vollen  Größe  gelangten  Centrosoms  die  Markschicht  ganz  so,  wie 
Van  Beneden  sie  gezeichnet  hat,  zu  sehen  ist, 

Ist  damit  gezeigt,  daß  meine  Anwendung  des  Wortes  „Cen  tral- 
körperchen"  vollkommen  der  Van  BENEDEN'scben  entspricht 
und  daß  also  z.  B.  die  in  Fig.  102  (Taf.  VIII)  von  einem  Ascaris- 
Ei  gezeichneten  Kugeln  samt  ihren  2  winzigen  Körnchen  die 
Centralkörperchen  oder  Centrosomen  im  ursprünglichen  Sinne  des 
Wortes  ^)  darstellen,  so  versteht  es  sich  von  selbst,  daß  auch  die 
in  jeder  Hinsicht  gleichwertigen  Kugeln,  wie  sie  in  Fig.  27,  54, 
56  und  19,  20  vom  Seeigel-Ei  und  der  Ovocyte  von  Diaulula  ab- 


1)  In  seinen  Untersuchungen  über  Thysanozoon  (99)  teilt  Van 
DER  Stricht  mit  (S.  389),  daß  Van  Beneden  sich ,  entschieden  da- 
hin geäußert  habe ,  daU  in  den  Ovocyten  von  Thysanozoon  das 
v^inzige  Körnchen,  welches  man  sofort  als  das  Aequivalent  meines 
Centralkorns  erkennt,  seinem  corpuscule  central  entspreche. 
Wenn  Van  Beneden  dieses  Korn  jetzt  als  corpuscule  central  be- 
zeichnen will,  so  ist  dagegen  nichts  einzuwenden ;  wenn  er  aber 
mit  jener  Aeußerung  sagen  wollte,  daß  das  von  Van  Der  Stricht 
gefundene  Korn  seinem  früher  bei  Ascaris  beschriebenen 
corpuscule  central  entspreche,  so  befindet  er  sich  in  einem 
Irrtum.  Es  giebt  nicht  leicht  eine  entschiedenere  Uebereinstimmung, 
als  sie  zwischen  den  Bildern  Van  der  Stricht's  und  denen  Van 
Beneden's  besteht.  Man  sieht  hier  und- dort  die  dunklere  dichtere 
Rindenschicht  der  Sphäre,  man  sieht  die  hellere,  schwächer  radial 
gezeichnete  Markschicht  der  Sphäre,  in  dieser  hier  wie  dort  ein 
kugeliges  dichteres  Körperchen,  so  groß,  daß  man  leicht  Strukturen 
darin  erkennen  kann,  das  alte  Van  BENEDEN'sche  corpuscule 
central.  Was  Van  der  Stricht's  Figuren  mehr  zeigen,  ist  ein 
in  diesem  kugeligen  Körperchen  gelegenes  kleines  Korn,  das  Centriol, 
welches  Van  Beneden  entgangen  war.  —  Uebrigens  widerspricht 
Van  Beneden  mit  dieser  bei  Van  der  Stricht  gemachten  Aeußerung 
nicht  nur  seiner  alten  Bezeichnungsweise  für  das  Ascaris-Ei,  sondern 
auch  der  Terminologie,  die  er  ganz  neuerdings  (1897)  für  Objekte 
angewandt  hat,  die  der  von  Van  der  Stricht  untersuchten  Polyclade 
(Thysanozoon)  aufs  nächste  verwandt  sind,  nämlich  einige  andere 
Polycladen ,  deren  Eireifung  und  Befruchtung  Francotte  (44) 
in  einer  unter  Van  .  Beneden's  Aegide  ausgeführten  interessanten 
Arbeit  beschrieben  hat.  Sowohl  in  der  Abhandlung  Francotte's 
wie  in  Van  Beneden's  Bericht  über  dieselbe  (45)  wird  als  cor- 
puscule central  die  große  in  der  Sphäre  enthaltene  Kugel  be- 
zeichnet ;  das  von  Van  der  Stricht  nachgewiesene  kleine  Korn  hat 
Francotte  gar  nicht  beobachtet. 


-     199     — 

gebildet  sind,  als  Centralkörperchen  bezeichnet  werden  müssen. 
Darüber  noch  ein  Wort  zu  verlieren,  scheint  mir  unnötig  zu  sein. 
Ist  aber  in  diesem  Punkte  kein  Zweifel  möglich,  dann  ist  es  klar, 
daß  auch  der  noch  viel  größere  Körper,  der  im  Seeigel-Ei  während 
der  Anaphasen  aus  dieser  Kugel  wird  (Fig.  58),  als  Central- 
körperchen zu  bezeichnen  ist  und  daß  überhaupt  in  dem  Kreis- 
lauf, den  ich  von  diesem  Gebilde  beschrieben  habe,  die  Schick- 
sale   eines   Centralkörperchens  beschrieben  worden   sind. 

Wenn  es  sich  dabei  nun  herausstellt,  daß  das  Centralkörperchen 
ein  komplizierteres  Gebilde  ist,  als  man  bisher  vielfach  annahm, 
und  daß  es  sich  in  seinen  Schicksalen  bei  manchen  Objekten 
anders  verhält  als  nach  den  gangbaren  Vorstellungen,  so  müssen 
eben,  wie  stets  bei  einem  Fortschritt  der  Wissenschaft,  diese  Vor- 
stellungen geändert  werden.  Schon  mehrfach  wurde  im  Laufe 
dieser  Arbeit  erwähnt,  daß  nach  manchen  Angaben,  so  besonders 
nach  denen  von  Van  der  Stricht  für  Thysanozoon  (99),  das  Central- 
körperchen nicht  als  Ganzes  von  einer  Zellengeneration  auf  die 
nächste  übergehen  soll,  sondern  nur  das  Centriol,  um  welches  dann 
erst  wieder  ein  neues  Centrosom  entsteht.  Nachdem  ich  im 
Seeigel-Ei'  Verhältnisse  festgestellt  habe,  die  mit  denen  in  den 
Ovocyten  von  Thysanozoon  die  größte  Aehnlichkeit  haben,  dabei 
aber  zeigen  konnte,  daß  doch  eine  wirkliche  Kontinuität  der 
Centrosomen  besteht,  die  nur  bei  mancher  Präparationsweise 
äußerst  schwer  nachweisbar  ist,  dürften  Van  der  Stricht's  und 
ähnliche  Angaben  wohl  noch  der  Bestätigung  bedürfen.  Sollte  es 
sich  aber  wirklich  so  verhalten,  wie  er  es  angiebt,  dann  müssen 
wir  eben  unsere  Anschauung,  daß  das  Centralkörperchen  überall 
ein  dauerndes  Zellenorgan  sei,  aufgeben,  so  gut  wir  dies  für  den 
Kern  längst  thun  mußten.  Und  wie  wir  gewisse  Formen  der 
Karyokinese  eine  indirekte  (nur  durch  das  Chromatin  ver- 
mittelte) Kernteilung  nennen,  so  könnten  wir  in  solchen  Fällen 
von  einer  indirekten,  nur  durch  das  Centriol  vermittelten, 
Centrosomenteilung  sprechen. 

Ich  habe  mich  bisher  nur  an  den  morphologischen 
Befund  und  die  für  denselben  eingeführte  Bezeichnungsweise  ge- 
halten. Nun  ist  noch  darauf  hinzuweisen,  daß  auch  nach  unserer 
physiologischen  Auffassung  nur  das  größere  der  beiden  Ge- 
bilde historisch  auf  den  Namen  Centralkörperchen  Anspruch 
machen  kann.  Stets  hat  man  unter  Centralkörperchen  das  Centrum 
der  Astrosphäre  verstanden,  sei  es  als  Erregungs-,  sei  es  als 
Insertionscentrum.    In  beider  Bedeutung  kann,  wie  oben  dargelegt, 


—     200    — 

nur  das  größere  Körperchen  als  Centralorgan  der  Sphäre  an- 
gesehen werden. 

Wie  sind  nun  die  Befunde  der  Wirbeltierhistio- 
logen  nach  der  von  Van  Beneden  und  mir  aufge- 
stellten Terminologie  zu  bezeichnen? 

Meine  Untersuchungen  zeigen,  wie  schwer  es  unter  Umständen 
sein  muß  zu  entscheiden,  ob  ein  Centrosom  oder  Centriol  vorliegt. 
Wer  könnte,  wenn  ihm  von  den  Furchungszellen  des  Pferdespul- 
wurms nichts  anderes  bekannt  wäre  als  das  in  Fig.  94  dargestellte 
Stadium  mit  2  kleinen,  schwarz  gefärbten  Körperchen,  angeben,  ob 
dies  die  Centrosomeu  oder  Centriolen  sind  ?  Aehnlich  aber  stehen 
wir,  der  Natur  der  Sache  nach,  den  histiologischen  Befunden 
gegenüber,  wozu  als  ein  weiteres  ungünstiges  Moment  die  Klein- 
heit der  Elemente  kommt.  Zieht  man  noch  in  Erwägung,  daß  in 
Fällen,  wo  die  Eisenhämatoxylinmethode  zur  Darstellung  der  Centren 
dient,  die  konzentrische  Entfärbung  eine  gewisse  Rolle 
spielen  wird,  so  wird  man  zugeben  müssen,  daß  uns  zu  einer  sicheren 
Entscheidung  für  die  meisten  Litteraturangaben  noch  die  nötigen 
Grundlagen  fehlen.  Ich  selbst  war  früher  geneigt,  die  zuerst  von 
Flemming  bei  Salamandra  gefundenen  Doppelkörperchen  als  Cen- 
triolen in  Anspruch  zu  nehmen,  und  ich  habe  speciell  die  von 
M.  Heidenhain  in  den  Kaninchen- Leukocyten  nachgewiesenen 
Körperchen  als  solche  gedeutet.  Auch  viele  anderen  Autoren  teilen 
offenbar  diese  Meinung.  Wenn  ich  neuerdings  wieder  zweifelhaft 
geworden  bin  und  eher  dazu  neige,  die  fraglichen  Körperchen  als 
Centrosomen  anzusehen,  so  bestimmt  mich  dazu  vor  allem 
folgender  Grund.  Ich  habe  schon  oben  hervorgehoben  und  an  einem 
Beispiel  dargethan,  daß  sich  die  Größe  der  Centrosomen,  wenn 
auch  nicht  streng,  nach  der  Größe  der  Zellen  richtet.  Wie  klein 
sind  nun  die  meisten  Gewebezellen  der  Wirbeltiere  im  Vergleich 
zu  einem  Ascaris-  oder  gar  zu  einem  Seeigel-Ei!  Wenn  hier 
jene  Regel  nur  einigermaßen  anwendbar  ist,  so  müssen  wir 
in  einer  solchen  Zelle  ganz  winzig  kleine  Centrosomen  erwarten; 
und  wenn  man  nun  die  Doppelkörperchen  betrachtet,  wie  sie 
von  Flemming,  Heidenhain,  Zimmermann,  Meves,  Lenhossek 
u.  a.  von  ruhenden  Zellen  abgebildet  worden  sind,  so  wird 
man  zu  dem  Schluß  kommen:  der  Größe  nach  sind  es 
die  Centrosom  en,  ja  sogar  große  Centrosomen,  wo- 
mit weiterhin  stimmen  würde,  daß  die  Existenz  eines  größeren 
Körpers  in  ihrem  Umkreis  von  den  meisten  Autoren  entschieden 
bestritten   wird.     Daß   sich  in  Centrosomen  von  solcher  absoluten 


—     201     — 

Kleinheit  nicht  noch  kleinere  Gebilde  erkennen  lassen,  ist  selbst- 
verständlich, und  der  Nachweis  von  Centriolen  kann  hier  also  gar 
nicht  erwartet  werden.  Es  giebt  gewiß  manches  wichtige  Problem 
in  betrefif  der  Centrosomen,  für  welches  gerade  die  hochdifferen- 
zierten Gewebezellen  von  größter  Bedeutung  sind;  allein 
für  Fragen  über  Struktur  und  Strukturveränderung 
dieser  Gebilde  können  sie  nicht  maßgebend  sein.  Hier  werden 
stets  die  großen  Zellen,  wie  Eier  und  Furchungszellen,  die  wir 
überdies  leicht  in  allen  Phasen  von  einer  Teilung  zur  nächsten 
beobachten  können,  als  Paradigma  dienen  müssen. 

Ich  möchte  das  Gesagte  dahin  zusammenfassen:  Wenn  die 
Histiologen  die  von  ihnen  in  den  Gewebezellen  gefundenen  Doppel- 
körperchen  „Centralkörperchen"  oder  „Centrosomen" 
nennen,  so  haben  sie  nicht  nur  vollkommen  recht,  diese  Namen 
promiscue  zu  gebrauchen,  sondern  sie  folgen  damit  auch  höchst 
wahrscheinlich  der  alten  Nomenklatur  von  Van  Beneden  und  mir, 
indem  es  in  der  That  nahezu  sicher  ist,  daß  diese  Körperchen 
den  Gebilden  entsprechen,  die  Van  Beneden  und  ich  für  das 
Ascaris-Ei  beschrieben  haben.  Sollte  sich  aber  wider  Erwarten 
ergeben,  daß  die  fraglichen  Körperchen  der  Histiologen  in  manchen 
Fällen  den  von  mir  bei  Ascaris  entdeckten  winzigen  Körnern, 
den  Centralkörnern  oder  Centriolen,  entsprechen,  so 
würde  es  vielleicht  möglich  sein,  sie  auch  so  zu  nennen. 


Zum  Schluß  scheint  es  mir  nicht  unnütz  zu  sein,  über  die 
Zweckmäßigkeit  der  vorgeschlagenen  Terminini  noch  einiges 
zu  sagen. 

Ich  habe  für  „Centralkörperchen"  die  Bezeichnung  „Centro- 
soma" eingeführt,  weil  es  mir  schien,  daß  für  dieses  Gebilde  ein 
klarer  und  einfacher  technischer  Ausdruck  am  Platze  sei. 
In  dieser  Meinung,  daß  celluläre  Teile  und  Konfigurationen  mit 
besonders  für  sie  gebildeten  wissenschaftlichen  Namen  bezeichnet 
werden  sollen,  finde  ich  mich  ja  wieder  in  voller  Uebereinstimmung 
mit  Flemming,  der  selbst  die  Nomenklatur  der  Zelle  mit  einer 
Reihe  griechischer  Namen  bereichert  hat.  Der  Ausdruck  „Central- 
körperchen" geht  noch  zur  Not  als  technischer  Ausdruck,  indem 
das  Diminutivum  ihn  über  eine  ganz  inditierente  Bezeichnung 
einigermaßen  hinaushebt.  Höchst  ungeeignet  als  wissenschaftlicher 
Name  ist  dagegen  das  Wort  „Centralkörper";  denn  es  ist  der 
nächstliegende  und  stets  gebrauchte  Ausdruck  für  irgend  ein  in 
irgend  einem  Mittelpunkt  gelegenes  körperliches  Gebilde.     So  kann 


—     202     — 

man  diesem  Wort  überall  begegnen  ^),  und  zum  Beweis  dafür,  wie 
wenig  gerade  die  Sprache  des  Zellenforscbers  auf  dasselbe  als  auf 
eine  indifferente  Bezeichnung  zu  verzichten  gewillt  ist,  sei  nur 
angeführt,  daß  seit  der  Zeit,  wo  wir  die  cellulären  Centren  als 
„Centralkörper"  benennen ,  dieser  Ausdruck  von  Bütschli  und 
von  BoEN  für  ganz  andere  Teile  von  Zellen  verwendet  worden  ist, 
von  Bütschli  (23)  für  einen  centralen  Bereich  in  Bakterien,  den 
er  damals  für  den  Kern  zu  halten  geneigt  war,  von  Born  (8)  für 
ein  im  Amphibien-Keimbläschen  zu  beobachtendes,  „mehr  oder 
weniger  kugeliges  Centrum,  welches  die  Chromatinfadenstränge 
und  zwischen  diesen  eine  wechselnde  Zahl  verkleinerter  und  häufig 
abgeblaßter  Nukleolen  enthält"  (S.  21).  Aber  damit  nicht  genug, 
ergiebt  sich  schon  allein  für  die  S  p  h  ä  r  e  n  1  e  h  r  e  die  Not- 
wendigkeit, den  indifferenten  Ausdruck  Centralkörper  neben  einem 
Terminus  technicus  zur  Verfügung  zu  haben,  wie  Morgan's  künst- 
liche Astrosphären  lehren ,  welche  die  deutlichsten  Central- 
körper, d.  h.  centrale  körperliche  Differenzierungen,  aber  keine 
Centrosomen  enthalten. 

Daß  unter  solchen  Umständen  das  Bedürfnis  nach  einem  un- 
zweideutigen, womöglich  aus  dem  Vorrat  einer  toten  Sprache 
gebildeten  Terminus  technicus  besteht,  ist  klar.  Das  Wort 
„Centrosoma**  ist  ein  solcher,  und  daß  er  brauchbar  ist,  dies 
scheint  mir  durch  seine  Anwendung  sowohl  für  tierische  wie 
pflanzliche  Objekte  in  allen  Sprachen,  in  denen  über  die  Zellen 
geschrieben  wird,  erwiesen  zu  sein.  In  der  That  dürfte  er  allen 
Anforderungen,  die  an  einen  technischen  Ausdruck  gestellt  werden 
können,  genügen.  Er  ist  erstens  sinngemäß  und  bezeichnend  und 
in  dieser  Hinsicht  dem  Wort  Centralkörperchen  jedenfalls  gleich- 
wertig; er  ist  zweitens,  worauf  Flemming  mit  Recht  stets  großen 
Wert  legt,  kurz  und  in  der  jetzt  gewöhnlich  gebrauchten  Form 
„Centrosom"  dem  Wort  Centralkörperchen,  auch  nachdem  es 
um  seine  Diminutiv-Endung  gestutzt  worden  ist,  in  dieser  Hinsicht 
erheblich  überlegen;  er  ist  drittens  so  bestimmt  fixiert,  wie  es 
ein  technischer  Ausdruck  in  den  biologischen  Wissenschaften  über- 
haupt sein  kann. 

Gerade  diese  Eigenschaft  ist  ihm  zwar  von  manchen 
Seiten  abgesprochen,  dagegen  für  den  Ausdruck  „Central- 
körper" betont  worden,  daß  die  Histiologen   unter  ihm   überall 


1)  So  bezeichnete  z.  B.  Flemming    seiner  Zeit   den    Sperma- 
kern  des  Seeigel-Eies  als  Centralkörper    der  Spermastrahlung. 


—     203     — 

dieselben  im  ganzen  Tierreich  wiederkehrenden  kleinen,  in  Eisen- 
hämatoxyliu  schwarz  färbbareu,  kugeligen  Körperchen  verstünden, 
deren  Gleichwertigkeit  zweifellos  sei.  Wie  es  mit  dieser  „durch- 
gängigen morphologischen  Identität"  der  „Central- 
körper"  bestellt  ist,  habe  ich  oben  dargethan.  In  der  That  hat 
Heidenhain,  der  in  dieser  Beziehung  am  konsequentesten  zu  sein 
glaubt,  als  Centralkörper  in  diesem  angeblich  strengen  Sinne 
bezeichnet: 

1)  unzweifelhafte  Centrosomen;  denn  die  schwarzen 
„Centralkörper",  die  er  z.  B.  in  seiner  Fig.  12a  (55,  S.  261)  ab- 
bildet, können  nach  ihrer  Größe  und  nach  der  Art,  wie  die 
Spindelfasern  sich  bis  an  ihre  Oberfläche  heran  verfolgen  lassen, 
nur  Centrosomen  sein ; 

2)  unzweifelhafte  Centriolen;  denn  er  betrachtet  die 
z.  B.  von  KosTANECKi  im  Seeigel-Ei  nachgewiesenen  Körnchen, 
deren  Identität  mit  meinen  Centriolen  unzweifelhaft  ist,  als 
„Centralkörper" ; 

3)  Färbungsartefakte,  die  in  ihrer  Größe  zwischen 
Centrosomen  und  Centriolen  in  der  Mitte  stehen,  hervorgebracht 
durch  konzentrisches  Auswaschen  des  Eisenhämatoxylins ;  auch 
diese  Kunstprodukte,  welche  in  der  Arbeit  von  Kostanecki  und 
SiEDLECKi  eine  so  große  Rolle  spielen,  bezeichnet  Heidenhain  (55, 
S.  247)  als  „Centralkörper"; 

4)  pathologische  Produkte,  nämlich  die  Granula  bei 
körnigem  Zerfall  der  Centrosomen,  so  in  den  vielkernigen  Riesen- 
zellen der  Kaninchenlymphdrüse  (55). 

Wenn  also  der  Terminus  Centrosom  bisher  nicht  überall 
im  gleichen  Sinne  angewendet  worden  ist,  so  teilt  er  dieses 
Geschick  vollkommen  mit  der  Bezeichnung  Centralkörper; 
und  es  besteht  kein  Hindernis,  beide  von  Anfang  an  gleich- 
bedeutenden Ausdrücke  von  jetzt  an  streng  für  dasjenige  Gebilde 
zu  gebrauchen,  für  das  sie  eingeführt  worden  sind,  und  die  in 
demselben  nachweisbaren  kleineren  Gebilde  mit  einem  besonderen 
Namen  zu  belegen. 

Diese  Einschlüsse  als  „Centralkörper"  zu  benennen, 
wenn  das  ganze  Gebilde  „Centrosoma"  heißt,  ist  kaum  an- 
gängig. Denn  abgesehen  von  der  historisch  gleichen  Bedeutung 
beider  Ausdrücke,  ist  ja  der  eine  nur  eine  wörtliche  Uebersetzung 
des  anderen.  Sodann  aber  ist  für  jene  Fälle,  wo  diese  in  Rede 
stehenden  kleineren  Gebilde  richtig  erkannt,  d.  h.  als  Ein- 
schlüsse des  wirklichen   Centralkörperchens   nach- 


—     204     — 

gewiesen  worden  sind  (von  mir  im  Ascaris-Ei,  von  Brauer 
in  den  Spermatocyten  von  Ascaris,  von  Mac  Farland  bei  Diaulula), 
längst  ein  besonderer  deutscher  Ausdruck  für  dieselben  eingeführt, 
der  nicht  nur  kürzer,  sondern  auch  bezeichnender  ist,  nämlich 
Centralkorn. 

Für  dieses  deutsche  Wort  habe  ich  in  vorstehender  Arbeit 
den  Terminus  technicus  Centriol  (Centriolum)  gebraucht,  eine  Be- 
zeichnung, die  ich  1895  (17,  S.  66)  für  kleine  Körperchen  vor- 
geschlagen habe,  die  sich  als  Einschlüsse  des  Centrosoms 
darstellen.  Ich  habe  damals  die  Centriolen  nicht  ausdrücklich  mit  den 
Centralkörnern  identifiziert,  aber  eine  Identität  beider  auch  nicht 
ausgeschlossen.  Nachdem  bereits  viele  Autoren  diesen  neuen  Ter- 
minus acceptiert  und  für  Centralkorn  gebraucht  haben,  scheint  es 
mir  zweckmäßig  zu  sein,  ihn  weiter  in  diesem  Sinne  zu  gebrauchen. 

Wie  hier  eine  Diminutivbildung  von  „Centrum"  zu  einem 
technischen  Ausdrucke  gemacht  worden  ist,  so  dürfte  es  sich  über- 
haupt empfehlen,  alle  auf  die  Centrosomen  und  ihre  Bestandteile 
bezüglichen  Termini  durch  Zusammensetzung  mit  dem  Worte 
„Centrum"  zu  bilden,  und  umgekehrt  alle  so  zusammengesetzten 
Ausdrücke  nur  für  die  in  Rede  stehenden  Teile  der  Zelle  anzu- 
wenden. So  habe  ich  im  Vorstehenden  die  Substanz  des  Centro- 
soms „Centroplasma"  genannt,  ein  Ausdruck,  der  ja  schon  früher 
von  manchen  Autoren  ungefähr  im  gleichen  Sinne  verwendet 
worden  ist,  während  Erlanger  die  Substanz  der  Sphäre  so  be- 
zeichnet hat.  Ich  sehe  mit  Flemming  keinen  Grund  für  eine 
derartige  Anwendung  des  Wortes,  die  nur  zu  Verwirrungen  führen 
muß.  Hat  man  für  die  Substanz  der  Sphäre  einen  besonderen 
Namen  nötig,  so  ist  hierfür  der  alte  Ausdruck  Archlplasma 
(Archoplasma)  vorhanden,  den  man,  wenn  man  ihn  vermeiden 
will,  durch  „Sphäroplasma"  ersetzen  könnte.  Der  Terminus 
„Archiplasma"  oder  der  STRASBURGER'sche  Namen  „Kino- 
plasma" ist  jedoch  deshalb  meines  Erachtens  vorzuziehen,  weil 
es  darauf  ankommt,  eine  Bezeichnung  zu  haben,  welche  auch  dann 
auf  diese  Substanz  paßt,  wenn  sie  nicht  zu  einer  „Sphäre"  zu- 
sammengezogen ist. 

Es  giebt  Fälle,  wo  man  von  den  cellulären  Centren  zu  sprechen 
hat,  ohne  daß  ein  so  bestimmter  Ausdruck  wie  Centrosoma 
passend  erscheint,  sei  es,  daß  die  Darstellungsmittel  ein  scharf 
begrenztes  körperliches  Gebilde  überhaupt  nicht  erkennen  lassen  ^), 


1)  In    manchen    Fällen    dieser    Art    könnte    man    anstatt    von 
Centrosomen   von   „Centroplasmen"  sprechen. 


—     205     — 

wie  es  lange  Zeit  für  das  Seeigel-Ei  der  Fall  war,  sei  es,  daß  sich 
nicht  entscheiden  läßt,  ob  das,  was  zur  Beobachtung  kommt,  das 
Centrosom  oder  Centriol  ist;  oder  auch  da,  wo  es  sich  um  jene 
im  Kapitel  VII,  Absatz  b  beschriebenen  phylogenetischen  Vor- 
stufen handelt,  welche  noch  nicht  als  „Centrosomen"  bezeichnet 
werden  können.  Solchen  Bedürfnissen  nach  einem  ganz  inditierenteu 
Ausdruck  entspricht  am  besten  der,  soviel  ich  weiß,  zuerst  von 
E.  Van  Beneden  vorgeschlagene  Terminus  „Cytoceiitrum",  den 
ich  im  Laufe  der  vorstehenden  Betrachtungen  vielfach  gebraucht 
habe.  Ihm  schließen  sich  dann  völlig  sinngemäß  die  specielleren 
Termini  von  Fol  :  O  v o  -  und  S  p  e  r  m  o  c  e  n  t  r  u  m  an. 

Manche  Autoren  gebrauchen  da,  wo  ich  den  Ausdruck  Cyto- 
centrum  anwende,  den  HEiDENHAiN'schen  Terminus  „Mikro- 
centrum",  wobei  jedoch  zu  bemerken  ist,  daß  nach  Heiden- 
hain's  Aufstellung  diese  beiden  Begriffe  sich  nicht  decken.  Denn 
das  Wort  Mikrocentrum  im  Sinne  Heidenhain's  bedeutet  das  eine 
Mal  ein  einzelnes,  wenn  auch  unter  Umständen  in  Zwei-  oder 
Mehrteilung  begriffenes  Cytocentrum  (Centrosoraa) ,  das  andere 
Mal  einen  Cytocentrenhaufeu,  so  daß  also  z.  B.  Heiden- 
hain's Figg.  51  und  60  von  Riesenzellen  des  Knochenmarkes  (54) 
nur  ein  einziges  Mikrocentrum,  aber  zahlreiche 
Cytocentren  dargestellt  enthalten.  Daß  der  Begriff  des  Mikro- 
centrums  in  dieser  Fassung  unhaltbar  ist,  glaube  ich  schon  früher 
(17)  und  wieder  oben  (Kapitel  V,  Absatz  c)  gezeigt  zu  haben. 
Aber  selbst  wenn  diese  ursprüngliche  Bedeutung,  um  derentwillen 
vor  allem  der  Terminus  aufgestellt  worden  ist,  fallen  gelassen 
würde,  dürfte  er  kein  glücklicher  sein.  Zwei  Motive  könnten  für 
seine  Bildung  in  Betracht  kommen;  I)  daß  er  ein  bezeichnen- 
der Ausdruck  ist  für  das,  was  er  benennen  soll,  2)  daß  eine 
phylogenetische  Wertigkeit  durch  ihn  hervorgehoben  wird. 
Beide  Bedingungen  erfüllt  er  nicht.  Das  Mikro-  verlangt  ein 
Makro-,  das  nicht  existiert;  denn  niemand  wird  das  Verhältnis 
von  Centrosoma  und  Kern  durch  ihre  Gegenüberstellung  als  Mikro- 
und  Makrocentrum  gekennzeichnet  finden.  So  könnte  der  Aus- 
druck nichts  anderes  bezwecken,  als  die  Konception  M.  Heiden- 
hain's zu  perpetuieren,  wonach  das  Centrosoma  dem  Mikronucleus, 
der  „Kern"  dem  Makronucleus  der  ciliaten  Infusorien  entspreche, 
eine  Anschauung,  deren  Unhaltbarkeit  zweifellos  ist. 


Ich  stelle  zum  Schluß  die  von  mir  gebrauchten  Termini  über- 
sichtlich zusammen: 


—     206     — 

1)  Centrosoma  =  Centralkörperchen  (corpuscule  central, 
corpuscule  polaire),  die  größere  der  beiden  in  einander  geschal- 
teten körperlichen  Differenzierungen  im  Centrum  der  Sphären. 

Doppelcentrosom,  ein  in  Zweiteilung  begriff'enes  Centro- 
som,  dessen  Hälften  noch  zu  einem  einheitlichen  Körper  ver- 
bunden sind.  —  Der  Prozeß,  durch  den  ein  solches  zweiteiliges 
Centrosom  entsteht,  ist  der  der  Verdoppeln  n  g,  im  Gegensatz 
zu  dem  der  Separation,  worunter  die  Trennung  der  beiden 
Hälften  zu  zwei  neuen  Sphärenmittelpunkten  zu  verstehen  ist 
(vgl.  S.  111).  Ein  in  simultaner  Dreiteilung  begriffenes  Centrosom 
wäre  als  Tripelcentrosom  zu  bezeichnen. 

2)  Centroplasma,  die  Substanz  des  Centrosoms. 

3)  Centriol  =  Centralkorn,  das  kleine  in  Ein-  oder  Zwei- 
zahl vorhandene  Korn  in  der  Mitte  des  Centrosoms. 

4)  Cytocentrum,  indifferenter  Ausdruck  für  das  Central- 
organ  der  Sphäre  oder  dessen  Aequivalent.  Das  Centrosoma  ist 
ein  individualisiertes  Cytocentrum. 

5)  C  entronucleus,  ein  Kern,  der  ein  Cytocentrum,  sei  es 
diffus,  sei  es  konzentriert,  in  sich  enthält  (vgl.  S.  183). 

6)  N e  tr u  m ,  im  ursprünglichsten  Falle  der  aus  achromatischen 
Teilen  des  Centronucleus  sich  differenzierende  zweipolige  Faden- 
apparat (Spindel),  sodann  die  aus  manchen  Centrosomen  (Typus 
Diaulula)  bei  deren  Teilung  hervorgehende  Centralspindel  (vgl. 
S.  182). 

7)  Kinetische  Periode  des  Centrosoms,  diejenige, 
während  deren  das  Centrosom  im  Stande  ist,  eine  zu  karyokine- 
tischer  Wirkung  befähigte  Sphäre  (Kinosphäre)  zu  erzeugen 
(vgl.  S.  157  und  S.  123). 

8)  Reparation  des  Centrosoms,  Bildung  eines  Centro- 
soms aus  einem  diffusen  Cytocentrum  des  Kernes  (vgl.  S.  193). 

9)  Regeneration  des  Centrosoms,  Bildung  eines 
solchen  ohne; Anknüpfung  an  ein  bereits  vorhandenes  Cytocentrum 
(vgl.  S.  1 94)1   ^  <^H  •;  L^c  t^^  { 


—    207     — 


LitteraturYerzcicJinis. 


1)  Ballowitz,  E.,  Ueber  Sichtbarkeit  und  Aussehen  der  unge- 
färbten Centrosomen  in  ruhenden  Gewebszellen.  Zeitschr.  f. 
wiss.  Mikr.  u.  mikr.  Techn.,  Bd.  XIV,  1897. 

2)  Behrens,  G.,  Die  Reifung  und  Befruchtung  des  Forelleneies. 
Dissert.  Würzburg  1898. 

3)  Van  Bexeden,  E.,  Recherches  sur  les  Dicyemides.  Bull,  de 
l'Acad.  Roy.  de  Belg.,  Ser.  II,  T.  41   et  42,  1876. 

4)  —  Recherches  sur  la  Maturation  de  l'Oeuf,  la  Fecondation  et 
la  Division  cellulaire.     Gand  et  Leipzig   1883. 

5)  —  et  Neyt,  Nouvelles  Recherches  sur  la  Fecondation  et  la 
Division  mitosique  chez  l'Ascaride  megalocephale.  Bull.  Acad. 
Roy.  Belg.,  Ser.  IV,  T.   14,   1887. 

6)  BiCKFOED,  E.  E.,  Notes  ou  Regeneration  and  Heteromorphosis 
of  Tubularian  Hydroids.     Journ.  of  Morph.,  Bd.  IX,   1894. 

7)  Blochmann,  f.,  Ueber  die  Kernteilung  bei  Euglena.  Biol. 
Centralbl..  Bd.  XIV,  1894. 

8)  Born,  G.,  Die  Struktur  des  Keimbläschens  im  Ovarialei  von 
Triton  taeniatus.     Arch.  f.  mikr.  Anat.,  Bd.  XLIII,  1894. 

9)  BovERi,  Th.,  Ueber  die  Befruchtung  der  Eier  von  Ascaris 
megalocephala.  Sitz.-Ber.  d.  Ges.  f.  Morph,  u.  Phvs.  in 
München,  Bd.  III,   1887. 

10)  —  Zellen-Studien,  Heft  1.  Die  Bildung  der  Richtungskörper 
bei  Ascaris  megalocephala  und  Ascaris  lumbricoides.  Jena 
1887. 

11)  —  Ueber  den  Anteil  des  Spermatozoon  an  der  Teilung  des 
Eies.  Sitz.-Ber.  d.  Ges.  f.  Morph,  u.  Phys.  in  München,  Bd.  III, 
1887. 

12)  —  Ueber  partielle  Befruchtung.  Sitz.-Ber.  d.  Ges.  f.  Morph, 
u.  Phys.  in  München,  Bd.  IV,   1888. 

13)  —  Zellen-Studien,  Heft  2.  Die  Befruchtung  und  Teilung  des 
Eies  von  Ascaris  megalocephala.     Jena  1888. 

14)  —  Ein  geschlechtlich  erzeugter  Organismus  ohne  mütterliche 
Eigenschaften.  Sitz.-Ber.  d.  Ges.  f.  Morph,  u.  Phys.  in  München, 
Bd.  V,   1889. 

15)  —  Zellen-Studien,  Heft  3.  Ueber  das  Verhalten  der  chroma- 
tischen Kernsubstanz  bei  der  Bildung  der  Richtungskörper  und 
bei  der  Befruchtung.     Jena   1890. 


—     208     — 

16)  BovERi,  Th.,  Befruchtung.  Ergebnisse  d.  Anat.  u.  Entw.- 
Gesch.,  Bd.  I,  Jahrg.   1891. 

17)  —  UelDer  das  Verhalten  der  Centrosomen  bei  der  Befruchtung 
des  Seeigel-Eies  nebst  allgemeinen  Bemerkungen  über  Centro- 
somen und  Verwandtes.  Verh.  d.  Phys.-Med.  Ges.  zu  Würz- 
burg, N.  F.,  Bd.  XXIX,  1895. 

18)  —  Ueber  die  Befruchtungs-  und  Entwickelungsfähigkeit  kern- 
loser Seeigel-Eier  etc.     Arch.  f.  Entw.-Mech.,  Bd.  II,   1895. 

19)  —  Zur  Physiologie  der  Kern-  und  Zellteilung.  Sitz.-Ber.  d. 
Phj-s.-Med.  Ges.  zu  Würzburg,  Jahrgang  1896. 

20)  —  Die  Entwickelung  von  Ascaris  megalocephala  mit  besonderer 
Rücksicht  auf  die  Kernverhältnisse.  Festschrift  für  C.  von 
KuPFFER.     Jena  1899. 

21)  Brauer,  A.,  Zur  Kenntnis  der  Spermatogenese  von  Ascaris 
megalocephala.     Arch.  f.  mikr.  Anat.,  Bd.  XLII,   1893. 

22)  —  Zur  Kenntnis  der  Reifung  des  parthenogenetisch  sich  ent- 
wickelnden Eies  von  Artemia  salina.  Arch.  f.  mikr.  Anat., 
Bd.  XLIII,   1893. 

23)  BiJTSCHLi,  0.,  Ueber  den  Bau  der  Bakterien  und  verwandter 
Organismen.     Leipzig   1890. 

24)  —  Ueber  die  sogenannten  Centralkörper  der  Zelle  und  ihre 
Bedeutung.  Verh.  d.  Naturh.-Med.  Ver.  zu  Heidelberg,  N.  F., 
Bd.  IV,   1891. 

25)  —  Ueber  die  künstliche  Nachahmung  der  karyokinetischen 
Figuren.  Verh.  d.  Naturh.-Med.  Ver.  zu  Heidelberg,  N.  F., 
Bd.  V,   1892. 

26)  —  Untersuchungen  über  mikroskopische  Schäume  und  das 
Protoplasma.     Leipzig    1892. 

27;  Calkins,  G.  N.,  The  Phylogenetic  Significance  of  Certain  Proto- 
zoan  Nuclei.     Annais  N.  Y.  Acad.  Sei.,  XI,   1898. 

28  j  —  Mitosis  in  Noctiluca  miliaris.  Journ.  of.  Morph.,  Vol.  XV, 
1898. 

29)  Carnoy,  J.  B.,  La  cytodierese  de  l'oeuf.  Ca  Cellule,  Tome  2, 
1886. 

30)  CoE,  W.  R.,  The  Maturation  and  Fertilization  of  the  Egg  of 
Cerebratulus.     Zool.  Jahrb.,   Abt.  f.  An.  u.  Ont.,  Bd.  XII,  1899. 

31)  DoFLEiN,  F.,  Karyokinese  des  Spermakerns.  Arch.  f.  mikr. 
Anat.,  Bd.  L,   1897. 

32j  —  Ueber  die  Fortpflanzung  von  Noctiluca.  Sitz.-Ber.  d.  Ges. 
f  Morph,  u.  Phys.  zu  München,  Jahrg.   1899. 

33)  Driesch,  H.,  Zur  Analyse  der  Reparationsbedinguugen  bei 
Tubularia.  Vierteljahrsschr.  d.  Naturf  Ges.  in  Zürich,  Jahr- 
gang XLI,    1896. 

34)  —  Resultate  und  Probleme  der  Entwickelungsphysiologie  der 
Tiere.  Ergebn.  d.  Anat.  u.  Entwickelungsgesch.,  Bd.  VIII, 
1898. 

35)  VON  Erlanger,  R.,  Ueber  die  Befruchtung  und  erste  Teilung 
des  Ascariseies.     Arch.  f  mikr.  Anat.,  Bd.  XLIX,  1897. 


—    209     — 

36)  VON  ErlanCxEk,  R.,  Zur  Kenntnis  der  Kern-  und  Zellteilung. 
II.  Ueber  die  Befruchtung  und  erste  Teilung  des  Seeigel-Eies 
Biol.  Centralbl.,  Bd.  XVIII,   1898. 

37)  Farmer,  J.  B.,  On  Spore-Formation  and  Nuclear  Division  in 
the  Hepaticae.     Annais  of  Botany,  Vol.  IX,   1895. 

38)  Fischer,  A.,  Fixierung,  Färbung  und  Bau  des  Protoplasmas. 
Jena  1899. 

39)  Fmmming,  W.,  Studien  in  der  Entwickelungsgeschichte  der 
Najaden.  Sitz.-Ber.  d.  K.  K.  Ak.  d.  Wiss.  Wien,  Bd  LXXI 
1875. 

40)  —  Ueber  Teilung  und  Kernfoimen  bei  Leukocyten,  und  über 
deren  Attraktionssphären.  Arch.  f.  mikr.  Anat.,  Bd.  XXXVII 
1891.  ' 

41)  —  Morphologie  der  Zelle.  Ergebn.  d.  Anat.  u.  Entwickelungs- 
gesch.,  Jahrg.   1897. 

42)  Fol,  H.,  Recherches  sur  la  Fecondation  et  le  Commencement 
de  l'Henogenie  chez  divers  Animaux.  Mem.  Soc.  de  Phys. 
et  d'Hist.  Nat.,  G-eneve   1879. 

43)  —  Le  Quadrille  des  Centres.  Arch.  Sc.  Phys.  et  Natur  II 
Per.,  T.  25,   1891. 

44)  Feancottb,  P.,  Recherches  sur  la  Maturation,  la  Fecondation 
et  la  Segmentation  chez  les  Polyclades.  Mem.  cour.  etc.  publ. 
par  l'Ac.  roy.  de  Belgique,  Tome  55,   1897. 

45)  —  Rapport  de  M.  Ed.  Van  Beneden,  premier  commissaire. 
Bull,  de  l'Akad.  des  Sciences  de  Belgique,   1897. 

46)  Fürst,  E.,  Ueber  Centrosomen  bei  Ascaris  megalocephala. 
Arch.  f.  mikr.  Anat.,  Bd.  LH,   1898. 

47)  Greeff,  R.,  Ueber  den  Bau  und  die  Entwickelung  der  Echino- 
dermen.  Sitz.-Ber.  d.  Ges.  z.  Beförd.  d.  ges.  Nat.-Wiss.  zu 
Marburg,   1876. 

48)  Griffin,  B.  B.,  The  History  of  the  Achromatic  Structures  in 
the  Maturation  and  Fertilization  of  Thalassema.  Transact 
N.  Y.  Acad.  Sc,  1896. 

49)  Hacker,  V.,  Ueber  die  Bedeutung  der  Centrosomen.  Arch. 
f.  mikr.  Anat.,  XLII,   1893. 

50)  Hammar,  J.  A.,  Ueber  Sekretionserscheinungen  im  Nebenhoden 
des  Hundes.  Arch.  f.  Anat.  u.  Phys.,  Anat.  Abt.,  Jahrg.  1897, 
Suppl. 

51)  Hallez,  Recherches  sur  l'Embryogenie  et  sur  les  Conditions 
du  Developpement  de  quelques  N.'matodes.  Mem.  Soc.  Sciences 
Lille,  Ser.  IV,  T.   15. 

52)  Harper,  R.  A.,  Kernteilung  und  freie  Zellbildung  in  Ascus. 
Cytologische  Studien  aus  dem  Bonner  Botanischen  Institut. 
Jahrb.  f.  wiss.  Bot.,  Bd.  XXX,   1897. 

53)  HeidenhaIn,  M.,  Ueber  Kern  und  Protoplasma.  Festschrift 
zum  50 jähr.  Doktorjub.  Koelliker's.     Leipzig  1892. 

54)  —  Neue  Untersuchungen  über  die  Centralkörper  und  ihre 
Beziehungen  zum  Kern  und  Zellenprotoplasma.  Arch.  f.  mikr. 
Anat,  Bd.  XLIII,   1894. 

Boveri,  Zellen-Studien    IV.  -t  a 


—     210    — 

55)  Heidenhain,  M.,  Ueber  die  Mikrocentren  mehrkerniger  Riesen- 
zellen sowie  über  die  Centralkörperfrage  im  allgemeinen. 
Morpholog.  Arbeiten,  Bd.  VII,   1897. 

56)  —  Neue  Erläuterungen  zum  Spannungsgesetz  der  centrierten 
Systeme.     Morph.  Arb.,  Bd.  VII,   1897. 

57)  —  und  CoHN,  Th.,  Ueber  die  Mikrocentren  in  den  Geweben 
des  Vogelembryos  etc.     Morphol.  Arbeiten,  Bd.  VII,  1897. 

58)  Hennegüy,  L.  f.,  Nouvelles  Recherches  sur  la  Division  cellu- 
laire  indirecte.     Journ.  Anat.  Phys.,  T.  27,  1891. 

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14* 


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213 


Tafelerkläruiig. 


Tafel  I. 


Fig.  1 — 13.  Schnitte  durch  Spermatocyten  von  Ascaris  me- 
galocephala.     Pikrinessigsäure,    Eisenhämatoxylin.     Vergr.  ca.   1200. 

Fig.  1 — 6.  Diffuse  Entfärbung  der  Centrosomen  zur  Dar- 
stellung  der  Centriolen. 

Fig.  7 — 10.     Volle  Schwarzfärbung  der  Centrosomen. 

Fig.  7a.  Spermatocyte  I.  Ordnung  in  Teilung  nach  E.  Van 
Beneden  (4,  Planche  XIX ter    Fig.   17). 

Fig.  11 — 13.  Konzentrische  Entfärbung  der  Centrosomen. 
Künstliche  Centralkörper. 

Fig.  14.  Spermatozoon  von  Echinus  microtuberculatus ,  in 
a — c  voll  gefärbt,  in  d — h  konzentrisch  entfärbt,  h  das  Mittel- 
stück in  der  Richtung  der  Spermatozoenachse  gesehen.  Vergr. 
ca.  2000. 

Fig.  15.  Fettähnliche  Körperchen  aus  dem  Ovarium  von 
Echinus  microtuberculatus  mit  konzentrischer  Entfärbung  des  Eisen- 
hämatoxylins. 

Fig.  16.  Schnitt  durch  eine  Gruppe  von  Ascaris-Eiern.  Nur 
die  in  verschiedener  Höhe  getroffenen  Schalen  sind  gezeichnet. 
Eisenhämatoxylin.  An  den  Berührungsstellen  der  Schalen  bleiben 
bei  der  Entfärbung  schwarze  Flecken  übrig. 

Fig.  17.  Schnitt  durch  ein  Ei  von  Echinus  microtuberculatus. 
Pikrinessigsäure,  Eisenhämatoxylin.  Vergr.  ca.  930.  Körniger  Zer- 
fall der  Centrosomen  (plurikorpuskuläres  Mikrocentrum  nach  M. 
Heidenhain). 

Fig.  18.  Schnitt  durch  eine  Furchungszelle  von  Ascaris  me- 
galocephala.  Pathologischer  Zerfall  des  Centrosoms  (plurikorpus- 
kuläres Mikrocentrum  nach  M.  Heidenhain). 


—     214     — 

Tafel    II. 

rig.  19 — 26.  Centrosomen  und  Sphären  aus  Ovocyten  von 
Diaulula  sandiegensis  (nach  F.  Mac  Farlandj.     Vergr.  ca.   1000. 

Das  innere  Centrosom  der  I.  Ovocytenspindel  (Fig.  19)  teilt 
sich  (Fig.  20 — 26)  in  die  beiden  Centrosomen  der  II.  Ovocyten- 
spindel unter  Bildung  eines  Netrums   (Centralspindel). 

Tafel    IIL 

Fig.  27  —  36.  Eier  und  primäre  Blastomeren  von  Echinus 
microtuberculatus.  Pikrinessigsäure ,  Eisenhämatoxylin.  Vergr. 
ca.   1000. 

Fig.  27.  Stadium  der  Aequatorialplatte.  Kugelige  Centrosomen 
mit  schwammiger  Struktur. 

Fig.  28.     Tochterplatten.     Die  Centrosomen  vergrößert. 

Fig.  29.  Tochterplatten  weiter  auseinandergerückt.  Die  Cen- 
trosomen noch  größer  und  in  der  Richtung  der  Teilungsachse  stark 
abgeplattet. 

Fig.  30.     Umwandlung  des  Centrosoms  zur  Scheibe. 

Fig.  31.  Scheibenförmige  Centrosomen  im  Durchschnitt.  Be- 
ginn der  Kernbläschenbildung. 

Fig.  32.  Streckung  des  Eies.  Aus  den  Chromosomen  sind 
Gruppen  von  Kernbläschen  entstanden.  Die  scheibenförmigen  Cen- 
trosomen in  beginnender  Zweiteilung  in,  ausnahmsweise,  zu  einander 
senkrechten  Richtungen.  Entstehung  der  Doppelstrahlung  in  der 
alten  Astrosphäre. 

Fig.  33.  Das  Ei  in  Durchschnürung  begriffen.  Ruhende  Kerne. 
Einem  jeden  angeschmiegt  das  langgestreckte  Doppelcentrosom  mit 
Doppelstrahlung. 

Fig.  34.  Das  Ei  in  2  Zellen  geteilt.  Das  Doppelcentrosom 
lang  über  den  gestreckten  Kern  hingezogen.  Deutliche  Doppel- 
strahlung. 

Fig.  35.  Entsprechendes  Stadium  in  einem  zum  vorigen  senk- 
rechten Durchschnitt.  Querschnitt  durch  den  Verbindungsstiel  des 
Doppelcentrosoms. 

Fig.  36.  Etwas  späteres  Stadium.  In  jeder  Zelle  2  Tochter- 
centrosomen,  in  der  linken  noch  durch   einige  Fasern  verbunden. 

Fig.  37a  und  b.  Spermatocyte  von  Astacus  fluviatilis.  Flem- 
MiNCi'sche  Flüssigkeit.  Boraxkarmin.  Isolationspräparat,  b  gegen  a 
um  ca.  90  ^  gedreht.  Im  Centrum  der  Zelle  ein  Centrosoma.  Die 
Chromosomen  als  Kugelschale  um  dasselbe  angeordnet. 

Fig.  38.  Ei  von  Echinus  microtuberculatus.  Stück  eines 
Schnittes  senkrecht  zur  Teilungsachse.  Ungewöhnliche  Form  der 
Centrosomenteilung.     Vergr.  ca.   1000. 


—     215     — 

Fig.  39.  Desgleichen ,  etwas  späteres  Stadium.  In  jedem 
Tochtercentrosom  2  Centriolen  sichtbar.     Vergr.  ca.   1000. 

Fig.  40a — d.  Vier  Schnitte  durch  ein  zweizeiliges  Stadium  von 
Echinus  microtuberculatus,  um  die  verschiedenen  Durchschnitte  durch 
die  Centrosomen  zu  zeigen.     Vergr.  ca.  540. 


Tafel  IV. 

Eier  und  primäre  Blastomeren  von  Echinus  microtuberculatus. 
Pikrinessigsäure,  Eisenhämatoxylin. 

Fig.  41—  48.  Schnitte  senkrecht  zur  Teilungsachse  des  Eies, 
das  eine  Centrosom  enthaltend.     Vergr.  ca.  930. 

Fig.  41.     Scheibenförmiges  Centrosom  von  der  Fläche. 

Fig.  42.     Beginn  der  Zweiteilung. 

Fig.  43  und  44.  Deutlich  ausgeprägte  Zweiteilung.  Die  Platte 
geht  in  eine  diffuse  Hantel  über.  Doppelstrahlung  innerhalb  der 
alten  Sphäre. 

Fig.  45.  Das  hanteiförmige  Centrosom  kleiner  und  dichter 
geworden. 

Fig.  46  und  47.  Streckung  desselben  mit  immer  stärker  aus- 
geprägter Doppelstrahlung. 

Fig.  48.  Die  Endanschwellungen  an  entgegengesetzten  Enden 
über  den  gestreckten  Kern  hinausragend ;  der  Mittelteil  in  Auf- 
lösung.    Die  alte  Sphäre  fast  erloschen. 

Fig.  49 — 53.  Schnitte,  welche  die  alte  Zellteilungsachse  ent- 
halten, zugleich  in  der  Richtung  der  Streckung  und  Teilung  des 
Centrosoms. 

Fig.  49.  Deutliche  Zweiteilung  des  scheibenförmigen  Centro- 
soms mit  sehr  gut  ausgeprägter  Doppelstrahluug.     Vergr.  ca.   1000. 

Fig.  50.  Verkleinertes  hanteiförmiges  Centi^osom,  im  Begriff, 
sich  dem  entstehenden  Kern   anzulegen.     Vergr.   ca.   930. 

Fig.  51.  Das  hanteiförmige  Centrosom  dem  Kern  angeschmiegt. 
Vergr.  ca.  930. 

Fig.  52.  Streckung  des  hanteiförmigen  Centrosoms,  so  daß  die 
Enden  an  opponierte  Seiten  des  Kernes  zu  liegen  kommen.  So- 
wohl die  Enden  als  der  Verbindungsstiel  in  einigem  Abstand  vom 
Kerne.     Vergr.  ca.  1000. 

Fig.  53.  Ungewöhnliche  Stiftform  der  Tochtercentrosomen,  die 
noch  durch  einen  über  den  Kern  laufenden  Strang  verbunden  sind. 
Vergr.  ca.  930. 

Fig.  54.  Ei  in  Metakinese.  Die  Centrosomen  durch  und  durch 
schwarz  gefärbt.     Vergr.  ca.  1000. 


—    216     — 

Fig.  55a.  Ovocyte  IL  Ordnung.  Links  oben  die  IL  Rich- 
tungsspindel, neben  dem  Ei  der  I.  Richtungskörper.  Im  entgegen- 
gesetzten Pole  der  gedrehte  Spermakern ;  davor  das  Mittelstück  mit 
Strahlung.     Vergr.   ca.   1000. 

Fig.  55b.  Ein  Stück  des  gleichen  Schnittes,  stärker  vergrößert. 
Vergr.  ca.  2000. 

Tafel  V. 

Fig.  56  —  70.  Eier  und  primäre  Blastomeren  von  Echinus 
microtuberculatus.  Pikrinessigsäure,  Eisenhämatoxylin.  Darstellung 
der  Centriolen.     Vergr.  ca.  930. 

Fig.  56.  Stadium  der  Aequatorialplatte.  Centrosomen  sehr 
blaß.     In  jedem  2  Centriolen. 

Fig.  57.  Tochterplatten  soeben  völlig  von  einander  gelöst. 
Centrosomen    größer    und    stärker   färbbar.     In  jedem  2  Centriolen. 

Fig.  58.  Tochterplatten  weit  auseinandergewichen.  Die  stark 
vergrößerten  Centrosomen  in  der  Richtung  der  Teilungsachse  ab- 
geplattet, körnig  und  sehr  stark  färbbar.  In  jedem  2  durch  ein 
Fädchen  verbundene  Körnchen  als  Centriolen  zu  deuten. 

Fig.  59.  Etwas  späteres  Stadium.  Umbildung  der  Chromo- 
somen zu  Kernbläschen.  Das  Präparat  ist  sehr  stark  entfärbt.  In 
jeder  Sphäre  ein  auf  der  Teilungsachse  senkrechtes  Fädchen  mit 
schwarzen  Körnchen  an  den  Enden  (Centriolen). 

Fig.  60.  Schnitt  senkrecht  zur  Teilungsachse.  Stadium  zwischen 
dem  der  Fig.  57  und  dem  der  Fig.  58.  Centrosom  noch  kreis- 
förmig begrenzt ;    2  durch  ein  Fädchen  verbundene  Centriolen. 

Fig.  61.  Schnitt  wie  der  der  Fig.  58,  stärker  entfärbt.  In 
dem  gestreckten  Centrosom  eine  Aufhellung,  in  der  ein  in  der 
Längsrichtung  verlaufendes  Fädchen  mit  Centriolen  an  den  Enden 
sehr  deutlich  hervortritt. 

Fig.  62.  Gleiches  Stadium,  Schnitt  senkrecht  zur  Teilungsachse. 
Die  beiden  Centriolen  mit  ihrem  Verbind ungsfädchen  sehr  deutlich. 

Fig.  63.  Abstoßung  des  „Centrodeutoplasma".  Die  Centriolen 
mit  ihrem  Verbindungsfädchen  jederseits  zu  erkennen.  Kleine 
kugelige  Kernbläschen  gebildet. 

Fig.  64.  Etwas  späteres  Stadium.  Die  Kernbläschen  größer. 
Hanteiförmige  Centrosomen  mit  Doppelstrahlung  in  der  alten  Sphäre. 

Fig.  65.  Gleiches  Stadium,  sehr  stark  entfärbt.  Das  hautei- 
förmige Doppelcentrosom  tritt  sehr  klar  heraus ;  in  der  einen  An- 
schwellung das  Centriol  deutlich,  in  der  anderen  dunkler  gefärbten 
weniger  gut  hervortretend. 

Fig.  66.  Zweizellen-Stadium.  In  jeder  Elastomere  ein  noch 
kleiner  Kern.  Die  hanteiförmigen  Centrosomen  völlig  ungefärbt, 
dem  Kern  angeschmiegt,  der  in  gleicher  Richtung  gestreckt  ist. 
In  jeder  Anschwellung  ein  Centriol. 


—    217     — 

Fig.  67.  Gleiches  Stadium.  Schnittrichtung  senkrecht  zu  der 
der  Fig.  66.  Die  beiden  Centriolen  einer  jeden  Elastomere 
liegen  unter  einander  und  sind  nur  bei  verschiedener  Einstellung 
sichtbar. 

Fig.  68.  Zweizellen-Stadium.  Kerne  gewachsen.  Die  Tochter- 
centrosomen  mit  je  einem  Centriol  weiter  am  Kern  auseinander- 
gerückt. 

Fig.  69.  Späteres  Stadium.  Die  Schwestercentrosomen  an 
opponierten  Kernseiten.     In  jedem   bereits  2  Centriolen    erkennbar. 

Fig.  70.  Kerne  in  Auflösung.  Spindelbildung  im  Gange.  In 
3  der  4  Centrosomen  2  Centriolen  erkennbar. 

Fig.  71.  Spermakopf  im  Ei  mit  seiner  Sphäre.  Im  Centrum 
derselben  blasses,  längliches  Centrosom  mit  2  Centriolen.  Vergr. 
ca.  2000. 

Fig.  72.     Desgleichen,  etwas  älter. 


Tafel   VI. 

Fig.  73  —  89.  Eier  und  primäre  Blastomeren  von  Ascaris  me- 
galocephala  bivalens.  Alkohol- Essigsäure.  Eisenhämatoxylin.  Vergr. 
ca.  1400.  In  Fig.  74 — 87  volle  Schwarzfärbung  der  Centrosomen, 
in  Fig.  73,  88  und  89a  und  b  konzentrische  Entfärbung  verschiedenen 
Grades.  Die  Figuren  repräsentieren  den  Centrosomen-Cyklus  von 
einem  bestimmten  Stadium  der  Mutterzelle  bis  zu  dem  gleichen 
Stadium  der  Tochterzelle  und  sollen  besonders  den  Wechsel 
in  der  Größe  und  Gestalt  der  Centrosomen  illu- 
strieren. 

Fig.  73.  Ei  mit  fast  fertiger  Aequatorialplatte.  Die  kugeligen 
Centrosomen  entfärbt  bis  auf  ein  kleines  Pünktchen,  das  in  seiner 
Größe  ungefähr  dem  Centriol  entspricht. 

Fig.  74.  Aequatorialplatte.  Volle  Schwarzfärbung  der  Centro- 
somen. Das  iiiike  zeigt  die  charakteristische  Kegelform  mit  nach 
außen  gerichteter  Basis. 

Fig.  75.  Ei  gestreckt.  Weit  entfernte  Tochterplatten.  Die 
Centrosomen  zu  bikonvexen  Scheiben  abgeplattet. 

Fig.  76.  Ei  in  Durchschnürung.  Centrosom  stark  abgeplattet, 
es  läßt  sich  ein  mittlerer  Bereich  von  einem  Ringwulst  unterscheiden, 
was  im  optischen  Schnitt  das  Bild  dreier  Anschwellungen  hervorruft. 

Fig.  76a.  Kopie  der  Fig.  8  (PL  I)  von  Van  Beneden  und 
Neyt  (5). 

Fig.  77.  Primäre  Elastomere.  Kernbläschen  noch  nicht  ge- 
bildet. Centrosom  wieder  annähernd .  kugelig,  aber  gegen  das  der 
Fig.  74  sehr  beträchtlich  kleiner  geworden. 

Fig.  78.  Desgleichen,  etwas  späteres  Stadium.  Junger  Kern, 
Centrosom  weiter  verkleinert. 


—    218     — 

Fig.  79.  Desgleichen,  noch  später.  Großer  ruhender  Kern. 
Centrosom  abermals  kleiner  geworden. 

Fig.  80.  Desgleichen.  Centrosom  noch  kleiner ,  in  Teilung 
begriffen. 

Fig.  81.  Desgleichen.  Zwei  noch  nahe  benachbarte  Tochter- 
centrosomen,  durch  ein  feines  Fädchen  verbunden.  Um  jedes  die 
umgebenden  Teile  der  kleinen  alten  Sphäre  neu  centriert. 

Fig.  82.  Desgleichen.  Schwestercentrosomen  weiter  entfernt. 
Sie  sind  gewachsen,  ebenso  die  Sphären. 

Fig.  83.  Desgleichen.  Schwestercentrosomen  weiter  ausein- 
andergerückt, stärker  gewachsen,  ebenso  die  Sphären. 

Fig.  83a.  Kopie  der  Fig.  9  (PI.  I)  von  Van  Beneden  und 
Neyt  (5). 

Fig.  84.  Primäre  Elastomere.  Die  Schwestercentrosomen  aber- 
mals vergrößert  und  weiter  von  einander  entfernt.  Die  beiden  größer 
gewordenen  Sphären  vollständig  von  einander  getrennt. 

Fig.  85.  Desgleichen.  Die  beiden  mächtig  entfalteten  Sphären 
im  Begriff,  den  Kern  zwischen  sich  zu  fassen.  Die  Centrosomen 
bedeutend  gewachsen.  Deutliche  Mark-  und  Rindenschicht  der 
Sphäre. 

Fig.  86.  Desgleichen.  Die  Centrosomen  an  entgegengesetzten 
Seiten  des  Kernes.  Sie  haben  das  Maximum  ihrer  Größe  erreicht. 
Ihre  Peripherie  bereits  diffus  entfärbt.  Deutliche  hellere  Markschicht 
der  Sphäre. 

Fig.  87.  Desgleichen.  Fertige  Teilungsfigur.  Centrosomen  be- 
reits etwas  kleiner  geworden. 

Fig.  88.  Desgleichen.  Fertige  Teilungsfigur.  Centrosomen  kon- 
zentrisch entfärbt. 

Fig.  89.  Desgleichen,  Konzentrische  Entfärbung  der  Centro- 
somen, in  a  ist  die  Schwarzfärbung  auf  einen  noch  ziemlich  an- 
sehnlichen, in  b  nach  abermaliger  Entfärbung  auf  einen  kleinen 
Punkt  reduziert.  Auch  die  Chromosomen  erleiden  hierbei  eine 
scheinbare  Verkleinerung. 

Fig.  90.  Lebende  Blastomere  des  Vierzellenstadiums  von 
Ascaris  meg.,  unmittelbar  vor  der  Teilung,  in  der  Richtung  der 
Teilungsachse  gesehen.  In  der  Mitte  das  Centrosom  erkennbar,  von 
Strahlung  umgeben. 

Fig.  91.  Desgleichen;  2  Centrosomen  opponiert  am  Kern- 
bläschen. 

Tafel  VII. 

Fig.  92 — 97a.  Primäre  Blastomeren  von  Ascaris  megalocephala 
bivalens.  Alkohol-Essigsäure;  Eisenhämatoxylin.  Vergr.  ca.  2000. 
Die  Figuren  zeigen  die  Teilung  des  Centrosoms  und 
das  erste  Anwachsen  der  Tochtercent rosomen. 


—    219    — 

Fig.  92.  Jüngstes  vou  mir  beobachtetes  Stadium  einer  Ver- 
doppelung in  dem  noch  einheitlichen  Centrosom. 

Fig.  93.  Aehnliches  Stadium.  Das  Centrosom  durch  eine  helle 
Furche  verdoppelt. 

Fig.  93a.  Centrosom  des  in  Fig.  80  (Taf.  VI)  dargestellten 
Schnittes  schematisch  in  willkürlicher  Vergrößerung. 

Fig.  94.  Die  beiden  Schwestercentrosomen  beginnen  ausein- 
anderzurücken.    Ein  blasser  Strang  zwischen  ihnen  erkennbar. 

Fig.  95.  In  der  linken  Elastomere  die  Centrosomen  noch  nahe 
benachbart  mit  deutlichem  Verbindungsstrang.  Sie  sind  gegenüber 
denen  der  Fig.  94  bereits  etwas  gewachsen.  In  der  rechten  Elasto- 
mere sind  die  Schwestercentrosomen  bereits  weiter  entfernt  und 
dementsprechend  beträchtlich  gewachsen,  um  jedes  auch  bereits 
eine  deutliche  Strahlung  differenziert. 

Fig.  96.  Aehnliches  Stadium  wie  in  der  linken  Zelle  der  Fig.  95. 
Feines  Fädchen  zwischen  den  Schwestercentrosomen. 

Fig.  97.  In  der  linken  Elastomere  die  Tochtercentrosomen 
etwas  weiter  von  einander  entfernt  als  in  Fig.  96.  Sie  sind  dem- 
entsprechend gewachsen,  das  Verbindungsfädchen  geschwunden.  Es 
beginnen  sich  Radien  auf  die  beiden  Centrosomen  einzustellen.  — 
In  der  rechten  Elastomere  sind  die  Schwestercentrosomen  bereits 
weiter  von  einander  entfernt  (das  eine,  hell  gezeichnete,  liegt  be- 
deutend tiefer)  und  demgemäß  größer;  die  Strahlungen  sehr  gut 
ausgebildet. 

Fig.  97a.  Schwestercentrosomen  ähnlich  wie  in  den  linken 
Elastomeren  der  Fig.  95  und  96.  Der  Verbindungsstrang  winkelig 
gebogen  und  im  Winkel  ein  kleines  Korn. 

Fig.  98.  Primäre  Elastomere  von  Ascaris  megalocephala  in 
Teilung.  Das  entfärbte  Centrosom  stark  abgeplattet  (vergl.  Fig.  75, 
Taf.  VI  vom  Ei);     2  Centriolen  sichtbar.     Vergr.  ca.  2000'. 

Fig.  99.  Primäre  Elastomere  von  Ascaris  meg.  Abnorm  lang 
nachweisbare  Brücke  zwischen  den  Schwestercentrosomen.  Vergr. 
ca.  2000. 

Fig.  100.  Durchschnitt  durch  Sphäre  und  Centrosom  aus  einem 
Ei  von  Ascaris  meg.  senkrecht  zur  Spindelachse.  Stadium  wie 
Fig.  75  (Taf.  VIi  und  Fig.  103   (Taf.  VIII).     Vergr.  ca.  2000. 

Tafel  VIII. 

Fig.  101.  Stark  vergrößerte  Kopie  der  Fig.  2  (PL  VI)  von 
Van  Eeneden  und  Neyt  (5). 

Fig.  102  —  109.  Eier  und  primäre  Elastomeren  von  Ascaris 
meg.  bivalens.  Alkohol  -  Essigsäure,  Eisenhämatoxylin.  Vergr.  ca. 
2000.     Darstellung  der  Centriolen. 


—     220    — 

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Fig.  102.    Stadium   der  Aequatorialplatte.    In  jedem  Centrosom 
2  Centriolen  nachweisbar. 

Fig.  103.  Tochterplatten  noch  nahe  benachbart.  Abplattung 
des  Centrosoms ;  2  Centriolen. 

Fig.   104.     Etwas  späteres  Stadium ;  2  Centriolen. 

Fig.  105 — 108.  Primäre  Blastomeren  in  verschiedenen  Stadien 
der  Kernrekonstruktion  bis  zu  voller  Ruhe.  Ueberall  2  Centriolen 
in  dem  noch  einfachen  Centrosom. 

Fig.  100.  Primäre  Elastomere  mit  fast  fertiger  Aequatorial- 
platte.     In  jedem  Centrosom  2  Centriolen. 

Fig.  110  und  lila — c.  Zellen  aus  Embryonen  verschiedenen 
Alters  von  Ascaris  megalocephala,  um  die  Größe  der  Centrosomen 
zu  zeigen.     Vergr.  ca.  2000. 


Frommannsche  Huchdruckerei  (Hermann  Pohle)  In  Jena.  —  2052 


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